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Anzeiger ORNITHOLOGISCHER 49. - OG Bayern

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Dietmar Walter: Brutbiologie, Phänologie und Bestandsentwicklung einer voralpinen Population des Sumpfrohrsängers<br />

Acrocephalus palustris im Allgäu (<strong>Bayern</strong>/Deutschland)<br />

Abb. 7. Höhe (cm) der Nester über Grund (n = 188). –<br />

Height of nests above ground (cm, n = 188).<br />

die Brennnessel gegenüber dem Mädesüß als<br />

Neststandort bevorzugt wurde. Als alleiniger<br />

Träger lag ihr Anteil bei 30,2% und gemischt mit<br />

Gras, Schilf, Labkraut u. a. sogar bei 86,1% (n =<br />

273), Mädesüß dagegen nur bei 2,9%. Auch<br />

Hölzinger (1999) gibt für Baden-Württemberg<br />

(n = 286) die Anteile dieser beiden Pflanzenarten<br />

mit 72,4 zu 8% an, und Schücking (1965)<br />

fand in Westfahlen (n = 40) ein Verhältnis von<br />

51,5 zu 10,6%. Auch Stein (1987), der 195 Nestkarten<br />

aus dem Großraum Magdeburg und<br />

Halle (Sachsen-Anhalt) auswertete, fand für die<br />

Brennnessel allein als Nestträger oder teilweise<br />

im Verbund mit anderen Pflanzen einen Anteil<br />

von 79,6% bei nur 1% für das Mädesüß. Gar<br />

94,6% Brennnesselanteil belegte Franz (1981) für<br />

die Coburger Gegend bei einem Prozentsatz<br />

von nur 1,2% für das Mädesüß.<br />

117<br />

Dagegen fanden Haller & Huber (1937) quer<br />

durch das gesamte Schweizer Voralpen- und<br />

Alpengebiet die Nester des Sumpfrohrsängers,<br />

trotz Vorhandenseins von Brennnesselfluren,<br />

fast nur in Mädesüß: „ Von den über 60 Nestern,<br />

die wir zusammen eingesehen haben, standen<br />

13 nicht in den Stengeln von Filipendula ulmaria.<br />

[…] Oefters suchten wir auch größere Nesselbestände<br />

ab, ohne je ein Nest des Sumpfrohrsängers<br />

darin zu finden.“ Auch Schwab<br />

(1963) berichtet von der Sarner Aa (Unterwalden,<br />

CH) ebenfalls von der Dominanz des<br />

Mädesüß als Nestträger. Ebenso im Kanton<br />

Luzern bei Wiprächtiger (1976), der das Mädesüß<br />

als Trägerpflanze Nummer 1 anführt, sogar<br />

mit einem noch höheren Anteil von 49% (n =<br />

244), es folgen Schilf (18%), Wasserdost (17%),<br />

Glanzgras (11%) und erst an 4. Stelle die Brennnessel<br />

mit nur 8%.<br />

Es scheint fast so, als ob die Brennnessel im<br />

Alpengebiet als Neststandort des Sumpfrohrsängers<br />

zugunsten des Mädesüß eher in den<br />

Hintergrund treten würde. Spielen hier eventuell<br />

klimatische und vegetations-phänologische<br />

Aspekte eine Rolle und/oder auf Prägung beruhende<br />

Mechanismen, die die Präferenz einzelner<br />

Rohrsänger-Populationen auf bestimmte<br />

Pflanzengruppen für den Neststandort erklären<br />

könnten?<br />

Zur Zeit der Bebrütungsphase waren die<br />

Nester auf der Probefläche zwar (fast) nie vollkommen,<br />

aber meist gut gegen Sicht von der<br />

Seite und von oben gedeckt. Nur einmal wurde<br />

ein Nest gefunden, das vollkommen unter großen<br />

Pestwurzblättern Petasites hybridus versteckt<br />

war. In Horste von Mädesüß oder Rohrglanzgras,<br />

in denen die Stängel bzw. Halme<br />

sehr dicht standen, wurde nie gebaut. Neben<br />

der Schwierigkeit, genügend Raum für das Nest<br />

zu haben, dürfte aber auch der schnelle Zugang<br />

und Abflug von diesem ein Grund dafür gewesen<br />

sein. Da ab Anfang Juni die Vegetation kräftig<br />

wuchs, wurde der Sichtschutz für den brütenden<br />

Vogel und dessen Brut in der Regel<br />

immer besser. Schulze-Hagen (1984a) untersuchte<br />

die Abhängigkeit des Bruterfolgs des<br />

Sumpfrohrsängers von verschiedenen Faktoren<br />

(z. B. Pflanzengesellschaft, Nesthöhe u. a.) bei<br />

der Nistplatzwahl und resümierte: „Unter den<br />

dargestellten Parametern dürften dem Sichtschutz<br />

und der Größe der Krautfläche, die das<br />

Nest birgt, die größte Bedeutung bei der Verminderung<br />

von Raubverlusten zukommen.“

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