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September 2011 - Bürgerblick

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Serie<br />

Seite 46<br />

--NEUE SERIE -- NEUE SERIE -- NEUE SERIE -- NEUE SERIE -- NEUE SERIE --NEUE SERIE --NEUE SERIE --<br />

Prothesen an Minenopfer. Bundeswehrärzte<br />

halfen der Bevölkerung,<br />

darunter vielen Kinder. Insofern war<br />

der Einsatz hilfreich.<br />

Am 12. Mai 1993 traf das 150 Mann<br />

starke Vorkommando mit einer<br />

Transall in Belet Uen ein. Ich selbst<br />

war über das Nachbarland Dschibuti<br />

nach Mogadischu mit einer alten<br />

Tupolew eingereist, da es keinen<br />

normalen Flugverkehr ins Krisengebiet<br />

mehr gab. Die Tupolew war vom<br />

Technischen Hilfswerk (THW) gechartert<br />

worden, um Hilfsgüter, Geräte<br />

und Maschinen für den Bau von<br />

Trinkwasserbrunnen zu transportieren.<br />

Mein Gepäck bestand aus einem<br />

olivgrünen Seesack, in der meine<br />

tropentaugliche Kleidung, Turnschuhe<br />

und sandfarbene Tropenstiefel,<br />

Zahnbürste, Schlafsack und<br />

sonstige Notwendigkeiten verstaut<br />

waren. Mit dabei hatte ich meinen<br />

alten Stahlhelm aus meiner Zeit als<br />

Marinesoldat und eine UN-blaue<br />

kugelsichere und stichfeste Weste,<br />

die unglaublich schwer war und die<br />

mir extra von einer Spezialfirma bei<br />

Bremen angepasst worden war. Am<br />

meisten aber hatte ich an einem<br />

Alu-Kof-<br />

fer zu schleppen, in dem sich<br />

ein Satellitentelefon befand, das<br />

glaube ich 30 oder 40 Kilo wog! Ich<br />

hatte eigens dafür einen mehrstündigen<br />

Kurs bei der Herstellerfirma in<br />

Flensburg absolviert, damit ich die<br />

Satellitenschüssel von über einem<br />

Meter Durchmesser richtig zusammenbauen<br />

konnte. Kein Vergleich zu<br />

den heutigen „handzahmen“ Sat-<br />

Telefonen. Alles in allem wog mein<br />

Gepäck über 60 Kilo.<br />

Bereits Wochen zuvor hatte ich<br />

mich im Hamburger Tropeninstitut<br />

gegen Malaria, Gelbfieber, Cholera,<br />

Polyomyelitis (Kinderlähmung,Typhus,<br />

Tetanus<br />

(Wundstarrkrampf)<br />

und Diphterie, Hepatitis<br />

A (infektiöse<br />

Gelbsucht), Abdominaltyphus<br />

und Meningitis<br />

impfen lassen.<br />

Unabdingbare<br />

Voraussetzung für<br />

Reisen in tropische<br />

Länder.<br />

„Kriegsberichterstatter“<br />

sind ein Völkchen<br />

für sich. Es gibt die<br />

ganz Vorsichtigen genauso<br />

wie die eher Verrückten. Solche,<br />

die ohne das Geräusch von einschlagenden<br />

Granaten und das<br />

Pfeifen der Kugeln nicht mehr leben<br />

können. Für viele ist das wie ein<br />

Kick. Sie kommen im normalen Leben<br />

fast nicht mehr klar und fühlen<br />

sich - wenn sie wieder Zuhause sind<br />

- plötzlich ganz mies. Ich selbst<br />

habe - zurück in Hamburg - immer<br />

wieder 10 bis 14<br />

Tage gebraucht,<br />

um damit klarzukommen,<br />

wieder<br />

in friedlichen Gefilden<br />

zu sein.<br />

Denn oft hast du<br />

ein schlechtes<br />

Gewissen jenen<br />

gegenüber, die du<br />

im Kriegsgebiet<br />

„zurückgelassen“<br />

hast. Menschen,<br />

die du<br />

schätzen gelernt<br />

hast, für die es<br />

aber unmöglich<br />

Meist als Erste am Krisenherd: Die Helfer des THW. Die Jungs<br />

(in Somalia waren nur männliche Helfer) haben mich beeindruckt<br />

war, aus dem Kriegsgebiet<br />

herauszukommen.<br />

Meist sind das einheimische Journalisten-Kollegen,<br />

mit denen du vor<br />

Ort zusammengearbeitet hast, so<br />

genannte „Stringer“, ohne die ein<br />

Krisenreporter in einem fremden<br />

Land nicht auskommt. Erstens<br />

sprechen sie die Landessprache,<br />

beherrschen die Slangs, kennen vor<br />

Ort die Zusammenhänge, wissen<br />

ganz genau, was sich im Kriegsgebiet<br />

abspielt und haben - sofern es<br />

ein exzellenter „Stringer“ ist - gute<br />

Kontakte. Ohne diese Helfer geht<br />

Dieses Lazarett errichtete die Bundeswehr in Belet Uen. Die Einheimischen<br />

nutzten das medizinische Angebot der Deutschen<br />

gar nichts. Denn die Situationen<br />

vor Ort ändern sich manchmal sehr<br />

schnell - oft stündlich. Wenn du<br />

dann zur falschen Zeit am falschen<br />

Ort bist, kann es lebensgefährlich<br />

sein. Ein „Stringer“ kostet dich<br />

(bzw. deinen Arbeitgeber, wenn du<br />

fest angestellt bist) bis zu 200 Dollar<br />

am Tag. Geld, dass du mitführen<br />

musst, wenn du in ein Krisengebiet<br />

fährst. Denn du kannst dort die<br />

Kohle nicht einfach am Bankautomaten<br />

ziehen. Deshalb trägst du sie<br />

meist in einem Ledergürtel um den<br />

Bauch. 200 Dollar am Tag - das hört<br />

sich viel an, ist aber verdammt wenig,<br />

wenn es darum geht, dass man<br />

dir nicht die Birne wegschießt.<br />

Ich werde oft gefragt: Was muss ein<br />

Kriegsberichterstatter oder Krisenreporter<br />

mitbringen? Er braucht<br />

nicht mehr als das, was man überall<br />

als Reporter braucht: Professionalität.<br />

Und, wenn Du im Team arbeitest,<br />

musst du immer daran denken:<br />

Du hast nicht nur für dich selbst,<br />

sondern für das gesamte Team die<br />

Verantwortung. Einzelkämpfer sind<br />

nicht gefragt. Der von mir sehr geschätzte<br />

und zwischenzeitlich pensionierte<br />

ARD-Korrespondent<br />

Friedhelm Brebeck (der Weißhaarige<br />

mit der sonoren Stimme) sagte mir<br />

einmal in Sarajevo: „Gutmenschen<br />

scheitern als Kriegsberichterstatter<br />

gewöhnlich genauso wie Sensationswillige.<br />

Eines muss jeder wissen,<br />

den es in ein Krisengebiet zieht:<br />

Journalisten sind in Kriegen immer<br />

unbeliebte Störer: Sie glauben<br />

nichts, haben immer Zweifel, hin-

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