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Künstliche Riffe - von Deepwave eV

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DEEPWAVE<br />

No. 8 2008 REPORT<br />

Goldrausch am<br />

Meeresgrund<br />

Alle reißen sich um die Ressourcen<br />

der Hoch- und Tiefsee<br />

Neptuns Schatzhüter:<br />

Meeresboden-Behörde ISA<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong>:<br />

Bereicherung oder<br />

Müllhalden?<br />

Ozeanographie:<br />

Löcher im Meeresboden<br />

und vieles mehr...<br />

www.DEEPWAVE.org<br />

Die Initiative zum Schutz<br />

der Hoch- und Tiefsee


DEEPWAVE REPORT<br />

Ausgabe No. 8/2008<br />

Editorial 2<br />

Impressum 2<br />

DEEPWAVE 2007<br />

Aktivitäten im Überblick 3<br />

DEEPWAVE reinigt den Elbstrand<br />

International Coastal Cleanup Day 2007 4<br />

European Shark Week<br />

DEEPWAVE beteiligt sich am Haischutz 5<br />

Blue Planet Forum<br />

DEEPWAVE in Brüssel 6<br />

Neptuns Schatzhüter<br />

Papiertiger Meeresbodenbehörde? 8<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Patentrezept gegen die Überfischung? 14<br />

Reifen-<strong>Riffe</strong><br />

Müllentsorgung mit Folgen 20<br />

Leuchtquallen vernichten Lachsfarm<br />

in Nordirland<br />

ca. 2,1 Millionen Lachse tot 22<br />

Russische Nationalflagge unter dem<br />

Nordpol<br />

PR-Gag in der Tiefe 23<br />

Klimagas aus dem Nordseeboden<br />

Meeres- und Umweltforschung 24<br />

Russisches Roulette<br />

mit wilden Tieren<br />

Handelsverbot für wilde Tiere 27<br />

Buch-Tipps 29<br />

CanDive-Artikel 34<br />

DEEPWAVE-Blog 36<br />

S.2 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

ich begrüße Sie dieses Mal<br />

direkt aus dem Wasser. Gerade<br />

komme ich vom Meeresboden<br />

zurück. Noch immer gibt es<br />

dort unten das pure Leben in<br />

seiner einzigartigen Schönheit<br />

und Artenvielfalt zu<br />

bewundern. Doch diese<br />

Ökosysteme sind bedroht.<br />

Editorial<br />

Grundschleppnetze pflügen durch den Boden und hinterlassen<br />

schwere Schäden an Fauna und Flora. Korallenriffe<br />

leiden unter dem Klimawandel, der Fischerei,<br />

dem Tourismus und der Meeresverschmutzung.<br />

Problematisch ist auch, dass der Meeresboden mit den<br />

verschiedensten Ressourcen lockt. Neben Öl und Gas<br />

gibt es weitere Rohstoffe wie z. B. Mangan. Außerdem<br />

hoffen die Wissenschaftler in der Tiefe Substanzen in<br />

Organismen zu finden, die für medizinische Zwecke<br />

eingesetzt werden können.<br />

Gründe genug, sich in dieser Ausgabe des <strong>Deepwave</strong><br />

Reports schwerpunktmäßig mit dem Meeresgrund zu<br />

beschäftigen.<br />

Ihr Dr. Onno Groß<br />

Impressum<br />

DEEPWAVE e.V. - Die Initiative zum Schutz der Hoch- und Tiefsee<br />

http://www.deepwave.org<br />

Redaktion und Gestaltung:<br />

Dr. Onno Groß (V.i.S.d.P.)<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Markus Henkel, Stephanie Heyen, Carsten<br />

Kollenda, Gabriele Lebs, Michael Mittelstädt, Martina Möller, Wiebke<br />

Münchberger, Phillip Reißenweber, Dr. Rüdiger Schacht, Olaf Studt ,<br />

Olaf Trint, Matthias Wehkamp<br />

Titelbild: MARUM, Uni Bremen<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.<br />

Wir freuen uns über Mansukripte.<br />

Anschrift: DEEPWAVE e.V. Hegestrasse 46 D<br />

D- 20251 Hamburg<br />

Telefon: ++ 49 0 40/46 85 62 62<br />

Telefax: ++ 49 0 40/46 85 62 63<br />

E-Mail: info@deepwave.org<br />

Bankverbindung: Hamburger Sparkasse<br />

Bankleitzahl: 200 505 50<br />

Konto Nummer: 12 08 11 67 13<br />

DEEPWAVE e.V. ist gemäß Freistellungsbescheid vom 05.05.2005 des<br />

Finanzamts Hamburg für Körperschaften wegen Förderung des Umweltschutzes<br />

als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt. Vereinsregister<br />

17656 im Amtsgericht Hamburg.


