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Serie<br />
Seite 46<br />
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Prothesen an Minenopfer. Bundeswehrärzte<br />
halfen der Bevölkerung,<br />
darunter vielen Kinder. Insofern war<br />
der Einsatz hilfreich.<br />
Am 12. Mai 1993 traf das 150 Mann<br />
starke Vorkommando mit einer<br />
Transall in Belet Uen ein. Ich selbst<br />
war über das Nachbarland Dschibuti<br />
nach Mogadischu mit einer alten<br />
Tupolew eingereist, da es keinen<br />
normalen Flugverkehr ins Krisengebiet<br />
mehr gab. Die Tupolew war vom<br />
Technischen Hilfswerk (THW) gechartert<br />
worden, um Hilfsgüter, Geräte<br />
und Maschinen für den Bau von<br />
Trinkwasserbrunnen zu transportieren.<br />
Mein Gepäck bestand aus einem<br />
olivgrünen Seesack, in der meine<br />
tropentaugliche Kleidung, Turnschuhe<br />
und sandfarbene Tropenstiefel,<br />
Zahnbürste, Schlafsack und<br />
sonstige Notwendigkeiten verstaut<br />
waren. Mit dabei hatte ich meinen<br />
alten Stahlhelm aus meiner Zeit als<br />
Marinesoldat und eine UN-blaue<br />
kugelsichere und stichfeste Weste,<br />
die unglaublich schwer war und die<br />
mir extra von einer Spezialfirma bei<br />
Bremen angepasst worden war. Am<br />
meisten aber hatte ich an einem<br />
Alu-Kof-<br />
fer zu schleppen, in dem sich<br />
ein Satellitentelefon befand, das<br />
glaube ich 30 oder 40 Kilo wog! Ich<br />
hatte eigens dafür einen mehrstündigen<br />
Kurs bei der Herstellerfirma in<br />
Flensburg absolviert, damit ich die<br />
Satellitenschüssel von über einem<br />
Meter Durchmesser richtig zusammenbauen<br />
konnte. Kein Vergleich zu<br />
den heutigen „handzahmen“ Sat-<br />
Telefonen. Alles in allem wog mein<br />
Gepäck über 60 Kilo.<br />
Bereits Wochen zuvor hatte ich<br />
mich im Hamburger Tropeninstitut<br />
gegen Malaria, Gelbfieber, Cholera,<br />
Polyomyelitis (Kinderlähmung,Typhus,<br />
Tetanus<br />
(Wundstarrkrampf)<br />
und Diphterie, Hepatitis<br />
A (infektiöse<br />
Gelbsucht), Abdominaltyphus<br />
und Meningitis<br />
impfen lassen.<br />
Unabdingbare<br />
Voraussetzung für<br />
Reisen in tropische<br />
Länder.<br />
„Kriegsberichterstatter“<br />
sind ein Völkchen<br />
für sich. Es gibt die<br />
ganz Vorsichtigen genauso<br />
wie die eher Verrückten. Solche,<br />
die ohne das Geräusch von einschlagenden<br />
Granaten und das<br />
Pfeifen der Kugeln nicht mehr leben<br />
können. Für viele ist das wie ein<br />
Kick. Sie kommen im normalen Leben<br />
fast nicht mehr klar und fühlen<br />
sich - wenn sie wieder Zuhause sind<br />
- plötzlich ganz mies. Ich selbst<br />
habe - zurück in Hamburg - immer<br />
wieder 10 bis 14<br />
Tage gebraucht,<br />
um damit klarzukommen,<br />
wieder<br />
in friedlichen Gefilden<br />
zu sein.<br />
Denn oft hast du<br />
ein schlechtes<br />
Gewissen jenen<br />
gegenüber, die du<br />
im Kriegsgebiet<br />
„zurückgelassen“<br />
hast. Menschen,<br />
die du<br />
schätzen gelernt<br />
hast, für die es<br />
aber unmöglich<br />
Meist als Erste am Krisenherd: Die Helfer des THW. Die Jungs<br />
(in Somalia waren nur männliche Helfer) haben mich beeindruckt<br />
war, aus dem Kriegsgebiet<br />
herauszukommen.<br />
Meist sind das einheimische Journalisten-Kollegen,<br />
mit denen du vor<br />
Ort zusammengearbeitet hast, so<br />
genannte „Stringer“, ohne die ein<br />
Krisenreporter in einem fremden<br />
Land nicht auskommt. Erstens<br />
sprechen sie die Landessprache,<br />
beherrschen die Slangs, kennen vor<br />
Ort die Zusammenhänge, wissen<br />
ganz genau, was sich im Kriegsgebiet<br />
abspielt und haben - sofern es<br />
ein exzellenter „Stringer“ ist - gute<br />
Kontakte. Ohne diese Helfer geht<br />
Dieses Lazarett errichtete die Bundeswehr in Belet Uen. Die Einheimischen<br />
nutzten das medizinische Angebot der Deutschen<br />
gar nichts. Denn die Situationen<br />
vor Ort ändern sich manchmal sehr<br />
schnell - oft stündlich. Wenn du<br />
dann zur falschen Zeit am falschen<br />
Ort bist, kann es lebensgefährlich<br />
sein. Ein „Stringer“ kostet dich<br />
(bzw. deinen Arbeitgeber, wenn du<br />
fest angestellt bist) bis zu 200 Dollar<br />
am Tag. Geld, dass du mitführen<br />
musst, wenn du in ein Krisengebiet<br />
fährst. Denn du kannst dort die<br />
Kohle nicht einfach am Bankautomaten<br />
ziehen. Deshalb trägst du sie<br />
meist in einem Ledergürtel um den<br />
Bauch. 200 Dollar am Tag - das hört<br />
sich viel an, ist aber verdammt wenig,<br />
wenn es darum geht, dass man<br />
dir nicht die Birne wegschießt.<br />
Ich werde oft gefragt: Was muss ein<br />
Kriegsberichterstatter oder Krisenreporter<br />
mitbringen? Er braucht<br />
nicht mehr als das, was man überall<br />
als Reporter braucht: Professionalität.<br />
Und, wenn Du im Team arbeitest,<br />
musst du immer daran denken:<br />
Du hast nicht nur für dich selbst,<br />
sondern für das gesamte Team die<br />
Verantwortung. Einzelkämpfer sind<br />
nicht gefragt. Der von mir sehr geschätzte<br />
und zwischenzeitlich pensionierte<br />
ARD-Korrespondent<br />
Friedhelm Brebeck (der Weißhaarige<br />
mit der sonoren Stimme) sagte mir<br />
einmal in Sarajevo: „Gutmenschen<br />
scheitern als Kriegsberichterstatter<br />
gewöhnlich genauso wie Sensationswillige.<br />
Eines muss jeder wissen,<br />
den es in ein Krisengebiet zieht:<br />
Journalisten sind in Kriegen immer<br />
unbeliebte Störer: Sie glauben<br />
nichts, haben immer Zweifel, hin-