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Seite 1<br />

Zum Geleit (Yehudi Menuhin)<br />

Vorwort (John A. Osmundsen)<br />

Einführender Überblick (Manfred Clynes)<br />

Einleitung<br />

Teil I<br />

SENTISCHE ZUSTÄNDE: EINE UNIVERSALE<br />

BASIS DES MENSCHSEINS<br />

1. Erfahrungsqualitäten<br />

„Rot“ als Beispiel für eine Erfahrungsqualität<br />

Identität und Wiedererkennen<br />

Qualitäten lebender Formen<br />

2. Emotionen<br />

Einführung in die sentische Theorie<br />

3. Die Aktontheorie<br />

Das Akton<br />

Erzeugen sentischer Zustände durch Wiederholen<br />

von A-Aktons<br />

4. Das Messen sentischer Formen, der biologischen<br />

Basis der Kommunikation von Emotionen<br />

Zorn<br />

Haß<br />

Kummer<br />

Liebe<br />

Sex<br />

Freude<br />

Ehrfurcht<br />

5. Sind sentische Formen kulturell bedingt?<br />

„Verallgemeinerte“ Emotionen hervorrufen<br />

Untersuchung der sentischen Formen<br />

unterschiedlicher Kulturen<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

© VAK


Seite 2<br />

6. Die kommunikative Kraft der sentischen Formen und<br />

ihre mathematische Darstellung<br />

Die mathematische Gleichung sentischer Formen<br />

7. Hervorbringen und Erkennen sentischer Formen –<br />

Mitgefühl und Einfühlung<br />

Das Hervorbringen sentischer Formen<br />

Das Wahrnehmen sentischer Formen<br />

Die Präzision der Wahrnehmung sentischer Formen<br />

Vom Vorrang der sentischen Form gegenüber<br />

anderer Sinneswahrnehmung<br />

Mitfühlen und Einfühlen<br />

8. Musik und Sentik: Musik als sentischer Spiegel<br />

Die sentischen Grundlagen der Musik<br />

Eine biologische Basis für musikalische Begabung<br />

Sentische Formen und die Dynamik des<br />

musikalischen Ausdrucks<br />

Musikalische Notierung und innere Aufrichtigkeit<br />

Erwartung, Erfüllung und Ausführung<br />

Die Sichtweise des Komponisten<br />

Der Quantensprung der Identifizierung in<br />

Beethovens Spätwerk<br />

Die Ausführungsgenauigkeit in der musikalischen<br />

Darbietung<br />

Das Messen der inneren Pulsformen der Musik<br />

Teil II<br />

SENTISCHE ZYKLEN, PERSÖNLICHE<br />

ANWENDUNGEN UND ERWEITERUNGEN DER<br />

SENTISCHEN THEORIE<br />

9. Sentische Zyklen und ihre verwandelnde Kraft<br />

Was sind sentische Zyklen?<br />

Wie die sentischen Zyklen entdeckt wurden<br />

Die therapeutischen Wirkungen sentischer Zyklen<br />

Sentische Zyklen und die Befriedigung innerer Triebe<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 3<br />

Sentische Zyklen und Aggression<br />

Persönliche Erfahrungsberichte über die<br />

sentischen Zyklen<br />

Sentische Zyklen und psychosomatischer Streß<br />

Langzeitwirkungen des Praktizierens sentischer<br />

Zyklen<br />

10. Das Wesen der sentischen Erfahrung: Weitere<br />

Ausarbeitungen zur sentischen Theorie<br />

Befriedigung<br />

Die sentische Theorie und Freud<br />

Kognitive Aspekte verallgemeinerter Emotionen<br />

Sentische Nachbilder<br />

Virtuelle Körperbilder<br />

Die elektrische Gehirnaktivität in Zusammenhang<br />

mit sentischen Zuständen<br />

Ein objektives sentisches Maß für Intensität<br />

Eine Vorhersage der Akton-Theorie: Blockieren<br />

phasenversetzter A-Aktons<br />

11. Sentographie und Beziehungsprofile<br />

Messen und Interpretieren eines Beziehungsprofils<br />

„Gemischte“ Ausdruck-Aktons<br />

Teil III<br />

DIE SENTIK, DAS INDIVIDUUM UND DIE<br />

GESELLSCHAFT<br />

12. Sentische Formen und die Umwandlung der<br />

Energiequellen<br />

Im Gedächtnis gespeicherte Emotionen<br />

Sentische Formen in Träumen<br />

Biologische Aspekte der Befriedigung durch<br />

Ausdrücken<br />

Sexuelle Befriedigung und Beziehungs-Idiologe<br />

Aggressivität, Friede und Energie<br />

13. Die Sentik und die Quellen der Ethik<br />

Die sentische Quelle des ethischen Impulses<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 4<br />

