Zukunftsfeld Elektromobilität - Roland Berger
Zukunftsfeld Elektromobilität - Roland Berger
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Dr. Thomas Schlick, Guido Hertel,<br />
Bernhard Hagemann, Dr. Eric Maiser, Michael Kramer Studie<br />
<strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong><br />
Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbau
Dr. Thomas Schlick, Guido Hertel,<br />
Bernhard Hagemann, Dr. Eric Maiser, Michael Kramer Studie<br />
<strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong><br />
Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbau
2 | Studie<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Executive Summary 3<br />
2. Rolle der deutschen Ausrüster weltweit 6<br />
3. Auswirkungen der <strong>Elektromobilität</strong> auf den deutschen<br />
Maschinen- und Anlagenbau 8<br />
3.1. Grundlegende Veränderungen in der Automobilindustrie 8<br />
3.1.1. E-Mobility als Treiber der Veränderungen 8<br />
3.1.2. Verschiebung von Kompetenz/Produktionskapazität<br />
für Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs 10<br />
3.1.3. Veränderungsbedarf des Maschinen- und Anlagenbaus 14<br />
3.2. Case study Batterienproduktion 15<br />
3.2.1. Batteriezellen für E-Mobility – Zellstruktur und<br />
Hauptbestandteile 16<br />
3.2.2. Produktionstechnologien für Batteriezellen 18<br />
3.2.3. Marktübersicht je Maschine/Technologie, Hauptwettbewerber 20<br />
3.2.4. Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller und<br />
Diskussion der wesentlichen Wettbewerbsvor- und -nachteile 22<br />
3.2.5. Übergreifende Bewertung der Technologie für den<br />
Maschinenbau-Standort Deutschland 25<br />
3.3. Case Study Elektromotorenproduktion 26<br />
3.3.1. Elektromotoren für E-Mobility – Struktur und Hauptbestandteile 27<br />
3.3.2. Produktionstechnologien für Elektromotoren 29<br />
3.3.3. Marktübersicht je Maschine/Technologie, Hauptwettbewerber 31<br />
3.3.4. Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller und<br />
Diskussion der wesentlichen Wettbewerbsvor- und -nachteile 31<br />
3.3.5. Übergreifende Bewertung der Technologie für den<br />
Maschinenbau-Standort Deutschland 32<br />
3.4. Zusammenfassung 33<br />
4. Ansatzpunkte zur Adressierung der Wachstumspotenziale<br />
im Bereich <strong>Elektromobilität</strong> 37<br />
5. Handlungsempfehlungen 39<br />
Autoren und Ansprechpartner 40
3 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
1. Executive Summary<br />
Einer der wichtigsten Trends in der Automobilindustrie in den nächsten<br />
Jahren auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilität wird die Einführung<br />
von elektrischen Antrieben sein. Haupttreiber sind dabei vor allem die<br />
Ressourcenverknappung und die CO 2 -Reduktionsziele der verschiedenen<br />
Weltregionen, welche den Einsatz von alternativen Antrieben forcieren.<br />
Das Thema "E-Mobility" wurde in den vergangenen Jahren bereits in vielen<br />
Facetten beleuchtet, in der Regel aber nur aus der Perspektive von Automobilherstellern,<br />
Zulieferer und Stromversorger – Welche Fahrzeug- und<br />
Mobilitätskonzepte werden sich durchsetzen? Welche Komponenten<br />
und Kompetenzen sind in Zukunft notwendig? Wie lassen sich Kosten<br />
am schnellsten senken? Wie sieht das Geschäftsmodel der Zukunft aus?<br />
Im Bereich Produktionstechnik ergeben sich ebenfalls grundlegende<br />
Änderungen. Durch die Nutzung neuer Komponenten werden in Zukunft<br />
neue Technologien eingesetzt, die bisher kaum oder überhaupt nicht in<br />
der Automobilindustrie genutzt werden. Diese Entwicklung bedeutet eine<br />
große Herausforderung für deutsche Maschinenbauer, die in den heutigen<br />
"traditionellen" Produktionstechniken für die Automobilindustrie weltweit<br />
führend sind. Um ihre Führungsrolle in neu entstehenden Technologiesegmenten<br />
bei dem Technologiewechsel zur <strong>Elektromobilität</strong> nicht an<br />
Konkurrenten insbesondere aus Asien zu verlieren, müssen sie sich zusätzliche<br />
Kompetenzen zu eigen machen. Der Maschinen- und Anlagenbau<br />
kann darüberhinaus einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der Kosten-<br />
und Qualitätsziele der Batterie- und Elektromotor-Produzenten beitragen.<br />
Die Optimierung der Produktionstechnologie für die Großserien-Batterieproduktion<br />
wird bei einem Anteil der Fertigungskosten von ca. 50% an<br />
den Herstell kosten der Batterie maßgeblich zum Erfolg der Elektro mobilität<br />
beitragen.<br />
Vor diesem Hintergrund haben sich der VDMA und <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy<br />
Consultants entschieden, in einer gemeinsamen Studie die zukünftigen<br />
Herausforderungen und Chancen, die sich für den deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbau ergeben, zu untersuchen. Es wurden neben umfangreichen<br />
Recherchen auch ca. 50 Interviews mit Experten im Maschinenbau, bei<br />
Automobilherstellern und -zulieferern sowie der Wissenschaft geführt.
4 | Studie<br />
Als wichtigste Ergebnisse lassen sich festhalten, dass…<br />
> … sich für den deutschen Maschinenbau im Bereich Produktionstechnik<br />
für <strong>Elektromobilität</strong> in den nächsten Jahren erhebliches Marktpotenzial<br />
ergibt und bestehendes Geschäft mit Produktionsanlagen für Verbrennungsmotoren<br />
nicht abgelöst wird, da diese auch in Hybridfahrzeugen<br />
zum Einsatz kommen<br />
> … der Maschinenbau mit intelligenter Produktionstechnologie eine<br />
wesentliche Stellschraube zur dringend benötigten Kostenreduzierung<br />
von z.B. Batterien besitzt und damit auch als Enabler der <strong>Elektromobilität</strong><br />
gelten kann<br />
> … die benötigten Kompetenzen für die einzelnen Prozessschritte sowohl<br />
für die Batterie- als auch Elektromotoren-Produktion bereits vorhanden<br />
sind und (teilweise in anderem Industriekontext, z.B. Photovoltaik,<br />
Halbleiter) seit langem erfolgreich weltweit vermarket werden<br />
> … in Europa ein Markt für Batterieproduktionsanlagen entstehen wird,<br />
was dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau über Entwicklungspartnerschaften<br />
helfen wird, in diesem Geschäftsfeld Fuß zu fassen
5 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
> … sich mittelfristig der Markt für innovative, spezialisierte Lösungen<br />
öffnen wird, da in den nächsten Jahren nicht mit umfassender Standardisierung<br />
der Komponenten zu rechnen ist<br />
> … die Maschinen- und Anlagenbauer sich verstärkt in Kooperationen und<br />
Allianzen organisieren sollten, um Marktpotenziale durch Gesamtsysteme<br />
"aus einer Hand" zu erschließen
6 | Studie<br />
2. Rolle der deutschen Ausrüster weltweit<br />
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau setzt seit Jahrzehnten weltweit<br />
Standards in vielen Bereichen. Maschinenbauer aus Deutschland sind auf<br />
den globalen Märkten uneingeschränkt anerkannt und hoch angesehen. Sie<br />
gelten als besonders innovativ und verlässlich. Auch die Wirtschaftskrise in<br />
den Jahren 2008 und 2009 und deren Folgen haben die Unternehmen sehr<br />
gut bewältigt. Schnell haben sich die Umsätze wieder erholt und in 2010<br />
bereits fast das Niveau von 2007 erreicht. Der Auftragseingang lag im März<br />
2011 noch einmal um real 18% über dem Wert des Vorjahres, im gesamten<br />
1. Quartal 2011 sogar um 32% über dem Vorjahreszeitraum. Das Inlandsgeschäft<br />
stieg auf Quartalsbasis um 35%, während es bei der Auslandsnachfrage<br />
ein Plus von 31% im Vergleich zum Vorjahresniveau gab. Experten<br />
prognostizieren einen allmählichen Übergang zu einem niedrigeren, aber<br />
weniger volatilen Wachstum. Dieses bedeutet für die kommenden Jahre eine<br />
weitere, kontinuierliche Zunahme der Produktionsvolumina in Deutschland.<br />
Dabei profitieren die deutschen Unternehmen auch von der großen Nachfrage<br />
aus den aufstrebenden Schwellenländern, allen voran China.<br />
Die Automobilindustrie ist für den Maschinenbau schon heute die wich tigste<br />
direkte Abnehmerbranche. In 2010 wurden ca. 14 Mrd. EUR Umsatz<br />
durch den direkten Verkauf an Automobilhersteller und -zulieferer generiert.<br />
Insgesamt ist der Umsatz mit Produkten für den Zielmarkt Automobilindustrie<br />
weit größer, da viele Produkte in die vorgelagerte Wertschöpfungskette<br />
und damit zunächst in andere Industriezweige geliefert werden (z.B. in die
7 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Chemische Industrie). Zusätzlich fertigen viele Automobilhersteller und<br />
-zulieferer in Eigenregie Maschinen- und Anlagen für ihre Produktionsprozesse,<br />
die in den Statistiken des Maschinenbaus nicht erfasst werden.<br />
Nur wenige Maschinen- und Anlagenbauer in Deutschland sind vollständig<br />
auf die Automobilbranche fokussiert, aber für viele Unternehmen repräsentiert<br />
sie bedeutende Umsatzanteile, die auch deutlich über den Umsatzanteil<br />
am gesamten Maschinenbau hinausgehen.<br />
Im Zuge der Einführung von Batterien und Elektromotoren sind z.B. neue<br />
Kompetenzen gefordert, die im deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
bisher zum Teil nur in Automobilfernen Industrien genutzt wurden. Daraus<br />
ergeben sich attraktive Marktchancen für Firmen, die bisher die Automobilindustrie<br />
nicht als mögliche Kundengruppe betrachtet haben. Viele Technologien,<br />
die für die Produktion von Batterien und Elektromotoren essentiell<br />
sind (z.B. Beschichtungs- und Automatisierungstechnik), werden vom deutschen<br />
Maschinen- und Anlagenbau bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt.<br />
Die Anwendung dieses Potenzials durch Adaption auf die Anforderungen<br />
der Automobilindustrie kann interessante Marktchancen eröffnen. Gleichzeitig<br />
müssen die heute dominierenden Ausrüster strategische Überlegungen<br />
anstellen, wie sie ihr Geschäftsmodell, Produkt- und Technologieportfolio<br />
weiterentwickeln, wenn z.B. die Rolle der spanenden Metallverarbeitung<br />
(Drehen, Fräsen) in heutigen Kernproduktbereichen der Automobilindustrie<br />
zukünftig an Bedeutung verliert – insbesondere im Bereich Powertrain,<br />
wo in Zukunft Wertschöpfungsanteile der Batterie- oder Elektromotoren-<br />
Produktion hinzu kommen. Aber auch durch anderen Innovationen wie<br />
den zunehmenden Einsatz von neuen Werkstoffen im Leichtbau werden<br />
neue Wertschöpfungsanteile erzeugt. Daneben gibt es auch technologische<br />
Zusammenhänge, wie z.B. bei mobilen Maschinen. Dort werden z.T. auch<br />
Technologien aus der Fahrzeugtechnik eingesetzt, wie beispielsweise bei<br />
den Fahrantrieben. So profitieren z.B. auch elektrisch angetriebene Flurförderzeuge,<br />
zu denen etwa Gabelstapler zählen, von den Weiterentwicklungen<br />
für Elektrofahrzeuge. Die technologischen Veränderungen in der<br />
Automobilbranche sind daher für die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer<br />
von großer Bedeutung, insbesondere die Einführung elektrischer<br />
Antriebs-Varianten.<br />
Die Zusammenarbeit mit den deutschen Automobilherstellern ist auch eine<br />
Triebfeder für Innovationen im Maschinenbau, die nachgelagert anderen<br />
Branchen zu Gute kommen. Die deutschen Automobilhersteller profitieren<br />
ebenfalls erheblich von dem breiten Angebot an hochspezialisierten Anbietern<br />
von innovativer Technologie "vor der Haustür". Das Know-how dieser<br />
Spezialisten ist wertvoll für die Weiterentwicklung sowohl von Produkten<br />
als auch von Prozessen bei den Autobauern. Oft hat sich eine echte symbiotische<br />
Beziehung gebildet, die beiden Seiten Wettbewerbsvorteile verschafft.<br />
Wesentliche Produktivitätsfortschritte und Kostensenkungen wären ohne<br />
diese spezielle Verbindung nicht möglich.
