12.07.2015 Aufrufe

Gödelitzer Rede: Landwirtschaft am Scheideweg - MdB Friedrich ...

Gödelitzer Rede: Landwirtschaft am Scheideweg - MdB Friedrich ...

Gödelitzer Rede: Landwirtschaft am Scheideweg - MdB Friedrich ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das landwirtschaftliche System insges<strong>am</strong>t ist eben nicht mehr das der glücklichen Kühe aufden Milchtüten und der Schweine mit Ringelschwanz im Stroh, die Sie von jeder Broschüredes Bauernverbands mit großen Augen anschauen. Diese Tiere gibt es noch. Natürlich arbeitenviele Bäuerinnen und Bauern so, wie wir es uns vorstellen und wünschen. Aber in derMasse sieht es eben anders aus.Wir erleben heute die absolute Dominanz eines industriellen Agrarmodells. Dieses industrielleModell betrachtet die <strong>Landwirtschaft</strong> als Fabrik, die mit den Inputs Düngemittel, Treibstoff,Futter aber auch mit Antibiotika, Schmerzmitteln und Coccidiostatika usw. Outputs wie Getreideund Fleisch produziert. Dieses Modell wird an den Hochschulen gelehrt. In der DDRwurde dieses Modell unter dem Motto propagiert: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wirdie Ernte ein!“ Nach diesem industriellen Modell arbeitet heute die <strong>Landwirtschaft</strong>.Das Paradebeispiel für die Industrialisierung der <strong>Landwirtschaft</strong> ist seit langer Zeit die Geflügelhaltung.Zwischen 1961 und 2009 ist die Geflügelproduktion weltweit von 7,5 auf 80,3Millionen Tonnen gestiegen. Schon zur Jahrtausendwende kontrollierten Industrieunternehmen74% der Geflügelproduktion. In den Haupterzeugerländern dominieren wenige Konzerneden Markt. In den USA hält Tyson Foods 23% der Produktion und produziert 41 MillionenHühner pro Woche. In Deutschland hält PHW, besser bekannt als Wiesenhof von Paul HeinzWesjohann, 40% des Marktes und sein Bruder 70% der Züchtung. Bei der Produktion vonGeflügelimpfstoffen hält der Konzern gar 80% des Weltmarktes.Besuchen Sie mal Wiesenhof, Sie werden beeindruckt sein. Ich jedenfalls war es. Das sindFabriken, die mit beeindruckender Effizienz Fleisch produzieren, 22 Tiere pro Quadratmeterbzw. – wie es in der Branche heißt – 36-39 kg Fleisch pro Quadratmeter. Ein Eldorado fürAgrarökonomen, nirgends lassen sich Skaleneffekte besser besichtigen als in der GeflügelundSchweinehaltung.Aber diese industrielle Wunderwelt hat eine Kehrseite, die ich kurz an den drei großen globalenHerausforderungen aufzeigen möchte: Klimawandel, Verlust an Biologischer Vielfalt und Welternährung.Momentan läuft in Durban die Weltklimakonferenz. Die <strong>Landwirtschaft</strong> steht dabei zentral <strong>am</strong>Pranger. Laut FAO trägt die Lebensmittelbranche über 20% zu den Klimagas-Emissionenbei, 2/3 davon die Primärproduktion, sprich die <strong>Landwirtschaft</strong>. Laut Umweltbundes<strong>am</strong>tst<strong>am</strong>men weltweit 50% der besonders klimaschädlichen Methanemissionen und 65% derLachgasemissionen aus der <strong>Landwirtschaft</strong>. Gleichzeitig verbraucht der Sektor rund 30% derEnergie. Die konventionelle <strong>Landwirtschaft</strong> verbraucht soviel Energie pro ha für die Erzeugungvon mineralischen N-Dünger wie der ökologische Landbau insges<strong>am</strong>t pro ha. Laut UBAverbraucht der Ökolandbau insges<strong>am</strong>t 6,8 Giga-Joule/ha, die konventionelle <strong>Landwirtschaft</strong>hingegen 19,4 Giga-Joule/ha. Die <strong>Landwirtschaft</strong> ist d<strong>am</strong>it nicht nur ein erheblicherKlimaverschmutzer, sondern auch extrem abhängig vom Erdöl geworden.Das heißt, dass mit der <strong>Landwirtschaft</strong> der vielleicht einzige Wirtschaftsbereich, der über denBoden eine Klimasenke sein könnte und in der Vergangenheit gewesen ist, heute einer dergrößten Verschmutzer geworden ist.Ostendorff – Ost-West-Forum Gut Gödelitz 03/12/11 – <strong>Landwirtschaft</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Seite 2 von 5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!