Die soziale Bedeutsamkeit der Sentik<br />

Beziehungs-Idiologe und Ethik<br />

Sentische „Nahrung“ und unsere Umgebung<br />

Das sentische Prinzip der Nichtaustauschbarkeit<br />

von Individuen<br />

14. Die Sentik und die Raumfahrt<br />

Pflege der emotionalen Gesundheit im Weltraum<br />

Veränderung der Schwerkraft – Veränderung<br />

der Emotionen<br />

15. Die Sentik und die natürliche Ordnung: Die Evolution<br />

sentischer Zustände und die Entstehung neuer<br />

Ideen<br />

Die Existenzweise der Emotionen<br />

Die Evolution sentischer Zustände<br />

Die Quelle der Ordnung im Prozeß der Phantasie, in<br />

der Evolution von Ideen: „aprien sein“<br />

16. Die neue Form von Lachen – eine Voraussage der<br />

sentischen Theorie<br />

Wie das Lachen hervorgerufen wird<br />

Die neue Ausdrucksform des Lachens<br />

Nachwort<br />

ANHANG<br />

Anhang 1: Biologische Konstruktionsprinzipien der<br />

sentischen Kommunikation<br />

Anhang 2: Sentische Fachbegriffe<br />

Anhang 3: Mathematische Erläuterungen<br />

Anhang 4: Beispiele sentischer Musikanalyse<br />

Anhang 5: Quellenverzeichnis und ausgewählte weitere<br />

Literatur<br />

Anhang 6: Veröffentlichungen des Autors nach 1977<br />

Anhang 7: Stichwortverzeichnis<br />

Über den Autor<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Zum Geleit<br />