8 | Studie<br />
3. Auswirkungen der <strong>Elektromobilität</strong> auf den<br />
deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
3.1. Grundlegende Veränderungen in der Automobilindustrie<br />
3.1.1. E-Mobility als Treiber der Veränderungen<br />
Bis 2020 werden die Automärkte weltweit stark wachsen. Es ist davon<br />
auszugehen, dass die Zahl der verkauften Fahrzeuge von rund 72 Millionen<br />
Einheiten im Jahr 2010 auf weit über 100 Millionen Einheiten steigen wird.<br />
Besonders stark wird sich die Nachfrage in den BRIC-Ländern Brasilien,<br />
Russland, Indien und China entwickeln. Schon heute hat sich China zum<br />
wichtigsten globalen Einzelmarkt für die Autoindustrie entwickelt – und<br />
damit die USA abgelöst.<br />
Um dieses Wachstum nachhaltig zu gestalten und Ölressourcen zu schonen,<br />
fordern alle großen Weltregionen von der Automobilindustrie die deutliche<br />
Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und damit des CO 2 -Ausstoßes der Fahrzeuge.<br />
So hat z.B. die EU ein Gesetz erlassen, dass den durchschnittlichen<br />
CO 2 -Ausstoß der neu zugelassenen Flotte ausgehend von 180 Gramm<br />
je Kilometer (2006) bis 2015 auf 130 Gramm und bis 2020 auf maximal<br />
95 Gramm festlegt (siehe Abbildung 4).
9 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Durch die Optimierung herkömmlicher Verbrennungsmotoren und<br />
sonstiger konventioneller Maßnahmen können die CO 2 -Emissionen um<br />
knapp ein Drittel gesenkt werden. Dies wird aber nicht ausreichen, um<br />
die Gesetzesvorgaben zu erreichen. Somit ist neben Fortschritten bei<br />
konventionellen Antrieben auch die konsequente Entwicklung alternativer<br />
Antriebe un umgänglich. Elektrische Antriebe (Batterie-elektrisch oder auch<br />
Brennstoffzellen-Fahrzeuge) sind dabei die maßgeblichen Strategien der<br />
Automobil industrie, um die Vorgaben zu erreichen (siehe Abbildung 5).
10 | Studie<br />
Bis zum Jahr 2025 wird sich der Anteil an ganz oder teilweise elektrifi -<br />
zier ten Fahrzeugen auf bis zu 50% der Neuzulassungen erhöhen. Dabei<br />
domi nieren nicht rein elektrische sondern Hybrid-Fahrzeuge (inkl. Range<br />
Extender) den Markt. Reine Elektrofahrzeuge werden auf absehbare Zeit<br />
auf Kurzstrecken und in Flotten erfolgreich sein (z.B. für die Anwendung<br />
im städtischen Raum, Lieferdienste), da die spezifischen Eigenschaften<br />
dieser Konzepte die breite Nutzung als Ersatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor<br />
auf der Langstrecke und im Dauerbetrieb nicht zulassen. Die<br />
Erhöhung der Batteriereichweite und die Senkung der Batteriekosten sind<br />
deshalb die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die schnelle Verbreitung von<br />
elektrischen Antrieben und die Erhöhung der Kundenakzeptanz. Der Maschinenbau<br />
kann hierbei einen erheblichen Beitrag leisten, diese Ziele durch<br />
intelligente, kostenreduzierende Produktionstechnologien zu erreichen, da<br />
ca. 50% der Herstellkosten der Batterie von den Fertigungskosten abhängen.<br />
3.1.2. Verschiebung von Kompetenz/Produktionskapazität für Komponenten<br />
des elektrischen Antriebsstrangs<br />
Mit der zunehmenden Verbreitung von elektrischen Antriebskomponenten<br />
werden neue Kompetenzen für Produktionstechnologien und -kapazitäten<br />
für elektrische Komponenten gefordert. Heute ist der Verbrennungsmotor<br />
eine der originären Kompetenzen der Automobilhersteller und fester<br />
Bestandteil der Markenidentität.
11 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Zwar gibt es vereinzelt Kooperationen zwischen Automobilherstellern bei<br />
der Entwicklung und Produktion, aber Zulieferer entwickeln oder produzieren<br />
in der Regel Komponenten und keine kompletten Verbrennungsmotoren<br />
(abgesehen von einigen Nischenanbietern im Bereich Nutzfahrzeuge).<br />
Durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs werden diese harten Grenzen<br />
zwischen Automobilherstellern und Zulieferern in der Wertschöpfungskette<br />
verändert. Die Automobilindustrie hatte zu Beginn der Entwicklung von<br />
elektrischen Antriebssträngen weder den technologischen Erfahrungshintergrund<br />
noch die Produktionskapazitäten, um kurzfristig Elektromotoren oder<br />
Batterien für automobile Anwendungen zu produzieren. Dies ist die Chance<br />
für etablierte und neue Spieler, in der automobilen Wertschöpfungskette Fuß<br />
zu fassen und neue Geschäftsfelder zu erschließen.<br />
Batterien und Elektromotoren sind die zentralen Komponenten des elektrischen<br />
Antriebsstrangs. Für die Automobilhersteller stellt sich die Frage,<br />
inwieweit sie sich selbst in die Entwicklung und Herstellung der elektrischen<br />
Komponenten einbringen. Die Automobilhersteller haben unterschiedliche<br />
Strategien zur Kompetenzentwicklung und Produktionsaufbau<br />
entwickelt (siehe Abbildung 7). Es zeigt sich kein einheitlich strategisches<br />
Bild. Einige Hersteller werden die Kompetenz für elektrische Antriebe in<br />
der Entwicklung aufbauen und eigene Produktionskapazitäten etablieren.<br />
Andere kaufen sämtliche Komponenten von Zulieferern und beschränken<br />
sich auf die Systemintegration. Eine große Rolle spielt dabei die kurz- und<br />
mittelfristige Volumenerwartung. In Bereichen, in denen in relativ kurzem<br />
Zeitraum ausreichende Stückzahlen zu erwarten sind, kann in-house Entwicklung/Produktion<br />
wirtschaftlich sein, für Nischenbereiche ist der Zukauf<br />
von Komponenten sinnvoller. Abbildung 7 fasst die Strategien verschiedener<br />
Automobilhersteller bei Batterien und Elektromotoren zusammen.
12 | Studie<br />
Daimler produziert z.B. Batterien über ein JV mit Evonik, produziert Elektromotoren<br />
für Hybridfahrzeuge im eigenen Werk in Berlin (hohe Volumen<br />
erwartet) und bezieht Elektromotoren für reine Elektrofahrzeuge über ein<br />
JV mit Bosch (geringe Volumen erwartet, Verkauf an Dritte in Diskussion).<br />
Volkswagen dagegen plant E-Motoren komplett im Werk in Kassel zu produzieren,<br />
Batteriezellen sollen von Zulieferern bezogen werden. Ford setzt<br />
bei allen Gruppen ausschließlich auf Zulieferer. General Motors investiert –<br />
begünstigt durch die Subventionspolitik der US-Regierung – insgesamt<br />
ca. 165 Mio. EUR in den Aufbau einer Elektromotoren-Fertigung an drei<br />
Standorten. Das verdeutlicht die Strategie einiger Automobilhersteller,<br />
ihren Anteil an der zukünftigen automobilen Wertschöpfung zu behalten.<br />
Angesichts dieser Veränderung der Wertschöpfungskette stellt sich die Frage<br />
nach der zukünftigen Positionierung für die Maschinen- und Anlagenbauer:<br />
Wer ist in Zukunft Kunde, ein Automobilhersteller oder -zulieferer? Die<br />
Automobilhersteller werden langfristig "in-house" Kompetenzen für die Entwicklung<br />
der wichtigsten Komponenten (vor allem Batterien und Elektromotoren)<br />
des elektrischen Antriebsstrangs aufbauen, um ihre Position in der<br />
Produktdefinition und der Wertschöpfungskette nicht zu gefährden. Durch<br />
die vermehrte Einbindung von Zulieferern in die Entwicklung und Produktion<br />
von kompletten Teilen des Antriebsstrangs wird sich die Diversität der<br />
Abnehmer aus Sicht des Maschinen- und Anlagebaus erhöhen. Die Maschinen-<br />
und Anlagenbauer müssen sich darauf einstellen, dass es in Zukunft bei<br />
der Antriebsstrang-Entwicklung und -produktion etablierte Kunden sowohl<br />
auf Seiten der Automobilhersteller als auch auf Seiten der Automobilzulieferer<br />
sowie neue Marktteilnehmer z.B. bei der Batteriezelle und dem Elektromotor<br />
geben wird.<br />
Auch die regionale Verteilung der Produktion von Komponenten für den<br />
elektrischen Antriebsstrang ist für die Maschinen- und Anlagenbauer von<br />
großer Bedeutung. Trotz der aktuell starken Konzentration der Fertigungskapazitäten<br />
– insbesondere für Batteriezellen – in Asien, wird sich langfristig<br />
die Produktion im Raum der jeweiligen Fahrzeugmärkten ansiedeln, also<br />
auch in Europa und den USA. Momentan werden Komponenten für elektrische<br />
Antriebe überwiegend in Asien produziert, denn dort konzentriert<br />
sich bisher die Nachfrage. Mehrere Faktoren werden dazu führen, dass sich<br />
die Wertschöpfungskette neu gestalten und sich die Produktion langfristig<br />
weltweit regional verteilen wird (siehe Abbildung 8).
