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und Widerrufsvorbehalt zu Sonderzahlungen im Arbeitsvertrag

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Freiwilligkeits- <strong>und</strong> <strong>Widerrufsvorbehalt</strong> <strong>zu</strong> <strong>Sonderzahlungen</strong><strong>im</strong> <strong>Arbeitsvertrag</strong>I.Der Freiwilligkeitsvorbehalt ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer oderauch eine bloße einseitige Erklärung seitens des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer, nachwelcher auf eine so <strong>zu</strong>gesagte Leistung des Arbeitgebers kein Anspruch für den Arbeitnehmerbesteht. Damit möchte der Arbeitgeber vermeiden, dass Leistungen <strong>zu</strong> einem festen Bestandteil des<strong>Arbeitsvertrag</strong>es werden, ohne dass sich der Arbeitgeber alleinig davon lösen kann. Das betrifftNebenleistungen des Arbeitgebers, meistens <strong>Sonderzahlungen</strong> <strong>zu</strong>m Gehalt. Das Gehalt selbst kannnie Bestandteil eines Freiwilligkeitsvorbehalts werden.Kurz: Trotz Zusage des Arbeitgebers besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine <strong>zu</strong>gesagteSonderzahlung, auch nicht in Zukunft, wenn der Arbeitgeber diese Zahlung als freiwillig <strong>und</strong> ohne<strong>zu</strong>künftige Bindungswirkung deklariert hat.Fehlt ein Freiwilligkeitsvorbehalt bei der Zahlungs<strong>zu</strong>sage des Arbeitgebers oder kommt dieserVorbehalt gegenüber dem Arbeitnehmer nicht richtig bzw. deutlich <strong>zu</strong>m Ausdruck, so läuft er Gefahr,entgegen seinem Willen auch <strong>zu</strong>künftig dem Arbeitnehmer die Sonderzahlung <strong>zu</strong>kommen lassen <strong>zu</strong>müssen.Bsp.: Im <strong>Arbeitsvertrag</strong> ist die Zahlung von Weihnachtsgeld nicht geregelt. Zahlt der Arbeitgeberjedoch regelmäßig (2 bis 3 mal können dabei schon reichen) ein solches Weihnachtsgeld, ohne dieseLeistung ausdrücklich als freiwillig gegenüber dem Arbeitnehmer <strong>zu</strong> kennzeichnen, entsteht damit ein<strong>zu</strong>künftiger Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung des Weihnachtsgeldes! Der Anspruch entstehtdann aus der sogenannten "betrieblichen Übung".Die Gestaltung von wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalten ist jedoch nicht ganz einfach.Wenn die <strong>Arbeitsvertrag</strong>sparteien den Freiwilligkeitsvorbehalt <strong>im</strong> <strong>Arbeitsvertrag</strong> frei aushandeln, alsoder Arbeitnehmer nicht bloß die Formulierung des Arbeitgebers akzeptiert oder unwesentlichverändert, ist die Gestaltung des Vorbehaltes frei <strong>und</strong> unterliegt bei Unklarheiten <strong>und</strong> Streitigkeitenbestenfalls einer gerichtlichen Auslegung ("Was haben die Parteien sich wohl nach verständigerBetrachtung dabei gedacht?").Gibt der Arbeitgeber allerdings den Inhalt der Best<strong>im</strong>mung <strong>zu</strong> dem Freiwilligkeitsvorbehalt demArbeitnehmer vor, besteht also keine wesentliche (Mit-)Gestaltungsmöglichkeit seitens desArbeitnehmers, wird eine sogenannte "Klauselkontrolle" <strong>im</strong> Falle der gerichtlichenAuseinanderset<strong>zu</strong>ng durch das Gericht durchgeführt werden. Dabei werden von den Gerichten in derRegel hohe Anforderungen an die <strong>zu</strong> prüfende Klausel gestellt: Ist sie <strong>im</strong> Vertrag versteckt, also fürden Arbeitnehmer überraschend <strong>und</strong>/oder unverständlich oder widersprüchlich formuliert <strong>und</strong>/oderbenachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen, ist die Klausel unwirksam, mit der Folge, dass derFreiwilligkeitsvorbehalt nicht existent ist <strong>und</strong> die Sonderzahlung entgegen dem Willen