Seite 5<br />

Dr. Manfred Clynes hat es geschafft, Emotionen, Gefühle und<br />

ihre Kommunikation graphisch darstellbar zu machen, so daß<br />

sie nun analysierbar, meßbar und infolgedessen für die<br />

Wissenschaft respektabel sind. Das ist eine große Leistung.<br />

Emotionen und Gefühle sind die persönlichsten,<br />

elementarsten und mächtigsten Antriebskräfte des Menschen.<br />

Bisher im Reich der Mutmaßungen gefangen und Gegenstand<br />

mehr oder minder verläßlicher Hypothesen, die allesamt im<br />

Dunkeln tappten, können wir die Emotionen nun<br />

wissenschaftlich untersuchen und ihnen gleichzeitig mit<br />

Respekt und Mitgefühl begegnen. Es liegt auf der Hand, daß<br />

nur ein Musiker diesen außergewöhnlichen Durchbruch<br />

schaffen konnte: Dr. Clynes ist ein geachteter Konzertpianist,<br />

ein Wissenschaftler, der in seinem Herzen Musiker geblieben<br />

ist. Die bildende Kunst hat mit konkreten Darstellungen in<br />

Zeichnung und Gemälde unser Verständnis des menschlichen<br />

Körpers und unserer Anatomie erweitert. In ähnlicher Weise<br />

ist die Musik, ganz gleich ob als reine Musik oder als die<br />

Musik der Sprache und des Tanzes, die einzig wahre<br />

Offenbarung des emotionalen Empfindens. Wunder können<br />

geschehen, wenn sich die Musik, wie in der Person von<br />

Manfred Clynes, mit scharfem Verstand und<br />

wissenschaftlicher Einsicht paart.<br />

Dr. Clynes` Beitrag zum Verständnis der Wechselbeziehung<br />

der Emotionen mit unserem geradezu schreienden Bedürfnis<br />

nach persönlichem Ausdruck und der Läuterung unseres<br />

Bewußtseins und unserer Seele werfen auch ein neues Licht<br />

auf den gesunden Lebenssinn unserer Stammesvorfahren und<br />

ihrer Spiele, Gesten und mündlichen Überlieferungen. Unsere<br />

Vorfahren wußten noch um die ungeheure Bedeutung von<br />

Klang und Berührung. Sein Geschenk an die Menschheit wird<br />

vielleicht eine wichtige Aufgabe erfüllen: Es kann uns zu<br />

einem ausgeglicheneren Dasein verhelfen, zu einer<br />

koordinierten und wechselseitigen Stärkung von Geist und<br />

Herz. Möglicherweise wird es uns größere Harmonie und<br />

weniger Kriege bescheren. Ich heiße die sentische<br />

Wissenschaft willkommen, denn endlich hat der Gott der<br />

Liebe das Gewand der Wissenschaft angelegt, um uns zum<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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wahrhaft Menschlichen zu geleiten. Dies ist ein großer Schritt<br />

voran, weil wir uns wahrscheinlich nur über die Wissenschaft<br />

wiederfinden können. Da wir unsere Intuition, unser Gefühl<br />

und unser Gewissen verloren haben und unseren Verstand<br />

zumeist nur dazu mißbrauchen, unsere Brutalität effizienter zu<br />

machen, ist die Wissenschaft der einzige Weg, den wir noch<br />

anerkennen.<br />

Ein jedes Ding kann für gute wie für schlechte Zwecke<br />

eingespannt werden. Deswegen wünsche und bete ich, daß<br />

diese neue Wissenschaft nur guten, mitfühlenden und<br />

gesunden Zielen dienen möge.<br />

Einführender Überblick<br />

Yehudi Menuhin<br />

New York<br />

Dieses Buch untersucht die Kommunikation von Emotionen<br />

und Gefühlen, eine Aufgabe, die die Natur − wie wir<br />

gegenwärtig zu unserer Verblüffung feststellen − auf elegante<br />

und gleichzeitig „un-denkbar“ einfache Weise gelöst hat. Die<br />

„sentische Wissenschaft“ oder „Sentik“ läßt uns entdecken,<br />

wie die von der Natur vorgegebenen dynamischen<br />

Kommunikationsformen im Menschen exakt und machtvoll<br />

wirken.<br />

Der westliche Mensch führt sich schon seit vielen<br />

Jahrhunderten wie ein beklommener Gast in der Natur auf.<br />

Bei seinem Bemühen um die Entschlüsselung der natürlichen<br />

Ordnung stellte er sich außerhalb dieser Ordnung. Er verharrte<br />

in der Position des Beobachters, wenn auch nicht immer<br />

leidenschaftslos. Infolgedessen konnte er seine Emotionen,<br />

Gefühle und Leidenschaften nicht in diese Ordnung<br />

integrieren; er mußte sie statt dessen als<br />

Sekundärerscheinungen betrachten. Die existentiellen<br />

Eigenheiten der Emotionen und Gefühle ließen sich nicht mit<br />

den Eigenschaften von Atomen und Molekülen vergleichen,<br />

denn allem Augenschein nach gehörten sie nicht als<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 7<br />