13 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Dazu gehören zum Beispiel Qualitäts-/Technologieunterschiede bei den<br />
Komponenten, die in den jeweiligen Märkten eingesetzt werden. Die Lohnkosten<br />
spielen in der Gesamtkostenbetrachtung sowohl bei Batterien als<br />
auch E-Motoren nur eine geringe Rolle. Der Aufbau von Produktionskapazitäten<br />
in Niedriglohnländern hat deshalb nur geringe Vorteile. Durch eine<br />
intelligente Produktionsstruktur nah an den Fahrzeugwerken können Kosten<br />
für Logistik und Zoll reduziert werden. Auch Sicherheitsbestimmungen für<br />
den Transport von Lithium-Ionen Batterien sind relevant für die Standortwahl<br />
(Klassifizierung als Gefahrgut auf Grund leichter Entzündlichkeit/<br />
Explosionsgefahr). Insbesondere bei Batterien spielt die Finanzierung des<br />
Umlaufvermögens ebenfalls eine Rolle. Da die Batterien auf absehbare Zeit<br />
eine der wertvollsten Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs bleiben<br />
werden, würde ihr mehrwöchiger Transport per Schiff von Asien z.B. nach<br />
Europa in erheblichem Umfang Kapital binden. Sowohl für Batterieproduzenten<br />
als auch für Automobilhersteller kann dieses Investment durch<br />
Produktion nah an den Fahrzeugwerken vermieden werden.<br />
Für Maschinen- und Anlagenbauer ergeben sich aus diesen Entwicklungen<br />
Herausforderungen, auf die sie reagieren müssen: Zum einen verändert<br />
sich die Kundenstruktur, zum anderen verändert sich die Bedeutung der<br />
regionalen Märkte. In Zukunft wird Bedarf für Maschinen und Anlagen<br />
zur Produktion von Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs in allen<br />
Weltregionen entstehen. Maschinenbauer, die in diesem Umfeld erfolgreich<br />
sein möchten, müssen in der Lage sein, global Kunden zu betreuen.
14 | Studie<br />
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau hat in der Vergangenheit eindrucksvoll<br />
bewiesen, dass er diese Anforderungen erfüllen kann. Mit einer<br />
Exportquote von über 70% sind deutsche Anbieter seit langem auch international<br />
bei Service und Produktbetreuung erfolgreich tätig. Die einzelnen<br />
Unternehmen, die Maschinen z.B. zur Batterieproduktion in die weltweiten<br />
Märkte liefern möchten, müssen zukünftig sicherstellen, dass sie diesen<br />
Ansprüchen ebenfalls gerecht werden.<br />
3.1.3. Veränderungsbedarf des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
Elektrische Antriebe erfordern für ihre neuen Komponenten auch neue<br />
Produktionstechnologien, die bisher im Automobilbereich keine oder nur<br />
geringe Anwendung gefunden haben, etwa wenn es um die Beschichtungen<br />
für Batterieelektroden geht. Auch die Gewichtungen von Technologien in<br />
der Produktion verschieben sich. Während in der Automobilindustrie besonders<br />
bei der Antriebsstrang-Produktion vor allem Metallverarbeitung relevant<br />
war (umformend oder spanend), werden in Zukunft vor allem bei der<br />
Batterieproduktion andere Technologien eingesetzt werden (z.B. Mischen,<br />
Beschichten). Viele Ausrüster müssen ihr bestehendes Technologieportfolio<br />
hinsichtlich dieser Änderungen anpassen, um in den neuen Märkten erfolgreich<br />
zu agieren.<br />
Diese Veränderungen bedeuten auch, dass die Maschinen- und Anlagenbauer,<br />
die bisher eine wichtige Rolle in der Automobilindustrie gespielt<br />
haben, in Zukunft nicht automatisch im gleichen Umfang von der Entwicklung<br />
profitieren und den Markt besetzen werden. Es bilden sich vielmehr<br />
durch die neuen technologischen Anforderungen auch neue Nischen für<br />
neue Anbieter. Firmen aus anderen Industriebereichen mit nun auch für den<br />
Automobilbereich relevanter Technologie können die Gelegenheit nutzen,<br />
neue Geschäftsfelder zu erschließen. Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer<br />
haben durch innovative Entwicklungen in der Vergangenheit vielfach<br />
neue Branchen und Absatzmärkte erschlossen (z.B. in der Photovoltaik-<br />
Industrie). Diese Stärke beim Reagieren auf Veränderungen muss auch im<br />
Feld "<strong>Elektromobilität</strong>" zum Einsatz gebracht werden.<br />
Die folgenden Case Studies beleuchten die technologischen und unternehmerischen<br />
Herausforderungen bei Produktionsanlagen für Batteriezellen und<br />
Elektromotoren, da in diesen beiden Bereichen die größten technologischen<br />
Veränderungen und zukünftigen Marktpotenziale zu erwarten sind. Der<br />
Haupt fokus liegt dabei auf dem Herausarbeiten der Kernprozessschritte in<br />
der Produktion und den aktuellen Wettbewerbsanforderungen mit Auswirkung<br />
auf den Maschinen- und Anlagenbau.
15 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
3.2. Case study Batterienproduktion<br />
Die Batterie ist das zentrale Element des elektrischen Antriebsstrangs.<br />
Mit der Einführung von elektrischen Antrieben wird sich der Bedarf für<br />
Batteriezellen in den nächsten Jahren kontinuierlich erhöhen. Im Jahr 2020<br />
wird sich der Bedarf für Batteriekapazität nur für Voll-Hybride, PHEVs und<br />
EVs bereits auf ca. 130 Mio. kWh belaufen (siehe Abb. 9). Entsprechend<br />
groß wird auch der Bedarf für Produktionsanlagen sein. Um diese Produktionskapazität<br />
bereitzustellen, müssen langfristig mehrere Milliarden pro<br />
Jahr in Fertigungsanlagen investiert werden.
16 | Studie<br />
3.2.1. Batteriezellen für E-Mobility – Zellstruktur und Hauptbestandteile<br />
Grundsätzlich bestehen Batterien für elektrische Antriebe aus drei Komponenten:<br />
den Batteriezellen, dem Batteriemanagementsystem und dem<br />
Gehäuse mit Kühlsystem (siehe Abbildung 10). Die Kühlung dient dazu, die<br />
Batterie innerhalb eines idealen Temperaturbandes zu halten, das optimale<br />
Leistungsabgabe und Lebensdauer garantiert. Das Batteriemanagementsystem<br />
überwacht die Be- und Entladung der Batterie und der einzelnen Zellen<br />
und dient als Schnittestelle zur Integration der Batterie in das gesamte elek -<br />
trische/elektronische System des Fahrzeugs. Die Batteriezellen wiederum<br />
speichern die elektrische Energie, die das Fahrzeug antreiben soll. Im Rahmen<br />
dieser Case Study konzentrieren wir uns auf den Fertigungsprozess<br />
für Batteriezellen, da diese mit Abstand die wichtigste Rolle in Bezug auf<br />
die Ziele Kostenreduktion und Reichweitenvergrößerung spielen.<br />
Für die Erreichung der Kosten- und Qualitätsziele der Automobilindustrie<br />
für Batterien ist die Verbesserung der eingesetzten Fertigungstechnologien<br />
von entscheidender Bedeutung. Wie in Abbildung 11 dargestellt, ist die Zellfertigung<br />
verantwortlich für fast 50% der Batteriekosten. Entsprechend groß<br />
ist der Hebel, um durch verbesserte Produktionstechnologien Kostensenkungen<br />
zu erreichen – vor allem durch höhere Produktivität und Senkung der<br />
Ausschuss-Raten. Hier bietet sich ein deutlich größerer Hebel zur Kostensenkung<br />
als etwa durch das Einsparen von z.B. einigen Gramm der eingesetzten<br />
Rohmaterialien durch veränderte Zellchemie. Dabei müssen gleichzeitig<br />
höchste Qualitätsanforderungen eingehalten werden, um Lebensdauer<br />
und Leistungsfähigkeit der Batterien nicht zu beeinträchtigen.
17 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
In der Vergangenheit haben z.B. Halbleiter, Flachbildschirme und Photovol<br />
taik gezeigt, welchen großen Einfluss die Weiterentwicklung der Produktionstechnik<br />
beim Erreichen signifikanter Kostendegressionen (siehe<br />
Abbildung 12) durch Großserien-Fertigung besitzt. In der Halbleiterindustrie<br />
wird diese Kostendegression auch "Moore'sches Gesetz" genannt. Die Erfahrungen<br />
aus diesen Industrien haben gezeigt, dass eine Verdoppelung der<br />
Produktion zu einer Kostenreduktion von mehr als 20% führt (Lernkurven-<br />
Effekt). Wichtig waren dabei unterschiedlichste Teile der Produktionskette,<br />
von der Glas- und Wafer-Fertigung, der Beschichtungstechnik, Öfen, Vakuumtechnik<br />
über das Handling, Automatisierung und Lasertechnik bis hin<br />
zum Laminieren der Substrate und Löten von Bauteilen. Das erscheint auch<br />
für die Batteriefertigung möglich, denn die verwendeten Prozesse sind vergleichbar<br />
– mehr noch, mit den bereits beschriebenen Lernkurven könnte<br />
im Mittel eine schnellere Entwicklung stattfinden.<br />
Durch Optimierung der Produktionstechnologien für die Großserien-<br />
Fertigung wird der Maschinenbau zum zentralen Erfolgsfaktor von<br />
leistungsfähigeren und kostengünstigeren Produkten. Wichtige Faktoren<br />
sind dabei geringerer Material- und Energieeinsatz, höhere Wirkungsgrade<br />
und optimierte Fertigungsprozesse (erhöhter Automatisierungsgrad, Schnittstellenstandardisierung,<br />
etc.). Um diese Effekte zu realisieren, sollten sich<br />
die Batterieproduzenten gezielt das Know-how des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
zu Nutze machen.
18 | Studie<br />
Ähnlich ist der Einfluss der Fertigungstechnologien bei den Qualitätsanforderungen<br />
für Batteriezellen. Eine Batterie besteht aus zusammengeschalteten<br />
Zellen. Beim Be- und Entladen sollten alle Zellen idealerweise gleichmäßig<br />
ihren Ladungszustand verändern. Falls eine Batteriezelle aus Qualitätsgründen<br />
diesen idealen Zustand verlässt, wird sie sich zukünftig bei jedem<br />
Be- und Entladevorgang weiter vom Idealzustand entfernen. Dadurch wird<br />
sowohl die Leistung/ Lebensdauer dieser Zelle als auch die Performance<br />
der gesamten Batterie negativ beeinflusst. Um dies zu vermeiden, muss der<br />
Fertigungsprozess höchste Reproduzierbarkeit identischer Zellen garantieren.<br />
Technologische Fortschritte in den Fertigungstechnologien sind dazu<br />
unerlässlich.<br />
3.2.2. Produktionstechnologien für Batteriezellen<br />
Die Produktionstechnik zur Batteriezellen-Fertigung hat sich in den letzten<br />
Jahren deutlich weiterentwickelt. Die ersten Maschinen- und Anlagen waren<br />
ausgerichtet auf die Fertigung von Kleinserien im Rahmen von Versuchsreihen<br />
und kleineren Fahrzeugprojekten. Mittlerweile liegt der Fokus auf<br />
der Großserien-Fertigung und die Anforderungen an die Produktionstechnik<br />
sind entsprechend andere. Die Steigerung der Produktivität sowie die Beibehaltung<br />
eines gleichbleibenden Qualitätsniveaus sind dabei die wichtigsten<br />
Anforderungen.
