Impulse 1-2012 - Hohenstein Institute
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seite 4 | impulse | 1/<strong>2012</strong><br />
Am 22. Mai <strong>2012</strong> wurde die Verordnung<br />
(EU) Nr. 528/<strong>2012</strong> des<br />
Europäischen Parlaments und des<br />
Rates über die Bereitstellung auf<br />
dem Markt und die Verwendung<br />
von Biozidprodukten im Amtsblatt<br />
der Europäischen Union<br />
(L 167) veröffentlicht. Diese Verordnung<br />
ist seit dem 1. September<br />
2013 gültig und ersetzt die bisherige<br />
EU-Richtlinie 98/8/EG. Ziel<br />
der Verordnung ist es, die Sicherheit<br />
von Biozidprodukten beim Inverkehrbringen<br />
und Verwenden zu<br />
verbessern.<br />
Was ist ein Biozidprodukt?<br />
Artikel 3 der EU-Verordnung definiert<br />
ausführlich Biozidprodukte.<br />
Vereinfacht dargestellt sind Biozidprodukte<br />
Stoffe/Gemische, die auf<br />
andere Art als durch bloße physikalische<br />
oder mechanische Einwirkung<br />
Schadorganismen (Bakterien, Viren,<br />
Schimmelpilze) zerstören, abschrecken,<br />
sie unschädlich machen oder<br />
Schädigungen durch sie verhindern.<br />
Ein mit einem Biozid behandelter Gegenstand<br />
gilt ebenfalls als Biozidprodukt.<br />
So sind z.B. antimikrobiell ausgerüstete<br />
Textilien, Oberflächenbeschichtungen<br />
und andere Gebrauchsgegenstände<br />
Biozidprodukte.<br />
Die Übertragung von Bakterien, Pilzen<br />
und Viren stand im Zentrum einer<br />
aktuellen Studie.<br />
Ausgangspunkt war eine fingierte<br />
Keimquelle, von der aus die<br />
Krankheitserreger über die Hände<br />
von Testpersonen auf verschiedene<br />
Objekte im Raum (z. B. Toilettenbürste,<br />
Türklinke, Wasserhahn)<br />
übertragen wurden, die dann wiederum<br />
eine weitere Infektionsquelle<br />
darstellten. Mit dem neu entwickelten<br />
Keim-Übertragungsmodell wurde<br />
z. B. untersucht, wie viele Mikroorganismen<br />
über die Hand einer<br />
Person von der Toilettenbürste<br />
auf die Türklinke übertragen werden<br />
und welche Keimmengen die<br />
nächste Person, welche die Tür öffnet,<br />
mit ihrer Hand weiter verbrei-<br />
Neue Biozidverordnung<br />
Was Hersteller und Handel zu beachten haben<br />
Welche Verpflichtungen hat der Inverkehrbringer<br />
von Biozidprodukten?<br />
Zulassung: Grundsätzlich müssen<br />
Biozidprodukte nach Artikel 1 gesetzlich<br />
zugelassen werden. Die für die<br />
sog. Unionszulassung erforderlichen<br />
Informationsanforderungen sind in<br />
den Anhängen II und III der Verordnung<br />
festgelegt. Nach Artikel 25<br />
kann ein Biozidprodukt für ein vereinfachtes<br />
Zulassungsverfahren geeignet<br />
sein, sofern eine hinreichende<br />
Wirksamkeit belegt ist.<br />
Kennzeichnung: Artikel 58 beinhaltet<br />
die Verpflichtung des Inverkehrbringers<br />
zur Angabe des bioziden<br />
Wirkstoffes, ebenso wie die besondere<br />
Kennzeichnung von bioziden<br />
„Nano“-Komponenten.<br />
Verwendungszweck: Gemäß Artikel<br />
2 Absatz 1 muss der Verwendungszweck<br />
des Biozidproduktes angegeben<br />
werden. Die dafür erforderlichen<br />
Rahmenvorgaben sind im Anhang V<br />
der Verordnung enthalten. Der Verwendungszweck<br />
wird auf vier Produkthauptgruppen<br />
mit insgesamt 22<br />
Produktarten aufgeteilt.<br />
Wer gilt als Inverkehrbringer?<br />
Jedes Überlassen eines Produkts an<br />
einen anderen, unabhängig, ob das<br />
Produkt neu, gebraucht, wiederaufbereitet<br />
oder wesentlich verändert<br />
tet. Die praxisnahe Studie korreliert<br />
erstmals Keimübertragungswege zu<br />
derzeit bekannten infektiösen Dosen<br />
von Bakterien, Pilzen und Viren.<br />
„Zwar reduziert sich erwartungsgemäß<br />
die Anzahl<br />
lebensfähiger Erreger<br />
bei jedem Übertragungsschritt<br />
in der Toilette<br />
von Händen auf Objekte,<br />
doch einige Krankheitserreger<br />
wurden durch Kontakt<br />
mit kontaminierten<br />
Oberflächen noch in ansteckenden<br />
Dosen auf andere<br />