DEEPWAVE 2007<br />

Aktivitäten im Überblick<br />

Auch im Jahr 2007 haben wir uns bei<br />

DEEPWAVE wieder sehr aktiv für den<br />

Schutz der Meere und Küsten eingesetzt.<br />

Mangroven<br />

Einen Schwerpunkt bildete das Projekt MAN-<br />

GREEN in Indien. Der Bau eines Umweltbildungszentrums<br />

im Bundesstaat Tamil Nadu wurde<br />

geplant, die notwendigen Maßnahmen zur Finanzierung<br />

laufen. Weiterhin haben wir im April in<br />

Bentota, Sri Lanka an einer Konferenz zur Mangrovenproblematik<br />

teilgenommen und Vorträge<br />

gehalten. Aus dem dort aufgenommenen Filmmaterial<br />

entsteht eine Dokumentation, die an den Erfolg<br />

des Wallacea-Films anknüpfen soll.<br />

Wallacea<br />

Der faszinierende Film über die sogenannte Wallace-Linie,<br />

der biogeografischen Grenze zwischen<br />

asiatischer und australischer Flora und Fauna,<br />

wurde mit Beteiligung <strong>von</strong> DEEPWAVE bereits<br />

2006 produziert. Ende Mai 2007 wurde er bei arte<br />

ausgestrahlt. Wer ihn noch nicht gesehen hat, sollte<br />

sich die DVD bei uns bestellen.<br />

CANDIVE<br />

Im Herbst wurde in Zusammenarbeit mit dem<br />

Meeresbiologen Christoph Schmitt unser Projekt<br />

CANDIVE (Canary Islands Marine Biodiversity<br />

Project) auf La Gomera gestartet und hat auch eine<br />

Website: www.candive.info<br />

Dort gibt es neben Informationen als Download<br />

einen kostenlosen Bildschirmschoner für WIND-<br />

OWS mit einigen sehr schönen Über- und Unterwasseraufnahmen.<br />

Haie<br />

Der Schutz der Haie spielte 2007 eine wichtige<br />

Rolle. Wir haben einen öffentlichen Vortrag in<br />

Bonn über das Shark finning (Entfernen der<br />

S.3 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

DEEPWAVE-Aktivitäten<br />

Lars und Karsten beim Haischutz für Kinopublikum!<br />

Rückenflossen bei lebenden Haien) gehalten und<br />

waren im Oktober als Mitglied der Shark Alliance<br />

an der Organisation der European Shark Week<br />

(siehe S. 5) beteiligt.<br />

Müll<br />

Am 15.09.2007 beteiligten wir uns am International<br />

Coastal Cleanup Day, indem wir Müll am<br />

Elbstrand einsammelten (siehe S. 4).<br />

Veranstaltungen und Infostände<br />

Im Jahr 2007 haben wir außerdem diverse Veranstaltungen<br />

besucht. Wir waren unter anderem auf<br />

der EU-Meereskonferenz in Bremen, auf der<br />

CITES-Artenschutzkonferenz in Den Haag, auf<br />

dem 17. Umweltsymposium im CCH in Hamburg,<br />

bei McPlanet.com (Siehe DW-Report Nr. 7), bei<br />

der Lesung der Hamburger Autoren aus der Anthologie<br />

“Meere”, beim Blue Planet Forum in Brüssel<br />

(Siehe S. 6) und beim Tübinger Entenrennen. Bei<br />

letzterem konnten wir Fördermittel für unser<br />

Umweltbildungszentrum in Indien einwerben.<br />

Infostände hatten wir beim Conergy Marathon, auf<br />

der Messe des ZSU (Zentrum für Schulbiologie<br />

und Umwelterziehung) und im Rahmen der Hamburger<br />

Tauchertage in Hemmoor. Olaf Trint


International Coastal Cleanup Day 2007<br />

DEEPWAVE<br />

reinigt den Elbstrand<br />

Emsige Müllsucher: 25 Freiwillige sammelten Unrat<br />

am Elbstrand<br />

Ort: Hamburg – Neumühlen<br />

Datum: 15.09.2007<br />

Uhrzeit: 15:00 – 18:00 Uhr<br />

Am 15.09.2007 fand der 22. International<br />

Coastal Cleanup Day statt. An vielen<br />

Stränden, Flussufern und Küstenbereichen<br />

dieser Welt sammelten Freiwillige den herumliegenden<br />

Müll ein. Ziel der Aktion war es, auf die<br />

zunehmende Vermüllung aufmerksam zu machen<br />

und sowohl symbolische als auch praktische Reinigungen<br />

der ausgewählten Abschnitte durchzuführen.<br />

Als deutscher Partner des International Coastal<br />

Cleanup Days führte DEEPWAVE e.V. die Säuberung<br />

eines etwa 500 m langen Strandabschnittes an<br />