desArbeitgebers geleistet werden muss.Gerade die letztgenannte Möglichkeit bietet den Gerichten <strong>im</strong>mer wieder <strong>im</strong> Rahmen des <strong>im</strong>Arbeitsrecht vorherrschenden Gr<strong>und</strong>satzes des Arbeitnehmerschutzprinzips großen Spielraum, eineKlausel als unwirksam <strong>zu</strong> werten. So kann z.B. nach einer Entscheidung des B<strong>und</strong>esarbeitsgerichteseine laufend an den Arbeitnehmer <strong>zu</strong> zahlende Leistungs<strong>zu</strong>lage nicht unter Freiwilligkeitsvorbehaltdes Arbeitgebers gestellt werden, weil das den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Dieeinfache Vereinbarung von wiederholten Weihnachtsgeldzahlungen unter dem Freiwilligkeitsvorbehaltist hingegen möglich.1


Ferner kann nach Auffassung des B<strong>und</strong>esarbeitsgerichtes eine Sonderzahlung nicht als "freiwillig <strong>und</strong>widerruflich" vereinbart werden. Das Gericht sieht <strong>im</strong> Rahmen der Klauselkontrolle eine unklareRegelung, was <strong>zu</strong> Lasten des Klauselstellers, also des Arbeitgebers geht. Denn bei einer Freiwilligkeitder Zahlung sei ein Widerruf nicht mehr nötig, so das Gericht. Es sei damit nicht mehr erkennbar,welchen Regelungsgehalt die Klausel noch haben soll.Das leuchtet nicht ein, erklärt der Arbeitgeber doch deutlich, dass er sich von jeglicher Bindung derLeistung freisprechen will. Solche "spitzfindigen" Entscheidungen der Gerichte sind jedoch leider<strong>im</strong>mer wieder maßgeblich für die Gestaltung von Vertragsklauseln jeglicher Art; übrigens nicht nur <strong>im</strong>Arbeitsrecht.Die Gestaltung <strong>und</strong> Bewertung von Arbeitsverträgen, also auch von darin enthaltenenFreiwilligkeitsvorbehalten, sollte daher <strong>im</strong> finanziellen Interesse des Arbeitgebers in die Hände vonjuristischen Experten gelegt werden. Nur diese können Ihnen letztlich eine verlässliche Prognose fürdie Wirksamkeit einer Klausel geben <strong>und</strong> so gegebenenfalls teure <strong>und</strong> unnötige Rechtsstreitigkeitenvermeiden.II.Anders als be<strong>im</strong> Freiwilligkeitsvorbehalt ist be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsvorbehalt</strong> die durch Vereinbarung mitdem Arbeitnehmer oder einseitige Erklärung getätigte Leistungs<strong>zu</strong>sage des Arbeitgebers erst einmalverbindlicher Bestandteil des <strong>Arbeitsvertrag</strong>es. Die Leistungs<strong>zu</strong>sage, die genauso wie be<strong>im</strong>Freiwilligkeitsvorbehalt in der Regel eine Sonderzahlung darstellt, kann jedoch vom Arbeitgebereinseitig <strong>und</strong> ohne Zust<strong>im</strong>mung des Arbeitnehmers für die Zukunft widerrufen werden. Ohne einensolchen Vorbehalt würde der Arbeitgeber die Zusage bestenfalls über den steinigen Weg derÄnderungskündigung einseitig beseitigen können.Aber auch solche <strong>Widerrufsvorbehalt</strong>e <strong>zu</strong> <strong>Sonderzahlungen</strong> können <strong>im</strong> Streitfall Gegenstand einerrichterlichen "Klauselkontrolle" werden. Wann eine solche gerichtliche Klauselkontrolle durchgeführtwerden kann <strong>und</strong> wann eine nur auslegungsfähige Individualregelung vorliegt, wurde bereits unterPunkt I. dargestellt.Bei Klauseln gilt <strong>im</strong> Prinzip wieder: Ist <strong>im</strong> Vertrag ein <strong>Widerrufsvorbehalt</strong> <strong>zu</strong> der Sonderzahlungversteckt, also für den Arbeitnehmer überraschend <strong>und</strong>/oder unverständlich oder widersprüchlichformuliert <strong>und</strong>/oder benachteiligt dieser Vorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen, ist die Klauselunwirksam, mit der Folge, dass der <strong>Widerrufsvorbehalt</strong> nicht existent