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Boropa SpIELZEITMaGaZIn 2010/2011 - Schauspielhaus Bochum

Boropa SpIELZEITMaGaZIn 2010/2011 - Schauspielhaus Bochum

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<strong>Boropa</strong><br />

<strong>SpIELZEITMaGaZIn</strong><br />

<strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>


Stadtwerke <strong>Bochum</strong><br />

Wir geben Ihnen die nötige Energie<br />

anders [ agenten, bochum


TiTel: Paul KoeK<br />

illuSTRieRT VoN<br />

PhiliPP lemm<br />

ediToRial<br />

Liebes Publikum,<br />

jedes Theater hat seine eigene Geschichte. oft ist sie verbunden<br />

mit erinnerungen und anekdoten oder einem labyrinth<br />

eigenartiger ecken und Winkel, Stiegen und Flure.<br />

die Geschichte des <strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong> ist vor allem<br />

verbunden mit besonderen menschen, die sich hier in<br />

den letzten Jahrzehnten auf und vor der Bühne trafen und<br />

die nicht selten Theatergeschichte geschrieben haben.<br />

Wie kaum ein anderes Theater in deutschland ist das<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> in der Stadt verwurzelt, die selbst<br />

in schwierigen Zeiten alle Kraft in ihr Theater gibt, um den<br />

Künstlern, die dort arbeiten, das Besondere zu ermöglichen.<br />

und wie in kaum einer Stadt hat das <strong>Schauspielhaus</strong><br />

in guten Zeiten immer auch das leben in der Stadt geprägt<br />

und sie durch seine arbeit zu etwas Besonderem gemacht.<br />

<strong>Bochum</strong> und sein Theater gehören von jeher eng zusammen.<br />

Nun gilt es, in dieser gemeinsamen Geschichte das<br />

nächste Kapitel aufzuschlagen, aber auch den nächsten<br />

Schritt zu wagen. in einer Gegend, die sich immer wieder<br />

neu erfindet und die das Zusammenleben von Menschen<br />

aus über 150 Nationen täglich neu regelt und gestaltet,<br />

ist es notwendig, nicht nur in die Vergangenheit, sondern<br />

auch in die Zukunft zu blicken, Visionen und Träume zu<br />

entwerfen und vor allem Verbindungen herzustellen: zwischen<br />

den unterschiedlichen menschen und Kulturen<br />

dieser Region, aber auch zwischen dieser Region und dem<br />

Rest der Welt. die Frage, wie wir in Zukunft zusammenleben<br />

werden, lässt sich dabei weder regional noch national<br />

beantworten. Wir brauchen Gespräche mit menschen aus<br />

vielen ländern und Kulturen, brauchen den weiten Blick,<br />

um über Zukunft nachdenken zu können.<br />

die menschen, die wir zum Neustart des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

<strong>Bochum</strong> eingeladen haben, kommen deshalb nicht<br />

nur aus dem Ruhrgebiet und aus ganz deutschland, sondern<br />

auch aus Warschau und istanbul, den Niederlanden,<br />

italien und der Schweiz, aus Tunis und der elfenbeinküste.<br />

Sie bringen ihre ganz eigenen Geschichten mit und ihren<br />

besonderen Blick: auf die Zukunft, auf deutschland und<br />

auf das, was sie hier in der Region vorfinden. Gemeinsam<br />

mit dem ensemble des <strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong> werden<br />

sie von dem erzählen, was das Zusammenleben ausmacht.<br />

in <strong>Bochum</strong> wie in europa, gestern, heute und in Zukunft.<br />

das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> wird so zu einem ort, an<br />

dem unterschiedliche Künstler und Kulturen aus ganz<br />

europa und darüber hinaus aufeinander treffen, mitsamt<br />

ihren verschiedenen Sprachen und bekannten und unbekannten<br />

Formen Theater zu spielen. Vor allem aber wird<br />

es zu einem ort der Verbindung von <strong>Bochum</strong> und europa.<br />

<strong>Boropa</strong> entsteht, ein neuer ort, ein neues land, mitten im<br />

Ruhrgebiet, mitten im Zentrum der Stadt.<br />

in der ersten ausgabe unseres magazins, das den Namen<br />

dieses neuen landes der Begegnungen und utopien trägt,<br />

möchten wir ihnen die menschen vorstellen, die uns im<br />

kommenden Jahr begleiten werden und mit denen wir<br />

gemeinsam das Theater, die Stadt und <strong>Boropa</strong> entdecken<br />

wollen. dazu gehören sowohl europäische und internationale<br />

Regisseure als auch deutschsprachige Regisseure wie<br />

david Bösch oder Roger Vontobel, die sich fest an das haus<br />

binden werden. außerdem die vielen neuen und so manche<br />

bekannte Gesichter des neuen ensembles sowie eine<br />

ganze Generation junger autoren, die in ihren Stücken<br />

und auftragsarbeiten für das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> von<br />

einem land in Bewegung erzählen und die Zeit beschreiben,<br />

in der wir leben.<br />

etwas ganz Besonderes kann das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong><br />

jedoch nur mit ihnen, dem Publikum, werden. ich lade Sie<br />

herzlich ein, gemeinsam mit uns das Theater mit leben<br />

zu füllen und zusammen ein Stück Zukunft zu erfinden.<br />

herzlichst<br />

ihr anselm Weber


INHAlT<br />

6 Der Spielplan <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong><br />

Alle Stücke, alle Regisseure, alle Premierendaten auf<br />

einen Blick.<br />

8 Der Utopist<br />

Der Regisseur und Musiker Paul Koek hat, wie sich das für<br />

einen Niederländer gehört, eigentlich Gärtner gelernt.<br />

Ein Besuch in Holland.<br />

18 renegade in residence<br />

Renegade ist Tanztheater, das von der Straße kommt.<br />

Und außerdem neuer Partner des <strong>Schauspielhaus</strong>es.<br />

24 Schwarzweiß total<br />

Monika Gintersdorfer war auf dem besten Weg, eine ganz<br />

normale Theaterregisseurin zu werden. Gut, dass sie vorher<br />

noch einmal in die Elfenbeinküste gefahren ist.<br />

30 David Bösch<br />

INHAlT<br />

Der zukünftige leitende Regisseur hat das <strong>Schauspielhaus</strong><br />

fotografiert. Ein persönliches Fotoalbum.<br />

36 Ich lebe in einem schizophrenen Land<br />

Fadhel Jaibi kommt aus Tunesien. Ein Gespräch über Mut,<br />

den Präsidenten und einen Blick auf Deutschland.<br />

44 Mittelmeerbewohner<br />

Der algerische Philosoph und Professor für internationale<br />

Beziehungen Mustapha Cherif über das komplizierte Verhältnis<br />

von Orient und Okzident.<br />

48 Life Stream. Ein Brief von Dries Verhoeven<br />

Nachricht vom anderen Ende der Welt.<br />

50 Schuld & Verantwortung<br />

Er ist seit über 40 Jahren in der Politik. Wer, wenn nicht er,<br />

sollte wissen, wie es geht? Ein Gespräch mit Otto Schily.<br />

56 NExt GENEratIoN<br />

Die Zukunft des Ruhrgebiets liegt in den Händen seiner<br />

Bewohner von morgen. Eine Übersicht über das<br />

Kulturhauptstadtprojekt und ein Ausblick von Nuran<br />

David Calis.<br />

62 Das neue Ensemble<br />

Sie spielen für Sie. Abend für Abend. Hier sind ihre Namen<br />

und ihre Gesichter. Das neue Ensemble des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

<strong>Bochum</strong>.


68 Wie kommt die Welt ins theater?<br />

Theater braucht Autoren, die gute Stücke schreiben.<br />

Fünf von ihnen schreiben für <strong>Bochum</strong>. Ein Treffen.<br />

76 Phantomschmerz<br />

Warum wir seit 100 Jahren um etwas trauern, das schon<br />

immer fort war.<br />

82 Mephistanbul<br />

Reihe 02<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

Reihe 05<br />

Reihe 06<br />

Reihe 07<br />

Reihe 08<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11<br />

Faust ist der deutscheste aller Stoffe.<br />

In Istanbul sieht man das möglicherweise anders.<br />

Ein Gespräch mit dem Regisseur Mahir Günsiray.<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

92 Zeitreise<br />

Ein Spaziergang durch Venedig mit der Schauspielerin und<br />

Regisseurin Katharina Thalbach.<br />

98 auf dem Weg nach amerika<br />

Linker Katholik, konservativer Rebell, klassikaffiner Punk.<br />

Ein Porträt des polnischen Regisseurs Jan Klata.<br />

104 Spielregeln<br />

Die türkische Regisseurin Sahika Tekand über den Unterschied<br />

von Kunst und leben und ihre eigene Methode<br />

Theater zu machen.<br />

108 theater für alle<br />

Das Programm des Jungen <strong>Schauspielhaus</strong>es.<br />

112 <strong>Bochum</strong> für fast umsonst<br />

lisa Nielebock inszeniert einen günstigen Tag in ihrer<br />

lieblingsstadt.<br />

114 Phönix aus der Kohle<br />

Ranjit Hoskote ist Kulturkritiker für die Bombay Times.<br />

Trotzdem fühlt er sich im Ruhrgebiet auf merkwürdige<br />

Weise zu Hause.<br />

116 In <strong>Bochum</strong><br />

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 25<br />

662 663 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80<br />

SPERRSITZ<br />

Orte mit besonderer Bedeutung. Mitten in der Stadt oder<br />

an deren Rand. Gesucht und gefunden von Schauspielern<br />

des Ensembles.<br />

28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50<br />

82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114<br />

116 118 120 122 124 126 128 130<br />

150 152 154 156 158 160 162 164 166 168 170 172 174 176<br />

188 190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216<br />

224 226 228 230 232 234 236<br />

260 262 264 266<br />

238<br />

268 270 272 274 276 278<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

298 300 302 304 306 308 310 312 314 316 318<br />

336 338 340 342 344 346 348 350<br />

372 374 376 378 380 382 384 386<br />

23<br />

52<br />

124 Freunde<br />

Wie der Freundeskreis des <strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong> nicht<br />

nur für materielle Unterstützung sorgt.<br />

132 134 136 138 140 142 144 146 148 149<br />

178 180 182<br />

240 242 244 246 248 250 252 254 256 258 259<br />

218 220 222<br />

126 Mitarbeiter<br />

Theater ist Teamarbeit. Eine liste aller Beteiligten.<br />

280 282 284 286 288 290 292 294 296<br />

406 408 410 412 414<br />

442 444<br />

416<br />

446 448<br />

418<br />

450<br />

420<br />

452 454 456 458 460 462 464 466 468 470 472 474 476<br />

Reihe 16<br />

Reihe 01<br />

Reihe 17<br />

Rang 01<br />

Reihe 18<br />

Rang 02<br />

Reihe 19<br />

Rang 03<br />

478 480 482 484 486 488 490 492<br />

512 514 516 518 520 522 524 526<br />

Reihe 20<br />

Loge<br />

Loge<br />

2<br />

Rang 04<br />

320 322 324 326 328 330 332<br />

352 354 356 358 360 362 364 366 368<br />

388 390 392 394 396 398 400 402 404<br />

128 Preise, abonnements & Infos<br />

422 424 426 428 430 432 434 436 438 440<br />

544 546 548 550 552 554 556 558 560 562 564 566 568 570 572 574<br />

576 578 580 582 584 586 588 590 592<br />

4<br />

34<br />

Rang 05<br />

Rang 06<br />

6<br />

36<br />

608 610 612 614 616 618 620 622<br />

8<br />

38<br />

64<br />

636<br />

3<br />

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40<br />

66<br />

92<br />

118<br />

638<br />

5<br />

12<br />

42<br />

68<br />

94<br />

120<br />

640<br />

2<br />

14<br />

44<br />

70<br />

96<br />

122<br />

142<br />

642<br />

4<br />

16<br />

46<br />

72<br />

98<br />

124<br />

144<br />

494 496 498 500 502 504 506 508 510<br />

528 530 532 534 536 538 540 542 543<br />

644<br />

1<br />

18<br />

48<br />

74<br />

100<br />

126<br />

146<br />

646<br />

5<br />

20<br />

50<br />

76<br />

102<br />

148<br />

594 596 598 600 602 604 606<br />

648<br />

LOGE LINKS<br />

3<br />

22<br />

52<br />

Der Serviceteil mit allen Informationen zum Theaterbe-<br />

88<br />

such. Egal, ob mit 114 oder ohne Abonnement.<br />

78<br />

128<br />

624 626 628 630 632 634<br />

650<br />

4<br />

104<br />

130<br />

160<br />

144 Impressum<br />

150<br />

INHAlT<br />

652<br />

2<br />

24<br />

54<br />

80<br />

106<br />

132<br />

152<br />

BÜHNE<br />

654<br />

26<br />

56<br />

82<br />

108<br />

134<br />

154<br />

656<br />

1<br />

28<br />

58<br />

84<br />

110<br />

136<br />

156<br />

658<br />

30<br />

60<br />

86<br />

112<br />

138<br />

158<br />

660<br />

81<br />

113<br />

147<br />

184<br />

221<br />

257<br />

297<br />

334<br />

370<br />

405<br />

441<br />

475<br />

509<br />

541<br />

575<br />

633<br />

661<br />

RANG<br />

32<br />

62<br />

140<br />

31<br />

63<br />

90<br />

116<br />

139<br />

161<br />

21<br />

51<br />

79<br />

111<br />

145<br />

186<br />

219<br />

255<br />

295<br />

333<br />

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403<br />

439<br />

473<br />

507<br />

539<br />

573<br />

631<br />

659<br />

29<br />

61<br />

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49<br />

77<br />

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143<br />

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217<br />

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367<br />

401<br />

437<br />

471<br />

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537<br />

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47<br />

75<br />

107<br />

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215<br />

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435<br />

469<br />

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535<br />

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25<br />

57<br />

87<br />

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23<br />

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85<br />

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71<br />

103<br />

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465<br />

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151<br />

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41<br />

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135<br />

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209<br />

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285<br />

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9<br />

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67<br />

99<br />

133<br />

175<br />

207<br />

243<br />

283<br />

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427<br />

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561<br />

19<br />

51<br />

7<br />

37<br />

65<br />

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131<br />

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205<br />

241<br />

281<br />

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425<br />

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493<br />

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559<br />

3<br />

17<br />

49<br />

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125<br />

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5<br />

35<br />

63<br />

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203<br />

239<br />

279<br />

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387<br />

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101<br />

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145<br />

3<br />

33<br />

61<br />

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127<br />

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201<br />

237<br />

277<br />

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351<br />

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613<br />

639<br />

2<br />

13<br />

45<br />

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1<br />

31<br />

59<br />

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383<br />

419<br />

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485<br />

517<br />

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609<br />

635<br />

LOGE RECHTS<br />

1<br />

9<br />

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27<br />

55<br />

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121<br />

163<br />

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231<br />

271<br />

309<br />

345<br />

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415<br />

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579<br />

607<br />

7<br />

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85<br />

119<br />

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193<br />

229<br />

269<br />

307<br />

343<br />

377<br />

413<br />

447<br />

481<br />

513<br />

547<br />

577<br />

5<br />

37<br />

67<br />

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159<br />

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267<br />

305<br />

341<br />

375<br />

411<br />

445<br />

479<br />

511<br />

545<br />

3<br />

35<br />

65<br />

Reihe 01<br />

Reihe 02<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

Reihe 05<br />

Reihe 06<br />

Reihe 07<br />

115<br />

157<br />

189<br />

225<br />

265<br />

303<br />

339<br />

373<br />

409<br />

443<br />

477<br />

1<br />

33<br />

155<br />

187<br />

223<br />

263<br />

301<br />

337<br />

371<br />

407<br />

261<br />

299<br />

335<br />

Reihe 08<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

Reihe 17<br />

Reihe 18<br />

Reihe 19<br />

Reihe 20<br />

Loge<br />

Loge<br />

Rang 06<br />

Rang 05<br />

Rang 04<br />

Rang 03<br />

Rang 02<br />

Rang 01<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11


Das ruhrgebiet<br />

riecht nach<br />

erbsensuppe<br />

„Meine Erinnerung an das Ruhrgebiet<br />

ist ein Geruch. Hier roch es in<br />

meiner Kindheit immer nach Erbsensuppe.<br />

Ich weiß nicht, ob das von<br />

der Zeche oder vom Metzger kam.<br />

Auf jeden Fall ist für mich der Duft<br />

von Erbsensuppe seitdem immer der<br />

Geruch des Ruhrgebiets.“ Dies ist<br />

eine der Erinnerungen, die die Regisseurin<br />

Mirjam Strunk aufgezeichnet<br />

hat. Ein Jahr lang zieht sie mit einem<br />

mobilen Archiv durch das Revier<br />

und sucht „Das Gedächtnis des<br />

Ruhrgebiets“. Die gesammelten Erinnerungen<br />

gibt es auf der Bühne des<br />

<strong>Schauspielhaus</strong>es am „Tag der Generationen“<br />

am 19. November <strong>2010</strong> zu<br />

sehen, zu hören – und gegebenenfalls<br />

auch zu riechen.<br />

Die Dokumentation ihrer Suche,<br />

weitere Erinnerungen und die Möglichkeit<br />

zum Mitmachen unter:<br />

www.gedaechtnis-des-ruhrgebiets.de<br />

VERMIScHTES<br />

Verneigung<br />

Das neue Jahrzehnt hat ohne zwei Ikonen des <strong>Bochum</strong>er<br />

Theaters begonnen: Peter Zadek und Tana Schanzara. Beide<br />

sind in den Erinnerungen des <strong>Bochum</strong>er <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

und seiner Besucher tief verwurzelt, beide haben auf<br />

ihre Weise ganze Generationen von Theaterschaffenden<br />

geprägt. Und das nicht nur in <strong>Bochum</strong>. Zeit, dem Andenken<br />

an diese beiden Künstler einen angemessenen Raum<br />

zu geben. Deshalb heißt das TuT ab sofort wieder, wie sein<br />

Gründer Peter Zadek es ebenso schlicht wie anschaulich<br />

genannt hat: „Theater unten“. Und die Speisekammer, das<br />

gastronomische Herz des Hauses in den Kammerspielen,<br />

heißt jetzt „Tanas“. Und soll in Zukunft noch lauter, fröhlicher<br />

und persönlicher schlagen.<br />

4<br />

FOTO: HARALD HOFFMANN.cOM<br />

nachbarschaftshilfe<br />

FOTO: DIANA KüSTER<br />

Der <strong>Bochum</strong>er wohnt<br />

mittendrin und hat fast<br />

alles, was er braucht.<br />

Und falls dann doch<br />

mal was fehlt, ist es<br />

nicht weit zum Nachbarn,<br />

der gerne mit<br />

dem Vermissten aushilft.<br />

Egal, ob man einen Liter<br />

Milch, einen Rasenmäher<br />

oder eine Karte<br />

für die Oper braucht.<br />

Denn ab sofort wird<br />

eine besondere Form<br />

der Nachbarschaftshilfe<br />

von zwei großen<br />

Kulturinstitutionen des<br />

Ruhrgebiets angeboten:<br />

Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong><br />

knüpft eine enge<br />

Partnerschaft mit dem<br />

Musiktheater im Revier<br />

in Gelsenkirchen. Wem<br />

in <strong>Bochum</strong> also die<br />

Oper fehlt, bekommt<br />

sie ab sofort unkompliziert<br />

beim Nachbarn<br />

in Gelsenkirchen. Und<br />

wenn die Gelsenkirchener<br />

ins Schauspiel<br />

wollen, helfen die <strong>Bochum</strong>er<br />

gerne aus. Zum<br />

Beispiel durch das neue<br />

städteübergreifende<br />

Revier-Abonnement<br />

beider Häuser (Infos<br />

siehe Seite 137). Weitere<br />

Nachbarschaftspflege<br />

ist geplant.


Mit<br />

coluMbus<br />

Die welt<br />

entDecken<br />

Man muss nicht immer übers Meer<br />

segeln, um neue Welten zu entdecken.<br />

Manchmal reicht der Weg ins<br />

Theater. Und der wird leichter durch<br />

„columbus“, das neue Besucherangebot<br />

des Jungen <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

speziell für Schulklassen des 9.<br />

und 10. Jahrgangs aus <strong>Bochum</strong> und<br />

Umgebung: Wer mit „columbus“<br />

gemeinsam mit seiner Schulklasse<br />

zwei Jahre lang jeweils zweimal ins<br />

Theater geht, bekommt zu seinem<br />

Besuch noch eine Einführung vorher<br />

oder eine Begegnung mit den Theatermachern<br />

im Anschluss dazu. Die<br />

teilnehmenden Klassen müssen also<br />

nur noch entscheiden, welche Stücke<br />

sie sehen wollen, den Rest erledigt<br />

das Theater.<br />

VERMIScHTES<br />

achtung hollänDer!<br />

Im Fußball sind sie unsere leidenschaftlichsten Gegner. Aber wenn wir schnell<br />

ans Meer wollen, sind sie unser beliebtestes Reiseziel. Wir machen blöde Witze<br />

über sie, nicht nur, weil sie angeblich nicht Auto fahren können. Dafür haben<br />

sie eine Königin und die besten Pommes-Variationen der Welt. Ohne Frage, unser<br />

Verhältnis zu den Niederlanden ist ein widersprüchliches. Beruhigend, dass<br />

das umgekehrt nicht anders ist. Und höchste Zeit, einmal genauer hinzuschauen,<br />

was aus unserem nächsten Nachbarland eigentlich alles an ausgezeichneter<br />

Kunst kommt. Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> ist Partner des Programms NL-<br />

RUHR, das zum Kulturhauptstadtjahr viel Hochkarätiges in die Region bringt.<br />

Theater kommt deshalb vor allem nach <strong>Bochum</strong>. Was genau, steht in diesem<br />

Magazin und auf www.nl-ruhr.de.<br />

gastgastgeber<br />

Ein GastGastgeber ist einer, der als Gast kommt, um den Gastgebern zu helfen Gäste zu empfangen.<br />

Praktisch für alle, dass er dafür sein eigenes Gasthaus gleich mitbringt. So kann er in der Fremde den<br />

Fremden leichter aufnehmen. Im Falle des niederländischen Architekten und Aktionskünstlers Hans<br />

Venhuizen heißt das, dass er im Jahr <strong>2010</strong> mit einer Sammlung von alten Wohnwagen, aufblasbaren<br />

Zelten und gestrandeten Rettungsinseln hilfreich durchs Ruhrgebiet eilt. Das Besondere: Alle Objekte<br />

sind von namhaften niederländischen Künstlern und Designern umgebaut und neu gestaltet. Und in<br />

den meisten von ihnen kann man sogar wohnen. Kein Wunder, schließlich ist niemand so erfahren<br />

mit mobilen Heimstätten wie die Holländer. Eine Kostprobe an Gastfreundlichkeit bieten die Gast-<br />

Gastgeber im Oktober <strong>2010</strong> auf dem Platz vor dem <strong>Schauspielhaus</strong>.<br />

5<br />

jetzt wirDs<br />

persönlich<br />

Bei jedem Neueinzug kommen neue Gesichter ins Haus,<br />

neue Namen müssen gelernt werden, neue Gewohnheiten<br />

halten Einzug und vermischen sich mit dem Altbekannten<br />

und Liebgewonnenen. Das gegenseitige Kennenlernen<br />

geht dabei nicht immer ohne Scheu und Fremdheitsgefühle<br />

einher. Damit die Neuen und die Alten, die auf der<br />

Bühne, die hinter der Bühne und die im Zuschauerraum,<br />

schneller persönlich miteinander bekannt werden, stellen<br />

wir uns ab Herbst regelmäßig vor – im Tanas, der Speisekammer<br />

des <strong>Schauspielhaus</strong>es. Wir spielen Musik von unseren<br />

Lieblingsplatten, singen die Lieder unseres Lebens,<br />

lesen die spannendsten, traurigsten und lustigsten Stellen<br />

der Bücher, die uns am meisten bedeuten, wir zeigen Dias<br />

aus alten Tagen und schwärmen von dem Neuem, das wir<br />

erst kürzlich in der Stadt entdeckt haben, so dass aus den<br />

Fremden hoffentlich viele Freunde werden.<br />

OBJEKT: JURGEN BEy / FOTO: JANNES LINDERS


Spielplan <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong><br />

Candide oder<br />

der optimiSmuS<br />

von Voltaire<br />

Regie: Paul Koek<br />

Premiere am 23. September <strong>2010</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Eine Koproduktion mit der Veenfabriek<br />

Leiden, Niederlande<br />

nouvelle pieCe<br />

Renegade in Residence<br />

Choreografie und Regie:<br />

Malou Airaudo<br />

Uraufführung am 24. September <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

Eine gemeinsame Produktion von<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und<br />

Pottporus/Renegade, Herne<br />

eleganz iSt kein<br />

verbreChen<br />

von Gintersdorfer/Klaßen<br />

Regie: Monika Gintersdorfer<br />

Uraufführung am 24. September <strong>2010</strong><br />

im Theater unten<br />

der Sturm<br />

von William Shakespeare<br />

Regie: David Bösch<br />

Premiere am 25. September <strong>2010</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

eiSenStein<br />

von Christoph Nußbaumeder<br />

Regie: Anselm Weber<br />

Uraufführung am 26. September <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

life Streaming<br />

Eine Weltverbindung<br />

von Dries Verhoeven<br />

Premiere am 1. Oktober <strong>2010</strong> auf dem<br />

Platz vor dem <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Eine Produktion von Dries Verhoeven in<br />

Koproduktion mit dem <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong>, dem Festival a/d Werf, Utrecht und<br />

LIFT, London<br />

medea<br />

in einer Bearbeitung<br />

von Jalila Baccar und Fadhel Jaibi<br />

Regie: Fadhel Jaibi<br />

Premiere am 8. Oktober <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

die labdakiden<br />

Eine Politsaga – Ödipus, Sieben<br />

gegen Theben und Antigone<br />

von Sophokles und Aischylos<br />

Regie: Roger Vontobel<br />

Premiere am 9. Oktober <strong>2010</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

next generation<br />

daS StuCk<br />

von Nuran David Calis<br />

und Jugendlichen aus dem<br />

ganzen Ruhrgebiet<br />

Regie: Nuran David Calis<br />

Uraufführung am 28. Oktober <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

Ein Projekt von <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>, der<br />

Bundeszentrale für politische Bildung und<br />

der Kulturhauptstadt Europas RUHR.<strong>2010</strong><br />

Jim knopf und<br />

lukaS der<br />

lokomotivfuhrer<br />

Kinder- und Familienstück<br />

von Michael Ende<br />

Regie: Katja Lauken<br />

Premiere am 14. November <strong>2010</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

hoChStapeln<br />

von Jan Neumann<br />

Regie: Jan Neumann<br />

Uraufführung am 2. Dezember <strong>2010</strong><br />

im Theater unten<br />

oft iSt die natur<br />

niCht einmal SChon<br />

Ein romantisches Requiem von<br />

Christoph Frick und Karsten Riedel<br />

Regie: Christoph Frick<br />

Musik: Karsten Riedel<br />

Premiere am 3. Dezember <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

fauSt<br />

von Johann Wolfgang von Goethe<br />

Regie: Mahir Günsiray<br />

Premiere am 4. Dezember <strong>2010</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

die ratten<br />

von Gerhart Hauptmann<br />

Regie: David Bösch<br />

Premiere am 28. Januar <strong>2011</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

Cyrano<br />

de bergeraC<br />

von Edmond Rostand<br />

Regie: Katharina Thalbach<br />

Premiere am 29. Januar <strong>2011</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

In Zusammenarbeit mit der<br />

Folkwang Universität<br />

kaSimir und<br />

karoline<br />

von Ödön von Horváth<br />

Regie: Lisa Nielebock<br />

Premiere am 19. Februar <strong>2011</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Jimi bowatSki hat<br />

kein SChamgefuhl<br />

von Dirk Laucke<br />

Regie: Heike M. Götze<br />

Uraufführung am 25. März <strong>2011</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

amerika<br />

von Franz Kafka<br />

Regie: Jan Klata<br />

Premiere am 2. April <strong>2011</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

der fall deS<br />

robert k.<br />

von Reto Finger<br />

Regie: Anselm Weber<br />

Uraufführung im Mai <strong>2011</strong><br />

in den Kammerspielen


der aufhaltSame<br />

aufStieg<br />

deS arturo ui<br />

von Bertolt Brecht<br />

Regie: Sahika Tekand<br />

Premiere am 28. Mai <strong>2011</strong><br />

im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

die Jungfrau von<br />

orleanS<br />

von Friedrich Schiller<br />

Regie: Roger Vontobel<br />

Premiere im Juni <strong>2011</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

next generation<br />

die zukunftShauSer<br />

mit Jugendlichen aus <strong>Bochum</strong>,<br />

Essen, Duisburg, Herne und dem<br />

ganzen Ruhrgebiet<br />

Bei X-Vision in Wattenscheid, in den<br />

Ausbildungswerkstätten des Opel-Werks<br />

<strong>Bochum</strong>, der Ruhr-Universität <strong>Bochum</strong>,<br />

dem Medien-Bunker Marxloh in Duisburg,<br />

in Essen-Altendorf, den Jugendhäusern<br />

des Essener Nordens, der UNESCO-Schule<br />

Essen, bei Pottporus in Herne und mit<br />

einem Erinnerungsmobil zwischen Essen<br />

und <strong>Bochum</strong>.<br />

Ein Projekt von <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und<br />

Schauspiel Essen, der Bundeszentrale für<br />

politische Bildung und der Kulturhauptstadt<br />

Europas RUHR.<strong>2010</strong><br />

Partner: Deutschlandradio Kultur<br />

Weiter im Spielplan:<br />

a tribute<br />

to Johnny CaSh<br />

Musikalische Leitung:<br />

Torsten Kindermann und<br />

Karsten Riedel<br />

Regie: Arne Nobel<br />

honigherz<br />

Ein Stück für Kinder ab 2<br />

von Cristina Gottfridsson<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Premiere am 3. Oktober <strong>2010</strong><br />

im Melanchthonsaal<br />

hikikomori<br />

von Holger Schober<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Premiere am 26. November <strong>2010</strong><br />

im Melanchthonsaal<br />

parzival<br />

von Lukas Bärfuss<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Premiere am 18. Februar <strong>2011</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

In Zusammenarbeit mit der<br />

Folkwang Universität<br />

Weiter im Spielplan:<br />

die verwirrungen<br />

deS zoglingS<br />

torleSS<br />

von Robert Musil<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Übernahmen<br />

aus dem Repertoire des<br />

Schauspiel Essen:<br />

ubu<br />

von Alfred Jarry/Simon Stephens<br />

Regie: Sebastian Nübling<br />

Eine Koproduktion mit<br />

Toneelgroep Amsterdam<br />

woyzeCk<br />

von Georg Büchner<br />

Regie: David Bösch<br />

don CarloS<br />

von Friedrich Schiller<br />

Regie: Anselm Weber<br />

peer gynt<br />

von Henrik Ibsen<br />

Regie: Roger Vontobel<br />

tranSit<br />

nach dem Roman von<br />

Anna Seghers in einer<br />

Bearbeitung von Reto Finger<br />

Regie: Anselm Weber<br />

nathan der weiSe<br />

von Gotthold Ephraim Lessing<br />

Regie: Lisa Nielebock<br />

effi brieSt<br />

von Theodor Fontane<br />

Regie: Cilli Drexel<br />

und weitere Inszenierungen von<br />

David Bösch, Carola Bühn und<br />

Stephanie Sewella


Paul Koek ist Schlagzeuger, Komponist und Theaterregisseur. Vor<br />

seinem Musikstudium in Den Haag hat er, wie fast alle in seiner<br />

Familie, eine Lehre als Gärtner gemacht und in den Koek’schen<br />

Gewächshäusern Schnittblumen für Europa gezüchtet.<br />

8


PaUL KOEK — DER UTOPIST<br />

DER UTOPIST<br />

TExT: OLaF KRöcK<br />

FOTOS: MycHa ScHEKaLLa<br />

9


Ein Stück Klischee-Holland mit Kühen und Schafen auf<br />

grünen Wiesen und sogar Windmühlen drehen sich.<br />

a ber vom Tourismus wird die Region ignoriert.<br />

10


„ a ls ich die Musik von c age und Varèse zum ersten Mal gehört habe,<br />

war das für mich eine Offenbarung. Das klang wie das Zeug,<br />

das ich selber ausprobiert hatte.“<br />

11


ie ein endloser Trommelwirbel prasselt<br />

der Regen auf das Dach des Gewächshauses.<br />

Es regnet schon den<br />

ganzen Tag und wird noch lange<br />

nicht aufhören. Nass von oben und<br />

unten, Holland eben. Umgeben von<br />

dünnen Wassergräben steht das<br />

Gewächshaus in einem Dorf in der<br />

Nähe von Leiden auf einem der unzähligen<br />

Polder, mit denen die Niederländer<br />

nahezu die Hälfte ihres<br />

Landes dem Meer abgerungen haben.<br />

Im Glashaus sind es tropische<br />

29 Grad bei achtzigprozentiger Luftfeuchtigkeit.<br />

Draußen nähert sich<br />

das Quecksilber dem Gefrierpunkt.<br />

„Diese Temperatur mag ich sehr. Ich<br />

habe viel an solchen Orten gearbeitet.<br />

Meine ganze Kindheit und Jugend<br />

habe ich dort verbracht. In meiner<br />

Familie sind fast alle Gärtner, nur<br />

ich bin letztlich doch das schwarze<br />

Schaf geworden“, sagt Paul Koek und<br />

lacht, während er die beschlagenen<br />

Gläser seiner Hornbrille am Fleecepullover<br />

säubert. „Ein friedlicher<br />

Ort, nicht?“ Er lässt die Stille wirken,<br />

die nur durch ein Radio gestört<br />

wird, das leise Popmusik spielt. „Ich<br />

habe bei der arbeit nie Musik gehört.<br />

Ich habe die Stille genossen. Die ist<br />

hier oft wie eine Meditation. Du<br />

musst welke Blätter zupfen, fängst<br />

vorne an und bewegst dich tagelang<br />

ganz langsam von Pflanze zu Pflanze<br />

durch den Raum.“ Er macht noch<br />

eine Pause. Wieder rauscht nur der<br />

Regen, und es könnte auch ein feiner<br />

Wasserstaub sein, der auf die<br />

fleischigen Blätter der Topfpflanzen<br />

gesprüht wird, die hier zu zehntausenden<br />

gezüchtet werden. Es ist die<br />

Dieffenbachia, vor allem die beliebte<br />

PaUL KOEK — DER UTOPIST<br />

Sorte „Tropical Snow“, die in dieser<br />

holländischen Dschungel-Hitze für<br />

Millionen europäische Wohnzimmer<br />

wächst. Sein Schwager, dem das<br />

Gewächshaus gehört, hat die Züchtungsrechte<br />

für ganz Europa an der<br />

Zimmerpflanze mit ihrer giftigen<br />

Milch, die aus dem brasilianischen<br />

Regenwald kommt.<br />

„Ich hatte ja auch gar keine ahnung<br />

von Musik. Das kam ja alles<br />

erst später. Heute höre ich viel Musik<br />

bei der arbeit, vor allem wenn ich<br />

mich vorbereite. Dann höre ich moderne<br />

Klassik des 20. Jahrhunderts,<br />

Varèse, cage, so was. Es war für mich<br />

fast eine Offenbarung, als ich damals<br />

diese Musik kennen lernte. Ich<br />

hatte ja jahrelang keinen Musikunterricht<br />

und habe mir alles selbst beigebracht.<br />

Und auf einmal waren da<br />

diese Kompositionen, die so klangen<br />

„Vielleicht bin ich hier<br />

geblieben, weil ich das<br />

Mädchen Von nebenan<br />

geheiratet habe.“<br />

wie das Zeug, das ich selbst ausprobiert<br />

hatte.“<br />

Während Paul Koek mir voraus<br />

durch das Gewächshaus geht, stelle<br />

ich ihn mir als jugendlichen Gärtner<br />

vor, der umgeben von Tulpen und<br />

Fresien bei der arbeit mit Klängen<br />

und Rhythmen experimentiert und<br />

noch nicht weiß, dass er einmal ein<br />

bedeutender europäischer Musiktheatermacher<br />

sein wird. Ein seltsam<br />

schönes Bild.<br />

Paul Koek – dessen Name man<br />

übrigens „Kuck“ und nicht „Köck“<br />

ausspricht – ist heute Musiker, Komponist<br />

und Theaterregisseur. Vor seinem<br />

Musikstudium hat er, wie fast<br />

alle in seiner Familie, eine Lehre als<br />

Gärtner gemacht und schließlich in<br />

den Koek’schen Gewächshäusern<br />

gearbeitet. Doch nebenher ging er<br />

heimlich seiner größten Leidenschaft<br />

nach – er spielte Schlagzeug.<br />

als er nach abschluss seiner<br />

Gärtnerlehre auf die Meisterschule<br />

gehen sollte, radelte er an den Berufsschultagen<br />

in den Proberaum<br />

und ließ die Gärtnerklasse ausfallen.<br />

12<br />

Dort spielte er stundenlang alleine<br />

oder mit Band, hörte Musik der aktuellen<br />

Rockmusikgrößen wie Soft<br />

Machine oder Pink Floyd und genoss<br />

die Bewunderung der Mädchen aus<br />

der Nachbarschaft. Bis eines Tages<br />

die Tür aufflog und sein Vater im<br />

Bandraum stand. Ein Schock für den<br />

schulschwänzenden jungen Drummer,<br />

der gerade – umgeben von<br />

Mädchen – Tee trank und Haschisch<br />

rauchte. Der Vater fixierte den Sohn<br />

streng im Kreis der erschrocken<br />

verstummten Teenager. Dann verschwand<br />

er wieder, ohne wirklich<br />

etwas gesagt zu haben.<br />

aus angst vor dem bevorstehenden<br />

Familienkrach kam Paul erst<br />

spät in der Nacht nach Hause. Drei<br />

Tage sprachen Vater und Sohn kein<br />

Wort miteinander. Erst am vierten<br />

Morgen war es der Vater, der seinem<br />

Spross schnörkellos mitteilte,<br />

dass er ihn an der Musikschule von<br />

Leiden angemeldet habe. Und dann<br />

ging alles recht schnell. Paul Koek<br />

war schon zu diesem Zeitpunkt viel<br />

zu gut für die Musikschule. aber er<br />

hatte sich alles selbst beigebracht<br />

und keinerlei Technik gelernt. Sein<br />

Schlagzeug-Lehrer, der auch am Königlichen<br />

Konservatorium von Den<br />

Haag unterrichtete, nahm ihn mit<br />

in die Musikhochschule und von<br />

nun an studierte Koek dort. Früh<br />

morgens und an den Wochenenden<br />

arbeitete er weiterhin als Gärtner,<br />

an den Wochentagen studierte er<br />

Schlagzeug am Konservatorium. Bis<br />

heute ist Paul Koek der renommierten<br />

ausbildungsstätte verbunden.<br />

Er ist Professor und leitet den gerade<br />

von ihm und seinem Dramaturgen<br />

Paul Slangen gegründeten Studiengang<br />

für Musiktheater.<br />

„Mein Vater glaubte mir erst, dass<br />

ich von der Musik leben kann, als er<br />

mich in diesem riesigen Symphonieorchester<br />

im Frack sitzen sah. Und<br />

was habe ich da gespielt? Triangel.<br />

Nach zwei Tagen habe ich meine Orchesterkarriere<br />

für immer beendet“,<br />

grinst er. Dann fügt er erklärend hinzu:<br />

„Die Mentalität dort war nicht<br />

das, was ich von der Musik wollte.<br />

Ich wollte keine Sicherheit, ich wollte<br />

Risiko.“<br />

Wir verlassen die tropische Wärme.<br />

Paul zieht die Gewächshaustür


Paul Koek ist ein Idealist. Er experimentiert immer. Er wählt nie das<br />

sichere Terrain. Und er hat eine Schwäche für visionäre Menschen.<br />

13


hinter sich fest ins Schloss, damit die<br />

wertvolle Wärme nicht entweicht.<br />

Sofort schlägt uns der eisige Regen<br />

ins Gesicht. Wir flüchten in den Wagen,<br />

fahren ein Stück über das „Platte<br />

Land“, wie sie die Gegend hier<br />

„als Meine Kinder noch<br />

Klein waren, haben wir<br />

einige Jahre in eineM gewächshaus<br />

gewohnt.“<br />

nennen. Tatsächlich würde man bis<br />

zum Horizont sehen können, wenn<br />

der Regen nicht wäre. aber auch so<br />

sieht man weit ins Land, sieht grüne<br />

Wiesen, Kühe und Schafe auf den<br />

Feldern und mehrere Windmühlen.<br />

Eine von ihnen dreht sich sogar. Ein<br />

Stück Klischee-Holland, das vom<br />

Tourismus vollkommen ignoriert<br />

wird. „Ich bin aus dieser Gegend eigentlich<br />

nie weg gekommen“, sagt<br />

Koek, während er die Richtung weist.<br />

„Obwohl ich hier natürlich nie mehr<br />

gearbeitet habe und mit den Bands<br />

und Theaterproduktionen auf der<br />

ganzen Welt auf Tour war, habe ich<br />

immer in dem Dorf gelebt, in dem<br />

ich geboren wurde. Und das ist ein<br />

echt hässliches Kaff. Vielleicht bin<br />

ich hier geblieben, weil ich das Mädchen<br />

von nebenan geheiratet habe“,<br />

sagt er und lacht schallend. Es ist<br />

nicht zu erkennen, ob ihm vor Lachen<br />

die Tränen kommen oder ob<br />

sich Regentropfen hinter die vom<br />

Großvater geerbte Brille geschlichen<br />

haben.<br />

Wir kommen an einen See, den<br />

man mit dem Meer verwechseln<br />

könnte, so groß ist er. Und da passt es<br />

doch, dass im Niederländischen das<br />

„Meer“ heißt, was bei uns ein See ist,<br />

und die „Zee“, gesprochen „See“, das<br />

Meer meint. auf dem grauen Wasser<br />

des Braassemermeers schwimmen<br />

nur wenige Boote. Die großen Eisschollen<br />

am Ufer lassen ahnen, dass<br />

man hier vor kurzem tatsächlich<br />

noch Schlittschuh laufen konnte. Es<br />

ist still und schön. Nur das Eis klingt<br />

leise, wie zerbrechendes Glas.<br />

Das kleine Backsteinhaus, das<br />

Paul von seinem Onkel geerbt hat,<br />

liegt direkt am Ufer. Dahinter rei-<br />

PaUL KOEK — DER UTOPIST<br />

hen sich wieder Gewächshäuser aneinander.<br />

„als meine Kinder noch<br />

klein waren, haben wir einige Jahre<br />

in einem Gewächshaus gewohnt. Ich<br />

mochte die Wärme darin, auch im<br />

Sommer. aber als sich dann durch<br />

die feuchte Luft all meine Bücher<br />

auflösten und wir tagelang die Seiten<br />

zusammenkleben mussten und<br />

als die Felle meiner Trommeln Risse<br />

bekamen, sind wir doch in das Haus<br />

gezogen. Es ist natürlich viel kleiner,<br />

aber letztlich war es besser.“ Vier<br />

Kinder hat Koek. Sein Sohn ist auch<br />

IN SEINEM HaUS aM SEE STEHT EIN aLTES<br />

ScHLaGZEUG. DaS BENUTZT ER, WENN ER ES<br />

NIcHT IN DEN PROBERaUM ScHaFFT.<br />

Schlagzeuger. „Ich habe ihn nie unterrichtet“,<br />

stellt er entschieden fest.<br />

„Er spielt viel besser als ich, hatte<br />

eine eigene, erfolgreiche Popband,<br />

aber trotzdem wird er in jedem Interview<br />

immer erstmal auf seinen Vater<br />

angesprochen. Für ihn ist das kein<br />

Problem, aber ich finde es schrecklich.<br />

Ich verstehe schon, was Pasolini<br />

meinte, als er gesagt hat, dass jeder<br />

Sohn erst einmal seinen Vater töten<br />

muss.“ Und dann fragt er gleich im<br />

anschluss: „Hunger?“ Die richtige<br />

Frage zur rechten Zeit. Wir machen<br />

uns auf den Weg, um unsere frierenden<br />

Leiber und knurrenden Mägen<br />

mit einer landestypischen Spezialität<br />

zu besänftigen – mit Pommes, oder<br />

wie sie die Holländer nennen – „Patatjes“.<br />

In der Frittenbude, die ein amerikanisches<br />

Diner mäßig gelungen<br />

imitiert, bestellen wir Pommes Spezial,<br />

also mit Mayonnaise, Ketchup<br />

und gehackten Zwiebeln. auf einem<br />

übergroßen Flachbildfernseher berichtet<br />

derweil ein Nachrichten-Ka-<br />

14<br />

nal über die aktuelle Regierungskrise<br />

im Land. Gleichzeitig laufen in der<br />

unteren Bildzeile die Börsenwerte<br />

globaler Großunternehmen. Koek<br />

stöhnt und sagt mehr zu sich selbst,<br />

dass das jetzt sehr schlimm für sein<br />

Land werden kann. Nach dem Scheitern<br />

der Regierungs-Koalition haben<br />

die Rechten enorme Wählerzuläufe.<br />

Das Land, das so viele Jahre für seine<br />

Politik der Toleranz und Integration<br />

europaweit Standards gesetzt<br />

hat, driftet nach zwei spektakulären,<br />

politisch motivierten Morden nach<br />

rechts. Vor allem die Ermordung<br />

des umstrittenen Filmemachers<br />

Theo van Gogh durch einen religiösen<br />

Fanatiker hat das Land unter<br />

Schock gesetzt. In den Niederlanden,<br />

wo selbst Königin Beatrix über viele<br />

Jahrzehnte keinen aufwendigen Personenschutz<br />

benötigte, ist der Geist<br />

der Toleranz aufs Meer hinausgeweht<br />

und braune Wolken sind über dem<br />

Land aufgezogen. Da wissen auch<br />

die Intellektuellen und Künstler<br />

kein Mittel gegen diese Entwicklung.<br />

„Natürlich haben wir eine echte Kriminalitäts-<br />

und Gewaltproblematik<br />

mit Zugewanderten, vor allem in<br />

den Großstädten. aber die Rezepte,<br />

die dagegen verkündet werden, sind<br />

einfach absurd“, sagt Koek. Es sieht<br />

„Jeder sohn Muss erst<br />

einMal seinen Vater töten.<br />

das Verstehe ich.“<br />

ganz danach aus, als könnten die<br />

Niederlande das erste Land Europas<br />

werden, das einen rechts-nationalen<br />

Ministerpräsidenten bekommt.<br />

„aber gerade deswegen müssen wir<br />

weiterhin das tun, was wir tun.“<br />

Paul Koek ist kein agitator. Er ist<br />

leise und bedächtig in seinen Äußerungen.<br />

auch in seinen Stücken<br />

bringt er keine tagesaktuelle Politik<br />

auf die Bühne. aber seine arbeit ist<br />

nie frei von kritischer auseinandersetzung<br />

mit der Welt. Seit vielen Jahren<br />

setzt er sich mit den Menschen,<br />

die die Welt verändern wollten, und<br />

ihren Konzepten auseinander. Seine<br />

Faszination gilt all jenen, die es gewagt<br />

haben, Utopien zu formulieren.


Es sind die manifestverfassenden<br />

Künstlerinnen und Künstler, die Dadaisten<br />

und Futuristen, die ihn beschäftigen.<br />

So widmete er sich 2009<br />

beispielsweise mit seiner Truppe, der<br />

„Veenfabriek“, dem Gesellschaftstheoretiker<br />

charles Fourier. Der<br />

Franzose, dessen Theorien aus dem<br />

18. Jahrhundert heute nahezu vergessen<br />

sind, hat die Grundlagen<br />

einer Gesellschaftsform gelegt, die<br />

heute als „anarchismus“ eher berüchtigt<br />

als bekannt ist. In einem<br />

Flugzeughangar, auf einem ehemaligen<br />

Militärflughafen nahe dem<br />

Badeort Katwijk, hat Koek mit der<br />

Veenfabriek das Leben Fouriers in<br />

einer großen dadaistischen Musiktheater-aufführung<br />

nachgezeichnet.<br />

Mit einem zwanzigköpfigen Orchester,<br />

mit tanzenden camping-Zelten<br />

und dem von der Veenfabriek gegründeten<br />

ersten Sirenen-Orchester<br />

der Welt. In der gigantischen Halle<br />

– neben der Flugpiste, auf der die<br />

Königin zuweilen landete, aber auch<br />

Slobodan Milošević, als der dem Den<br />

Haager Kriegsverbrechertribunal<br />

überstellt wurde – übersetzte das Ensemble<br />

die Ideen dieses Utopisten in<br />

visionäres Musiktheater.<br />

Paul Koek ist ein Idealist. Er will<br />

etwas mit seinem Theater. Er experimentiert<br />

immer. Er wählt nie das<br />

sichere Terrain. Er forscht, kramt<br />

vergessene Texte aus, baut verloren<br />

gegangene Instrumente nach, wie<br />

die Geräuschtrompeten der Futuristen,<br />

die Intonarumori. Die kombiniert<br />

er dann mit Instrumenten alter<br />

Musik wie des Mittelalters und des<br />

Barock. Dazu spielt er Instrumente,<br />

die man in Spielzeugabteilungen<br />

von Kaufhäusern findet, und mischt<br />

sie mit Sounds aus dem computer.<br />

Diese Musik spielt er zu den bildgewaltigen<br />

aktionen, den verschmitztkomischen<br />

Handlungen und spektakulären<br />

visuellen Effekten seiner<br />

Stücke. Sein Musiktheater ist keine<br />

verschreckende, anstrengende Experimentalkunst.<br />

Es sind schöne,<br />

fremde, emotionale Tonwelten, die<br />

seine Stücke bevölkern.<br />

Zum Theater kam Paul Koek zunächst<br />

als Bühnenmusiker. Dann<br />

begegnete er Mitte der 1980er Jahre<br />

dem Regisseur Johan Simons. Die<br />

beiden waren von Beginn an ein un-<br />

PaUL KOEK — DER UTOPIST<br />

zertrennliches Team, wie Brüder, die<br />

alles voneinander wissen und sich<br />

ohne Worte verstehen. „Wir waren<br />

ständig zusammen unterwegs. Er<br />

wohnte ja schon fast bei mir. Gemeinsam<br />

fuhren wir mit seinem cadillac<br />

durch die Gegend und redeten<br />

pausenlos. Wir dachten uns neue<br />

Projekte aus, suchten Orte, an denen<br />

wir unser nächstes Stück entwickeln<br />

konnten, sprachen über die Proben,<br />

die vor oder hinter uns lagen. Einmal<br />

fuhren wir an einem Schild vorbei,<br />

auf dem stand, dass jemand Zirkus-<br />

DIE BRILLE HaT PaUL IN EINER KISTE SEINES<br />

GROSSVaTERS GEFUNDEN UND NUR NEUE<br />

GLÄSER EINSETZEN LaSSEN.<br />

zelte verkaufe. Das war so was wie ein<br />

Laden für Second-Hand-Zirkuszelte<br />

irgendwo in Nord-Holland. Sofort<br />

steuerte Johan den amerikanischen<br />

Schlitten in die Seitenstraße und wir<br />

verhandelten über eines der Zelte.<br />

Wir kauften es tatsächlich und der<br />

schräge alte Kerl erklärte uns, wie<br />

wir es aufbauen mussten. So zogen<br />

wir mit dem Zirkuszelt übers Land,<br />

um in abgelegenen Gegenden unsere<br />

Stücke zu spielen.“ Wer es nicht besser<br />

weiß, muss annehmen, dass Koek<br />

und Simons eine Zirkustheatertruppe<br />

betrieben haben. Tatsächlich war<br />

es aber die von Simons gegründete<br />

Gruppe „Hollandia“, die in den<br />

1990er Jahren zum bedeutendsten<br />

zeitgenössischen Theaterensemble<br />

der Niederlande wurde und zu den<br />

einflussreichsten Gruppen Europas<br />

zählte. Sie tourten über den ganzen<br />

Kontinent, zeigten ihre Produktionen<br />

auf Festivals weltweit und wurden mit<br />

diversen Preisen ausgezeichnet, so im<br />

Jahr 2000 mit dem Europäischen<br />

Preis für Innovation im Theater.<br />

15<br />

Bei Hollandia gründete Paul Koek,<br />

der ab 1993 der künstlerische Koleiter<br />

des Theaters war, das „Veen Studio“.<br />

„Veen“, das holländische Wort<br />

für Moor und Sumpf, spielt auf die<br />

feuchte Landschaft an, aus der Koek<br />

stammt. Im Veen Studio wurde mit<br />

einem eigenen Ensemble zeitgenössisches<br />

elektronisches Musiktheater<br />

erprobt. Der Musiker, Komponist<br />

und Koregisseur von Hollandia begann<br />

so, das Verhältnis von Theater<br />

und Musik zu untersuchen. auch im<br />

Ruhrgebiet, in <strong>Bochum</strong>, hinterließen<br />

Paul Koek und Johan Simons einen<br />

bleibenden Eindruck mit ihrer Produktion<br />

„Sentimenti“. 2003 inszenierten<br />

sie für die Ruhrtriennale in<br />

der Jahrhunderthalle diese Bühnenfassung<br />

nach dem Roman „Milch<br />

und Kohle“ von Ralf Rothmann mit<br />

Musik von Verdi. Diese arbeit ist bis<br />

heute eine der Inszenierungen, die<br />

für das Ruhrgebietsfestival stilbildend<br />

waren. Sie war zugleich die letzte<br />

arbeit der beiden unter dem Dach<br />

von Hollandia.<br />

Nach der Auflösung der Gruppe<br />

2005 zögerte Paul Koek nicht lange,<br />

„so zogen wir Mit deM<br />

zirKuszelt übers land,<br />

uM in abgelegenen gegenden<br />

unsere stücKe<br />

zu spielen.“<br />

als ihm eine ehemalige Fabrikhalle im<br />

Zentrum von Leiden angeboten wurde,<br />

nur wenige Kilometer von seinem<br />

Haus am See entfernt, um dort seine<br />

arbeit fortzusetzen. Zusammen mit<br />

Ensemblemitgliedern von Hollandia,<br />

allen voran dem Musiker Ton van der<br />

Meer und dem Dramaturgen Paul<br />

Slangen, gründete er die Veenfabriek.<br />

Er ließ die ehemalige Militärdecken-<br />

Fabrik umbauen und machte sie<br />

zum Stammsitz des Musiktheaterensembles.<br />

Heute beherbergt das<br />

Gebäude ein Restaurant, eine Galerie,<br />

ateliers und vor allem die Büros,<br />

Proben- und aufführungsräume der<br />

Gruppe. Dennoch spielt die Veenfabriek<br />

nach niederländischer Theatertradition<br />

überall im Land. In den<br />

großen Städten und in der Provinz.