der Elbe durch. 25 umweltbewusste Freiwillige<br />

sammelten nicht nur weggeworfene Verpackungen,<br />

Zigarettenstummel, Getränkedosen, Glasscherben,<br />

Lollistiele, Kronkorken und anderen Unrat ein, sie<br />

informierten auch die interessierten Strandbesucher<br />

über die Bedrohungen, die der Müll – besonders<br />

der aus Plastik – für viele im Meer lebende Tiere<br />

darstellt. Seevögel, Schildkröten und Meeressäuger<br />

verwechseln den Abfall mit Nahrung, nehmen ihn<br />

S.4 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

auf und verhungern dann an verklebten Mägen.<br />

Mit Greifzangen und Handschuhen ausgestattet,<br />

die ihnen <strong>von</strong> der Stadtreinigung Hamburg zur<br />

Verfügung gestellt wurden, zogen die engagierten<br />

Sammler los und klaubten innerhalb <strong>von</strong> 3 Stunden<br />

8 Säcke mit insgesamt etwa 200 kg Müll zusammen.<br />

Zum kuriosesten Fundstück wurde ein Sonnenschirmhalter<br />

aus Leichtmetall gewählt.<br />

Bei bestem Wetter und ausreichender Verpflegung<br />

mit Getränken kam auch die gute Stimmung<br />

nicht zu kurz. Müllsammeln kann Spaß machen,<br />

vor allem weil man hinterher das Gefühl hat, einen<br />

konstruktiven Beitrag zum Schutz der Umwelt<br />

geleistet zu haben.<br />

Olaf Trint<br />

Links:<br />

DEEPWAVE-Aktivitäten<br />

Nach vollrichteter Arbeit: Gruppenfoto vor der<br />

“Strandperle”<br />

Ocean Conservancy<br />

www.oceanconservancy.org<br />

ICC (Internation Coastal Cleanup)<br />

www.oceanconservancy.org/site/PageServer?<br />

pagename=press_icc


Vom 8. bis 14. Oktober fand die European<br />

Shark Week statt. Die Aktionswoche wurde<br />

<strong>von</strong> der Shark Alliance veranstaltet, einem<br />

Zusammenschluss europäischer Hai- und Meeresschutzorganisationen.<br />

Ziel der European Shark<br />

Week war die Aufklärung der Öffentlichkeit über<br />

die Gefährdungssituation <strong>von</strong> Haien. Zu diesem<br />

Zweck wurde unter dem Motto “Jede Flosse zählt”<br />

eine Unterschriftenaktion gestartet, die einen sofortigen<br />

EU-Schutzplan für Haie fordert. Es kamen<br />

mehr als 20.000 Unterschriften zusammen, die am<br />

9. November 2007 in Brüssel dem Fischereireferat<br />

der Europäischen Kommission überreicht wurden.<br />

Dr. Onno Groß, Vorsitzender <strong>von</strong> DEEPWAVE<br />

e.V., war dabei.<br />

Europaweit arbeiten mittlerweile rund 40 Mitgliedsorganisationen<br />

in der Shark Alliance zusammen.<br />

Auf vielfältige Weise versuchen sie zur Verbesserung<br />

der Schutzbemühungen für Haie in<br />

Europa beizutragen. In Deutschland gehören unter<br />

anderem die Hamburger Organisationen DEEP-<br />

WAVE und D.E.G. (Deutsche Elasmobranchier-<br />

Gesellschaft) zur Shark Alliance. Im Rahmen der<br />

Haischutzwoche richteten sie zwei Veranstaltungen<br />

aus.<br />

Am Donnerstag, dem 11. Oktober 2007 wurde<br />

zur Eröffnung der Haischutzwoche im Hamburger<br />

Abaton-Kino der Film “Stewards of the Reef”<br />

uraufgeführt. Es handelte sich dabei um einen 35<br />

Minuten langen Dokumentarfilm, in dem den<br />

Zuschauern ein deutlicher Eindruck über die aktuelle<br />

Situation der Haie vermittelt wurde. Anschließend<br />

hielt die D.E.G.-Vorsitzende Heike Zidowitz<br />

einen Vortrag, der das im Film gewonnene Wissen<br />

vertiefte, und beantworte in der darauffolgenden<br />

Diskussion Fragen aus dem Publikum.<br />

Am Freitag, dem 12. Oktober 2007 wurde im<br />

Zoologischen Institut der Universität Hamburg die<br />

lange Nacht der Haie ausgerichtet. Sie begann mit<br />

einem Film über den Makohai des Dokumentarfilmers<br />

Sigurd Tesche, in dem Lebensraum und Ver-<br />

S.5 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

DEEPWAVE-Aktivitäten<br />

European Shark Week<br />

