12<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 6/<strong>84</strong>träger. lohn Sladek erhielt erfreulicher·weise den BSFA-Award ftir den bestenRoman (TIK-TOK), Maleolm Edwardsftir die beste Kurzgeschichte.Andere Vorträge und Diskussionenbefaßten sich mit <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong>-Comics,der Bedeutung von SF-Magazinen,<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> in Europa, <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong>in Osteuropa, europäischer SF inden USA, der Herausgabe von Fanzines,König Artus, J. R. R. Tolkien, Orwellund 19<strong>84</strong> (natürlich!), Humor in der<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong>, Horror-Literatur, SFMalerei, Bio-Astronomie (was immer dasist), europäischen Aktivitäten in derRaumfahrt, der Suche nach außerirdischenIntelligenzen und und und ...Außerdem gab es Quizveranstaltungen,Buch-, Fanzine- und Gemäldeauktionen,elektronische SF-Musik, Dia-Vorträge(Julian May über Fantasy-Kostüme, For·rest J. Ackerman vermutlich über seineSammlung), eine von Fans aufgeführteRockoper, einen eigenen Raum für dieComputerfreaks, eine Rattenausstellung(Winston Smith läßt grüßen), einen vogonischenGedicht-Wettbewerb (freinach Douglas Adams) und eine "Meetthe Professionals Party", bei der mansich die Getränke allerdings selbst kaufenmußte.Beeindruckend auch das Angebot anFilmen und Videos, das in zwei Sälenzur Aufführung gelangte. Vom frühenNachmittag bis sieben Uhr morgenskonnten sich Cineasten an Streifen wieSOLARIS, DER BLADE RUNNER,SUPERMAN li und III, DER DUNKLEKRISTALL, STALKER, DIE DELEGA·TION, DIE KLAPPERSCHLANGE,FAHRENHEIT 451 und 2001 - ODYSSEE IM WELTRAUM erfreuen. In derRegel waren die Vorstellungen gut besucht;nur einmal, als sich ein Video mitdem Titel UTOPIA 2000 als ORF-Reportageüber die Ars Electronica ent·puppte, leerte sich der Raum mit atemberaubenderGeschwindigkeit.Im Grunde ist ein <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong>Con eine einzige riesige Party, eine ver-gnügliche, abwechslungsreiche, aberauch kräfteverzehrende Zusammenkunftvon Personen, die mehr oder wenigerdem gleichen Steckenpferd frönen (einigehaben es auch zu ihrem Beruf gemacht);der SEACON '<strong>84</strong> bildete dakeine Ausnahme. Daß ein paar Fanatikerund -innen auf dem intellektuellenNiveau von Fünfjährigen steckengebliebenzu sein scheinen und in lächerlichenFantasieuniformen, mit Schwer·tern oder Kunststoffblastern bewaffnet,vier Tage lang Space-Cowboy und Alienspielten, ist eine kuriose Randerscheinung,über die man hinwegsehen sollte.Der hauptberuflich als Psychotherapeuttätige JosefNesvadba meinte dazu: "Ichglaube, das ist ein gutes acting-out, eingutes Ausspielen von Tendenzen, diesich sonst pathologisch auswirken würden."Womit der Beweis erbracht wäre, daßein SF-Con auch psychohygienischenWert besitzt. So manchem erspart erden Weg zum Psychiater.