ist. Der Arbeitgeber muss dannz.B. das eigentlich unter <strong>Widerrufsvorbehalt</strong> gestellte Weihnachtsgeld zahlen, obwohl er die Regelungeigentlich widerrufen wollte.Nach der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esarbeitsgerichtes ist <strong>im</strong> Rahmen der Klauselkontrolle ein<strong>Widerrufsvorbehalt</strong> ohne Nennung von Sachgründen als unwirksam <strong>zu</strong> betrachten, wenn für denArbeitnehmer unklar ist, wann <strong>und</strong> unter welchen Vorausset<strong>zu</strong>ngen ein Widerruf des Arbeitgeberserfolgen darf. Das benachteiligt den Arbeitnehmer <strong>zu</strong>dem unangemessen.Zur Vermeidung einer unwirksamen Vertragsklausel ist daher bei deren Gestaltung unbedingt darauf<strong>zu</strong> achten, dass die Gründe für die Widerrufsmöglichkeit des Arbeitgebers <strong>zu</strong>mindest schlagwortartig,aber doch möglichst genau in der Klausel genannt werden, also z.B. dass die Sonderzahlung bei"Umsatzrückgang oder Auftragsrückgang von mindestens 10 %" entfällt.2


Auch hier gilt oben Gesagtes: Im finanziellen Interesse des Arbeitgebers sollte die Gestaltung <strong>und</strong>Überprüfung von <strong>Widerrufsvorbehalt</strong>sklauseln in die Hände von juristischen Experten gelegt werden.Nur diese können letztlich eine verlässliche Prognose für die Wirksamkeit einer Klausel geben.Zudem kann der Arbeitgeber von der Ausübung eines wirksamen Widerrufsrechts nicht ohne weiteresGebrauch machen. Also selbst wenn eine wirksame Widerrufsregelung zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong>Arbeitnehmer getroffen wurde, muss der Widerruf <strong>im</strong> Einzelfall angemessen <strong>und</strong> für denArbeitnehmer <strong>zu</strong>mutbar sein, also einer gewissen Billigkeit entsprechen. Wenn der Arbeitgeber alsoweiß, dass sein Arbeitnehmer oder dessen Familie ohne die Sonderzahlung in wirtschaftliche Notgerät, muss er auf den Widerruf verzichten.Eine willkürliche Ausübung des Widerrufes scheidet ebenfalls aus, wenn es überhaupt keine sachlichnachvollziehbaren Gründe dafür gibt, z.B. bloße allgemeine Missst<strong>im</strong>mung gegenüber derBelegschaft.Ebenso muss der Arbeitgeber den <strong>im</strong> Arbeitsrecht tief verankerten Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satzbeachten. Er kann also ohne sachliche Gründe nicht gegenüber einzelnen Arbeitnehmern auf dasWiderrufsrecht verzichten, aber gegenüber anderen Beschäftigten davon Gebrauch machen.Auch wenn die Ausübung des Widerrufsrechts gr<strong>und</strong>sätzlich keinen Fristenregelungen unterliegtmuss der Arbeitgeber den Widerruf rechtzeitig geltend machen. Wann das der Fall ist, hängt vomjeweiligen Einzelfall ab. So dürfte ein Widerruf der Weihnachtsgeldzahlung kurz vor Weihnachtenunbillig sein, weil dem Arbeitnehmer dann kaum Zeit verbleibt, sich auf den finanziellen Engpass amEnde des Jahres ein<strong>zu</strong>stellen. Eine vorherige Ankündigung des Arbeitgebers <strong>im</strong> Sommer ist daherangezeigt.Daher sollte auch vor Ausübung eines wirksam vereinbarten Widerrufes rechtlicher Rat eingeholtwerden, um so eventuell einen unnötigen <strong>und</strong> teuren Prozess <strong>zu</strong> vermeiden.Rechtsanwalt Niklas Mehring(Der vorstehende Beitrag ist lediglich ein allgemeiner Gr<strong>und</strong>riss <strong>zu</strong> dem betreffenden Thema. Der Anspruch auf Vollständigkeit ist ebensoausgeschlossen, wie jegliche Haftung. Er kann <strong>und</strong> soll keine Rechtsberatung ersetzten. Sollten <strong>im</strong> konkreten Einzelfall Beratungsbedarfbestehen, ist dringend an<strong>zu</strong>raten rechtlichen Rat ein<strong>zu</strong>holen.)Stand: Dezember 20123

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