DEEPWAVE beteiligt sich am Haischutz<br />

In Brüssel für die Haie unterwegs: Dr. Onno Groß<br />

(DEEPWAVE) und Heike Zidowitz (D.E.G.)<br />

haltensweise dieser Tiere vorgestellt wurden. Es<br />

folgte ein Vortrag <strong>von</strong> Dr. Matthias Stehmann, der<br />

Biologie und Artenvielfalt der Haie zum Thema<br />

hatte, und eine Diskussionsrunde mit dem Publikum.<br />

Abschließend wurde ein weiterer Dokumentarfilm<br />

<strong>von</strong> Sigurd Tesche gezeigt, dieses Mal über<br />

das Leben der Sandhaie vor der afrikanischen<br />

Küste.<br />

Im Jahr 2007 wurde die European Shark Week<br />

erstmalig ausgerichtet und soll in den kommenden<br />

Jahren wiederholt werden. Dann wird auch DEEP-<br />

WAVE wieder dabei sein.<br />

Olaf Trint<br />

Links:<br />

DEEPWAVE-Blog / Haie<br />

http://deepwave.blog.de/?tag=haie<br />

European Shark Week<br />

http://europeansharkweek.elasmo.de/


DEEPWAVE<br />

beim Blue Planet Forum in Brüssel<br />

Im November 2007 tagte zum ersten Mal das<br />

“Blue Planet Forum” des World Ocean Networks<br />

in Brüssel. Sinn und Ziel dieser Veranstaltung<br />

war es, die Aufmerksamkeit der Menschen<br />

innerhalb der EU auf meerespolitische Fragen zu<br />

richten. Dazu reisten Experten, Lobbyisten, Vertreter<br />

verschiedener Umweltschutzorganisationen und<br />

viele Jugendliche aus der ganzen Europäischen<br />

Union an. Sie alle wollten sich eingehend mit der<br />

Thematik beschäftigen und, was noch viel wichtiger<br />

ist, sich untereinander austauschen, Kontakte<br />

herstellen und Beziehungen intensivieren.<br />

Auch DEEPWAVE sendete eine Abordnung zum<br />

Blue Planet Forum und wurde dort vom Gründer<br />

Dr. Onno Groß und dem DEEPWAVE-Youngster<br />

Phillip Reißenweber vertreten.<br />

Hintergrund des Forums ist das sogenannte Blaubuch<br />

der EU, an dem seit 2005 gearbeitet wird. Es<br />

enthält die Pläne für eine nachhaltige Nutzung der<br />

Meere und die Strategien zur Lösung bestehender<br />

Probleme. Es ist sehr eng an dem Grünbuch der<br />

Europäischen Union orientiert, beschäftigt sich<br />

jedoch ausschließlich mit meerespolitischen Themen.<br />

Das Resultat des Blaubuches ist eine bisher<br />

einmalige Konstruktion: Die integrierte Meerespolitik.<br />

Sie schafft ein Forum und eine zentrale<br />

Anlauf- und Verwaltungsstelle für die 200 Millionen<br />

Menschen in der EU, deren Leben eng mit<br />

dem Schicksal der Ozeane verknüpft ist.<br />

Zuvor haben Experten und Betroffene aus der<br />

ganzen EU Kommentare, Ideen und Anregungen<br />

gesammelt, die die aktuellen Probleme auf regionaler<br />

Ebene benennen. Dieses Engagement machte<br />

die Entwicklung der integrierten Meerespolitik<br />

überhaupt erst möglich und erklärt auch, wie eine<br />

derart umfangreiche Agenda in so kurzer Zeit entwickelt<br />

werden konnte.<br />

Veranstaltungsort des Forums war das Gebäude<br />

des Ausschusses der Regionen (Committee of the<br />

S.6 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

DEEPWAVE-Aktivitäten<br />

Regions) nahe dem EU-Parlament in Brüssel. Es<br />

bot mit seinen vielen Plenarsälen eine hervorragende<br />

Kommunikationsplattform. Die Experten- und<br />

Jugendgruppen konnten zunächst in den kleineren<br />

Sälen getrennt <strong>von</strong>einander operieren und über<br />

fachspezifische Themen diskutieren, bevor die<br />

Resultate im großen Plenarsaal zusammengetragen<br />

wurden. Auch die vielen Sponsoren bekamen die<br />

Gelegenheit ihre Interessen aufzuzeigen und ihr<br />

Fachwissen einzubringen. So konnten die Teilnehmer<br />

beispielsweise ein Schwertfisch-Buffet <strong>von</strong><br />

den Azoren genießen oder einen Film bewundern,<br />

der sehr erfolgreich auf dem World Festival of<br />

Underwater Image gezeigt wurde.