Und wie schon bei Hollandia entwickeln<br />

die Musiker und Schauspieler<br />

mit Koek auch weiterhin Stücke für<br />

Orte, die kein Theater sind. Eine Produktion<br />

führten sie in verschiedenen<br />

Kaufhäusern des größten Warenhauskonzerns<br />

des Landes auf. Das<br />

Besondere dabei: das Kaufhaus war<br />

während der Vorstellung geöffnet. So<br />

gab es skurrile und tiefgründige Begegnungen<br />

von Theater und Leben,<br />

von Kunst und Konsum. „Ein Künstler<br />

muss immer einen Bezug zur<br />

Wirtschaft haben, sonst verliert er<br />

den Kontakt zur Welt“, zitiert Koek<br />

die amerikanische Musikerin Laurie<br />

anderson. Paul Koek hat die Grande<br />

Dame der elektronischen Popmusik<br />

vor einigen Jahren eingeladen, um<br />

sich das von der Veenfabriek gegründete<br />

Sirenen-Orchester anzuhören.<br />

„Wir haben einen Weg gefunden,<br />

wie man Sirenen, die man vom Feueralarm<br />

kennt, wie ein normales Instrument<br />

spielen kann. Wir haben<br />

also mit den umgebauten Sirenen ein<br />

Orchester gegründet und Songs von<br />

Laurie anderson einstudiert. Ich habe<br />

ihrem agenten geschrieben und sie<br />

zu einem Privatkonzert eingeladen.<br />

Ja, und dann habe ich ihn angerufen<br />

und gefragt, ob sie schon geantwortet<br />

hat. Jeden Tag habe ich angerufen.<br />

Zwei Wochen lang.“ Wen wundert<br />

es, dass die amerikanische Künstlerin<br />

tatsächlich zusagte und zwei Tage<br />

bei der Veenfabriek verbrachte.<br />

Mittlerweile stehen wir im Flugzeughangar,<br />

der weiterhin auf militärischem<br />

Sperrgebiet liegt. Nur gegen<br />

Vorlage des ausweises kommt man<br />

in die zweite arbeitsstätte der Veenfabriek.<br />

Wir gehen in einen kleinen,<br />

beheizten Nebenraum und schauen<br />

auf das Rollfeld, wo keine Flugzeuge<br />

mehr landen. Es hat tatsächlich für<br />

einen augenblick aufgehört zu regnen.<br />

Jetzt macht nur die Kaffeemaschine<br />

röchelnde Geräusche. „Im<br />

Sommer ist es hier sehr schön. Dann<br />

kann man die Hasen beobachten.<br />

Man hat einen weiten Blick, fast bis<br />

zum Meer. Seit der Flughafen nicht<br />

mehr benutzt wird, sieht man, wie<br />

sich die Natur das Gelände langsam<br />

zurückerobert. Das gefällt mir.“ Da<br />

steht er hinter der kleinen Theke in<br />

der Kaffeeküche und trommelt einen<br />

schnellen, komplizierten Rhythmus<br />

mit den Händen auf den Tresen. Und<br />

wieder lacht dieser fröhliche Mensch.<br />

„aber das wird so nicht bleiben. Die<br />

planen hier zwölftausend Wohnungen<br />

zu bauen. Verrückt. alles wird<br />

abgerissen und umgepflügt und wir<br />

müssen weg. Es bleibt kein Platz für<br />

Künstler und ihre Visionen.“ Und<br />

dann flammt gleich wieder eine Vision<br />

in seinen augen auf: „Vielleicht<br />

sollte man mit den Baugeräten ein<br />

riesiges Konzert der Maschinen veranstalten.<br />

Das wäre ein schöner abschluss,<br />

nicht?“<br />

Er wünscht sich mehr Kontinuität<br />

für die arbeit der nächsten Jahre und<br />

will sich mit anderen verbünden. Daher<br />

hat er sich vorgenommen, in den<br />

nächsten drei Jahren mit seinem Ensemble<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong><br />

zu arbeiten. „Das wird großartig. Das<br />

Theater ist so schön und es gibt hier<br />

für uns viele Möglichkeiten.“<br />

als Paul Koek zum abschied winkt,<br />

beginnt der Regen auf einen Schlag<br />

heftig auf den Wagen einzuschlagen.<br />

Nur mit der höchsten Stufe des<br />

Scheibenwischers verschaffe ich mir<br />

Durchblick durch die Windschutzscheibe.<br />

Und dann fahre ich weg aus<br />

diesem nassen Land, 230 Kilometer<br />

an einen Ort, an dem das Wetter<br />

nicht besser ist, wo aber bald einer<br />

sein wird, der etwas wagen will.<br />

paul KoeK<br />

wurde 1954 in Roelofarendsveen, einem<br />

Dorf in der Nähe von Leiden, in<br />

den Niederlanden geboren. Er arbeitete<br />

als Schlagzeuger mit Künstlern wie Peter<br />

Greenaway, Heiner Goebbels oder<br />

Bob Wilson. 1987 schloss er sich der<br />

Theatergruppe „Hollandia“ von Johan<br />

Simons an, wo er 1993 künstlerischer<br />

Koleiter wurde.<br />

2005 gründete er sein eigenes Musiktheaterensemble,<br />

die „Veenfabriek“<br />

in Leiden. Seine Arbeiten wurden vielfach<br />

ausgezeichnet. Im Jahre 2009 erhielt<br />

Paul Koek die höchste Kulturauszeichnung<br />

der Niederlande, den Prinz<br />

Bernhard Kulturfond Theaterpreis.<br />

Seine gemeinsam mit Johan Simons<br />

erarbeitete Inszenierung von Horváths<br />

„Kasimir und Karoline“ ist zum Berliner<br />

Theatertreffen <strong>2010</strong> eingeladen.<br />

16<br />

Candide oder<br />

der optimismus<br />

von Voltaire<br />

Premiere am 23. September <strong>2010</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Ist das hier schon alles oder wartet die beste aller möglichen<br />

Welten noch irgendwo auf uns? Das ist die zentrale<br />

Frage, der Voltaires Roman von 1759 mit bösem Spott auf<br />

die weltverbesserlichen ansichten seiner Zeit nachgeht.<br />

In seinem Roman erzählt er das Leben des unbelehrbaren<br />

Optimisten candide, der am Hofe Westfalens vom Meister<br />

Pangloss unterrichtet wird. Der sagt, dass diese Welt die<br />

beste aller möglichen Welten sei. Doch candide muss diese<br />

Behauptung am eigenen Leib schmerzlich überprüfen:<br />

Unsanft wird er mit einem Tritt in den allerwertesten aus<br />

seinem herzöglichen Paradies verjagt. Trotzdem versucht<br />

er, sich die Worte des Lehrers weiterhin zu Eigen zu machen<br />

und in allem nur das Gute zu sehen – selbst als er in den<br />

Krieg gerät, einen Inquisitionsprozess, das große Erdbeben<br />

von Lissabon, Piratenangriffe und Schiffsuntergänge nur<br />

knapp überlebt. candide irrt in einer aberwitzigen Reise, die<br />

von den unwahrscheinlichsten Zufällen und verblüffendsten<br />

auferstehungen Totgeglaubter geprägt ist, über Meere<br />

und Kontinente. Er ist getrieben von der Hoffnung, seine<br />

geliebte Kunigunde und vor allem die beste aller Welten zu<br />

finden. Paul Koek bearbeitet mit dem <strong>Bochum</strong>er Ensemble<br />

und seiner Musiktheatergruppe diese große philosophische<br />

Erzählung zur Saisoneröffnung für das <strong>Schauspielhaus</strong>.<br />

Regie: Paul Koek<br />

Bühne und Licht: Theun Mosk<br />

Kostüme: Dorothee Curio<br />

Film: David Lammers<br />

Komposition: Anke Brouwer<br />

Sounddesign: Will-Jan Pielage<br />

Dramaturgie: Olaf Kröck, Paul Slangen<br />

Mit: Reinout Bussemaker, Therese Dörr, Joep van der Geest,<br />

Jürgen Hartmann, Raiko Küster, andreas Maier, Veronika<br />

Nickl, Roland Riebeling, yonina Spijker, Jutta Wachowiak,<br />

anke Zillich; Musiker: Lieke arts, Hans van der Meer, Ton<br />

van der Meer, John van Oostrum, antonis Pratsinakis, Katya<br />

Woloshin<br />

Eine Koproduktion mit der<br />

Veenfabriek in Leiden, Niederlande<br />

Gefördert im Fonds Wanderlust der<br />

Kulturstiftung des Bundes<br />

sowie dem Theaterinstitut der Niederlande<br />

im Rahmen von NL-RUHR.<strong>2010</strong>


Wo das geht, geht alles.<br />

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Beteiligungen


RENEGADE IN RESIDENCE<br />

['renigeid|in|'rezid ns]<br />

Air•chAir [e |t∫e ]<br />

Der Tänzer steht waagerecht auf<br />

einer Hand oder beiden Händen<br />

(Double Air Chair). Der Ellbogen der<br />

Standhand befindet sich dabei am<br />

Rücken. Wegen des hohen Grades an<br />

Gelenkigkeit einer der schwierigsten<br />

und ästhetischsten Freezes zum Abschluss<br />

eines Sets.<br />

IlluSTRATIoNEN: ANNIkA kEp<br />

18


Air•freeze [e |fr z]<br />

RENEGADE IN RESIDENCE<br />

Der Air Freeze ist im prinzip ein<br />

Handstand auf einem Arm. Die körperlage<br />

kann dabei variieren. Beispielsweise<br />

kann der Rücken zum Boden<br />

zeigen, aber auch, wie in diesem<br />

Fall, die Seite. Beim Air Freeze gibt es<br />

viele Möglichkeiten für Variationen,<br />

da die Beine und ein Arm vollkommen<br />

frei sind.<br />

19


RENEGADE IN RESIDENCE<br />

Six•Step [siks|step]<br />

Basis-Schritt, bestehend aus sechs<br />

Schritten für Footworks und damit<br />

wesentliches Element für jedes Style<br />

Set. Footworks sind Tanzschritte am<br />

Boden, Styles sind kombinationen<br />

aus Footworks und Freezes. Wichtig<br />

bei einem Style sind vor allem die<br />

originalität des Sets und des Stils,<br />

mit dem dieser getanzt wird.<br />

20


RENEGADE IN RESIDENCE<br />

flAt•LINER [flæt|'lain ]<br />

Das Fahren auf einem Fahrrad ist<br />

kein traditionelles Stilmittel des Tanzes,<br />

auch nicht des HipHop oder<br />

Breakdance. Doch richtig gebraucht,<br />

ist auch das BMX-Rad als Teil eines<br />

guten Sets einsetzbar. ob auf einem<br />

Rad oder auf zwei, ob vorwärts oder<br />

rückwärts oder sogar als Teil eines<br />

klassischen pas de deux.<br />

21


RENEGADE IN RESIDENCE<br />

KicK•dowN [kik|da n]<br />

Der kick Down wird benutzt, um<br />

beim Breakdance einen Sixstep oder<br />

einen Ebenenwechsel flüssig einzuleiten.<br />

Dabei wird ein Fuß in die<br />

kniekehle des anderen gestreckten<br />

Beines geführt. Dann erfolgen das<br />

Einknicken im kniegelenk und die<br />

landung auf der Fußsohle des anderen<br />

Fußes, der fest am kniegelenk<br />

bleibt.<br />

22


enegade.<br />

Neues<br />

tanztheater<br />

in <strong>Bochum</strong><br />

Es treffen sich drei B-Boys – Breakdancer<br />

– aus Duisburg und Herne, die<br />

zur Musik Bewegungen machen können,<br />

die sich ein normaler Mensch<br />

nicht einmal vorstellen kann, deren<br />

Bühne aber bisher ausschließlich die<br />

Straße war. Eine klassische Tänzerin<br />

aus Rom, die sonst auf den internationalen<br />

Ballettbühnen Europas<br />

zu Hause ist. Ein junger Modern<br />

Dancer, der direkt von der Folkwang<br />

universität in Essen kommt. und ein<br />

Flatliner – BMX-Radfahrer – mitsamt<br />

seinem Bike aus köln.<br />

Sechs Tänzer, die unterschiedlicher<br />

kaum sein könnten und die<br />

eigentlich, so sollte man meinen,<br />

nicht zusammengehören. In der<br />

Tanztheaterproduktion „Schwarze<br />

katze“ standen sie vor zwei Jahren<br />

trotzdem gemeinsam auf der Bühne<br />

in der <strong>Bochum</strong>er Jahrhunderthalle<br />

und zeigten zu einem gewagten Musikmix<br />

quer durch alle Stilrichtungen<br />

eine neue Form von Tanztheater, die<br />

es so vorher in der Ruhrregion nicht<br />

gegeben hatte. Choreografin des<br />

Abends war Malou Airaudo, langjährige<br />

Solotänzerin in der Compagnie<br />

von pina Bausch. Verantwortlich für<br />

die Mischung und dafür, dass diese<br />

Begegnung überhaupt zustande kam,<br />

war eine Truppe, die unter dem Namen<br />

„Renegade“ seit einigen Jahren<br />

von einem unscheinbaren gemeindezentrumsähnlichen<br />

Haus in Herne<br />

aus die Tanz- und Streetart-Szene der<br />

Region aufmischt.<br />

Die „Abtrünnigen“ (so die wörtliche<br />

Übersetzung) kommen von der<br />

Straße, aber sie durchqueren in ihrer<br />

Arbeit die ganze Stadt. Sie haben es<br />

geschafft, aus den traditionellen<br />

Straßenkünsten wie HipHop, Breakdance<br />

und Graffiti in Verbindung<br />

mit klassischem Tanz und modernem<br />

Tanztheater eine Ästhetik<br />

zu entwickeln, die sich eindeutig<br />

draußen auf der Straße verortet,<br />

aber niemals im Vorstadt-Ghetto gefangen<br />

bleibt. Auf den vielfältigen<br />

Ebenen ihrer künstlerischen Arbeit<br />

verbinden sie immer wieder widersprüchliche<br />

kräfte und Strategien.<br />

Sie mixen Tanz, Musik, Schauspiel<br />

und bildende kunst zu einer neuen,<br />

hochaktuellen Ausdrucksform: ausgebildete<br />

Tänzer arbeiten mit den<br />

besten Streetart-künstlern des Ruhrgebiets,<br />

Deutschlands und Europas.<br />

So verbinden sich nicht nur soziale<br />

Milieus und kulturen, sondern<br />

auch künstlerische Techniken und<br />

Ausdrucksformen, die jenseits einer<br />

Trennlinie von Sub- und Hochkultur<br />

funktionieren. Nicht mehr Bühne<br />

gegen Straße, nicht Migranten-Battle<br />

gegen deutsche leitkultur, nicht<br />

drinnen gegen draußen, sondern<br />

eine neue kreative Mischung führt<br />

zu einer spannungsgeladenen eigenständigen<br />

Ästhetik.<br />

Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> erhält<br />

wieder einen Tanzpartner: Mit Beginn<br />

der neuen Intendanz startet<br />

„Renegade in Residence“. Renegade<br />

nutzt die Räume des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

in <strong>Bochum</strong>, Choreografen<br />

und Tänzer werden Teil des Hauses<br />

und arbeiten immer wieder auch in<br />

den „klassischen“ produktionen des<br />

Hauses. und einmal im Jahr entsteht<br />

unter der künstlerischen leitung von<br />

Renegade eine gemeinsame produktion<br />

– mit den Tänzern, mit vielen<br />

künstlern aus Europa wie auch mit<br />

dem Ensemble des <strong>Schauspielhaus</strong>es.<br />

Die erste gleich am Eröffnungswochenende<br />

der neuen Saison im<br />

Herbst.<br />

Die neue Zusammenarbeit ist zugleich<br />

Fortsetzung und Weiterentwicklung<br />

einer bereits erprobten<br />

Verbindung: Regisseurin und Choreografin<br />

des neuen Stückes ist Malou<br />

Airaudo.<br />

23<br />

Nouvelle Piece<br />

Renegade in Residence<br />

Uraufführung am 24. September <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

Die erste neue Tanztheaterarbeit von Renegade am <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> entsteht in der Regie und Choreografie<br />

von Malou Airaudo. Auf der Bühne stehen acht Tänzer, die<br />

teils aus dem professionellen Tanz- und HipHop-Bereich,<br />

teils aus dem regionalen und europäischen Streetart-Kontext<br />

stammen.<br />

Das Thema entwickeln Renegade und <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> gemeinsam. Es wird um Momente des „Dazwischen“<br />

gehen, in denen Neues entsteht oder Altes vergeht:<br />

Ein Bergsteiger im Moment des Absturzes, das Durchqueren<br />

eines Tunnels, Transiterfahrungen, der Augenblick<br />

zwischen Leben und Tod. Momente, in denen das Leben<br />

stillsteht und gleichzeitig an einem vorüberrast, in denen<br />

alles denkbar ist und zugleich alles im nächsten Augenblick<br />

zu Ende sein könnte. Momente, die sich anfüllen mit Erinnerungen,<br />

mit Visionen, mit ungeahnten Möglichkeiten<br />

und Vorstellungen. Momente, in denen sich Bekanntes<br />

mit Unbekanntem verbindet und daraus etwas Explosives<br />

entsteht. Die Tänzer dieser ersten gemeinsamen Produktion<br />

stammen aus Herne und Berlin, aus Duisburg und der<br />

Schweiz, aus Celle und Italien. Sie sind Pantomimen und<br />

B-Boys, klassische Tänzer und Modernisten.<br />

Regie und Choreografie: Malou Airaudo<br />

Eine gemeinsame Produktion von<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und Pottporus/Renegade<br />

Gefördert vom Ministerpräsidenten<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

MAlou AirAudo<br />

wurde 1948 geboren und begann früh ihre Tanzausbildung.<br />

Schon im Alter von acht Jahren lernte sie an der Schule der<br />

Opéra de Marseille und tanzte dort unter der Leitung von<br />

Joseph Lazzini im Ensemble. Über Monte Carlo und Amiens<br />

gelangte sie 1970 nach New York, wo sie nicht nur mit Manuel<br />

Alum arbeitete, sondern auch Pina Bausch traf. So kam<br />

sie 1973 nach Nordrhein-Westfalen in die Compagnie des neu<br />

gegründeten Tanztheaters in Wuppertal und wurde dort eine<br />

der prägenden Solistinnen. Ihr Solo „Le Sacre du Printemps“<br />

ist sicher die berühmteste Arbeit, die aus der Zusammenarbeit<br />

dieser beiden Tanztheater-Ikonen entstand. Später arbeitete<br />

sie in Paris, Lorraine und Genf, pflegt aber seit langem eine<br />

Verbindung zum Ruhrgebiet: Seit 1984 ist sie Professorin für<br />

Zeitgenössischen Tanz an der Folkwang Universität. So kommt<br />

sie nicht als Fremde, sondern als Freundin in die Region, wenn<br />

sie mit Renegade am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> arbeitet.


Monika Gintersdorfer & Gadoukou La star — schwarzweiss totaL<br />

schwarzweiß<br />

total<br />

text: arnd weseMann<br />

fotos: christian roLfes<br />

25


ie elfenbeinküste in westafrika wird<br />

von zwei Präsidenten regiert. Vom<br />

echten und einem schattenpräsidenten,<br />

der in der opposition jederzeit<br />

mit Bürgerkrieg drohen kann.<br />

darum ist der echte Präsident sehr<br />

vorsichtig, und das ist gut so. nicht<br />

nur der Präsident, auch der Papst hat<br />

einen Gegenpapst, den schwarzen<br />

Papst. den hält er im keller des Vatikan<br />

gefangen wie einen anti-christ.<br />

sowas erzählt man in abidjan, einer<br />

stadt aus zehn eigenständigen städten,<br />

die von der Lagune am atlantischen<br />

ozean wie eine krabbenschere<br />

ins Land greifen. regiert wird das<br />

Land nicht von hier aus, sondern aus<br />

der Gegenhauptstadt Yamoussoukro.<br />

dort steht die Basilika notre-dame<br />

de Paix, die aussieht wie der Petersdom<br />

in rom. nur ist sie sehr viel<br />

größer, das größte christengebäude<br />

der welt. auch das ist gut so, denn<br />

ob der islam oder das christentum<br />

an der elfenbeinküste zahlenmäßig<br />

stärker ist, ist nicht erwiesen. so liegt<br />

hier alles auf einer fein austarierten<br />

waage. es gibt nicht das Gute ohne<br />

das Böse, den Papst nicht ohne Gegenpapst,<br />

das christentum nicht<br />

ohne islam.<br />

und man hörte ja schon vom<br />

Bürgerkrieg an der elfenbeinküste,<br />

der trotz offiziellem Friedensvertrag<br />

noch nie ganz beendet wurde, weil<br />

frieden ohne krieg nicht existieren<br />

kann. in abidjan gab es noch einen<br />

dritten Präsidenten, der Le prési-<br />

Monika Gintersdorfer & Gadoukou La star — schwarzweiss totaL<br />

dent douk saga hieß. zu Beginn des<br />

Bürgerkriegs hielt sich Le président<br />

douk saga in Paris auf, um dann wie<br />

mit einem kulturellen staatsstreich<br />

von Paris aus mitten in den Bürgerkrieg<br />

hinein in der elfenbeinküste<br />

zu einem Präsidenten der freude<br />

zu werden. franck edmond Yao alias<br />

Gadoukou la star zog mit dem<br />

Präsidenten douk saga und seinen<br />

freunden, dem selbsternannten ivorischen<br />

Jet set, durch die nachtclubs<br />

von Paris als choreograf und supertänzer.<br />

Gadoukou la star ist ein sehr<br />

schöner, sehr kräftiger Mann mit viel<br />

Blingbling. unter den fanfaren eines<br />

dJs bewegt er sich cool, weich im antritt,<br />

als würde er mit unglaublicher<br />

Beschleunigung aus sich selbst hinausspringen<br />

können. Gadoukou la<br />

star kann das Land verlassen, um jederzeit<br />

im triumphzug immer wieder<br />

einzuwandern. ein auswanderer, der<br />

ständig einwandert, ist kein flüchtling,<br />

sondern ein personifizierter Privatjet<br />

zwischen europa und afrika,<br />

den man einen „Bengisten” nennt –<br />

der Botschafter eines Lebensstils, der<br />

in abidjan, in Paris und längst auch<br />

in deutschland „couper décaler”<br />

genannt wird.<br />

Gadoukou la Star iSt<br />

ein Sehr Schöner, Sehr<br />

kräftiGer Mann Mit viel<br />

BlinGBlinG.<br />

„couper” bedeutet abhauen, einen<br />

schnitt machen, „décaler” heißt<br />

umfallen, im sinn von sich durchs<br />

Leben schlagen ohne die Balance<br />

zu verlieren. den guten stil wahren<br />

heißt, präsidialen Glamour zu zeigen<br />

und selber ein Label zu sein durch<br />

hauteng getragene edelmarken –<br />

so liegen ruch und ruhm immer<br />

schön dicht beieinander. die „fouka<br />

fouka”-Geste, ein hämmernder<br />

oberarm, signalisiert kraft durch<br />

form. der dJ des „couper décaler”<br />

betreibt das sampling der unterschicht<br />

mit dem der oberen zehntausend.<br />

es wirkt wie das lautstarke<br />

Verhöhnen der armut und zugleich<br />

als vollkommene karikatur des westlichen<br />

Lebensstils. es ist perfekt in-<br />

27


szenierter starkult, der aus nichts<br />

als eigenwerbung besteht. niemand<br />

will hier nur bescheidene fünfzehn<br />

Minuten berühmt sein. wenigstens<br />

so bekannt wie nivea-creme muss<br />

man sein, so unverwechselbar wie<br />

ein Päckchen Marlboro.<br />

So Bekannt Wie niveacreMe<br />

MuSS Man Sein,<br />

unverWechSelBar Wie<br />

MarlBoro.<br />

in bestem fummel auf einem sofa<br />

lümmelnd zählt Gadoukou la star<br />

geduldig seine investitionen für die<br />

perfekte ivorische inszenierung auf:<br />

Musik komponieren, ein studio mieten,<br />

die Musik „piratisieren” lassen,<br />

sie also umsonst ins internet stellen,<br />

die dJs „bestechen”, damit sie in<br />

den Grand Maquis die titel spielen,<br />

überall für sich spendable reklame<br />

machen und das Glück haben, im<br />

fernsehen aufzutreten, damit endlich<br />

ein großes Konzert stattfinden<br />

kann, das einen teil der unkosten<br />

wieder reinbringt. es ist vor allem<br />

der ruhm, der abfällt, der all das<br />

aufwiegt, worauf europa seine Langeweile<br />

begründet: ausgeglichene<br />

haushalte, unauffällige Gleichheit,<br />

Bürgerruhe, traditionelles Ballett,<br />

zeitgenössische tanzverweigerung.<br />

Ganz abidjan dagegen, so scheint es<br />

mitten in der nacht in den heißen<br />

Vierteln von Yopougon, ist ein gewaltiger<br />

tanzwettbewerb, eine große<br />

feier des ich, ein narzisstisches spiel<br />

wie vor den spiegeln in den Maquis<br />

der rue Princesse. kein einziges Mal<br />

trennen sich dort die tanzenden<br />

Mädchen von ihrer eigenen schönheit.<br />

„spiegel”, sagt franck, „dienen<br />

bei euch zur kontrolle, uns beweisen<br />

sie, dass wir stolz sein können.”<br />

Längst hat Gadoukou la star eine<br />

doppelkarriere als schauspieler in<br />

deutschland, wo er franck edmond<br />

Yao heißt. Monika Gintersdorfer,<br />

die Regisseurin, filmte ihn bei einem<br />

Gastauftritt in einem hamburger<br />

nachtclub. sie kennt die szene in<br />

abidjan wie ihre westentasche. dabei<br />

wäre sie fast eine ganz normale<br />

regisseurin am deutschen stadtthe-<br />

ater geworden, lauter erstaufführungen<br />

junger autoren bis hin zu den<br />

salzburger festspielen, die statt zum<br />

höhepunkt zur endstation dieser<br />

Literatur-inszenierungen wurden.<br />

zum Glück. es folgte ein Jahr mit<br />

hundert aktionen, die den gesicherten<br />

rahmen verließen. in einer aktion<br />

namens „ausziehen” zerschmetterte<br />

sie in hamburg eine wohnung,<br />

lernte beim Brunnengraben an der<br />

alster den bildenden künstler knut<br />

klaßen kennen und verliebte sich an<br />

die elfenbeinküste. seitdem ist sie<br />

Übersetzerin, von theater in tanz,<br />

von afrika in europa, von wahrheit<br />

in wirklichkeit.<br />

Übersetzen heißt: sich einem<br />

wettbewerb stellen, sich von einem<br />

vollkommen trainierten körper, der<br />

überquillt von tanzlust, Bewegungsschärfe,<br />

Variantenwitz, nicht abhängen<br />

zu lassen. und es als europäer<br />

auch mal aushalten zu können, dass<br />

unsere todsünden, eitelkeit, neid,<br />

Gier, sämtlich afrikanische tugenden<br />

sind. Übersetzerin zu sein ist<br />

für Monika Gintersdorfer nicht das<br />

erklären einer afrikanischen kultur,<br />

die mit tanz redet. es gibt stattdessen<br />

in ihrer bekannten serie „Logobi”<br />

eine völlig angstlose konfrontation<br />

der ivorischen tänzer Gotta depri<br />

und franck edmond Yao mit je einem<br />

deutschen Übersetzer, einem schauspieler,<br />

tänzer oder choreografen.<br />

diese Pas de deux werden auf augenhöhe<br />

übersetzt, ohne gleich Gleichheit<br />

zu fordern. es werden schritte<br />

erklärt, ohne Pädagogik. es werden<br />

fremde welten geöffnet, ohne sie<br />

zu besetzen. Übersetzen heißt nicht:<br />

aneignen. sondern im fremden die<br />

Freiheit der eigenen Sprache zu finden.<br />

die der ivorer. und auch die der<br />

deutschen.<br />

arnd WeSeMann ist redakteur<br />

der zeitschrift „tanz”.<br />

28<br />

ElEganz ist<br />

kEin VErbrEchEn<br />

von Gintersdorfer/Klaßen<br />

Premiere am 24. september <strong>2010</strong> im theater unten<br />

dies ist die perfekte show! dieses theater ist reich, ist international,<br />

ist glamourös, virtuos und elegant. das ivorischdeutsche<br />

ensemble entwickelt mit seiner sprache, seinem<br />

Gesang und seinen tanzenden körpern einen funkelnden<br />

abend. hier geht es nicht um die perfekte Länge oder die<br />

perfekte dramaturgie. die schauspieler und tänzer aus<br />

<strong>Bochum</strong> in deutschland in europa und aus abidjan an<br />

der elfenbeinküste in afrika zeigen, welche texte, welche<br />

themen eine „perfekte show“ braucht. es geht in diesem<br />

abend nicht um illusionen, nicht um Parodien oder Verstellungen,<br />

es geht um schillernde Behauptungen und eine<br />

spekulative wirklichkeit. die show wird zu einer Verständigung<br />

zwischen kulturen jenseits der plattgetrampelten<br />

Pfade politischer korrektheit, die uns in unsere eigenen<br />

widersprüche verwickelt, indem sie mit Vorurteilen aufräumt<br />

und sie gleichzeitig zementiert.<br />

Regie: Monika Gintersdorfer<br />

Bühne und Kostüme: Knut Klaßen<br />

Dramaturgie: Olaf Kröck<br />

Mit: friederike Becht, Jean claude dagbo alias dJ Meko,<br />

hauke heumann, franck edmond Yao alias Gadoukou la<br />

star<br />

Monika Gintersdorfer<br />

wurde 1967 geboren. Sie studierte Germanistik und Theater-,<br />

Film- und Fernsehwissenschaft in Köln und Regie in Hamburg.<br />

2000 bis 2004 inszenierte sie am Hamburger <strong>Schauspielhaus</strong>,<br />

an den Münchner Kammerspielen und bei den<br />

Salzburger Festspielen. 2002 erhielt sie für ihre Inszenierung<br />

„Bedbound“ von Enda Walsh den Gertrud-Eysold-Preis. Seit<br />

2005 arbeitet sie regelmäßig mit dem ivorischen Choreografen<br />

und Tänzer Franck Edmond Yao und dem bildenden Künstler<br />

Knut Klaßen. Ihre Produktion „Othello, c’est qui“ wurde mit<br />

dem Jury-Preis des Impulse Festivals 2009 ausgezeichnet. Im<br />

April <strong>2010</strong> veranstaltete sie unter dem Titel „Rue Princesse“<br />

ein ivorisch-deutsches Festival in Abidjan.<br />

franck edMond Yao<br />

aliaS Gadoukou la Star<br />

wurde in Abidjan in der Elfenbeinküste geboren. Dort studierte<br />

er Tanz und Schauspiel. Von 2003 an gewann er in vier<br />

aufeinander folgenden Jahren den African Award als bester<br />

afrikanischer Tänzer in Paris. Seit 2005 arbeitet Franck Edmond<br />

Yao mit Gintersdorfer/Klaßen. 2008 veröffentlichte er<br />

sein Debüt-Album „Couper Décaler“ als Gadoukou la Star<br />

und wurde damit zum Shootingstar der ivorischen Popmusik.<br />

Franck Edmond Yao lebt in Paris und Abidjan.


david Bösch — ein FotoalBuM<br />

david Bösch wird leitender Regisseur am schauspielhaus <strong>Bochum</strong>. in<br />

<strong>Bochum</strong> hatte er mit acht Jahren sein erstes theatererlebnis, allerdings<br />

nicht im schauspielhaus, sondern bei „starlight express“. am<br />

schauspielhaus hat er dann seine erste große inszenierung gemacht,<br />

„zum ersten Mal richtig theater, in einer Guckkastenbühne mit<br />

allem, was dazu gehört“: Romeo und Julia. das war vor sechs Jahren.<br />

inzwischen hat er in essen, hamburg, Zürich, Wien und Berlin gearbeitet.<br />

Jetzt freut er sich darauf, zurückzukehren und richtig anzufangen<br />

an diesem Haus. Erstmal hat er es fotografiert, von innen, in den<br />

ecken, die man als Zuschauer sonst nicht zu Gesicht bekommt.<br />

Fotos und text: david Bösch<br />

30


david Bösch — ein FotoalBuM<br />

31


david Bösch — ein FotoalBuM<br />

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david Bösch — ein FotoalBuM<br />

33


david Bösch — ein FotoalBuM<br />

34


Der Sturm<br />

von William Shakespeare<br />

Premiere am 25. september <strong>2010</strong> im schauspielhaus<br />

er muss für ordnung sorgen. das ist sein Ziel und dafür ist<br />

er bereit alles zu tun, was in seiner Macht steht. Jahrzehnte<br />

verbringt er auf einer einsamen insel, gemeinsam mit seiner<br />

tochter t Miranda und zwei wilden Kreaturen, die er nur<br />

mühsam zu bändigen vermag. er schmiedet Pläne und verteidigt<br />

Moral und Gesetz in einer feindlichen Welt. dann<br />

kommt der tag, t an dem sein Plan in erfüllung gehen wird.<br />

es beginnt mit einem mächtigen sturm und noch weiß niemand,<br />

wen dieser sturm am ende hinwegfegen wird. als<br />

eine kleine Gruppe Gestrandeter plötzlich hilflos über die<br />

insel irrt, ändert das alles. ihr erscheinen bringt die sensible<br />

ordnung in Prosperos kleiner Welt ins schwanken.<br />

Selber vollkommen hilflos und orientierungslos setzen die<br />

schiffbrüchigen in der hermetischen inselgesellschaft neue<br />

sehnsüchte und Gefühle frei. die beiden wilden Geister,<br />

ariel und caliban, spüren, dass der Moment gekommen<br />

ist, sich zu befreien. Miranda, aufgewachsen an der seite<br />

der beiden Wilden, entdeckt den sanften Ferdinand. es ist<br />

für alle der Moment der Wahrheit, der Regeln außer Kraft<br />

setzt. dass sie spielbälle sind in Prosperos Plan, interessiert<br />

am ende niemanden mehr. Prospero muss sich eingestehen,<br />

dass er die Kontrolle verloren hat. nicht er nimmt<br />

Rache für widerfahrenes unrecht, es sind die anderen, die<br />

sich rächen an ihm und einer ordnung, die die Welt beherrschen<br />

wollte. doch die Welt ist anders, als er dachte.<br />

dieses grausame Märchen von shakespeare, sein letztes<br />

Werk, inszeniert david Bösch zu Beginn der spielzeit in<br />

<strong>Bochum</strong>.<br />

Regie: David Bösch<br />

Bühne: Dirk Thiele<br />

Kostüme: Meentje Nielsen<br />

Dramaturgie: Sabine Reich<br />

Mit: Manfred Böll, Florian lange, nicola Mastroberardino,<br />

Ronny Miersch, Bernd Rademacher, Felix Rech, henrik<br />

schubert, xenia snagowski, daniel stock, Werner strenger,<br />

Klaus Weiss<br />

david bösch<br />

Auch wenn David Bösch in den letzten Jahren viel in Essen am<br />

Schauspiel inszenierte, oder in Wien, Zürich und Frankfurt,<br />

wohnt er in <strong>Bochum</strong>, wo er in den nächsten Jahren wieder regelmäßig<br />

arbeiten wird. Geboren wurde er 1978 in Lübbecke/<br />

NRW, dann studierte er Regie an der Hochschule für Musik<br />

und Theater in Zürich. 2004 brachte er in <strong>Bochum</strong> „Romeo<br />

und Julia“ von Shakespeare auf die Bühne, 2005 eröffnete er<br />

die Intendanz von Anselm Weber am Schauspiel Essen mit seiner<br />

Inszenierung „Ein Sommernachtstraum“, 2006 gewann<br />

er mit „Viel Lärm um nichts“ (Thalia Theater Hamburg) den<br />

„Young Directors Award“ der Salzburger Festspiele. Aber nicht<br />

nur Shakespeare inszeniert er, er bringt Klassiker von Büchner,<br />

Hauptmann, Schiller und Goethe ebenso auf die Bühne<br />

wie zeitgenössische Stücke oder große Opern.<br />

35<br />

Die ratten<br />

von Gerhart Hauptmann<br />

Premiere am 28. Januar <strong>2011</strong> in den Kammerspielen<br />

nichts wünschen sich Frau John und ihr Mann sehnlicher<br />

als ein Kind, seit ihr albertchen drei Monate nach der Geburt<br />

gestorben ist. als Frau John mit der Zeit klar wird, dass<br />

ihre hoffnungen umsonst sind, lässt sie sich auf ein zweifelhaftes<br />

Geschäft ein: sie nutzt die lange abwesenheit ihres<br />

Mannes und kauft sich ein Baby. von v der verzweifelten<br />

hochschwangeren Pauline Piperkarcka, die drauf und dran<br />

war, sich in die spree zu stürzen. so scheint erstmal allen<br />

geholfen. stolz präsentiert Frau John ihrem Mann und der<br />

nachbarschaft das Kind. doch Pauline bekommt Gewissensbisse<br />

und verlangt ihren sohn zurück. da Frau John<br />

das Kind jedoch freiwillig nicht hergeben will, vertauscht<br />

es Pauline heimlich mit dem todkranken Kind der nachbarin.<br />

die tragische Geschichte der verzweifelten Mütter<br />

entwickelt sich zur verwechslungskomödie,v in der schließ-<br />

lich niemand mehr weiß, wer was vor wem geheim hält und<br />

welches Kind zu wem gehört.<br />

eine „Berliner tragikomödie“ t nennt Gerhart hauptmann<br />

sein stück, das er 1909 am höhepunkt seines Ruhmes<br />

fast zwanzig Jahre nach seinem skandaldebüt „vor vor v<br />

sonnenaufgang“ schrieb. hier ist versammelt, was unter<br />

dem titel naturalismus am ende des 19. Jahrhunderts die<br />

theatermittel radikal erneuerte: in einer verkommenen<br />

Mietskaserne, auf deren dachboden der arbeitslose theaterdirektor<br />

hassenreuther seinen Kostümfundus untergebracht<br />

hat, tummeln sich die Ratten und die kleinen<br />

leute, deren lebensdramen hauptmann auf die Bühne<br />

bringt. dass der theologiestudent erich spitta, der unbedingt<br />

schauspieler werden möchte und bei hassenreuther<br />

unterricht nimmt, als eine art alter ego hauptmanns auftritt<br />

und vehement fordert, dass es auf der Bühne genauso<br />

lächerliche Figuren wie im leben geben sollte, hält dem<br />

naturalismus den spiegel vor und erinnert daran, dass<br />

manchmal die dramen des echten lebens die bewegendsten<br />

sind.<br />

Regie: David Bösch<br />

Bühne: Patrick Bannwart


FadheL JaIbI — ICh Lebe In eInem sChIzophrenen Land<br />

Ich lebe<br />

in einem<br />

schizophrenen<br />

Land<br />

IntervIew: thomas Laue und anseLm weber<br />

Fotos: ChrIstIan roLFes<br />

37


adhel Jaibi, anders als viele Regisseure<br />

inszenierst du nur ein Stück im Jahr.<br />

sogar weniger! Ich produziere ein<br />

stück alle drei oder vier Jahre.<br />

Warum brauchst du so lange, um eine<br />

neue Produktion vorzubereiten?<br />

nach der premiere begleite ich zunächst<br />

die aufführungen meiner<br />

stücke, die an vielen orten der welt<br />

gezeigt werden. In jeder neuen arbeit<br />

bringe ich dann junge schauspieler,<br />

die zum ersten mal mit mir arbeiten,<br />

mit schauspielern zusammen,<br />

die mich seit 20 Jahren begleiten.<br />

so wird jede produktion zu einem<br />

neuen, komplizierten abenteuer. Ich<br />

versuche dabei jedes mal, das vorangegangene<br />

stück zu vergessen. mit jedem<br />

neuen thema ändere ich meine<br />

art zu arbeiten.<br />

Fängst du immer wieder bei Null an?<br />

man fängt nie bei null an. es ist immer<br />

eine Kontinuität und ein bruch<br />

zugleich. aber null nicht. auch wenn<br />

ich wollte, könnte ich nicht bei null<br />

anfangen.<br />

FadheL JaIbI — ICh Lebe In eInem sChIzophrenen Land<br />

Warum nicht?<br />

weil ich in meinem Gedächtnis,<br />

meinen Reflexen und dem, was ich<br />

bis jetzt gelernt oder erworben habe,<br />

dinge mit mir herumtrage, die nicht<br />

mehr auszulöschen sind. Ich habe,<br />

wie hoffentlich jeder Künstler, meine<br />

eigene welt, die mich schon sehr<br />

lange begleitet.<br />

Was beschäftigt dich in dieser Welt derzeit<br />

am meisten?<br />

die zukunft meiner tochter. sie ist<br />

einundzwanzig und lebt in paris.<br />

Warum lebt sie nicht in Tunesien?<br />

weil es einerseits notwendig war, sie<br />

ein bisschen von ihren eltern zu lösen.<br />

und weil das Leben in tunesien<br />

einen jungen menschen töten kann.<br />

Wie das?<br />

der horizont dort ist eingeschränkt.<br />

die türen und Fenster dieses Landes<br />

schließen sich immer mehr: die<br />

religiöse und moralische zensur, die<br />

zensur der medien, die zensur des<br />

ausdrucks. Ich möchte, dass meine<br />

Tochter dem entfliehen kann. Aber<br />

wenn ich davon spreche, dass meine<br />

größte sorge die zukunft meiner<br />

tochter ist, dann meine ich auch die<br />

zukunft überhaupt.<br />

Während wir hier reden, sollte zu Hause<br />

in Tunis eigentlich eine neue Produktion<br />

von dir zu sehen sein. Aber die<br />

Premiere am letzten Samstag hat nicht<br />

stattgefunden, weil dein Stück von der<br />

Zensurkommission nicht freigegeben<br />

wurde. Wie geht es nun weiter?<br />

als ich am montag in düsseldorf<br />

am Flughafen auf meine Koffer gewartet<br />

habe, rief mich der minister<br />

„Ich habe meIne eIgene<br />

Welt, dIe mIch, WIe hoffentlIch<br />

jeden Künstler,<br />

schon sehr lange<br />

begleItet.“<br />

an, der letzten donnerstag eine probe<br />

meines stückes gesehen hat. Ich<br />

wartete seit samstag, an dem eigentlich<br />

premiere sein sollte, auf diesen<br />

anruf. als er dann anrief, verlangte<br />

38


Wer unter<br />

bedIngungen<br />

theater macht<br />

WIe der tunesIsche<br />

regIsseur<br />

fadhel jaIbI,<br />

entWIcKelt<br />

vIele PersönlIchKeIten:<br />

er<br />

Ist eIner der<br />

schärfsten<br />

KrItIKer seInes<br />

landes und<br />

zugleIch eInes<br />

seIner WIchtIgstenaushängeschIlder.<br />

In jedem<br />

fall also eIne<br />

staatsangelegenheIt.<br />

eIn<br />

IntervIeW.