eigenständige Wesenheiten zur Welt. Viele Psychologen<br />

bezweifelten (und bezweifeln noch) ihre Existenz, da man<br />

eine Emotion nicht exakt da oder dort lokalisieren kann.<br />

Spinoza hingegen betrachtete die Gefühle als Teil der Natur.<br />

Für ihn waren sie mit dem gleichen Interesse und der gleichen<br />

Freude zu betrachten wie andere Naturerscheinungen. Um die<br />

Menschheit von Aberglauben und Vorurteilen zu befreien,<br />

achteten spätere Jahrhunderte auf eine strenge Trennung in<br />

der Wirklichkeitsschau des westlichen Menschen, das heißt<br />

man unterschied zunehmend zwischen dem Objektiven und<br />

dem Subjektiven. Als diese Trennung schließlich so gut wie<br />

perfekt war, entdeckte der Mensch aber den Preis für den<br />

schmerzlichen Keil, den er in sein Dasein getrieben hatte –<br />

einen Keil, der ihn von sich selbst nicht weniger entfremdet<br />

als von seinen Mitwesen und seiner natürlichen Umwelt.<br />

Die in unserem Buch beschriebenen Forschungsarbeiten<br />

können einen wichtigen Beitrag leisten: als Hilfe, die<br />

gespaltene Natur des Menschen wiederzuvereinen. Die<br />

Forschungsarbeiten der sich entwickelnden „sentischen<br />

Wissenschaft“ lassen uns die schlichte Eleganz des uns<br />

innewohnenden Bauplanes der Natur entdecken. Sie<br />

erforschen die genetisch programmierten, dynamischen<br />

Formen des emotionalen Ausdrucks. Wir erkennen plötzlich<br />

ein neues Zugehörigkeitsgefühl zur Natur und neue<br />

geschwisterliche Bande zwischen uns, wenn die Erfahrung<br />

uns lehrt, wie Emotionen und Gefühle exakt in der natürlichen<br />

Ordnung fundiert sind und wie die Schlüssel zur<br />

Kommunikation von Gefühlen nach bestimmten Gesetzen<br />

geformt sind. Die „Sentik“ enthüllt die allen Menschen<br />

gemeinsame, natürliche Basis der Kommunikation von<br />

Emotionen.<br />

In den folgenden Kapiteln werden wir die für jede Emotion<br />

charakteristischen dynamischen Formen beschreiben und sie<br />

von nun an als „sentische Formen“ bezeichnen. Sie wirken<br />

wie Schlüssel, die die Schlösser unseres Nervensystems<br />

öffnen. Mit Hilfe dieser expressiven Raum-Zeit-Formen<br />

berühren die Menschen einander emotional. Sie sind von<br />

grundlegender Bedeutung – so grundlegend, daß wir ohne sie<br />

in emotionaler Isolation leben müßten. Das heißt aber: Die<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 8<br />

Natur selbst hat für die Kommunikation von Emotionen und<br />

deren Übertragung zwischen Individuen gesorgt; sie hat diese<br />

Kommunikationsbrücke mit exakten räumlich-zeitlichen<br />

Formen ausgestattet, welche genetisch nicht weniger<br />

spezifisch angelegt sind als die Form der Niere. Das<br />

vorliegende Buch schildert, wie diese elementaren<br />

biologischen Formen entdeckt wurden.<br />

Zur Messung der sentischen Formen waren neue Instrumente<br />

notwendig: Die sogenannten Sentographen wurden<br />

entwickelt. Mit ihrer Hilfe lassen sich nun erstens die exakte<br />

Natur sentischer Formen bestimmen und zweitens Aspekte der<br />

Persönlichkeit diagnostizieren. In Kapitel 4 werden wir die<br />

Anwendungsmethoden des Sentographen zur Messung<br />

emotionalen Ausdrucks ausführlich beschreiben, und in<br />

Kapitel 11 legen wir dar, wie der Sentograph dazu beitragen<br />

kann, unsere emotionale Beziehung zu Schlüsselfiguren<br />

unseres Lebens und zu unserer Umwelt offenzulegen.<br />

Sentische Formen als solche sind keine einzigartigen<br />

Merkmale eines Individuums − ihre persönliche Ausprägung<br />

drückt sich im Wann und Wie ihres Einsatzes aus. Die<br />

sentischen Formen repräsentieren die natürlichen „Worte“ für<br />

die Kommunikation von Emotionen, „Worte“, die es schon<br />

lange vor dem verbalen Ausdrucksvermögen gab. Einige<br />

davon haben wir mit den Tieren gemeinsam. Wie ein Kind<br />

versteht ein Hund zum Beispiel sehr häufig den Ton unserer<br />

Stimme. Diese Worte nun versuchen wir mit unserer<br />

Darstellung aufmerksam und liebevoll zu betrachten, um<br />

einen kleinen Einblick in ihre Feinheiten und in ihre<br />

Wirkungsgesetze zu gewinnen.<br />

Die kommunikative Wirksamkeit aller „Worte“ sentischer<br />

Natur − sie können sich in jeglicher expressiven Geste oder<br />

Handlung wie Lachen, Schulterklopfen oder in wutverzerrten<br />

Grimassen ausdrücken − hängt von ihrer Übereinstimmung<br />

mit der jeweils zugrundeliegenden Form ab. Die Frage lautet<br />

demnach: Wie im einzelnen tauschen Menschen<br />

Erfahrungsqualitäten aus? Wollen wir eine biologische<br />

Antwort auf diese Frage finden, müssen wir die<br />

Wirkungskraft emotionaler Kommunikation zwangsläufig in<br />

neue mathematische Gleichungen fassen. Seit vielen tausend<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 9<br />