<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> Tirnes 6/<strong>84</strong>13Um die Jahrtausendwende ist Großbritannienvon sowjetischen Truppen besetztworden, militärischer Widerstandwurde schnell gebrochen. Seit dem vergingen50 Jahre, Zeit genug, die russischenOffiziere und Verwaltungsbeamtenals neue Oberschicht zu etablieren.Das gesamte Land ist in eine quasi-feudalistischeGesellschaftsform zurückgefallen: die Masse der Bevölkerung lebtals Bauern und Handwerker (eine industrielleProduktion findet kaum nochstatt); die Moral der Truppen läßt sichnur spärlich durch Übungen und andereSpiele aufrecht erhalten; die neuen Herrenvertreiben sich die Zeit mit Gesellschaften,Jagden, Intrigen und sexuellenAbenteuern.Nun starten die Besatzer Versuche,den Briten ihre durch ein radikales" Entnationalisierungsprogramm" genommenekulturelle Eigenständigkeitwieder nahezubringen: Theateraufftihrungen,ein Gottesdienst finden statt,werden vom Publikum aber nicht angenommen- wie sollte es auch anders, istden Schauspielern der Sinn mancherDialoge aus Shakespeares " Romeo undJulia" doch selbst ein Rätsel. Parallelzum Scheitern dieser offiZiellen Bemühungen,der auf allen Gebieten herrschendenStagnation entgegenzutreten,laufen Pläne einer Untergrundbewegung(sich durchweg aus Mitgliedern derneuen upper class rekrutierend), einengrundlegenden politischen Machtwechselzu vollziehen: in Moskau soll die1917er-Revolution wiederbelebt undEngland - als Begleiterscheinung - denEngländern zurückgegeben werden.Ebenso wie das kulturelle "Wiederaufforstungsprogramm"scheitert auch dieseBewegung am Dilettantismus der Beteiligten;als einzig kompetente Gruppestellt sich die Sicherheitspolizei dar,von der auch die Initiative für diese umstürzlerischenVorhaben ausging. Einerder Protagonisten des Romans, ein junger,sowjetischer OffiZier, stirbt zumSchluß einen unrühmlichen Tod, zweiweitere finden sich in den Zellen derSicherheitsabteilung wieder: auf achtKingsley AmisDAS AUGE DES BASILISKEN(Russian hide and seek)München 19<strong>84</strong>, Heyne-SF 4042, 304 S.,DM6,80Deutsch von Walter BrummQuadratmetern werden 38 Personenzusammengepfercht. Das .Buch endetmit einer Beerdigung.Nun wäre Amis aber nicht einer jener" angry young men" gewesen, jenerGruppe englischer Schriftsteller, die inder zweiten Hälfte der SOer Jahre gegenden Stumpfsinn des kleinbürgerlichenAlltags anschrieben (John Osborne warmit seinem BLICK ZURÜCK IN ZORNihr ftihrender V,ertreter), würde sich seinRoman in dieser Inhaltsbeschreibung erschöpfen.Und so ist DAS AUGE DESBASILISKEN - jenes Fabelwesens, dessenBlick als tödlich galt - zwar aucheine intelligente Satire auf die Unfahigkeitbürokratischer Apparate (der Klappentextspricht von "lustigen Zügen",die der Roman aufweisen soll, der tatsächlichin einigen Brechungen - etwadort, wo der Erzähler aus der Perspektiveder Jetztzeit die Qualität der in dieserZukunft getragenen Kleidung beschreibt- ironisch, bisweilen zynischgehalten ist, nie aber "lustig"), weitmehr als das aber spielt in diesem Buchdie Schilderung zwischenmenschlicherBeziehungen eine Rolle, wobei - undAnklänge an die großen russischen Realistender zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts,Turgenjew mit seinem VÄTER UND SöHNE z. B., sind sichernicht zufällig - im Vordergrund dieAuseinandersetzung zwischen einemkonservativen, resignierten Älteren unddessen Sohn steht, der weiß, daß seineAuflehnung inhaltlich weniger zu rechtfertigenist, als seiner Sache gut seinkann, aber zu sehr seiner Rolle des "jungenRebellen" verpflichtet ist, als daß eranders handeln könnte. Hier liegt diegrößte Stärke Amis': in der liebevollenBloßstellung menschlich-allzumenschlicherSchwächen, die die Protagonistennie diffamiert, sie ganz im Gegenteildem Leser sympathisch macht und -bei aller notwendigen Distanz - verständlich,nachvollziehbar. Was den pessimistischenGrundtenor jedoch nichtim mindesten abschwächt.Walter Udo Everlien