Gängiger Konsens des Forums war, dass es so<br />

wie bisher nicht weitergehen kann. Es müssen dramatische<br />

Veränderungen stattfinden, damit Europa<br />

auch zukünftig <strong>von</strong> seinen Meeren profitieren<br />

kann. So kam ein breites Spektrum an Forderungen<br />

und Statements <strong>von</strong> den Experten zusammen.<br />

Philipp Valette, Direktor der französischen<br />

Umweltschutzorganisation Nausicaä, forderte eine<br />

umfassendere Einbeziehung der EU-Bevölkerung.<br />

Angefangen bei Aquariumsbesuchen bis hin zum<br />

richtigen, also nachhaltigen, Fischkonsum. Seiner<br />

Ansicht nach können so die Ausmaße der Probleme,<br />

zum Beispiel der Überfischung, reduziert werden,<br />

die insbesondere in heutiger Zeit eine große<br />

Gefahr für die Biodiversität der Ozeane darstellen.<br />

Viele andere Redner fokussierten den Brennpunkt<br />

auf regionale Probleme und Gefahren, die<br />

schnell zu globalen Katastrophen heranwachsen<br />

können. So wies Aqqaluk Lynge, der Vertreter des<br />

Inuit Circumpolar Council, mit dramatischen<br />

Worten auf die Gefahr einer Havarie eines Öltankers<br />

in arktischen Gewässern hin. Die Schäden für<br />

die <strong>von</strong> der globalen Erwärmung ohnehin schon<br />

geschädigte Flora und Fauna wären katastrophal.<br />

Phillip Reißenweber: Interessierter Teilnehmer am Blue Planet Forum<br />

S.7 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

DEEPWAVE-Aktivitäten<br />

Aber auch die Schwächen des Blaubuches wurden<br />

den Teilnehmern des Forums deutlich<br />

gemacht. So zeigte Greenpeace EU-Politikerin<br />

Saskia Richartz, dass der Inhalt des Blaubuches zu<br />

großen Teilen reine Lobbypassagen sind. Eine integrierte<br />

Meerespolitik, die ganz eindeutig auf Verknüpfungen<br />

der Themen und Kommunikation aller<br />

Betroffenen setzt, wird durch solch unzusammenhängende<br />

Beiträge stark erschwert. Dies ist ein<br />

Schwachpunkt, der in der weiteren Entwicklung<br />

der letztendlich gültigen Meeresrahmenrichtlinie<br />

noch größte Beachtung finden muss.<br />

Der große Erfolg des Blue Planet Forums besteht<br />

nun darin, dass es eine Atmosphäre geschaffen hat,<br />

die die Kommunikation zwischen allen Beteiligten<br />

gefördert hat. Sowohl die Ergebnisse, aber auch<br />

die neu aufgeworfenen Fragen, die das Forum hervorgebracht<br />

hat, werden <strong>von</strong> jedem Teilnehmer in<br />

sein jeweiliges Heimatland mitgenommen und fallen<br />

dort hoffentlich auf den Nährboden, den eine<br />

nachhaltige Meerespolitik in größtem Maße benötigt.<br />

Phillip Reißenweber


Neptuns Schatzhüter<br />

S.8 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Meeresbergbau<br />

Die Seerechtsbehörde in Jamaika regelt die Schatzsuche<br />

im Ozean – bisher aber nur auf dem Papier<br />

Etwas unscheinbar war der Fund schon, den<br />

der Tauchroboter vom Grund der Kontinentalhänge<br />

vor den Bahamas einsammelte und<br />

an Bord brachte. Erst im Labor wurde den Meeresforschern<br />

klar, dass sie einen Volltreffer gelandet<br />

hatten: Der sogenannte Disco-Schwamm enthielt<br />

eine Substanz, die sich im Test als 400-mal wirksamer<br />

