Gefäße für Leben und Tod Sie verwandelt den Ton: Kati Jünger
Gefäße für Leben und Tod Sie verwandelt den Ton: Kati Jünger
Gefäße für Leben und Tod Sie verwandelt den Ton: Kati Jünger
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hochkomplexe Reliefstrukturen, Gold<strong>und</strong><br />
Silberauflagen, die die <strong>Gefäße</strong> zu Aufsehen<br />
erregen<strong>den</strong> Objekten machen.<br />
Form auf Form wird montiert <strong>und</strong> zu tektonischen<br />
Gebil<strong>den</strong> aufgebaut. Der <strong>Ton</strong><br />
wird gerollt, geschichtet, gedreht <strong>und</strong> vielfach<br />
geschliffen, sodass geometrische Muster<br />
entstehen, abgedrückte Strukturen<br />
wer<strong>den</strong> aufgelegt, in deren Vertiefungen<br />
sich leuchtende Glasur sammelt, Stäbchen<br />
<strong>für</strong> Stäbchen miteinander verflochten, bis<br />
ein korbartiges Gefüge um <strong>den</strong> glatten<br />
<strong>Ton</strong>korpus herum aufgebaut ist. Schleifen<br />
fügen sich zu Blüten <strong>und</strong> Friesen, Minifliesen<br />
schmücken breitbasig auflagernde Gefäßformen,<br />
Blattgold <strong>und</strong> Schlagmetall veredeln<br />
die Oberflächen <strong>und</strong> lassen <strong>den</strong> <strong>Ton</strong><br />
metallisch schimmern. Zierrat <strong>und</strong> Blüten<br />
wer<strong>den</strong> wie Reliquien in Polyester eingeschmolzen<br />
<strong>und</strong> in die Gefäßwandung eingesetzt.<br />
Solcherart bekommen <strong>Kati</strong> <strong>Jünger</strong>s<br />
prachtvolle Kunst-Stücke zeremoniellen<br />
Charakter.<br />
<strong>Kati</strong> <strong>Jünger</strong>: Vase,<br />
2005, h 620 mm, Ø 350 mm,<br />
Foto: Michael Moosmayer<br />
<strong>Kati</strong> <strong>Jünger</strong>: Vase,<br />
2010, h 430 mm, Ø 400 mm,<br />
Foto: Michael Moosmayer<br />
Vor etwa zwei Jahren hat <strong>Kati</strong> <strong>Jünger</strong> ein<br />
weiteres Feld <strong>für</strong> ihre Experimentierfreude<br />
entdeckt, sie gestaltet Urnen. Betrachtet<br />
man ihre kultigen Kannen, von <strong>den</strong>en<br />
manche an eine Grabbeigabe erinnert,<br />
so hat die Idee der Urne etwas Zwingendes.<br />
Als der Vater Hermann <strong>Jünger</strong>, Gold- <strong>und</strong><br />
Silberschmied, 1972-90 Professor an der<br />
Akademie der Bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Künste in München<br />
<strong>und</strong> einer der international renommiertesten<br />
Vertreter seines Fachs 2005<br />
verstarb, mussten die Hinterbliebenen, alle<br />
künstlerisch tätig, einen ästhetischen Notstand<br />
in der Gestaltung von Särgen <strong>und</strong><br />
Urnen konstatieren. <strong>Sie</strong> stellten sich die<br />
Fragen: Warum endet die Individualität mit<br />
dem <strong>Tod</strong>? Warum sollte man sich mit nor