der Minister die Textfassung des<br />

stückes. nun ist es so, dass dieser<br />

minister früher selbst regisseur war.<br />

er kennt also die subversive Kraft des<br />

„Ich begreIfe mIch als<br />

unabhängIgen bürger<br />

und nIcht als Künstler.“<br />

bildes und es ist erstaunlich, dass<br />

er, obwohl er die aufführung schon<br />

kennt, jetzt auch noch den Text haben<br />

möchte. nun erwarte ich jeden<br />

moment seine entscheidung. es<br />

kann sein, dass das stück wegen des<br />

themas – es ist eine metapher auf das<br />

Leben in der derzeitigen tunesischen<br />

Gesellschaft – ganz verboten wird,<br />

weil er angst um sich selbst und seine<br />

stellung hat. vielleicht wird der<br />

minister aber auch nur Kürzungen<br />

verlangen, die ich aber nur bereit bin<br />

vorzunehmen, wenn sie nichts an der<br />

essenz des stückes verändern. wenn<br />

er die essenz berühren will, werde ich<br />

nein sagen. dann ist es mir lieber,<br />

dass das stück ganz verboten wird.<br />

dann müsste ich allerdings eine sehr<br />

schwere verantwortung tragen: die<br />

für 20 Familien, die von mir und dieser<br />

produktion abhängig sind.<br />

Würdest du dich unter diesen Arbeitsumständen<br />

als einen mutigen Mann<br />

bezeichnen?<br />

Ich bin nicht in der position, so<br />

etwas von mir zu behaupten. Ich<br />

begreife mich in erster Linie als unabhängigen<br />

bürger und nicht als<br />

Künstler. Ich habe nie Kunst um der<br />

Kunst willen gemacht, ich habe immer<br />

Ideen verteidigt, die dem tunesischen<br />

establishment und der tunesischen<br />

Nomenklatura missfielen. Ich<br />

bin seit vierzig Jahren regisseur und<br />

seltsamerweise hat man nur zweimal<br />

versucht, meine stücke zu verbieten.<br />

einmal unter präsident bourguiba<br />

und jetzt, viel radikaler, unter ben<br />

ali. warum erlaubt man mir in der<br />

regel, die stimme zu erheben? warum<br />

akzeptiert man, dass ich auf eine<br />

subversive art sehr kritisch bin? weil<br />

meine arbeit respektiert wird und<br />

weil behauptet wird, dass ich wichtige<br />

sachen auf intelligentere art und<br />

FadheL JaIbI — ICh Lebe In eInem sChIzophrenen Land<br />

weise sage als andere. und weil ich<br />

für die regierung auch eine art vorzeigekünstler<br />

bin, weil meine stücke<br />

auf der ganzen welt zu sehen sind.<br />

wenn man mir in tokio, in seoul, in<br />

berlin oder London die Frage stellt:<br />

„du lebst doch in einer diktatur?“,<br />

dann sage ich: „Ja“. und dann wird<br />

immer gefragt, ob das stück, das gerade<br />

gespielt wurde, in tunesien zensiert<br />

ist, und ich antworte: „nein“.<br />

man versucht, mich zu vereinnahmen<br />

und durch mich die Illusion zu<br />

erzeugen, dass ich in einer demokratie<br />

lebe. aber ich lebe in einem Land<br />

der schizophrenie: man toleriert im<br />

theater und im Kino durch mich und<br />

andere etwas, das im Fernsehen nie<br />

akzeptiert würde. Im Fernsehen bin<br />

ich seit zehn Jahren verboten. weder<br />

meine stücke noch meine Filme<br />

werden im tunesischen Fernsehen<br />

gezeigt. auch meine Interviews sind<br />

nur im arabischen oder westlichen<br />

Fernsehen zu sehen.<br />

Ist Tunesien in dieser Hinsicht besonders<br />

streng im Vergleich zu anderen<br />

nordafrikanischen Ländern?<br />

was die medien angeht, ist tunesien<br />

ein totalitäres Land. In marokko und<br />

algerien gibt es eine freie presse, wie<br />

wir sie in tunesien nicht haben. aber<br />

„man tolerIert Im theater<br />

und Im KIno durch<br />

mIch und andere etWas,<br />

das Im fernsehen nIe<br />

aKzePtIert Würde.“<br />

in tunesien haben wir eine Freiheit<br />

im tonfall, wie du sie weder in marokko<br />

noch in algerien und noch weniger<br />

in Libyen finden wirst. Aber das<br />

ist eine Freiheit, die sich der einzelne,<br />

das Individuum einräumt, und keine,<br />

die vom system vorgegeben wird.<br />

Wir sind immer im Konflikt mit dem<br />

system. meine Frau Jalila baccar und<br />

ich stehen auf einer roten Liste.<br />

Die Schizophrenie, die du für deine eigene<br />

Arbeit beschreibst, also einerseits auf<br />

einer roten Liste zu stehen und gleichzeitig<br />

aber auch ein Aushängeschild der<br />

Kultur zu sein, was bedeutet die für das<br />

40<br />

Land und für die Menschen, die in diesem<br />

Land leben und die nicht in so einer<br />

ausgestellten Situation sind wie du?<br />

mein Glück ist, dass meine arbeiten<br />

im ausland gezeigt werden. alle anderen<br />

werden auf der stelle erstickt.<br />

Leider haben nur wenige den mut,<br />

durch Kunst das zu sagen, was sie<br />

denken. Fast alle meine Freunde, die<br />

wie ich im ausland studiert haben,<br />

in rom, London oder paris, sind dem<br />

staat hörig, um bestimmte positionen<br />

und posten zu bekleiden. sie<br />

machen formales, oberflächliches<br />

oder historisches theater, um nicht<br />

über die realität zu sprechen. viele<br />

bleiben aus angst auch einfach zu<br />

hause.<br />

In den sechziger und siebziger Jahren<br />

hat Tunesien unter dem ersten unabhängigen<br />

Präsidenten Habib Bourguiba<br />

einen enormen Aufschwung erlebt.<br />

Bourguiba hat sich auch sehr um die<br />

Künstler und Intellektuellen des Landes<br />

gekümmert. Inzwischen ist seit fast 25<br />

Jahren Zine el-Abidine Ben Ali Präsident.<br />

Was hat sich verändert von Bourguiba<br />

zu Ben Ali? Und was hat sich für<br />

dich verändert?<br />

was bourguiba für tunesien getan<br />

hat, ist außergewöhnlich und einmalig<br />

im afrikanischen raum. auf der<br />

ebene der bildung, der Gesundheit,<br />

der Freiheit der Frau und der Kultur.<br />

er hat den Kulturdenkmälern, dem<br />

buchwesen, den medien und vor allem<br />

dem theater ein großes budget<br />

zur verfügung gestellt. er hat überall<br />

Kultur- und Jugendzentren eingerichtet.<br />

aber das alles tat er nur um<br />

seiner selbst willen. Für seine eigene<br />

ehre. aber auf der ebene der Freiheiten<br />

war er ein monster, ein düsterer<br />

diktator, schlimmer als Franco,<br />

schlimmer als Ceaus¸escu. wir waren<br />

zu der zeit noch sehr jung. aber<br />

schon damals versuchte man, uns zu<br />

vereinnahmen, weil unsere stücke<br />

von anfang an im maghreb und im<br />

mittleren orient sehr gefragt waren.<br />

die nomenklatura wollte sich unserer<br />

bedienen, um durch junge Künstler<br />

zu glänzen.<br />

Was hat sich unter Ben Ali dann verändert?<br />

Unter Ben Ali gab es eine exponentielle<br />

entwicklung von allem. das


heißt, es gibt immer mehr Leute auf<br />

dem markt, immer mehr Kunstschaffende,<br />

immer mehr techniker,<br />

schauspieler, im theater wie im Film.<br />

er hat das budget für Kunst nochmal<br />

erhöht, so dass jetzt 1,5 prozent des<br />

staatshaushalts für Kunst ausgegeben<br />

wird. das ist für die arabische<br />

welt äußerst ungewöhnlich.<br />

Heißt das, dass sich die Situation unter<br />

Ben Ali verbessert hat?<br />

nein! absolut nicht! auch bei ben<br />

ali wird dieses Geld für seine eigene<br />

ehre und die ehre seines staates<br />

eingesetzt und manchmal gibt es<br />

dann ein paar Krümel für unabhängige<br />

Künstler, wie wir es sind, in der<br />

hoffnung, etwas davon zurückzuerhalten.<br />

aber ben ali ist ein diktator<br />

und die Freiheiten waren noch nie so<br />

eingeschränkt wie jetzt. durch ben<br />

„es Ist verboten, den<br />

PräsIdenten zu KrItIsIeren.<br />

Ihn und seIne famIlIe,<br />

dIe famIlIe seIner<br />

frau, Ihre brüder und<br />

schWestern, dIe mafIa.“<br />

ali sind wir auf der roten Liste und<br />

dürfen nicht im Fernsehen auftreten.<br />

durch ben ali sind wir zensiert,<br />

noch mehr als unter bourguiba.<br />

Was hat diese Diktatur, die du beschreibst,<br />

für einen Charakter? Ist es<br />

eine religiöse Diktatur, wie wir sie aus<br />

anderen arabischen Ländern kennen?<br />

nein, sie ist fast ausschließlich politischer<br />

natur. es ist verboten, den<br />

präsidenten zu kritisieren. Ihn und<br />

seine Familie, die Familie seiner<br />

Frau, ihre brüder und schwestern,<br />

die Mafia. Es ist verrückt. Ich denke,<br />

dass tunesien das Land auf dieser<br />

welt mit den meisten polizisten ist.<br />

wenn du auf der avenue bourguiba<br />

in tunis spazieren gehst, steht alle<br />

zehn meter ein polizist, in uniform<br />

oder zivil. es herrscht die totale paranoia.<br />

sie glauben, dass es alle zehn<br />

meter ein attentat geben könnte. die<br />

theater, die stadien, die moscheen,<br />

die straßen sind voll von polizisten.<br />

wenn ich 500 zuschauer in einem<br />

FadheL JaIbI — ICh Lebe In eInem sChIzophrenen Land<br />

saal habe, sind mindestens 50 von<br />

ihnen polizisten. es ist völlig wahnsinnig.<br />

es geht so weit, dass die tunesier<br />

selber zu polizisten werden. es ist<br />

eine terrorherrschaft. ben ali hat die<br />

Liga der menschenrechte verboten.<br />

er hat alle parteien der opposition<br />

verboten und die zivilgesellschaft<br />

zerstört.<br />

Welche Auswirkungen hat das auf das<br />

Leben der normalen Menschen, die<br />

eben nicht die Möglichkeit haben, sich<br />

künstlerisch auszudrücken?<br />

es gibt mindesten zwei arten von<br />

tunesiern im Land. viele sind wie<br />

du und ich. sie sind die Kinder von<br />

bourguiba und erben des französisch-<br />

und englischsprachigen<br />

raums. Laizisten und republikaner,<br />

die eigentlich bürger der welt sind.<br />

die an Freiheit, demokratie und<br />

menschenrechte glauben. daneben<br />

existiert ein Land, das religiös und<br />

konservativ ist. dieses Land zieht<br />

sich immer mehr auf sich selbst zurück.<br />

seit dem 11. september und<br />

den diskursen, die dieses datum mit<br />

sich gebracht hat, wegen der medien<br />

und des arabischen Fernsehens, wegen<br />

Israel und der probleme in palästina,<br />

aber auch wegen des westens,<br />

der sich immer mehr verschließt,<br />

gibt es Leute, die sich radikalisieren.<br />

Innerhalb einer einzigen Familie gibt<br />

es so den progressiven vater und<br />

den konservativen sohn. es gibt die<br />

progressive tochter und die konservative<br />

mutter. Innerhalb dieser Familien<br />

herrschen ständig Konflikte.<br />

Die gleichen Konflikte findet man<br />

in der schule, auf der straße und<br />

in den büros. und sogar unter der<br />

herrschenden Klasse. Ich habe das<br />

bei meinem stück „Corps otages“<br />

miterlebt. minister und abgeordnete<br />

aus der gleichen und einzigen partei<br />

stritten sich darum, was mit mir zu<br />

tun sei. sollte man mir mein visum<br />

geben oder mich eher ins Gefängnis<br />

stecken? man braucht mich. die, die<br />

nicht für mich sind, sind nicht unbedingt<br />

gegen mich. das ist schizophren.<br />

Was bedeutet es für dich, in Europa, in<br />

Deutschland zu arbeiten?<br />

Ich denke nicht: ich werde zu hause<br />

unterdrückt, also werde ich es aus-<br />

41<br />

nutzen, im westen zu sein, um endlich<br />

zu sagen, was ich denke. was ich<br />

euch jetzt gerade erzähle, könnte ich<br />

genau so gut in tunesien erzählen.<br />

deshalb spreche ich auch nicht gerne<br />

von mut. Ich wurde nie bedroht<br />

oder verhaftet. reporter werden abgewehrt,<br />

wenn ich komme, und Kameras<br />

werden zerstört, und jedes mal<br />

erwarte ich, dass mir etwas angetan<br />

wird. dass man meine Frau angreift<br />

oder meine tochter entführt. aber<br />

nein, nie passiert etwas. aber ich lebe<br />

trotzdem in dieser paranoia. wenn<br />

ich nach europa komme, ist das für<br />

mich erstmal ein menschliches und<br />

künstlerisches aufatmen. aber die<br />

„medea“, die hier entstehen wird,<br />

wäre die gleiche, wie wenn ich alleine<br />

in tunesien beschlossen hätte,<br />

„medea“ zu produzieren.<br />

Wir haben dich eingeladen, in <strong>Bochum</strong><br />

zu inszenieren, auch weil uns<br />

die Konfrontation mit einem fremden<br />

Blick interessiert. Wie schaust du auf<br />

Deutschland und sein eurozentristisches<br />

Weltbild?<br />

erstmal denke ich, dass ich mit all<br />

meinen eigenarten hierher komme.<br />

Ich entwickele ja selbst eine doppelte<br />

Identität: zur hälfte bin ich araber,<br />

also aus einer muslimischen Kultur,<br />

obwohl ich atheist bin. das ist meine<br />

mediterrane, meine afrikanische<br />

Identität. aber ich bin auch, ob ich<br />

will oder nicht, die Kreuzung von 33<br />

„Wenn Ich 500 zuschauer<br />

In eInem saal habe,<br />

sInd mIndestens 50 von<br />

Ihnen PolIzIsten.“<br />

völkern, die tunesien im Laufe der<br />

Geschichte besetzt haben. zusätzlich<br />

habe ich das Glück, dass ich reisen<br />

kann. mein theater und meine Filme<br />

reisen um die welt. Ich arbeite<br />

überall und lerne dadurch auf der<br />

ganzen welt Künstler kennen. wenn<br />

ich ein stück in europa inszeniere,<br />

tue ich das mit den gleichen ansprüchen,<br />

mit denen ich zu hause inszeniere.<br />

als ich vor fast zehn Jahren in<br />

deutschland „araberlin“ inszeniert<br />

habe, gab es deswegen viele ausein-


andersetzungen. mit den schauspielern,<br />

dem dramaturgen, mit einem<br />

bestimmten publikum und mit einer<br />

bestimmten presse. Ich habe gelernt,<br />

dass es überall totalitäres und konservatives<br />

denken und auch Intoleranz<br />

gibt, in jedem Land. warum das<br />

Ganze? weil „araberlin“ sich getraut<br />

„man braucht mIch. dIe,<br />

dIe nIcht für mIch sInd,<br />

sInd nIcht unbedIngt<br />

gegen mIch. das Ist<br />

schIzoPhren.“<br />

hat, den deutschen zu sagen, dass es<br />

ihnen schwer fällt, sich von ihren alten<br />

rassistischen dämonen zu trennen.<br />

wenn ihr nach einem palästinensischen<br />

terroristen fahndet oder<br />

nach jemandem, den ihr dafür haltet,<br />

vergesst ihr, dass ihr mit baader<br />

meinhof das gleiche gekannt habt.<br />

Ihr urteilt über uns, und wir urteilen<br />

auch. versuchen wir also gemeinsam<br />

durch die Kunst uns ein bisschen<br />

besser zuzuhören. es war eine unglaubliche<br />

erfahrung, in der wir die<br />

Komplexität und die Widersprüche<br />

deutschlands entdeckt haben.<br />

Du lebst in Tunis, hast aber noch ein<br />

Haus an der Küste. Denkst du manchmal<br />

daran, dich dorthin zurückzuziehen<br />

und dich nur noch um deine Olivenbäume<br />

zu kümmern?<br />

nein. nach all der arbeit träume ich<br />

davon, mehr als nur ein wochenende<br />

dort zu verbringen. aber nach<br />

einem wochenende muss ich sofort<br />

die arbeit wieder aufnehmen.<br />

Wer kümmert sich dann um die Olivenbäume?<br />

Ich habe einen Gärtner.<br />

Wenn du also über die Zukunft deiner<br />

Tochter nachdenkst, was glaubst du,<br />

wie diese Zukunft aussieht?<br />

dieses schizophrene Land hat auch<br />

aus mir einen schizophrenen gemacht.<br />

Ich weiß heute selber nicht,<br />

was ich meiner tochter sagen soll:<br />

bleib im westen oder komm zurück<br />

nach tunesien. Ich wäre sehr unglücklich,<br />

wenn sie im westen blei-<br />

ben würde. und ich hätte angst um<br />

sie, wenn sie nach tunesien zurückkehren<br />

würde.<br />

aus dem FranzÖsIsChen von aLmut pape<br />

fadhel jaibi<br />

wurde 1945 geboren. Er hat in den<br />

1960er und 70er Jahren an der Sorbonne<br />

und an der Université Internationale<br />

du Théâtre in Paris studiert.<br />

Anschließend ist er wieder in sein Heimatland<br />

Tunesien zurückgekehrt, wo er<br />

seitdem als Regisseur und Filmemacher<br />

arbeitet. In Tunis leitet er seit 1993 die<br />

Theater- und Filmcompagnie „Familia<br />

Productions“ und gilt als einer der<br />

profiliertesten, aber auch streitbarsten<br />

Künstler des Landes. Seine Inszenierungen,<br />

für die er mit seiner Frau, der<br />

Schauspielerin Jalila Baccar, meist auch<br />

die Texte schreibt, entstehen in der Regel<br />

in einer sehr intensiven und langen<br />

Proben- und Improvisationsphase gemeinsam<br />

mit dem Ensemble. Seine Arbeiten<br />

werden im gesamten arabischen<br />

Raum gezeigt, unter anderem in Beirut,<br />

Damaskus und Kairo. Zunehmend<br />

sind seine Arbeiten auch als Gastspiele<br />

in Europa zu sehen, unter anderem in<br />

Holland, Spanien, Portugal und Frankreich.<br />

„Junun“ entstand 2002 mit dem<br />

Festival Avignon, seine Produktion<br />

„Khamsoun“, eine Auseinandersetzung<br />

mit dem modernen Islam, 2006 als Koproduktion<br />

mit dem Theater l’Odeon in<br />

Paris und war anschließend weltweit<br />

auf Festivals zu sehen.<br />

Im April <strong>2010</strong> sollte in Tunis seine<br />

aktuelle Inszenierung Premiere haben,<br />

zum Zeitpunkt des Gesprächs war sie<br />

aber noch nicht von der tunesischen<br />

Zensurkommission freigegeben.<br />

42


43<br />

Medea<br />

in einer Bearbeitung<br />

von Jalila Baccar und Fadhel Jaibi<br />

premiere am 8. oktober <strong>2010</strong> in den Kammerspielen<br />

wenn wir den namen medea hören, denken wir sofort an<br />

die ganz großen Gefühle und ihre tragischen Folgen: an<br />

Kindsmord und eifersucht, an hass und raserei. schon<br />

deswegen gehört ihre Geschichte bis heute zu den bekanntesten<br />

mythen der griechischen antike. aber medea<br />

ist auch die sehr gegenwärtige Geschichte einer doppelten<br />

Fremdheit: einer jungen Frau, die ihre heimat verlässt, weil<br />

sie sich dort, wo sie lebt, fremd fühlt, und statt zu bleiben,<br />

lieber dem mann folgt, den sie liebt: Jason. und die dort,<br />

wo Jason lebt, wieder fremd ist, als barbarin verschrien<br />

und als ungläubige verunglimpft. Kompliziert wird die<br />

Geschichte dadurch, dass auch Jason doppelt fremd ist: In<br />

medeas heimat gilt er als eindringling, als ungläubiger und<br />

als Fanatiker, der gekommen ist, um die Kultur des Landes<br />

zu zerstören und mit dem Goldenen vlies das heiligste zu<br />

rauben. und zu hause ist er ebenfalls fremd, weil er nicht<br />

alleine zurückkommt, sondern medea mitbringt, die andersartige,<br />

die nicht dazu gehört und so sehr auf den bräuchen<br />

und Kulturen ihres Landes beharrt. alles eine Frage<br />

der perspektive also. der tunesische regisseur Fadhel Jaibi<br />

wagt den versuch eines perspektivwechsels und erzählt mit<br />

einem deutschen ensemble und der autorin Jalila baccar<br />

seine überraschend nahe version einer fremden medea.<br />

Regie: Fadhel Jaibi<br />

Bühne: Kaïs Rostom<br />

Kostüme: Gerhard Gollnhofer<br />

Licht: Yvan Labasse<br />

Dramaturgie: Thomas Laue<br />

mit: dunja dogmani, mandana mansouri, marco massafra,<br />

matthias redlhammer, nadja robiné, stephan ullrich


MITTELMEER<br />

BEWOHNER<br />

MITTELMEERBEWOHNER — MuSTApHA CHERIF<br />

papst Benedikt der XVI. lud Mustapha<br />

Cherif 2006 ein zu einem Gespräch<br />

über das Verhältnis der Religionen<br />

in Europa, als der sogenannte „Clash<br />

of Civilizations“ heiß diskutiert wurde.<br />

„Der Clash der Kulturen“ ist<br />

ein Begriff des uS-amerikanischen<br />

politikwissenschaftlers Samuel phillips<br />

Huntington, der einen dauerhaften<br />

Kampf insbesondere von Christentum<br />

und Islam behauptet.<br />

Dem gegenüber erinnert der algerische<br />

philosoph und Soziologe Mustapha<br />

Cherif an die gemeinsamen<br />

Wurzeln von Okzident und Orient.<br />

Westen und Osten, oder anders gesagt,<br />

der Norden und Süden Europas,<br />

haben sich schon immer in einem<br />

engen und fruchtbaren Austausch<br />

entwickelt. Es waren die Kulturen des<br />

Mittelmeerraumes, die von Andalusien<br />

ausgehend bis in den Maghreb<br />

eine erste Idee von Europa formulierten.<br />

Er ruft auf zu einem Dialog,<br />

der sich erinnert und auf die Suche<br />

begibt nach einer Kultur Europas, die<br />

noch fehlt.<br />

44<br />

TEXT: MuSTApHA CHERIF<br />

Dialog der Kulturen, diese Worte sind so abgenutzt, dass<br />

ihr Gebrauch suspekt erscheint. Bezeichnen sie nicht in<br />

einem Kontext, in dem Zynismus, Grausamkeit, Arroganz<br />

und Doppelzüngigkeit banalisiert werden, den Versuch,<br />

die Hegemonie zu rechtfertigen, deren Gesetz in<br />

der zunehmenden Konzentration des Reichtums und der<br />

Entscheidungsinstrumente besteht? Aber der, der sich als<br />

Mittelmeerbewohner und Erbe des andalusischen Geistes<br />

versteht, kennt den wahren Wert dieses Begriffes, der die<br />

Begegnung der Kulturen, die sich dennoch nicht vereinen,<br />

meint. Heute sind die zwei Welten durchdrungen und verflochten.<br />

Goethe, Hegel und Hölderlin, genau wie Averroès,<br />

Rumi und Ibn Arabi, sie alle wussten, dass der Islam<br />

Teil des Okzidents ist.<br />

Ein Dialog ist immEr auch Ein<br />

Dialog mit sich sElbst.<br />

Es braucht immEr DEn anDErEn, um<br />

DEn EigEnEn horizont zu öffnEn.<br />

So haben sich einstmals die Kulturen und Völker des Orients<br />

und des Okzidents gemischt. Warum sind wir heute<br />

nicht in der Lage, uns unsere Völker als einen Schmelztiegel<br />

vorzustellen, der eine Kultur, noch unbekannt und unvorhersehbar,<br />

hervorbringt? Die Globalisierung birgt die<br />

Chance, Raum für eine gemeinsame Sinngebung zu schaffen.<br />

Ich habe mich dieser Überzeugung verschrieben und<br />

daran glaube ich. Im Angesicht der Hegemonialstrategie<br />

und des Wiedererstarkens fremdenfeindlicher Strömungen<br />

sind Dialog, Annäherung und Öffnung der Kulturen umso<br />

wichtiger. Der Ausweg aus der moralischen Krise führt über<br />

den Dialog. Man spricht nicht miteinander, um dem anderen<br />

sein Gesetz aufzuzwingen. Ein Dialog ist nicht nur<br />

eine Begegnung von Fremden oder Gegnern. Ein Dialog ist<br />

immer auch ein Dialog mit sich selbst. Wir brauchen den<br />

anderen, um den eigenen Horizont zu öffnen.<br />

„DiE WahrhEit DEs glaubEns kann<br />

niEmals im WiDErspruch sEin zur<br />

WahrhEit DEr VErnunft.“<br />

Seit 1993 und schon vor den Attentaten des 11. Septembers<br />

waren die Theorien über den Clash der Kulturen zwischen<br />

der muslimischen Welt und dem Westen Ausdruck der Erfindung<br />

eines neuen Feindes. Sie wurden 1989 nach dem<br />

Fall der Berliner Mauer zur offiziellen Theorie. Die Islamfeindlichkeit<br />

ist eine Täuschung, die schon vor dem Terrorismus<br />

der Schwachen bestand. Das Konzept der „Kultur“


verbirgt die Widersprüche des vorherrschenden Systems<br />

und reduziert die Spannungen auf kulturelle Fragen. Die<br />

Islamfeindlichkeit im Norden und die entsprechenden<br />

Strömungen im Süden stellen angesichts jahrhundertelanger<br />

fruchtbarer Beziehungen verkürzte Sichtweisen<br />

dar. Sie verleugnen die Verbindungen zwischen dem „Griechen“<br />

und dem „Araber“, zwischen dem „Juden“ und dem<br />

„Araber“, zwischen dem „Römer“ und dem „Araber“. Werturteile<br />

werden gebildet, die die Vielfalt negieren und imaginäre<br />

Gegensätze schaffen: Jesus und Mohammed, Orient<br />

und Okzident, Islam und Christentum, Barbaren und<br />

Zivilisierte, rationaler Westen und emotionale Araber.<br />

Der Okzident wurde sowohl jüdisch-islamisch-christlich<br />

als auch griechisch-arabisch geprägt. Der Monotheismus<br />

und der gemeinsame Raum des Mittelmeeres sind<br />

unsere gemeinsamen ursprünge. Man kann den Humanismus,<br />

das heißt die Frage „Was ist der Mensch?“, ohne<br />

den Dialog mit anderen Kulturen nicht verstehen. „Der<br />

Humanismus denkt nicht hoch genug über die ,humanitas’<br />

des Menschen“, so Martin Heidegger. Die Kultur des<br />

Humanismus ist nicht sichtbar. Es geht nicht darum, auf<br />

das Religiöse als eine Lösung zurückzugreifen, sondern<br />

drei punkte zu sehen:<br />

1. Der andere trägt dazu bei, zu verstehen, was „Menschsein“<br />

bedeutet,<br />

2. sich einem gemeinsamen Horizont zu öffnen hat wenig<br />

zu tun mit den Gefahren, denen geschlossene Systeme<br />

Freiheit und Menschenwürde aussetzen und<br />

3. ein Zusammenleben ist möglich.<br />

Wie es Averroès ausdrückt: „Die Wahrheit des Glaubens<br />

kann niemals im Widerspruch sein zur Wahrheit der Vernunft.“<br />

Es dominiert die Täuschung eines Clashs der Kulturen<br />

und sie nährt sich aus der Hegemonie des Nordens und<br />

den subjektiven Reaktionen des Südens. politiker, Intellektuelle<br />

und die Medien drängen dem Norden eine negative<br />

Debatte auf über den Islam, den propheten und die muslimischen<br />

Bürger in den Städten Europas und dem Süden<br />

drängen sie eine Debatte über den Okzident auf. Doch die<br />

zentrale Stellung des Mittelmeerraumes erfordert, dass<br />

man sich nicht nur auf technische projekte beschränkt.<br />

Ohne die politische und kulturelle Dimension ist die partnerschaft<br />

um wesentliche Teile verkürzt.<br />

Europa: hEimgEsucht Vom<br />

gEspEnst DEr rEligion<br />

Der Westen wurde im Grunde seit mehr als zweitausend<br />

Jahren von kulturellen umbrüchen geprägt. Es lohnt, sich<br />

die Säkularisierung, die als prozess von Europa monopolisiert<br />

wurde, zu hinterfragen. Religiösen Dogmatismus<br />

durch den Dogmatismus des Laizismus zu ersetzen, ist keine<br />

Lösung. Es setzen zwar nicht alle Europäer den Islam<br />

mit Fanatismus gleich, aber in weit verbreitetem unwissen<br />

betrachtet man den „Moslem“ als einen Gläubigen, der<br />

sich dem modernen Wertesystem verschließt. Moslems<br />

MITTELMEERBEWOHNER — MuSTApHA CHERIF<br />

Fragen zu stellen, ist legitim. Wir akzeptieren Kritik bezüglich<br />

problematischer Verhaltensweisen, aber keine Verallgemeinerungen.<br />

Das Licht der Aufklärung, das instrumentalisiert wurde,<br />

erleuchtete nicht alle Menschen. Wenn Fragen wie „Wie<br />

lernt man zu leben?“, „Was ist der Mensch?“, „Welchen<br />

Sinn dem Leben geben?“ gestellt werden, verweigert man<br />

uns das Recht, Formen der modernen Kultur zu kritisieren.<br />

Die Europäer fragen nach dem Zustand der muslimischen<br />

Welt: Es gibt Debatten über Reformen, pluralismus und<br />

gute politische Führung. Es ist nicht islamfeindlich, diese<br />

Fragen zu stellen. Aber im Gegensatz zu dem, was Nicht-<br />

Moslems denken könnten, existiert eine Islamfeindlichkeit,<br />

in der es der Moslem ist, der, wie vormals der Jude,<br />

verurteilt wird. Heimgesucht vom Gespenst der Religion<br />

wird Europa von zwei Bewegungen bestimmt: von dem Bemühen,<br />

Integration zu fördern und von einer verkrampften<br />

Haltung gegenüber den muslimischen Mitbürgern, die<br />

ihre Religion überwiegend friedlich ausüben.<br />

Das licht DEr aufklärung<br />

ErlEuchtEtE nicht allE mEnschEn<br />

Es stimmt nicht, dass der gesamte Westen „muslimisch“<br />

mit „fanatisch“ gleichsetzt, aber die propagandisten, um<br />

ihre Defizite und ihre Schande zu verbergen, lassen uns<br />

glauben, dass der Islam eine Quelle der Gewalt sei. Diese<br />

propagandisten „machen“ den Terror und die „Terroristen“<br />

und manipulieren sie, um Angst zu erzeugen und um die<br />

Besetzung und Vormachtstellung zu rechtfertigen. Chaos,<br />

ungerechtigkeit und eine politik wie in palästina, die mit<br />

zweierlei Maß misst, widersprechen den prinzipien, die der<br />

Norden selbst predigt. Im Kontext der brutalen präsenz<br />

fremder Soldaten auf islamischem Boden – 20 Mal zahlreicher<br />

als während der Kreuzzüge, wobei auf einen getöteten<br />

westlichen Soldaten oder einen getöteten Israeli 100 getötete<br />

Moslems kommen, die überwiegend Zivilisten sind –<br />

stellt sich eine Frage: Wie lange noch werden ungerechtigkeit<br />

und Aggression andauern, die im Süden Verzweiflung,<br />

Extremismus und eine Kultur der Wut hervorbringen und<br />

Angst im Norden erzeugen? Anstatt von Zusammenprall<br />

und Teilung zu sprechen, wäre es dringend an der Zeit, gemeinsam<br />

über die ursachen nachzudenken.<br />

Das unverständnis dominiert und die öffentliche Meinung<br />

erschöpft sich darin, nur noch die Gewalt des anderen<br />

zu sehen, obwohl sie nichts weiß über ihre Gründe.<br />

Natürlich nimmt die ganze Welt wahr, zu welchem Extremismus<br />

die fanatische Ausprägung bestimmter „Anhänger“<br />

einer großen Religion wie des Islam führen kann.<br />

Dabei handelt es sich aber um Archaismen. Der Missbrauch<br />

des Namens des Islam ist unentschuldbar und „der<br />

Moslem ist manchmal eine Manifestation gegen seine Religion“,<br />

wie es vor einem Jahrhundert Emir Abdelkader El<br />

Djazairi formulierte. Aber dies ist, wie es Hannah Arendt<br />

unterstrich, oft das Ergebnis von provokationen und ungerechtigkeit:<br />

„In totalitären Regimen wird die provokati-<br />

45


on […] eine Art und Weise, sich gegenüber seinem Nachbarn<br />

zu verhalten; eine Methode, der jeder, trotz guten<br />

Willens, folgen muss.“ Auch wenn die Vorurteile fünfzehn<br />

Jahrhunderte zurückreichen, es ist die Islamfeindlichkeit,<br />

die seit Ende des Kalten Krieges die blinden Reaktionen der<br />

muslimischen Welt ausnutzt und verstärkt.<br />

Die Strategie hinter dem Clash der Kulturen betreibt<br />

Desinformation und erzeugt die Vorstellung, dass Widerstand<br />

gegen Hegemonie und Besatzung einen Akt unzulässiger<br />

Gewalt darstellt. Doch der Einsatz von Gewalt wurzelt<br />

vielmehr in den Bedingungen, die seinen Gebrauch<br />

gestatten – oder untersagen. Im Islam kann die Frage des<br />

Widerstands, wie es der Hl. Augustinus für den Begriff des<br />

gerechten Krieges ausdrückt, nicht außerhalb seines Kontextes<br />

gedacht werden. So kann der Rückgriff auf „Gewalt“<br />

nur erfolgen, wenn der Frieden, das Überleben oder die<br />

Würde beeinträchtigt werden. Dank des Monotheismus<br />

war die Humanisierung der menschlichen Beziehungen<br />

möglich. Die Freiheit hat der Gläubige im 18. Jahrhundert<br />

nicht gefunden, doch die Werte Abrahams sind eine der<br />

Quellen des Humanismus. Das, was probleme bereitet, sind<br />

die Repräsentation der modernen Welt und die Instrumentalisierung<br />

der Religion.<br />

nicht Das EnDE DEr WElt,<br />

abEr Das EnDE EinEr WElt<br />

MITTELMEERBEWOHNER — MuSTApHA CHERIF<br />

Trotz der Emanzipation gegenüber religiösen Autoritäten<br />

und der logischen Trennung zwischen kirchlicher und<br />

staatlicher Autorität wie auch der öffentlichen und privaten<br />

Sphäre erleben wir einen Rückzug des Rechts, die Verdrängung<br />

der prinzipien Abrahams von Gastfreundschaft<br />

und Dialog sowie den Zusammenbruch der Gerechtigkeit.<br />

Das Risiko besteht in der Neutralisierung der beiden Dimensionen<br />

des Menschen: das politische (die Demokratie)<br />

und das Religiöse (die Ethik). Nichts ist politisch, nichts ist<br />

religiös, so sagt man, um dem Nihilismus und der parole<br />

„alles ist Ware“ Raum zu lassen. Diese Sichtweise erzwingt<br />

einen Dialog der Tauben mit katastrophalen Folgen.<br />

Die Sinnfrage hat für die meisten keine Verbindung<br />

mehr zur Religion. Das ist nicht das Ende der Welt, aber<br />

das Ende einer Welt. Das müssen wir verstehen, um etwas<br />

anderes zu finden, das sich der Begrenzung entzieht. Im<br />

Bereich des Wissens besteht der besorgniserregende Aspekt<br />

darin, dass die Möglichkeit des Denkens und des Andersdenkens<br />

in Frage gestellt wird. Das moderne Denken<br />

bevorzugt die Mathematik und ihre Anwendungen auf den<br />

Markt. Zwei paradoxe Sichtweisen der modernen Kultur<br />

besagen, dass die Religion entweder trösten soll, ohne sich<br />

in das Weltgeschehen einzumischen, oder sie ist Entfremdung.<br />

Im Bereich der politik wird die Gesellschaft als ein<br />

produktivkörper wahrgenommen, unterworfen den Interessen<br />

der Kapitaleigner. Diese Entpolitisierung stellt die<br />

Möglichkeit in Frage, ein Volk zu sein, das im Namen der<br />

Freiheit darüber entscheiden kann, einen Gesellschaftsentwurf<br />

nach erfolgter Debatte Realität werden zu lassen.<br />

46<br />

Trotz der Legitimität der Institutionen und des freien<br />

Marktes ist die öffentliche und gemeinsame Suche nach<br />

dem Gerechten, dem Schönen und dem Wahren rund<br />

um das Mittelmeer mit Hypotheken belastet. Diese Sackgassen,<br />

die sich globalisieren und von der politik der zwei<br />

Maße gegenüber den eher passiven Moslems noch vergrößert<br />

werden, macht die Idee des Clashs der Kulturen hinfällig<br />

und die Notwendigkeit einer neuen Kultur, die ein<br />

Zusammenleben ermöglicht, dringend.<br />

notWEnDigkEit EinEr nEuEn kultur<br />

Der Dialog hat drei Ziele: Das erste Ziel ist die wechselseitige<br />

Erkenntnis, verbunden mit der Notwendigkeit, den<br />

anderen und sich selbst zu erkennen. Das zweite Ziel ist<br />

die gemeinsame Suche nach dem Schönen, dem Guten<br />

und dem Wahren, um einen gemeinsamen Begriff und<br />

universelle Normen zu finden. Das dritte Ziel des Dialogs<br />

ist die Tat. Das Ziel ist die Vermehrung guter und gerechter<br />

Handlungen. Wechselseitige Erkenntnis, eine gemeinsame<br />

Sprache und Begriffe sowie Gerechtigkeit sind die drei Ziele<br />

des Dialogs zwischen Orient und Okzident.<br />

Was die muslimische Welt verstehen muss, ist, dass<br />

die Stärke der europäischen Kultur, trotz ihrer probleme,<br />

in der Entschlossenheit besteht, mit der sich die Vernunft<br />

ihren eigenen Grenzen stellt.<br />

Was der Okzident verstehen muss: der Islamismus ist<br />

ein Anti-Islam. Der Moslem jedoch hat immer schon<br />

teilgenommen und kann immer noch teilnehmen an der<br />

Suche nach einer Kultur, die noch fehlt.<br />

mustapha chErif IST pHILOSOpH, pROFESSOR FÜR INTERNATIONALE BE-<br />

ZIEHuNGEN AN DER uNIVERSITé D’ALGER uND, NEBEN VIELEN ANDEREN<br />

puBLIKATIONEN, AuTOR VON „DER ISLAM uND DER WESTEN – BEGEG-<br />

NuNG MIT JACQuES DERRIDA“, WILHELM FINK VERLAG MÜNCHEN 2009.<br />

AuS DEM FRANZÖSISCHEN VON EVA NACKE


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WDR3_AZ_Schausphaus<strong>Bochum</strong>_A4.ind1 1 25.03.<strong>2010</strong> 15:45:44 Uhr<br />

WDR 3 Anzeige <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>, Jahresprogramm · DIN A4, Beschnitt · 4c · 24. März <strong>2010</strong>


Dries VerhoeVen — nachricht Vom anDeren enDe Der Welt<br />

48<br />

Foto: Zhang huan


hallo <strong>Bochum</strong>,<br />

24. märz <strong>2010</strong><br />

hier kommt eine nachricht vom anderen ende der Welt:<br />

gerade arbeite ich an der Produktion „life streaming“, die wir im oktober an<br />

ihrem theater zeigen werden. ich habe eben mal im internet nachgesehen und<br />

herausgefunden, dass <strong>Bochum</strong> 8212 km von dem ort entfernt ist, an dem ich<br />

im augenblick bin.<br />

in den letzten Jahren habe ich Produktionen entwickelt, die die Distanz definiert<br />

haben, die wir zueinander haben; also die tatsächliche und die emotionale<br />

Distanz, die wir für Menschen empfinden, denen wir zufällig begegnen<br />

– im supermarkt, in der nachbarschaft, in dem haus, in dem wir leben. in „You<br />

are here“ habe ich ein hotel gebaut, das ein model für unsere gesellschaft sein<br />

sollte, in der wir nur 80 cm von unseren nachbarn entfernt schlafen, ohne sie<br />

eigentlich zu kennen. in „life streaming“ werde ich das gegenteil machen. ich<br />

versuche, die Distanz zu den menschen zu bestimmen, die wirklich ganz woanders<br />

leben, denen wir aber über das internet oder die medien zu jeder beliebigen<br />

tagesszeit in unseren Wohnzimmern begegnen können. ich arbeite mit einer<br />

gruppe von zwanzig Darstellern. Die eigentliche Vorstellung wird in einem internet-Café<br />

stattfinden, das wir auf dem Platz vor dem <strong>Schauspielhaus</strong> aufbauen<br />

werden. Jeder Zuschauer wird mit einem Darsteller in direkten Kontakt treten,<br />

der hier am strand sein wird.<br />

ich habe mich entschieden, nicht zu sagen, wo ich genau bin. Der ort liegt<br />

von <strong>Bochum</strong> etwa soweit entfernt wie miami, ist aber auf einem anderen Kontinent.<br />

ich arbeite in einem land, in dem es keine schauspielschule gibt. Die<br />

Vorstellungen, die ich hier bisher gesehen habe, würden wir europäer als Folklore<br />

beschreiben. es ist ein tourismusland, aber in der hauptstadt sind überall<br />

checkpoints des militärs. Die surfer am strand wurden gestern von einem Boot<br />

der marine bewacht. Vor noch nicht all zu langer Zeit waren Bilder einer Katastrophe<br />

aus diesem land auf der ganze Welt zu sehen. es scheint, als würden tourismus<br />

und tod manchmal hand in hand gehen: ich wohne gerade in einem<br />

der beliebtesten städtchen am meer und doch geben sich die leute hier keine<br />

mühe, die vielen gräber vor den touristen zu verstecken. aber wenn man es<br />

nicht selber gesehen hat, versteht man wahrscheinlich nicht, wie friedlich und<br />

schön es hier ist.<br />

Wie und ob ich all diese Eindrücke in die Produktion einfließen lasse, weiß<br />

ich noch nicht. Bis jetzt kann ich nur sagen, dass all dies sehr inspirierend und<br />

verwirrend ist. ich frage mich, wie wir europäer mit tod und Verlust umgehen,<br />

bei der Überdosis von Bildern, mit denen wir täglich in den acht-uhr-nachrichten<br />

konfrontiert werden. und ich frage mich, ob die menschen hier emotional<br />

anders beschaffen sind und uns das die erbärmlichen Bilder, die wir in europa<br />

empfangen, gar nicht vermitteln. schaffen medien wie das internet wirklich<br />

einfachere Verbindungen zwischen den menschen oder sorgt eine höhere Bandbreite<br />

der Datenströme für eine größere Unfähigkeit, wirklich miteinander in<br />

Kontakt zu treten?<br />

Es grüßt herzlich von einem windigen Ort<br />

Dries Verhoeven<br />

aus Dem englischen Von olaF KröcK<br />

49<br />

LIFE STREAMING<br />

Is it really possible to connect to people<br />

at the other side of the world?<br />

Eine Weltverbindung von Dries Verhoeven<br />

Premiere am 1. oktober <strong>2010</strong><br />

auf dem Platz vor dem schauspielhaus<br />

Dries Verhoeven zählt zu den interessantesten jungen europäischen<br />

Künstlern. seine arbeiten bewegen sich zwischen<br />

Dokumentar-theater und bildender Kunst. Der<br />

1973 geborene niederländer entwirft seit 2002 eigene installationen<br />

und experimentelle inszenierungen, die auf<br />

diversen Festivals gezeigt wurden. Sie finden oft im öffentlichen<br />

raum statt. in seinen aufwendigen Produktionen<br />

bekommt der Zuschauer immer eine aktive rolle und wird<br />

in das geschehen verwickelt. und man lässt es erstaunlicherweise<br />

gerne mit sich machen. Verhoeven spielt mit<br />

unserer Wahrnehmung, manipuliert die Besucher seiner<br />

installationen emotional. er kommt uns nahe, balanciert<br />

an der grenze, wo es zu nah werden kann. Dabei ist er aber<br />

nie aggressiv überrumpelnd, immer lässt er raum für den<br />

rückzug. so erlebt man in seinen inszenierungen die Welt<br />

auf eine neue, verwirrende und poetische Weise. 2009<br />

erhielt er für seine hotel-installation „You are here“ den<br />

„Young Directors award“ der salzburger Festspiele. Jetzt<br />

zeigt er seine neue Produktion in Koproduktion mit dem<br />

schauspielhaus <strong>Bochum</strong>, in der sich die Zuschauer live mit<br />

dem anderen ende der Welt verbinden und mit fremden<br />

menschen in direkten Kontakt treten.<br />

Konzept und Regie: Dries Verhoeven<br />

30. September (Voraufführung); 1. (Premiere) bis 3. Oktober<br />

und 7. bis 10. oktober <strong>2010</strong> jeweils um 10.00 uhr,<br />

12.00 uhr und 13.45 uhr für je 20 Personen auf dem Platz<br />

vor dem schauspielhaus.<br />

aufgrund der Zeitverschiebung zum anderen ende der Welt<br />

finden die Vorstellungen am Vormittag statt.<br />

Die Vorstellungen sind in englischer sprache.<br />

Eine Produktion von Dries Verhoeven in Koproduktion mit<br />

dem <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>, dem Festival a/d Werf (Utrecht)<br />

und LIFT (London)<br />

Mit Unterstützung durch den Fonds Podiumkunsten, Prince<br />

Bernhard Cultural Fund, Hivos-NCDO Cultural Fund, BKVB<br />

and SNS Reaal Fund, VSBfonds und dem Theaterinstitut der<br />

Niederlande im Rahmen von NL-RUHR.<strong>2010</strong>


&OttO Schily — Schuld & VerantwOrtung<br />

Verantwortung<br />

Ein GEspräch übEr politik,<br />

rEcht und EntschEidunGsstärkE mit otto schily<br />

51<br />

Schuld


Er wurdE in bochum GEborEn<br />

und ist sEit übEr viErziG JahrEn<br />

politisch aktiv. Er war<br />

anwalt von Gudrun Ensslin<br />

und GründunGsmitGliEd dEr<br />

GrünEn, spätEr sass Er für diE<br />

spd als bundEsinnEnministEr<br />

auf dEr rEGiErunGsbank. wEr,<br />

wEnn nicht otto schily, soll<br />

dEnn bEschEid wissEn übEr diE<br />

vErstrickunGEn von macht<br />

und vErantwortunG, von EntschEidunGsnot<br />

und schuld?<br />

interView: thOmaS laue und Sabine reich<br />

FOtOS: harry weber<br />

Herr Schily, woher nehmen Sie Ihre<br />

Überzeugungen? Wie kommen Sie dahin,<br />

zu sagen: „Das, was ich tue, ist<br />

richtig.“?<br />

indem ich das Für und wider abwäge.<br />

in der Politik gibt es eine einfache<br />

grundregel für entscheidungen:<br />

„was kann ich durch einen bestimmten<br />

Schritt gewinnen, und was<br />

kann ich verlieren?“ das ist eine abwägung,<br />

die ich immer vornehmen<br />

muss. Sie unterscheidet sich von<br />

der Frage „Kann ich die entscheidung<br />

verantworten, oder kann ich<br />

sie nicht verantworten?“ auch diese<br />

Frage muss ich mir stellen. da kommen<br />

Sie in der Politik nicht selten in<br />

sehr belastende entscheidungssituationen.<br />

Können Sie eine solche Entscheidung<br />

benennen?<br />

als ich ganz neu im amt als innenminister<br />

war, hatten wir es mit einem<br />

erpressungsversuch zu lasten<br />

der bahn zu tun ... da wollte jemand<br />

von der bahn viel geld. dann brachte<br />

er – oder die, die da am werke<br />

waren – einen güterzug zum entgleisen.<br />

Man merkte, das sind Profis,<br />

die verstehen ihr handwerk. und<br />

dann fingen die Erpresser an, sich an<br />

eine ice-Strecke heranzumachen.<br />

OttO Schily — Schuld & VerantwOrtung<br />

die Vorstellung, ein ice-Zug könnte<br />

durch das verbrecherische treiben<br />

der erpresser verunglücken, hat mir<br />

seinerzeit schlaflose Nächte bereitet.<br />

es ist ja nicht einfach, hunderte von<br />

Kilometern der eisenbahnstrecke<br />

zu überwachen. um der erpresser<br />

habhaft zu werden, habe ich mich<br />

seinerzeit entschlossen, Kräfte der<br />

bundespolizei von der grenze abzuziehen.<br />

das war nicht ungefährlich,<br />

aber in der risikoabwägung war es<br />

sicherlich die richtige entscheidung.<br />

dank der ausgezeichneten arbeit der<br />

bundespolizei und des bundeskriminalamtes<br />

konnten wir schließlich<br />

den erpresser – es stellte sich heraus,<br />

dass es ein einzeltäter war – hinter<br />

Schloss und riegel bringen.<br />

eine weitaus schwierigere entscheidung<br />

war die beteiligung deutschlands<br />

am Kosovokrieg. wir kamen<br />

1998 in die regierung und wurden<br />

bereits in den ersten monaten mit<br />

dieser Frage konfrontiert. die entscheidung<br />

über den einsatz im Kosovo<br />

ist mir ungeheuer schwer gefallen.<br />

Sie begleitet mich bis heute und wird<br />

mich bis an mein lebensende begleiten.<br />

merkwürdigerweise ist mir in<br />

erinnerung geblieben, dass durch einen<br />

bombenabwurf auf ein Fernsehgebäude<br />

in belgrad eine Friseuse zu<br />

tode kam. Sie hatte mit dem ganzen<br />

nichts zu tun, hatte mit milošević<br />

nichts zu tun, und sie verlor ihr junges<br />

leben. es sind viele andere umgekommen.<br />

wir bemänteln diese Opfer<br />

als so genannte Kollateralschäden<br />

52<br />

militärischer Operationen. entscheidungen,<br />

die wir in der Politik zu treffen<br />

haben, die lasten schwer auf uns.<br />

weil wir damit Konsequenzen in unsere<br />

Verantwortung aufnehmen, die<br />

mitunter grauenvoll sind.<br />

Stellt sich dann die Frage nach Schuld?<br />

das ist das thema der griechischen<br />

dramen: die unausweichlichkeit<br />

der Schuld. ganz egal, wie Sie handeln,<br />

Sie werden stets schuldig.<br />

Ist es ein Kern von Politik, dass man bereit<br />

ist Schuld auf sich zu laden?<br />

ich würde es eher Verantwortung<br />

nennen. wie gesagt, ich muss mich<br />

entscheiden: will ich die Konsequenzen<br />

verantworten, auch die<br />

negativen Konsequenzen? Vielleicht<br />

kann ich das mit einem medizinischen<br />

Vergleich erläutern. auch bei<br />

einer erkrankung müssen wir eine<br />

entscheidung treffen. anhand einer<br />

gründlichen anamnese gelangt<br />

der arzt im idealfall zu einer klaren<br />

diagnose der Krankheitsursache.<br />

dann müssen sich arzt und Patient<br />

für eine therapie entscheiden. meist<br />

ist es ratsam, zunächst die mildeste<br />

therapie zu wählen, vielleicht durch<br />

Verabreichung homöopathischer<br />

medikamente. ist der Krankheitsprozess<br />

schon weiter fortgeschritten,<br />

helfen möglicherweise nur noch<br />

allopathische Pharmazeutika und<br />

im schlimmsten Fall ist ein chirurgischer<br />

eingriff notwendig. in allen<br />

Fällen müssen Sie aufgrund einer lagebeurteilung<br />

risiken abwägen und<br />

danach ihre entscheidungen treffen.<br />

So ist es auch in der Politik. leider<br />

lässt sich auch in der Politik manchmal<br />

die chirurgie nicht vermeiden.<br />

Das beschreibt eine Position, von der<br />

aus man von außen auf Dinge schaut,<br />

beobachtet, analysiert und dann eingreift<br />

und handelt. Aber das Tragische<br />

in der Tragödie wie in der Politik ist ja,<br />

dass die Menschen nicht außen stehen,<br />

sondern dass die Personen, die handeln,<br />

immer Teil einer Geschichte sind und<br />

deshalb niemals einen distanzierten<br />

Blick haben.<br />

Ja, gut beobachtet. da haben Sie<br />

schon recht. Sie befinden sich<br />

manchmal in einem geschehen,<br />

in dem Sie selber nur noch weni-


ge möglichkeiten haben. ich kann<br />

ein ereignis wie den 11. September<br />

nicht mehr rückgängig machen. ich<br />

bin also vor eine Situation gestellt,<br />

aus der heraus ich handeln muss.<br />

natürlich hätte ich lieber den 11.<br />

September vermieden und die Folgerungen,<br />

die sich daraus ergaben. das<br />

wird übrigens sehr eindrucksvoll von<br />

leo tolstoi in den historischen Zwischenbetrachtungen<br />

seines großen<br />

romans „Krieg und Frieden“ dargestellt.<br />

er beschreibt dort, dass nicht<br />

nur das individuum entscheidet,<br />

sondern dass sich aus einer Vielzahl<br />

von wirkungen ein geschehen entwickelt<br />

und der einzelne mit seinen<br />

individuellen entscheidungen darin<br />

verwoben ist und seinem Schicksal<br />

gewissermaßen nicht entfliehen<br />

kann. Früher hieß es: „männer machen<br />

geschichte“. Vielleicht macht<br />

eher die geschichte die Personen.<br />

Sie beziehen sich auf reale Ereignisse,<br />

die nicht planbar sind, die aber plötzlich<br />

in das Leben treten, nicht nur eines<br />

Politikers, sondern auch einer Gesellschaft.<br />

Hat Realität Sie in Ihren Überzeugungen<br />

verändert?<br />

Jede neue erfahrung eröffnet neue<br />

einsichten. unser leben ist deshalb<br />

ein ständiger lernprozess. ich nehme<br />

für mich in anspruch, dass ich<br />

selbst im fortgeschrittenen alter<br />

noch die augen und Ohren offen<br />

halte. Vielleicht würde ich in der<br />

rückschau manches anders beurteilen<br />

und mich anders verhalten. aber<br />

Sie können ja manche Sachen nicht<br />

vorher wissen. da sind wir genau<br />

bei dem Punkt: Sie werden vor eine<br />

bestimmte Situation gestellt und Sie<br />

müssen rasch entscheiden. wie der<br />

berühmte Pilot, donald Sullivan, der<br />

auf dem hudson notgelandet ist, ein<br />

bewundernswerter mann. er kommt<br />

in eine äußerst bedrohliche lage, es<br />

geht um leben oder tod und er muss<br />

in Sekunden entscheiden. er war gut<br />

trainiert, auch kaltblütig und wusste<br />

mit der maschine umzugehen. und<br />

er war entscheidungsstark. das ist<br />

auch in der Politik wichtig. was übrigens<br />

gerhard Schröder auszeichnet.<br />

das ist ein mann mit außergewöhnlicher<br />

entschiedenheit und willensstärke.<br />

OttO Schily — Schuld & VerantwOrtung<br />

Heißt das, dass es manchmal wichtiger<br />

ist, eine schnelle Entscheidung zu treffen<br />

als gar keine Entscheidung?<br />

gelegentlich ja.<br />

Auch wenn diese Entscheidung möglicherweise<br />

falsch ist?<br />

auch wenn sie mit einem risiko behaftet<br />

ist, ja.<br />

Dann ist Politik in jedem Fall mit Intuition<br />

verbunden, weil man in so einem<br />

kurzen Moment nicht mit der Vernunft<br />

entscheiden kann.<br />

mit intuition, ja. man muss die Situation<br />

erkennen. Sie müssen in<br />

der lage sein, mehrere Sachverhalte<br />

gleichzeitig zu erfassen. wenn Sie es<br />

sehr intellektuell angehen, dann wie<br />

ein Schachspieler, der mindestens<br />

drei Züge im Voraus berechnen kann.<br />

Schach ist bekanntlich ein intuitives<br />

Spiel. deshalb verdirbt uns zum bei-<br />

spiel der computer das Schachspiel,<br />

weil Sie da nur ein flächiges Bild haben.<br />

immer, wenn ich mit dem computer<br />

Schach gespielt habe, habe ich<br />

mein Schachtalent verschlechtert.<br />

Schach ist ein räumliches Spiel und<br />

Sie müssen es räumlich erfassen können.<br />

Sie müssen die intuition haben<br />

und fragen: „wie kann sich das entwickeln?“<br />

auf die Politik übertragen<br />

bedeutet das: Sie brauchen einfach<br />

die Fähigkeit, verschiedene Faktoren<br />

und Koordinaten so wahrzunehmen,<br />

dass Sie daraus eine Orientierung gewinnen.<br />

53<br />

Danach scheint Politik etwas Intuitives,<br />

Schnelles zu sein, auch etwas Dynamisches,<br />

was aus bestimmten Situationen<br />

heraus agiert. Wohingegen doch<br />

Recht etwas Statisches sein muss, das<br />

sich von den Dingen abstrahiert.<br />

ich könnte sagen, das recht kommt<br />

immer a posteriori und die Politik<br />

kommt a priori. das heißt, die Politik<br />

ist vorausschauend, das recht<br />

beurteilt das geschehen aus der retrospektive.<br />

– na ja, eigentlich ist das<br />

nicht ganz korrekt, die rechtsnorm<br />

soll ja gewissermaßen auch eine<br />

handlungsanleitung sein.<br />

Gibt es Zwänge, in denen Sie in Ihrer<br />

Position als Innenminister waren, wo<br />

Sie aus politischen Überlegungen anders<br />

handeln mussten, als Sie als Jurist<br />

und Anwalt gehandelt hätten?<br />

cicero hat von sich gesagt, er habe<br />

unterschiedliche aufgaben innerhalb<br />

staatlicher institutionen und<br />

früher als anwalt wahrgenommen,<br />

und man dürfe nicht Äpfel mit birnen<br />

vergleichen. das gilt auch für<br />

mich. meine tätigkeit als anwalt im<br />

Vergleich zur tätigkeit als innenminister<br />

muss man ebenso in einem<br />

anderen Kontext sehen. ich betone<br />

aber, es gibt eine Kontinuität und<br />

das ist die rechtsstaatsorientierung.<br />

die gilt für den innenminister wie<br />

für den anwalt.<br />

Wie machtbewusst muss ein Politiker<br />

sein?<br />

er muss macht anstreben, selbstverständlich.<br />

Ohne macht kann er keine<br />

Politik gestalten. im demokratischen<br />

rechtsstaat ist machtausübung aber<br />

an legitimation gebunden. wenn Sie<br />

keine legitimation aufbauen, haben<br />

Sie keine Überzeugungskraft und<br />

dann geht es schief.<br />

Als Innenminister mussten Sie immer<br />

wieder Maßnahmen verantworten, die<br />

oftmals um die Frage kreisten, wie weit<br />

der Staat Persönlichkeitsrechte oder<br />

die Rechte des Einzelnen einschränken<br />

darf, um den Staat zu schützen.<br />

da kommen Sie leider in die verquere<br />

Fragestellung, der ich sehr häufig<br />

begegne. dass Sie nämlich einen<br />

gegensatz bilden wollen zwischen<br />

staatlichen Sicherheitsinteressen<br />

und den individualrechten. das,


entschuldigen Sie, wenn ich das jetzt<br />

ein bisschen grob sage, ist ja unsinn.<br />

der Staat schützt ja nicht den<br />

Staat um seiner selbst willen. das<br />

tut vielleicht der totalitäre Staat, der<br />

demokratische Staat tut das nicht.<br />

im demokratischen rechtsstaat ist<br />

artikel 1 des grundgesetztes die<br />

höchste norm, mit der der Staat sich<br />

selbst grenzen setzt, sich selbst an<br />

die Verfassung und an die gesetze<br />

bindet und sich verpflichtet, das Individuum<br />

in seiner eigenmacht, in<br />

seiner autonomie zu respektieren.<br />

das kommt in dem grandiosen Satz<br />

von artikel 1 des grundgesetzes zum<br />

ausdruck: „die würde des menschen<br />

ist unantastbar. Sie zu achten<br />

und zu schützen ist Verpflichtung aller<br />

staatlichen gewalt.“ So steht das<br />

in artikel 1. aber ein Satzbestandteil<br />

in artikel 1 wird oft übersehen. da<br />

steht nämlich nicht nur, der Staat hat<br />

die würde des menschen zu achten,<br />

sondern er hat auch die Pflicht, sie<br />

zu schützen. und darum geht es. der<br />

Staat hat eine Schutzverpflichtung<br />

gegenüber dem einzelnen. das heißt,<br />

er muss durch seine institutionen<br />

dafür sorgen, dass Sie nicht getötet<br />

werden, nicht verletzt werden, nicht<br />

erpresst werden, ihnen nicht ihr hab<br />

und gut weggenommen wird, Frauen<br />

nicht vergewaltigt werden.<br />

nun haben wir eine sehr freie<br />

und sehr offene gesellschaft, mit<br />

einem hohen maß an individuellen<br />

Freiheiten. wir leben heute in einem<br />

europa, das wir einen raum der Freiheit,<br />

der Sicherheit und des rechts<br />

nennen. heute reisen wir durch ganz<br />

europa ohne grenzkontrollen. aber<br />

es gibt leider menschen, die die Freizügigkeit<br />

missbrauchen. Verbrecher,<br />

Verbrecherbanden, organisierte Kriminalität<br />

und terrorismus. und der<br />

Staat darf sich damit nicht abfinden,<br />

etwa mit der behauptung, das sei der<br />

Preis der Freiheit. die Kernaufgabe<br />

des Staates ist daher, für die Sicherheit<br />

der bürgerinnen und bürger zu<br />

sorgen. denn ohne Sicherheit gibt es<br />

keine Freiheit.<br />

Hat sich Politik im Laufe der letzten<br />

40 Jahre, die Sie begleitet haben, verändert?<br />

Ja, sie hat sich verändert, meiner<br />

meinung nach durchaus zum guten.<br />

OttO Schily — Schuld & VerantwOrtung<br />

das verdanken wir nicht zuletzt dem<br />

aufkommen der grünen. am anfang<br />

der bundesrepublik sah es so aus, als<br />

ob wir einen geschlossenen Kreis<br />

von politischen Kräften hätten, in<br />

dem sich nie etwas verändern kann.<br />

dann hat sich aber eine entwicklung<br />

vollzogen, in der neue politische<br />

Kräfte allmählich in den demokratischen<br />

Prozess hineingekommen sind<br />

und etwas verändert haben, auch die<br />

diskussionsweise. bestimmte Fragen<br />

haben einen anderen charakter gewonnen.<br />

Ökologische Fragen zum<br />

beispiel ... insofern bin ich überzeugt,<br />

dass die demokratisierung der<br />

gesellschaft in deutschland vorangekommen<br />

ist und die demokratie<br />

sich deutlich stabilisiert hat. in diesem<br />

Sinne ist auch die neu gewonnene<br />

staatliche einheit deutschlands<br />

eine erfolgsgeschichte. eine erfolgsgeschichte<br />

ist das vor allem deshalb,<br />

weil es gelungen ist, die staatliche<br />

einheit deutschlands mit der integration<br />

in die europäische gemeinschaft<br />

zu verbinden. das ist übrigens,<br />

bei aller Kritik, die ich sonst<br />

an ihm habe, ein unbestreitbarer<br />

historischer Verdienst von helmut<br />

Kohl. er hat die wiedervereinigung<br />

europäisch gestaltet.<br />

Hat sich in diesem Prozess der Politikertypus<br />

verändert? Gibt es die großen<br />

charismatischen Typen noch, oder<br />

brauchen demokratische Gesellschaften<br />

gar keine Helden mehr?<br />

ich scheue mich ein bisschen vor<br />

54<br />

dieser ewigen rückwärtsgewandten,<br />

nostalgischen Sicht. Früher hieß<br />

es, nach herbert wehner, helmut<br />

Schmidt, thomas dehler, Fritz erler,<br />

carlo Schmid und Konrad adenauer<br />

gibt es überhaupt keine Politiker<br />

mehr. helmut Schmidt, gewiss ein<br />

großer Staatsmann, lässt uns in seiner<br />

erhabenheit manchmal spüren,<br />

dass nach ihm nur noch Zwerge<br />

kommen. Sicher ist es wichtig, dass<br />

menschen, die Politik machen, eine<br />

Biografie haben. Willy Brandt hatte<br />

eine Biografie, er hatte auch Narben.<br />

Gerhard Schröder hat eine Biografie.<br />

Sie auch ...<br />

Ich hab auch eine Biografie, auch<br />

narben. ebenso Joschka Fischer, mit<br />

einer wirklich spannenden lebensgeschichte.<br />

demokratie ist sicherlich<br />

immer mit einer gewissen nivellierung<br />

verbunden. aber wissen Sie, das<br />

ist ein auf und ab. es werden auch<br />

wieder neue menschen heranreifen,<br />

und die werden ihre ganz eigenen<br />

spannenden Profile haben.<br />

Was vermissen Sie am meisten?<br />

aus der Politik? gar nichts! ich habe<br />

keine entzugserscheinungen. ich bin<br />

froh, dass ich die sieben Jahre als minister<br />

heil überstanden habe. im Parlament<br />

war ich 26 Jahre, das reicht<br />

völlig aus.<br />

Was ist Ihnen am wichtigsten, wenn<br />

Sie auf Ihre Laufbahn zurückschauen?<br />

die modernisierung der deutschen<br />

und europäischen innenpolitik, die<br />

reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts<br />

und die gestaltung einer<br />

weltoffenen Zuwanderungs- und<br />

integrationspolitik, aber auch die<br />

Stärkung der Kompetenz der Sozialdemokratie,<br />

für recht und Ordnung<br />

zu sorgen und Sicherheit als Fundament<br />

der Freiheit zu festigen.<br />

Würden Sie sagen, Sie haben Deutschland<br />

verändert?<br />

das glaub ich schon, ja.<br />

Und hat Deutschland Sie verändert?<br />

Ja, natürlich.


