„Umbrüche zwingen zur Besinnung“ Inventur machen ... - Robert Betz
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<strong>„Umbrüche</strong> <strong>zwingen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Besinnung“</strong><br />
<strong>Inventur</strong> <strong>machen</strong>, aufräumen, das eigene Denken ändern<br />
Interview mit <strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong> von Margot Weber (emotion - Februar 2010)<br />
Margot Weber: Herr <strong>Betz</strong>, warum fällt es uns schwer,<br />
etwas Neues anzufangen – auch wenn wir wissen, dass<br />
die Situation, in der wir stecken, uns nicht guttut?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Weil sich der westliche Mensch im Laufe<br />
seines Lebens in eine Unbeweglichkeit hinein entwickelt.<br />
Weil er nicht glauben kann, dass das Neue besser sein<br />
könnte als das Alte. Weil das Festhalten eine Grundhaltung<br />
des Menschen ist. Und weil er sich als Opfer der<br />
Verhältnisse sieht – und das macht ihn handlungsunfähig.<br />
Kurzum: aus Trägheit und aus Angst.<br />
Margot Weber: Wir Deutschen besitzen mehr als neun<br />
Billionen Euro. Das Leben der meisten ist geprägt von<br />
Wohlstand und Frieden. Wieso sind dennoch so viele<br />
Menschen hierzulande <strong>zur</strong>zeit voller Angst und Verunsicherung?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Die Angst vor Veränderungen wurde seit<br />
vielen Generationen von den Kanzeln der Kirchen gepredigt.<br />
Man hat uns gesagt, es komme darauf an, das Leben<br />
demütig zu ertragen und auszuhalten. Diese Haltung sitzt<br />
vielen Menschen noch immer in den Knochen. Sie haben<br />
keinen höheren Anspruch ans Leben, als über die Runden<br />
zu kommen. Der materielle Wohlstand soll sie darüber<br />
hinwegtrösten, dass sie sich innerlich leer fühlen, dass sie<br />
einsam und frustriert sind. Aber mit Beginn der aktuellen<br />
Wirtschaftskrise haben wir das Gefühl dafür verloren,<br />
dass alles einen Sinn hat. Wir haben über unsere Verhältnisse<br />
und in einer Scheinsicherheit gelebt. Das ist jetzt<br />
aufgeflogen. Wir befinden uns gerade in einer Umbruchzeit<br />
– und Umbrüche <strong>zwingen</strong> <strong>zur</strong> Besinnung.<br />
Margot Weber: Psychotherapeuten sagen oft, man solle<br />
„loslassen“. Sagen Sie das auch?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Ich würde es anders formulieren: Man soll<br />
annehmen. Was ich annehme und womit ich meinen Frieden<br />
mache, lässt mich dann auch wieder los. Als erstes<br />
muss ich also begreifen: Diese Angst vor dem Neuen ist<br />
meine Angst, sie gehört zu mir, ich nehme sie an als Teil<br />
von mir. Denn was ich annehme, kann sich verändern<br />
und ändert sich. Jede Ablehnung, jedes Nein bedeutet<br />
eine unnatürliche Energieblockade; die Energie kann also<br />
nicht fließen. Und das stärkste Nein liegt vor, wenn wir<br />
hassen. Einer der kraftvollsten Sätze in meiner Therapie<br />
und meinen Seminaren ist der Satz: „Alles, was jetzt da<br />
ist – in mir oder außerhalb in meinem Leben – darf jetzt<br />
da sein, weil ich es selbst erlaube!“<br />
Margot Weber: Und das hilft gegen Äußerungen wie „Du<br />
schaffst das ja sowieso nicht“ oder „Das tut man nicht“,<br />
die andere Menschen einem Aufbruchwilligen schon mal<br />
entgegenhalten?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: So etwas sagen einem ja nicht nur die anderen.<br />
Oft genug sagt man sich das auch selbst! „Das Leben<br />
ist anstrengend“ ist ebenfalls einer dieser Sätze. Oder:<br />
„Das Leben ist unfair.“ Das sind Denkmuster, die sich über<br />
Jahre in unsere Köpfe eingegraben haben. Aber wer so einen<br />
Satz akzeptiert oder gar selber denkt, betrachtet sich<br />
als Opfer. Mit solchen Gedanken kann man nicht glücklich<br />
werden. Sie können nur dann ihre Kraft verlieren<br />
und gehen, wenn wir sie erstens erkennen, zweitens ihre<br />