19 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Die Batteriezellen-Fertigung lässt sich grundsätzlich in acht Produktionsschritte<br />
unterteilen, vom Mischen der Rohmaterialien bis zum Formieren<br />
der fertigen Zellen (siehe Abbildung 13). Die Kernprozesse sind dabei in<br />
erster Linie Mischen und Beschichten. Diese beiden Prozesse besitzen den<br />
höchsten Einfluss auf die Qualität und Leistungsfähigkeit der fertigen Zelle.<br />
Beim Mischen bestehen die größten Herausforderungen heute in der Sicherstellung<br />
gleichbleibender Qualität und in der Erhöhung der Produktivität.<br />
Um die maximale Leistungsfähigkeit von Batteriezellen aus verschiedenen<br />
Produktions-Batches zu erreichen, muss das Rohmaterial für die Elektroden<br />
eine konstante Zusammensetzung haben. Kleine Abweichungen im Material -<br />
mix können große Qualitätsprobleme erzeugen. Um die Produktivität des<br />
Misch-Prozesses zu steigern, muss gleichzeitig die Geschwindigkeit erhöht<br />
werden. Aktuell werden die Materialien in einem Batch-Verfahren gemischt,<br />
das mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Für eine funktionierende Großserien-Fertigung<br />
müssen so mehr Anlagen vorgehalten werden, was den<br />
Gesamtanlageninvest deutlich erhöht.
20 | Studie<br />
Beim Beschichten sind die Anforderungen ähnlich hoch. Es geht ebenfalls<br />
darum, die Reproduzierbarkeit von Zellen in engen Toleranzen zu garantieren.<br />
Gleichzeitig muss der Durchsatz der Anlagen deutlich erhöht werden.<br />
Es gibt bereits Ansätze zur doppelseitigen Beschichtung, um in einem<br />
Durchlauf größere Flächen zu bearbeiten. Die Durchlaufgeschwindigkeit<br />
der Beschichtungsmaschinen soll ebenfalls erhöht werden, allerdings stößt<br />
man hier auf physikalische Grenzen. Die Fließgeschwindigkeit des Slurrys<br />
(der chemischen Verbindungen, die auf die Elektroden-Folien aufgetragen<br />
werden) ist relativ gering, was die mögliche Geschwindigkeit des Auftragens<br />
nach oben begrenzt. Neuartige Beschichtungsverfahren könnten hier deutliche<br />
Produktivitätssteigerungen ermöglichen. Die Abkoppelung des Beschichtungsprozesses<br />
von Lösungsmitteln ist eine weitere Herausforderung.<br />
Heute wird dem Slurry Lösungsmittel beigemischt, um die richtige Viskosität<br />
zu garantieren. Das verursacht allerdings hohe Kosten insbesondere in der<br />
Lösungsmittelrückgewinnung, die man durch Lösungsmittel-freie Prozesse<br />
verringern könnte.<br />
Auch bei den weiteren Prozessen steht i.d.R. die Sicherstellung gleichbleibender<br />
Qualität im Vordergrund und steht oft in Konkurrenz zum Heben<br />
direkter Kostensenkungspotenziale. So muss z.B. beim Schneiden ein Weg<br />
gefunden werden, die Abnutzung der momentan verwendeten Schneideblätter<br />
zu verringern. Durch stumpfe Schneiden entstehen Grate an der<br />
Außenseite der Elektroden, die die Leistungsfähigkeit der Batterie langfristig<br />
beeinflussen können. Durch neuartige Produktionstechniken (z.B.<br />
Laser-Schneiden), könnten hier Qualitätssprünge ermöglicht werden. Beim<br />
Formieren wiederum liegt der Fokus in erster Linie auf der Reduktion der<br />
Lagerzeiten. Aktuell müssen die fertigen Batteriezellen bis zu 24 Stunden<br />
lang formiert werden. Angesichts einer Tagesproduktion von zig Tausend<br />
Zellen ist der Aufwand (in erster Linie das Investment in Hochregallager)<br />
erheblich. Durch eine Reduktion der Lagerzeit durch verbesserte Formierungsprozesse<br />
und -anlagen auf ca. 10 Stunden könnten die Investments in<br />
die Batterie-Fertigung signifikant reduziert werden. Die Weiterentwicklung<br />
der Produktionstechniken durch die Maschinen- und Anlagenbauer kann<br />
hier einen entscheidenden Beitrag leisten, die Qualitätsziele der Automobilindustrie<br />
zu erreichen und durch Senkung von Ausschussraten auch Produktivitätsgewinne<br />
zu erzielen.<br />
3.2.3. Marktübersicht je Maschine/Technologie, Hauptwettbewerber<br />
Für die in Abbildung 13 dargestellte Anlage mit einer Kapazität von<br />
ca. 100.000 EV-Äquivalenten (20 kWh Batterie-Kapazität) müssten heute<br />
ca. 200 Mio. EUR investiert werden. Die kostenintensivsten Prozesse sind<br />
das Beschichten und Formieren mit jeweils ca. 45 Mio. EUR.
21 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Im Vergleich zu den Kosten von Produktionsanlagen für Halbleiter oder<br />
Flachdisplays, die mehrere Mrd. EUR betragen, sind Fertigungsanlagen für<br />
Batteriezellen damit relativ kostengünstig. Allerdings müssen zur Produktion<br />
großer Stückzahlen eine Reihe von Produktionslinien parallel betrieben<br />
werden, was den Maschinenbedarf deutlich erhöht. Die kurzen Innovationszyklen<br />
einer solch jungen Fertigungs-Industrie erhöhen den Bedarf an zuverlässigen,<br />
leistungsstarken Fertigungskapazitäten. Das wird den Markt für<br />
Batterie-Produktionslösungen insgesamt erhöhen und damit den Raum für<br />
Maschinenbauer in diesem Sektor erweitern.<br />
Der Markt für Maschinen- und Anlagen zur Batteriezellen-Produktion wird<br />
heute von asiatischen Herstellern dominiert (siehe Abbildung 14). In allen<br />
Kernprozessen existieren in der Regel einen Reihe von Anbietern aus Japan,<br />
die auch von Kundenseite als wichtigste Anbieter am Markt wahrgenommen<br />
werden. Zusätzlich haben sich in den letzten Jahren Unternehmen aus<br />
den USA, Korea und mittlerweile auch China in diesem Markt etabliert.<br />
Deutsche Unternehmen sind über die gesamte Prozesskette hinweg derzeit<br />
noch relativ schwach vertreten. Für die einzelnen Prozessschritte (z.B.<br />
Beschichten), existieren in Deutschland jedoch einzelne Anbieter, die auch<br />
technologisch konkurrenzfähig sind. Fast kein Unternehmen bietet bis dato<br />
ein Gesamtsystem zur Batterieproduktion an, das eigene und Unternehmensfremde<br />
Anlagen vereint. Die großen japanischen Anbieter hingegen<br />
versuchen, durch eigene Entwicklung oder Kooperation mit anderen Anbietern,<br />
möglichst große Teile der Prozesskette aus einer Hand anzubieten.<br />
In Deutschland wird diese Aufgabe von Systemintegratoren übernommen,<br />
die die Maschinen verschiedener Anbieter zur vom Kunden gewünschten<br />
Produktionsanlage kombinieren. Auf Kundenseite sind deutsche Anbieter<br />
ebenfalls wenig etabliert und werden nur bedingt wahrgenommen. Die<br />
Gründe hierfür liegen weniger in technologischen Schwächen als in<br />
mangelnder Bekanntheit und dem – für viele Anbieter – erst relativ<br />
kurz zurückliegenden Markteintritt.<br />
In der Flachdisplay-Fertigung war die Ausgangsposition deutscher Maschinenbauer<br />
in den 1990er Jahren ganz ähnlich. Bei der Photovoltaik erkannten<br />
die Maschinenbauer jedoch frühzeitig, dass das Angebot von schlüsselfertigen<br />
Fabriken gerade in der Aufbauphase einer Industrie ein wesentlicher<br />
Wettbewerbsfaktor ist. Der Maschinenbau ist hier mit Großkunden gewachsen.<br />
Bei der Batteriefertigung kann dieser Sprung ebenfalls gelingen.<br />
Der zu erwartende Bedarf an innovativen Produktionslösungen allein wird<br />
deutschen Maschinenbauern den Ausbau dieses Geschäftes erleichtern,<br />
wenn die richtigen Weichenstellungen getroffen werden und Erfahrungen<br />
aus anderen Industrien wie der Elektronik-, Flachdisplay- und Photovoltaik-<br />
Fertigung genutzt werden.
22 | Studie<br />
Die Fertigungstechniken von Batterien, Elektronik, Flachdisplays und<br />
Photovoltaik beginnen allesamt bei der chemischen Prozessierung (z.B. Elektrodenmaterialien,<br />
Reinstsilizium oder Glas), beschichten große Flächen mit<br />
hoher Präzision (Drucktechnik, PVD, CVD), brauchen einen hohen Automatisierungsgrad,<br />
setzen Kunststoffe ein (Separatoren, Laminate, Verkapselung),<br />
finden in Reinräumen statt und benötigen ähnliche Größenordnungen<br />
von Investitionen (100 Mio. EUR bis 10 Mrd. EUR). Lohnkosten spielen<br />
eine untergeordnete Rolle. Deutsche Maschinenbauer sind in diesen In-<br />
dustrien starke, international konkurrenzfähige Anbieter und vielfach Technologieführer<br />
für die gefragten Prozesse, trotz großer Konkurrenz aus Asien<br />
und den USA. Davon kann die Batteriefertigung massiv profitieren.<br />
3.2.4. Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller und<br />
Diskussion der wesentlichen Wettbewerbsvor- und -nachteile<br />
Die Erfahrung deutscher Maschinen- und Anlagenbauer mit Batteriefertigungs-Prozessen<br />
ist heute aus mehreren Gründen relativ gering. Ein wichtiger<br />
Faktor ist die jahrelange Vernachlässigung der Batterieentwicklung, der<br />
zugrundeliegenden Elektrochemie und der Batterieproduktion in Deutschland.<br />
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Industrie in Deutschland<br />
weitgehend aus diesem Gebiet zurückgezogen und den Markt überwiegend<br />
Anbietern aus Asien überlassen.