Stream of consciousness<br />

der regisseur roger vontobel über<br />

noch ungeordnete Gedanken vor<br />

dem ersten probentag.<br />

die labdakiden. lange vor dem ersten<br />

Probentag. ein berg von einem<br />

Stück. wie beginnen? Zwei textstellen<br />

während der Vorbereitung:<br />

„lass nicht ab, mein Zorn, lass<br />

nicht ab, und ihn, der großes sinnt,<br />

schlage nieder, miss dich mit ihm,<br />

zerfleische ihn selbst mit deinen<br />

händen. du suchst dem alkiden<br />

einen ebenbürtigen?! Keiner ist es,<br />

außer ihm selbst: so führe er fortan<br />

Kriege mit sich selbst! ... nun soll<br />

der Krieg beginnen: hell wird der tag,<br />

und in safranfarbigem aufgang tritt<br />

titan leuchtend hervor.“<br />

das unauswegliche, geradzu unmögliche<br />

in den worten Senecas, die<br />

er als Juno im Prolog seinem Stück<br />

„hercules“ voranstellt, in Kombination<br />

mit folgendem Zitat aus Kleists<br />

Penthesilea:<br />

„wenn du dem wind, der von den<br />

bergen weht, willst horchen, Kannst<br />

du den donnerruf der Königin, gezückter<br />

waffen Klirren, rosse wiehern,<br />

drommeten, tuben, Zimbeln<br />

und Posaunen, des Krieges ganze<br />

eh’rne Stimme hören.“<br />

Zusammen ergeben sie für mich den<br />

drang und die notwendigkeit Fragen<br />

zu stellen – theatral Fragen zu stellen<br />

– an menschen, über menschen,<br />

durch menschen. und vor allem wegen<br />

menschen. denn um menschen<br />

geht es immer in erster linie. um<br />

menschen und ihre geschichte, ihre<br />

Biografie – oder wie es die Griechen<br />

und nach ihnen viele mehr nannten:<br />

Schicksal.<br />

„tun. leiden. lernen“, heißt es in<br />

der „Orestie“, die ich 2008 in essen<br />

inszeniert habe. auch damals antike.<br />

und passend. denn tun tun wir alle,<br />

leiden auch manchmal wegen unseres<br />

tuns, und lernen können wir<br />

daraus, indem wir die Fragen an die<br />

beiden vorherigen tätigkeiten stellen<br />

und sie verknüpfen – und schon sind<br />

wir wieder beim motto der griechen,<br />

der älteren generation von griechen<br />

zumindest.<br />

ach ja, und eigentlich meine lieblingsstelle<br />

aus dem „Philotas“ von<br />

lessing, die muss auch immer irgendwie<br />

noch am anfang mal im<br />

Kopf rumgeistern:<br />

„was wollte ich also sagen? So<br />

einen guten einfall nun, wollte ich<br />

sagen, als das glück oft in das albernste<br />

gehirn wirft, so einen habe<br />

ich jetzo ertappt. bloß ertappt; von<br />

dem meinigen ist nicht das geringste<br />

dazu gekommen. denn hätte mein<br />

Verstand, meine Erfindungskraft einigen<br />

anteil daran, würde ich ihn<br />

nicht gern mit dir überlegen wollen?<br />

aber so kann ich ihn nicht mit dir<br />

überlegen; er verschwindet, wenn ich<br />

ihn mitteile, so zärtlich, so fein ist er,<br />

ich getraue mir ihn nicht in worte zu<br />

kleiden; ich denke ihn nur, wie mich<br />

der Philosoph gott zu denken gelehrt<br />

hat, und aufs höchste könnte ich dir<br />

nur sagen, was er nicht ist.“<br />

So, und dann fangen wir mal an, das<br />

bevorstehende neue Stück zu lesen –<br />

erster Schritt: buchdeckel umklappen<br />

...<br />

roGEr vontobEl<br />

geboren 1977, aufgewachsen in Zürich<br />

und Johannesburg, gehört derzeit zu<br />

den wichtigen Regisseuren seiner Generation.<br />

In seinen Inszenierungen sucht<br />

er immer wieder sehr genau nach einem<br />

eigenen ästhetischen Zugriff für den<br />

vorliegenden, meist literarischen Stoff.<br />

2006 war er zum „Young Directors<br />

Project“ der Salzburger Festspiele eingeladen<br />

und wurde von den Kritikern der<br />

Zeitschrift „Theater heute“ zum Nachwuchsregisseur<br />

des Jahres gewählt. Seit<br />

der Spielzeit 2005/06 arbeitet er regelmäßig<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> Hamburg,<br />

an den Münchner Kammerspielen<br />

und am Schauspiel Essen, wo er „Das<br />

Goldene Vlies“ von Franz Grillparzer,<br />

„Die Orestie“ des Aischylos und zuletzt<br />

Ibsens „Peer Gynt“ inszeniert hat. Ab<br />

der Spielzeit <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong> wird er Hausregisseur<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>.<br />

55<br />

Die LabDakiDen<br />

Eine Politsaga – Ödipus,<br />

Sieben gegen Theben und Antigone<br />

von Sophokles und Aischylos<br />

Premiere am 9. Oktober <strong>2010</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Sie sind die herrscherfamilie thebens, benannt nach ihrem<br />

Stammvater, labdakos. Von generation zu generation<br />

geben sie die macht in der Stadt weiter, aber auch den<br />

blutigen Fluch, der ihre herrschaft keine glückliche sein<br />

lässt: laios, der Sohn des labdakos, wird von seinem Sohn<br />

Ödipus getötet, der dann, die eigene Schuld nicht kennend,<br />

mit seiner mutter iokaste vier Kinder zeugt: antigone und<br />

Ismene, Eteokles und Polyneikes. Kaum ist der Frevel entdeckt,<br />

bringt sich iokaste um und Ödipus geht ins exil. die<br />

nächste generation ist am Zug, doch sie ist nicht erfolgreicher:<br />

Polyneikes und Eteokles verwickeln die Stadt in einen<br />

blutigen bürgerkrieg, an dessen ende beide tot vor den<br />

Stadtmauern liegen. antigone, die Schwester, will einen<br />

von ihnen begraben, was gegen die gesetze ihres Onkels<br />

Kreon verstößt. der ist nun verzweifelt darum bemüht,<br />

recht und Ordnung wiederherzustellen und wenigstens<br />

etwas vom ruf der Familie zu retten. eine wuchtige Sage<br />

über die Kraft und Zerstörung von Politik und die beispielhaften<br />

Verwicklungen einer beispiellosen Familie – erzählt<br />

in drei großen antiken Stücken, inszeniert in einer Fassung<br />

für einen abend.<br />

Regie: Roger Vontobel<br />

Bühne: Claudia Rohner<br />

Kostüme: Nadine Grellinger<br />

Dramaturgie: Anna Haas, Thomas Laue<br />

mit: manuela alphons, matthias eberle, Jonas gruber,<br />

Paul herwig, barbara hirt, dieter hufschmidt, Katharina<br />

linder, dimitrij Schaad, michael Schütz, lena Schwarz,<br />

Philipp weigand<br />

Die Jungfrau von<br />

orLeans<br />

von Friedrich Schiller<br />

Premiere im Juni <strong>2011</strong> in den Kammerspielen<br />

Sie fragt sich nicht, woran sie glauben soll. Sie glaubt. eine<br />

göttliche Stimme hat ihr befohlen, Frankreich von den englischen<br />

invasoren zu befreien. dabei ist Johanna ein mädchen<br />

vom land. unbeirrt folgt sie ihrem göttlichen auftrag<br />

und führt das französische heer, dessen verzagender Führer,<br />

der französische König Karl, kurz vor der Kapitulation<br />

stand, von Sieg zu Sieg. Souverän bewegt sie sich auf dem<br />

männlichen Schlachtfeld von Krieg, macht und Politik.<br />

ihr glaube ist unerschütterlich, doch plötzlich gerät sie<br />

ins Straucheln: im Zweikampf mit dem engländer lionel<br />

verliebt sie sich – in den Feind. Völlig überrascht sieht sich<br />

die scheinbar unbesiegbare Jungfrau mit einer macht konfrontiert,<br />

vor der sie ihre waffen strecken muss. woran soll<br />

sie noch glauben? an ihren „Schlachten gott“, an die<br />

macht der liebe, an sich selbst?<br />

Regie: Roger Vontobel<br />

Bühne: Claudia Rohner


ESSEn – UnESco-SchUlE:<br />

WEltWEItEIGEnhEIm<br />

schülerinnen unD schüler Der<br />

unesco-schule in essen, Die jugenDliche<br />

aus über 40 nationen Zum abitur<br />

führt, bauen auf ihrem schulhof<br />

ein haus Der Zukunft: mit allem, was<br />

sie sich für ein Zusammenleben Der<br />

kulturen wünschen – hausorDnung<br />

inklusiVe. ein weltweiteigenheim. im<br />

sommer wirD es mit einem grossen<br />

fest eingeweiht unD mit leben gefüllt.<br />

DUISBURG – mEDIEn-BUnkER mARxloh<br />

Die film- unD fotoexperten aus Dem<br />

meDien-bunker marxloh graben in<br />

Der Vergangenheit Des staDtteils,<br />

reflektieren ihre gegenwart, besuchen<br />

Die anDeren Zukunftshäuser<br />

unD entwickeln Daraus Visionen für<br />

Die staDt Von morgen. immer mit Der<br />

kamera im anschlag. am enDe stehen<br />

ein film unD ein bilDbanD über marxloh,<br />

Das ruhrgebiet unD Die welt Der<br />

nächsten generation.<br />

next generation — Die neuerfinDung Des ruhrgebiets<br />

ESSEn – mäDchEnBAnD DES noRDEnS<br />

Die popmusikerin, autorin unD performerin<br />

bernaDette la hengst hat im<br />

essener norDen eine mäDchenbanD<br />

gegrünDet. eigene texte werDen geschrieben,<br />

songs komponiert unD<br />

einstuDiert, ein konZertprogramm<br />

entwickelt. auf Der bühne Zeigen sie,<br />

Dass man Die Zukunft Der staDt auch<br />

singen kann. anschliessenD gehen<br />

sie auf tour Durchs ruhrgebiet.<br />

DUISBURG<br />

ESSEn – AltEnDoRf Am BUnkER REchtS<br />

krupp kehrt Zurück unD baut sein<br />

neues hauptquartier am ranDe Von<br />

altenDorf. auch anDere akteure betreiben<br />

hier staDtumbau. Die regisseurin<br />

ines habich hat Zwischen<br />

entweihter kirche, autofrieDhof<br />

unD geisterstrasse Das Zukunftshaus<br />

„am bunker rechts“ gegrünDet. mit<br />

jugenDlichen erkunDet sie Den staDtteil<br />

unD entwickelt ein Dokufiktionales<br />

theaterstück über, in unD für<br />

Die Zukunft Von altenDorf.<br />

56<br />

BochUm – EIn JAhR opEl<br />

Die VerhanDlungen über Die Zukunft<br />

Des opel-werks in bochum sinD Zu<br />

einem internationalen wirtschaftskrimi<br />

geworDen. aber auch bei opel<br />

haben jugenDliche Vor kurZem erst<br />

ihre ausbilDung begonnen, sich Ziele<br />

gesetZt. nun ist ihre berufliche Zukunft<br />

schon am anfang ungewiss.<br />

Die Dokumentarfilmer unD grimmepreisträger<br />

ulrike franke unD michael<br />

loeken Drehen mit ihnen einen film<br />

über ein jahr opel.<br />

ESSEn<br />

hERnE<br />

BochUm<br />

GEDächtnIS DES RUhRGEBIEtS<br />

Zukunft braucht Vergangenheit, auf<br />

Der sie aufbauen kann. auf Der suche<br />

nach Dem geDächtnis Des ruhrgebiets<br />

wanDert mirjam strunk mit ihrem<br />

erinnerungsmobil Durchs ruhrgebiet.<br />

jung unD alt können ihre geschichten<br />

einspeisen: auf erinnerungskarten,<br />

auf ViDeo, per erinnerungshotline<br />

oDer im internet. beim tag Der<br />

generationen am 19. noVember <strong>2010</strong><br />

entfaltet sich Dann Das geDächtnis<br />

Des ruhrgebiets in einer sZenischen<br />

installation im schauspielhaus.


hERnE – REnEGADE:<br />

tAnz von DER StRASSE<br />

renegaDe ist tanZ, Der Von Der<br />

strasse kommt. für next generation<br />

entwickeln sie mit Der new Yorker<br />

choreografin patricia noworol ein<br />

stück tanZtheater mit jugenDlichen<br />

aus herne unD Dem ganZen ruhrgebiet.<br />

eine bewegte sprache Zwischen<br />

streetDance unD Zeitgenössischem<br />

tanZ, Die mehr über Zukunft sagt als<br />

tausenD worte.<br />

DoRtmUnD<br />

BochUm – RUhR-UnIvERSItät<br />

schon lange beschäftigt sich Das<br />

institut für theaterwissenschaft Der<br />

ruhr-uniVersität mit chorischem theater.<br />

nachDem Die stuDierenDen theorie-texte<br />

über generationenkonflikte<br />

gewälZt haben, Verknüpfen sie Diese<br />

erkenntnisse unter Der leitung Von<br />

„kainkollektiV“ mit ihren eigenen erfahrungen<br />

unD stehen im herbst <strong>2010</strong><br />

mit einer eigenen insZenierung auf<br />

Der bühne. natürlich mit chor.<br />

next generation — Die neuerfinDung Des ruhrgebiets<br />

BochUm – x-vISIon:<br />

hIphop In WAttEnSchEID<br />

x-Vision ist gelebte integration unD<br />

gelebter hiphop in wattenscheiD. hier<br />

schreiben, singen, rappen unD tanZen<br />

Die jugenDlichen nicht nur, sonDern<br />

proDuZieren ihre musik selbst. es geht<br />

um ihr leben, Die Zukunft Von wattenscheiD,<br />

ihre eigene unD Die ihrer<br />

musik. am enDe steht ein neues album<br />

unD DaZu – wie es sich gehört – ein<br />

lautes recorD-release-eVent.<br />

nExt GEnERAtIon – DAS Stück<br />

eine gemeinsame theaterproDuktion<br />

VerbinDet Die Zukunftshäuser miteinanDer:<br />

autor unD regisseur nuran Da-<br />

ViD calis ist Das jahr über unterwegs,<br />

um Die geschichten Der jugenDlichen<br />

Zu sammeln. er wirD ihre Vorstellungen<br />

Von Zukunft bünDeln unD<br />

mit beteiligten aus allen häusern im<br />

schauspielhaus bochum auf Die bühne<br />

bringen – als starkes stück theater<br />

Der nächsten generation.<br />

57<br />

nExt GEnERAtIon:<br />

DIE nEUERfInDUnG<br />

DES RUhRGEBIEtS<br />

NEXT GENERATION ist ein Projekt von <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong>, Schauspiel Essen, der Bundeszentrale für politische<br />

Bildung und der Kulturhauptstadt Europas RUHR.<strong>2010</strong>. Gefördert<br />

vom Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />

Partner: Deutschlandradio Kultur.<br />

Der jugend gehört die Zukunft. familie, beruf, glück und<br />

erfolg – alles liegt vor ihnen, so denkt man. Doch das meiste<br />

liegt auch schwer auf ihren schultern. arbeit und familie,<br />

bildung und herkunft, das sind die säulen, auf denen<br />

ein gelungenes leben aufbaut. Doch selten zuvor waren<br />

diese zentralen bereiche so belastet und infrage gestellt wie<br />

heute. höchste Zeit also, die nächste generation selbst zu<br />

wort kommen zu lassen: wovon träumt sie? was will sie?<br />

welche bedeutung hat unsere herkunft in Zukunft?<br />

Die Zukunft der stadt und die Visionen ihrer jungen<br />

einwohner stehen im mittelpunkt dieses projekts. in zehn<br />

Zukunftshäusern in bochum, essen, Duisburg und herne<br />

erfinden Jugendliche aus sehr unterschiedlichen Stadtteilen<br />

gemeinsam mit filmemachern, musikern, theatermachern<br />

und wissenschaftlern ihre stadt neu. ein jahr<br />

lang erzählen sie sich gegenseitig und uns, was sie bewegt<br />

und wie sie in Zukunft leben möchten. sie erzählen von<br />

sich und ihrem stadtteil, drehen filme, spielen theater,<br />

gründen eine band oder bauen einfach den platz vor ihrer<br />

haustür um. sie diskutieren miteinander über das,<br />

was sie verbindet, und das, was sie trennt. und im herbst<br />

<strong>2010</strong> bringen sie dann ihre ideen mit dem regisseur nuran<br />

David calis auf die bühne der kammerspiele. Zum ersten<br />

mal gemeinsam, über alle grenzen der städte, kulturen<br />

und sprachen hinweg. Denn ob sich aus dem Dickicht der<br />

städte in Zukunft tatsächlich eine lebenswerte metropole<br />

bilden wird, liegt nicht zuletzt in ihren händen. es ist ihre<br />

geschichte: next generation.<br />

Aufführungen und Veranstaltungen in den Zukunftshäusern, im<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> sowie in der gesamten Metropole Ruhr.<br />

Alle Infos unter: www.next-generation-<strong>2010</strong>.de


text: nuran DaViD calis<br />

hassan will es wissen. folgende frage<br />

lässt ihn nicht mehr in ruhe schlafen:<br />

warum werden 80 prozent der in<br />

berlin produzierten hiphop-tracks<br />

im ruhrgebiet verkauft und nur 20<br />

prozent in berlin selbst oder im rest<br />

der republik? hassan ist 16, er besucht<br />

das gymnasium in bochum<br />

und Zahlen sind sein Ding. hassan<br />

ist x-Vision beigetreten, einem<br />

von zehn next-generation-Zukunftshäusern<br />

im ruhrgebiet. seins<br />

steht in bochum-wattenscheid. x-<br />

Vision ist eine musikproduktionsfirma.<br />

Und kein Jugendclub, betont<br />

er. hier wird nicht rumgehangen.<br />

DAS GESAmtE hAUS ISt<br />

AUf DER SUchE nAch DER<br />

WAhRhEIt. UnD DIE mUSS<br />

AUch WEhtUn DüRfEn.<br />

Die Zukunftshäuser von next generation<br />

sind kreative thinktanks<br />

mit unterschiedlichen schwerpunkten.<br />

x-Vision ist dabei so etwas<br />

wie die Deathrow recorDs des<br />

ruhrgebiets. ja, sie wollen die antwort<br />

sein auf die eastcoastrapper<br />

aus berlin. wie damals, als<br />

n.w.a. in l.a. die antwort auf erik<br />

b. rakim und grand master flash<br />

in new York war. und ja, hassan<br />

will der 2pac des ruhrgebiets werden.<br />

worüber die berliner so rappen,<br />

das kann er auch: man hat hier denselben<br />

alltag zu bewältigen. also<br />

warum dann nicht auch gleich selber<br />

darüber erzählen? warum nicht<br />

selber Dinge produzieren? warum<br />

immer das konsumieren, was andere<br />

auf die beine stellen? Dann zieht<br />

hassan seinen pullover hoch und auf<br />

seinem unterarm sieht man eine tätowierung:<br />

no pain no gain.<br />

träume verwirklicht man nicht<br />

durch reden. es gilt, Dinge anzupacken.<br />

jetzt, meint hassan. und wenn<br />

er das nicht schafft, hat er immer<br />

noch sein abitur. hassan ist träu-<br />

next generation — Die neuerfinDung Des ruhrgebiets<br />

mer und realist zugleich. ja, sagt er,<br />

das geht hier beides. Das muss. Diese<br />

beiden Dinge machen, dass ich<br />

morgens meinen arsch hoch kriege,<br />

während andere ihr handy noch auf<br />

schlummermodus geschaltet lassen.<br />

stop. kurzes innehalten und die<br />

frage: wird mit der aussage, das<br />

ruhrgebiet sei das new York der Zukunft,<br />

eigentlich der startschuss für<br />

diesen traum gegeben, oder hat man<br />

mit dieser aussage diesen traum<br />

bereits abgeschossen? fakt ist: im<br />

moment gibt es mehr sehnsüchte,<br />

als von allen seiten gestillt werden<br />

können.<br />

Das ist hassan und den jungs und<br />

mädels von x-Vision klar. Das ist allen<br />

Zukunftshäusern klar. aber auch:<br />

jugendzentrum war gestern. aus den<br />

räumen der elendsverwaltung sind<br />

ideen-werkstätten geworden. hier<br />

werden gleise in die Zukunft gelegt.<br />

sie arbeiten. täglich. morgens schule.<br />

abends Zukunftshaus. sie wollen<br />

miteinander gestalten. sie wollen<br />

Dinge, die nicht vereinbar waren,<br />

miteinander vereinen. sie versuchen,<br />

im kleinen ihre welt zu verändern.<br />

sie sind real-utopisten.<br />

Das ruhrgebiet als sanierungsfall.<br />

im Zukunftshaus in Duisburgmarxloh<br />

haben sie eine Videowerkstatt<br />

gegründet und wollen die Dinge<br />

einfangen, wie sie sind. keine imagefilme<br />

nach dem Motto: schaut-wietoll-es-hier-ist.<br />

Das gesamte haus<br />

ist auf der suche nach der wahrheit.<br />

und die muss auch wehtun dürfen.<br />

sie wollen die chronisten dieser<br />

region werden und ihren wandel<br />

dokumentieren: narrativ, subversiv.<br />

Die kids haben immer eine einwegkamera<br />

bei sich und knipsen alles,<br />

was sie vor die linse bekommen. ein<br />

bild lügt nicht, meint einer. sie sind<br />

wahrheitsjäger.<br />

in den letzten jahren und jahrzehnten<br />

wurde hier viel dafür ausgegeben,<br />

Dinge von außen nach innen<br />

zu holen. Dinge, die man brauchte,<br />

oder Dinge, mit denen man versuchte,<br />

das fragile selbstbewusstsein<br />

dieser region zu stärken. aber überall<br />

hier gibt es kreatives potenzial,<br />

das ungenutzt bleibt. Das muss sich<br />

ändern, darin sind sich alle einig.<br />

wenn man mit den leuten in den<br />

Zukunftshäusern redet, merkt man,<br />

58<br />

no pAIn


noGAIn<br />

next generation — Die neuerfinDung Des ruhrgebiets<br />

wie sehr sie an dieser region hängen<br />

und die fehler der Vergangenheit<br />

nicht wiederholen möchten. es geht<br />

nicht um die frage, wie weit das, was<br />

ein anderer hier aufstellt, in die ferne<br />

leuchtet, sondern wie hell das,<br />

was sie tun, in die verwinkeltsten<br />

gesellschaftsschichten ihrer region<br />

strahlt. wie tief haben sich die identitäts-wurzeln<br />

in diesen boden, auf<br />

dem sie stehen, geschlagen? next<br />

generation ist keine party, sondern<br />

eine bestandsaufnahme.<br />

mit diesen gedanken im kopf<br />

streife ich durch das ruhrgebiet und<br />

sehe, wie vieles, was herangeschafft<br />

wurde, diese region im wahrsten sinne<br />

des wortes ausgehöhlt hat. Das<br />

ganze ruhrgebiet ist ein schweizer<br />

käse, das wissen die hier oben sehr<br />

gut. aber nicht nur der boden unter<br />

ihren füßen ist löchrig, sondern<br />

auch vieles über der erde. Die gesellschaft<br />

ist löchrig. Das miteinander<br />

ist löchrig. Das zwischenmenschliche<br />

leben ist ausgehöhlt. Der gesellschaftspakt<br />

in den kommunen<br />

steht kurz vor seiner kündigung. Das<br />

spüren sie täglich, wenn sie merken,<br />

dass sie nicht wirklich miteinander<br />

reden, sich nicht zusammentun.<br />

DAS RUhRGEBIEt ISt EIn<br />

SchWEIzER käSE. nIcht<br />

nUR DER BoDEn UntER<br />

DEn füSSEn ISt löchRIG,<br />

SonDERn AUch vIElES<br />

üBER DER ERDE<br />

Der Verteilungskampf werde härter,<br />

sagen sie bei pottporus, dem<br />

Zukunftshaus in herne. man sei<br />

sich all die jahre eher aus dem weg<br />

gegangen als aufeinander zu. Damit<br />

muss schluss sein. Die Zukunftshäuser<br />

wollen das ändern. man will<br />

nicht nur für sich arbeiten, sondern<br />

miteinander und vor allem: füreinander.<br />

schluss mit dem klein-klein<br />

der eigenen ideen. Dieser ideenwahn<br />

ist der goldene Käfig, aus dem man<br />

nicht mehr rauskommt. stattdessen:<br />

Die kräfte und die ideen bündeln.<br />

ab jetzt. global denken? oder: doch<br />

regional? Vielleicht: regional-global?<br />

wer wagt es, die bewegung von in-<br />

59<br />

nen nach außen zu tragen? wie auch<br />

immer. mit larmoyanten frequenzen,<br />

kitschigen selbstbeweihräucherungen,<br />

heimatlicher folklore und<br />

kochkursen ist schluss. Dieser wind<br />

geht durch alle Zukunftshäuser. Diese<br />

region hat sich niemals vor arbeit<br />

gedrückt. sie sind in 1.000 meter<br />

tiefe gestiegen, um den rest der republik<br />

mit wärme zu versorgen und<br />

die Zeche zu zahlen für einen sinnlosen<br />

2. weltkrieg. und jetzt?<br />

nExt GEnERAtIon ISt kEInE<br />

pARty, SonDERn EInE<br />

BEStAnDSAUfnAhmE.<br />

hier gibt es mit abstand die jüngsten<br />

und zupackendsten menschen<br />

unserer republik. nirgendwo sonst<br />

sieht man migranten und Deutsche<br />

so eng und friedlich nebeneinander<br />

leben. hier brennen keine mülltonnen.<br />

keine polizeiautos. keine<br />

schulen. keine kirchen. keine synagogen.<br />

keine moscheen. während<br />

die schweiz über minarette streitet,<br />

zieht hier ein deutscher maurer die<br />

innenwände einer moschee hoch.<br />

Das sind die leuchttürme, die<br />

in die tiefe leuchten und die dunklen<br />

löcher unserer gesellschaft mit<br />

licht füllen. Das sind geschichten,<br />

die erzählt werden müssen. mit den<br />

mitteln, die zur Verfügung stehen.<br />

Das sind die antworten, die gefunden<br />

werden müssen und die aufhorchen<br />

lassen, wenn man durch die gassen<br />

von marxloh geht, durch herne,<br />

durch wattenscheid. raus aus dem<br />

Zukunftshaus. rein ins leben.<br />

seit jahren sei hier nicht so<br />

was großartiges gebaut worden,<br />

schwärmt der deutsche maurer,<br />

matthias, aus marxloh. und ja: er<br />

ist stolz auf diese moschee, in der<br />

sein kumpel, massoud, der araber,<br />

betet. Die wand der moschee hat er<br />

verputzt. ärger hat er zunächst schon<br />

bekommen, einige haben ihre aufträge<br />

zurückgezogen. ein paar leute<br />

seien richtig angepisst gewesen. aber<br />

da habe er gemerkt, dass die gar kein<br />

problem mit massouds glauben haben,<br />

sondern mit diesem riesending.<br />

so als würde plötzlich einer, der die


WAS WIRD<br />

AUS MIR?<br />

8. FESTIVAL<br />

POLITIK IM FREIEN THEATER<br />

HERBST <strong>2011</strong><br />

www.bpb.de/politikimfreientheater


ganze Zeit einen klapprigen golf gefahren<br />

hat, jetzt einen porsche fahren.<br />

wie kommt das denn? neid sei<br />

das. nicht mehr, nicht weniger. Die<br />

wissen nicht, was gut und richtig<br />

ist, bis einer ihnen sagt, was gut und<br />

was richtig ist. und diese moschee<br />

ist richtig hier. und sonst nirgendwo.<br />

matthias und massoud sind zusammen<br />

aufgewachsen. warum soll<br />

massoud diesen ort hassen, wenn<br />

er hier ein stück seines glaubens<br />

errichtet? er kenne massoud und<br />

massoud scheißt nicht da, wo er isst.<br />

man ist hier zusammen durch dick<br />

und dünn gegangen. jetzt hat matthias<br />

kinder und massoud auch.<br />

WEnn mAn mEnSchEn<br />

WIE pRImAtEn BEhAnDElt,<br />

BEnEhmEn SIE SIch IR-<br />

GEnDWAnn AUch So.<br />

anstatt den krieg zu beschwören,<br />

sollen die kriegsberichterstatter<br />

konkret sagen, wie das miteinander<br />

gehen könnte. sie sollen ihren platz<br />

verlassen und ihr ohr an den beton<br />

legen, den matthias für massoud<br />

hochzogen hat, damit massoud von<br />

außen gut sichtbar seinen glauben<br />

ausleben kann und nicht in einer<br />

garage, in einem heruntergekommenen<br />

hinterhof. wenn man einen<br />

menschen wie einen primaten<br />

behandelt, dann benimmt er sich<br />

irgendwann auch so. was bedeutet<br />

menschsein? Darüber will hassan<br />

rappen in wattenscheid. Darüber,<br />

dass man grenzen überwinden<br />

muss, um zu wachsen. Darüber wollen<br />

jens und asye aus marxloh einen<br />

film machen, in der Videowerkstatt.<br />

so werden träume verwirklicht. so<br />

was schafft eine gemeinsame identität.<br />

indem alle über ihren horizont<br />

springen und Dinge zulassen, an die<br />

man bis jetzt nicht gedacht hat. no<br />

pain no gain.<br />

Die welt da draußen soll sich<br />

nach uns umschauen, meinen sie,<br />

und sehen, wie es gelingt, nicht nur<br />

den traum von der koexistenz der<br />

verschiedenen ethnischen und kulturellen<br />

gruppierungen zu träumen.<br />

sondern wie sie diesen traum mit<br />

herz, hirn und seele täglich anpacken<br />

und gestalten. Das sei die kohle,<br />

die sie jetzt hier rausholen müssen.<br />

Damit werde man die herzen<br />

der welt wärmen.<br />

und für einen moment bekommt<br />

der vage traum kontur: Diese kleinen<br />

Dinge werden die region zu einer<br />

metropole machen. schritt für<br />

schritt. Vielleicht nicht sofort, aber<br />

bald, sehr bald. und die menschen<br />

in dieser region mit ihren Zukunftshäusern<br />

müssen pioniere dieses<br />

traumes werden. es ist schmerzhaft,<br />

Dinge aufzugeben und neue Dinge<br />

anzunehmen. sich verwandeln tut<br />

weh. Das wird alles andere als eine<br />

party. Das wissen sie. aber sie stellen<br />

sich dem schmerz. irgendwann wird<br />

auch Zeit für party sein, aber sie ist<br />

nicht jetzt. auch das wissen sie.<br />

nURAn DAvID cAlIS ist autor, filmemacher<br />

unD regisseur. Das ganZe jahr <strong>2010</strong> ist er in<br />

Der ruhrregion unterwegs unD sammelt<br />

im rahmen Von next generation Die geschichten<br />

unD Die ZukunftsVorstellungen<br />

ihrer jugenD, Die ab oktober auf Der<br />

bühne Der kammerspiele Zu sehen sinD.<br />

NEXT GENERATION hat eine Stimme,<br />

mit der sich die Jugend des Ruhrgebiets<br />

im Jahr <strong>2010</strong> weit über die Grenzen<br />

der Region hinaus Gehör verschafft:<br />

DEUTSCHLANDRADIO KULTUR begleitet<br />

das Projekt als Kooperationspartner.<br />

Regelmäßige Reportagen berichten<br />

von der Entwicklung in den Zukunftshäusern,<br />

gemeinsame Diskussionsveranstaltungen<br />

bündeln die Ergebnisse<br />

und mit der „Deutschlandrundfahrt“<br />

macht der Sender mehrmals im Jahr<br />

mit einem Übertragungswagen in Essen,<br />

<strong>Bochum</strong> und Duisburg Station.<br />

Deutschlandradio Kultur ist in der<br />

Ruhrregion auf folgenden Frequenzen<br />

zu empfangen:<br />

Mülheim auf 93,7 MHz<br />

<strong>Bochum</strong> auf 89,3 MHz<br />

Essen auf 88,3 MHz<br />

61<br />

Next GeNeratioN<br />

das stuck<br />

von Nuran David Calis<br />

und Jugendlichen aus dem ganzen Ruhrgebiet<br />

premiere am 28. oktober <strong>2010</strong> in den kammerspielen<br />

Voraufführung am 27. oktober <strong>2010</strong> im rahmen des<br />

bundesfachkongress interkultur<br />

ein jahr lang haben sie gearbeitet. sie haben ihr leben<br />

transparent gemacht, die lage ihrer stadt analysiert und<br />

große und kleine pläne entworfen. sie haben gelernt zu<br />

tanzen, zu singen, zu spielen und filme zu drehen – und<br />

vor allem haben sie gelernt ihre meinung zu sagen. sie<br />

kommen aus bochum, essen, Duisburg, herne und dem<br />

gesamten ruhrgebiet. aus stadtteilen, die so unterschiedlich<br />

sind wie sie selbst. Vor einem jahr haben sie einander<br />

noch nicht gekannt und nur wenig voneinander gewusst.<br />

Zusammen stehen sie im herbst <strong>2010</strong> auf der bühne der<br />

kammerspiele im bochumer schauspielhaus. es wird ihr<br />

stück sein, das sie hier spielen, und ihre geschichte, die sie<br />

erzählen. alle gemeinsam und über die grenzen der städte<br />

hinweg. Der autor und regisseur nuran David calis wird<br />

die Zukunftshäuser das ganze jahr lang begleiten. unter<br />

seiner leitung gehen sie auf die bühne in bochum. egal<br />

wo sie herkommen, welche sprache sie sprechen und egal,<br />

wo sie in Zukunft leben werden: es wird ihr stück und ihre<br />

Zukunft. ein stück über das panorama einer besonderen<br />

stadtjugend und eine neue geschichte über die Zukunft an<br />

der ruhr.<br />

Regie: Nuran David Calis<br />

Bühne: Irina Schicketanz<br />

Kostüme: Silke Rekort<br />

Musik: Vivan Bhatti<br />

Video: Karnik Gregorian<br />

Alle Infos aus den Zukunftshäusern und<br />

der Blog von Nuran David Calis unter:<br />

www.next-generation-<strong>2010</strong>.de<br />

NEXT GENERATION ist ein Projekt von <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong>, der Bundeszentrale für politische Bildung und der<br />

Kulturhauptstadt Europas RUHR.<strong>2010</strong>. Gefördert vom Ministerpräsidenten<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen. Partner:<br />

Deutschlandradio Kultur.


EnsEmblE<br />

maja bEckmann<br />

manuEla alphons<br />

DIETmar bär*<br />

manFrED böll<br />

FrIEDErIkE bEchT<br />

annE-marIE bubkE*


ThErEsE Dörr<br />

paul hErwIg* anDrEas groThgar<br />

maTThIas EbErlE<br />

jonas grubEr*<br />

barbara hIrT<br />

bETTIna EngElharDT<br />

jürgEn harTmann<br />

marTIn horn*


Thomas loIbl* raIko küsTEr<br />

ronny mIErsch<br />

FlorIan langE<br />

marco massaFra<br />

VEronIka nIckl<br />

kaTharIna lInDEr<br />

nIcola masTrobErarDIno<br />

krIsTIna-marIa pETErs


ErnD raDEmachEr<br />

rolanD rIEbElIng<br />

hEIko ruprEchT*<br />

naDja robIné FElIx rEch*<br />

DImITrIj schaaD<br />

maTThIas rEDlhammEr<br />

armIn rohDE*<br />

hEnrIk schubErT


mIchaEl schüTz<br />

xEnIa snagowskI<br />

sTEphan ullrIch*<br />

joEp Van DEr gEEsT* DanIEl sTock<br />

lEna schwarz*<br />

krunoslaV ŠEbrEk<br />

wErnEr sTrEngEr<br />

juTTa wachowIak*


klaus wEIss<br />

Franck EDmonD yao*<br />

ankE zIllIch<br />

*gäsTE<br />

Thomas anzEnhoFEr<br />

rolanD bayEr<br />

sImon brEuEr<br />

rEInouT bussEmakEr<br />

Dunja DogmanI<br />

roElanD FErnhouT<br />

chrIsToph FIngEr<br />

DanIEl FlIEgEr<br />

haukE hEumann<br />

karolIna horsTEr<br />

DIETEr huFschmIDT<br />

holgEr kunkEl<br />

wErnEr lusTIg<br />

anDrEas maIEr<br />

manDana mansourI<br />

haDEwych mInIs<br />

olIVEr möllEr<br />

karIn moog<br />

FrIEDa pITToors<br />

alwIn pulInckx<br />

sIErk raDzEI<br />

alExanDEr rITTEr<br />

Thomas schwEIbErEr<br />

yonIna spIjkEr<br />

hEnrIETTE ThImIg<br />

lEon VoorbErg<br />

phIlIpp wEIganD<br />

juDITh Van DEr wErFF<br />

aljoscha zInFlou<br />

sowIE sTuDIErEnDE DEr Folkwang unIVErsITäT, TänzEr<br />

unD sTrEETarT-künsTlEr Von poTTporus/rEnEgaDE<br />

unD TEIlnEhmEr DEr nExT-gEnEraTIon-zukunFTshäusEr


wIe Kommt dIe weLt Ins tHeAter? — dIe Autoren<br />

Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> war schon<br />

immer auch ein Ort für Uraufführungen<br />

und neue Autoren. Fünf von ihnen<br />

werden in der kommenden Spielzeit<br />

ihre Stücke in <strong>Bochum</strong> zeigen. Sie gehören<br />

alle zur gleichen Generation, was<br />

nicht heißt, dass sie immer das Gleiche<br />

denken. Nicht einmal, dass sie alle immer<br />

das Gleiche tun. Wie unterschiedlich<br />

sie sind, wird <strong>Bochum</strong> bald nicht<br />

nur durch ihre Stücke erfahren, sondern<br />

auch durch viele Veranstaltungen,<br />

in denen sie von sich und ihrer Welt<br />

erzählen werden. Ein erstes Treffen mit<br />

Nuran David Calis, Reto Finger, Dirk<br />

Laucke, Jan Neumann und Christoph<br />

Nußbaumeder.<br />

IntervIew: AnnA HAAs und tHomAs LAue<br />

Fotos: dIAnA Küster<br />

68


Aus welchen Gründen entscheidet man<br />

sich heute dafür, ausgerechnet Theaterautor<br />

zu werden?<br />

Reto Finger: Ich wollte ursprünglich<br />

gar nichts mit theater zu tun haben,<br />

obwohl es in meiner Familie einige<br />

musiker und theaterleute gibt. Ich<br />

habe Jura studiert. mit 25 habe ich<br />

gemerkt, dass mir das nicht reicht.<br />

Ich wollte mich nicht ausschließlich<br />

Christoph Nußbaumeder<br />

geboren 1978 in Eggenfelden/Niederbayern,<br />

lebt seit 11 Jahren in Berlin.<br />

2004 gewann er den Preis des Stückewettbewerbs<br />

der Berliner Schaubühne<br />

für sein Stück „Mit dem Gurkenflieger<br />

in die Südsee“.<br />

Nußbaumeder schreibt in der Tradition<br />

des kritischen Volksstücks, erzählt<br />

von den Verlierern, aber auch von<br />

den Gewinnern unserer Gesellschaft.<br />

Mit wenigen Worten gelingt es ihm,<br />

seine Figuren messerscharf zu charakterisieren.<br />

Nußbaumeders Stücke wurden<br />

an der Schaubühne am Lehniner<br />

Platz Berlin, bei den Ruhrfestspielen<br />

Recklinghausen, am Nationaltheater<br />

Mannheim, am Schauspiel Köln und<br />

am Schauspiel Essen uraufgeführt.<br />

als Jurist mit dem Leben auseinandersetzen.<br />

nun wechsele ich hin und<br />

her: es gibt Phasen, in denen man<br />

das Leben beschreiben kann, und es<br />

gibt Phasen, in denen man es leben<br />

muss. Ich kann deshalb auch nicht<br />

durchgehend intensiv schreiben. Ich<br />

muss immer wieder außerhalb des<br />

theaters arbeiten, um auf neue dinge<br />

zu stoßen, die mich inspirieren.<br />

Jan Neumann: Arbeitest du immer<br />

noch als Jurist?<br />

Reto Finger: Ja, hin und wieder.<br />

Nuran David Calis: Immer, wenn ich<br />

ihn anrufe, höre ich: „Ich verfasse<br />

gerade einen Bericht für einen richter.“<br />

Als ich ihn in Zürich besucht<br />

habe, sind wir durch das Büro irgendeines<br />

staatsanwaltes und haben<br />

Akten gesucht. manchmal findet<br />

man ihn nur noch im Gericht.<br />

Christoph Nußbaumeder: Ich wollte<br />

auch nie zum theater. Aber ich habe<br />

früh geschrieben. verschiedenes:<br />

Kurzprosa, Lyrik, alles mögliche und<br />

plötzlich entstand auch ein theaterstück.<br />

das wurde relativ rasch uraufgeführt<br />

und danach kamen die ersten<br />

stückaufträge. Ich hätte nie gedacht,<br />

dass es eine spezielle szene für dramatik<br />

gibt und dass man davon leben<br />

kann. Ich hatte mir Autoren immer<br />

eher wie Goethe vorgestellt (lacht):<br />

man macht irgendwie alles.<br />

Dirk Laucke: Ich habe szenisches<br />

schreiben studiert, an der udK in<br />

Berlin. mir war es auch nicht so klar,<br />

dass ich theaterautor werden möchte.<br />

Ich habe halt texte t geschrieben,<br />

auch mal ein theaterstück. Ich habe<br />

mich dann mit einem Fragment<br />

beworben und studiert, weil es besser<br />

war als Psychologie, was ich ursprünglich<br />

machen wollte. nach den<br />

ersten erfolgen bin ich dann auch in<br />

diese sogenannte spirale gekommen.<br />

Ich habe aber auch keinen Bock, einen<br />

anderen Beruf zu machen, also<br />

schreibe ich.<br />

Nuran, du bist Regisseur, Autor und<br />

Filmemacher. Was hast du studiert?<br />

Nuran David Calis: regie. In münchen,<br />

an der Falckenberg schule. daher<br />

kenne ich auch Jan neumann.<br />

der war auf der theaterakademie als<br />

schauspielschüler ein Jahrgang über<br />

mir. wir fanden das damals total<br />

krass, dass euer gesamter Jahrgang<br />

ans residenztheater engagiert wurde.<br />

Ihr wart unsere Idole.<br />

Jan Neumann: d a hattet ihr aber komische<br />

Idole.<br />

69<br />

EisEnstE nstE nst in<br />

von Christoph Nußbaumeder<br />

uraufführung am 26. september <strong>2010</strong><br />

in den Kammerspielen<br />

Glücklich sind sie nicht geworden, die schatzschneiders<br />

aus eisenstein. sind von eisenstein nach münchen gegangen,<br />

reicher geworden und mächtiger über die Jahre, aber<br />

das unglück lag wie ein Fluch über dieser Familie. dabei<br />

standen 1945 die sterne gut für den alten Josef schatzschneider:<br />

In den wirren der nachkriegsjahre hat er sich<br />

gut gestellt mit den Alliierten, hat seinen Bruder, der bei<br />

der ss war, durchbringen können und nebenbei noch erna,<br />

die junge Frau, die als Flüchtling zu ihnen kam in den letzten<br />

Kriegstagen. einen unehelichen sohn hat er mit ihr,<br />

glaubt er. der Junge Georg wächst in eisenstein auf, erhält<br />

Josefs Bruder zum stiefvater und wird zum ehrgeizigen und<br />

erfolgreichen unternehmer. Als Georg sich in Gerlinde,<br />

Josefs tochter, t verliebt, muss Josef seine vaterschaftvbeich- ten und das Paar trennen. erna schweigt zu alledem, doch<br />

sie allein und die wahrheit w über Georgs wirklichen vater v<br />

könnten die beiden unglücklichen erlösen. Als sie zu reden<br />

beginnt, ist es zu spät. Georg heiratet Heidi, die jüngere<br />

schwester Gerlindes, die ehe scheitert. erst die dritte Generation<br />

der schatzschneiders ist in der Lage, das schweigen<br />

und die Lügen zu durchbrechen.<br />

e ingebettet in historische und politische ereignisse<br />

erzählt Christoph nußbaumeder die saga einer zerrissenen<br />

Familie, die nicht zu sich findet. So ist es auch die<br />

Geschichte der Bundesrepublik deutschland, die sich nur<br />

langsam aus den schatten und dem schweigen der verganv genheit löst.<br />

Regie: Anselm Weber<br />

Bühne: Patrick Bannwart<br />

Kostüme: Meentje Nielsen<br />

Musik: Cornelius Borgolte<br />

Video: Bibi Abel<br />

Dramaturgie: Thomas Laue, Sabine Reich<br />

mit: dietmar Bär, roland Bayer, maja Beckmann, Annemarie<br />

Bubke, Bettina engelhardt, Andreas Grothgar, Jonas<br />

Gruber, martin Horn, Karolina Horster, Kristina-maria<br />

Peters, sierk radzei, Krunoslav Šebrek


„Das finde ich vollkommen in Ordnung.“<br />

Jan, du hast auch mehrere Berufe oder?<br />

Jan Neumann: nach meinem erstengagement<br />

als schauspieler in münchen<br />

bin ich ans schauspiel Frankfurt<br />

gegangen. dort ging es mir eine<br />

Zeit lang nicht gut. Also habe ich<br />

geschrieben: mein erstes stück, das<br />

ich schon auf der schauspielschule<br />

begonnen hatte. die uraufführung<br />

fand ich so schlimm, dass ich herausfinden<br />

wollte, ob es am Stück lag<br />

oder an der regie. Ich habe die Leitung<br />

in Frankfurt solange bearbeitet,<br />

bis ich es selbst inszenieren durfte.<br />

so wurde ich Autor und regisseur.<br />

Seitdem finde ich es ziemlich irre,<br />

wie dieser „markt“ funktioniert:<br />

man hat das Gefühl, dass jedes<br />

Jahr eine neue Generation erfunden<br />

wird und stellvertretend einer in die<br />

höchsten sphären des Feuilletons geschossen<br />

wird. man weiß genau, dass<br />

da schnell wieder ein neuer name<br />

zwischen den sternen steht. Ich habe<br />

erlebt, dass ich eine gute Kritik in der<br />

„süddeutschen“ hatte, und plötzlich<br />

kamen die Anrufe. Auch von Leuten,<br />

die seit Jahren kaum mit mir geredet<br />

haben. die haben mir plötzlich sachen<br />

angeboten, ohne überhaupt etwas<br />

gesehen zu haben. Ich finde das<br />

interessant, aber auch enttäuschend.<br />

Worüber habt ihr euch zuletzt richtig<br />

geärgert?<br />

Jan Neumann: über die deutsche<br />

Bahn, gerade eben wieder. das klingt<br />

total kleinkariert, aber es ist etwas,<br />

über das ich mich wirklich aufregen<br />

kann. Ich gehe oft in den speisewagen<br />

und ärgere mich darüber, dass es<br />

dort seit Jahren schlechter, aber dafür<br />

immer teurer wird. es geht überall<br />

nur um Gewinnmaximierung und<br />

um nichts anderes mehr. das klingt<br />

wirklich kleinkariert und gewollt politisch!<br />

Aber es ist doch überall so:<br />

Als die deutsche Bank vor kurzem 5<br />

milliarden Gewinn bekannt gegeben<br />

hat, habe ich mich richtig aufgeregt.<br />

Zwei tage vor der nacht, als Frau<br />

merkel und Herr Ackermann dieses<br />

erste rettungspaket für die Banken<br />

geschnürt haben, hat mich ein befreundeter<br />

Banker angerufen und<br />

meinte, er hätte gerade seine Konten<br />

bei der deutschen Bank aufgelöst,<br />

wIe Kommt K d dIe<br />

weLt Lt L Ins tHeAter? Ater? A — dIe Autoren<br />

denn es kursierten Gerüchte, dass<br />

die nächste wochew Pleite geht. Ab-<br />

solute Hysterie. und dann verkünden<br />

die wenige monate später einen<br />

5-millarden-Gewinn! wahnsinn.<br />

was w ich vermisse, ist eine generelle<br />

Form von moral als ein Gegenprogramm<br />

zur Gewinnmaximierung.<br />

Dirk Laucke: Ich denke nicht, dass<br />

man von Bankern eine moralische<br />

Jan Neumann<br />

geboren 1975 in München, lebt in<br />

Berlin. Der Autor, Schauspieler und<br />

Regisseur ist Spezialist für Stückentwicklungen.<br />

Dabei lässt er sich von<br />

einem Schlüsselbegriff leiten, dem er<br />

mit seinem Ensemble in Diskussionen,<br />

Recherchen, Improvisationen und biografischen<br />

Erkundungen nachgeht. So<br />

hat er bereits eine Anzahl spannender<br />

und weithin wahrgenommener Stücke<br />

und Inszenierungen geschaffen: „Kredit“<br />

am Schauspiel Frankfurt, „Fundament“<br />

am Staatstheater Stuttgart und<br />

zuletzt „Gott allein“ am Staatsschauspiel<br />

Dresden. Darüber hinaus inszeniert<br />

Jan Neumann auch die Werke anderer<br />

Autoren und schreibt Stücke, bei<br />

denen er nicht selbst Regie führt und<br />

die am Thalia Theater in Hamburg, am<br />

Düsseldorfer <strong>Schauspielhaus</strong> und am<br />

Schauspiel Essen uraufgeführt wurden.<br />

Position erwarten kann. die machen<br />

ihren Job aus ihrer sicht genau<br />

richtig, auch wenn sie scheiße bauen.<br />

das kann man ihnen nicht vorwerfen,<br />

sie sind schließlich nicht für<br />

Amnesty International engagiert.<br />

Jan Neumann: Aber wenn ich darüber<br />

70<br />

schimpfe, kann ich wenigstens eine<br />

sehnsucht formulieren. es gibt keine<br />

Gesprächskultur mehr, in der die<br />

dinge an- und ausgesprochen werden,<br />

wie sie sind. schon gar nicht in<br />

der Politik. Ich verstehe nicht, wie zum<br />

Beispiel so eine hochkarätige truppe t<br />

wie auf der Klimakonferenz keine<br />

Form der Kommunikation findet.<br />

Christoph Nußbaumeder: Ich glaube,<br />

das ist ein symptom für ganz viele<br />

Bereiche in der Gesellschaft, aber<br />

darüber kann ich mich nicht so<br />

echauffieren! Die Ursachen liegen<br />

ganz woanders.<br />

Jan Neumann: Klar, sind das nur symptome.<br />

die ursache kann ich aber<br />

letztendlich nicht greifen. Ich kann<br />

mich deshalb ehrlicherweise auch<br />

nicht hinstellen und sagen: Kapitalismus<br />

ist scheiße, weg mit dem Kapitalismus.<br />

Nuran David Calis: der Gesellschaftspakt,<br />

den es ja mal gab und zu teit len immer noch gibt, wird nach und<br />

nach ausgehöhlt. unterm strich laufen<br />

die dinge gegen uns und überm<br />

strich soll es so aussehen, als würde<br />

alles für uns getan. Alles ist darauf<br />

bedacht, das system am Laufen zu<br />

halten, dabei wird es im Kern immer<br />

weiter ausgehöhlt.<br />

Also Revolution?<br />

Nuran David Calis: vielleicht utopien.<br />

wo w steuert unsere Gesellschaft<br />

hin?<br />

Dirk Laucke: m ichail Bakunin, ein<br />

Anarchist, meinte, dass die utopie<br />

die Leute verrät, weil sie ein Bild von<br />

einem Paradies schafft, das es gar<br />

nicht gibt. Bakunin ist im Prinzip für<br />

eine permanente entwicklung. das<br />

ist ja vielleicht auch im theater immer<br />

wieder der Fall. die Glücksmomente<br />

der Freiheit beim schreiben<br />

oder Proben sind ja die momente des<br />

Ausprobierens.<br />

Christoph Nußbaumeder: m an kann<br />

von den meisten menschen nicht<br />

erwarten, dass sie permanent revolution<br />

betreiben. man sehnt sich ja<br />

auch nach sicherheit und festen or-


ten. das ist die diskrepanz zwischen<br />

wille und wirklichkeit.<br />

Dirk Laucke: w ir ziehen uns zurück<br />

und horten unseren reichtum!<br />

Jan Neumann: Ich kann doch nicht<br />

glaubhaft den Aufruf zur revolution<br />

hinschreiben. Ich kann auch kein<br />

politisches theater machen, weil ich<br />

mich beim schreiben in viel zu viele<br />

Positionen hineindenken kann. Ich<br />

erzähle lieber von der schwierigkeit,<br />

Position zu beziehen und wie unmöglich<br />

das heute ist.<br />

Reto Finger: es gibt nicht mehr nur<br />

die eine Antwort. das ist ein symptom<br />

unserer Generation. es ist eine<br />

große Herausforderung, davon nicht<br />

paralysiert zu werden. dass ich nicht<br />

nur schreiben darf, wenn ich die Gesamtantwort<br />

habe. Ich muss mich<br />

damit begnügen, die widersprüche<br />

zu ertragen und eine teilantwort t<br />

zu<br />

liefern. wir müssen uns damit abfinden,<br />

dass wir im Gegensatz zu der<br />

Generation vor uns keine monokausalen<br />

Antworten mehr liefern können.<br />

Dirk Laucke: d as finde ich vollkommen<br />

in ordnung.<br />

Christoph Nußbaumeder: die monokausalen<br />

stücke waren auch schlechte<br />

stücke.<br />

Jan Neumann: Zu ihrer Zeit vielleicht<br />

nicht.<br />

Dirk Laucke: was in deutschland in<br />

der tradition,t in der wir stehen, über-<br />

haupt nicht geht, ist menschen von<br />

der Bühne herab modelle vorzusetzen,<br />

wo dann alle zur tat t schreiten<br />

sollen. Ich habe schiss vor Konzepten,<br />

die so einheitlich sind. es gibt ja<br />

nicht nur das linke Konzept. wenn w<br />

allen Leuten klar gemacht wird, dass<br />

deutschland sich abschotten muss<br />

vor einer Bedrohung, die Globalisierung<br />

heißt, dann ist auf jeden Fall<br />

auch das rechte Konzept im Kommen.<br />

e s gibt sehr viele Parallelen in linken<br />

wie rechten Konzepten. daher<br />

habe ich Bedenken vor monokausalen<br />

Antworten. Ich sehe mich lieber<br />

als ein Finger in den wunden. w<br />

Nuran David Calis: mir reicht das<br />

nicht, es einfach nur bei der Kritik zu<br />

belassen oder zu sagen: es gibt so viele<br />

Antworten. eine Antwort reicht,<br />

wenn es deine ist. Ich will meine eine<br />

Antwort schon kundtun. dafür kassiere<br />

ich dann auch gerne Prügel.<br />

Jan Neumann: mir ist es wichtiger,<br />

Fragen zu stellen. oder zu fragen,<br />

welche Fragen nicht gestellt werden.<br />

Würdet ihr alle zustimmen, dass es<br />

eure Aufgabe ist, Dinge kritisch zu beschreiben?<br />

Jan Neumann: ein teil der Aufgabe,<br />

ja. Ansonsten natürlich spaß, unterhaltung,<br />

erzählen.<br />

Dirk Laucke: spaß bedeutet auch,<br />

dass ich spaß habe beim schreiben.<br />

Reto Finger: Ich kann mir gut vorstellen,<br />

dass sich die Probleme so<br />

zuspitzen, dass es irgendwann wieder<br />

denkbar wird, stücke zu schreiben,<br />

die die eine Antwort liefern. unsere<br />

Gesellschaft steuert auf missstände<br />

zu, die ab einem gewissen Punkt einfach<br />

zu beantworten sind. Ich kenne<br />

die situation in deutschland nur aus<br />

der Zeitung. In der schweiz werden<br />

unter dem titel „sparen“ sozialleistungen<br />

abgebaut, was früher oder<br />

später in schweizer städten zu sozialen<br />

unruhen führen wird. vor v zwei<br />

71<br />

HocHstapEln<br />

von Jan Neumann<br />

uraufführung am 2. dezember <strong>2010</strong> im theater unten<br />

„Hochstapeln“ meint nicht nur die klassischen Hochstapler,<br />

millionenbetrüger, Lügner. das experiment wäre,<br />

diesen Begriff auf alle Lebensbereiche auszudehnen. wann w<br />

stapeln wir hoch?<br />

Welche Geschichten, welche Realitäten erfinden wir im<br />

Angesicht der Krise? welche w sicherheiten bleiben, wenn<br />

nichts mehr gedeckt ist? dem Geldwert schon längst kein<br />

sachwert mehr entspricht? und nichts mehr im verhältv nis steht? welche w Behauptungen werden aufgestellt? In der<br />

wirtschaft? der Politik? Im Privatleben? wie erschwindeln<br />

wir uns Geld? Aufmerksamkeit? Liebe? Wie erfinde<br />

ich mich selbst? In meinem Facebook-Profil? In meiner<br />

Beziehung? Im Beruf? Wann beginnen wir zu erfinden?<br />

Hochstapler sind märchenerzähler: „das wichtigste,<br />

wenn sie betrügen wollen, sie müssen ihre Geschichte<br />

einfach und logisch erzählen“, rät Profibetrüger Mark Z.<br />

sie sind Geschichtenerzähler, schauspieler, manipulierer –<br />

wie wir alle.<br />

„Hochstapeln“ ist eine stückentwicklung. Ausgehend<br />

von einem schlüsselbegriff entsteht der theatertext während<br />

der Probenzeit – gemeinsam mit den schauspielern,<br />

vor ort und für die stadt.<br />

Regie: Jan Neumann<br />

Bühne: Thomas Goerge<br />

Kostüme: Nini von Selzam<br />

Dramaturgie: Anna Haas


„Der schonungslose, subjektive Blick.“<br />

wochen w hat in Zürich eine „ reclaim<br />

the street“-Party stattgefunden.<br />

die ist in eine regelrechte straßenschlacht<br />

ausgeartet.<br />

Dirk Laucke: e s gibt zurzeit eine starke<br />

tendenz t zu stücken oder Projekten,<br />

die lokal oder regional sind.<br />

da sehe ich Chancen, dass theater<br />

politisch wird. wenn w ich ein stück<br />

für ein bestimmtes theater schreibe,<br />

stelle ich die Frage, was in der region<br />

gerade so kocht, was da brennt. In<br />

dem moment ist man sehr konkret.<br />

dass diese paar einzelfälle, mit denen<br />

man sich beschäftigt, dann aber<br />

immer für etwas Großes stehen müssen,<br />

finde ich schwierig.<br />

Christoph Nußbaumeder: Aber das ist<br />

doch die Kunst dabei. erstmal der<br />

schonungslose, subjektive Blick. das<br />

ist das Beste, reinste was man machen<br />

kann. wenn w darüber sprachbilder<br />

oder momente entstehen, die<br />

ein Bild für das so genannte Große<br />

sind, dann ist es wunderbar.<br />

Jan Neumann: d irk, du hattest doch<br />

diesen skandal mit den „ultras“ in<br />

Halle? das war lokal, dann überregional<br />

und am ende ein Politikum.<br />

Dirk Laucke: da gab es einige missverständnisse.<br />

„ultras“ war ein Projekt,<br />

das ich in Halle mit Fußballfans<br />

entwickelt und inszeniert habe. die<br />

„ultras“ sind fanatische Fußballfans,<br />

die nicht überall rechts sind. In Halle<br />

allerdings schon. die sagen von<br />

sich, dass sie unpolitisch sind, und<br />

werden in der stadt geduldet. sie tragen<br />

rechte Klamotten, haben rechte<br />

Freunde und ein rechtes weltbild: w<br />

also Chauvinismus, Homophobie,<br />

sexismus, nationalismus, alles was<br />

rechts ist. und trotzdem sagen sie, sie<br />

seien unpolitisch.<br />

d as war die schwierigkeit in der<br />

Arbeit mit ihnen, dass sie sich und<br />

der Öffentlichkeit nicht eingestehen<br />

wollten, dass sie selbst Faschos sind.<br />

Letzten endes konnte man es in der<br />

Inszenierung nicht mehr verbergen.<br />

sie haben sich durch ihr eigenes verv halten verraten.<br />

Jan Neumann: Ist das Bewusstsein im<br />

Laufe der Arbeit gewachsen?<br />

wIe Kommt K d dIe<br />

weLt Lt L Ins tHeAter? Ater? A — dIe Autoren<br />

Dirk Laucke: In der Probenzeit gab<br />

es immer wieder Augenblicke, wo<br />

entweder die ganze Gruppe gedroht<br />

hat abzuspringen oder einzelne ausgestiegen<br />

sind. Aber es gab auch momente,<br />

die emanzipatorisch waren.<br />

wo w sie im theater eine Chance gesehen<br />

haben, die sie vorher nicht hatten.<br />

das ist irgendwann kaputt gegangen,<br />

weil ich dem Chef verboten<br />

habe, bei dem Projekt mitzumachen,<br />

Nuran David Calis<br />

geboren 1976 in Bielefeld, lebt heute<br />

in München. Der Autor, Theater- und<br />

Filmregisseur zeichnet sich durch ein<br />

großes Gespür für die Sprache und das<br />

Lebensgefühl junger Menschen aus.<br />

2008 kam sein erster abendfüllender<br />

Spielfilm „Meine Mutter, mein Bruder<br />

und ich“ in die deutschen Kinos. Seine<br />

viel beachtete Bearbeitung von Wedekinds<br />

„Frühlings Erwachen!“, die am<br />

Schauspiel Hannover uraufgeführt<br />

wurde, hat er ebenfalls selbst verfilmt.<br />

Neben den Überschreibungen litera litera-<br />

rischer Stoffe erarbeitet er Stücke mit<br />

Jugendlichen, darunter „Homestories“<br />

am Schauspiel Essen. Für das <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> entwickelt und<br />