Wahrheit überprüfen und fragen, ob das mit absoluter<br />
Sicherheit so ist, und dann drittens bewusst entscheiden,<br />
etwas Neues zu denken.<br />
Margot Weber: Sie sagen, dem Aufbruch müsse ein innerer<br />
Prozess vorausgehen, der in fünf Schritten abläuft.<br />
Können Sie das etwas ausführlicher erklären?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Als erstes muss ich Verantwortung für mich<br />
selbst übernehmen: verstehen, dass ich kein Opfer meiner<br />
Lebenswirklichkeit bin, sondern ihr Schöpfer. Dass alles<br />
nur deshalb in meinem Leben ist, weil ich es – unbewusst<br />
– so wollte. Dem Himmel oder dem Leben war es egal, ob<br />
ich eine Entscheidung bewusst oder unbewusst getroffen<br />
habe. Was zählt: Ich habe sie getroffen. Ich bin nicht<br />
schuld daran, aber ich trage nun mal die Verantwortung<br />
dafür. Ich muss mir klar darüber werden, welche Macht<br />
mir das Leben gegeben hat und was ich daraus gemacht<br />
habe. Als nächstes muss ich anerkennen, was ist; als drittes<br />
meine Urteile <strong>zur</strong>ücknehmen und Vergebung üben; als<br />
Diesen Artikel können Sie für persönliche Zwecke ausdrucken. Auf Anfrage ist der Nachdruck nach Absprache möglich. Infos hierzu:<br />
Pressebüro <strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Anna Ulrich Hohenstaufenallee 18 a 52064 Aachen Tel. 0241 - 94 30 110 email: anna-ulrich@robert-betz.de<br />
Weitere Infos finden Sie auf www.robert-betz.de
viertes meine bisher abgelehnten oder verdrängten Gefühle<br />
bejahen. Und als letztes kann ich dann auch neue,<br />
grundsätzliche Entscheidungen für mein neues Leben<br />
treffen.<br />
Margot Weber: Sie plädieren außerdem für eine Art <strong>Inventur</strong><br />
vor dem Aufbruch.<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Ja, denn ich kann doch nur aufbrechen,<br />
wenn ich zuvor ganz bei mir selbst angekommen bin. Man<br />
sollte sich also vorher ein paar Fragen stellen – gleichermaßen<br />
in die Vergangenheit wie in die Zukunft gerichtet:<br />
Womit in meinem Leben bin ich zufrieden, was finde ich<br />
gut? Was liebe ich an mir selbst? Was liebe ich in meinem<br />
Leben? Was tue ich aus Liebe? Aber auch: Womit in<br />
meinem Leben bin ich nicht zufrieden? Mit welchen Menschen<br />
lebe ich im Frieden, mit welchen im Unfrieden? Was<br />
ist mein Grundlebensgefühl der letzten Monate?<br />
Margot Weber: Was gehört zum Aufbruch noch dazu?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Sich selbst zu lieben. Und Selbstliebe hat<br />
nichts mit Egoismus zu tun. Ich meine damit nicht, dass<br />
man egoman um sich selber kreisen oder sich gegen andere<br />
durchboxen soll. Aber man sollte begriffen haben: Ich<br />
selbst bin der wichtigste Mensch in meinem Leben. Sich<br />
selbst zu erkennen, anzunehmen und lieben zu lernen, ist<br />
die größte Aufgabe jedes Menschen.<br />
Margot Weber: Und wie kann ich das umsetzen?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Indem ich bewusst Zeit mit mir verbringe.<br />
Es reicht schon, ab und zu mal fünf Minuten Pause zu<br />
<strong>machen</strong> und zu fragen: Tut mir gut, was ich gerade mache?<br />
Tut das meinem Körper gut? Meiner Seele? Ist diese<br />
Freundschaft etwas für mich? Eine andere Möglichkeit<br />
ist, jeden Tag eine Stunde spazieren zu gehen. Das bringt<br />
Klarheit, Körper und Seele können auf atmen, man findet<br />
zu sich selbst <strong>zur</strong>ück.<br />
Margot Weber: Was stützt mich, wenn durch meinen<br />
Aufbruch alle bisherigen Sicherheiten weggebrochen<br />
sind?<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Dass ich bei mir bleibe.<br />
Margot Weber: Für viele Menschen ist das wenig.<br />
<strong>Robert</strong> <strong>Betz</strong>: Nein. Denn wenn man diesen Satz wirklich<br />
ganz und gar begriffen hat, bedeutet das unsagbar viel.<br />
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