23 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Das hatte auch Auswirkungen auf den Maschinenbau. Ohne lokale Produktentwicklung<br />
und Fertigung konnte sich der Maschinenbau auf diesem Gebiet<br />
nicht weiterentwickeln und hat sich auf andere Märkte konzentriert.<br />
Der Entwicklungssprung zur Li-Ionen-Batterie konnte deshalb vom Maschinenbau<br />
nicht in der Breite mit-vollzogen werden.<br />
Heute wird die Produktionstechnik für Li-Ionen-Batterien überwiegend<br />
von Anbietern aus Asien dominiert. Sie profitieren von der jahrelangen Er -<br />
fahrung, die sie bei der Produktion von Li-Ionen-Batterien für "Consumer<br />
Goods" wie Laptops und Mp3-Player gesammelt haben. Aus diesem Geschäftsfeld<br />
heraus sind sie mit den grundlegenden Anforderungen der<br />
Batterieproduktion bestens vertraut und konnten sie bei neuen Anlagen<br />
für Automobil-Batterien zur Anwendung bringen. Die Erfahrung aus der<br />
Produktion von "Consumer Batteries" ist aber für automobile Batterien nur<br />
begrenzt relevant. Sowohl die Anforderungen in Bezug auf Qualität und<br />
Lebensdauer (deutliche Reduktion der Fehlerhäufigkeit) der Batterien als<br />
auch die Produktionsprozesse an sich (z.B. durch deutlich größere Elektroden)<br />
unterscheiden sich von denen für "Consumer Batteries".<br />
Erheblich ist die Vorreiterrolle der asiatischen Automobilhersteller (z.B.<br />
Toyota, BYD) beim Aufbau von Produktionskapazitäten für Batterien, die<br />
den asiatischen Maschinenbauern Gelegenheit gegeben hat, frühzeitig<br />
Praxiserfahrung im Automobilbereich zu sammeln und ihre Anlagen weiterzuentwickeln.<br />
Zusätzlich sind viele Maschinenbauer in Japan über "keiretsu"<br />
mit Automobilherstellern finanziell verbunden, was ihnen den Zugang zur<br />
Produktentwicklung und den entsprechenden Auftragsvolumen erheblich<br />
erleichtert.<br />
Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer haben die Batterieproduktion in<br />
den letzten Jahren wieder als relevantes Geschäftsfeld für sich entdeckt,<br />
auch getrieben durch die Diskussion über <strong>Elektromobilität</strong>. Einige Unternehmen<br />
aus technologisch verwandten Bereichen (z.B. Beschichtung, Verpackung,<br />
Elektronik) haben begonnen, sich im Umfeld der Batterieproduktion<br />
attraktive Nischen zu suchen. Mittlerweile können alle Produktionsschritte<br />
von deutschen Herstellern abgebildet werden. Allerdings ist für den überwiegenden<br />
Teil der Anbieter die Batterieproduktion ein Randgeschäft, das<br />
bisher nur einen kleinen Teil dem Umsatzes generiert. Dementsprechend ist<br />
der Aufwand, der für die Weiterentwicklung der Anlagen und Technologien<br />
getrieben werden kann, verhältnismäßig gering. In Kombination mit der<br />
bisher kaum vorhandenen lokalen Fertigung von Batteriezellen in Deutschland/Europa<br />
haben die Maschinenbauer Schwierigkeiten, im relevanten<br />
Umfang Erfahrung aufzubauen, die den Wettbewerb mit Anbietern aus<br />
Asien ermöglicht.
24 | Studie<br />
Für einige Anbieter von Produktionstechnik für Batterien besteht zusätzlich<br />
die Problematik, dass sie bisher kaum mit der Automobilindustrie in<br />
Kontakt waren. Kernprozesse wie das Mischen der Rohmaterialien oder die<br />
Beschichtung der Elektroden wurden in der Automobilindustrie bisher nicht<br />
eingesetzt. Die entsprechenden Anbieter sind kaum bei potenziellen Kunden<br />
bekannt und besitzen nur wenig Know-how in Bezug auf die Prozesse und<br />
Anforderungen der Automobilindustrie (z.B. Qualitätsanforderungen, Verhandlungsabläufe,<br />
Servicestandards). Im Vergleich zu japanischen Firmen,<br />
die teilweise über "keiretsu" mit der einheimischen Automobilindustrie<br />
verwoben sind, sind deutsche Hersteller damit deutlich benachteiligt. Die<br />
in Deutschland etablierten Netzwerke der industriellen Gemeinschaftsforschung<br />
können helfen, durch branchenübergreifende Bearbeitung von<br />
Themen zumindest einen Teil dieser Nachteile zu kompensieren (siehe<br />
Abbildung 15).<br />
Die Ausgangslage ist damit für deutsche Maschinenbauer im Bereich<br />
Batteriefertigung schwierig: Starker Wettbewerb aus Japan, teilweise wenig<br />
Nähe zur Abnehmerindustrie, sich ständig weiterentwickelnde Produkte<br />
und hohe Kosten für Forschung und Entwicklung. Dennoch können sich<br />
deutsche Unternehmen einen wichtigen Wachstumsmarkt erschließen,<br />
wenn sie ihre Stärken anwenden und ausbauen. Zum Einen können sie sich<br />
ihre Erfahrung aus der Anwendung der Produktionstechnologien in anderen<br />
Industrien zu Nutze machen. Zum Anderen sind in den nächsten Jahren bei<br />
Li-Ionen-Batterien weitere Entwicklungsschritte zu erwarten, die auch im<br />
Bereich Produktionstechnik für Umbrüche sorgen und innovativen Unternehmen<br />
neue Chancen eröffnen werden.
25 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer haben in der Vergangenheit<br />
(z.B. in der Photovoltaik-Branche) bereits bewiesen, dass sie sich in einem<br />
ähnlich herausfordernden Umfeld erfolgreich etablieren können. Die erfolgreichen<br />
Netzwerke zur vorwettbewerblichen Zusammenarbeit mit der<br />
Automobilindustrie wie z.B. E-MOTIVE im VDMA ermöglichen auch den<br />
kleineren Unternehmen aus dem Maschinenbau, die neuen Technologien<br />
mit der Automobilindustrie zu diskutieren und gemeinsam mit geringem<br />
Risiko zu erforschen.<br />
3.2.5. Übergreifende Bewertung der Technologie für den Maschinenbau<br />
Standort Deutschland<br />
Der deutsche Maschinenbau ist – wie zu Anfang beschrieben – im Bereich<br />
Automobilindustrie traditionell stark. Gerade aus diesem Grund wäre eine<br />
gute Positionierung bei Produktionstechnik zur Batteriezellen-Fertigung sehr<br />
wichtig. Da sich Batterien zu einer der wichtigsten Komponenten für die Zukunft<br />
des Automobilbaus entwickeln werden, sollten deutsche Maschinen-<br />
bauer sich in diesem Gebiet ebenfalls stark positionieren, um sich den<br />
Zugang zu einem technologisch langfristig bedeutenden Geschäftsfeld zu<br />
sichern. Auch die deutsche Automobilindustrie wird ein Interesse daran<br />
haben, eine lokale Zulieferer-Basis für Maschinen- und Anlagenbauer aufzubauen,<br />
um den Abfluss von Know-how zu verhindern. Schließlich möchte<br />
ein europäischer Automobilhersteller oder -zulieferer, der eine neuartige<br />
Batterietechnik entwickelt, dieses Wissen nur ungern mit dem asiatischen<br />
Maschinenbauer teilen, der über ein "keiretsu" mit wichtigen Konkurrenten<br />
verbunden ist. Die enge Zusammenarbeit der deutschen Automobilindustrie<br />
mit lokalen Maschinen- und Anlagenbauern kann helfen, diese Konflikte zu<br />
vermeiden.<br />
Mittel- bis langfristig wird sich mit den Maschinen und Anlagen zur Produktion<br />
von Batterien für elektrische Antriebe ein sehr interessantes Geschäftsfeld<br />
für die deutschen Anbieter entwickeln. Angesichts der notwendigen<br />
Investitionsvolumen (ca. 200 Mio. EUR für eine Anlage zur Produktion von<br />
100.000 EV-Batterien) und des zukünftigen Marktwachstums für Batterien<br />
ist zu erwarten, dass der Markt für entsprechende Maschinen in den nächsten<br />
Jahren auf mehrere Milliarden anwachsen wird. Die kurzen Innovationszyklen<br />
sowohl bei Produktionsanlagen als auch bei den zu produzierenden<br />
Batteriezellen werden zusätzlich für erheblichen Maschinenbedarf sorgen.<br />
Da die Batteriekosten momentan eine der größten Hürden bei der Einführung<br />
von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb sind, haben die Batterieproduzenten<br />
großes Interesse daran, ihren Maschinenpark schnellstmöglich<br />
umzurüsten, sobald neue effiziente Produktionstechnologien mit Kostensenkungspotenzial<br />
verfügbar sind.
26 | Studie<br />
Ein Hinderungsgrund für die rasche Erneuerung der Anlagen und damit die<br />
kontinuierliche Evolution der Produktionstechnologie können die langen<br />
Abschreibungsdauern der Produktionsanlagen sein. Angesichts der hohen<br />
Anfangsinvestments ist eine Erneuerung des Maschinenparks vor der vollständigen<br />
Abschreibung aus Sicht der Betreiber wenig sinnvoll. Das könnte<br />
wiederum sowohl die Entwicklung der Batterie technik als auch die Optimierung<br />
der Produktionstechnologien verlang samen. Eine degressive Abschreibung<br />
wäre daher ein wichtiges Signal an potenzielle Investoren. Beim<br />
Investitionskalkül der Unternehmer schlägt sich dies unmittelbar nieder.<br />
Denn sie erhöht die Investitionsrendite und entspannt die Liquiditätssituation<br />
der Unternehmen deutlich. Auch modulare Produktionskonzepte, die<br />
Technologie-Upgrades erlauben, ohne die komplette Anlageninvestition zu<br />
ersetzen, können einen Beitrag leisten.<br />
Für den deutschen Maschinenbau ist es ebenfalls wichtig, dass in Deutschland<br />
"Ankerinvestitionen" in die Batteriezellen-Fertigung getätigt werden.<br />
Selbst wenn die Investitionsvolumen kurzfristig relativ begrenzt sein sollten,<br />
würde durch den längerfristig zu erwartenden Ausbau der Kapazitäten, die<br />
kontinuierliche Erneuerung der Anlagen über die Zeit erhebliche Marktpotenziale<br />
im Heimatmarkt geschaffen. Gleichzeitig ermöglicht die Fertigung<br />
in Deutschland die Weiterentwicklung der Kernkompetenzen durch kurze<br />
Wege und enge Zusammenarbeit mit lokalen Batterieproduzenten und bildet<br />
damit die Keimzelle auch für weiteres globales Geschäft.<br />
3.3. Case Study Elektromotorenproduktion<br />
Elektromotoren sind schon heute vielfach in Fahrzeugen zu finden, z.B. als<br />
Teil der elektrischen Sitzverstellung. Allerdings wurden sie bisher als Nebenaggregate<br />
eingesetzt und wurden vom Kunden nicht als "charakterbildende"<br />
Komponente des Fahrzeugs wahrgenommen. Mit der Einführung des elektrischen<br />
Antriebsstrangs ändert sich das grundlegend. In den letzten Jahren<br />
hat sich die Automobilindustrie stark auf den Elektromotor als Antriebskomponente<br />
fokussiert, um ihn hinsichtlich Leistung, Kosten, Qualität und Einsatzbedingungen<br />
für die automobile Anwendung zu optimieren. Angesichts<br />
eines zu erwartenden Produktionsvolumens von Elektromotoren mit ca.<br />
990 Mio. kW kombinierter Leistung in 2020 (für Voll-Hybrids, PHEVs und<br />
EVs) gibt es erhebliches Marktpotenzial für Maschinen- und Anlagenbauer,<br />
die mit innovativer Produktionstechnik diese Optimierungsbemühungen<br />
unterstützen können (siehe Abbildung 16).