inszeniert er im Rahmen von NEXT<br />

GENERATION ein Stück mit Jugendlichen<br />

aus <strong>Bochum</strong>, Essen, Duisburg und<br />

Herne (siehe Seite 56).<br />

und ihnen klar geworden ist, dass sie<br />

als rechte wahrgenommen werden.<br />

Jetzt haben wir streit.<br />

Wo seid ihr zu Hause?<br />

Nuran David Calis: In münchen. Ich<br />

liebe diese stadt. schon immer. Ich<br />

72<br />

bin zutiefst FC-Bayern-Fan. Ihr werdet<br />

mich hassen.<br />

Warum München?<br />

Nuran David Calis: Ich bin in Bielefeld<br />

groß geworden. wir sind dort<br />

ins Fußballstadion gegangen: Bayern<br />

gegen Arminia. Ich musste mit den<br />

Kumpels immer in die Fankurve der<br />

Bielefelder.<br />

Aber als ich den rummenigge<br />

gesehen habe, mit diesen krassen<br />

oberschenkeln, da wusste ich einfach,<br />

dass ich mehr münchner und<br />

Bayer bin.<br />

Christoph Nußbaumeder: wobei der<br />

rummenigge aus westfalen w kommt!<br />

Nuran David Calis: die haben ihn<br />

auch immer als verräter v beschimpft.<br />

Spielt Herkunft für euer Schreiben eine<br />

Rolle? Bist du beim Schreiben ein Bayer,<br />

Christoph?<br />

Christoph Nußbaumeder: natürlich<br />

spielt Herkunft eine rolle, wahrscheinlich<br />

das ganze Leben lang.<br />

Gewisse erfahrungen oder Begegnungen<br />

mit menschen aus einer bestimmten<br />

ortschaft oder Landschaft<br />

bringen eine gewisse mentalität mit<br />

sich. das sind eingebrannte Bilder.<br />

Reto Finger: das schärft sich noch<br />

durch den Abstand, wenn man weggeht.<br />

Christoph Nußbaumeder: Klar, und es<br />

ist ambivalent. man mag ganz vieles<br />

nicht und manches eben doch. es<br />

ist ein teil t von einem selbst. man<br />

schreibt ja auch über das, was man<br />

nicht aushält. Gerade das beschäftigt<br />

einen. Ich schreibe ja keine oden.<br />

Du bist Schweizer, Reto. Das war man<br />

früher ja gerne. Ist es in letzter Zeit<br />

schwieriger geworden?<br />

Reto Finger: es gab eine Zeit, wo das<br />

irgendwie süß, nett und schön war.<br />

Jetzt sind auch andere Adjektive dazu<br />

gekommen wie ...<br />

Jan Neumann: ... habgierig … böse …<br />

gehässig …


Nuran David Calis: ... Gangster ...<br />

Bangster.<br />

Reto Finger: m an hat ja nicht die<br />

wahl.w Aber noch bin ich nicht so-<br />

weit, dass ich lieber Franzose oder<br />

deutscher wäre. Ich bin in einem<br />

kleinen dorf, fernab der stadt, im emmental<br />

groß geworden. das spielt für<br />

mein schreiben absolut eine rolle.<br />

Kommst du nicht aus so einer Hippie-<br />

Familie?<br />

Reto Finger: Ich war zum einen mit<br />

meiner mutter auf einem Bauerndorf<br />

in rumendingen und an den<br />

wochenenden w bei meinem vater v in<br />

einer Kommune im Jura. Heimat ist<br />

immer ein guter ort, um essenzielle<br />

dinge rausschälen zu können.<br />

Dirk Laucke: das finde ich auch.<br />

wobei w ich durch Halle an der saale<br />

nicht unbedingt positiv beeinflusst<br />

bin. man kann da von einer Hassliebe<br />

sprechen. es war nun mal eine<br />

sehr konfliktreiche Gegend und das<br />

lässt mich nicht mehr los: diese gesellschaftlichen<br />

umbrüche, die in<br />

meiner Familie stattgefunden haben,<br />

und was ich in meiner Jugend dort<br />

erlebt habe. wenn w ich recherchiere,<br />

fällt mir ein: Ach, ich kenne ja so einen<br />

stasi-mann – wo habe ich den<br />

kennen gelernt? – in Halle. dann<br />

kann ich den ja mal interviewen. so<br />

gesehen ist Halle noch immer meine<br />

Quelle.<br />

Würdest du dich als ostdeutschen Autor<br />

bezeichnen?<br />

Dirk Laucke: das würde ja heißen,<br />

dass ich so einen sonderfall von<br />

ostdeutschland annehme, und das<br />

klingt fast positiv besetzt, als ob ich<br />

das gut finden würde, dass es ein<br />

ost- und ein westdeutschland w<br />

gibt.<br />

Was ist als Erstes da, wenn ihr mit einem<br />

Stück beginnt?<br />

Reto Finger: e ine Atmosphäre, eine<br />

temperatur, t<br />

ein Gefühl dafür, wie es<br />

schmecken muss, wenn es schmecken<br />

würde.<br />

Nuran David Calis: oder ein Film. Ich<br />

lasse beim schreiben extreme Zustände<br />

aufeinander zufahren.<br />

Ich brauche das, um in dialog mit<br />

einem text t zu kommen. dann kann<br />

ich ihn als Inspirationsquelle nehmen<br />

und mich dort im Kern aber frei<br />

bewegen.<br />

Jan Neumann: Für mich stehen am<br />

Anfang ein Gedanke oder eine situation.<br />

etwas, dass ich interessant<br />

Dirk Laucke<br />

geboren 1982 in Schkeuditz in Sachsen,<br />

wuchs in Halle an der Saale auf.<br />

Nach einem abgebrochenen Psychologiestudium<br />

in Leipzig studierte er von<br />

2004 bis 2008 Szenisches Schreiben<br />

an der der Universität der Künste Berlin<br />

(UdK). Für sein Stück „alter ford<br />

escort dunkelblau“ erhielt er 2006 den<br />

Kleist-Förderpreis für junge Dramatik,<br />

2007 wurde er in der Kritikerumfrage<br />

der Zeitschrift „Theater heute“ zum<br />

Nachwuchsautor des Jahres gewählt.<br />

„Laucke hat eine eigene Sprache gefunden,<br />

die Wirklichkeit auf die Bühne zu<br />

bringen. Ausgestattet mit einem feinen<br />

Gespür für Figuren, nimmt er besonders<br />

Randfiguren der Gesellschaft ins Visier“,<br />

hieß es in der Jurybegründung zum Dramatikerpreis<br />

des Kulturkreises der deutschen<br />

Wirtschaft im BDI, mit dem er<br />

<strong>2010</strong> ausgezeichnet wurde. Darüber<br />

hinaus entwickelt Dirk Laucke auch als<br />

Regisseur Theaterprojekte mit Laien, so<br />

zuletzt „Ultras“ mit jugendlichen Fußballfans<br />

am Thalia Theater Halle.<br />

finde und über das ich weiter nachdenken<br />

möchte.<br />

Christoph Nußbaumeder: Bei mir ist<br />

es eine situation oder eine Konstel-<br />

73<br />

Jimi Bowatski<br />

Hat H k kEin<br />

scHamg Hamg H EfüHl<br />

von Dirk Laucke<br />

uraufführung am 25. märz <strong>2011</strong> in den Kammerspielen<br />

Jochen Bowatski lässt sich von allen gerne Jimi nennen,<br />

weil alle Großen Jimi hießen – Hendrix, dean und morrison.<br />

nur sind alle großen Jimis tot und Jochen ist gerade<br />

50 geworden. die Autozuliefer-Fabrik, in der er seit zwanzig<br />

Jahren arbeitet, wird nach Indien verfrachtet und er steht<br />

vor dem Aus. er schnappt sich seinen Kumpel markus<br />

welt, w dessen tochter t und Lebensinhalt sich demnächst<br />

wohl auch mit ihrer mutter, markus’ ex, aus dem radius<br />

seiner ALGII-technischen Residenzpflicht verabschieden<br />

wird. markus’ ex hat einen besseren Job in der schweiz.<br />

da marschieren Jimi und markus ins werk, w um dem Chef<br />

die rechnung zu präsentieren, doch statt den Chef im Büro<br />

erwischen sie seine Frau im Bett mit dem jungen, schicken<br />

Lúc, man kann ihn auch Lutz nennen.<br />

Als der werksleiter w auch noch tot aufgefunden wird,<br />

übernimmt Jimi Bowatski gänzlich die Kontrolle. die Inder<br />

werden am nächsten tag t heimgeschickt, das werk w besetzt.<br />

und Jimi Bowatski wäre kein Jimi Bowatski, wenn das kein<br />

von erfolg gekröntes unternehmen wäre. Jimis Aktion zur<br />

sicherung deutscher Arbeitsplätze wird als modellprojekt<br />

gepriesen. sogar markus’ ex kommt aus der schweiz vorbei,<br />

um mit ihm über seine vaterrolle v zu reden. nur der<br />

gigolomäßige Lúc will sich mit einer richtigen Arbeit nicht<br />

so ganz anfreunden und kriegt seine rechnung präsentiert,<br />

als Jimi Bowatski sein schamgefühl gänzlich verloren hat.<br />

dirk Lauckes neues stück erzählt von echten Helden und<br />

wahren Freunden, die bei jedem schritt auf neue Feindbilder<br />

stoßen, auch wenn stets die alten Abhängigkeiten im<br />

spiel sind.<br />

Regie: Heike M. Götze<br />

HEikE M. GöTzE<br />

wird das neue Stück von Dirk Laucke inszenieren. Bereits<br />

während ihres Studiums an der Zürcher Hochschule<br />

der Künste war Heike M. Götze mit ihren Inszenierungen<br />

zu den Zürcher Festspielen und zum Zürcher<br />

Theaterspektakel eingeladen. Für ihre Diplominszenierung<br />

„Spieltrieb“ nach Juli Zehs gleichnamigem Roman<br />

wurde sie 2008 mit dem Körber-Preis für Junge Regie ausgezeichnet.<br />

Seitdem arbeitet sie regelmäßig am Theater Basel,<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> Zürich und am Schauspiel Hannover.<br />

Am Schauspiel Essen hat sie in der vergangenen Spielzeit<br />

John Osbornes „Blick zurück im Zorn“ inszeniert. Ihre<br />

Inszenierungen zeichnen sich durch eine hohe körperliche,<br />

fast tänzerische Energie aus, verbunden mit absoluter Genauigkeit<br />

im Umgang mit Sprache. Hin und wieder steht sie<br />

auch selbst als Schauspielerin auf der Bühne, so zuletzt am<br />

Schauspiel Hannover als Christian in „Das Fest“ nach dem<br />

Film von Thomas Vinterberg.


Bühne frei für unsere Kunden<br />

Hunderttausende sind Tag für Tag in unseren modernen Bussen und Bahnen<br />

unterwegs. Jeder hat dabei sein eigenes Ziel: Ob zur Schule, zur Arbeit, zum<br />

Einkaufen oder zum <strong>Schauspielhaus</strong>. Steigen Sie ein! - Wir bringen Sie hin.<br />

ServiceTelefon: 0180 3 504030 www.bogestra.de<br />

(0,09 €/Min. aus dem Festnetz, Mobil max. 0,42 €/Min.)<br />

Fotografie: Renate Ritzenhoff


lation und dann gärt das erstmal vor<br />

sich hin. Ich habe ein notizbüchlein<br />

bei mir, da schreibe ich immer mal<br />

was rein. Vieles fliegt einem ja zu.<br />

Dirk Laucke: die Frage ist ja, wie<br />

kommt die welt w auf die Bühne? Bei<br />

mir ist es so, dass ich entweder eigene<br />

erlebnisse übersteigert weiterdenke<br />

oder Begegnungen mit menschen,<br />

die ich hatte. Ich habe einen soldaten<br />

aus Afghanistan kennen gelernt<br />

und mich mit ihm unterhalten.<br />

dann recherchiere ich auch gezielt,<br />

wie bei dem Stasi-Offizier. Ich gehe<br />

zwar nicht in Bibliotheken, aber ich<br />

lese viel. nicht so theaterkram, sondern<br />

eher politisches Zeug.<br />

Nuran David Calis: Ich bin auch nicht<br />

der typ,t der in die Bibliothek recher-<br />

chieren geht. Ich beziehe meine Arbeit<br />

aus dem Alltag und dem echten<br />

Leben. Jeder in meiner Familie oder<br />

der mit mir befreundet ist, muss mit<br />

der Gefahr leben, in einem meiner<br />

stücke zu landen.<br />

Reto Finger: Ja. das wird vom umfeld<br />

gefürchtet.<br />

Was wünscht ihr euch als Autoren vom<br />

Theater?<br />

Reto Finger: Je länger ich schreibe,<br />

desto wichtiger wird es, dass es eine<br />

Kontinuität im Austausch gibt. Auch<br />

um dinge abzubauen, die ich als<br />

nicht förderlich empfinde, wie Buhlen<br />

um vertrauen v oder Angst haben<br />

vor Premieren. In truppentzusam- menzuarbeiten, die eine gewisse Zeit<br />

dauern, finde ich immer wichtiger.<br />

Nuran David Calis: Ich mache theater<br />

aus dem Bewusstsein einer Gang,<br />

einer Bande heraus. wo w ich arbeite,<br />

entscheide ich über Persönlichkeiten:<br />

mit welchen menschen möchte<br />

ich theater machen und was für<br />

eine Geschichte verbindet uns. mit<br />

euch wäre ich überall hingegangen.<br />

die persönliche erfahrung mit einer<br />

theatermannschaft durch dick und<br />

dünn gegangen zu sein und am ende<br />

etwas auf die Beine gestellt zu haben,<br />

wo man nur für sich weiß, dass man<br />

da irgendwie schlauer raus geht, als<br />

man rein gegangen ist.<br />

Christoph Nußbaumeder: d ie Frage<br />

muss ich aufteilen. was w wünscht<br />

man sich während der Arbeit und<br />

was von dem ergebnis? Gibt es da<br />

eine wechselwirkungw mit dem Pub-<br />

likum? Hat es überhaupt eine wirkung?<br />

das andere ist, dass ich auch<br />

einen fruchtbaren Austausch will,<br />

also einen offenen und schonungslosen<br />

– im besten sinne des wortes<br />

– und nicht nur als erfüllungsgehilfe<br />

Reto Finger<br />

geboren 1972 in Bern, aufgewachsen<br />

im Emmental, ist ursprünglich Jurist.<br />

Heute arbeitet er am Bezirksgericht<br />

Zürich, schreibt Theaterstücke und inszeniert.<br />

Für „Kaltes Land“ erhielt er<br />

2005 den Kleist-Förderpreis für junge<br />

Dramatik.<br />

Als Hausautor am Nationalthea<br />

Nationalthea-<br />

ter Mannheim entwickelte er die Reihe<br />

„Fingers Freunde“, die er auch am<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> Zürich fortführte. Am<br />

Schauspiel Essen wurde sein Stück „Einer<br />

wie ich würde mich vom Springen<br />

auch nicht abhalten“ (2007) uraufgeführt,<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> Zürich „Vorstellungen<br />

und Instinkte“ (2009).<br />

oder Autorenhaustier texte t abliefere.<br />

Dirk Laucke: Ich finde es spannend,<br />

ob ich in so einer stadt wie <strong>Bochum</strong><br />

einen Blick finden kann, der angemessen<br />

ist. Im moment denke ich,<br />

dass das ruhrgebiet dem osten gar<br />

nicht so fern ist. und ich möchte herausfinden,<br />

ob das stimmt.<br />

75<br />

DEr fall f DEs<br />

roBErt k.<br />

von Reto Finger<br />

uraufführung im mai <strong>2011</strong> in den Kammerspielen<br />

„Lasst mich ein paar worte w an euch richten, ich kam zu<br />

spät, ich komm immer zu spät, wie Max zu sagen pflegt,<br />

aber lasst mich trotzdem, jetzt wo wir alle gegessen und<br />

auch ein wenig getrunken haben, ein paar worte w nur, wie<br />

gesagt, aus gegebenem Anlass: Auf die Blutsverbundenen<br />

und ihre Zugewandten! Auf die, die mich ein zweidrittel<br />

Leben lang begleitet haben. Ich bin selten betrunken genug,<br />

euch dafür zu danken, dabei müsste ich das viel öfters<br />

tun, weil man nur bei Blutsverbundenen und Zugewandten<br />

sicher sein kann, dass es keine meuchelmörder sind,<br />

und je älter man wird, desto wichtiger ist es, dass man einen<br />

Bogen macht um meuchelmörder.“<br />

Robert in „Der Fall des Robert K.“<br />

der unternehmer robert Keller feiert gerne Feste und sich<br />

selbst. Jedes Jahr laden er und seine Gattin Jasmin seinen<br />

Bruder max und dessen Frau sandra für ein langes wow chenende ein. der dritte Bruder, michael, ist nie eingeladen.<br />

er will auch nicht kommen. dass michael in diesem<br />

Jahr entgegen allen erwartungen plötzlich doch auftaucht,<br />

damit hätte robert nicht gerechnet. Als auch noch vera v<br />

auftaucht und behauptet, sie würde dazugehören, obwohl<br />

sie niemand kennt, beginnt die Fassade von roberts welt w<br />

zu bröckeln.<br />

Regie: Anselm Weber


PHANTOMSCHMERZ<br />

TExT: SabinE REich<br />

FOTOS: LaRS hiLLEn<br />

KaRSTEn RiEdEL & chRiSTOph FRicK — phanTOMSchMERz<br />

77<br />

DiE MEiSTEN DENkEN, ROMANTik SEi<br />

DANN vONNöTEN, wENN EiNE FRAu<br />

vERFüHRT ODER EiNE EHE gERETTET wER-<br />

DEN MuSS. DAS iST FAlSCH. wAS STiMMT,<br />

iST, DASS ROMANTik iMMER DANN ZuM<br />

EiNSATZ kOMMT, wENN ES uNgEMüTliCH<br />

wiRD. DiE wElT wiRD kAlT uND<br />

wiR SiTZEN AM küNSTliCHEN kAMiN.<br />

wiR SiND ROMANTikER, SEiT übER HuN-<br />

DERT JAHREN. ZEiT, NiCHT läNgER DEN<br />

MOND ANZuHEulEN uND SiCH ENDliCH<br />

MAl wAS NEuES AuSZuDENkEN.


KaRSTEn RiEdEL<br />

(VORhERiGE SEiTE)<br />

iST pUnK Und<br />

ROManTiKER Und<br />

EinER dER bESTEn<br />

MUSiKER bOch-<br />

UMS. ER TRiFFT aUF<br />

dEn REGiSSEUR<br />

chRiSTOph FRicK<br />

(LinKS).<br />

DER HERbSTwiND<br />

SCHüTTElT DiE liNDE,<br />

wiE gEHT DiE wElT<br />

SO gESCHwiNDE!<br />

D<br />

(JOSEph VOn EichEndORFF, zUM abSchiEd)<br />

KaRSTEn RiEdEL & chRiSTOph FRicK — phanTOMSchMERz<br />

ie Welt ändert sich ständig und manchmal gibt es<br />

Momente, in denen sie besonders schnell zu gehen<br />

scheint. dann meinen wir zu sehen, wie sie rast und sich<br />

verändert so geschwinde. Es gibt Menschen, die glauben,<br />

jedes Mal wenn Steve Jobs mit einem Gerät in der hand<br />

auf einem bildschirm erscheint, verändere sich die Welt.<br />

andere glauben, die Welt verändere sich, wenn junge<br />

Männer ohne Jacken computer auf die Straße tragen und<br />

keine arbeit mehr haben. am 11. September 2001 haben<br />

wir endlos gedehnte lange Sekunden auf das Flugzeug gestarrt,<br />

das auf das haus zuraste. Wir haben zugesehen, wie<br />

die Welt sich veränderte, geschwinde.<br />

dass die Welt sich ändert, behaupten und befürchten<br />

wir nicht erst seit der letzten, aktuellen Krise. Wir hoffen<br />

auf die Erfolge der Wissenschaft, Forschung und Technologie,<br />

die seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Gesellschaften<br />

industrialisieren und modernisieren, doch ebenso<br />

lange kursieren katastrophische Szenarien. die zukunft<br />

Europas sah immer schon finster aus und das Abendland<br />

geht unter, nicht erst, seitdem Klimawandel und Globalisierung<br />

debattiert werden.<br />

die stetige, immer rasanter werdende Veränderung der<br />

Welt ist einer der fundamentalen Glaubenssätze des modernen<br />

Europas. Es ist die tiefe Überzeugung der Moderne<br />

selber, die an Veränderung glaubt und sich niemals entscheiden<br />

kann, ob sie sie ersehnt oder fürchtet. in dieser<br />

ambivalenz liegt ein Kern der Moderne: sie begrüßt die<br />

Veränderung der Welt als Triumph, wenn sie sich selber<br />

als agent und Motor der Veränderung beschreibt, doch<br />

79<br />

sie prophezeit den drohenden niedergang und Untergang,<br />

wenn Veränderungsprozesse erlitten und eingeschrieben<br />

werden in Menschen und Ordnungen. beide perspektiven<br />

kennzeichnen das moderne europäische denken bis<br />

heute.<br />

Geschwindigkeit und Veränderung sind Leistungen, auf<br />

die Europa stolz ist: es geht voran. Technologie, Forschung,<br />

Ökonomie, perfekt verzahnt und immer in bewegung. Wir<br />

glauben an den stetigen Wandel, an Fortschritt, Wachstum,<br />

Expansion und innovation.<br />

aus dem Selbstverständnis, stetiger Motor des Wandels<br />

zu sein, bezieht Europa im Kern seinen Stolz und seine hegemoniale<br />

Vormachtstellung in der Welt. Wir waren eben<br />

immer ein bisschen schneller als die anderen.<br />

wiR SiND SO TiEF bETRübT,<br />

wENN wiR AuCH SCHERZEN;<br />

DiE MENSCHEN TOSEN uNTEN,<br />

gEHEN uND REiSEN,<br />

DiE wElT ZiEHT STill uND STRENg<br />

iN iHREN glEiSEN,<br />

EiN FEuCHTER wiND vERlöSCHT<br />

DiE luSTgEN kERZEN.<br />

g<br />

(JOSEph VOn EichEndORFF, SOnETT)<br />

leichzeitig wird die Moderne als tief greifende Erfahrung<br />

von Verlusten beschrieben: der Verlust<br />

von autonomie und Selbstbestimmung scheint massiv,<br />

Menschen und ganze Gesellschaften wirken maschinell<br />

und kalt. Weil nicht das Schöne und Gute, nicht Empfindungen<br />

zählen, sondern die Ware, die Effektivität und die<br />

Leistung. Weil wir zuviel verloren haben: die natur, das<br />

authentische, das Echte und Unmittelbare, die Moral und<br />

den Glauben. Weil wir den boden unter den Füßen verlieren<br />

und wir uns viel zu schnell drehen.<br />

auch gerade jetzt im Moment schauen wir zurück und<br />

konstatieren Verluste und Krisen in allen bereichen: nie<br />

schien die Welt so dem Untergang geweiht, nie so krisengeschüttelt<br />

und finster. Wir bedauern den Verlust sozialer<br />

Sicherheit und familiärer bindung, ökonomischer und politischer<br />

Verbindlichkeit.<br />

aber daran sollten wir uns gewöhnt haben. das ist<br />

nichts neues. Es sind die alten Fragen und die alten bilder,<br />

die uns leiten. Wir sind optimistische Führungspersönlichkeiten<br />

und hoffnungslose Melancholiker in einem<br />

atemzug, selbstbewusste Macher und Romantiker. doch<br />

wir trauern seit vielen Jahren um Verluste, an die wir uns<br />

nicht erinnern können. phantomschmerzen.


wiR wOllEN STillE SiTZEN<br />

uND NiCHT wEiNEN<br />

i<br />

KaRSTEn RiEdEL & chRiSTOph FRicK — phanTOMSchMERz<br />

(JOSEph VOn EichEndORFF, SOnETT)<br />

t‘s the end of the world as we know it“ – davon sind<br />

wir seit dem Fin de Siècle, dem ausgehenden 19. Jahrhundert<br />

überzeugt. Seitdem herrscht Weltschmerz. Jede<br />

aufbegehrende Generation der immer neuen Modernen<br />

findet einen Grund zu trauern. Wir gehen unter, seit mehr<br />

als hundert Jahren. dabei halten wir uns wie Ertrinkende<br />

fest an Konzepten, die die Realität weder damals noch heute<br />

adäquat beschreiben, sondern ästhetisch verklären.<br />

„Modernität“, das war kein begriff der ingenieure oder<br />

Wissenschaftler, die im 19. Jahrhundert Fabriken und<br />

dampfmaschinen bauten. „Moderne“, das ist ein begriff<br />

aus der poetik, der die neue Literatur des Sturm und drang<br />

und der Romantik von den Vorbildern der antike emanzipierte.<br />

die poetische Moderne war ein ästhetisches Konzept<br />

als Gegenentwurf zu einer rasenden Welt. Sie hat den<br />

Stillstand ausgerufen. Sie erfand begriffe und Konzepte, die<br />

anriefen und beschworen, was verloren war oder niemals<br />

existiert hatte. Es stimmte damals so wenig wie heute.<br />

Es ging um „nation“, als der imperialismus erstarkte,<br />

Europa seine Grenzen ausweitete und die Gesellschaften<br />

zum ersten Mal Globalisierung erfuhren. „heimat“ wurde<br />

im Moment der heimatlosigkeit und in einer der „migrationsintensivsten<br />

perioden der neueren Geschichte“<br />

(Jürgen Osterhammel) zum zentralen begriff und nichts<br />

konnte so sehnsuchtsvoll „das abwesende Ganze, die verlorene<br />

Kindheit des Menschen“ (hans Robert Jauß) in einem<br />

Wort anrufen wie die „natur“.<br />

Wir verbinden die Romantik mit schönen Gedichten<br />

über die natur. in dieser deutschen dichtung, die die<br />

Landschaft und den Wald besingt, glauben wir, naturverbundenheit<br />

zu finden, die „wir Modernen“ heute schmerzlich<br />

vermissen. dabei wird übersehen, dass diese deutsche<br />

dichtung auch damals schon Verluste beklagte und ferne<br />

idyllen besang. die gesellschaftlichen Umwälzungen des<br />

19. Jahrhunderts griffen massiv in den Umgang mit den<br />

natürlichen Ressourcen ein. als die Kohle ans Licht gefördert<br />

wurde und eine ganze industrie zum Kochen brachte,<br />

war natur nichts mehr als Rohstoff und Material einer<br />

unablässig wachsenden industrie. in diesem augenblick<br />

erkor die deutsche Empfindsamkeit die „Natur“ zum Labsal<br />

frierender Seelen, die an den Kältewellen der industrialisierung<br />

und Modernisierung litten. Wie vor einem<br />

schönen bild stehen wir bewundernd davor, allein und<br />

frierend. „deswegen ist das Gefühl, womit wir an der natur<br />

hangen, dem Gefühle so nahe verwandt, womit wir das<br />

entflohene Alter der Kindheit und der kindlichen Unschuld<br />

beklagen“, schrieb Schiller 1795. die blümchenmuster auf<br />

den Sitzkissen wärmten innen, als die Welt draußen ungemütlich<br />

und kalt wurde.<br />

80<br />

iN EiNEM küHlEN gRuNDE,<br />

DA gEHT EiN MüHlENRAD,<br />

(...) HöR iCH DAS MüHlRAD gEHEN,<br />

iCH wEiSS NiCHT, wAS iCH will,<br />

iCH MöCHT’ AM liEbSTEN STERbEN,<br />

DA wäR’S AuF EiNMAl STill.<br />

Z<br />

(JOSEph VOn EichEndORFF, LiEd)<br />

wischen idylle und nostalgie, Vision und Verlust<br />

bewegt sich die romantische Literatur und sie ist<br />

damit die erste moderne Literatur. alle Spannungen und<br />

Widersprüche der Moderne finden sich in den Texten der<br />

Romantiker. Sie waren die, die genau hinsahen, als die<br />

Welt, die sie kannten, unterging.<br />

nichts ohne Verfallsdatum, alles relativ: Wer heute<br />

modern ist, ist morgen schon passé. nichts ist so alt wie<br />

das Kleid aus der letzten Saison, nichts so schal wie die<br />

Trends von Gestern. plötzlich und blitzartig wechseln die<br />

Moden, Diskurse und Formen. Es ist diese spezifische Erfahrung<br />

von zeitlichkeit, die sich über das denken legt, die<br />

den Kern der Moderne ausmacht. Von nun an ist alles im<br />

Fluss: Geschichte und Moral, Kunst und Mensch, alles ist<br />

veränderlich und wandelbar, alles der zeit unterworfen. Es<br />

ist immer schon vorbei und wir stehen immer schon auf<br />

schwankendem boden.<br />

doch aus genau dieser Spannung bezieht das moderne<br />

denken seine Kraft und dynamik. Genau deshalb beschreiben<br />

sich moderne Gesellschaften als offene und dynamische<br />

Gesellschaften, die Mobilität und Vielfalt positiv<br />

beschreiben. Genau deshalb verstehen wir identität als<br />

einen vielschichtigen Prozess. Rollen und Biografien sind<br />

in bewegung. Kultur und heimat bestimmen sich nicht<br />

durch herkunft, sondern entstehen aus dem faktischen<br />

Lebensentwurf eines jeden. aus dieser Spannung heraus<br />

bilden sich eine ambivalenz und ein begriff von Freiheit,<br />

die es beide auszuhalten gilt.<br />

das tut manchmal weh. Wie schön es ist, zu leiden,<br />

sehen wir bei Eichendorff. Und manchmal ist es wichtig,<br />

zu leiden und sich über Verluste zu verständigen. Um uns<br />

daran zu erinnern, brauchen wir die ersten Modernen und<br />

ihre Literatur. aber es ist zeit, den Weltschmerz des 19.<br />

Jahrhunderts zu überwinden. Wir leiden immer noch am<br />

selben phantomschmerz und weigern uns einzugestehen,<br />

dass sich die amputation vor mehr als hundert Jahren ereignete.<br />

aber die Welt geht so geschwinde. Sie ändert sich<br />

immer.


kARSTEN RiEDEl & CHRiSTOPH FRiCk<br />

Karsten Riedel wurde 1970 in Wattenscheid geboren. Der<br />

Multiinstrumentalist Riedel, der in seiner Freizeit gerne Laminat<br />

verlegt und Schwarzbier mag, ist seit 1989 selbstständiger<br />

Musiker, Komponist und Produzent. Er war an Hörspielproduktionen<br />

für den WDR beteiligt, arbeitete für diverse Kinofilme<br />

und war und ist mit zahlreichen Bands im In- und<br />

Ausland unterwegs. Bekannt wurde er vor allem als Frontmann<br />

der legendären <strong>Bochum</strong>er Ska-Punk-Truppe „Alpha Boy<br />

School“. Der ehemalige Intendant des <strong>Schauspielhaus</strong>es Matthias<br />

Hartmann holte ihn als Musiker und Komponisten ans<br />

<strong>Bochum</strong>er Theater. Es war Riedels erster Kontakt als Musiker<br />

mit der Theaterbühne. Es entstanden Soundtracks für Produktionen<br />

wie „1979“, „Einordnen, Ausflug, Land der Toten“,<br />

„Der Hauptmann von Köpenick“ oder „Ivanow“.<br />

In Essen lernte Karsten Riedel dann David Bösch kennen,<br />

der gerade von der Regieschule in Zürich kam. Zwischen Riedel<br />

und dem jungen Regisseur entstand eine intensive Arbeitsbeziehung.<br />

Außer in Essen arbeiteten sie am Thalia Theater Hamburg,<br />

am Deutschen Theater Berlin, am <strong>Schauspielhaus</strong> Zürich<br />

und am Wiener Burgtheater zusammen. Riedel, der weiterhin<br />

in <strong>Bochum</strong> lebt, arbeitet heute hauptsächlich im Theater mit<br />

den Regisseuren Matthias Hartmann, Roland Spohr, Niklas<br />

Helbling und eben David Bösch. Daneben entwickelte er auch<br />

verschiedene musikalische Programme mit Mitgliedern des <strong>Bochum</strong>er<br />

Ensembles. In „Oft ist die Natur nicht einmal schön“<br />

trifft Karsten Riedel zum ersten Mal auf den in der Schweiz<br />

lebenden Regisseur Christoph Frick. Der wurde 1960 geboren<br />

und lebt seit vielen Jahren in Basel. Frick braucht keine Stücke,<br />

um Theater zu machen: eine gute Idee, ein Text oder ein<br />

Musikstück reichen ihm, um außergewöhnliche Theaterabende<br />

zu entwickeln. In Basel gründete er 1991 das Theater KLARA,<br />

eine freie Theatertruppe, mit der er kontinuierlich Stücke entwickelte,<br />

die in der Schweiz und im Ausland zu sehen waren<br />

und sind. So spielten sie unter anderem beim Theaterspektakel<br />

Zürich, am Kunstencentrum Vooruit Gent und beim Steirischen<br />

Herbst Graz.<br />

In Luzern arbeitete Frick 1999 erstmals an einem Stadttheater.<br />

In den folgenden Jahren entstanden außerdem Produktionen<br />

am Schauspiel Hannover und am Schauspiel Köln, später<br />

am Theater Freiburg und an den Münchner Kammerspielen.<br />

Frick inszenierte dort Stücke des klassischen Dramenrepertoires<br />

wie „Wilhelm Tell“ und „Peer Gynt“ in Luzern, „Nathan<br />

der Weise“ und „Die Räuber“ in Hannover, „Die Nibelungen“<br />

in Freiburg oder Camus’ „Belagerungszustand“ in<br />

München. Seit kurzem beschäftigt sich Christoph Frick wieder<br />

mit Projekt-Theaterformen im Stadttheater, arbeitet mit Musikern,<br />

Tänzern und nichtprofessionellen Darstellern. Jetzt<br />

entwickelt er einen Abend nach zentralen Motiven der Romantik,<br />

für den Karsten Riedel die Musik schreibt. Es ist das erste<br />

Mal, dass Frick und Riedel zusammenarbeiten. Es entsteht aus<br />

Gedichten der Romantik, mit Reden von Kanzlern und Kommunalpolitikern,<br />

mit Texten von Philosophen und Pop-Poeten<br />

ein romantisch-musikalischer Abend.<br />

81<br />

Oft ist die Natur<br />

Nicht eiNmal schöN<br />

Ein romantisches Requiem<br />

von Christoph Frick und Karsten Riedel<br />

premiere am 3. dezember <strong>2010</strong> in den Kammerspielen<br />

Wenn wir an die Schönheit der natur denken, blüht sie immer,<br />

immer scheint in ihr die Sonne, immer ist es eine sternenklare<br />

Vollmondnacht, die den blick auf das Meer und<br />

die imposanten berge frei gibt. Wir wollen eine Urlaubskatalog-natur,<br />

ein Schöner-Wohnen-paradies, ein drei-<br />

Wetter-Taft-Klima, das unsere gestressten Seelen streichelt,<br />

uns das herz erwärmt und der Frisur nichts anhaben kann.<br />

Sicher soll uns die natur auch Ehrfurcht lehren, aber bitte<br />

ohne uns wirklich nah zu kommen. natur, die sticht, kratzt<br />

und juckt, natur, die unsere Keller überschwemmt und den<br />

dreck in die augen bläst, stört. Wir sind gegen Tsunami-<br />

Wellen, gegen Wirbelstürme, gegen dauerregen, Erdrutsche,<br />

Lawinenabgänge und Gletscherschmelze. Wir wissen,<br />

dass die Klimakatastrophe auf uns lauert und können doch<br />

nichts anderes, als kleine Schritte tun. „Was sind schon<br />

zwei Grad mehr?“, denken wir und sitzen in perfekter Outdoor-ausrüstung<br />

vor einem Lagerfeuer auf dem dafür ausgezeichneten<br />

Rastplatz, essen einen bio-apfel, ignorieren<br />

den duft der Mückenschutzcreme in unserem Gesicht und<br />

stimmen ein schönes Lied aus alten Tagen an. Vielleicht<br />

eines von Eichendorff. Er und die anderen Romantiker<br />

betrauerten lange vor uns in ihren Gedichten und Liedern<br />

die Verwandlung der Welt. Viele folgten ihnen nach: Sid<br />

Vicious, Morrisey von The Smiths, The cure – allesamt Romantiker<br />

pur. bob dylans balladen einer vergangenen zeit.<br />

Rio Reiser, ein deutscher Romantiker. nick cave, sowieso.<br />

Rock pop punk – eine einzige romantische bewegung:<br />

zwischen Wut und Weinerlichkeit, Mut und Melancholie,<br />

Weltschmerz und Wahnsinn bewegen sich die immer neuen<br />

Wilden. das hat mit Joseph von Eichendorff begonnen<br />

und wo es endet, das wissen wir nicht. Vielleicht bei Karsten<br />

Riedel. zusammen mit dem Regisseur christoph Frick<br />

entsteht dieser abend über ein romantisches bild der natur<br />

im zwielicht des Klimawandels.<br />

Regie: Christoph Frick<br />

Musik: Karsten Riedel<br />

Bühne: Thomas Dreißigacker<br />

Dramaturgie: Olaf Kröck, Sabine Reich


MEPHIST


ANBUL


Goethe war nie in<br />

istanbul, der heimat<br />

von mahir<br />

Günsiray. der<br />

Faust-reGisseur im<br />

Gespräch über das<br />

leben am bosporus,<br />

die einsamkeit eines<br />

pinGuins und picknick<br />

in europa.<br />

MAHIr GüNSIrAy — MEPHISTANBUL<br />

INTErVIEW: THoMAS LAUE UND SABINE rEIcH<br />

FoToS: UGUr TASKIN<br />

Wie lebt es sich in Istanbul?<br />

Schwer und gleichzeitig voller Genuss.<br />

Das Leben dort ist einerseits<br />

prall und voller Energie, Spannung<br />

und Gewalt; eine Art Karneval, den<br />

man tagtäglich erlebt. Das gibt einen<br />

enormen Schub für alles, vor<br />

allem für die künstlerische Arbeit.<br />

Andererseits vermisse ich manchmal<br />

die ruhe europäischer Länder wie<br />

Deutschland. Es ist in Istanbul kaum<br />

möglich, mal allein zu sein und sich<br />

selbst zur rechenschaft zu ziehen.<br />

Was ist das für eine Gewalt?<br />

Die Türkei ist ökonomisch an Europa<br />

und Amerika gebunden und<br />

die Menschen sind gezwungen, wie<br />

rennpferde ihrem Leben hinterher zu<br />

jagen. Es ist ein Leben, das zwischen<br />

Geldverdienen und Faulheit pendelt.<br />

So lange du Geld verdienst, existierst<br />

du durch das, was du besitzt. Wenn<br />

nicht, existierst du überhaupt nicht.<br />

Wenn ein Mensch dann wahrgenommen<br />

werden will, muss er entweder<br />

zum Theater gehen – was nicht allzu<br />

verbreitet ist – oder auf die Bosporusbrücke<br />

oder das Dach eines Hauses<br />

steigen und drohen, sich mit einer<br />

Axt die Hand abzuhacken. Bei den<br />

großen Einkommensunterschieden<br />

und den Lücken in den sozialen und<br />

kulturellen Lebensbereichen ist es eigentlich<br />

erstaunlich, dass das Leben<br />

überhaupt funktioniert und es nicht<br />

noch mehr Gewalt gibt. Gleichzeitig<br />

ist Istanbul aber nicht die Türkei.<br />

Worin bestehen die Unterschiede?<br />

Es gibt nicht überall in der Türkei<br />

den gleichen Lebenskampf, das gleiche<br />

Streben, das rennen um die Zeit,<br />

die gleichen Konflikte. Es gibt unterschiedliche<br />

Kulturen, Menschen,<br />

Sprachen, Lebensweisen, sehr unterschiedliche<br />

religiöse, moralische und<br />

philosophische Ansichten.<br />

Das heißt, eine Mischung, die eine große<br />

Metropole ausmacht.<br />

Ja, Istanbul ist eine Metropole, aber<br />

85<br />

man kann Istanbul nicht stellvertretend<br />

für die ganze Türkei sehen. Allein<br />

optisch und geografisch ist es<br />

ein Unterschied, ob man die rötliche<br />

Erde, die Berge und die trockene Kälte<br />

im Südosten betrachtet oder das<br />

Gewirr der Gebäude in Istanbul. An<br />

vielen orten der Türkei bauen Arme<br />

ihre Häuser mit wenig Geld selbst.<br />

Aber weil man sogar das in Istanbul<br />

schnell machen muss, nennt man<br />

sie hier „gece kondu“, was so viel bedeutet<br />

wie „über Nacht gelandet“.<br />

Welche Rolle spielt dabei Religion?<br />

Wir befinden uns in einer Zeit, in der<br />

offen diskutiert wird, was Menschen<br />

überhaupt unter religion verstehen.<br />

Soll religion das Leben bestimmen<br />

oder nicht? Soll sie sich in das Leben<br />

einmischen oder soll man sie<br />

im Privaten ausleben? Wie weit soll<br />

man die religion praktisch umsetzen<br />

oder nicht umsetzen? Man sieht jetzt<br />

in Istanbul viele Frauen mit Kopftuch.<br />

Es heißt, die Kopftuchdebatte<br />

sei schärfer geworden, dabei ist sie<br />

eigentlich nur ins Tageslicht gerückt.<br />

Das Thema gab es schon immer. Weil<br />

Frauen aus einer religiösen Schicht<br />

früher ihr Kopftuch nicht tragen<br />

durften – sei es aus persönlichen,<br />

moralischen oder aus familiären<br />

Gründen – konnten sie nicht in die<br />

Gesellschaft. Jetzt, wo das Thema so<br />

im Zentrum steht, sieht man auch<br />

überall Kopftücher. Sicher hat das<br />

aber auch dazu geführt, dass manche,<br />

die kein Kopftuch getragen haben,<br />

jetzt von den Ehemännern dazu<br />

aufgefordert werden.<br />

Ein anderes Beispiel ist ramadan.<br />

Ich bin Atheist und deshalb hat ramadan<br />

für mich eigentlich keine<br />

Bedeutung. Aber es war mir früher<br />

unangenehm, tagsüber mit einem<br />

Sesamring in der Hand durch die<br />

Stadt zu laufen, weil es eine gewisse<br />

Spannung gab und die Menschen gezeigt<br />

haben, dass es sie stört. Es wäre<br />

falsch zu sagen, dass diese Situation<br />

komplett aufgehoben ist, aber sie hat<br />

sich in vielen Gegenden von Istanbul<br />

aufgelockert. Abgesehen davon, dass<br />

die derzeitige regierungspartei AKP<br />

konservativ, rechtsorientiert, liberal<br />

und islamisch ist, kann man sehen,<br />

dass sie gleichzeitig viel offener ist als<br />

viele Sozialdemokraten und Sozialis-


ten. Wobei zu befürchten ist, dass das<br />

nicht immer so bleiben wird. Wenn<br />

nur ihre Vorstellung vom Islam das<br />

Leben bestimmt, dann wird es nicht<br />

so bleiben können.<br />

Ist das nicht ein Widerspruch? Die Religion<br />

bestimmt viel stärker als früher<br />

das Straßenbild, aber gleichzeitig gibt es<br />

einen größeren Liberalismus?<br />

Die AKP gibt sich momentan äußerst<br />

demokratisch, offen, progressiv.<br />

Sie verkündet, dass sie Meinungen,<br />

Glauben und Sprachen der anderen<br />

respektiert. Und sie hat in der türkischen<br />

Geschichte mit der größten<br />

und mutigsten Arbeit angefangen:<br />

Um das Kurdenproblem zu lösen,<br />

hat sie viele Türen geöffnet. Noch<br />

hat sich nicht viel verändert, aber es<br />

kann sich weiterentwickeln, wenn es<br />

zugelassen wird. Auch das Thema der<br />

Armenier wurde bis heute nie ernsthaft<br />

behandelt. Ich denke nicht, dass<br />

sie all das nur machen, um in die<br />

Europäische Union aufgenommen<br />

zu werden. Sie verfolgen viel größere<br />

Projekte: von all diesen politischen<br />

Themen weg zu kommen, um dann<br />

immer reicher und mächtiger zu<br />

werden. Davor habe ich am meisten<br />

Angst.<br />

Was genau macht dir dabei Angst?<br />

Wenn sie diese Macht erhalten,<br />

fürchte ich mich vor den Dingen, die<br />

die Menschen, die sich mit Politik<br />

befassen, dann tun würden.<br />

Welche?<br />

Zum Beispiel könnten sie denken,<br />

dass Demokratie die Kraft der Mehrheit<br />

ist.<br />

Also hast du Angst vor der Herrschaft<br />

der Mehrheit?<br />

Ich habe Angst vor einer politischen<br />

Gruppierung, die Macht in der Hand<br />

hält und wächst. Und das als Waffe<br />

nutzt. Wenn man Macht bekommen<br />

hat, möchte man diese Macht auch<br />

behalten und erweitern.<br />

Wie geht ein Theater mit so viel Spannung<br />

und Widersprüchen um?<br />

Seit die Türkei im 20. Jahrhundert<br />

moderner und westlicher geworden<br />

ist, ahmt das türkische Theater<br />

das westliche Theater nach. Durch<br />

MAHIr GüNSIrAy — MEPHISTANBUL<br />

Stand-ups oder Boulevardtheater<br />

wird es im Stadt- und Staatstheater,<br />

aber auch in privaten Theaterhäusern<br />

so gemacht. Aus einer gewissen<br />

Sicht passt das Theater eigentlich<br />

nicht zu unserem Leben.<br />

Inwiefern?<br />

Die Türkei ist mit keinem anderen<br />

europäischen Land vergleichbar. Wir<br />

sind in Bildungs-, Gesundheits- und<br />

Kulturangelegenheiten immer noch<br />

sehr rückständig. Für uns Türken<br />

sind die sogenannten Köy-oyunlari,<br />

die traditionellen Dorfstücke oder<br />

Geschichten, die in cafés erzählt<br />

werden, viel unterhaltsamer. Man<br />

sitzt um den Tisch herum, es wird<br />

gegessen, getrunken, gesungen, dann<br />

nimmt jemand die Saz von der Wand<br />

und spielt, man erzählt sich Witze.<br />

Das ist unsere Unterhaltung. Wie<br />

„soll reliGion das leben<br />

bestimmen oder nicht?<br />

soll sie sich in das leben<br />

einmischen oder<br />

soll man sie im privaten<br />

ausleben?“<br />

soll das Theater sich da zurechtfinden?<br />

Welche Art von Theater kann<br />

es mit diesen Menschen machen? Es<br />

kommt deshalb darauf an, was wir<br />

unter Theater verstehen. Solange wir<br />

das tote, langweilige Theater, das wir<br />

vom Westen kopieren, fortführen,<br />

können wir nicht gewinnen: Vorne<br />

brennt das Licht, eine Tür, ein Fenster,<br />

es wird Leben gezeigt. Du sitzt<br />

da und schaust es dir an. Du siehst<br />

Menschen, die sich streiten, die sich<br />

lieben. Egal, wie gut es ist, es kann in<br />

keiner Weise besser und attraktiver<br />

sein, als eine Serie, die man sich zu<br />

Hause im Pyjama auf der couch im<br />

Fernsehen anschaut. Und in allen<br />

Dörfern der Türkei gibt es zwei Fernseher<br />

pro Haushalt und drei Satellitenschüsseln.<br />

Was verleiht dem Theater Bedeutung?<br />

Man muss einen eigenen Weg finden.<br />

Mit unserem Tiyatro oyun Evi<br />

spielen wir, seit es uns gibt, nicht<br />

nur an einem ort, sondern gehen<br />

86<br />

auf Tournee. Manchmal müssen wir<br />

große Kompromisse eingehen, auf<br />

den Großteil unserer Dekoration<br />

oder auch auf das gesamte Bühnenbild<br />

verzichten. Wir haben auf Straßen<br />

gespielt. Wir haben uns nicht<br />

nach den Erwartungen der Zuschauer<br />

gerichtet. Wir haben Genets „Die<br />

Zofen“ in einer Stadt wie Diyarbakir<br />

gespielt, oder auch Kafka am gleichen<br />

ort. In Hakkari haben wir<br />

in einem Kino gespielt. Wir haben<br />

niemals darüber nachgedacht, dass<br />

die Menschen vielleicht nichts von<br />

Genet verstehen. Aber im Gegenteil:<br />

Als wir in Mersin „Die Zofen“<br />

gespielt haben, hat ein 14-jähriger<br />

kleiner kurdischer Junge das Stück<br />

verstanden, der nicht zur Schule gegangen<br />

ist. In Istanbul hat es sich ein<br />

Dramaturg angeschaut und es nicht<br />

verstanden. Aber in Mersin kam der<br />

Junge zu mir und meinte „Hey, ihr<br />

spielt großartig! Eure Performance<br />

ist toll.“ Ich habe ihn gefragt, was er<br />

verstanden hat. Er antwortete: „Du<br />

und der andere schmieden Pläne die<br />

Frau umzubringen, aber sobald sie<br />

kommt, könnt ihr nichts unternehmen.<br />

Wenn sie weg ist, steht ihr nur<br />

so da.“<br />

Mich hat überrascht, dass es in einer<br />

Stadt wie Istanbul, in der über 15 Millionen<br />

Menschen leben, eigentlich keine<br />

Räume für größere Theaterproduktionen<br />

gibt. Wie kommt das?<br />

Ich weiß nicht, wie viele von diesen<br />

15 Millionen Menschen wirklich leben.<br />

Je nachdem was wir unter „leben“<br />

verstehen!<br />

Das musst du genauer erklären.<br />

Während ein Haushalt von 5000<br />

Euro lebt, muss eine Großfamilie<br />

direkt auf der anderen Straßenseite<br />

von nur 100 Euro leben. Wie sollen<br />

wir jetzt berechnen, wie viele Millionen<br />

Menschen „leben“? Früher hatten<br />

wir unser Theater im osten von<br />

Tarlabasi, dem Vergnügungsviertel<br />

von Istanbul. Uns hat nur eine Straße<br />

vom Stadtteil Beyoglu getrennt.<br />

Dort waren Kurden, Armenier, Nigerianer,<br />

Prostituierte, Transvestiten<br />

– und wir. Damals hat claude Leon,<br />

unsere Bühnenbildnerin, umsonst<br />

wöchentliche Workshops für Kinder<br />

angeboten. Die Kinder, die mit


normalen Schuhen gekommen sind,<br />

konnten sich glücklich schätzen,<br />

denn die meisten kamen bei Schnee<br />

in Plastiklatschen ohne Socken.<br />

Wie geht eine Gesellschaft mit solchen<br />

Unterschieden um?<br />

Wie schon gesagt, es ist ein Wunder,<br />

wie das funktionieren kann. Vielleicht<br />

gibt es immer noch Werte, auf<br />

die man hinarbeiten und aus denen<br />

man etwas lernen kann.<br />

Gibt es Werte, die alle verbinden?<br />

Die gibt es, aber das ist ein gefährlicher<br />

Punkt. Es gab eine ähnliche<br />

Situation in Jugoslawien, die wir<br />

Pulverfass nennen. Manchmal habe<br />

ich das Gefühl, dass auch die Türkei<br />

auf einem Pulverfass sitzt. Eine Kleinigkeit<br />

könnte jeden Augenblick eine<br />

Explosion verursachen. Die Werte,<br />

die aus dem traditionellen Bereich<br />

kommen, sind zwar einerseits gut,<br />

können aber auch zugunsten von Faschismus<br />

oder auch Nationalismus<br />

ausgenutzt werden. Und der Mann in<br />

der Türkei braucht Liebe. Nicht nur<br />

in der Gesellschaft, sondern auch<br />

innerhalb der Familie. Er wächst<br />

ohne Geld, mit Gewalt und Druck<br />

auf. Einerseits herrscht Druck von<br />

der Mutter, andererseits vom Vater.<br />

„Der Mann braucht Liebe“ – Welche<br />

Rolle spielt Männlichkeit überhaupt in<br />

der türkischen Gesellschaft?<br />

Der Mann in der Türkei verfügt über<br />

mehr rechte als die Frau. Es ist sehr<br />

einfach und durchaus möglich, dem<br />

mit einem modernen feministischen<br />

Ansatz zu begegnen, aber das löst die<br />

Sache nicht. Es isoliert den Mann<br />

noch mehr.<br />

Halten wir also fest: Der Mann hat<br />

mehr Rechte, aber es scheint ihn nicht<br />

glücklich zu machen. Was verhindert<br />

denn, dass er Liebe bekommt?<br />

Er weiß nicht, was Liebe ist. Frauen<br />

wissen viel besser, was Liebe und<br />

Emotionen sind. Der Mann wächst<br />

damit auf, beides zu unterdrücken.<br />

Aber gleichzeitig sucht er danach?<br />

Natürlich. Er sucht sie, kennt sie<br />

aber nicht. (lacht) Aber ich dachte,<br />

wir reden darüber, wie ich früher am<br />

Set die Mädels geküsst habe.<br />

MAHIr GüNSIrAy — MEPHISTANBUL<br />

Wie war das, als du am Set die Mädels<br />

geküsst hast?<br />

Mit sechs Jahren habe ich meinen<br />

ersten Film gedreht. Ich habe versucht<br />

alle Frauen am Set zu küssen.<br />

Daraufhin hat mir mein Vater verboten<br />

Filme zu drehen.<br />

Dein Vater ist ein sehr bekannter Filmschauspieler<br />

gewesen. Wie hat das deine<br />

Arbeit beeinflusst?<br />

Bis ich sieben oder acht Jahre alt war,<br />

gab es eine Zeit, in der mein Vater<br />

ein großer Star war. Eines Tages hat<br />

ein wichtiger Schauspieler, der ein<br />

sehr guter Freund meines Vaters war,<br />

Selbstmord begangen. Die Produzenten<br />

haben ihm sein Geld nicht<br />

gegeben und deshalb geriet er in eine<br />

schlimme Phase und nahm sich das<br />

Leben. Daraufhin hat mein Vater<br />

eine Pressekonferenz veranstaltet<br />

und das Kino komplett aufgegeben.<br />

obwohl er einer der Großverdiener<br />

des türkischen Kinos war, hatte er<br />

„meinen ersten bühnenauFtritt<br />

hatte ich in einer<br />

Gelben leGGinGs im<br />

Garten des archäolo-<br />

Gischen museums.“<br />

plötzlich nichts mehr in der Hand.<br />

Er hat immer sehr spendabel gelebt.<br />

Ich selbst bin bei meiner oma unter<br />

wirtschaftlich eingeschränkten Verhältnissen<br />

aufgewachsen. Es kann<br />

sein, dass die Einsamkeit in meiner<br />

Kindheit mich dazu verleitet hat,<br />

Schauspieler zu werden. obwohl ich<br />

ein gesundes und temperamentvolles<br />

Kind war, hatte ich die Einsamkeit<br />

eines Pinguins in mir. Die Stücke, die<br />

ich in meinem Zimmer allein gespielt<br />

habe, waren wohl der Ursprung.<br />

Und wie bist du zum Film gekommen?<br />

Hat dich dein Vater mitgebracht? Oder<br />

hast du das gegen den Willen deines Vaters<br />

getan?<br />

Mit sechs Jahren ist es natürlich<br />

durch meinen Vater passiert. Aber ich<br />

bin mit 17 von zu Hause ausgezogen.<br />

Ich habe als DJ gearbeitet, als Bagboy<br />

in der Kleidungsbranche, habe eine<br />

Ausbildung zum Hotelfachmann<br />

89<br />

absolviert und Lexika vermarktet.<br />

Eines Nachts kam ein Mann in die<br />

Bar, in der ich als DJ aufgelegt habe.<br />

Er fragte, ob wir mal sprechen könnten.<br />

„Sie sind doch der Sohn von<br />

orhan Günsiray, wir würden gerne<br />

einen Film mit Ihnen drehen“, sagte<br />

er. Am nächsten Tag war ich in der<br />

Produktionsfirma und habe meinen<br />

zweiten Film gedreht. Danach habe<br />

ich gedacht, dass ich Schauspiel lernen<br />

muss. Bevor ich aufs Konservatorium<br />

gegangen bin, habe ich mit<br />

Ballett angefangen und gemodelt.<br />

Ich stand für eine berühmte Marke<br />

auf dem Laufsteg und meinen ersten<br />

Bühnenauftritt hatte ich in einer<br />

gelben Leggings mit Frauen im Arm<br />

im Garten des Archäologischen Museums.<br />

Bist du Schauspieler geworden, obwohl<br />

dein Vater so berühmt war, oder weil<br />

dein Vater so berühmt und selbst ein erfolgreicher<br />

Schauspieler war?<br />

Wenn ich Schauspieler werde, kann<br />

ich die Mädels besser erobern, habe<br />

ich mir gedacht. (lacht)<br />

Wie blickt man von Istanbul aus auf<br />

Europa? Fühlt man sich dort Europa<br />

zugehörig?<br />

Es gab in der Türkei immer ein gewisses<br />

Interesse und Fortschritte bezogen<br />

auf Europa. Das geht bis zurück<br />

ins osmanische reich. Die Türken<br />

sind sowieso nie zur ruhe gekommen,<br />

sie wollten immer überall hin.<br />

Wenn Europa heute die Türen öffnen<br />

würde, dann würden aus der Türkei<br />

alle mit Sack und Pack auf den Autos<br />

nach Europa fahren. Aus reiner<br />

Neugier. Auch ich würde garantiert<br />

kommen, um an einer Autobahn zu<br />

picknicken.<br />

Glaubst du also, dass es so kommen<br />

wird, sobald die Türkei zu Europa gehört?<br />

Dass es eine Wanderung von der<br />

Türkei weg geben wird?<br />

Nein, denn bevor die Menschen in<br />

unserem Land nicht verschwinden,<br />

können wir nicht in die Europäische<br />

Union. So lange aber diese Menschen<br />

existieren, werden die Türen<br />

geschlossen bleiben.<br />

Was verbindest du mit Deutschland?<br />

Ich mag die ruhe, die hier herrscht.