Jahren haben Künstler sich der bemerkenswerten Macht der<br />

genau verwirklichten Form bedient, um Emotionen und<br />

Qualitäten zu erzeugen und mitzuteilen. Neu an unserem<br />

Ansatz ist die Erforschung der biologischen Grundlagen und<br />

Gesetze. Die experimentelle Isolierung reiner sentischer<br />

Formen legt Wurzeln jener Kräfte frei.<br />

Psychoanalyse und traditionelle Psychologie haben sich, wenn<br />

überhaupt, nur am Rande mit der neurophysiologischen<br />

Funktion dieser Formen für das Kommunizieren und<br />

Hervorrufen von Gefühlen beschäftigt. Bisher hat keine<br />

Wissenschaft die biologischen und dynamischen Funktionen<br />

sentischer Formen systematisch untersucht, nicht die<br />

Psychoanalyse, nicht die Psychologie und auch nicht die<br />

Psychiatrie, obwohl die Untersuchung eben dieser Funktionen<br />

zu therapeutisch nutzbaren Methoden führt. Der Mensch kann<br />

sich durch das wiederholte Ausdrücken sentischer Formen im<br />

Einklang mit ihrem biologisch bedingten zeitlichen Verlauf<br />

präventiv und normativ besser steuern und dabei bestimmte<br />

Emotionen in sich erwecken und erfahren. Eine solche<br />

Methode befähigt ihn, faktisch mit dem Gesamtspektrum<br />

seiner Gefühle in Berührung zu kommen, auf eine Weise, die<br />

ihm diese kontrollierbar macht. In Teil 2 dieses Buches<br />

werden wir deshalb die Entdeckung und Entwicklung der<br />

„sentischen Zyklen“ beschreiben, welche uns in jeweils<br />

halbstündigen Sitzungen mit sieben elementaren Gefühlen in<br />

Berührung kommen lassen, und zwar in einer bestimmten<br />

Reihenfolge. Das Praktizieren dieser aktiven Form der<br />

Meditation führt bei den meisten Menschen zu einem Gefühl<br />

des Friedens, steigert die emotionale Flexibilität, setzt<br />

blockierte Emotionen frei und hat darüber hinaus noch andere<br />

heilsame Wirkungen. Unter ihrem Einfluß fühlen wir uns<br />

tiefer im inneren Selbst verwurzelt. Die buddhistische Praxis<br />

der Kontemplation von Gefühlen vermittelt eine Vorahnung<br />

dieser Erfahrung. Therapeuten können sich ihrer bei der<br />

Arbeit mit Klienten bedienen: als Fenster zum Einblick in die<br />

Persönlichkeitsstruktur, als Medium zur unmittelbaren<br />

emotionalen Erfahrung und als Zugangsweg zum inneren<br />

Frieden.<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 10<br />

Wie paßt die Übung der sentischen Zyklen und der sentischen<br />

Schulung zu anderen Therapieformen? Die Theorie der<br />

Psychoanalyse scheint gegenwärtig so in sich geschlossen zu<br />

sein, daß sie kaum eine zur sentischen Theorie passende<br />

systematische Erweiterung zuläßt. Man kann nur hoffen, daß<br />

sich ein Weg finden läßt, der sich zur Integration dieser<br />

beiden Denksysteme eignet. Die Jungsche Vorstellung der<br />

Archetypen mag eine Brücke schlagen, zumindest partiell.<br />

Außerdem stimmen die Befunde und Theorien der Sentik mit<br />

vielen aus der Gestaltpsychologie und -therapie überein. Wer<br />

in seiner therapeutischen Praxis mit den Prinzipien der<br />

Gestaltpsychologie arbeitet, wird vielleicht einige der<br />

Phänomene wiedererkennen, die wir hier nach Kriterien der<br />

sentischen Wissenschaft messen und beschreiben. Die<br />

Bedeutung der Gestaltgeschlossenheit und die Erfahrung von<br />

Ganzheiten weisen eindeutige Gemeinsamkeiten mit der<br />

Erfahrung sentischer Form auf.<br />

In der näheren Vergangenheit sind die Methoden des<br />

Biofeedback entwickelt worden, die den Übenden lehren, auch<br />

jene Körperfunktionen zu kontrollieren, die gewöhnlich nicht<br />

der bewußten Kontrolle unterliegen. Zum Erreichen dieser<br />

Kontrolle setzt man Instrumente ein, die das Maß der<br />

Kontrolle über solche Prozesse anzeigen. Um die sentischen<br />

Formen in sich selbst zu entdecken, braucht der Mensch<br />

jedoch keine äußeren, instrumentgebundenen Biofeedback-<br />

Techniken mehr. Sein Fühlen ist das ihm innewohnende<br />

biologische Feedback. Er weiß durch sein eigenes Gefühl, ob<br />

er eine echte sentische Form zum Ausdruck gebracht hat. Das<br />

Üben der sentischen Formen berichtigt sich selbst.<br />

Da die sentische Wissenschaft sich eingehend mit der<br />

Untersuchung imaginierter Gefühle beschäftigt, bringt sie<br />

überall dort Saiten zum Schwingen, wo solche<br />

„phantasierten“ Gefühle eine wichtige Rolle spielen. Dazu<br />

gehören selbstverständlich die schönen Künste und<br />

insbesondere die Musik: Die Sentik hat eine Menge über die<br />

Erfahrungsqualitäten auszusagen, die Musiker und andere<br />

Künstler uns vermitteln, denn in keinem anderen Bereich<br />

kommen die biologischen Elemente der emotionalen<br />

Kommunikation besser zum Tragen als in der Kunst.<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 11<br />