27 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
3.3.1. Elektromotoren für E-Mobility – Struktur und Hauptbestandteile<br />
Im Gegensatz zur Lithium-Ionen-Batterie ist der Elektromotor ein vergleichsweise<br />
reifes Produkt. Elektromotoren werden heute in einer Vielzahl von<br />
Industrien und Anwendungen einsetzt, in den unterschiedlichsten Leistungsklassen.<br />
Die Hauptkomponenten des Elektromotors sind Rotor und<br />
Stator, ergänzt durch weitere Bauteile wie das Gehäuse und die Motorsteuerung<br />
(siehe Abbildung 17). Es existieren je nach Anwendung und benötigter<br />
Leistungsklasse unterschiedliche Elektromotor-Konzepte, mit oder ohne<br />
Permanentmagnete. Aufgrund der in den letzten Jahren stark gestiegenen<br />
Kosten für Permanentmagnete und der Lieferproblematik in China (in 2010<br />
gab es zeitweise Exportbeschränkungen für die für Magnete benötigten seltenen<br />
Erden), werden sich zumindest für größere Elektromotoren (für EVs/<br />
PHEVs) möglicherweise E-Motoren ohne Permanentmagnete durchsetzen.<br />
Neben beträchtlichen Kosteneinsparungen auf der Materialseite bedeutet<br />
diese Entwicklung gewisse Vereinfachungen, da sich die Handhabung größerer<br />
Permanentmagnete im Produktionsprozess relativ komplex gestaltet.
28 | Studie<br />
Trotz der langjährigen Erfahrung mit Elektromotoren und ihrer vielfältigen<br />
Anwendung in diversen Industrien und Produkten besteht für den Einsatz<br />
im automobilen Antriebsstrang noch erheblicher Optimierungsbedarf. Im<br />
Vergleich zur Industrieanwendung besteht bei E-Motoren für automobile<br />
Anwendungen insbesondere hinsichtlich Leistungsdichte, Leistungsgewicht<br />
und Komponentenkosten Verbesserungspotenzial. Die erhöhten automobilen<br />
Anforderungen sind nur zu erfüllen, wenn auch die Produktionstechnik<br />
weiterentwickelt wird. Die Fertigung hat bei E-Motoren insbesondere einen<br />
großen Einfluss darauf, ob die gesetzten Ziele bei Qualität und Lebensdauer<br />
erreicht werden.<br />
Die Kosten des Elektromotors entstehen vor allem durch den Einsatz<br />
großer Mengen an hochwertigen Metallen (z.B. Kupfer, seltene Erden).<br />
Der Fertigungsprozess selbst (Maschinenstunden und Lohnkosten) spielt<br />
bei den Herstellkosten zwar derzeit noch eine relativ geringe Rolle, hat<br />
aber großen Einfluss auf die Materialeffizenz (Füllgrad) und damit auch<br />
die Gesamtkosten. Die Weiterentwicklung der Produktionstechnologien<br />
ist dementsprechend auch für die geforderte Kostensenkung wichtig.<br />
So könnte z.B. durch verbesserte Wickeltechnologie der Materialeinsatz<br />
verringert werden, bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistung. Zusätzlich<br />
ermöglicht die Vollautomatisierung der Produktion (bisher wird für größere<br />
Leistungsklassen teilweise noch halbautomatisiert gefertigt) erhebliche<br />
Produktivitätssteigerungen. Zudem bieten hohe Materialkosten und knappe<br />
Rohstoffe hohes Potenzial für Recycling der E-Motoren, was ein weiteres<br />
Einsatzfeld für die Produkte des Maschinenbaus erzeugen wird.
29 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Die größte Umwälzung entsteht durch veränderte Anforderungsprofile in<br />
der Automobilindustrie: Qualitätsanforderungen an die Antriebstechnik und<br />
damit auch an E-Motoren sind grundsätzliche andere als die Anforderungen<br />
aus Industrieanwendungen. In der Industrie werden E-Motoren zu großen<br />
Teilen stationär angewendet (z.B. in Werkzeugmaschinen), unterliegen so<br />
gut wie keinen Umwelteinflüssen (z.B. sind die Temperaturen in Werkshallen<br />
fast konstant) und werden regelmäßig gewartet. Ein Auto weist grundsätzlich<br />
andere Einsatzbedingungen auf: Durch den mobilen Einsatz unter<br />
sehr unterschiedlichen Klima- bzw. Wetterbedingungen (z.B. Temperaturschwankungen<br />
Sommer-Winter, Salzstreuung im Winter) und unregelmäßige<br />
Wartungsabstände und -möglichkeiten. Um die hohen Qualitätsanforderungen<br />
der Automobilindustrie zu erfüllen, müssen auch die Fertigungsprozesse<br />
anders ausgelegt werden. So kann z.B. durch den Schritt zur Vollautomatisierung<br />
auch für Motoren höherer Leistungsklassen die Reproduzierbarkeit<br />
hoher Produktqualität deutlich erhöht werden.<br />
Von der Optimierung und Kostenreduktion des Elektromotors wird im<br />
Übrigen auch der Maschinenbau selbst profitieren. Alle stationären Maschinen<br />
nutzen elektrische Antriebe und damit auch Elektromotoren. Wenn der<br />
Fokus der Automobilindustrie auf E-Motoren zu signifikanten Kostensenkungen<br />
führt, werden auch die Maschinenbauer die Wettbewerbsfähigkeit<br />
ihrer Maschinen weiter verbessern können.<br />
3.3.2. Produktionstechnologien für Elektromotoren<br />
Die Produktionstechnologien für Elektromotoren sind seit langem bekannt.<br />
Auch für die Produktion von Elektromotoren für die Anwendung im<br />
automobilen Antriebsstrang werden sich die einzelnen Produktionsschritte<br />
höchstwahrscheinlich nicht fundamental verändern. Es wird aber Änderungen<br />
und Weiterentwicklungen der verwendeten Produktionstechnologien<br />
innerhalb der einzelnen Produktionsschritte geben müssen, um die geforderten<br />
Kostensenkungen zu erreichen.<br />
Der wichtigste Kernprozess der Elektromotoren-Produktion ist das Wickeln<br />
der Drahtspulen. Dieser Prozessschritt ist technologisch höchst anspruchsvoll<br />
und für die optimierte Herstellung des Elektromotors von entscheidender<br />
Bedeutung. Durch effizientere Wicklung könnten zukünftig die<br />
Materialkosten des Motors signifikant gesenkt werden, da für die gleiche<br />
Leistungsfähigkeit weniger Draht benötigt wird. Gleichzeitig muss die<br />
Wickeltechnologie weiterentwickelt werden, um die Anforderungen der<br />
Automobilindustrie hinsichtlich Qualität und Reproduzierbarkeit von<br />
identischen Komponenten zu erfüllen.
30 | Studie<br />
Ein weiterer relevanter Produktionsschritt ist das Stanzen der Blechpakete.<br />
Hier können sich interessante Perspektiven für Firmen aus der Laser-<br />
Branche ergeben. Im Zuge der Bemühungen der E-Motoren-Hersteller zur<br />
Effizienzsteigerung wird daran gearbeitet, die Dicke der Bleche und Blechpakete<br />
zu reduzieren. Falls die Dicke unter einen bestimmten Schwellenwert<br />
sinkt, können eventuell statt Stanzmaschinen Laserschneide-Maschinen<br />
zum Einsatz kommen. Bei den weiteren Kern-Prozessschritten wie<br />
dem Laminieren der Drahtspulen und der Endmontage ist insbesondere die<br />
Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit von Bedeutung. Bei der Endmontage<br />
ist dazu die weitgehende Automatisierung der Prozesse erforderlich.<br />
Grundsätzlich ist die Voll-Automatisierung der E-Motoren-Fertigung eine<br />
der größten Herausforderungen. Bisher werden Motoren größerer Leistungsklassen<br />
überwiegend teilautomatisiert hergestellt, da für die relativ kleinen<br />
Los-Größen der Aufbau einer automatisierten Fertigung nicht rentabel war.<br />
Durch die zu erwartenden höheren Stückzahlen in der Automobilindustrie<br />
hat die Voll-Automatisierung der Fertigung an Relevanz gewonnen. Aus<br />
Sicht der beteiligten Unternehmen bedeutet diese Entwicklung auch, dass<br />
Anbieter von integrierten, automatisierten Produktionsanlagen gegenüber<br />
Anbietern von "Insellösungen" zur teilautomatisierten Fertigung Wettbewerbsvorteile<br />
erzielen werden.
31 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
3.3.3. Marktübersicht je Maschine/Technologie, Hauptwettbewerber<br />
Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer sind im Markt für Fertigungsanlagen<br />
zur Elektromotoren-Produktion sehr gut aufgestellt. Sie decken sowohl<br />
die "traditionellen", metallbearbeitenden Prozesstechnologien ab, als auch<br />
zukünftig mögliche relevante Technologien (z.B. Laserschneiden). Die<br />
Elektromotoren-Produktion wird schon seit langem mit Maschinen deutscher<br />
Hersteller beliefert. Der deutsche Maschinenbau kann hier insbesondere<br />
seine Stärken bei Prozessverkettung und Automatisierung einbringen<br />
und besitzt damit auch wettbewerbsdifferenzierende Kompetenzen.<br />
Anders als bei der Batterieproduktion kommen die wichtigsten Wettbewerber<br />
nicht aus Asien, sondern z.B. aus Italien und der Schweiz. Da Elektromotoren-Fertigung<br />
auch in Deutschland und Europa stattfindet und nicht<br />
wie im Falle der Batterien heute in Asien konzentriert ist, konnten die<br />
deutschen Anbieter auch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Produktionstechnik<br />
mitgestalten. Ein Erfahrungsvorsprung von Wettbewerbern wie<br />
bei der Batterieproduktion beschrieben existiert bei Produktionstechnik für<br />
Elektromotoren also nicht.<br />
3.3.4. Einschätzung Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller und<br />
Diskussion der wesentlichen Wettbewerbsvor- und -nachteile<br />
Deutsche Anbieter profitieren von ihrer langjährigen Erfahrung in den<br />
verschiedenen Produktionstechnologien. Produktionstechnik für Elektromotoren<br />
ist im Unterschied zu den Batterien kein technologisches Neuland<br />
und gehört seit langem zum Kerngeschäft vieler Maschinenbauer. Deutsche<br />
Unternehmen sind zwar in Kernprozessen (z.B. Wickeln) nicht in großer<br />
Zahl vertreten, bringen aber zumindest ihre Kompetenzen in den Produktionsprozess<br />
ein. Dazu gehört insbesondere die Automatisierungskompetenz.<br />
Ein weiterer Pluspunkt für deutsche Hersteller ist die Präsenz von<br />
Elektromotoren-Fertigung quasi "vor der Haustür". Große deutsche Zulieferer<br />
wie Bosch, Continental, Brose (im JV mit SEW Eurodrive) oder Siemens<br />
sind in diesem Geschäftsfeld aktiv und der Maschinenbau profitiert von der<br />
Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen. Gleichzeitig haben diese Zulieferer<br />
die Produktion von Elektromotoren für die Anwendung im automobilen<br />
Antriebsstrang für sich als Geschäftsfeld entdeckt und sind interessiert an<br />
technologischen Neuerungen der etablierten, deutschen Maschinenbauer.<br />
Von Forschungsanstrengungen in diesem Gebiet profitieren beide Seiten<br />
gleichermaßen.