Manchmal kann es auch langweilig<br />

sein, dass alles so ordentlich ist. Aber<br />

andererseits bleibt auch viel Zeit übrig,<br />

um nachzudenken, weil du dich<br />

nicht permanent mit anderen Dingen<br />

beschäftigen musst. In Istanbul<br />

hast du keine Zeit zum Nachdenken.<br />

Du musst ständig etwas machen und<br />

kämpfen. Wann kommt der Bus?<br />

Kommt der Bus oder nicht? In welche<br />

Straße muss ich abbiegen? Bekomme<br />

ich ein Taxi oder nicht? Wird<br />

es einen Umweg fahren? In welchem<br />

Supermarkt kann man olivenöl zu<br />

welchem Preis kaufen? In einem<br />

Geschäft kannst du Toast für 9 Lira<br />

kaufen, in dem Laden gegenüber bekommst<br />

du ihn für 1 Lira. Selbst in<br />

einem Supermarkt kann man nicht<br />

in ruhe einkaufen gehen.<br />

Mit dem ruhrgebiet verbinde<br />

ich aber auch die Zeit, in der ich<br />

als Schauspieler mit roberto ciulli<br />

zusammen gearbeitet habe und die<br />

mein Leben verändert hat. Denn ich<br />

habe gemerkt, dass alles, was ich bis<br />

dahin über Schauspielerei und Theater<br />

wusste, nur Müll war. Das war<br />

1994 und wie ein naives Kind habe<br />

ich mich danach wieder mit Schauspiel<br />

und Theater auseinandergesetzt.<br />

Seitdem habe ich immer davon<br />

geträumt, eines Tages wieder am<br />

Theater an der ruhr als Schauspieler<br />

oder regisseur zu arbeiten. Dazu ist<br />

es nicht gekommen, aber dafür verwirkliche<br />

ich jetzt in demselben Gebiet<br />

einen ähnlichen Traum.<br />

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit<br />

mit deutschen Schauspielern<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>.<br />

Was hat das für dich bedeutet, als dein<br />

Vater das Schauspiel aufgegeben hat?<br />

War das auch für dich ein entscheidender<br />

Schnitt im Leben?<br />

Ich habe erst viel später realisiert,<br />

dass er aufgehört hat. Aber er war von<br />

Anfang an dagegen, dass ich Schauspieler<br />

werde. Wir hatten schon immer<br />

ein sehr schlechtes Verhältnis<br />

zueinander. Als ich im Konservatorium<br />

angefangen habe, sollte er ein<br />

Formular für mich unterschreiben.<br />

Aber er hat es nicht getan und ich<br />

musste es mir von meinem opa unterschreiben<br />

lassen. Er sagte „Wenn<br />

du diese Schule besuchst, wirst du<br />

unglücklich und ein Kommunist!“<br />

Und ich bin beides geworden.<br />

Soll man also besser auf seinen Vater<br />

hören?<br />

Nein. Ich bin sehr glücklich darüber,<br />

unglücklich zu sein.<br />

AUS DEM TürKIScHEN VoN SELEN KArA<br />

mahir Günsiray<br />

wurde in Istanbul geboren. Er stammt<br />

aus einer bekannten türkischen Schauspielerfamilie.<br />

Nach seinem Abschluss<br />

an einer Schauspielschule in der Türkei<br />

machte er seinen Masterabschluss in<br />

Regie an der Universität Leeds, Großbritannien<br />

und studierte an der Fakultät<br />

für bildende Künste an der Mimar<br />

Sinan Universität Istanbul. Er lehrte<br />

Bewegung, Improvisation, Schauspiel<br />

und Regie an den Fakultäten für Theater<br />

und darstellende Künste an verschiedenen<br />

Universitäten. 1986 begann er als<br />

Schauspieler am türkischen Staatstheater<br />

zu arbeiten und gründete 1996 in<br />

Istanbul die freie Theatergruppe Tiyatro<br />

Oyunevi, mit der er als Regisseur zahlreiche<br />

Stücke und Romanbearbeitungen<br />

inszenierte, in denen er teilweise auch<br />

selber mitspielte. Darunter “Mann ist<br />

Mann” von Brecht, “Die Zofen” von<br />

Genet und “Don Quixote” von Cervantes.<br />

Seine letzte Produktion “Waiting...”<br />

entstand als Koproduktion mit<br />

dem internationalen Seas-Festival und<br />

wird in verschiedenen europäischen<br />

Hafenstädten gezeigt.<br />

90<br />

Faust<br />

von Johann Wolfgang von Goethe<br />

Premiere am 4. Dezember <strong>2010</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Seine Suche nach Glück und Erkenntnis hat ihn weltbekannt<br />

gemacht: Wie kaum eine andere Figur der Weltliteratur<br />

stellt Goethes Faust die großen letzten Fragen nach<br />

Gut und Böse, nach dem Wesen der religion, nach Wahrheit,<br />

Grund und Sinn des Menschseins und nach Liebe.<br />

Und weil ein Menschenleben allein nicht ausreicht, um all<br />

das zu ergründen, was „die Welt im Innersten zusammenhält“,<br />

verbündet sich dieser Glückssucher mit dem Teufel<br />

selbst – und bleibt dabei doch nur ein rädchen im Spiel der<br />

Großen und Höchsten, und bei deren zynischer Wette Gegenstand<br />

und Einsatz zugleich. Mit seinem Faust entwirft<br />

Goethe aber auch die deutscheste aller literarischen Figuren,<br />

die tief in der deutschen Geistesgeschichte verwurzelt<br />

ist. Im ersten Teil seines Lebenswerkes schickt er Faust als<br />

den Prototyp des zweifelnden Intellektuellen auf die reise<br />

durch eine Welt der Verführung, immer auf der Suche nach<br />

dem einem, dem glücklichen Lebensmoment. Im späteren,<br />

zweiten Teil lässt er Faust dann selbst eine Welt erschaffen<br />

und daran scheitern, voller utopischer Hoffnung alle Gegensätze<br />

auszusöhnen und zu einem klassischen Lebensideal<br />

zusammenzuführen.<br />

Der Istanbuler regisseur Mahir Günsiray verbindet beide<br />

Teile und blickt vom südlichsten rand Europas auf den<br />

Goetheschen Kosmos und seinen Protagonisten. Nicht<br />

auszuschließen, dass sein Faust ganz andere Fragen hat<br />

oder andere Antworten auf die bekannten Fragen findet.<br />

oder einfach nur nach Süden wandert.<br />

Regie: Mahir Günsiray<br />

Bühne: Claude Leon<br />

Kostüme: Meentje Nielsen<br />

Dramaturgie: Thomas Laue


Katharina thalbach — Zeitreise<br />

Zeitreise<br />

text: sabine reich<br />

Fotos: leonie Droste unD steFania tosi<br />

92


1 ezio toffolutti, geboren 1944 in Venedig, ist bühnenbildner,<br />

Kostümbildner, regisseur und Maler.<br />

2 Ulrich Tukur, deutscher Schauspieler<br />

3 coline serreau, französische Filmemacherin<br />

und Drehbuchautorin. ihr Film „Drei Männer<br />

und ein baby“ (1986) wurde ein internationaler<br />

Erfolg wie auch ihr Bühnenstück „Hase Hase“, das<br />

benno besson 1986 mit Katharina thalbach in der<br />

hauptrolle inszenierte. sie arbeitete und lebte viele<br />

Jahre mit benno besson zusammen, mit dem sie<br />

drei Kinder hat.<br />

4 benno besson, schweizer schauspieler, regisseur<br />

und theaterleiter. er ist der Vater von Katharina<br />

thalbach, ihre Mutter war die schauspielerin<br />

sabine thalbach.<br />

5 ostberlin, das Gebiet berlins, das nach der teilung<br />

der stadt durch die siegermächte des Zweiten<br />

Weltkrieges 1945 den sowjetischen Sektor bildete.<br />

Faktisch Hauptstadt der Deutschen Demokratischen<br />

Republik von 1949 bis 1990.<br />

Katharina thalbach — Zeitreise<br />

ein spaziergang mit Katharina Thalbach durch Venedig,<br />

bei dem man sich zwar verlaufen kann, aber immer weiterkommt.<br />

„in Venedig fällt einem immer was<br />

ein“, sagt Katharina thalbach, als<br />

sie mich für die Vorbereitungen zu<br />

ihrer inszenierung des „cyrano de<br />

bergerac“ nach Venedig einlädt. Katharina<br />

thalbach in Venedig? berlin,<br />

das ist doch ihre stadt. in berlin ist<br />

sie geboren, in berlin lebt sie. Mit<br />

fünfzehn steht sie das erste Mal auf<br />

der bühne des berliner ensembles,<br />

ist dort elevin und schauspielerin,<br />

1976 wechselt sie von ost nach West,<br />

spielt und inszeniert auf den bühnen<br />

der stadt, spielt brecht und hauptmann.<br />

sie dreht mit schlöndorff „Die<br />

blechtrommel“ und mit haußmann<br />

„sonnenallee“. eine sehr deutsche<br />

Biografie, denkt man, und ein Stück<br />

deutscher theatergeschichte. Doch<br />

ein teil ihrer Geschichte findet seit<br />

Jahren in Venedig statt, der rest in<br />

ganz europa. „einmal im Jahr bin ich<br />

hier in Venedig“, erzählt sie. „Früher<br />

war ich in Venedig, weil mein Vater<br />

hier lebte. oft bin ich aber hier, um<br />

ezio toffolutti 1 zu sehen. Ich kenne<br />

viele leute, die hier leben: Meine<br />

halbschwester lebt hier, ulrich tukur<br />

2 zum beispiel, und dort ist das<br />

haus von coline serreau 3 .“<br />

ihr Vater benno besson 4 stammt<br />

aus der französischen Schweiz, kam<br />

aus Zürich nach ostberlin 5 , um am<br />

berliner ensemble an der seite von<br />

brecht theater zu machen. er führte<br />

erfolgreich regie, verließ jedoch nach<br />

Konflikten das Berliner Ensemble,<br />

wechselte ans Deutsche theater und<br />

übernahm 1974 die Leitung der Volksbühne<br />

berlin, die unter seiner intendanz<br />

zur wichtigsten bühne der DDr<br />

wurde. 1978 verließ er die DDr, ging<br />

nach Paris und inszenierte anschließend<br />

in ganz europa. an seiner seite<br />

93<br />

arbeitete immer wieder der venezianische<br />

Kostüm- und bühnenbildner<br />

ezio toffolutti. auch ihn interessierte<br />

das politische theater brechts, dafür<br />

tauschte er 1971 das sonnige Venedig<br />

gegen ostberlin. „Grau war es,<br />

sehr grau“, erinnert sich ezio an seine<br />

ersten Jahre in Deutschland, „aber<br />

das theater war sehr aufregend.“<br />

heute entstehen in seinem atelier<br />

in Venedig die bühne und Kostüme<br />

für „cyrano de bergerac“. seit vie-<br />

„TheaTer haT miT Vergnügen<br />

zu Tun. es ging<br />

um die grosse Forderung,<br />

TheaTer Für alle<br />

zu machen.“<br />

len Jahren schon arbeitet Katharina<br />

thalbach mit ezio und beschreibt ihr<br />

Verhältnis als ein sehr besonderes.<br />

„ezio und ich haben eine gemeinsame<br />

sprache und natürlich eine gemeinsame<br />

Geschichte. Wir müssen<br />

uns nicht mehr erklären. Ezio hat die<br />

DDR kennen gelernt, besonders auch<br />

die theaterwelt in der DDr, daher<br />

weiß er, was meine Wurzeln sind. in<br />

Venedig habe ich seine Wurzeln kennen<br />

gelernt. inzwischen sind das unsere<br />

Wurzeln, weil ich seit 25 Jahren<br />

immer mit Venedig zu tun habe. Das<br />

ist eine symbiose geworden.“<br />

sie erinnert sich an die erste Zeit,<br />

als Ezio nach Berlin kam und kaum<br />

ein Wort Deutsch konnte. Er begann<br />

als hospitant und machte schnell<br />

Karriere.<br />

„Ich kenne Ezio, seit ich 17 Jahre<br />

alt bin. Todschick! Das war mein


erster Eindruck, als Ezio damals nach<br />

Ostberlin kam. Er sah todschick aus.<br />

Das war die Zeit der taillierten hemden<br />

damals. Für mich war ezio, um<br />

es mal ganz ehrlich zu sagen, die große<br />

weite Welt. ein Venezianer in berlin<br />

– das kann man sich ja vorstellen,<br />

dass das einigermaßen aufsehen erregte.<br />

Er konnte total anders Spagetti<br />

kochen. Die haben zum ersten Mal<br />

geschmeckt!“<br />

Das alles erzählt sie auf dem Weg<br />

ins „cinema toffolutti“, der neuesten<br />

Erfindung von Ezio: ein altes, leer<br />

stehendes Kino dient ihm seit einem<br />

Jahr als atelier und ausstellungsraum.<br />

einstmals befand sich in den<br />

räumen ein Parteibüro der Kommunistischen<br />

Partei, danach eines der<br />

Faschisten, dann wurde es zu einem<br />

Kino, bevor es viele Jahre leer stand.<br />

„ein Venezianer in osTberlin<br />

– das erregTe einigermassen<br />

auFsehen!“<br />

„heute müssen wir ein Vaporetto<br />

nehmen, um ins Atelier zu kommen,<br />

aber früher hatte ezio eine eigene<br />

Gondel, die er selber restaurierte.<br />

Damit ruderte er uns oft nach Giudecca<br />

6 .“<br />

Der Venezianer toffolutti und der<br />

schweizer besson haben im ostberlin<br />

der siebziger Jahre eine eigene art<br />

von Theatersprache entwickelt, die<br />

ein Stück Commedia dell’Arte nach<br />

Preußen brachte. „bennos theaterverständnis<br />

war ein sehr ungewöhnliches,<br />

auch in der DDr. aus der<br />

französischen Schweiz kommend,<br />

Katharina thalbach — Zeitreise<br />

war er mit einer ganz anderen art<br />

von theater groß geworden. seine<br />

lehrzeit begann in Paris, geprägt von<br />

Arbeiten wie ‚Kinder des Olymp’ 7 .<br />

Mit den leuten, die diesen Film<br />

machten, hat er gearbeitet. Diese<br />

Qualität schätzte auch brecht sehr<br />

an benno. er war aber nicht nur der<br />

pedantische brechtschüler, sondern<br />

bei ihm hatte theater auch etwas<br />

mit Vergnügen zu tun. Das habe ich<br />

von Benno gelernt. Nie trockenes<br />

lehrtheater. ob das nun brecht<br />

oder Shakespeare ist, egal. Es ging<br />

um die große Forderung, theater für<br />

alle zu machen. es war ja nun mal<br />

schwierig damals und man wollte<br />

ein politischer spiegel sein. Von der<br />

bühne wurde die öffentliche Meinung<br />

verkündet und vom Publikum<br />

verstanden. es war eine ganz eigene<br />

Art von Volkstheater. Benno hat zum<br />

Beispiel diese Spektakel erfunden<br />

und in allen räumen und Gängen<br />

theater gespielt. Das war neu, als wir<br />

jung waren. Wir haben Stücke innerhalb<br />

von einer Woche auf die bühne<br />

gebracht, von jungen autoren, deren<br />

Texte wir so auf Brauchbarkeit<br />

überprüften. Das waren autoren wie<br />

thomas brasch 8 , aber auch heiner<br />

Müller 9 . Das Feuilleton war sowieso<br />

wurscht, was das Publikum dachte,<br />

das war viel interessanter. Diese haltung<br />

hat uns geprägt. benno hat sehr<br />

viele leute zugelassen und gefördert,<br />

Künstler wie zum beispiel Karge/<br />

langhoff 10 . Das hatte alles mit einer<br />

großen Großzügigkeit zu tun, aber<br />

vor allem mit einem Riesenspaß! Das<br />

haben wir sicher mitgenommen.“<br />

Katharina thalbach verließ, wie<br />

auch ihr Vater und viele andere, ende<br />

der siebziger Jahre die DDr. unter ih-<br />

94<br />

6 Giudecca: Die langgestreckte, südlich von<br />

Venedig gelegene Insel befindet sich gegenüber dem<br />

„Zattere” und ist von Venedig durch den canale<br />

della Giudecca getrennt. Die Giudecca ist heute<br />

überwiegend von arbeitern und einfacheren leuten<br />

bewohnt, erfreut sich mittlerweile aber wachsender<br />

beliebtheit bei der internationalen Prominenz.<br />

7 „Kinder des Olymp“, französischer Spielfilm,<br />

gedreht 1943 bis 1945 von Marcel carné, Drehbuch<br />

Jacques Prévert. Der Film gilt als herausragendes<br />

Beispiel des poetischen Realismus in Frankreich.<br />

8 thomas brasch, deutscher schriftsteller, Dramatiker,<br />

Drehbuchautor, Regisseur und Lyriker. Er<br />

war 1976 Mitunterzeichner der resolution gegen<br />

die ausbürgerung von Wolf biermann und verließ<br />

daraufhin zusammen mit Katharina thalbach und<br />

ihrer tochter anna thalbach die DDr. er erhielt für<br />

seine Filme und texte zahlreiche auszeichnungen<br />

und Preise. Er starb 2001 in Berlin. Thomas Brasch<br />

war der lebensgefährte von Katharina thalbach.<br />

9 heiner Müller, deutscher schriftsteller, 1929-<br />

1995, wichtiger autor der DDr, schrieb theaterstücke<br />

und führte selber Regie.<br />

10 Matthias langhoff und Manfred Karge, theaterregisseure


Foto: eManuel hauPtMann<br />

11 christoph Waltz, österreichischer schauspieler,<br />

der <strong>2010</strong> den Oscar für seine Rolle des Hans Landa<br />

in dem Film „inglourious basterds“ von Quentin<br />

tarantino erhielt.<br />

12 „Macbeth“ von William Shakespeare, erste<br />

regiearbeit von Katharina thalbach 1987 in der<br />

Werkstattbühne des Berliner Schillertheaters.<br />

Katharina thalbach — Zeitreise<br />

nen auch die beiden regisseure Matthias<br />

langhoff und Manfred Karge,<br />

die in den frühen 1970ern bei Benno<br />

Besson an der Volksbühne inszenierten,<br />

wo sie mit regisseuren und<br />

autoren wie Fritz Marquardt, heiner<br />

Müller und anderen namhaften<br />

DDR-Künstlern die berühmte Volksbühnenära<br />

nach 1945 prägten. 1977,<br />

nach dem Weggang des intendanten<br />

benno besson, arbeiteten und lebten<br />

Karge/langhoff im Westen. in bochum,<br />

wo sie unter der leitung von<br />

claus Peymann regelmäßig inszenierten,<br />

brachten sie die arbeiten<br />

von vielen Künstlern aus der DDr<br />

auf die bühne und machten sie in<br />

Westdeutschland bekannt, so zum<br />

beispiel thomas brasch mit seinem<br />

Stück „Lieber Georg ...“ (Uraufführung<br />

1980) sowie Heiner Müller<br />

(1983, „Verkommenes Ufer ...“).<br />

Zusammen mit thomas brasch<br />

lebte Katharina thalbach in Westberlin<br />

und verlor ezio toffolutti für einige<br />

Zeit aus den augen. „Die nächste<br />

große begegnung war dann wieder<br />

in Zürich, als Benno dort ‚Hamlet’<br />

inszenierte, mit christoph Waltz 11<br />

als hamlet und mir als ophelia. Das<br />

war 1983. So kamen wieder die Tücher<br />

von ezio auf die bühne. Dann<br />

haben wir das erste Mal hier in Venedig<br />

zusammen gearbeitet, um ‚Macbeth’<br />

12 vorzubereiten. Das war meine<br />

erste regiearbeit und ich brauchte<br />

jemanden, der mit einem kleinen<br />

Etat etwas Besonderes bauen konnte.<br />

Für mich kam nur Ezio in Frage. Als<br />

Venezianer arbeitet ezio eigentlich<br />

immer mit schiffsprinzipien. er erklärte<br />

uns, dass die ersten Techniker<br />

im Barocktheater Matrosen gewesen<br />

waren. Die theatermaschine mit ih-<br />

95<br />

ren schnellen Wechseln ist gemacht<br />

wie ein schiff mit vielen segeln. so<br />

wie die Matrosen die segel setzten<br />

mit stoff und seilen, so hat ezio auf<br />

der bühne räume gewechselt und<br />

verändert. Mit ‚Macbeth’ wurden<br />

wir zu Gastspielen in ganz europa<br />

eingeladen.“<br />

seitdem arbeitet Katharina thalbach<br />

europaweit als schauspielerin<br />

und regisseurin: sie steht auf der<br />

bühne in Paris und Zürich, inszeniert<br />

„Die Fledermaus“ am teatro<br />

sao carlos in lissabon, spielt in internationalen<br />

Filmproduktionen,<br />

doch Venedig bleibt eine ganz wichtige<br />

station. „Venedig ist die lebendigste<br />

stadt der Welt. Du hast eine<br />

besondere beziehung dort zu dem<br />

raum, in dem du bist. in Venedig<br />

arbeitet man anders als in anderen<br />

„ich habe mich auF meiner<br />

ersTen reise nach<br />

Venedig wirKlich ge-<br />

FürchTeT Vor der sTadT.<br />

man FühlT sich hier wie<br />

in einem zeiTTunnel, zurücKVerseTzT<br />

in die geschichTe.“<br />

städten. Das liegt an vielen Dingen,<br />

aber auch an der Lagune. Es gibt keine<br />

stadt auf der Welt, wo die natur<br />

zweimal am tag die stadt verändert:<br />

es gibt hier ebbe und Flut. Die lagune<br />

ist lebendig. auch die häuser leben,<br />

sind ständig in bewegung. Das<br />

Wasser wechselt durch das salz die<br />

Farbe, das Licht und die Perspektive<br />

ändern sich. Diese stadt ist gebaut


wie ein organismus, ist ein lebendiger<br />

Körper und ein labyrinth.“<br />

Das stimmt – gerade jetzt haben<br />

wir uns verlaufen. Für 2,50 € kaufen<br />

wir einen stadtplan, auf dem<br />

wir den namen der straße, in der<br />

wir ezios Wohnung vermuten, nicht<br />

finden. Irgendwie in diese Richtung,<br />

hier kann kein Weg der falsche sein<br />

und wen interessiert schon das Ziel,<br />

wenn es an jeder Ecke Schönes aus<br />

allen Jahrhunderten, Zeiten und<br />

Epochen zu entdecken gibt. Sich verlaufen,<br />

komplett die Orientierung<br />

verlieren, auf schwankendem Boden<br />

stehen und dann doch weiterkommen,<br />

wohin auch immer, ist eine<br />

sehr typische erfahrung in Venedig.<br />

Dass weiß auch Katharina thalbach.<br />

„Meine erste touristenreise ging<br />

nach Venedig und endete irgendwann<br />

nachts im canale Grande. Das<br />

war eine sehr bedeutsame erste reise,<br />

weil ich mich wirklich gefürchtet<br />

habe vor dieser stadt. Man fühlt sich


hier wie in einem Zeittunnel, wird<br />

zurückversetzt in die Geschichte. Damals<br />

war die stadt noch viel ruhiger,<br />

es gab nur einen Maskenladen am<br />

Markusplatz. Wenn wir jetzt wieder<br />

ein Vaporetto nehmen und von Giudecca<br />

nach Venedig fahren, kommen<br />

wir direkt zu San Marco. Die<br />

Seufzerbrücke ist zur Zeit gar nicht<br />

mehr zu sehen, die ist eingemauert<br />

hinter riesigen Bulgari-Plakaten.“<br />

Was kann schon ein Bulgari-Plakat<br />

der Schönheit Venedigs anhaben?<br />

Die alte Stadt zuckt die Achseln<br />

und lacht. Wir haben uns wunderbar<br />

verlaufen und ezios Wohnung<br />

gefunden. Darin wartet auf uns das<br />

Modell für die bühne von „cyrano<br />

de bergerac“. in wenigen Monaten<br />

schon beginnen die Proben. Der<br />

schauspieler armin rohde wird als<br />

cyrano seine eigene reise antreten,<br />

nicht nach Venedig, aber zum Mond<br />

vielleicht. Venezianische Wechsel<br />

garantiert.<br />

KaTharina Thalbach<br />

„Kathi ist die Bühne. Wenn sie auf der<br />

Bühne ist, passiert etwas“, sagt Ezio<br />

Toffolutti über Katharina Thalbach.<br />

Sie ist Schauspielerin, dreht Filme<br />

und steht auf der Bühne, ist aber auch<br />

seit vielen Jahren Theater- und Opernregisseurin.<br />

Im Westen wurde sie 1979<br />

durch den Film „Die Blechtrommel“<br />

von Volker Schlöndorff berühmt, in der<br />

DDR war sie schon lange ein Star. Sie<br />

wurde 1954 in Ostberlin geboren und<br />

ist die Tochter des Regisseurs Benno<br />

Besson und der Schauspielerin Sabine<br />

Thalbach. Sie war Elevin am Berliner<br />

Ensemble bei Helene Weigel und debütierte<br />

mit 15 Jahren als Hure Betty in<br />

„Die Dreigroschenoper“. Bis 1976 folgten<br />

weitere erfolgreiche Auftritte an den<br />

großen Ostberliner Bühnen und verschiedene<br />

Rollen in zehn DEFA-Filmen.<br />

Im Jahr 1976 siedelte Katharina Thalbach<br />

nach Westberlin über. Sie arbeitete<br />

weiterhin am Theater mit den Regisseuren<br />

Thomas Brasch, Jürgen Flimm,<br />

Benno Besson, Hans Neuenfels, Jérôme<br />

Savary und Leander Haußmann, mit<br />

dem sie 1999 den Film „Sonnenallee“<br />

drehte. Ihr Debüt als Regisseurin<br />

gab sie 1987 mit Shakespeares „Macbeth“<br />

in Berlin am Schillertheater, wo<br />

sie viele Jahre engagiert war. Zu ihren<br />

Inszenierungen gehörte auch „Der<br />

Hauptmann von Köpenick“ am Maxim<br />

Gorki Theater mit Harald Juhnke in der<br />

Hauptrolle. Ihre letzten Operninszenierungen<br />

waren 2008 „Rotter“ an der<br />

Oper Köln und 2009 „Der Barbier von<br />

Sevilla“ an der Deutschen Oper Berlin.<br />

Für ihre Arbeiten erhielt sie zahlreiche<br />

Film- und Theaterpreise.<br />

97<br />

Cyrano<br />

de BergeraC<br />

von Edmond Rostand<br />

Premiere am 29. Januar <strong>2011</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Ein Unzeitgemäßer war er, ein Freigeist und Erfinder, ein<br />

Poet und ein großer utopist. cyrano de bergerac lebte von<br />

1619 bis 1655. in seinen schriften reiste er zur sonne und<br />

zum Mond und wusste genau, dass der Mond eine Welt<br />

unter vielen ist, so wie die erde, die sich bewegt und um die<br />

Sonne kreist. Das war vermessen und mutig in einer Zeit,<br />

in der Galileo widerrufen musste und die scheiterhaufen<br />

noch schwelten. Keine Regel respektierte er und kein<br />

Gesetz, am wenigsten das der Kirche. scharf waren sein<br />

Degen und sein Verstand, sein Witz und sein Geist. Wen<br />

wundert es, dass dieses heiße herz sich mit allen anlegte,<br />

mehr Feinde als Vertraute hatte und aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach einem Anschlag zum Opfer fiel. Seine Schriften<br />

verschwanden und wir wissen nicht viel mehr über ihn als<br />

das, was Edmond Rostand in seinem Stück „Cyrano de Bergerac“<br />

1897 über ihn verewigt hat. Ob es Roxanne wirklich<br />

gab, das wissen wir nicht, aber wir glauben ganz sicher an<br />

die reinheit und tiefe seiner liebe zu ihr, die er verschwieg<br />

ein leben lang. im namen seines Freundes fand er die<br />

schönsten Worte der liebe, schrieb die leidenschaftlichsten<br />

briefe und gestand doch niemals, dass es sein eigenes<br />

herz war, das sprach. noch eines wissen wir: er hatte eine<br />

große nase. armin rohde spielt den cyrano de bergerac in<br />

der regie von Katharina thalbach.<br />

Regie: Katharina Thalbach<br />

Bühne und Kostüme: Ezio Toffolutti<br />

Musik: Emanuel Hauptmann<br />

Dramaturgie: Sabine Reich<br />

In Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität


Jan Klata<br />

auf dem weg nach ameriKa


Polen macht seine<br />

theatermacher zu<br />

stars, die auf der<br />

strasse erKannt<br />

werden. der<br />

theaterKritiKer<br />

roman PawŁowsKi,<br />

der für die grösste<br />

tageszeitung des<br />

landes schreibt,<br />

PortrÄtiert einen<br />

von ihnen und zeigt,<br />

warum das theater<br />

des regisseurs Jan<br />

Klata zwischen PoP,<br />

Poesie und PolitiK für<br />

aufregung weit über<br />

den zuschauerraum<br />

hinaus sorgt.<br />

TExT: ROMAN PAWłOWSKI<br />

FOTOS: cHRISTIAN ROlFES<br />

JAN KlATA — AUF DEM WEG NAcH AMERIKA<br />

Linker Katholik, konservativer Rebell,<br />

klassikaffiner Punk – nicht nur<br />

Talent und eine bildmächtige Fantasie,<br />

auch seine widersprüchliche<br />

Persönlichkeit machen Jan Klata zu<br />

einem der interessantesten Regisseure<br />

des europäischen Gegenwartstheaters.<br />

Klata ist das Kind einer von Paradoxien<br />

geprägten Zeit. Seine Generation<br />

sah bekennende Marxisten, mit<br />

Michael Gorbatschow an der Spitze,<br />

den Kommunismus zu Grabe tragen.<br />

Sie erlebte mit, wie einstige Parteigenossen<br />

und ehemalige Dissidenten<br />

Hand in Hand ein neues System unter<br />

marktliberalen Vorzeichen errichteten.<br />

Und sie debütierte zu einem<br />

Zeitpunkt, an dem islamistische Fanatiker<br />

die Geschichte, die 1989 zum<br />

Stillstand gekommen schien, wieder<br />

ins Rollen brachten.<br />

Wer wie Klata in einem Schmelztiegel<br />

widersprüchlicher Ideen, Traditionen<br />

und Ideologien aufwuchs,<br />

ist meist vor allem eines: kritisch. Er<br />

traut weder den Sympathisanten des<br />

Ancien Régime, noch den Propheten<br />

der schönen neuen Welt. Er steht<br />

den Sozialutopien des vergangenen<br />

Jahrhunderts ebenso skeptisch gegenüber<br />

wie den liberalen und neoliberalen<br />

Dogmen des neuen. Er sucht<br />

eigene Wege durch eine von Spannungen<br />

und Konflikten geprägte globalisierte<br />

Welt – auf eigene Faust und<br />

auf eigenes Risiko.<br />

Genau so ist auch Jan Klatas Theater.<br />

Schon mit seinem Regiedebüt<br />

stellte er den polnischen Status quo<br />

in Frage, der auf Abmachungen zwischen<br />

Vertretern der einstigen Opposition<br />

und den zu Postkommunisten<br />

gewendeten Repräsentanten der alten<br />

volksrepublikanischen Nomenklatura<br />

beruhte. In Wałbrzych, einer<br />

abgewirtschafteten Bergbaustadt in<br />

der niederschlesischen Provinz, versetzte<br />

er 2003 Gogols „Revisor“ ins<br />

kommunistische Polen der 1970er<br />

Jahre. Die nach dem damaligen Premier<br />

Gierek benannte Epoche, eine<br />

Zeit des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Fortschritts und der<br />

Öffnung nach Westen, aber auch<br />

der Korruption und des politischen<br />

Zynismus, diente Klata als Zerrspiegel<br />

für das von politischen Affären,<br />

Arbeitslosigkeit und Korruption ge-<br />

100<br />

plagte Polen der Gegenwart.<br />

Spätere Inszenierungen führten<br />

die radikale Kritik an den Verhältnissen<br />

im postkommunistischen Polen<br />

fort. Seine schlicht „H.“ betitelte<br />

Hamlet-Version in der Danziger<br />

Werft 2004 war eine Abrechnung<br />

mit den politischen Eliten des landes,<br />

denen nach 1989 im Kampf um<br />

Macht und Pfründe das Ethos der<br />

gesellschaftlichen Solidarität abhanden<br />

gekommen war. Schon der<br />

Spielort symbolisierte den Verfall:<br />

Eine heruntergekommene Halle in<br />

der ehemaligen lenin-Werft, der<br />

Wiege der „Solidarnos´ć“ und einem<br />

der ersten Opfer der kapitalistischen<br />

Marktwirtschaft.<br />

Den Regisseur Jan Klata interessiert<br />

aber keineswegs nur die Gegenwart,<br />

er setzt sich auch mit der Vergangenheit<br />

auseinander. In seiner<br />

Fassung von Stanisław Ignacy Witkiewiczs<br />

„Fizdejkos Tochter“ legte er die<br />

latenten, anlässlich des polnischen<br />

EU-Beitritts wieder aufgebrochenen<br />

Ängste und Psychosen von Polen<br />

und Deutschen offen. Die Deutschen<br />

zeigte Klata als Technokraten,<br />

denen immer noch die Gespenster<br />

von Auschwitz nachspuken. Die Polen<br />

wiederum präsentierte er dem<br />

deutschen Stereotyp entsprechend<br />

als betrunkene Arbeitslose, die ihre<br />

Habseligkeiten in Plastiktüten mit<br />

sich herumschleppen. „Transfer!“,<br />

eine auf Erzählungen polnischer und<br />

deutscher Opfer der Vertreibungen<br />

um 1945 basierende Theaterdokumentation,<br />

zeigte dagegen die Perspektive<br />

einer Versöhnung auf, in<br />

der das leid des anderen anerkannt<br />

wird, ohne die historischen Fakten<br />

und die Differenz der Erfahrungen<br />

zu leugnen.<br />

Mit der Zeit erweiterte Klata die<br />

Kampfzone und wandte sich globalen<br />

Themen zu. Er befasste sich mit dem<br />

Krieg gegen den Terrorismus und den<br />

Mechanismen der Erzeugung von<br />

Furcht, er kritisierte die Mediendemokratie,<br />

in der Medien und Meinungsforschungsinstitute<br />

die Macht<br />

übernommen haben, er fragte nach<br />

dem Sinn von Revolutionen in einer<br />

postpolitischen Welt, die keine<br />

Klassenkonflikte mehr kennt. Und<br />

mitten in der Finanzkrise analysierte<br />

er 2009 in „Das gelobte land“ die


kranke „Geiz ist geil“-Mentalität des<br />

neoliberalen Kapitalismus.<br />

Das treffendste Bild der postmodernen<br />

Welt zeichnete Klata in<br />

seiner Inszenierung von Stanisława<br />

Przybyszewskas epischem Drama<br />

„Die Sache Danton“. Er verlegte die<br />

Handlung in einen Slum unserer<br />

Zeit, ließ die Revolutionäre aber in<br />

Kostümen des 18. Jahrhunderts auftreten.<br />

Zwischen Hütten aus Pappe<br />

und Wellblech wirkte Robespierres<br />

und Dantons verbissenes Ringen um<br />

die Führerschaft grotesk, die Revolution<br />

wurde zur Farce. Eindrücklicher<br />

lässt sich ein Abgesang auf die Ideale<br />

der französischen Revolution kaum<br />

gestalten.<br />

Klata entwickelt seine Kapitalismus-<br />

und Utopiekritik aus der<br />

Position des bekennenden und engagierten<br />

Katholiken. Sein Danziger<br />

Hamlet zog auf Polonius’ Frage „Was<br />

leset Ihr, mein Prinz?“ ein Gotteslob<br />

aus der Tasche und zitierte aus den<br />

Zehn Geboten. Als gläubiger Katholik<br />

– einer von sehr wenigen in<br />

der gegenwärtigen Theaterlandschaft<br />

– steht er gleichwohl dem in Polen<br />

weit verbreiteten religiösen Fanatismus<br />

äußerst kritisch gegenüber. Das<br />

zeigt seine Adaption von André Gides<br />

Roman „Die Verliese des Vatikan“,<br />

in der er religiösen Fanatismus und<br />

westlichen Nihilismus konfrontierte.<br />

Auf der einen Seite standen die Hörer<br />

des ultrakatholischen Senders Radio<br />

Maryja, die sich in einer Festung der<br />

Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit<br />

verschanzten, auf der anderen<br />

Seite Jugendliche, die durch Popkultur<br />

und antikirchliche Einstellungen<br />

geprägt wurden. Klata ließ sie ihren<br />

Streit musikalisch austragen: Die einen<br />

sangen ein Madonnenlied, die<br />

anderen antworteten mit „Sympathy<br />

for the Devil“ von den Rolling<br />

Stones.<br />

Der politischen Radikalität Klatas<br />

entspricht die Radikalität seiner Theatersprache.<br />

Jan Klata ist ein DJ auf<br />

dem Regiestuhl: Er scratcht Inszenierungen,<br />

indem er klassischen Stücken<br />

Gossensprache untermischt,<br />

er loopt Repliken, um den Effekt<br />

stillstehender Zeit zu erreichen, er<br />

sampelt die unterschiedlichsten Texte<br />

und lässt etwas Neues daraus entstehen.<br />

Eine Schlüsselrolle in seinen<br />

JAN KlATA — AUF DEM WEG NAcH AMERIKA<br />

Inszenierungen spielen Musikzitate:<br />

In „Die Sache Danton“ sind es „Revolution<br />

No. 9“ von den Beatles und<br />

„Talkin’ bout a Revolution“ von Tracy<br />

chapman, in „Schuster.am.Tor“ ist<br />

es „london calling“ von The clash,<br />

und in „Das gelobte land“ ist „In the<br />

Air Tonight“ von Phil collins zu hören.<br />

Die symbolische Bedeutung dieser<br />

und anderer Zitate ist von einem<br />

popkulturell sozialisierten Publikum<br />

leicht zu erfassen.<br />

Manche Zuschauer irritiert die<br />

Brutalität von Klatas Inszenierungen,<br />

die direkt und plakativ daherkommen<br />

wie Parolen an Häuserwänden.<br />

Wer nur einen angenehmen Abend<br />

im Theater verbringen möchte, für<br />

den sind sie nichts. Doch genau so<br />

muss Theater sein: unbequem und<br />

beunruhigend. Nur so lebt es. Nur so<br />

hat es einen Sinn.<br />

Roman PawŁowski IST THEATERKRITIKER<br />

UND REDAKTEUR DER „GAZETA WyBORcZA“,<br />

DER GRÖSSTEN üBERREGIONAlEN TAGESZEI-<br />

TUNG POlENS.<br />

AUS DEM POlNIScHEN VON<br />

BERNHARD HARTMANN<br />

Jan Klata<br />

wurde 1973 geboren und studierte<br />

Regie an der Warschauer Theaterakademie<br />

und später an der staatlichen<br />

Theaterschule Krakau. Er assistierte<br />

polnischen Theatergrößen wie<br />

Jerzy Grzegorzewski oder Krystian<br />

Lupa. Seine erste Inszenierung von<br />

Nikolai Gogols „Revisor“ wurde als<br />

wichtigstes Debüt des Jahres 2003 gefeiert.<br />

Seither inszeniert Jan Klata an<br />

den bedeutendsten Bühnen Polens, in<br />

Warschau, Krakau und Wrocław. Seine<br />

Inszenierungen waren auf diversen<br />

Festivals im Ausland zu sehen, so unter<br />

anderem am HAU Berlin, beim Festival<br />

d’Automne in Paris oder beim Internationalen<br />

Festival Buenos Aires. 2006<br />

inszenierte Jan Klata in Graz erstmals<br />

im deutschsprachigen Raum und 2009<br />

am Düsseldorfer <strong>Schauspielhaus</strong> zum<br />

ersten mal in Deutschland. Seine Inszenierungen<br />

wurden mit zahlreichen<br />

bedeutenden polnischen Theaterpreisen<br />

ausgezeichnet.<br />

102<br />

AmerikA<br />

von Franz Kafka<br />

Premiere am 2. April <strong>2011</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

„Wir wollen nicht das Neuste lesen – wir wollen das Beste,<br />

das Bunteste, das Amüsanteste lesen. Ja, also Amerika“,<br />

schrieb Kurt Tucholsky in einer Kritik zur Veröffentlichung<br />

des Romanfragments „Amerika“ von Franz Kafka. Das unvollendete<br />

Werk erzählt die Geschichte von Karl Rossmann,<br />

der von seinen Eltern nach Amerika geschickt wird und<br />

nun fern der Heimat lernen muss, erwachsen zu sein. Kafkas<br />

Erzählung ist mit all dem ausgestattet, was die literatur<br />

des Prager Versicherungsangestellten so unverwechselbar<br />

macht. Der 16-jährige Immigrant Rossmann bemüht sich<br />

nach Kräften, die Regeln in der neuen Welt zu verstehen<br />

und zu befolgen. Doch er strauchelt ständig in dieser komplizierten,<br />

verwirrenden Welt. Erst sind es die unverständlichen<br />

und ungerechten Gesetze des mächtigen, reichen<br />

Onkels, dann die kriminelle, ausbeuterische Energie der<br />

zwielichtigen Wandergesellen, später die Durchtriebenheit<br />

der älteren liftboys im Hotel Occidental, die ihm das leben<br />

schwer machen. Doch Karl verliert nicht seine Zuversicht.<br />

Die durchaus komische Geschichte hat viele Momente, in<br />

denen die Sache auch gut gehen könnte, wenn beispielsweise<br />

die Oberköchin des grotesken Hotels Karl Obdach<br />

und Arbeit verschafft. Und auch Glück scheint möglich in<br />

diesem überfordernden Fantasie-Amerika: Karl stellt sich<br />

zu den Engeln mit den Trompeten in die Reihe, um beim<br />

großen Naturtheater von Oklahoma auf eine Anstellung<br />

zu hoffen.<br />

Regie: Jan Klata<br />

Bühne und Kostüme: Justyna Łagowska,<br />

Mirek Kaczmarek<br />

Choreografie: Maćko Prusak<br />

Dramaturgie: Olaf Kröck


104


SAHIKA TEKAND — SPIELREGELN<br />

SPIELREGELN<br />

TExT: SAHIKA TEKAND<br />

FoToS: UgUR TaSkin<br />

Ich bin eine Spielemacherin: Obwohl ich eigentlich die<br />

Verwandlung des Lebens in ein reines Spiel ablehne, versuche<br />

ich als Künstlerin eine Form zu entwickeln, die sich<br />

der Verwechslung des Spiels mit dem Leben widersetzt.<br />

Mein Theater konzentriert sich auf das Spiel.<br />

Zurzeit behandeln wir alle unser Leben als ein Spiel, ein<br />

Spiel, in das wir nicht eingreifen können, das uns keine<br />

Wahl zu lassen scheint. Leben und Spiel werden von den<br />

aktuellen Strömungen in der Kunst negiert. Wir wissen<br />

nicht, was real und was virtuell ist. Leben und Spiel verschwimmen<br />

zunehmend. Dagegen steht für mich das Theater.<br />

Das Theater, das von der Realität des augenblicklichen<br />

Momentes erzählt. Theater ist nicht Leben, sondern strikt<br />

etwas anderes.<br />

Als ich in den frühen achtziger Jahren Schauspiel studierte,<br />

waren die Veränderungen, die in der Welt geschahen,<br />

so schnell und intensiv, dass sie beinah überall greifbar<br />

wurden. In diesen Jahren interessierte mich besonders<br />

die Frage, wie Performance-Kunst aussehen könnte. Als<br />

Künstlerin fragte ich mich, wie man zeitgenössisches Theater<br />

machen könne, das die Realität des augenblicklichen<br />

Momentes in sich aufnimmt, ohne seine eigene künstliche<br />

Form zu verschleiern. Ich wollte das Theater zu einer<br />

aktuellen, zeitgenössischen Kunstform machen.<br />

So habe ich eine Form entwickelt, die ich „Darstellende<br />

Aufführungs- und Schauspielmethode“ nenne. Meine<br />

Methode entstand als Auseinandersetzung und Kritik an<br />

den formalen Theatermitteln und an einer Tendenz in den<br />

Künsten, das Leben zunehmend zu ästhetisieren. Gerade<br />

das Theater, das mit einem kritischen Anspruch formuliert<br />

wurde, gab eine naturalistische und sehr idealistische Abbildung<br />

der Welt wieder. Ich aber war auf der Suche nach<br />

einem Theater, das einem zeitgenössischen Publikum und<br />

seiner Sichtweise entsprach und das dennoch der Realität<br />

des Aktuellen gerecht wurde. So gründete ich meine eigene<br />

Ausbildungsstätte „Studio“, aus der heraus sehr schnell<br />

ein eigenes Ensemble entstand: Die „Studio Oyunculari“<br />

(„Studio Spieler“), eine unabhängige Company, die ohne<br />

finanzielle Unterstützung arbeitet und mit der ich auf<br />

der Suche nach neuen Arbeitsweisen und Theaterformen<br />

bin. Wir arbeiten seit nahezu zwanzig Jahren in derselben<br />

Spielstätte. Das ist kein einfacher Ort, aber oft inspirieren<br />

Schwierigkeiten unsere Kreativität. Wir haben dort eine<br />

Bühne mit 45 Sitzen und ein kleines Studio, in dem unsere<br />

Workshops stattfinden. Dort unterrichte ich Schauspieler,<br />

Autoren und junge Regisseure in meiner Arbeitsweise.<br />

Dort spielen wir aber auch unsere Produktionen. Unsere<br />

großen Arbeiten seit dem Ende der neunziger Jahre bringen<br />

wir jedoch auf anderen Bühnen heraus.<br />

„Spieler“ ist der wichtigste Begriff in meiner Arbeit.<br />

Damit ist hier nicht „Schauspieler“ gemeint, sondern<br />

„Spiel-Spieler“. Schauspiel und Virtuosität sind nur das<br />

Handwerk, mit dem wir unser Spiel spielen. In meinen Inszenierungen<br />

fühlt sich der Spieler weder in die Psyche der<br />

Rolle hinein und durchwandert die Labyrinthe des Unbewussten<br />

noch steht er als epischer Erzähler neben seiner<br />

Rolle. Dem „Spiel-Spieler“ und seiner Rolle ist es erlaubt<br />

und möglich, sich in unzähligen Schichten zu überlagern.<br />

Sie sind gleichzeitig anwesend und erkennbar. In all ihrer<br />

Sichtbarkeit und Realität existieren die Theaterfigur und<br />

der Spieler in einem Augenblick. Sie erzählen und begründen<br />

sich gegenseitig.<br />

Das Spiel fordert vom Spieler Ehrlichkeit im Hinblick<br />

auf die realen Risiken und Herausforderungen des Augenblicks.<br />

Die Glaubwürdigkeit des Spielers erwächst in dem,<br />

was er tut, unter den Bedingungen, die der Regisseur ihm<br />

bietet. Das Publikum ist überzeugt, dass diese Handlung<br />

nur so und nicht anders unter den gestellten Bedingungen<br />

möglich sein konnte. Es geht nicht darum, das Publikum<br />

etwas glauben zu lassen, sondern es zu überzeugen, indem<br />

es die Bedingungen der Inszenierung und die Sprache der<br />

Ästhetik versteht. In diesem realen Augenblick vollzieht<br />

105


sich mit den künstlerischen Auslösern, die diese bestimmte<br />

Situation bedingen, in diesem bestimmten Raum und<br />

Moment diese Handlung und das ist einzigartig.<br />

Der Chor ist eine gute Möglichkeit, das Spiel auf der<br />

Bühne voranzutreiben und die Herausforderungen für<br />

die Spieler zu gestalten. Der Chor erfordert eine extreme<br />

Spannung in der Gruppe. Die Harmonie und Synchronizität,<br />

die in der chorischen Arbeit nötig sind, erfordern viel<br />

von den Spielern, besonders wenn sie ohne Chorführer<br />

arbeiten. Dabei verwandeln sie sich jedes Mal in Seiltänzer<br />

ohne Netz. Diese Herausforderung und Spannung der<br />

chorischen Arbeit bringt eine besondere Freude in die Inszenierung.<br />

Der Text auf der Bühne ist ebenso Teil des Spiels. Es gibt<br />

immer einen konflikt zwischen Text und Theater, auch<br />

wenn der Regisseur mit einer großen Verantwortung für<br />

den Autor arbeitet. Der Text ist immer schon fertig. Er hat<br />

seine Zeit gehabt, seine Entwicklung genommen. Er gehört<br />

zur Vergangenheit. Aber zur Bühne gehört der Moment, der<br />

sich vor einem Publikum ereignet und sich immer wieder<br />

neu erfindet. also gibt es eine wichtige Spannung zwischen<br />

diesen beiden Ebenen im Theater. Was geschrieben werden<br />

kann, muss geschrieben werden. Was gesagt werden kann,<br />

muss gesagt werden, und was getan werden kann, muss getan<br />

werden. Die Bühne ist der Ort zu handeln. Hier wird<br />

getan.<br />

Ich gehöre zu den glücklichen Personen, die die Möglichkeit<br />

hatten, zu spielen, zu schreiben, Regie zu führen<br />

und das alles gleichzeitig. Das hat mir immer viel Freude<br />

bereitet. Aber die allergrößte Freude ist für mich die Zeit,<br />

in der ich das Spiel erfinde, das später auf der Bühne zu<br />

sehen sein wird.<br />

aUS Dem engLiSchen von SaBine Reich<br />

Sahika TEkand<br />

ist in Istanbul eine bekannte Schauspielerin und Theatermacherin<br />

und wurde 1959 in Izmir geboren. 1984 schloss sie ihre<br />

Ausbildung zur Schauspielerin im Fachbereich Schauspielkunst<br />

der Fakultät der Darstellenden Künste an der 9 Eylül Universität<br />

in Izmir ab, an der sie zwei Jahre später zur Dr. phil.<br />

promovierte. Im selben Jahr begann sie ihre Karriere als Theater-<br />

und Filmschauspielerin und stand u.a. in Bertolt Brechts<br />

„Das Leben des Galilei“ auf der Bühne. Daneben trat sie mit<br />

selbst erarbeiteten Performances in Kunstgalerien auf. 1988<br />

gründete sie „Studio“, eine Ausbildungsstätte für Schauspieler<br />

und Künstler, an der sie ihre eigene Methode lehrt, die auch in<br />

ihren Inszenierungen zur Anwendung kommt. Um sie zu realisieren,<br />

schuf sie 1990 die Theatergruppe „Studio Oyunculari“.<br />

Mit „Studio Oyunculari“ hat sie zunächst eine Reihe von<br />

Produktionen fremder Texte erarbeitet, z.B. 1992/93 Becketts<br />

„Glückliche Tage“. Ab 1996 inszenierte sie dann vor allem ihre<br />

eigenen Stücke: „Die Verwandlung zu Nashörnern” (nach Ionesco),<br />

2000 „(Spiel)er”, 2002-06 ihre „Ödipus-Trilogie” –<br />

„Wo ist Ödipus?”, „Ödipus im Exil” und „Eurydikes Schrei”<br />

– und 2008 „Furcht vor der Finsternis”.<br />

106<br />

Der<br />

aufhaltsame<br />

aufstieg Des<br />

arturo ui<br />

von Bertolt Brecht<br />

Premiere am 28. Mai <strong>2011</strong> im <strong>Schauspielhaus</strong><br />

aufhaltsam war er, der aufstieg des arturo Ui, und konnte<br />

dennoch nicht verhindert werden. Ein kleiner Gangster in<br />

schwierigen Zeiten, nicht mehr und nicht weniger ist er.<br />

Die Konjunkturkrise ist groß und die Wirtschaft verunsichert.<br />

Er nutzt die schlechten Zeiten, für sich. Korruption,<br />

Mord und Terror sind die Mittel, mit denen er die Stadt und<br />

die Händler in seine Hände bringt. Niemand stellt sich ihm<br />

entgegen, nichts kann ihm Einhalt gebieten. Warum? Weil<br />

sie ihm glauben? Weil er sie überzeugt? Ihnen aus der Seele<br />

spricht? Weil er die Show beherrscht, am besten von allen?<br />

An wen denken wir heute, wenn wir Brechts Parabelstück<br />

aus dem Jahr 1958 lesen? An Berlusconi-Superstar oder an<br />

Hitler, dessen Karriere Brecht modellhaft nachzeichnet?<br />

Es ist nicht Hitler, der gewinnt, es sind die anderen in der<br />

Stadt und in der Politik, die verlieren. Sie verlieren ihre<br />

Glaubwürdigkeit und ihre Identität, ihre Ideen und Visionen.<br />

Es war nicht seine Stärke, sondern ihre Schwäche, die<br />

Hitler nicht aufhalten konnte. Die türkische Regisseurin<br />

Sahika Tekand wird diese berühmte Arbeit Brechts inszenieren.<br />

In ihrem Theater in Istanbul hat sie eine Form für<br />

chorisches Theater entwickelt, die sie nun im Dialog mit<br />

Brecht weiterführen wird.<br />

Regie: Sahika Tekand<br />

Bühne: Esat Tekand<br />

Dramaturgie: Sabine Reich


Fotos: Diana Küster


theater für alle:<br />

Junges schauspielhaus<br />

Das Junge schauspielhaus unter der Leitung von Martina van Boxen steht für ein theater für Kinder, Jugendliche und auch<br />

erwachsene, das sowohl durch soziale als auch künstlerische ansprüche geprägt ist; das sich besinnt auf seine kulturellen<br />

Möglichkeiten schule des sehens zu sein, Kommunikation in Gang zu setzen und Mut zum Leben zu machen.<br />

Das Junge schauspielhaus ist ein ort der Begegnung, Kommunikation und Kreativität für Kinder und Jugendliche aus allen<br />

sozialen schichten. Hier bekommen sie, von Künstlern wie theaterpädagogen begleitet, die Gelegenheit, sich auszuprobieren,<br />

zu entfalten, ihre Kreativität zu nutzen und damit Wege und Handlungsstrategien für ihr Leben zu entdecken.<br />