gegen Brustkrebszellen herausstellte als das<br />

bekannte Standardmedikament.<br />

Hoffnung für Krebspatientinnen:<br />

Discodermia-Schwamm<br />

Foto: U.S. National Ocean and Atmospheric Administration<br />

Die Aussichten, im tiefen Ozean neue Wirkstoffe<br />

zu finden, scheinen heute günstiger denn je. Die<br />

Forschungen im größten Lebensraum der Erde –<br />

die Meere nehmen drei Viertel ihrer Oberfläche ein<br />

– stehen erst am Anfang. Eine Fülle neuer Tierarten<br />

wird wöchentlich <strong>von</strong> den modernen U-Booten<br />

und Forschungsexpeditionen entdeckt und spornt<br />

die Unternehmen bei der Wirkstoffsuche an.<br />

Nicht nur die Naturstoffe lohnen die Prospektion<br />

in der Tiefe: ob Gold, Silber, Platin, Mangan und<br />

Kobalt, Molybdän und Kupfer, Tellur für die<br />

Solarzellen oder seltene Erden für die Hightech-<br />

Industrie: der Ozean bietet einen Schatz an immer<br />

wertvoller werdenden Edelmetallen. Geschätzte<br />

100 Millionen Tonnen Erze lagern beispielsweise<br />

alleine am Grunde des Roten Meers im Erzvorkommen<br />

“Atlantis II”, weitere Millionen Tonnen<br />

Edelmetalle vermuten Geologen an den versunkenen<br />

Vulkanen.<br />

Wer darf sich an den Schätzen der<br />

Tiefsee bedienen?<br />

Doch wem gehören eigentlich die Schätze der<br />

Tiefsee? Darf sich jeder am Goldrausch beteiligen<br />

oder ein Stück Meeresboden kaufen? “Kann er<br />

nicht”, sagt dazu Rüdiger Wolfrum, Präsident des<br />

Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg. “Seit<br />

1982 haben wir das Seerechtsübereinkommen, das<br />

den Tiefseeboden im Ozean der Verwaltung durch<br />

die Völkergemeinschaft überlassen hat.” Dort im<br />

internationalen Seerechtsübereinkommen (United<br />

Nations Convention on the Law of the Sea) wurden<br />

der Ozeanboden und seine Schätze als “gemeinsames<br />

Erbe der Menschheit” deklariert.<br />

Mehr als 158 Staaten der Völkergemeinschaft<br />

waren an der Ausarbeitung des Seerechtsübereinkommens<br />

beteiligt und 1800 Delegierte brauchten<br />

13 Jahre, um das Regelwerk zu bewerkstelligen –<br />

ein wahres Mammutunterfangen. Das “Law of the<br />

Sea” legt die zonale Aufteilung des größten<br />

Lebensraums der Erde fest und regelt sehr detailliert<br />

die Kompetenzen für die Hochsee, den Tiefseeboden<br />

und die Küstenstreifen. Dazu wurde das<br />

Meer in verschiedene Regionen unterteilt: der Küstenstreifen<br />

<strong>von</strong> 12 Seemeilen unter der direkten<br />

Hoheit der Nationen, die sogenannte Ausschließliche<br />

Wirtschaftszone (AWZ) <strong>von</strong> 200–350 Seemeilen<br />

Breite als territoriales Wirtschaftsgewässer, in<br />

der die Meeresschätze der angrenzenden Nation<br />

zustehen, aber die Freiheit der Seeschifffahrt und<br />

Fischerei gewährleistet bleibt, und eben die küstenfernen<br />

Regionen mit ihrem Freiwasser (“Hochsee”)<br />

und Tiefseeboden (dem “Gebiet” oder engl.<br />

“The Area”) als gemeinsames Erbe der Menschheit.<br />

Das Seerechtsübereinkommen wurde mittler-


weile <strong>von</strong> mehr als 153 Staaten gezeichnet, <strong>von</strong><br />