32 | Studie<br />
Nachteilig wirkt sich für die deutschen Maschinenbauer zum Teil ihre geringe<br />
Größe aus. Die meisten der Firmen, die sich mit spezieller Produktionstechnik<br />
zur Elektromotoren-Fertigung beschäftigen, gehören zum deutschen<br />
Mittelstand, mit einem Jahresumsatz deutlich
33 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Unternehmen wie zum Beispiel General Motors investieren aber bis zu<br />
160 Mio. EUR in Fertigungskapazitäten für E-Motoren. Abhängig von der<br />
langfristigen Entwicklung des Marktes für PHEVs und EVS könnte sich hier<br />
ein – auch vom Umsatzvolumen – sehr interessantes Segment entwickeln.<br />
In den nächsten Jahren wird sich dieser Trend im gleichen Maße fortschreiben,<br />
wie sich elektrische Antriebe in der Automobilbranche durchsetzen.<br />
Aktuell sind bereits vielfältige Beispiele zu beobachten, in denen Automobilhersteller<br />
und -zulieferer signifikante Investitionen in E-Motoren-Produktion<br />
tätigen (GM, VW, Daimler, Bosch, Continental, etc.). Für die Maschinen-<br />
und Anlagenbauer ergeben sich auch hier kurzfristig interessante Wachstumschancen.<br />
Die Bedeutung der Produktionstechnik zur Elektromotoren-Produktion<br />
wird zunehmen. Durch die Einführung elektrischer Antriebe hat auch die<br />
Entwicklung der Elektromotoren im Bereich höherer Leistungsklassen eine<br />
neue Dynamik bekommen und dies wird signifikantes Geschäftspotenzial<br />
für den Maschinenbau haben. Durch die zukünftig große Bedeutung der<br />
Elektromotoren für den Automobilbau ist das Interesse an innovativer<br />
Produktionstechnik deutlich gestiegen. Für den deutschen Maschinenbau<br />
ergeben sich dadurch langfristig sehr gute Marktchancen. Zum einen können<br />
bestehende Stärken, z.B. in der Automatisierung, eingebracht werden,<br />
zum anderen kann die traditionelle Stärke bei Innovation und Forschung<br />
langfristig einen Spitzenplatz im Wettbewerb bedeuten. Einige Unternehmen<br />
haben diesen Trend bereits erkannt und gründen erste Joint Ventures,<br />
zum Beispiel SEW Eurodrive und Brose.<br />
3.4. Zusammenfassung<br />
Die Analyse der Produktionstechnik für die Batteriezellen- und Elektromotoren-Fertigung<br />
zeigt, dass die Ausgangslage für den deutschen Maschinenbau<br />
nicht umfassend ideal ist. Während die technologischen Kompetenzen<br />
von deutschen Herstellern abgedeckt werden können, fehlt es teilweise an<br />
den Möglichkeiten zur Kommerzialisierung durch begrenzte Ressourcen.<br />
Gleichzeitig gibt es in allen Technologiebereichen etablierte Konkurrenz, die<br />
im Fall der Batterietechnik auch den Vorteil der lokalen Fertigung in Asien<br />
genießt. Allerdings hat der deutsche Maschinenbau alle Chancen, sich die<br />
beschriebenen Geschäftsfelder zu erschließen. In den nächsten Jahren<br />
werden sich die Rahmenbedingungen für neue Geschäftsfelder für den<br />
Maschinenbau sehr positiv entwickeln.
34 | Studie<br />
Der Markt für Batterien und Elektromotoren für den elektrischen Antriebsstrang<br />
ist noch weit von etablierten Strukturen entfernt (siehe Abbildung<br />
20). Es ist noch nicht klar, welche technologischen Konzepte langfristig in<br />
den Produkten dominieren werden. Ebenso ist noch offen, welche Zulieferer<br />
oder Automobilhersteller in Zukunft die Produktion von Batterien und<br />
Elektromotoren dominieren werden. Derzeit bilden sich eine große Anzahl<br />
an Unternehmen und Joint Ventures, die mit innovativen Produkten, unter<br />
dem Einsatz unterschiedlichster technischer Lösungen den Markt sichern<br />
wollen. Das eröffnet dem Maschinen- und Anlagenbau mittelfristig hervorragende<br />
Perspektiven. Angesichts der großen Anzahl technischer Kon zepte<br />
und der bisher fehlenden Standardisierung benötigen die Batterie- und<br />
Elektromotor-Produzenten in der Regel Speziallösungen, also Maschinen-<br />
und Anlagenkonzepte, die auf ihr spezifisches Produkt und die zugrundeliegende<br />
Technologie angepasst sind. Dadurch entstehen Potenziale im Markt,<br />
die innovative Maschinenbauer für sich nutzen können. Gepaart mit dem zu<br />
erwartenden starken Marktwachstum in den nächsten Jahren ergeben sich<br />
also attraktive Marktchancen für deutsche Unternehmen.
35 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
Langfristig folgt in etablierten Industrien i.d.R. eine Konsolidierungs-Phase.<br />
Das wird auch bei der <strong>Elektromobilität</strong> eintreten. Mit dem Marktwachstum<br />
für elektrischen Antriebe werden sich zunehmend konstante Strukturen<br />
herausbilden, sowohl was die Anzahl der Produzenten angeht als auch in<br />
Bezug auf die genutzten Produkttechnologien (so werden sich z.B. langfristig<br />
nur wenige der heutigen E-Motor-Konzepte durchsetzen). Dadurch wird<br />
auch die Variantenvielfalt bei den benötigten Produktionsanlagen reduziert,<br />
die attraktiven Nischen im Markt verschwinden. Durch zunehmende Standardisierung<br />
und Kostendruck sollte sich auch die Attraktivität des Marktes<br />
verringern.<br />
Allerdings ist nicht klar, wann diese Konsolidierung eintreten wird. Im<br />
Markt für Produktionsanlagen für Photovoltaik wird sie bereits seit einigen<br />
Jahren erwartet, sie ist bisher aber trotz der zunehmenden Marktreife insgesamt<br />
nicht eingetreten. Die deutschen Maschinenbauer sollten sich also<br />
vom langfristigen Konsolidierungs-Szenario nicht davon abhalten lassen,<br />
den mittelfristig hochdynamischen Markt für Produktionslagen für Batterien<br />
und Elektromotoren in den nächsten Jahren verstärkt zu adressieren.<br />
Welche Erfolgsfaktoren müssen erfüllt sein, um in diesen Markt zu erschließen?<br />
Auf Basis der Gespräche, die im Rahmen der Studie geführt<br />
wurden, konnten mehrere zentrale Faktoren identifiziert werden. Nicht<br />
alle erfüllen die betroffenen Maschinenbauer schon heute.<br />
Grundlage der erfolgreichen Markterschließung ist erstens das Beherrschen<br />
der relevanten Technologien der Produktionsschritte. Wie in den Fallstudien<br />
beschrieben, können deutsche Anbieter alle Prozessschritte abdecken. In<br />
einigen Teilbereichen (z.B. der Batterieproduktion) werden die notwendigen<br />
Technologien bisher überwiegend in anderen Industrien eingesetzt. Das<br />
allerdings mit großem Erfolg: Im Bereich Photovoltaik-, Elektronik- oder<br />
Flachbildschirm-Fertigung ist deutsche Produktionstechnik weltweit gefragt.<br />
Die hier verwendeten Produktionstechnologien sind mit der Batterie-<br />
Fertigung verwandt. Der deutsche Maschinenbau hat in der Vergangenheit<br />
bewiesen, dass die Transferleistung und Weiterentwicklung bestehender<br />
Technologien zu seinen Stärken gehört und hat das Potenzial, auch im<br />
Bereich Elektro mobilität erfolgreich zu sein.
36 | Studie<br />
Zweitens benötigen die Maschinen- und Anlagenbauer angesichts des<br />
Bedarfs für ständige technologische Weiterentwicklung hohe finanzielle<br />
Ressourcen. Wie in der Studie eruiert, muss die Produktionstechnik einen<br />
erheblichen Beitrag zur Kostensenkung und Qualitätsverbesserung von<br />
Batterien und Elektromotoren für den elektrischen Antriebsstrang leisten.<br />
Um den Schritt von der Manufaktur zur Großserien-Fertigung zu schaffen,<br />
ist kontinuierliches Investment in Forschung und Entwicklung notwendig.<br />
Zwar sind viele der Firmen, die relevante Produktionstechnik entwickeln,<br />
finanziell gut aufgestellt und werden die erforderlichen Vorabinvestitionen<br />
bewältigen. Einige der kleineren mittelständischen Unternehmen werden<br />
allerdings – auf sich alleine gestellt – Schwierigkeiten haben, den "langen<br />
Atem" bis zur Etablierung einer starken Marktposition und eines ertragreichen<br />
Geschäftsvolumen durchzuhalten. Hier sind starke Partner gefragt.<br />
Der dritte Erfolgsfaktor ist Kundenverständnis, sowohl was die technologischen<br />
Anforderungen als auch was die Regeln der Zusammenarbeit<br />
betrifft. Technologisch haben die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer<br />
den Wettbewerbsnachteil, dass bisher kaum Batterie-Fertigung in Deutschland<br />
und Europa stattfindet. Das erschwert die Weiterentwicklung der<br />
Maschinen und damit auch das erfolgreiche Bestehen im Wettbewerb mit<br />
Konkurrenten aus Asien. Die Exportstärke des deutschen Maschinenbaus<br />
muss schnell genutzt werden, um gezielt die Märkte zu erschließen, in<br />
denen schon heute in größerem Umfang Batterien und Elektromotoren für<br />
den elektrischen Antriebsstrang produziert werden. Dadurch können sie<br />
sowohl die technologische Entwicklung aus „erster Hand“ betreuen als auch<br />
umfassend am Branchenboom weltweit teilhaben. Branchenverständnis ist<br />
ein weiterer wichtiger Aspekt, der vom deutschen Maschinenbau nur bedingt<br />
erfüllt wird. Viele Unternehmen, die Produktionstechnik für Batterien<br />
und Elektromotoren liefern, sind seit Jahren und Jahrzehnten etabliert und<br />
kennen sowohl Kunden als auch Abläufe. Einige mittelständisch geprägte<br />
Hersteller von Produktionstechnologien, die erst jetzt für die Automobilindustrie<br />
relevant werden (z.B. Mischen, Beschichten, Wickeln), haben hier<br />
Nachholbedarf. Sie hatten bisher kaum Kontakt mit Automobil-Herstellern<br />
oder den großen Automobilzulieferern und sind in der Branche auch<br />
nur wenig bekannt. Auch hier brauchen die Firmen Unterstützung. An<br />
dieser Stelle helfen die erfolgreichen Unternehmensnetzwerke, wie z.B.<br />
E-MOTIVE im VDMA, die den Austausch von Maschinenbauern mit der<br />
Automobilindustrie entlang der Wertschöpfungskette fördern.