Theaterpädagogisches Angebot<br />

Das Junge schauspielhaus bietet eine Vielzahl an Workshops,<br />

Jugendclubs und regiewerkstätten für Kinder und<br />

Jugendliche in den Bereichen theater, tanz, Musik, Medien<br />

und Literatur an. es werden klassische und moderne<br />

theaterstücke erarbeitet sowie themenorientierte eigenproduktionen<br />

entwickelt. Das angebot wird komplettiert<br />

durch theaterpädagogische Vor- und nachbereitungen der<br />

Produktionen des schauspielhauses, Fortbildungen für<br />

Pädagogen und ein vielfältiges angebot im Bereich theater<br />

und schule, wie zum Beispiel unsere neuen Projekte<br />

„schulen in Bewegung“ oder „Columbus“:<br />

Schulen in Bewegung<br />

80 schülerinnen aus fünf <strong>Bochum</strong>er schulen entwickeln<br />

zusammen mit Künstlern ein theaterprojekt. Das Besondere<br />

daran: die schüler kommen nicht nur aus fünf unterschiedlichen<br />

schulen, sondern auch aus fünf unterschiedlichen<br />

schulformen: Förderschule, Hauptschule,<br />

realschule, Gymnasium und Gesamtschule. „schulen in<br />

Bewegung“ – der name ist Programm. sowohl die schulen<br />

als auch die schüler werden angeregt, sich in Bewegung zu<br />

setzen: indem die schüler an einer schule arbeiten, die sie<br />

nicht kennen, indem die Lehrer der verschiedenen schulformen<br />

miteinander an ein und dem selben Projekt arbeiten,<br />

indem alle Beteiligten mit ihren Vorurteilen über die<br />

jeweils anderen – Die Hauptschüler, Die Gymnasiasten<br />

etc. – konfrontiert und herausgefordert werden, diese in<br />

der Praxis und im Kontakt zu überprüfen.<br />

Gefördert vom Ministerpräsidenten des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

JunGes sCHausPieLHaus — tHeater Für aLLe<br />

Columbus<br />

„Columbus“ – so heißt das neue angebot des schauspielhauses<br />

<strong>Bochum</strong> in Kooperation mit der schulaufsicht <strong>Bochum</strong>.<br />

es wendet sich an alle schulklassen, Kurse und arbeitsgemeinschaften<br />

des 9. und 10. Jahrgangs aus <strong>Bochum</strong><br />

und der region <strong>Bochum</strong>.<br />

„Columbus“ steht für neugier, aufbruch, die Lust am entdecken<br />

und ist eine einladung an schülerinnen und schüler,<br />

ab der kommenden spielzeit gemeinsam zwei Jahre<br />

lang das <strong>Bochum</strong>er schauspielhaus kennen zu lernen und<br />

in Besitz zu nehmen.<br />

Kernstück des Projekts „Columbus“ sind zwei Vorstellungsbesuche<br />

der teilnehmer pro schuljahr, die von einführungen<br />

durch die theaterpädagogen und Dramaturgen oder<br />

durch Nachbesprechungen flankiert werden, bei denen es<br />

Gelegenheit gibt, nachzufragen, zu kritisieren und sich ein<br />

Bild von der entstehung der inszenierung zu machen.<br />

Wir machen den teilnehmenden Klassen monatlich Vorschläge,<br />

welche stücke aus unserem Gesamtspielplan für<br />

„Columbus“ besonders geeignet sind und für die die teilnehmer<br />

Kartenkontingente abrufen können.<br />

anmeldeschluss für „Columbus“ im Klassenverband ist<br />

der 10. september <strong>2010</strong>.<br />

Weitere informationen und anmeldung bei:<br />

Junges schauspielhaus<br />

Martina van Boxen<br />

tel.: 0234 / 33 33 -54 28 oder -55 28<br />

Fax: 0234 / 33 33 54 24<br />

e-Mail: jungesschauspielhaus@bochum.de<br />

109


Kindertheater des Monats<br />

in der Gastspielreihe „Kindertheater des Monats“ zeigen<br />

wir über die spielzeit verteilt sechs ausgewählte Produktionen<br />

von theatern aus ganz Deutschland. Die eingeladenen<br />

stücke präsentieren die ganze Bandbreite an hochwertigem<br />

theater für Kinder von 3 bis 13 Jahren in einer Mischung<br />

aus schauspiel, Figuren- und objekttheater.<br />

In Kooperation mit dem Kultursekretariat NRW<br />

Patenkarten<br />

Der Freundeskreis des schauspielhauses und das Junge<br />

schauspielhaus suchen Menschen, die Geld für Kinder<br />

und Jugendliche spenden, deren eltern sich den Besuch<br />

des schauspielhauses nicht leisten können. auch die teilnahme<br />

an Workshops und Jugendclubs werden dadurch<br />

finanziert. Ab einer Spende von 50 Euro werden Spendenbescheinigungen<br />

ausgestellt.<br />

Kontakt: Hans Joachim salmen<br />

tel.: 0234 / 47 35 93<br />

e-Mail: hajosalmen@aol.com<br />

Wenn sie Patenkarten in anspruch nehmen möchten, rufen<br />

sie uns im Jungen schauspielhaus an:<br />

tel.: 0234 / 33 33 54 28<br />

Wir helfen ihnen schnell und unbürokratisch!<br />

Förderverein<br />

ob als Förderer oder als aktives Mitglied: Jeder, der die<br />

theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen am schauspielhaus<br />

<strong>Bochum</strong> unterstützen möchte, ist in diesem<br />

Verein willkommen. natürlich freuen wir uns auch über<br />

spenden, für die wir auch gerne spendenbescheinigungen<br />

ausstellen.<br />

Kontakt: ulricke Hasselbring<br />

tel.: 0234 / 58 11 48<br />

Das detaillierte Programm des Jungen <strong>Schauspielhaus</strong>es, weiterreichende<br />

Informationen und Ansprechpartner entnehmen<br />

Sie bitte der Broschüre, die ab September <strong>2010</strong> ausliegt, sowie<br />

www.schauspielhausbochum.de/jungesschauspielhaus<br />

110<br />

Jim Knopf und<br />

LuKas der<br />

LoKomotivführer<br />

Kinder- und Familienstück von Michael Ende<br />

Premiere am 14. november <strong>2010</strong> im schauspielhaus<br />

Mitten im tiefen weiten Meer liegt die winzige insel Lummerland.<br />

Hier leben Lukas der Lokomotivführer mit seiner<br />

Lokomotive emma und natürlich König alfons der Viertelvor-Zwölfte<br />

mit seinen beiden untertanen Frau Waas und<br />

Herr Ärmel.<br />

eines tages bringt der Postbote ein Paket nach Lummerland,<br />

adressiert an Frau Malzahn (oder so ähnlich).<br />

Doch es gibt keine Frau Malzahn in Lummerland. Die<br />

einzige Frau auf Lummerland ist Frau Waas. also ist das<br />

Paket vielleicht für sie, beschließt König alfons der Viertelvor-Zwölfte<br />

und gibt ihr seine königliche erlaubnis, es zu<br />

öffnen. Was für eine überraschung, als sie darin ein Baby<br />

finden. Der Junge wird von den Inselbewohnern adoptiert<br />

und Jim Knopf genannt. als aus Jim schon fast ein halber<br />

untertan geworden ist, beschließt König alfons, dass die<br />

gute alte emma auf Grund der drohenden Bevölkerungsexplosion<br />

abgeschafft werden muss. Das können Lukas<br />

und sein bester Freund Jim nicht zulassen und so machen<br />

sie sich mit emma bei nacht und nebel auf den Weg in<br />

die weite Welt. ihre reise führt sie übers Meer bis ins ferne<br />

Mandala, durch den tausend-Wunder-Wald und das tal<br />

der Dämmerung in die Wüste und schließlich durch den<br />

Mund des todes ins Land der tausend Vulkane und in die<br />

Drachenstadt zu Frau Malzahn.<br />

in diesem Jahr feiert Michael endes roman seinen 50. Geburtstag.<br />

Bis heute begeistern die abenteuer von Jim Knopf<br />

und Lukas dem Lokomotivführer, dem kleinen Ping Pong,<br />

dem scheinriesen Herrn tur tur, dem Halbdrachen nepomuk<br />

und dem goldenen Drachen der Weisheit nicht nur<br />

Kinder.<br />

Regie: Katja Lauken<br />

Bühne: Kathrine von Hellermann<br />

Dramaturgie: Anna Haas<br />

Katja LauKen<br />

wurde 1970 in Wuppertal geboren und wuchs in Hamburg<br />

auf. Nach ihrem Studium in Köln war sie Regieassistentin<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>. Dort zeigte sie 2002 ihre<br />

erste eigene Inszenierung: „Die Präsidentinnen“ von Werner<br />

Schwab. In den folgenden Jahren arbeitete sie als freie<br />

Regisseurin am Theater Aachen, am Theater Oberhausen<br />

und am Schauspiel Essen. Für ihre Inszenierung von „Die<br />

Schaukel“ in Oberhausen wurde sie 2006 mit dem Haupt-<br />

und Publikumspreis des Kinder- und Jugendtheatertreffens<br />

NRW ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den NRW-Künstlerinnenpreis.


honigherz<br />

Ein Stück für Kinder ab 2 Jahren<br />

von Cristina Gottfridsson<br />

Premiere am 3. oktober <strong>2010</strong> im Melanchthonsaal<br />

Knuddel und schnute, Musik und Zeichensprache, Äpfel<br />

und Kerne – und schon entsteht starkes theater für die allerjüngsten.<br />

Da braucht es gar nicht viele Worte. schnute<br />

zum Beispiel kann sowieso nicht sprechen, aber wozu auch:<br />

mit Musik kann er uns doch viel mehr erzählen. und Knuddel<br />

spricht zwar, aber ohne ihre Gesten und Bewegungen<br />

würden wir sie vielleicht nur halb so gut verstehen. aber<br />

wie verstehen sich die beiden eigentlich untereinander?<br />

Zuerst gar nicht, sie sind vor allem erschrocken voreinander,<br />

ängstlich. aber auch neugierig. und sie erleben, dass<br />

man ein gemeinsames Problem am besten auch gemeinsam<br />

löst. Dann ist am ende nicht nur das Problem weg,<br />

sondern auch das Leben um die schöne erfahrung reicher,<br />

gemeinsam etwas geschafft zu haben. und die Früchte der<br />

gemeinsamen anstrengung schmecken gut, ganz in echt.<br />

Mit „Honigherz“ hat die schwedin Cristina Gottfridsson<br />

ein wunderschönes kleines stück theater geschrieben, geeignet<br />

für Kinder ab 2 Jahren.<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Bühne: Michael Habelitz<br />

Kostüme: Cathleen Kaschperk<br />

hiKiKomori<br />

von Holger Schober<br />

für Jugendliche ab 13 Jahren<br />

Premiere am 26. november <strong>2010</strong> im Melanchthonsaal<br />

H sitzt in seinem Zimmer. schon lange. sehr lange. allein.<br />

niemand darf hereinkommen, auch Mutter und schwester<br />

kommen nicht mehr an ihn ran. irgendwann hat H einfach<br />

vergessen, wo die tür ist. sich entschieden, nicht mehr<br />

mitzumachen, ganz bei sich zu bleiben. Von dort aus über<br />

die Welt nachzudenken und manches an ihr so klarer zu<br />

sehen. im Chat trifft er eines tages rosebud. sie scheint<br />

ihn zu verstehen. Könnte sie sogar das rothaarige Mädchen<br />

sein, an das er sich erinnert, wenn er an früher denkt? oder<br />

ist rosebud die letzte Chance für seine schwester zu ihm<br />

durchzudringen? Menschen wie H, die sich einschließen,<br />

manchmal über Jahre, und den Kontakt zu ihren Mitmenschen<br />

abbrechen, nennt man Hikikomori – ein Phänomen,<br />

das in Japan nach schätzungen bis zu einer Million junger<br />

Menschen betrifft. Krankheit oder Protest gegen die verqueren<br />

erwartungen der Gesellschaft?<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

Bühne und Video: Michael Habelitz<br />

Kostüme: Cathleen Kaschperk<br />

parzivaL<br />

von Lukas Bärfuss<br />

nach dem Versroman<br />

von Wolfram von Eschenbach<br />

für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene<br />

Premiere am 18. Februar <strong>2011</strong> in den Kammerspielen<br />

Parzival weiß von nichts. nicht einmal seinen namen. seiner<br />

Mutter fragt er Löcher in den Bauch. Doch sie erklärt<br />

ihm nichts. sie will ihn vor der Welt bewahren. einer Welt<br />

des übergangs, in der jede Gewissheit verloren ist, regeln<br />

nur behauptet und Werte vorgetäuscht werden. Deshalb<br />

hat sie ihn in der einöde großgezogen. aber Parzival will die<br />

Welt sehen, möchte ein ritter werden. er zieht los, trifft<br />

bald schon auf artus und die ritter der tafelrunde – und<br />

stellt die dümmsten Fragen. Doch der dumme Junge ist<br />

stark, erschlägt den roten ritter und legt sich seine rüstung<br />

an. ein alter Mann unterrichtet ihn. sagt ihm, was<br />

er tun soll und was nicht: Vor allem soll er nicht mehr<br />

fragen. und Parzival gehorcht. er kommt an einen ort,<br />

den es nicht gibt, den man nicht suchen darf, und trifft<br />

auf den kranken, schmerzverzerrten König anfortas. Parzival<br />

wundert sich, doch Fragen stellt er keine mehr. er hat<br />

die Gralsburg nicht erkannt. am nächsten Morgen ist sie<br />

verschwunden. Warum hat er anfortas nicht nach dem<br />

Grund seiner Leiden gefragt, schimpft ihn ein Knecht, er<br />

hätte alle erlösen können. Parzival ist verwirrt, verzweifelt.<br />

er will zurück. sucht nach der Gralsburg. Doch die ist wie<br />

vom erdboden verschluckt. erst als er nicht mehr sucht<br />

und jeden ehrgeiz verloren hat, taucht sie wieder vor ihm<br />

auf und Parzival stellt die rettende Frage.<br />

Regie: Martina van Boxen<br />

In Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität<br />

Martina van Boxen<br />

geboren 1960, ist Schauspielerin und Regisseurin. Seit<br />

der Spielzeit 2005/06 leitet sie das Junge <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong>. Zunächst studierte sie Visuelle Kommunikation<br />

in Düsseldorf, dann Schauspiel an der Hochschule für<br />

Musik und Theater in Hannover. Nach Gastengagements<br />

an verschiedenen Theatern wurde sie 1992 künstlerische<br />

Leiterin und Geschäftsführerin der Theaterwerkstatt<br />

Hannover. Schnell wurde sie in der freien Theaterszene<br />

auch über Hannover hinaus bekannt. Ihre Inszenierungen<br />

wurden zu zahlreichen Festivals eingeladen, sie erhielt den<br />

„Traumspiel“-Festivalpreis (1994), den Niedersächsischen<br />

Theaterpreis (2000) sowie den Publikumspreis des Kinder-<br />

und Jugendtheatertreffens NRW 2007 in Oberhausen.<br />

111


Der beste Kaffee der Stadt:<br />

Fräulein Coffea<br />

Ein klEinEs fEinEs nEuEs café, glEich<br />

hintEr dEm schauspiElhaus (oskarhoffmann-strassE<br />

34). diE bEidEn<br />

frauEn habEn bis vor kurzEm in dEr<br />

EvE-bar im schauspiElhaus hintEr<br />

dEr thEkE gEstandEn und jEtzt ihr<br />

EigEnEs café EröffnEt. fräulEin<br />

coffEa ist bio, sElbstgEmacht und<br />

pErsönlich und hat bErEits EinE<br />

auszEichnung für das „bEstE frühstück<br />

im ruhrgEbiEt“ bEkommEn. Umsonst einkaufen<br />

kann man jEdEn sonntag von 17-19<br />

uhr im kostnixladEn in dEr josEphstrassE<br />

2. allEs für allE, und zwar<br />

umsonst! diE ErstE rEgEl dEs ladEns<br />

lautEt: ihr bEzahlt nicht für das,<br />

was ihr braucht. im caféraum gibt<br />

Es jEdEn 1. und 3. sonntag im monat<br />

auch noch Ein gratismEnü.<br />

Den Ausblick genießen:<br />

Auf der Erzbahnschwinge im Westpark<br />

oder vom Bismarckturm im<br />

Stadtpark<br />

Einfach mal auf diE ErzbahnschwingE<br />

stEllEn – im frischEn<br />

wind, obEn, draussEn, abschaltEn,<br />

sich bEwEgEn … auf dEr trassE kann<br />

man kilomEtErlang radEln odEr<br />

wandErn, bis nach zollvErEin,<br />

wEnn man möchtE. dEn schönstEn<br />

ausblick dEr stadt biEtEt dEr bismarckturm<br />

im stadtpark. wEr mag,<br />

kann auch minigolf spiElEn, glEich<br />

nEbEn dEr „milchbudE“, und am<br />

wochEnEndE ist auf dEm angrEnzEndEn<br />

spiElplatz diE höllE los.<br />

lisa niElEbock — bochum für fast umsonst<br />

Kunstgenuss gratis:<br />

Offene Künstlerateliers im Freien<br />

Kunst Territorium - FKT<br />

das EhEmaligE lagErhaus in dEr<br />

diEkampstrassE 44 biEtEt bochumEr<br />

künstlErn raum für atEliErs,<br />

ausstEllungEn und pErformancEs<br />

allEr art. rEgElmässig gibt Es tollE<br />

vErnissagEn. allEin das hundErtjährigE<br />

backstEingEbäudE ist schon<br />

EinE EntdEckung! Eintritt frEi!<br />

80er-Jahre Schimanski-Feeling<br />

beim Bier im Haus Fey<br />

haus fEy (hofstEdEr strassE 17)<br />

ist EinE klassischE Eck-knEipE.<br />

Einrichtung und publikum habEn<br />

sich sEit übEr drEissig jahrEn<br />

kaum vErändErt. flippEr und musikbox<br />

wErdEn immEr noch mit<br />

mark-stückEn gEfüttErt und dEr<br />

biErgartEn ist EinEr dEr schönstEn<br />

in ganz bochum. das biEr kostEt<br />

1,20 Euro!<br />

Spanien in <strong>Bochum</strong><br />

wEr gErnE wEin trinkt, für dEn<br />

gibt Es im una más (hans-böcklErstrassE<br />

34) das glas für 1,70 Euro –<br />

und dazu richtig lEckErE tapas. dEr<br />

ladEn ist Einfach, warm und köstlich,<br />

man kann zu viElEn kommEn<br />

odEr EinEn gutEn abEnd zu zwEit<br />

vErbringEn.


Besuch beim UBU-Mann<br />

allE nEnnEn ihn nur dEn ubumann.<br />

sEin antiquariat in dEr univErsitätsstrassE<br />

26 ist das grösstE<br />

in bochum. mit rund 100.000<br />

büchErn lädt das zwEistöckigE<br />

antiquariat zum stundEnlangEn<br />

blättErn, schmökErn, lEsEn, abschaltEn<br />

und vErsinkEn Ein –<br />

fachkundigE bEratung inklusivE.<br />

dEnn nur EinEr wEiss ganz gEnau,<br />

wElchE schätzE diEsE buchhandlung<br />

birgt: dEr ubu-mann.<br />

illustration: thomas wEllmann<br />

Kasimir und<br />

Karoline<br />

von Ödön von Horváth<br />

premiere am 19. februar <strong>2011</strong> im schauspielhaus<br />

kasimir ist chauffeur. gestern wurde er entlassen, morgen<br />

muss er aufs arbeitsamt, aber heute geht er aufs oktoberfest<br />

– mit karoline, seiner braut. die will sich amüsieren,<br />

Eis essen, mit der achterbahn fahren. doch das<br />

ist ein teurer spaß. kasimir hat angst, dass karoline ihn<br />

verlassen wird. jetzt wo er arbeitslos ist. das lässt er sie<br />

spüren, jähzornig wie er ist. Er hat noch ein kapital von<br />

rund vier mark: „heut sauf ich mich an und dann häng<br />

ich mich auf“, beschließt er. auch karoline stürzt sich ins<br />

vergnügen. sie lernt den angestellten Egon schürzinger<br />

kennen und durch ihn seinen chef, kommerzienrat rauch<br />

und landgerichtsrat speer, einen feinen herrn aus norddeutschland.<br />

„das leben ist hart und eine frau, die wo was<br />

erreichen will, muss einen einflussreichen Mann immer<br />

bei seinem gefühlsleben packen“, meint karoline und fällt<br />

dabei heftig auf die nase. kasimir sucht inzwischen trost<br />

bei dem merkel franz seiner Erna.<br />

„und die liebe höret nimmer auf“, heißt es im untertitel<br />

zu horváths stück. doch was ist ein mensch wert,<br />

wenn er keine arbeit mehr hat? und was kann die liebe da<br />

ausrichten? „jeder intelligente mensch ist ein pessimist“,<br />

meint kasimir und das leben gibt ihm am Ende dummerweise<br />

recht.<br />

„Es ist die ballade vom arbeitslosen chauffeur kasimir<br />

und seiner braut“, schreibt ödön von horváth, „eine ballade<br />

voll stiller trauer, gemildert durch humor, das heißt<br />

durch die alltägliche Erkenntnis: sterben müssen wir alle!“<br />

Regie: Lisa Nielebock<br />

Bühne und Kostüme: Sascha Gross<br />

Dramaturgie: Anna Haas<br />

Lisa NieLebock<br />

wurde 1978 in Tübingen geboren und ist in <strong>Bochum</strong> keine Unbekannte:<br />

Seit 2005 lebt sie in <strong>Bochum</strong> und inszeniert regelmäßig<br />

am <strong>Schauspielhaus</strong>. Zu ihren herausragenden Arbeiten<br />

gehört „Penthesilea“ von Heinrich von Kleist. Bereits für ihre<br />

Diplominszenierung „Elektra“ von Hugo von Hofmannsthal/<br />

Aischylos an der Folkwang Hochschule Essen wurde sie 2004<br />

mit dem „Folkwangpreis“ und beim „Körber Studio Junge Regie“<br />

ausgezeichnet. Mit „Phaidras Liebe“ von Sarah Kane war<br />

sie zum Festival „Radikal jung“ am Münchner Volkstheater<br />

eingeladen. Neben ihren Inszenierungen am <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> führte sie auch am Nationaltheater Mannheim und<br />

am Schauspiel Essen Regie.


Phönix aus<br />

der Kohle<br />

Sein Vater arbeitete für<br />

einen groSSen Stahlkonzern.<br />

alS kind war<br />

daS ruhrgebiet, daS er<br />

nur Von fotoS kannte,<br />

für ihn ein idyll, ein<br />

arkadien, daS weit weg<br />

in unerreichbarer ferne<br />

lag. Später hat er eS<br />

mehrere male beSucht –<br />

alS touriSt. der in bombay<br />

lebende indiSche<br />

JournaliSt und lyriker<br />

ranJit hoSkote über die<br />

lektionen einer untergegangenen<br />

welt.<br />

TExT: RANJIT HOSKOTE<br />

Die Industrie verschwindet, Ruinen<br />

bleiben. Es herrscht Stille, doch diese<br />

ist ein nicht weniger starker Ausdruck<br />

des menschlichen Geistes als die Fabrikhallen,<br />

Schornsteine und Raffinerien,<br />

die einst im Rhythmus des<br />

Fließbands surrten und dröhnten.<br />

Ich laufe durch die Kokerei Hansa in<br />

Dortmund, im Herzen des Ruhrgebiets.<br />

Wo auch immer ich hinblicke,<br />

entdecke ich wiedererwachende Natur,<br />

die sich zurückerobert, was der<br />

Mensch ihr nahm. Hier und da gibt<br />

es Protest.<br />

Doch der Wald kehrt nach langen<br />

Jahren des unterirdischen Exils triumphierend<br />

zurück. Gras bedeckt die<br />

ausgetretenen Pfade einer Kühlanlage<br />

mit einem groben Teppich. Gestrüpp<br />

RANJIT HOSKOTE — PHÖNIx AUS DER KOHLE<br />

bricht aus Scharnieren und Säulen<br />

hervor und erringt die Herrschaft<br />

über Werkzeuglager. Kletterpflanzen<br />

ranken sich zu Vorhängen, die ehemalige<br />

Fertigungsstätten vor neugierigen<br />

Blicken schützen. Die Anzeigenadel<br />

eines Druckventils wehrt<br />

sich hartnäckig gegen den Verfall.<br />

Ein verlassener Kohlewaggon steht<br />

wie ein Fels in der Brandung der Zeit.<br />

Rostige Rauchabzüge vor verhangenem<br />

Himmel. Schrott – Kettenräder,<br />

Triebwerke, Riemen, Erzkübel – leistet<br />

schweigend, doch nachdrücklich<br />

Widerstand gegen das Kommando<br />

der Windböen. Noch lange nachdem<br />

die Kokereiarbeiter die letzte Schicht<br />

gefahren, ihre Blaumänner ausgezogen<br />

und den Heimweg angetreten<br />

haben, liegt der Geruch geschmolzenen<br />

Teers auf den Mauern und in der<br />

Luft.<br />

Relikte erinnern an die Jahrhunderte,<br />

in denen die Fabriken, Minen<br />

und Kohleverarbeitungsanlagen im<br />

Ruhrgebiet lebendig waren und von<br />

der Arbeit, dem Lärm, der Hoffnung<br />

und den Träumen tausender Männer<br />

und Frauen widerhallten, die in der<br />

Ferne des Baltikums, an der Atlantikküste,<br />

im östlichen Mittelmeerraum,<br />

ja selbst in der Pazifikregion den Ruf<br />

der Täler am Nordrhein vernommen<br />

hatten und ihm gefolgt waren.<br />

Der Regen spielt Verstecken mit<br />

uns. Es herrscht Frieden, so lange<br />

wir im Auto sitzen. Sobald wir aussteigen,<br />

lockt er uns jedoch in einen<br />

Hinterhalt. Wir passieren Dortmund,<br />

<strong>Bochum</strong> und Essen. Überall<br />

prägen stillgelegte Zechen das Bild<br />

der Landschaft. Bahndämme werden<br />

114<br />

von Birkenwäldern überwuchert. Auf<br />

Fabrikgeländen wachsen Pappeln<br />

und Linden, hinter denen das Panorama<br />

der Kühltürme zu verschwinden<br />

beginnt. Der Phoenix hat sich<br />

gut in Position gebracht: Er ist jetzt<br />

das Wappentier der Region.<br />

Die Industrie ging, und es kam<br />

die virtuelle Ökonomie: IT, internationale<br />

Finanzdienste und der<br />

Heritage-Tourismus des postindustriellen<br />

Zeitalters besetzten die geräumten<br />

Brachen. Vor ein paar Jahren<br />

führten mich Freunde zu einem<br />

Aussichtspunkt, von dem wir auf ein<br />

riesiges Gelände blickten. Es war ein<br />

Schlachtfeld, übersäht von Wunden,<br />

die die Schaufelräder und Raupenketten<br />

geschlagen hatten. Hier hatte<br />

sich einst das größte Stahlwerk Dortmunds<br />

befunden. Nach der Demontage<br />

wurde es in Einzelteilen in eine<br />

chinesische Billiglohnprovinz verschifft.<br />

Künftige Generationen werden<br />

am alten Standort durch einen<br />

Park schlendern und neben einem<br />

künstlichen See relaxen. Nicht wenig<br />

symbolträchtig trägt der neue Komplex<br />

den Namen der großen Ikone<br />

der Wiederauferstehung: Phoenix.<br />

eS war, alS hätte ich einen<br />

riSS im koSmiSchen<br />

gewebe Von zeit und<br />

raum entdeckt.<br />

Als ich in den 1970er Jahren in Goa<br />

und Bombay aufwuchs, waren Dortmund,<br />

<strong>Bochum</strong> und Essen die ersten<br />

Ortsnamen, die ich hörte. Mein<br />

Vater arbeitete für Tata, eines der<br />

größten indischen Unternehmen,<br />

Hersteller von Autos, Baumaschinen<br />

und Stahl.<br />

Zu meinen frühesten Erinnerungen<br />

gehören Fotos von riesigen Fabriken<br />

und Produktionsanlagen im<br />

Ruhrgebiet, zu dem der Tata-Konzern<br />

enge Beziehungen pflegte. Als ich<br />

2003 zum ersten Mal nach Dortmund<br />

kam, um einen Urlaub bei<br />

meinem Freund, dem Dichter und<br />

Übersetzer Jürgen Brôcan, zu verbringen,<br />

erschienen mir die Architektur<br />

und die Topografie der Stadt ungeheuer<br />

vertraut. Es war, als hätte ich


einen Riss im kosmischen Gewebe<br />

von Zeit und Raum entdeckt, als sei<br />

ich zurückgekehrt an einen Ort, der<br />

zumindest in meiner Fantasie Teil<br />

meiner Kindheit war, der irgendwie<br />

zu mir gehörte.<br />

Nie werde ich die Begeisterung<br />

vergessen, die ich empfand, als ich<br />

bei der Einfahrt meines ICE in den<br />

Bahnhof den kolossalen Turm der<br />

Dortmunder Union Brauerei erkannte.<br />

Auf den Fotografien meines Vaters<br />

hatte ich ihn immer als Wächter über<br />

die Stadt wahrgenommen. Sein krönendes<br />

Neon-„U“ war der Kompass,<br />

an dem man sich orientierte. Als ich<br />

vor sieben Jahren an dem dunkelroten<br />

Ziegelbau hinaufblickte, rührten<br />

mich die Spuren jahrzehntelanger<br />

Vernachlässigung und Verwitterung<br />

zu Tränen. Als Zentrum eines Technoparks<br />

unseres E-Zeitalters wieder<br />

hergestellt, soll ihm in diesem Jahr<br />

neues Leben eingehaucht werden.<br />

Das Ruhrgebiet, das ich als Junge<br />

aus der Ferne liebte, ist anders in der<br />

Erinnerung meiner Freunde aus der<br />

Region. Für mich verkörpert es die<br />

heroische Energie der Industrie, die<br />

der grünen, postindustriellen Heiterkeit<br />

der Moderne weichen musste.<br />

Obwohl ich oft genug hier war,<br />

um zu wissen, dass nicht immer Ruhe<br />

herrschte in Arkadien, dass die Straßen<br />

so manches Mal gelb waren von<br />

den Bannern der protestierenden Arbeiter,<br />

die um ihren Job fürchteten,<br />

weil die Unternehmen die Produktion<br />

in die Betriebe im Süden der Welt<br />

verlagerten.<br />

Die Erinnerung meiner etwa<br />

gleichaltrigen Freunde aus Unna,<br />

Hamm, Bielefeld und Gelsenkirchen<br />

ist hingegen weniger erfüllt von Souvenirs<br />

einer Idylle. Ihre Bilder ähneln<br />

eher einem phantasmagorischen<br />

Gemälde von Hieronymus Bosch. Sie<br />

erzählen mir vom Himmel, der um<br />

Mitternacht Feuer fing. Sie sprechen<br />

von ihren Großmüttern, die sagten,<br />

das Glühen des geschmolzenen Eisens<br />

wäre ihr wahrer Sonnenaufgang.<br />

Noch heute rümpfen sie die<br />

Nase, wenn sie an den Geruch des<br />

Hopfens denken, der in der Nähe<br />

der Brauereien in der Luft hing. Und<br />

noch immer hören sie das Rumpeln<br />

des Zuges, der das Roheisen gemächlich<br />

vom einen Ende des riesigen<br />

RANJIT HOSKOTE — PHÖNIx AUS DER KOHLE<br />

Industriereviers zum anderen transportierte,<br />

obwohl die Gleise, auf<br />

denen er fuhr, längst geborsten sind<br />

und Blumenfelder da wachsen, wo<br />

sie einst ihr Bett hatten.<br />

Schnallt euch an, ihr<br />

Sterblichen!<br />

die reiSe in daS leben<br />

nach dem tod beginnt!<br />

Stapelweise Geranien und Azaleen.<br />

Wir sind durch den Nieselregen gefahren,<br />

erreichen nun ein anderes<br />

Denkmal, das eine andere Geschichte<br />

erzählt: <strong>Bochum</strong> Hauptfriedhof.<br />

Hinter einem Palisadenzaun an der<br />

Immanuel-Kant-Straße, durch einen<br />

Vorhang von Trauerweiden spähend,<br />

versuche ich, den hohen, den viel zu<br />

hohen Gebäudekomplex zu erkennen.<br />

Wir passieren ein schwarzes<br />

Tor, das von zweifelhaften Helden<br />

gehütet wird, die Schwerter, Schilde<br />

und ein kaum maskiertes Hakenkreuz<br />

tragen. Wir laufen durch den<br />

Eingangsbereich, der einem Lichtschacht<br />

ähnelt, doch es ist Dunkelheit,<br />

die aus großer Höhe über uns<br />

hereinbricht. Einen kurzen Moment<br />

lang sind wir wie blinde Fische auf<br />

dem tiefsten Grund des Ozeans, bevor<br />

uns das perlmuttfarbene Licht<br />

erreicht und befreit.<br />

Nun stehen wir in der düsteren<br />

Halle der Geister, die von den hohen,<br />

dunklen Fenstern, schmalen Schlitze<br />

in den Wänden, die scheinen, als<br />

seien sie in Erfüllung des Befehls<br />

eines Burgvogts in einem Paradies<br />

im Belagerungszustand entstanden,<br />

kaum erhellt wird. In den 1930er<br />

und 1940er Jahren machten Menschen<br />

auf ihrem langen Weg nach<br />

Walhalla hier gezwungenermaßen<br />

Station und wurden Zeugen der Inszenierung.<br />

Fackeln brennen an den<br />

Mauern, spiegeln sich in den Metallsternen,<br />

hinter dem Altar. Die Totenbahre<br />

wird von unten hochgefahren.<br />

Schnallt euch an, ihr Sterblichen!<br />

Die Walküren sind hier! Die Reise<br />

in das Leben nach dem Tod beginnt.<br />

Im Rücken der Trauernden steht ein<br />

Mann, ein Beobachter, ein Zuhörer,<br />

ein Chronist, in einer versteckten<br />

115<br />

Zelle: Weniger ein Mensch als eine<br />

Membran, die die bebende Unruhe<br />

auf die auf hohen Stühlen thronenden<br />

Herrengeister überträgt, die<br />

das Land überwachen und den Weg<br />

der anderen in Kriegsgebiete, Besatzungszonen,<br />

Arbeits- und Todeslager<br />

lenken.<br />

Eine Familie, Trauernde, nähert<br />

sich vom Friedhof kommend.<br />

Schwarz gekleidet, doch nicht mehr<br />

dem Anlass entsprechend schweigend.<br />

Die Ewigkeit entlässt sie aus<br />

ihrem Griff. Sie schauen auf ihre<br />

Uhren, klappen Handys auf, rufen<br />

ein Taxi und kehren zu ihrem restlichen<br />

Tagewerk zurück. Niemand<br />

nimmt von den Gespenstern der Nazizeit<br />

Notiz.<br />

Der Friedhof selbst widerlegt aufs<br />

Beste die Idee von der (r)einrassigen<br />

Nation; Ein Volk, Ein Reich: Zwischen<br />

den moosbewachsenen Namen<br />

auf den Grabsteinen taugt die<br />

Doktrin nicht mehr. Bauermann<br />

ruht neben Czerwinka, Schindler<br />

liegt neben Koslowski. Sie bezeugen<br />

den ethnischen Mix der Migranten,<br />

die das Ruhrgebiet aufgebaut haben<br />

– Rheinländer und Polen, Slowaken<br />

und Balten, später Griechen, Türken,<br />

Italiener, Portugiesen und Koreaner.<br />

Bezeichnenderweise befand sich das<br />

größte Gefängnis der Gestapo im<br />

Dritten Reich im Ruhrgebiet: Die<br />

Dissidenten unter den Arbeitern der<br />

Region leisteten in den 1930er und<br />

1940er Jahren permanenten Widerstand<br />

gegen das NS-Regime.<br />

Heute schweigen die Zechen und<br />

Fabriken im Ruhrgebiet. Doch ihre<br />

Lektion haben sie der Welt hinterlassen:<br />

Starke Gemeinschaften entstehen<br />

nicht da, wo wir kulturelle<br />

Monotonie durch Repression und<br />

Repressalien durchsetzen, sondern wo<br />

wir das Andere zulassen und unterschiedliche<br />

Stärken bündeln.<br />

ranJit hoSkote, GEBOREN 1969 IN BOMBAy,<br />

IST KULTURKRITIKER FÜR DIE BOMBAy TIMES<br />

UND THE HINDU, DICHTER UND SEKRETäR DES<br />

INDISCHEN PEN. ER ZäHLT ZU EINER GRUPPE<br />

ENGLISCH SCHREIBENDER AUTOREN, DIE IN<br />

INDIEN ALS „DIE ZWEITE GENERATION DER<br />

POSTKOLONIALEN DICHTER INDIENS“ BE-<br />

ZEICHNET WIRD.<br />

AUS DEM ENGLISCHEN VON<br />

LILIAN-ASTRID GEESE


IN BOCHUM — DIETMAr Bär<br />

116<br />

Laufen, lesen und schreiben<br />

habe ich in meiner Heimatstadt<br />

Dortmund gelernt –<br />

aber das Theaterspielen in<br />

<strong>Bochum</strong>!<br />

Stolz trug man das Trikot der<br />

„Westfälischen Schauspielschule <strong>Bochum</strong>“<br />

von 1982-85 und ging damals<br />

schon gerne ins Café Treibsand.<br />

Als „Müsli“ noch ein Schimpfwort<br />

sein konnte, war das Spezial-Müsli<br />

im Treibsand (mit der legendären<br />

Hausmischung aus dem<br />

„Arche“ Bioladen!) das leckerste in<br />

der Stadt – und das teuerste.<br />

Auch sonst ließ es sich im Treibsand<br />

fabelhaft frühstücken, der<br />

altersmilde Blick des Anfang Zwanzigjährigen<br />

ruhte auf allen Abiturientinnen<br />

des benachbarten Gymnasiums,<br />

die hier im Außengehege ihre<br />

Freistunden abfeierten, nachmittags<br />

konnte man hier die eigene Freizeit<br />

zwischen den Unterrichtsblöcken<br />

der Schauspielschule bei einem ausgezeichneten<br />

Milchkaffee verbringen<br />

und abends beim frischen Fiege<br />

zusammen mit den Mitschülern<br />

Probleme der Menschendarstellung<br />

diskutieren. Es war schon ein großes<br />

BAföG-Grab, das Café Treibsand,<br />

aber ein Platz zum Wohlfühlen,<br />

sommers wie winters, drinnen und<br />

draußen. Das Schöne für mich ist,<br />

es hat sein Flair behalten, sodass<br />

man sich seine Erinnerungen, seine<br />

eigene Nostalgie hier jederzeit beim<br />

Müsli, Bier oder Milchkaffee wieder<br />

abholen kann. Auf dass es noch lange<br />

so bleibe – Glück auf!<br />

Dietmar Bär kOMMT AUS DOrTMUND UND<br />

STUDIErTE vON 1982 BIS 1985 AN DEr WEST-<br />

FäLISCHEN SCHAUSPIELSCHULE BOCHUM.<br />

ANSCHLIESSEND SAMMELTE Er SEINE ErSTEN<br />

BüHNENErFAHrUNGEN AM SCHAUSPIELHAUS.


IN BOCHUM<br />

IN BOCHUM<br />

Sie wurden in der Gegend<br />

geboren, sie wurden hier<br />

ausgebildet, sie spielten<br />

schon vor Jahren am Schau-<br />

spielhaus und kehren jetzt<br />

zurück, oder sie sind zum<br />

ersten mal hier. Sechs ensemblemitglieder<br />

zeigen uns<br />

einen besonderen Ort der<br />

Stadt.<br />

FOTOS: NILS-HENDrIk ZüNDOrF<br />

117


IN BOCHUM — MATTHIAS rEDLHAMMEr<br />

118<br />

Das alte Fährhaus an der<br />

ruhr. Auf der anderen<br />

Seite droht die Burg<br />

Blankenstein.<br />

Man traf sich hier, trank, redete<br />

und schaute auf den Fluss. Am<br />

Schluss die Frage: Wer kann noch<br />

fahren?<br />

kann man wieder mal machen,<br />

aber Oje, Urs, Uwe, Helmut, Wolfgang,<br />

Wolfi, Silvester, Tana, Anneliese,<br />

Eleonore, Lore und Lacky fehlen.<br />

Ich denke an Euch.<br />

matthiaS reDlhammer STUDIErTE vON<br />

1979 BIS 1981 SCHAUSPIEL IN BOCHUM UND<br />

WAr ANSCHLIESSEND vON 1981 BIS 1992 EN-<br />

SEMBLEMITGLIED DES SCHAUSPIELHAUSES BO-<br />

CHUM. NACH JAHrEN DES FrEIEN ArBEITENS<br />

kEHrT Er NUN ZUrüCk NACH BOCHUM INS<br />

FESTENGAGEMENT.


IN BOCHUM — NICOLA MASTrOBErArDINO<br />

119<br />

IIch habe schon fünf Jahre reviererfahrung<br />

und bin somit<br />

kein Neuling im Pott, aber<br />

meine Wurzeln liegen eindeutig<br />

weiter südlich, nämlich in der<br />

Schweiz. Bis auf meine Familie und<br />

meine Freunde fehlt es mir hier an<br />

nichts: Berge sind überbewertet, bei<br />

dm gibt’s Ovomaltine-Schokolade,<br />

Edeka verkauft rivella, das Schweizer<br />

Nationalgetränk, und in Sachen<br />

Schnee steht Deutschland, zumindest<br />

in diesem Winter, der Schweiz<br />

in nichts nach.<br />

Dennoch muss ich sagen, als ich<br />

im Oktober 2009 nach <strong>Bochum</strong> gezogen<br />

bin und mir die Stadt genauer<br />

anschauen wollte, präsentierte sich<br />

mir die „Blume im revier“ eher als<br />

kakteenart; kalt, im Hotel Eden am<br />

ring wuchs Moos auf dem Boden,<br />

der Weihnachtsmarkt nervte, wie<br />

in Essen, bereits nach sehr kurzer<br />

Zeit und Burger king war zu (pleite<br />

oder aber auch Asbest wie im Hotel<br />

Eden)!<br />

Doch mittlerweile kenne ich <strong>Bochum</strong><br />

besser, das Weitmarer Holz<br />

mit den Wildschweinen, die belgischen<br />

Pommes im Bermudadreieck<br />

und das englische Frühstück im<br />

konkret. vor Honeyhair, der Frisierbar<br />

bei mir um die Ecke, stehen jetzt<br />

die Stühle draußen, und im Westpark<br />

blühen Gänseblumen und mit ihnen<br />

die „Blume im revier“.<br />

Nur bei Burger king sind noch<br />

immer die Schotten dicht. Macht<br />

nix, hol ich mir halt ne Apfelpfanne<br />

im Glas-Café auf der kortumstraße<br />

und schlendere damit noch mal am<br />

Hotel Eden vorbei.<br />

NicOla maStrOBerarDiNO kAM AUS DEr<br />

SCHWEIZ BErEITS IM JAHr 2005 INS rUHrGE-<br />

BIET. NACH FüNF JAHrEN ESSEN LEBT Er NUN<br />

SEIT HErBST 2009 IN BOCHUM, WO Er AB SOM-<br />

MEr ENSEMBLEMITGLIED IST.


IN BOCHUM — MAJA BECkMANN<br />

120<br />

Wisst ihr eigentlich<br />

warum die U35<br />

„U35“ heißt? Weil<br />

sie genau 35 Minuten<br />

braucht, um Herne und <strong>Bochum</strong><br />

zu verbinden.<br />

Ich bin früher oft mit meiner<br />

Oma U-Bahn gefahren, aber immer<br />

nur von Herne nach Herne, zum Entenfüttern.<br />

Da kannte ich <strong>Bochum</strong><br />

noch gar nicht, war aber schwer<br />

enttäuscht darüber, dass die Untergrundbahn<br />

nicht meiner vorstellung<br />

einer Geisterbahn entsprach.<br />

Irgendwann wagte ich mich dann bis<br />

zum Engelbert-Brunnen. In die große<br />

Großstadt <strong>Bochum</strong>, die Stadt der<br />

Punks, Dealer und Diskotheken. Im<br />

Sommer schüchtern meinen Döner<br />

am Brunnen gegessen, Obdachlose<br />

ängstlich fasziniert beobachtend, um<br />

mich rum kinder barfuß im Brunnen<br />

spielend. Der Müll schaukelt<br />

an der Wasseroberfläche wie kleine<br />

Schiffe. Ein bisschen Italien und Ankara.<br />

Dann der erste Milchkaffee im<br />

Café konkret. riesen Schale für fünf<br />

Mark. Wieder zurück zum Brunnen<br />

und warten, wo die anderen bleiben.<br />

Aber die U35 heißt auch „U35“, weil<br />

man immer 35 Minuten warten<br />

muss, bis man wieder zu Hause ist.<br />

Ich vermisse den Brunnen, wo ist<br />

der überhaupt? Und warum heißt<br />

der Engelbert-Brunnen immer noch<br />

Engelbert-Brunnen? Ist scheiß-egal,<br />

ich warte immer noch da. Nur für<br />

fünf Mark einen kaffe zu kriegen ist<br />

schwer.<br />

Meine Oma ist schon gestorben,<br />

aber wenn die U35 irgendwann bis<br />

nach köln gebaut würde, bin ich<br />

mir sicher, meine Oma würde die<br />

Fahrt mit mir machen. Sie würde das<br />

Abenteuer wagen, über 35 Minuten<br />

hinaus! Und wenn ich mal genug<br />

Geld habe, dann bau ich einen neuen<br />

Brunnen, mit einem echten Engelbert.<br />

PS: Die U35 hält nicht am Engelbert-Brunnen.<br />

Für alle, die von<br />

Herne nach <strong>Bochum</strong> fahren wollen:<br />

mich anrufen oder Hauptbahnhof<br />

aussteigen und richtung Innenstadt<br />

laufen. Dann kommt man zum Engelbert-Brunnen.<br />

maJa BeckmaNN kOMMT AUS DEM rUHr-<br />

GEBIET UND IST SEIT 2001 ENSEMBLEMITGLIED<br />

AM SCHAUSPIELHAUS BOCHUM.


IN BOCHUM — kATHArINA LINDEr<br />

121<br />

vor zwanzig Jahren habe<br />

ich schon mal in <strong>Bochum</strong><br />

angefangen. Da habe ich<br />

in der villa Wahnsinn<br />

gewohnt und habe mir wenig Gedanken<br />

über die Stadt gemacht. Eigentlich<br />

nur über das Theater. Jetzt<br />

komme ich mit meiner Familie. Deshalb<br />

ist die Annäherung an <strong>Bochum</strong><br />

ganz anders. Wir suchen eine schöne<br />

Wohnung, eine Schule haben wir<br />

schon gefunden. Ich bin noch nie an<br />

ein Theater gegangen, wo so viele, die<br />

dort arbeiten, kinder haben. Fühlbare<br />

verantwortung für die Zeit, die<br />

kommt, für das, was kommen soll.<br />

Wie werden wir leben? Wie wollen<br />

wir leben? Was können wir mit dem<br />

Theater bewirken?<br />

kathariNa liNDer SPIELTE vON 1990 BIS 1995<br />

AM SCHAUSPIELHAUS UND kEHrT NACH ENGA-<br />

GEMENTS IN BErLIN UND FrANkFUrT ZUrüCk<br />

NACH BOCHUM.


IN BOCHUM — ANDrEAS GrOTHGAr<br />

122<br />

Die Eisenbahnüberführung<br />

königsallee. Wenn<br />

man mit dem Zug von<br />

Essen aus durch <strong>Bochum</strong><br />

fährt, sieht man ganz kurz<br />

das <strong>Schauspielhaus</strong> auf der rechten<br />

Seite. Ein ganz kurzes Bild. Eine<br />

Trutzburg, Würde und Tradition, ein<br />

festes Haus. Die Fahnen auf dem<br />

Dach. Ein erhabener Anblick. Ich<br />

hatte immer den Eindruck, in <strong>Bochum</strong><br />

ist das Theater das größte und<br />

wichtigste Gebäude der Stadt. Später<br />

hab ich immer danach Ausschau gehalten,<br />

bin manchmal sogar extra<br />

an ein freies Fenster gegangen, um<br />

es zu sehen. Ein kollege, der länger<br />

in <strong>Bochum</strong> engagiert war, erzählte<br />

mir, ihm gehe es genauso. Er hat die<br />

Zeit in <strong>Bochum</strong> geliebt. Da er viel<br />

mit der Bahn unterwegs ist, fährt<br />

er oft durch <strong>Bochum</strong>. Er steht jedes<br />

Mal auf und guckt, und wenn er das<br />

Haus sieht, kommen ihm manchmal<br />

die Tränen. Ich glaube, ich verstehe,<br />

was er meint.<br />

aNDreaS GrOthGar LEBT UND ArBEITET<br />

SEIT 2005 IM rUHrGEBIET. IM SOMMEr <strong>2010</strong><br />

WECHSELT Er ANS SCHAUSPIELHAUS, WO Er<br />

NACH STATIONEN WIE ESSEN, HAMBUrG UND<br />

MüNCHEN ZUM ErSTEN MAL SPIELEN WIrD.


FREUnDESKREIS<br />

Freunde<br />

Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> ist eine Institution, von der<br />

wegweisende Impulse für die Entwicklung der deutschen<br />

Theatergeschichte ausgingen. Seit seiner Gründung 1919<br />

durch Saladin Schmitt sind hier Dramatiker entdeckt und<br />

gefördert worden, hat sich mancher Regiestil entwickelt,<br />

haben hier Schauspieler ihre Karriere begonnen oder sich<br />

künstlerisch weiterentwickelt, die zu den Großen des<br />

deutschsprachigen Theaters zählen. So hat dieses Haus<br />

eine Bedeutung gewonnen, die weit über die Grenzen der<br />

Stadt hinausragt. Das verlangt ideelle und materielle Unterstützung.<br />

Um das zu leisten, hat sich 1994 der Freundeskreis <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> gegründet. Seine Mitglieder wollen nicht<br />

nur dem Haus die angemessene Unterstützung zukommen<br />

lassen, sie wollen auch durch vielfältige Aktionen mit dazu<br />

beitragen, dieses Theater und seine Mitarbeiter noch besser<br />

kennen zu lernen, um die Identifikationsbereitschaft<br />

zu erhöhen.<br />

Wie kann das gelingen?<br />

Gespräche mit Regisseuren, Dramaturgen, Schauspielern<br />

und anderen Mitarbeitern des Hauses tragen dazu bei,<br />

Theater besser zu verstehen. Freundeskreismitglieder können<br />

vielleicht auch schon durch Probenteilnahme erfahren,<br />

was einer Premiere voran geht. Führungen durchs Haus<br />

oder einzelne Abteilungen helfen, die Produktionsprozesse<br />

besser zu verstehen.<br />

124<br />

Die Freundeskreismitglieder wählen auch die Schauspieler,<br />

die für den <strong>Bochum</strong>er Theaterpreis nominiert werden,<br />

der seit 2006 in zwei Kategorien verliehen wird.<br />

Der Freundeskreis unterstützt aus seinen und eingeworbenen<br />

Einnahmen durch Patenkarten auch junge Menschen,<br />

die sich aus finanziellen Gründen einen Theaterbesuch<br />

nicht erlauben können.<br />

Als Dankeschön für ihren Einsatz für das <strong>Schauspielhaus</strong><br />

wird den Freundeskreismitgliedern auch ein früherer<br />

Vorverkaufstermin gewährt. Sie können ihre Karten bereits<br />

einen Tag vor den Wahl-Abonnenten beziehen.<br />

Die Freundeskreismitglieder kommen nicht nur aus <strong>Bochum</strong>,<br />

sondern auch aus anderen Städten der Region, ja,<br />

sogar aus Berlin, wie unser prominentestes Mitglied Otto<br />

Sander.<br />

Es lohnt sich, Mitglied im Freundeskreis des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

<strong>Bochum</strong> zu werden. Wollen Sie nicht auch dabei<br />

sein?<br />

Hans Joachim Salmen – Vorsitzender des Freundeskreises<br />

Heinrich-König-Str. 73<br />

44795 <strong>Bochum</strong><br />

Tel.: 0234 / 47 35 93<br />

E-Mail: hajosalmen@aol.com


Ruhrstadt <strong>Bochum</strong><br />

Roman Polanskis Meisterwerk<br />

im Metronom Theater · CentrO Oberhausen<br />

Kostenlos - K 26157 November 2008<br />

Die ganze Kulturhauptstadt -<br />

übersichtlich und aktuell<br />

+ alle Ausstellungen<br />

+ Konzerte<br />

+ Filme<br />

+ Theater<br />

+ Parties<br />

+ Muscials<br />

+ Lesungen<br />

+ Tanz<br />

Kultur verlinkt!