Deutschland am 14. Oktober 1994 und zuletzt im<br />

Februar 2007 <strong>von</strong> Moldawien. Aber Kanada, die<br />

USA und auch die Schweiz haben es noch nicht<br />

ratifiziert (sie haben jedoch einen Beobachterstatus).<br />

Denn noch immer gibt es für einige Länder<br />

erheblichen Klärungsbedarf, wem nun eigentlich<br />

die Rohstoffe auf der Hohen See gehören. Um dieses<br />

Problem zu lösen, haben die Vereinten Nationen<br />

drei Instrumente eingerichtet: die Festlandsockelgrenzkommission<br />

zur Regelung der AWZ, den<br />

Internationalen Seegerichtshof mit Sitz in Hamburg<br />

und die Internationale Meeresbodenbehörde<br />

(International Seabed Authority, kurz ISA).<br />

Die Internationale Meeresbodenbehörde<br />

Diese Meeresbodenbehörde nahm 1996 ihre<br />

Arbeit auf und wurde in Kingston auf Jamaika<br />

angesiedelt. Mit rund 40 Mitarbeitern bearbeitet<br />

die Institution seitdem alle Anfragen zu Meeresbergbautätigkeiten<br />

in der Tiefsee.<br />

Als autonome Institution verwaltet die Behörde<br />

nach den Richtlinien des Annex XI die Vergabe<br />

<strong>von</strong> Lizenzgebieten für eine mögliche Erzgewinnung<br />

und die Aufstellung <strong>von</strong> international gültigen<br />

Regeln und Verhaltenskodizes.<br />

Uneinigkeit herrschte anfangs vor allem in<br />

der Frage der Beteiligung der Völkergemeinschaft<br />

an den möglichen Gewinnen<br />

aus dem Erzabbau. Denn zur Zeit der Entstehung<br />

des Seerechts waren die kartoffelgroßen Manganknollen<br />

in der Tiefsee der Auslöser für lange Diskussionen<br />

und erwiesen sich als erste diplomatische<br />

Brocken für die Meeresbodenbehörde. Ende<br />

des 19. Jahrhunderts hatte das Forschungsschiff<br />

Challenger auf seiner weltumspannenden Expedition<br />

die metallischen Knollen entdeckt, die wie<br />

Ackersteine auf dem Meeresboden der Tiefsee flächendeckend<br />

herumliegen. Geschätzte 10 Milliarden<br />

Tonnen dieser Ausfällungsprodukte finden sich<br />

in vielen Regionen der Erde, aber insbesondere im<br />

Bereich des nordöstlichen äquatorialen Pazifiks, im<br />

Perubecken und Indischen Ozean. “Die polymetallischen<br />

Knollen”, erklärt Carsten Rühlemann <strong>von</strong><br />

der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe<br />

(BGR), “enthalten durchschnittlich einen<br />

S.9 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Meeresbergbau<br />

Die HMS Challenger: Auf ihrer Expedition wurden<br />

Ende des 19. Jahrhunderts die Manganknollen entdeckt<br />

Bild: Wikipedia Enzyklopädie<br />

Mangan<br />

Das chemische Element<br />

Mangan (Ordnungszahl<br />

25) ist ein hartes,<br />

sprödes Schwermetall<br />

<strong>von</strong> grau-weißer<br />

Farbe.<br />

Es besitzt eine hohe<br />

Affinität zu Schwefel<br />

und Sauerstoff sowie<br />

werkstoffverbessernde<br />

Eigenschaften. Es wird<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

daher besonders in der<br />

Metallindustrie verwendet, wo es unter anderem in<br />

Aluminium-Mangan-Legierungen vorkommt, die<br />

Festigkeit <strong>von</strong> Stahl steigert oder in Form <strong>von</strong><br />