37 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
4. Ansatzpunkte zur Adressierung der Wachstumspotenziale<br />
im Bereich <strong>Elektromobilität</strong><br />
An der Schnittstelle zwischen technologischer Kompetenz und Kommerzialisierungspotenzial<br />
zeigt sich die große Herausforderung des deutschen<br />
Maschinen- und Anlagenbaus im Bereich <strong>Elektromobilität</strong>. Produktionstechnik<br />
für Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs könnte sich angesichts<br />
des langfristigen Marktpotenzials für den deutschen Maschinenbau<br />
zu einem bedeutenden Geschäftsfeld entwickeln, wenn die Umsetzung der<br />
vorhandenen technologischen Fähigkeiten in Großserien-fähige Konzepte für<br />
die Abnehmer gelingt. Viele deutsche Anbieter sind technologisch wettbewerbsfähig.<br />
Ihnen fehlen aber zum Teil direkte Kontakte in die Automobilindustrie<br />
und die notwendigen finanziellen Ressourcen, um Forschung &<br />
Entwicklung im notwendigen Ausmaß weiter zu verfolgen und global neue<br />
Kunden und Märkte zu erschließen. Im Wettbewerb mit etablierten Konkurrenten<br />
insb. aus Asien sind zusätzliche Herausforderungen zu bewältigen,<br />
um eine starke Marktposition zu erreichen. Gleichzeitig verfügen die großen<br />
Ausrüster, die bisher den Markt für die Automobilindustrie dominiert haben,<br />
über finanzielle Ressourcen und sehr gute Kontakte in die Automobilindustrie.<br />
Sie haben aber heute nicht alle relevanten Technologien in-house verfüg<br />
bar, die für die Fertigung von Batterien und Elektromotoren notwendig<br />
sind. Dieses Dilemma kann erfolgreich durch strategische Schritte gelöst<br />
werden, die im Folgenden kurz beschrieben werden.<br />
Angesichts der erforderlichen finanziellen Ressourcen sollten die betroffenen<br />
Maschinenbauer Strategien entwickeln, wie sie eine gewisse kritische Größe<br />
erreichen können, um die zukünftigen Investitionen in Forschung & Entwicklung,<br />
Vertrieb & Service, etc. zu bewältigen. Hier hilft z.B. der Blick auf<br />
die Entwicklung des Maschinenbaus für die Photovoltaik-Industrie. Ähnlich<br />
wie bei der Batterie-Fertigung waren hier vor allem in der ersten Phase des<br />
starken Marktwachstums von Kundenseite komplette Produktionslinien gefragt.<br />
Anstatt sich ausschließlich als einzelne Anbieter von Spezialmaschinen<br />
und Insellösungen zu profilieren, haben die deutschen Maschinenbauer die<br />
Chance genutzt, in Kooperationen den Bedarf nach Komplettsystemen zu<br />
bedienen. Das hat entscheidend zur schnellen Entwicklung des deutschen<br />
Maschinenbaus in diesem Bereich beigetragen. Auch für die Batterieproduktion<br />
wären diese Kooperationen ein sinnvoller strategischer Ansatz,<br />
der Wettbewerbsvorteile erschließt.
38 | Studie<br />
Darüberhinaus wären Forschungs-Kooperationen ein wichtiger Schritt, der<br />
insbesondere kleineren Firmen beim Bewältigen der hohen Entwicklungsaufwendungen<br />
unterstützet. Instrumente wie die Verbundforschung und<br />
die Industrielle Gemeinschaftsforschung bieten hierfür maßgeschneiderte<br />
Plattformen, die das Innovationspotenzial des Maschinenbaus voll ausschöpfen.<br />
Gerade die industrielle Gemeinschaftsforschung ermöglicht es den<br />
kleinen und mittleren Unternehmen, sich mit geringem Aufwand und Risiko<br />
in Forschungsprojekte mit den großen Unternehmen der Automobilindustrie<br />
einzuklinken und mit diesen gemeinsam zu innovieren. Eine steuerliche<br />
Forschungsförderung würde darüber hinaus durch einen hohen Erreichungsgrad<br />
bestechen. Risikoreiche Forschung wäre dann für alle Unternehmen<br />
preiswerter und planbarer.<br />
Weitergehende Allianzen des deutschen Maschinenbaus könnten sich als<br />
tragfähiges Konstrukt zur Markterschließung erweisen. Spezialmaschinenhersteller<br />
verfügen heute über die Kenntnis der wichtigsten Produktionstechnologien,<br />
während die etablierten Ausrüster finanzielle Stärke und<br />
tiefgreifendes Verständnis der Abläufe in der Automobilindustrie besitzen.<br />
Eine Kombination dieser Kompetenzen wird die Entwicklung des deutschen<br />
Maschinenbaus bei der Produktionstechnik für <strong>Elektromobilität</strong> entscheidend<br />
vorantreiben. Einzelne Ausrüster (z.B. Dürr) folgen bereits diesem<br />
Pfad und etablieren sich (im ersten Schritt) als Anbieter von Batterie-<br />
Montage-Anlagen, um langfristig eventuell die gesamte Batteriezellen-<br />
Fertigung als System anbieten zu können.<br />
Ein stärkeres Engagement der Automobilhersteller und -zulieferer in der<br />
Zusammenarbeit mit dem Maschinenbau im Bereich <strong>Elektromobilität</strong> ist<br />
ebenfalls geboten. Ein starker Maschinenbau auf dem Feld der <strong>Elektromobilität</strong><br />
hilft auch der Automobilindustrie entscheidend, notwendige Kostenreduzierungen<br />
bei den Batterien zu erzielen und eine führende Position<br />
bei elektrischen Antrieben zu erreichen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit<br />
bei "traditionellen" Fertigungsprozessen sollte auch für den Zukunftsmarkt<br />
E-Mobility angestrebt werden.
39 | <strong>Zukunftsfeld</strong> <strong>Elektromobilität</strong> – Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau<br />
5. Handlungsempfehlungen<br />
Der sukzessive Einzug der <strong>Elektromobilität</strong> stellt für den deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbauer ein erhebliches zusätzliches Geschäftspotenzial dar.<br />
Dabei steigt der Druck zur technologischen Weiterentwicklung der Produktionstechnik<br />
und stellt viele – vor allem kleinere mittelständische – Betriebe<br />
vor großen Herausforderungen. Eine mittel- und langfristig starke Marktposition<br />
ist maßgeblich von ihrer Finanzkraft und Innovationsstärke abhängig.<br />
Die vorliegende Studie zeigt, dass Kooperationen unerlässlich sind, um den<br />
innovativen, aber oft mittelständisch geprägten Unternehmen den Weg in<br />
die Kommerzialisierung Ihrer Technologien im neuen Markt <strong>Elektromobilität</strong><br />
zu ebnen. Strategische Allianzen sind gefragt, um gemeinsam neue<br />
Märkte zu erschließen und einen Wettbewerbsvorteil z.B. als Prozessketten-<br />
oder Systemanbieter zu erzielen. Auf Seiten der öffentlichen Hand sollte<br />
die Förderung von vor-wettbewerblichen Forschungskooperationen etwa<br />
im Zuge der Industriellen Gemeinschaftsforschung Priorität haben.<br />
Das Engagement von Maschinen- und Anlagenbauern aus technologisch<br />
verwandten Gebieten im Bereich <strong>Elektromobilität</strong> stellt eine wichtige Basis<br />
zur Markterschließung dar. Dies betrifft auch industriefremde Firmen z.B.<br />
aus dem Bereich der Produktionsanlagen für Photovoltaik, die wesentliche<br />
Impulse liefern können. Die technologische Nähe zur Batterieproduktion ist<br />
gegeben und die finanzielle Stärke der Maschinenbauer für die Photovoltaik-<br />
Industrie wäre ein wichtiger Hebel für mehr Stabilität und Wachstum.<br />
Der deutschen Maschinen- und Anlagenbau hat im globalen Wettbewerb<br />
eine gute Ausgangsposition, um sich mit Produktionstechnik für Komponenten<br />
des elektrischen Antriebsstrangs langfristig ein weiteres, attraktives weltweites<br />
Geschäftsfeld zu erschließen. Um darin Fuß zu fassen, ist jedoch die<br />
lokale Nähe der Entwicklungsabteilungen zu den Produzenten sehr wichtig.<br />
Deshalb sollten gerade jetzt, wenn die europäischen Fertigungsstandorte<br />
für die neuen Komponenten festgelegt werden, Ankerinvestitionen nach<br />
Deutschland gezogen werden. Die Einführung einer degressiven Abschreibung<br />
wäre hierfür ein wichtiger Schritt, nicht nur für die Maschinenbauer,<br />
sondern auch zur Sicherstellung der Innovationskraft der Automobilwirtschaft<br />
und der Wettbewerbsfähigkeit der <strong>Elektromobilität</strong> in Deutschland.
40 | Studie<br />
Autoren und Ansprechpartner<br />
Dr. Thomas Schlick<br />
Partner, <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Automotive Competence Center, Frankfurt<br />
thomas_schlick@de.rolandberger.com<br />
Guido Hertel<br />
Partner, <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Engineered Products and High-Tech Competence Center,<br />
München<br />
guido_hertel@de.rolandberger.com<br />
Bernhard Hagemann<br />
Leiter VDMA Forum <strong>Elektromobilität</strong> E-MOTIVE<br />
Stellv. GF FVA<br />
Forschungsvereinigung Antriebstechnik<br />
bernhard.hagemann@vdma.org<br />
Dr. Eric Maiser<br />
Stellv. Geschäftsführer VDMA Fachverband Productronic,<br />
Geschäftsführer VDMA AG Photovoltaik-Produktionsmittel<br />
eric.maiser@vdma.org<br />
Michael Kramer<br />
Consultant, <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Automotive Competence Center, München<br />
michael_kramer@de.rolandberger.com
Co-Autoren<br />
Ralf Kalmbach<br />
Partner, <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Mitglied der Geschäftsführung und Head of Global<br />
Automotive Competence Center, München<br />
ralf_kalmbach@de.rolandberger.com<br />
Hartmut Rauen<br />
Mitglied der Hauptgeschäftsführung des VDMA,<br />
Geschäftsführer der VDMA Fachverbände Antriebstechnik,<br />
Fluidtechnik sowie der FVA Forschungsvereinigung Antriebstechnik<br />
und des Forschungsfonds Fluidtechnik<br />
hartmut.rauen@vdma.org
Amsterdam<br />
Bahrain<br />
Barcelona<br />
Beijing<br />
Berlin<br />
Brussels<br />
Bucharest<br />
Budapest<br />
Casablanca<br />
Chicago<br />
Detroit<br />
Düsseldorf<br />
Frankfurt<br />
Gothenburg<br />
Hamburg<br />
Hong Kong<br />
Istanbul<br />
Kyiv<br />
Lisbon<br />
London<br />
Madrid<br />
Milan<br />
Moscow<br />
Munich<br />
New York<br />
Paris<br />
Prague<br />
Riga<br />
Rome<br />
São Paulo<br />
Shanghai<br />
Singapore<br />
Stockholm<br />
Stuttgart<br />
Tokyo<br />
Vienna<br />
Warsaw<br />
Zagreb<br />
Zurich<br />
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