Erziehung und Ausbildung aber stellen die vielleicht<br />

wichtigsten Anwendungsgebiete für die sentische<br />

Wissenschaft dar. Die sentischen Methoden können Kinder<br />

wie Erwachsene anleiten, mit ihren eigenen Emotionen und<br />

Gefühlen in Berührung zu kommen, sie zu unterscheiden und<br />

sich ihres kontrollierten Einsatzes zu erfreuen. Eine<br />

umfassendere Bewußtheit der allen Menschen gemeinsamen<br />

emotionalen Prozesse (und auch die gemeinsame Erfahrung<br />

sentischer Zyklen) mag Menschen aller Altersstufen, Rassen<br />

und sozialen Stellungen direkt dazu befähigen, ihre<br />

Menschlichkeit als ihre gemeinsame Basis zu erfahren. Für<br />

die sentische Wissenschaft sind alle Menschen gleich, und so<br />

kann die sentische Schulung eigentlich jeden Menschen zu<br />

einem hohen Grad an Empathie und Sensibilität führen.<br />

Derzeit sind Sensibilität und Empathie (Empfindungs- und<br />

Einfühlungsvermögen) meist Zufallsprodukte, aber die<br />

praktische Anwendung der sentischen Wissenschaft in<br />

Erziehung und Bildung könnte sehr wohl ihre systematische<br />

Entwicklung fördern: Wir könnten Sensibilität und Empathie<br />

ebenso systematisch lernen wie Lesen und Schreiben.<br />

Wie jede exakte wissenschaftliche Theorie ist auch die<br />

sentische Wissenschaft zu Vorhersagen fähig: Vorhersagen<br />

über neue, mögliche Erfahrungen und Eigenschaften von<br />

Kommunikationsprozessen. So ist es uns vor kurzem<br />

gelungen, die Existenz einer neuen Art des Lachens<br />

vorherzusagen, die sich experimentell leicht verifizieren ließ.<br />

Die Entdeckung dieses neuen, stimmlosen Lachens (wir<br />

werden es im letzten Kapitel des Buches eingehend<br />

beschreiben) ist auf ihre eigene Weise so aufregend wie die<br />

tatsächliche Entdeckung eines neuen Materieteilchens in der<br />

Physik, dessen Existenz bereits theoretisch vorhergesagt<br />

worden war. Damit ist es, vielleicht zum ersten Mal, möglich<br />

geworden, neue Erfahrungsmodi präzise vorherzusagen, ehe<br />

irgend jemand sie tatsächlich an sich erfahren konnte.<br />

Man nimmt an, daß eigentümliche Erfahrungsweisen<br />

bestimmte unveränderliche, „instinktive“ Verhaltensmuster<br />

von Tieren begleiten. Und in der Tat, das mit angeborenen<br />

Auslösemechanismen assoziierte Tierverhalten, etwa die<br />

Paarungshaltung des Rattenweibchens oder das<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Eierverbuddeln der Schildkröte, widersetzt sich allen<br />

Techniken der Verhaltensmodifikation. Analog dazu haben<br />

wir entdeckt, daß der Skinnersche Ansatz der<br />

Verhaltensmodifikation bei sentischen Formen versagt. Eine<br />

sentische Form ist keine beliebige Form. Techniken der<br />