Testpersonen übertragen.“<br />
Die Ergebnisse der Studie lassen den<br />
Schluss zu, dass ein Ansteckungsrisiko<br />
vor allem von der infektiösen Dosis<br />
des jeweiligen Krankheitserregers<br />
abhängt. Bei Durchfall erregenden Viren<br />
oder Bakterien, z. B. Norovirus<br />
oder EHEC, sind nur wenige Partikel<br />
oder Zellen für eine Infektion ausreichend.<br />
Dies bedeutet, dass in öffentlichen<br />
Toiletten für andere Personen<br />
Auch antimikrobielle Ausrüstungen in Haushaltsgeräten fallen unter die neue Biozid-Verordnung.<br />
worden ist, gilt als Inverkehrbringen.<br />
Gleiches gilt gemäß Geräte- und Produktsicherheitsgesetz<br />
(GPSG) auch<br />
für die Einfuhr in den Europäischen<br />
Wirtschaftsraum. Entsprechend unterliegen<br />
sowohl Hersteller, die innerhalb<br />
der EU produzieren, als auch<br />
Hersteller und Handelsunternehmen,<br />
die Produkte aus Nicht-EU-Ländern<br />
einführen und weitergeben, der Biozidverordnung.<br />
Wirksamkeitsprüfungen als Voraussetzung<br />
für das vereinfachte Zulassungsverfahren<br />
Nach Artikel 25 kann ein Biozidprodukt<br />
für ein vereinfachtes Zulassungsverfahren<br />
geeignet sein, so-<br />
Szenarien einer möglichen Keimübertragung von einer Infektionsquelle über Hände und verschiedene Oberflächen von Person zu Person<br />
und die Prävention durch eine antimikrobiell ausgerüstetete Türklinke.<br />
ein hohes Risiko besteht, mit einer<br />
ansteckenden Dosis dieser Keime in<br />
Berührung zu kommen. Auf der anderen<br />
Seite besteht durch die Nutzung<br />
derselben Toilette nur eine sehr geringe<br />
Wahrscheinlichkeit der Ansteckung<br />
mit Erregern, die eine hohe<br />
fern eine hinreichende Wirksamkeit<br />
belegt ist. Der Fachbereich Hygiene,<br />
Umwelt & Medizin an den <strong>Hohenstein</strong><br />
<strong>Institute</strong>n in Bönnigheim<br />
prüft die Wirksamkeit von Biozidprodukten<br />
gegen Zielorganismen<br />
entsprechend der Vorgaben in den<br />
Anhängen II und III der Biozidverordung.<br />
Das Methodenregister umfasst<br />
alle international anerkannten<br />
Standardmethoden. Je nach Verwendungszweck<br />
können Zielorganismen<br />
aus unterschiedlichen Bereichen wie<br />
Wasser, Lebensmittel, Medizin und<br />
Textil ausgewählt werden. Die geforderten<br />
mikrobiologischen Untersuchungen<br />
sind akkreditiert und bieten<br />
differenzierte Prüfungen auf Bak-<br />
Den Keimen auf der Spur<br />
Infektionsdosis verlangen, wie z. B.<br />
Genitalpilze. Das neue Keim-Übertragungsmodell<br />
kann auch zur Beurteilung<br />
anderer Infektketten eingesetzt<br />
werden. Es ist z. B. ohne weiteres<br />
übertragbar auf andere öffentlich<br />
zugängliche Umgebungen wie<br />
terien, Pilze und Viren. Mikroorganismen<br />
verursachen u. a. auch Gerüche.<br />
Die Verwendung von Bioziden<br />
auf Textilien kann auch zur Geruchsreduzierung<br />
dienen. Auch die Wirksamkeit<br />
dieser Funktion ist durch<br />
die <strong>Hohenstein</strong> <strong>Institute</strong> qualifiziert<br />
nachweisbar.<br />
Mehr Informationen zur Umsetzung<br />
der Biozidverordnung<br />
Speziell bei Sport- und Outdoorkleidung<br />
sind bereits heute zahlreiche<br />
biozide Produkte am Markt. Entsprechend<br />
beschäftigt sich u. a. auch<br />
das Seminar „Fit for function“ am<br />
18. Oktober <strong>2012</strong> an den <strong>Hohenstein</strong><br />
<strong>Institute</strong>n mit dieser Thematik.<br />
Programm und Anmeldung unter:<br />
www.hohenstein.de/fitforfunction<br />
Unabhängige Prüfungen sind Voraussetzung<br />
für ein vereinfachtes Zulassungsverfahren.<br />
Dr. Helmut Mucha<br />
h.mucha@hohenstein.de<br />
www.hohenstein.de/pr-428-DE<br />
Mögliche Übertragungswege von Bakterien, Pilzen und Viren<br />
Restaurants oder Hotels, und dort sowohl<br />
auf Textilien als auch auf Oberflächen.<br />
Dr. Anja Gerhardts<br />
a.gerhardts@hohenstein.de<br />
www.hohenstein.de/pr-377-DE