MiTarBeiTer<br />

TheaTerleiTung<br />

intendant Anselm Weber<br />

Kaufmännischer Direktor<br />

Rolf D. Suhl<br />

Persönliche Mitarbeiterin<br />

der intendanz Tonia Tilch<br />

Persönliche referentin des<br />

Kaufmännischen Direktors<br />

Anne Rockenfeller<br />

Verwaltungsleitung Brigitte Käding<br />

KünsTlerisches<br />

BeTrieBsBüro<br />

Künstlerischer Betriebsdirektor<br />

Stephan Wasenauer<br />

chefdisponentin und leiterin<br />

des Künstlerischen Betriebsbüros<br />

Jutta van Asselt<br />

Mitarbeiterin Christina Lutz<br />

DraMaTurgie<br />

chefdramaturg Thomas Laue<br />

Dramaturgen Anna Haas,<br />

Olaf Kröck, Sabine Reich,<br />

Paul Slangen (Gast)<br />

Dramaturgieassistent<br />

Sascha Kölzow<br />

KoMMuniKaTion<br />

leitung und Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Christine Hoenmanns<br />

Marketing und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Janna Balke<br />

Grafik Stephanie Weber<br />

Fotografen Thomas Aurin, Arno<br />

Declair, Diana Küster<br />

Junges schausPielhaus<br />

leitung Martina van Boxen<br />

Theaterpädagogin Sandra Anklam<br />

regie<br />

Malou Airaudo, David Bösch (leitender<br />

Regisseur), Carola Bühn, Nuran<br />

David Calis, Cilli Drexel, Christoph<br />

Frick, Monika Gintersdorfer, Heike<br />

M. Götze, Mahir Günsiray, Fadhel Jaibi,<br />

Jan Klata, Paul Koek, Katja Lauken,<br />

Jan Neumann, Lisa Nielebock, Arne<br />

Nobel, Sebastian Nübling, Stephanie<br />

Sewella †, Sahika Tekand, Katharina<br />

Thalbach, Martina van Boxen, Dries<br />

Verhoeven, Roger Vontobel (Hausregisseur),<br />

Anselm Weber<br />

MITARBEITER<br />

Bühnen- unD<br />

KosTüMBilDner<br />

Patrick Bannwart, Irina Bartels,<br />

Raimund Bauer, Julia Borchert,<br />

Dorothee Curio, Thomas Dreißigacker,<br />

Muriel Gerstner, Thomas Goerge,<br />

Gerhard Gollnhofer, Nadine<br />

Grellinger, Sascha Gross, Michael<br />

Habelitz, Mirek Kaczmarek, Cathleen<br />

Kaschperk, Knut Klaßen, Justyna<br />

Lagowska, Claude Leon, Theun<br />

Mosk, Christina Mrosek, Meentje<br />

Nielsen, Silke Rekort, Isabell Robson,<br />

Claudia Rohner, Kaï Rostom,<br />

Irina Schicketanz, Kathrin Schlecht,<br />

Nini von Selzam, Ansgar Silies, Julia<br />

Ströder, Esat Tekand, Dirk Thiele,<br />

Ezio Toffolutti, Carla Johanna von<br />

Gehren, Kathrine von Hellermann<br />

MusiK<br />

Henning Beckmann, Vivan Bhatti,<br />

Anke Brouwer, Cornelius Borgolte,<br />

Jean Claude Dagbo, Emanuel<br />

Hauptmann, Torsten Kindermann,<br />

Daniel Friedel Murena, Will-Jan<br />

Pielage (Sounddesign), Karsten<br />

Riedel, Roderik Vanderstraeten, Lars<br />

Wittershagen<br />

MusiKer<br />

Lieke Arts, Jean Claude Dagbo,<br />

Gregor Hengesbach, Andreas Jansen,<br />

Torsten Kindermann, Ingmar<br />

Kurenbach, Antonis Pratsinakis,<br />

Karsten Riedel, Hans van der Meer,<br />

Ton van der Meer, Roderik Vanderstraeten,<br />

John van Oostrum, Jan<br />

Sebastian Weichsel, Katya Woloshin<br />

ViDeo<br />

Bibi Abel, Karnik Gregorian,<br />

Michael Habelitz, David Lammers,<br />

Ansgar Silies<br />

regieassisTenz<br />

Barbara Hauck, Jasna Miletić,<br />

Christina Pfrötschner; Monika Gies<br />

(Gast), Christian Jäger (Gast)<br />

Bühnen- unD<br />

KosTüMBilDassisTenz<br />

Henriette Barniske, Sarah Bernardy,<br />

Mara Klimek, Bettina Knaack,<br />

Nadine Richter, Carla Johanna von<br />

Gehren<br />

126<br />

sPrecherziehung unD<br />

sTiMMBilDung<br />

Prof. Peter-Georg Bärtsch,<br />

Eva Pieper<br />

choreograFie<br />

Klaus Figge (Kampfszenen),<br />

Malou Airaudo, Maćko Prusak,<br />

Renegade<br />

insPizienz<br />

Christina Baston, Gerd Beiderbeck,<br />

Christiane Laux, Alexander Störzel,<br />

Ulrike Schaper<br />

souFFleusen<br />

Sybille Hadulla-Kleinschmidt,<br />

Jutta Schneider, Fee Sachse, Isabell<br />

Weiland<br />

sTaTisTerie<br />

Beatrix Feldmann<br />

Technische leiTung<br />

Technischer Direktor Hajo Krause<br />

sekretariat Marion Treckmann<br />

assistenz des Technischen<br />

Direktors Alexandra Kaiser<br />

Produktions- und Werkstättenleiter<br />

Oliver Kroll<br />

Produktionsbüro Christian Acht,<br />

Michael Friebele<br />

Bühnentechnische leitung<br />

Franz Schenkel<br />

Bühnenobermeister<br />

Michael Mikolajczak<br />

Bühnenmeister Andreas Dudzik,<br />

Uwe Marx, NN<br />

BühnenTechniK<br />

Thomas Arndt, Verena di Battista,<br />

Michael Doering, Christian<br />

Drolshagen, Holger Dünnebacke,<br />

Frank Engel, Klaus Fabri, Andreas<br />

Fernau, Erwin Fiebrandt, Jan Flügge,<br />

Reinhard Frese, Dietmar Görtzen,<br />

Jörg Hommann, Anatolij Kalencuk,<br />

Andreas Korfmann, Detlef Kornath,<br />

Frank Koslowski, Frank Kuhlmeier,<br />

Abdelkader Lashab, Hans-Georg<br />

Ludwiczak, Alfred Lübbehusen, Lucian<br />

Martin, Manfred Mollenhauer,<br />

Maik Rohnke, Saskia Sawatzki,<br />

Nafiz Sayki, Peter Schaffrinna, Olaf<br />

Schmeink, Jürgen Schnurbusch,<br />

Martin Sievering, Patrick Steinkamp,<br />

Christian Szyska, Ali Tugrul,<br />

Uwe Wagner, Thomas Wessling,<br />

Dirk Wils, Thomas Wrobel


BeleuchTung<br />

leitung und lichtgestaltung<br />

Andreas Bartsch, Bernd Felder<br />

assistenz der leitung NN<br />

Beleuchtungsoberinspektor<br />

Bernd Kühne<br />

Beleuchtungsmeister Denny Klein<br />

Beleuchter Timo Berghaus, Armin<br />

Bönnemann, Fiorenzo Bonazza,<br />

Hans Dzwigoll, Norbert Eggers,<br />

Christoph Jacob, Detlev Jon, Gerd<br />

Jordan, Kay Kämper, Waldemar Lehmann,<br />

Frank Lukaschewski, Ulrich<br />

Meist, Axel Middeke, Alfred Rapp,<br />

Max Reinhardt, Marek Schoder,<br />

Thomas Sikora, Michael Stumpf,<br />

Paul Wallraff, Michael Zoll<br />

VeransTalTungs-<br />

TechniKer<br />

Frank Engel, Michael Hopp, Sven<br />

Klauswald, Daniel Lüder<br />

auszubildende Moritz Macho,<br />

Demian Meier, Christian Mertens,<br />

Marie-Claire Pauli<br />

Technische leiTung<br />

TheaTer unTen<br />

Alexandr Gershman<br />

Ton/ViDeo<br />

leitung Christoph Bonk,<br />

Andreas König<br />

Tontechniker Andreas Eich, Karl<br />

Haase, Jürgen Jaeger, Frederic Mingo<br />

Video Matthias Fleskes, NN<br />

Malersaal<br />

leitung Gudrun Schönbeck-Wach<br />

Theatermaler Markus Loer,<br />

Anja Mauruschat, Silke Kost<br />

Theatermalerin/Kascheurin<br />

Miriam Sasserath<br />

näherin Heike Ringelband<br />

Maler Jörg Palmberg<br />

auszubildende Maike Prause<br />

PolsTerei<br />

Dekorateurin Julia Wagner<br />

schlosserei<br />

leitung Olaf Schug<br />

schlosser Michael Bitzkowski,<br />

Jörg Borrmann, Michael Holle,<br />

Thomas Marx, Joachim Stroka<br />

MITARBEITER<br />

schreinerei<br />

leitung Jürgen Brucks<br />

schreiner Vitalij Grauberger,<br />

Andreas Rauth, Britta Sabanovic,<br />

Ursula Schemme, Oliver Sievers<br />

schneiDerei<br />

Kostümdirektorin Britta Brodda<br />

gewandmeisterin Damen<br />

Cornelia Fischer<br />

gewandmeister herren<br />

Dieter Zunke<br />

Damenschneiderei Anne Burkhardt,<br />

Anke Flüs, Claudia Hellwig,<br />

Anita Pyrkosch, Ellen Salewsky,<br />

Doris Schaefer, Petra Woytke<br />

herrenschneiderei Hannah Brüggemann,<br />

Erich Ciecior, Monika Drost,<br />

Jörg Liebisch, Andrea Poglajen-<br />

Loetters, Christel Sareyka, Nicole<br />

Wippich, Robert Zydek<br />

ankleiderinnen Oumlaid Strenger,<br />

Silvia Stemmer<br />

schuhmacher<br />

Ralf Oberste-Beulmann<br />

Putzmacherin Andrea Räckers<br />

Fundusverwalter Guido Hußmann<br />

MasKe<br />

chefmaskenbildnerin Elke Böttcher<br />

stellvertretender chefmaskenbildner<br />

Georg Herzog<br />

Maskenbildner Tanja Bade, Christian<br />

Bernecker, Katharina Bondzin,<br />

Parwin Fakir, Birte Greiwe, Monika<br />

Jankowski, Stefanie Lingener, Barbara<br />

Lork, Ursula Menßen, Henryk<br />

Minkiewicz, Jana Müller, Astrid<br />

Schenkel, Ursula Schürer<br />

auszubildende Svenja Hartnack<br />

requisiTe<br />

leitung Kornelia Helisch<br />

requisiteure Jessica Cosse, Andrea<br />

Figger, Astrid Freyer, Sonja Klisch,<br />

Juliane Görtzen, Wolfgang Vogt,<br />

Janneta Turska<br />

VerWalTung<br />

leitung Brigitte Käding<br />

sekretariat Christiane Koscholleck<br />

Personalabteilung<br />

Elke Günthner<br />

Mitarbeiter Natalie Dammer,<br />

Petra Halfmeier, Sabine Sallamon,<br />

Dirk Welschehold, Linda Wuttke<br />

rechnungsabteilung<br />

Ute Hellwig<br />

127<br />

Mitarbeiter Jan Herder,<br />

Sandy Bäcker, Sabine Blome,<br />

Detlev Massmann<br />

eDV Michael Kowalczyk<br />

haus- und gebäudeverwaltung<br />

Dominik Hübschen<br />

urheberrechte, Werbung, gastspiele<br />

Ulrike Klimach<br />

PersonalraT<br />

Vorsitzende Linda Timmermann<br />

TheaTerKasse/aBoBüro<br />

leitung Karin Bünten<br />

Mitarbeiterinnen Christina Brand,<br />

Renate Dehnhardt, Eylem Durus,<br />

Heike Glöckner, Ellen Heiermann,<br />

Daniela Koscholleck, Petra Krolikowski,<br />

Ute Kruse, Christel Müller,<br />

Brigitte Siepa, Ursula Steingaß, Tülin<br />

Ucur, Susanne Wuttke<br />

einlass/garDeroBe<br />

leitung Oliver Blum<br />

Vorarbeiterinnen Renate<br />

Münch-Gallasch, Regina Koch<br />

Mitarbeiterinnen Dragina Barzik,<br />

Rosel Christa Bönnemann, Ute<br />

Grutsch, Carola Gurok, Rita Held,<br />

Christiane Kunick, Heide Lobschat,<br />

Birgit Uschkurat<br />

hausDiensT<br />

Manfred Bartnick, Oliver Bußmann,<br />

Udo Hermes, Johannes Raser, Helge<br />

Werthschütz<br />

PForTe<br />

Rosel Christa Bönnemann, Cornelia<br />

Kiszka, Wolfgang Kroner, Cornelia<br />

Skusa, Barbara Sonnak<br />

nachtpförtner Bernhardt Jeloneck,<br />

Wolfgang Welt<br />

TransPorTarBeiTer<br />

Ulrich Brozio, Udo Giehl, Bernhard<br />

Kampik, Torben Schmidt<br />

Kraftfahrer Willy Doering, Jürgen<br />

Gönder, Christian Kückelheim<br />

gasTronoMie<br />

leitung Helge van Dornick,<br />

Jochen Stein<br />

Verwaltung Julian Schmitz<br />

leitung Tanas Fabian Strelow<br />

Küche André Thurm<br />

eve Bar Lena van Dornick<br />

Kantine Elken Krüger,<br />

Angelika Stanek


KArtenverKAuf<br />

Wir spielen mit<br />

Ihrem Leben.<br />

Abend für Abend.<br />

0234 / 33 33 55 55<br />

128


Theaterkasse<br />

Oskar-Hoffmann-Straße 26 / ecke Hans-Schalla Platz<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

MO – fr 10.00 – 18.00 uhr<br />

SA 10.00 – 14.00 uhr,<br />

18.00 uhr bis Öffnung der Abendkasse<br />

SO 17.00 – 18.00 uhr<br />

(Abendkasse <strong>Schauspielhaus</strong>)<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 55<br />

fax: 0234 / 33 33 55 12<br />

e-Mail: tickets@schauspielhausbochum.de<br />

KArtenverKAuf<br />

Kartenverkauf<br />

0234 / 33 33 55 55<br />

www.schauspielhausbochum.de<br />

vom 5. Juli bis zum 15. August <strong>2010</strong> und an feiertagen ist<br />

die theaterkasse geschlossen.<br />

Vorverkauf an der Ruhr-Universität <strong>Bochum</strong><br />

Auf dem Campus der ruhr-universität sind wir montags<br />

bis freitags von 10.00 – 14.00 uhr für Sie da! An unserem<br />

verkaufs- und Infostand im Mensafoyer erhalten Sie während<br />

der vorlesungszeit Karten für alle vorstellungen.<br />

Abendkasse<br />

Ab einer Stunde vor vorstellungsbeginn.<br />

Bitte haben Sie verständnis dafür, dass wir an der Abendkasse<br />

nur Karten für die Abendvorstellungen verkaufen.<br />

Kartenkauf über das Internet<br />

www.schauspielhausbochum.de<br />

Sichern Sie sich rund um die uhr Ihre eintrittskarten für<br />

den nächsten theaterbesuch! Beim Kartenkauf über unseren<br />

Online-Spielplan zahlen Sie mit Ihrer Kreditkarte und<br />

drucken sich Ihre Karten anschließend über das „Print-at-<br />

Home“-System bequem zu Hause aus.<br />

Über das Internet gekaufte Karten können nicht zurückerstattet<br />

oder umgetauscht werden.<br />

129<br />

Schriftliche Kartenbestellung<br />

Legen Sie bei schriftlichen Kartenbestellungen bitte einen<br />

verrechnungscheck oder einen Wahl-Abo-Gutschein bei.<br />

Gerne rufen wir Sie für eine Zahlung mit Kreditkarte zurück.<br />

Die eintrittskarten werden Ihnen kostenfrei zugesandt.<br />

Abonnenten werden bevorzugt berücksichtigt.<br />

Postanschrift:<br />

theaterkasse<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong><br />

Königsallee 15<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

Vorverkaufsbeginn<br />

Der freie verkauf für veranstaltungen des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

<strong>Bochum</strong> beginnt am 1. Mittwoch des vormonats. Inhaber<br />

eines Wahl-Abonnements können ab dem 1. Montag<br />

des vormonats ihre Wahl-Abo-Gutscheine einlösen.<br />

Kartenreservierung<br />

Holen Sie Ihre reservierten Karten bitte innerhalb von 14<br />

tagen ab. nicht abgeholte Karten gehen zurück in den freien<br />

verkauf. Wir bitten um verständnis, dass nur bezahlte<br />

Karten an der Abendkasse hinterlegt werden können.<br />

Bezahlung<br />

Bar, mit eC- oder Kreditkarte an der theater- und Abendkasse.<br />

Mit Kreditkarte über den Online-Spielplan unter<br />

www.schauspielhausbochum.de.<br />

Geschenkgutscheine<br />

verschenken Sie theater! Gutscheine für theatervorstellungen<br />

erhalten Sie das ganze Jahr über an unserer theaterkasse.<br />

Wir beraten Sie gern! Die Gutscheine sind ab<br />

Kauf zwei Jahre lang gültig und gelten für alle Spielstätten<br />

des <strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong>.


Preise<br />

<strong>Schauspielhaus</strong><br />

& Kammerspiele<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

Theater unten<br />

freie Platzwahl<br />

Jugendvorstellungen<br />

freie Platzwahl<br />

Kindervorstellungen<br />

& Jugendclubs<br />

Kinder- und<br />

Familienstück<br />

„Jim Knopf und<br />

Lukas der<br />

Lokomotivführer“<br />

Preisgruppe 1 - 4<br />

Repertoire<br />

23,10 €<br />

17,60 €<br />

12,10 €<br />

8,80 €<br />

Repertoire<br />

9,35 €<br />

Repertoire<br />

9,00 €<br />

Repertoire<br />

9,00 €<br />

PreISe<br />

ermäßigt<br />

ermäßigt<br />

ermäßigt<br />

ermäßigt<br />

130<br />

12,10 €<br />

8,80 €<br />

6,60 €<br />

5,50 €<br />

6,60 €<br />

5,00 €<br />

freie Platzwahl 8,00 € 4,00 €<br />

5,00 €<br />

Premierenzuschlag: Auf alle Karten und Wahl-Abo-Gutscheine<br />

4,00 €.<br />

Ermäßigung: für Schüler und Studenten (bis zum 29.<br />

Lebensjahr), Azubis, Wehr- und ersatzdienstleistende,<br />

Schwerbehinderte (ab 80%) und Inhaber eines vergünstigungsausweises.<br />

Volle Hütte: Achten Sie auf die Aktion „volle-Hütte“ in unserem<br />

Spielplan und zahlen Sie bei der ausgesuchten vorstellung<br />

in den Preisgruppen 1 - 3 nur 10,00 €!<br />

Last-Minute-Tickets: 5,50 €. erhältlich an der Abendkasse<br />

ab 20 Minuten vor vorstellungsbeginn für Schüler und<br />

Studenten (bis zum 29. Lebensjahr), Azubis und Wehr-<br />

und ersatzdienstleistende.<br />

Servicegebühr: Alle Preise inklusive 10% Servicegebühr.


und großem<br />

theater<br />

wir<br />

kochen mit<br />

leidenschaft<br />

für sie!<br />

Tanas<br />

die speisekammer im schauspielhaus bochum


Sitzplan <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Reihe 02<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

Reihe 05<br />

Reihe 06<br />

Reihe 07<br />

Reihe 08<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 25<br />

662 663 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80<br />

28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50<br />

82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114<br />

116 118 120 122 124 126 128 130<br />

150 152 154 156 158 160 162 164 166 168 170 172 174 176<br />

188 190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216<br />

224 226 228 230 232 234 236 238<br />

260 262 264 266 268 270 272 274 276 278<br />

Reihe 16<br />

Reihe 01<br />

298 300 302 304 306 308 310 312 314 316 318<br />

336 338 340 342 344 346 348 350<br />

372 374 376 378 380 382 384 386<br />

132 134 136 138 140 142 144 146 148 149<br />

178 180 182<br />

240 242 244 246 248 250 252 254 256 258 259<br />

218 220 222<br />

280 282 284 286 288 290 292 294 296<br />

406 408 410 412 414 416 418 420<br />

442 444 446 448 450 452 454 456 458 460 462 464 466 468 470 472 474 476<br />

Reihe 17<br />

Rang 01<br />

Reihe 18<br />

Rang 02<br />

Reihe 19<br />

Rang 03<br />

478 480 482 484 486 488 490 492<br />

512 514 516 518 520 522 524 526<br />

Reihe 20<br />

Loge<br />

Loge<br />

2<br />

Rang 04<br />

320 322 324 326 328 330 332<br />

352 354 356 358 360 362 364 366 368<br />

388 390 392 394 396 398 400 402 404<br />

422 424 426 428 430 432 434 436 438 440<br />

544 546 548 550 552 554 556 558 560 562 564 566 568 570 572 574<br />

576 578 580 582 584 586 588 590 592<br />

4<br />

34<br />

Rang 05<br />

Rang 06<br />

6<br />

36<br />

608 610 612 614 616 618 620 622<br />

8<br />

38<br />

64<br />

636<br />

3<br />

10<br />

40<br />

66<br />

92<br />

118<br />

638<br />

5<br />

12<br />

42<br />

68<br />

94<br />

120<br />

640<br />

2<br />

14<br />

44<br />

70<br />

96<br />

122<br />

142<br />

642<br />

4<br />

16<br />

46<br />

72<br />

98<br />

124<br />

144<br />

494 496 498 500 502 504 506 508 510<br />

528 530 532 534 536 538 540 542 543<br />

644<br />

1<br />

18<br />

48<br />

74<br />

100<br />

126<br />

146<br />

646<br />

5<br />

20<br />

50<br />

76<br />

102<br />

148<br />

594 596 598 600 602 604 606<br />

648<br />

LOGE LINKS<br />

3<br />

22<br />

52<br />

78<br />

128<br />

624 626 628 630 632 634<br />

650<br />

4<br />

104<br />

130<br />

150<br />

652<br />

2<br />

24<br />

54<br />

80<br />

106<br />

132<br />

152<br />

654<br />

26<br />

56<br />

82<br />

108<br />

134<br />

154<br />

656<br />

1<br />

28<br />

58<br />

84<br />

110<br />

136<br />

156<br />

658<br />

30<br />

60<br />

86<br />

112<br />

138<br />

158<br />

SItZPLAn<br />

BÜHNE<br />

SPERRSITZ<br />

660<br />

23<br />

52<br />

81<br />

113<br />

147<br />

184<br />

221<br />

257<br />

297<br />

334<br />

370<br />

405<br />

441<br />

475<br />

509<br />

541<br />

575<br />

633<br />

661<br />

RANG<br />

32<br />

62<br />

88<br />

114<br />

140<br />

160<br />

31<br />

63<br />

90<br />

116<br />

139<br />

161<br />

132<br />

21<br />

51<br />

79<br />

111<br />

145<br />

186<br />

219<br />

255<br />

295<br />

333<br />

369<br />

403<br />

439<br />

473<br />

507<br />

539<br />

573<br />

631<br />

659<br />

29<br />

61<br />

91<br />

115<br />

137<br />

159<br />

19<br />

49<br />

77<br />

109<br />

143<br />

185<br />

217<br />

253<br />

293<br />

331<br />

367<br />

401<br />

437<br />

471<br />

505<br />

537<br />

571<br />

27<br />

59<br />

89<br />

113<br />

135<br />

157<br />

17<br />

47<br />

75<br />

107<br />

141<br />

183<br />

215<br />

251<br />

291<br />

329<br />

365<br />

399<br />

435<br />

469<br />

503<br />

535<br />

569<br />

25<br />

57<br />

87<br />

111<br />

133<br />

155<br />

15<br />

45<br />

73<br />

105<br />

139<br />

181<br />

213<br />

249<br />

289<br />

327<br />

363<br />

397<br />

433<br />

467<br />

501<br />

533<br />

567<br />

23<br />

55<br />

85<br />

109<br />

131<br />

153<br />

13<br />

43<br />

71<br />

103<br />

137<br />

179<br />

211<br />

247<br />

287<br />

325<br />

361<br />

395<br />

431<br />

465<br />

499<br />

531<br />

565<br />

53<br />

83<br />

107<br />

129<br />

151<br />

11<br />

41<br />

69<br />

101<br />

135<br />

177<br />

209<br />

245<br />

285<br />

323<br />

359<br />

393<br />

429<br />

463<br />

497<br />

529<br />

563<br />

21<br />

81<br />

105<br />

127<br />

149<br />

9<br />

39<br />

67<br />

99<br />

133<br />

175<br />

207<br />

243<br />

283<br />

321<br />

357<br />

391<br />

427<br />

461<br />

495<br />

527<br />

561<br />

19<br />

51<br />

7<br />

37<br />

65<br />

97<br />

131<br />

173<br />

205<br />

241<br />

281<br />

319<br />

355<br />

389<br />

425<br />

459<br />

493<br />

525<br />

559<br />

3<br />

17<br />

49<br />

79<br />

103<br />

125<br />

147<br />

5<br />

35<br />

63<br />

95<br />

129<br />

171<br />

203<br />

239<br />

279<br />

317<br />

353<br />

387<br />

423<br />

457<br />

491<br />

523<br />

557<br />

587<br />

5<br />

15<br />

47<br />

77<br />

101<br />

123<br />

145<br />

3<br />

33<br />

61<br />

93<br />

127<br />

169<br />

201<br />

237<br />

277<br />

315<br />

351<br />

385<br />

421<br />

455<br />

489<br />

521<br />

555<br />

585<br />

613<br />

639<br />

2<br />

13<br />

45<br />

75<br />

99<br />

121<br />

143<br />

1<br />

31<br />

59<br />

91<br />

125<br />

167<br />

199<br />

235<br />

275<br />

313<br />

349<br />

383<br />

419<br />

453<br />

487<br />

519<br />

553<br />

583<br />

611<br />

637<br />

4<br />

11<br />

43<br />

73<br />

97<br />

119<br />

141<br />

29<br />

57<br />

89<br />

123<br />

165<br />

197<br />

233<br />

273<br />

311<br />

347<br />

381<br />

417<br />

451<br />

485<br />

517<br />

551<br />

581<br />

609<br />

635<br />

LOGE RECHTS<br />

1<br />

9<br />

41<br />

71<br />

95<br />

117<br />

27<br />

55<br />

87<br />

121<br />

163<br />

195<br />

231<br />

271<br />

309<br />

345<br />

379<br />

415<br />

449<br />

483<br />

515<br />

549<br />

579<br />

607<br />

7<br />

39<br />

69<br />

93<br />

53<br />

85<br />

119<br />

161<br />

193<br />

229<br />

269<br />

307<br />

343<br />

377<br />

413<br />

447<br />

481<br />

513<br />

547<br />

577<br />

5<br />

37<br />

67<br />

83<br />

117<br />

159<br />

191<br />

227<br />

267<br />

305<br />

341<br />

375<br />

411<br />

445<br />

479<br />

511<br />

545<br />

Reihe 20<br />

Loge<br />

Loge<br />

3<br />

35<br />

65<br />

Rang 06<br />

Reihe 01<br />

Reihe 02<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

Reihe 05<br />

Reihe 06<br />

Reihe 07<br />

Reihe 08<br />

115<br />

157<br />

189<br />

225<br />

265<br />

303<br />

339<br />

373<br />

409<br />

443<br />

477<br />

1<br />

33<br />

155<br />

187<br />

223<br />

263<br />

301<br />

337<br />

371<br />

407<br />

261<br />

299<br />

335<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

Reihe 17<br />

Reihe 18<br />

Reihe 19<br />

Rang 05<br />

Rang 04<br />

Rang 03<br />

Rang 02<br />

Rang 01<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11


Sitzplan Kammerspiele<br />

Reihe 01<br />

Reihe 02<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

Reihe 01<br />

Reihe 05<br />

Reihe 02<br />

Reihe 06<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04 Reihe 07<br />

Reihe 05 Reihe 08<br />

Reihe 06 Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 07<br />

Reihe 11<br />

Reihe 08<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20<br />

22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 41<br />

42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62<br />

64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86<br />

88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110<br />

112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 135<br />

136 138 140 142 144 146 148 150 152 154 156 158 160<br />

162 164 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188<br />

190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216<br />

218 220 222 224 226 228 230 232 234 236 238 240 242 244 245<br />

246 248 250 252 254 256 258 260<br />

276 278 280 282 284 286<br />

218 220<br />

288<br />

222 224<br />

290<br />

226 228<br />

292<br />

230 232<br />

294<br />

234<br />

296<br />

236<br />

298<br />

238 240<br />

300<br />

242<br />

302<br />

244<br />

304<br />

245<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20<br />

22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 41<br />

42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62<br />

64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86<br />

88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110<br />

112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 135<br />

136 138 140 142 144 146 148 150 152 154 156 158 160<br />

162 164 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188<br />

190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216<br />

262 264 266 268 270 272 274<br />

306 308 310 312 314 316 318 320 322 324 326 328 330 332<br />

246 248 250 252 254 256 258 260<br />

276 278 280 282 284 286 288 290 292 294 296 298 300 302 304<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

262 264 266 268 270 272 274<br />

334 336 338 340 342 344 346 348 350 352 354 356 358<br />

360 362 364 366 368 370 372 374 376 378 380 382<br />

306 308 310 312 314 316 318 320 322 324 326 328 330 332<br />

386 388 390 392 394 396 398 400 402 404 406 408<br />

334 336 338 340 342 344 346 348 350 352 354 356 358<br />

360 362 364 366 368 370 372 374 376 378 380 382<br />

386 388 390 392 394 396 398 400 402 404 406 408<br />

BÜHNE<br />

BÜHNE<br />

384<br />

359<br />

410<br />

19<br />

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SItZPLAn<br />

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Reihe 01<br />

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Reihe 02<br />

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Reihe 03<br />

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391<br />

Reihe 01<br />

Reihe 02<br />

389<br />

Reihe 03<br />

Reihe 04<br />

387<br />

Reihe 05<br />

Reihe 06<br />

Reihe 07<br />

363<br />

Reihe 04<br />

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165<br />

Reihe 08<br />

221<br />

Reihe 09<br />

281<br />

335<br />

387<br />

Reihe 05<br />

137<br />

191<br />

251<br />

Reihe 10<br />

307<br />

361<br />

Reihe 06<br />

163<br />

219<br />

279<br />

Reihe 11<br />

189<br />

217<br />

249 247<br />

333<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

Reihe 07<br />

305<br />

Reihe 08<br />

277<br />

Reihe 09<br />

Reihe 10<br />

Reihe 11<br />

Reihe 12<br />

Reihe 13<br />

Reihe 14<br />

Reihe 15<br />

Reihe 16<br />

PREISGRUPPEN<br />

Preisgruppe 1<br />

PREISGRUPPEN<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 4<br />

2 Rollstuhlplätze<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

2 Rollstuhlplätze


Abonnements<br />

mehr ausgehen, mehr erleben, mehr Theater! mit einem<br />

abonnement des schauspielhauses bochum können sie<br />

bares Geld sparen oder sich selbst einen kleinen Kulturstupser<br />

geben.<br />

Für alle individualisten, die sich ihren spielplan selbst<br />

zusammenstellen möchten, bieten wir weiterhin unsere<br />

beliebten wahl-abos mit Gutscheinsystem an. Neu hinzu<br />

kommen ab sofort sechs Fest-abo-angebote, mit denen<br />

wir die planung ihres Theaterbesuchs zu einer entspannten<br />

angelegenheit werden lassen: sie entscheiden sich<br />

nur einmal und haben anschließend Terminsicherheit<br />

über die gesamte spielzeit sowie lieblingsplatz-Garantie<br />

auch bei ausverkauften Vorstellungen. Neben zwei exklusiven<br />

premieren-abos und drei wochentag-abos haben<br />

wir dabei auch ein besonderes Kombi-abo mit dem<br />

musiktheater im Revier Gelsenkirchen im Gepäck.<br />

schauen sie sich um – unser abo-Team berät sie gern!<br />

Abo-Büro<br />

Oskar-Hoffmann-Straße 26 / ecke Hans-Schalla Platz<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

MO – fr 10.00 – 18.00 uhr<br />

SA 10.00 – 14.00 uhr<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 - 40 oder -49<br />

fax: 0234 / 32 55 957<br />

e-Mail: abo@schauspielhausbochum.de<br />

ABOnneMentS<br />

vom 5. Juli bis zum 15. August <strong>2010</strong> ist das Abo-Büro<br />

MO – fr von 10.00 – 16.00 uhr geöffnet.<br />

134<br />

wahl-aboNNemeNTs<br />

Unsere Klassiker für alle, die flexibel bleiben möchten!<br />

mit den Gutscheinen eines wahl-abos haben sie die<br />

große Freiheit – gehen sie alleine, zu zweit, nehmen sie<br />

Freunde oder Verwandte zu einem gemeinsamen Theaterbesuch<br />

mit und entscheiden sie selbst, wann sie welche<br />

inszenierung sehen möchten. ihre Kartenwünsche<br />

nehmen wir bereits zwei Tage vor beginn des freien Verkaufs<br />

entgegen.<br />

Wahl-Abo mit 10 Gutscheinen<br />

erwerben Sie zehn Wahl-Abo-Gutscheine bei freier Stück-<br />

und terminwahl und sparen Sie dabei je nach Preisgruppe<br />

bis zu 30%. Sie können pro vorstellung beliebig viele<br />

Gutscheine einlösen. Bei Premieren zahlen Sie nur den allgemeinen<br />

Premierenzuschlag von 4,00 €. Die Gutscheine<br />

gelten für die laufende Spielzeit.<br />

Wahl-Abo<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

Kombi-Wahl-Abo<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

10 Gutscheine<br />

165,00 €<br />

126,50 €<br />

82,50 €<br />

60,50 €<br />

6 x Theater +<br />

4 x Konzert<br />

178,20 €<br />

135,10 €<br />

97,30 €<br />

75,20 €<br />

ermäßigt<br />

82,50 €<br />

66,00 €<br />

60,50 €<br />

55,00 €<br />

Kombi-Wahl-Abo „Theater und Konzert“<br />

mit 10 Gutscheinen<br />

Das kombinierte theater- und Konzert-Abo bietet geballte<br />

<strong>Bochum</strong>er Kulturkraft! Sehen Sie sechs vorstellungen des<br />

<strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong> und hören Sie vier Konzerte<br />

der <strong>Bochum</strong>er Symphoniker. Bei den theatervorstellungen<br />

haben Sie freie Platz- und Stückwahl, die Gutscheine für<br />

die Konzerte gelten für die Konzertreihen „Symphoniekonzert“<br />

(DO und fr) und „Symphonie Spezial“.<br />

ermäßigt<br />

89,10 €<br />

69,30 €<br />

60,50 €<br />

52,80 €


Neu: FesT-aboNNemeNTs<br />

ABOnneMentS<br />

lassen sie lange schlangen an der Vorverkaufskasse hinter<br />

sich, sichern sie sich ihren lieblingsplatz und erleben<br />

sie die höhepunkte der saison – kurzum: Freuen sie sich<br />

mit unseren neuen Fest-abos auf entspannte Theaterbesuche<br />

im schauspielhaus bochum!<br />

wenn sie sich für eines unserer sechs angebote entscheiden,<br />

genießen sie planungssicherheit über die<br />

gesamte spielzeit und sparen gleichzeitig bis zu 25% gegenüber<br />

den regulären eintrittspreisen. und wenn<br />

ihnen trotzdem mal was dazwischen kommt, können sie<br />

ihren abo-ausweis einfach an ihren Nachbarn oder die<br />

nette Kollegin weiterreichen oder alternativ bis zu zwei<br />

der vorgesehenen abo-Vorstellungen gegen andere Vorstellungstermine<br />

des stücks in der laufenden spielzeit<br />

umtauschen.<br />

135<br />

Premieren-Abonnements<br />

Spüren Sie die besondere Atmosphäre und Spannung<br />

eines Premierenabends und gehören Sie zu den ersten<br />

Zuschauern, die unsere neuen Inszenierungen sehen!<br />

unsere Premieren-Abos bieten Ihnen acht ausgesuchte<br />

Höhepunkte der theatersaison und einen festen Sitzplatz<br />

(inklusive Premierenzuschlag).<br />

Premieren-Abo 1: <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Candide oder der optimismus<br />

der sturm<br />

die Labdakiden<br />

Faust<br />

Cyrano de bergeraC<br />

kasimir und karoLine<br />

amerika<br />

der auFhaLtsame auFstieg<br />

des arturo ui<br />

Premieren-Abo 2:<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> & Kammerspiele<br />

der sturm<br />

eisenstein<br />

die Labdakiden<br />

oFt ist die natur<br />

niCht einmaL sChön<br />

Cyrano de bergeraC<br />

Jimi bowatski hat<br />

kein sChamgeFühL<br />

der auFhaLtsame auFstieg<br />

des arturo ui<br />

die JungFrau von orLeans<br />

Premieren-Abos<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

DO 23. September <strong>2010</strong><br />

SA 25. September <strong>2010</strong><br />

SA 9. Oktober <strong>2010</strong><br />

SA 4. Dezember <strong>2010</strong><br />

SA 29. Januar <strong>2011</strong><br />

SA 19. februar <strong>2011</strong><br />

SA 2. April <strong>2011</strong><br />

SA 28. Mai <strong>2011</strong><br />

SA 25. September <strong>2010</strong><br />

SO 26. September <strong>2010</strong><br />

SA 9. Oktober <strong>2010</strong><br />

fr 3. Dezember <strong>2010</strong><br />

SA 29. Januar <strong>2011</strong><br />

fr 25. März <strong>2011</strong><br />

SA 28. Mai <strong>2011</strong><br />

im Juni <strong>2011</strong><br />

8 Premieren<br />

208,00 €<br />

164,00 €<br />

120,00 €<br />

98,00 €


Werktags-Abonnements<br />

Machen Sie den Mittwoch oder den freitag zu Ihrem theatertag<br />

und sehen Sie von Ihrem festen Lieblingsplatz aus<br />

acht neuinszenierungen der laufenden Saison in <strong>Schauspielhaus</strong><br />

und Kammerspielen. Ihre Plätze sind Ihnen sicher<br />

– bei einer ermäßigung von bis zu 25%.<br />

Werktags-Abo 1: Mittwoch<br />

medea<br />

Faust<br />

Candide oder der optimismus<br />

oFt ist die natur<br />

niCht einmaL sChön<br />

kasimir und karoLine<br />

der sturm<br />

der FaLL des robert k.<br />

die Labdakiden<br />

Werktags-Abo 2: Freitag<br />

die Labdakiden<br />

eisenstein<br />

der sturm<br />

Faust<br />

Jimi bowatski hat<br />

kein sChamgeFühL<br />

amerika<br />

Cyrano de bergeraC<br />

die JungFrau von orLeans<br />

Werktags-Abo<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

5 x <strong>Schauspielhaus</strong> +<br />

3 x Kammerspiele<br />

145,20 €<br />

110,00 €<br />

74,80 €<br />

52,80 €<br />

ABOnneMentS<br />

MI 20. Oktober <strong>2010</strong><br />

MI 8. Dezember <strong>2010</strong><br />

MI 12. Januar <strong>2011</strong><br />

MI 2. februar <strong>2011</strong><br />

MI 16. März <strong>2011</strong><br />

MI 20. April <strong>2011</strong><br />

MI 18. Mai <strong>2011</strong><br />

MI 29. Juni <strong>2011</strong><br />

fr 15. Oktober <strong>2010</strong><br />

fr 17. Dezember <strong>2010</strong><br />

fr 14. Januar <strong>2011</strong><br />

fr 4. März <strong>2011</strong><br />

fr 1. April <strong>2011</strong><br />

fr 29. April <strong>2011</strong><br />

fr 3. Juni <strong>2011</strong><br />

fr 15. Juli <strong>2011</strong><br />

ermäßigt<br />

110,00 €<br />

83,60 €<br />

57,20 €<br />

44,00 €<br />

136<br />

Sonntagnachmittags-Abonnement<br />

Der vorstellungsbesuch am Abend ist Ihnen und Ihrer familie<br />

zu spät? Dann kommen Sie doch einfach Sonntagnachmittag<br />

ins theater! An fünf ausgewählten terminen<br />

sehen Sie jeweils um 17.00 uhr eine unserer neuinszenierungen<br />

in <strong>Schauspielhaus</strong> und Kammerspielen. Dabei<br />

sparen Sie bis zu 45% gegenüber den regulären eintrittspreisen<br />

und können Ihr Wochenende ganz entspannt ausklingen<br />

lassen.<br />

Candide oder der optimismus<br />

eisenstein<br />

Faust<br />

Cyrano de bergeraC<br />

die JungFrau von orLeans<br />

Sonntags-<br />

Abo<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

3 x <strong>Schauspielhaus</strong> +<br />

2 x Kammerspiele<br />

63,80 €<br />

47,30 €<br />

33,00 €<br />

27,50 €<br />

SO 31. Oktober <strong>2010</strong><br />

SO 9. Januar <strong>2010</strong><br />

SO 6. februar <strong>2010</strong><br />

SO 17. April <strong>2011</strong><br />

SO 3. Juli <strong>2011</strong><br />

ermäßigt<br />

27,50 €<br />

27,50 €<br />

27,50 €<br />

27,50 €


6 Richtige: Das Revier-Abo<br />

für Schauspiel-Liebhaber, die auch gern in die Oper gehen,<br />

haben wir ein besonderes vorstellungspaket für Sie<br />

geschnürt, mit dem wir die alte verbundenheit mit dem<br />

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen wieder aufleben<br />

lassen. Kommen Sie bei dem neuen städteübergreifenden<br />

fest-Abo jeweils donnerstags zu drei theatervorstellungen<br />

ins <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und zu drei Opern ins Musiktheater<br />

im revier.<br />

ge: meFisto<br />

bo: Candide oder<br />

der optimismus<br />

ge: anatevka<br />

bo: der sturm<br />

ge: Zar und Zimmermann<br />

bo: Cyrano de bergeraC<br />

6 Richtige:<br />

Das Revier-Abo<br />

Preisgruppe 1<br />

Preisgruppe 2<br />

Preisgruppe 3<br />

Preisgruppe 4<br />

DO 11. november <strong>2010</strong><br />

DO 3. februar <strong>2011</strong><br />

DO 3. März <strong>2011</strong><br />

DO 14. April <strong>2011</strong><br />

DO 12. Mai <strong>2011</strong><br />

DO 30. Juni <strong>2011</strong><br />

3 x <strong>Schauspielhaus</strong> +<br />

3 x Musiktheater im Revier<br />

140,00 €<br />

120,00 €<br />

100,00 €<br />

-<br />

ABOnneMentS<br />

Abo-Bedingungen<br />

Vertrag<br />

Mit der Bestellung eines Abonnements und der Zusendung<br />

der Abo-Unterlagen wird ein rechtsgültiger Vertrag zwischen<br />

Ihnen und dem <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> geschlossen. Bitte<br />

teilen Sie uns Änderungen Ihrer Adresse oder Telefonnummer<br />

mit, damit der Monatsspielplan und andere Informationen Sie<br />

ohne Verzögerung erreichen.<br />

Bezahlung<br />

Bar, mit EC- oder Kreditkarte im Abo-Büro. Für eine besonders<br />

komfortable Abwicklung bieten wir unseren Abonnenten das<br />

Lastschrifteinzugsverfahren an.<br />

Fristen<br />

Ihr Abonnement verlängert sich automatisch um eine weitere<br />

Spielzeit, sofern der Vertrag nicht von einem der beiden Vertragspartner<br />

bis spätestens 15. Juni der laufenden Spielzeit<br />

schriftlich gekündigt wird.<br />

Hinweise<br />

Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> behält sich vor, bei Premieren<br />

und bei Vorstellungen mit großer Nachfrage pro Wahl-Abo nur<br />

zwei Gutscheine einzulösen. Wahl-Abo-Gutscheine sind nicht<br />

in die folgende Spielzeit übertragbar, ein Ersatz bei Verlust der<br />

Gutscheine ist nicht möglich.<br />

Im Rahmen der Fest-Abo-Bestellung wird das <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong> alles unternehmen, die durch den Abonnenten<br />

getroffene Platzwahl einzuhalten. Es hat aus künstlerischen<br />

und/oder organisatorischen Gründen allerdings das Recht,<br />

kurzfristig Platzänderungen oder Änderungen der Spielstätte<br />

vorzunehmen, Abonnement-Vorstellungen auf einen anderen<br />

Termin zu verlegen oder das vorgesehene Programm zu ändern.<br />

Bei Ausfall einer Vorstellung durch Streik oder höhere Gewalt<br />

hat der Abonnent keinen Anspruch auf eine Ersatzleistung.<br />

Dies gilt ebenso bei Versäumnis einer Vorstellung.<br />

Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des<br />

<strong>Schauspielhaus</strong>es <strong>Bochum</strong>.<br />

Änderungen vorbehalten.<br />

137


iNFos<br />

InfOS unD AnreISe<br />

Ihr Besuch im<br />

<strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong><br />

„<strong>Boropa</strong>“ – Das Magazin<br />

unser Spielzeit-Magazin informiert Sie über die geplanten<br />

Premieren der Saison und erscheint einmal jährlich zur<br />

vorstellung des kommenden Spielplans im frühjahr.<br />

Spielplan<br />

Der Monatspielplan mit allen terminen des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />

<strong>Bochum</strong> erscheint zu Beginn des vormonats und<br />

liegt an der theaterkasse, in unseren Spielstätten und an<br />

vielen weiteren Orten in <strong>Bochum</strong> und umgebung für Sie<br />

aus. Auf Wunsch schicken wir Ihnen den Monatsspielplan<br />

auch zu. Eine Download-Version finden Sie im Internet<br />

unter www.schauspielhausbochum.de<br />

Theaterzeitung<br />

Die neue theaterzeitung von <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und<br />

dem Musiktheater im revier Gelsenkirchen liegt ab Herbst<br />

<strong>2010</strong> monatlich als Beilage der WAZ bei und natürlich<br />

auch an der theaterkasse.<br />

Website<br />

Auf www.schauspielhausbochum.de finden Sie aktuelle<br />

Änderungen und alle Infos zum <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>,<br />

zum Spielplan, den Schauspielern, regisseuren und ihren<br />

Inszenierungen. Hier können Sie auch online Ihre Karten<br />

für die vorstellungen kaufen.<br />

Programmhefte<br />

Die Programmhefte unserer aktuellen Inszenierungen<br />

sind zu den vorstellungen und nach der Premiere auch an<br />

der theaterkasse erhältlich.<br />

138<br />

aNReise<br />

ESSEN<br />

Dorstener Str.<br />

Alleestraße<br />

BAHN<br />

A40<br />

BOCHUM<br />

S<br />

Haltestelle<br />

Ehrenfeld<br />

Hattinger Str.<br />

Mit dem Auto<br />

Das <strong>Bochum</strong>er <strong>Schauspielhaus</strong> befindet sich in der südlichen<br />

<strong>Bochum</strong>er Innenstadt und ist von den Autobahnen<br />

A40 und A43 in wenigen Minuten zu erreichen.<br />

eine detaillierte Anfahrtsbeschreibung finden Sie unter<br />

www.schauspielhausbochum.de.<br />

Die Zieladresse für Ihr navigationsgerät:<br />

Königsallee 15, 44789 <strong>Bochum</strong><br />

Westring<br />

Herner Str.<br />

Anschlusssstelle<br />

<strong>Bochum</strong>-Zentrum<br />

Südring<br />

Der Melanchthonsaal liegt ebenfalls an der Königsallee<br />

und ist nur wenige Meter vom <strong>Schauspielhaus</strong> entfernt:<br />

Königsallee 40, 44789 <strong>Bochum</strong><br />

Parken<br />

Parkhaus am <strong>Schauspielhaus</strong> (P9, Zufahrt Königsallee)<br />

zum Pauschalpreis von 3,00 euro.<br />

Mit Bus und Bahn<br />

Zur Haltestelle „<strong>Schauspielhaus</strong>“ gelangen Sie mit den<br />

Buslinien SB 37, Ce 31, 353, 354 und 365, den nachtexpresslinien<br />

ne 4 und ne 5 sowie den u-Bahnlinien 308<br />

und 318. Alle Linien fahren über den <strong>Bochum</strong>er Hauptbahnhof.<br />

Planung über www.vrr.de.<br />

Barrierefreiheit<br />

Im <strong>Schauspielhaus</strong> stehen Ihnen zwei rollstuhlplätze zur<br />

verfügung (3. reihe, links außen). Wir bitten um rechtzeitige<br />

reservierung. um barrierefrei zu Ihren Plätzen zu<br />

gelangen, nutzen Sie bitte die rampe am Haupteingang.<br />

Behindertengerechte WC-Anlagen befinden sich im Erdgeschoss<br />

links. Leider sind die weiteren Spielstätten bislang<br />

noch nicht barrierefrei erreichbar. Gemeinsam mit den<br />

Politikern und der verwaltung der Stadt <strong>Bochum</strong> arbeiten<br />

wir an einer verbesserung der Zugangsmöglichkeiten.<br />

Bergstr.<br />

INNENSTADT<br />

Königsallee<br />

U<br />

Ostring<br />

Universitätsstr.<br />

Oskar-Hoffmann-Str.<br />

HBF<br />

U<br />

SCHAUSPIELHAUS<br />

BOCHUM<br />

A40<br />

BAHN<br />

BAHN<br />

Wittener Str.<br />

Stadionring<br />

Castroper Str.<br />

DORTMUND


GasTRoNomie<br />

Tanas<br />

Die Speisekammer im <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong><br />

Öffnungszeiten:<br />

MO – fr 12.00 – 14.30 uhr (Mittagstisch)<br />

MO – SA 18.00 – 1.00 uhr<br />

SO 17.00 – 1.00 uhr<br />

Abends geschlossen, wenn sowohl im <strong>Schauspielhaus</strong>, im<br />

theater unten als auch in den Kammerspielen keine vorstellung<br />

stattfindet.<br />

reservierungen:<br />

tel.: 0234 / 33 33 54 44<br />

Eve Bar<br />

Cocktail Lounge<br />

Öffnungszeiten:<br />

DO – SA 21.00 – 3.00 uhr<br />

und vor feiertagen<br />

www.evebar.de<br />

Foyers<br />

Wir bieten Ihnen an drei tresen vor vorstellungsbeginn<br />

und in der Pause kleine Snacks sowie eine breit gefächerte<br />

Getränkeauswahl an.<br />

TheaTeRFühRuNGeN<br />

Werfen Sie einen interessanten Blick hinter die Kulissen!<br />

Die kostenlosen Führungen finden in der Regel einmal im<br />

Monat an einem Sonntag statt, termine entnehmen Sie<br />

bitte unserem Monatsspielplan.<br />

Anmeldung bei Beatrix feldmann:<br />

MO – DO 10.00 – 12.00 uhr<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 48<br />

e-Mail: bfeldmann@bochum.de<br />

Zu GasT iN bochum<br />

Informationen über die Stadt <strong>Bochum</strong>, Übernachtungsmöglichkeiten,<br />

Stadtführungen und viele weitere Angebote<br />

rund um Ihren Aufenthalt in <strong>Bochum</strong> erhalten Sie bei der<br />

<strong>Bochum</strong> touristinfo, Huestraße 9, 44787 <strong>Bochum</strong><br />

tel.: 01805 / 26 02 34 (14ct/Min. aus dem dt. festnetz)<br />

e-Mail: info@bochum-tourismus.de<br />

www.bochum-tourismus.de<br />

FRaGeN, aNReGuNGeN, KRiTiK?<br />

Wir freuen uns über Ihre nachrichten und Ihr feedback.<br />

e-Mail: schauspielhaus@bochum.de<br />

139<br />

Vorhang auf<br />

für Reiselust.<br />

Was die hohe Kunst des Bühnenschauspiels<br />

mit Reisen verbindet? Beide erfreuen den<br />

Geist und bereichern die Seele. Deshalb<br />

arbeiten wir ständig an aufregenden Inszenierungen<br />

für Ihre Reiselust. Ganz gleich, wie<br />

Ihre Wünsche und Ansprüche an individuellen<br />

Urlaub sind. Als Vollsortimenter können Sie<br />

bei uns jede Reise, jede Airline und jeden<br />

Veranstalter buchen. Beliebt sind unsere<br />

Honeymoon-Angebote mit Romantik pur<br />

und Erlebnissen, die zu Herzen gehen.<br />

Und wie man Geschäftsreisende mit einem<br />

perfekten Service glücklich macht, wissen<br />

unsere eingespielten Teams aus langer<br />

Erfahrung. Welche Traumziele und Traumstrände<br />

auf unserem tagesaktuellen Reiseplan<br />

stehen, rezitieren wir gerne in einem<br />

persönlichen Gespräch. Besuchen Sie uns<br />

und genießen Sie eine ganz persönliche<br />

Beratung. Von Menschen, die sich fürs<br />

Reisen begeistern.<br />

Kortumstraße 37<br />

44787 <strong>Bochum</strong><br />

Tel. 02 34-9 61 80 0<br />

Fax 02 34-9 61 80 30<br />

info@lcc-bochum.de<br />

www.lcc-bochum.de<br />

Reiselust spürbar nah.


Kontakt<br />

schauspielhaus bochum<br />

Anstalt des öffentlichen rechts<br />

Königsallee 15<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

tel.: 0234 / 33 33 -0 (Zentrale)<br />

Theaterkasse<br />

Oskar-Hoffmann-Straße 26 / ecke Hans-Schalla Platz<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

tel.: 0234 / 33 33 55 55<br />

fax: 0234 / 33 33 55 12<br />

e-Mail: tickets@schauspielhausbochum.de<br />

Abo-Büro<br />

Oskar-Hoffmann-Straße 26 / ecke Hans-Schalla Platz<br />

44789 <strong>Bochum</strong><br />

tel.: 0234 / 33 33 55 -40 oder -49<br />

fax: 0234 / 32 55 957<br />

e-Mail: abo@schauspielhausbochum.de<br />

Intendanz<br />

Anselm Weber<br />

Persönliche Mitarbeiterin: Tonia Tilch<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 20<br />

fax: 0234 / 33 33 55 21<br />

e-Mail: ttilch@bochum.de<br />

Kaufmännischer Direktor<br />

Rolf D. Suhl<br />

Persönliche referentin: Anne Rockenfeller<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 30<br />

fax: 0234 / 33 33 55 21<br />

e-Mail: arockenfeller@bochum.de<br />

KOntAKt<br />

140<br />

Kommunikation<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

Christine Hoenmanns<br />

tel.: 0234 / 33 33 55 23<br />

fax: 0234 / 33 33 54 37<br />

e-Mail: choenmanns@bochum.de<br />

Marketing und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

Janna Balke<br />

tel.: 0234 / 33 33 54 35<br />

fax: 0234 / 33 33 54 37<br />

e-Mail: jbalke@bochum.de<br />

Dramaturgie<br />

Assistenz: Sascha Kölzow<br />

tel.: 0234 / 33 33 54 38<br />

fax: 0234 / 33 33 55 19<br />

e-Mail: schauspielhaus@bochum.de<br />

Junges <strong>Schauspielhaus</strong><br />

Martina van Boxen, Sandra Anklam<br />

tel.: 0234 / 33 33 -54 28 oder -55 28<br />

fax: 0234 / 33 33 54 24<br />

e-Mail: jungesschauspielhaus@bochum.de


DAS JUNGE<br />

OPERNHAUS<br />

IM REVIER


www.boropa.de<br />

Willkommen in<br />

Weltexperimen


der<br />

tiermaschine


IMpRESSUM<br />

IMpRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> AöR<br />

Intendant:<br />

Anselm Weber<br />

KaufmännIscHer dIreKtor:<br />

Rolf D. Suhl<br />

redaKtIon:<br />

Thomas Laue (verantwortlich), Anna Haas, Sascha Kölzow,<br />

Olaf Kröck, Sabine Reich (Dramaturgie <strong>Schauspielhaus</strong><br />

<strong>Bochum</strong>); Janna Balke, Christine Hoenmanns (Kommunikation<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>)<br />

autoren:<br />

David Bösch, Nuran David Calis, Mustapha Cherif, Ranjit<br />

Hoskote, Roman Pawłowski, Sahika Tekand, Roger Vontobel,<br />

Dries Verhoeven, Arnd Wesemann<br />

fotos und IllustratIonen:<br />

siehe rechts<br />

WeItere fotos:<br />

David Bösch, Leonie Droste, Emanuel Hauptmann, Harald<br />

Hoffmann, Zhang Huan, Andrea Huber, Birgit Hupfeld,<br />

Rainer Kzonsek, Jannes Linders, Catrin Mackowski,<br />

Martin Steffen, Stefania Tosi<br />

redaKtIonsadresse:<br />

<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong>, Kommunikation,<br />

Königsallee 15, 44789 <strong>Bochum</strong>; www.boropa.de<br />

anzeIgen:<br />

Rolf D. Suhl, Janna Balke (jbalke@bochum.de,<br />

Tel.: 0234 / 33 33 54 35)<br />

desIgn:<br />

Scheer Werbeagentur, www.scheer.tv<br />

creatIVe dIrector:<br />

Stefan Scheer<br />

layout:<br />

Svenja Blasberg, Christian Frenssen, Mycha Schekalla<br />

lItHografIe:<br />

purpur<br />

Wolfgang Herrig e. K.<br />

drucK:<br />

NEEF + STUMME premium printing GmbH & Co. KG<br />

ausgabe 1<br />

auflage 30.000<br />

erscHeInungstermIn:<br />

21. Mai <strong>2010</strong><br />

redaKtIonsscHluss:<br />

12. April <strong>2010</strong><br />

Spielplanänderungen vorbehalten<br />

144<br />

fotografen, grafIKer und<br />

Illustratoren dIeser ausgabe:<br />

svenja blasberg<br />

glaubt wirklich daran, dass die Welt mit<br />

gutem Magazindesign ein besserer Ort<br />

werden kann.<br />

lars Hillen<br />

fotografiert schöne Menschen und macht<br />

aus ihnen Ikonen einer längst vergessenen<br />

Zukunft.<br />

annika Kep<br />

zeichnet mit liebevoller Feder die unerhörtesten<br />

Dinge (die man leider nicht überall<br />

abdrucken kann).<br />

diana Küster<br />

ist Fotografin, macht neben Theaterfotografie<br />

auch Stand-, Dokumentar-, und Porträtfotografie.<br />

Philipp lemm<br />

war in einem früheren Leben Tätowierer.<br />

Heute ist er Illustrator. Und in seinem<br />

nächsten Leben wird er Tierschützer.<br />

christian rolfes<br />

hat sehr selten schlechte Laune. Das überträgt<br />

sich auf seine Models, Bilder und<br />

schließlich deren Betrachter.<br />

mycha schekalla<br />

fotografiert mit den seltsamsten Kameras<br />

der Welt. Und wenn das nicht reicht, baut<br />

er sie auch selbst.<br />

ugur taskin<br />

kommt aus Essen und befasst sich in seinen<br />

Arbeiten unter anderem mit visueller Kultur.<br />

Harry Weber<br />

ist Fotograf und leidenschaftlicher <strong>Bochum</strong>er<br />

auf geheimer Mission in Berlin.<br />

thomas Wellmann<br />

zeichnet einen Strich und versetzt die Welt<br />

ins Staunen.<br />

nils-Hendrik zündorf<br />

fotografiert Orte so, wie Andere Menschen<br />

fotografieren und andersrum.


www.<strong>Boropa</strong>.dE

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