Verhaltensmodifikation verändern nicht die einprogrammierte<br />

neurophysiologische Natur dieser dynamischen Elemente der<br />

Kommunikation. Glücklicherweise ist es nicht möglich, einen<br />

Menschen derartig umzumodeln, daß er zum Beispiel die<br />

Liebe durch die sentische Form der Wut oder umgekehrt Wut<br />

durch Liebe erfährt und kommuniziert. Es ist allerdings<br />

möglich − wie wir noch sehen werden −, den Grad der<br />

Hemmung, die Bereitschaft zum emotionalen Ausdruck oder<br />

die Wahl begleitender motorischer Funktionen des Körpers zu<br />

beeinflussen.<br />

Zusammenfassend dürfen wir feststellen, daß die hier<br />

beschriebene Forschung zu einer neuen Theorie der<br />

Kommunikation von Emotionen geführt hat. Wir haben die<br />

Existenz exakter, genetisch programmierter Gehirnprozesse<br />

nachgewiesen, die bestimmen, auf welche Weise wir Gefühle<br />

und Emotionen wahrnehmen und zum Ausdruck bringen. Auf<br />

der Basis dieser Erkenntnis hat uns die sich entwickelnde<br />

sentische Wissenschaft bedeutende Einblicke verschafft –<br />

sowohl in die Wirkungsweise der allgemeinen menschlichen<br />

Kommunikation als auch in die besonderen<br />

Kommunikationsformen von Musik und übriger Kunst.<br />

Darüber hinaus hat eine neue, mit den sentischen Zyklen<br />

arbeitende Methode der Meditation und Therapie sich als<br />

wirksames Verfahren zur Verhinderung und Lösung<br />

psychosomatischer Beschwerden und zur Umkehrung von<br />

Selbstentfremdungstendenzen erwiesen.<br />

Allem Anschein nach kann die sentische Wissenschaft<br />

potentiell großen Einfluß auf unsere Zukunft nehmen: indem<br />

sie uns tiefere Daseinsfreude schenkt; indem sie gewaltsame,<br />

irrationale Aggression unterbindet; und indem sie die<br />

Menschen lehrt, „empfängliche“ Seinszustände in sich<br />

hervorzurufen, die ihre kreativen Kräfte fördern und ihnen zu<br />

Problemlösungen verhelfen. Die anschließenden Kapitel<br />

werden die grundlegenden Prinzipien der sentischen Theorie<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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Seite 13<br />

darlegen und außerdem zeigen, wie wir zu manchen der<br />

beschriebenen Entdeckungen gekommen sind. Während die<br />

sentische Wissenschaft weiter wächst, harrt noch sehr viel<br />

mehr der Entdeckung. Wir hoffen, daß dieses Buch die Leser<br />

mit einem faszinierenden neuen Zweig der Wissenschaft<br />

bekanntmacht − mit der Kommunikation der Emotionen −<br />

und sie zu eigenen Gedanken über diese allgegenwärtigen<br />

Funktionen ihres Menschseins anregt.<br />

Manfred Clynes: Auf den Spuren der Emotionen, ISBN 3-924077-30-4<br />

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