Mangandioxid als Oxidationsmittel in Trockenbatterien<br />

dient.<br />

Für alle Lebensformen ist Mangan in gebundener<br />

Form ein essentielles Spurenelement.<br />

Nach dem Eisen ist Mangan das zweithäufigste<br />

Schwermetall auf der Erde. Es gibt auch auf dem<br />

Festland zahlreiche große Vorkommen.<br />

Anteil <strong>von</strong> rund 25 Prozent Mangan, beigemengt<br />

sind aber auch rund 3 Prozent Kupfer, Nickel oder<br />

Kobalt.”<br />

Die Manganknollen waren einer der wichtigsten<br />

Gründe für das Zustandekommen des Seerechts-


übereinkommens, denn der Abbau dieser Erze sollte<br />

die drohende Rohstoffverknappung der Industrie<br />

überwinden helfen. Mehrere Konsortien hatten sich<br />

damals schon gebildet, die an technischen Lösungen<br />

für den Tiefseebergbau intensiv forschten und<br />

Goldgräberstimmung verbreiteten. Die ISA sollte<br />

nun diesen geplanten Manganabbau unter Regeln<br />

setzen und über die potenziellen Auswirkungen des<br />

Bergbaus einen Status definieren, welche Technik<br />

letztendlich zum Zuge kommen dürfe. So lud die<br />

Manganknolle: Begehrter Schatz aus den Tiefen der<br />

Meere<br />

Bild: Wikipedia Enzyklopädie<br />

ISA in den neunziger Jahren die entsprechenden<br />

Experten, Tiefseebiologen und Ingenieure zu zahlreichen<br />

Beratungen nach Jamaika ein.<br />

Tiefseebergbau zur Überwindung der<br />

drohenden Rohstoffverknappung<br />

“Die ISA war mit dem, was die Wissenschaft<br />

geliefert hat, sehr zufrieden”, erinnert sich der<br />

Tiefseebiologe Hjalmar Thiel an die damaligen<br />

Diskussionen zum Manganknollenabbau. “Was<br />

technisch besser gemacht werden sollte, wurde<br />

zumindest aufgenommen, wenn auch die Auswirkungen<br />

des Meeresbergbaus schwer zu definieren<br />

sind.” Der Hamburger Tiefseebiologe hatte in den<br />

80er Jahren ein großes Störungsexperiment in der<br />

Tiefsee des Pazifiks begonnen und erstmalig über<br />

einen langen Zeitraum die Auswirkungen der Sedimentfahnen<br />

und Grabeinwirkungen beim Knollenabbau<br />

dokumentieren können. “Wir fanden heraus,<br />

dass nach sieben Jahren eine relativ gut funktionierende<br />

Lebensgemeinschaft in den gestörten Zonen<br />

wieder vorhanden war. Allerdings hatten wir ja nur<br />

S.10 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

ein sehr kleines Gebiet <strong>von</strong> 3,5 Kilometer Durchmesser<br />

verändert. Die Mining-Gesellschaften<br />

gehen aber <strong>von</strong> mehr als 100 Quadratkilometer<br />

gestörtem Meeresboden aus.“<br />

Die Anmerkungen aus der deutschen Tiefseeumweltschutzgruppe<br />

TUSCH und auch <strong>von</strong> anderen<br />

Forschern wurden <strong>von</strong> der “Technical and Legal<br />

Commission”, der Rechts- und Fachkommission<br />

der ISA angehört. Hier ist das erste Nadelöhr für<br />

jegliche Umsetzung möglicher Normen, denn die<br />

Interessen der einzelnen Nationen, der Industrie<br />

und Politik müssen in diesem Gremium aus 25<br />

Ländern den ersten Konsens schaffen. Mehr als<br />

2000 Vorschläge hat die Kommission mittlerweile<br />

ausformuliert und danach der ISA-Versammlung<br />

vorgeschlagen. Der sogenannte ISA-Council mit 36<br />

gewählten Mitgliedsnationen ist dann die Exekutive,<br />

die die Lizenzverträge ausarbeitet und besiegelt.<br />

Der Tiefseebergbaukodex<br />

Meeresbergbau<br />

Das erste Regelwerk zum Manganknollenbergbau<br />

– der Tiefseebergbaukodex (“Vorschriften für<br />

die Prospektion und Exploration polymetallischer<br />

Knollen”) – war 1998 verfasst worden und trat im<br />

Jahr 2000 in Kraft. Acht Konsortien haben sich<br />

mittlerweile ihre Claims in dem manganknollenreichen<br />

Gebiet zwischen Mexiko und Hawaii (der<br />

Clarion-Clipperton-Zone) oder im Indischen Ozean<br />

reserviert, darunter auch Deutschland. Aber wie<br />

sind nun die anderen Staaten an den Abbautätigkeiten<br />

und der Forschung zu beteiligen? Zum<br />

einen kann man den Gewinn an der Produktion<br />

ermessen und paritätisch aufteilen. Für den Manganknollenabbau<br />

verlangte die ISA, dass zu dem<br />

Lizenzabbaufeld ein ebenso großes weiteres<br />

Claimfeld ausgewiesen wird, quasi als Faustpfand.<br />

Im Jahr 2006 hat Deutschland also zwei Claims<br />

<strong>von</strong> je 75.000 Quadratkilometer Größe im Westpazifik<br />

anmelden müssen, <strong>von</strong> denen eine Fläche der<br />

Meeresbodenbehörde als Ausgleichsgebiet zugestellt<br />

wird. “Der Claim ist ein bindender Vertrag<br />

mit der ISA”, berichtet Hermann Kudrass <strong>von</strong> der<br />

BGR in Hannover, “und sie müssen dafür umfangreiche<br />

Forschung, Dokumentation und Ausbildung


Wer einen Claim bei der ISA angemeldet hat, muss<br />

Forschungsarbeit betreiben.<br />

Foto: Reuven Walder 2006 / Marine Photobank<br />

nachweisen: Eine Menge Arbeit.” Auch wenn der<br />

Manganknollenabbau derzeit nicht wirklich<br />

geplant ist, dient dieser Gebietsanspruch als<br />

Sicherheitsmaßnahme für die zukünftige deutsche<br />

Rohstoffforschung und -versorgung, aber auch<br />

dazu, “politisch in den UN-Gremien präsent zu<br />

sein”.<br />

Die 250.000 Dollar Lizenzgebühr für den Claim<br />

sind nur gültig für die nächsten 15 Jahre und so<br />

wie Deutschland haben auch die anderen Nationen<br />

wie Frankreich, Indien, Japan, Russland, China,<br />

Korea und das Konsortium Interoceanmetal (bestehend<br />

aus Polen, Bulgarien, Tschechien, Russland<br />

und Slovakei) erst einmal die Eintrittskarte bezahlt.<br />

“Für die Industrie ist die ISA eher ein ökonomisches<br />

Hindernis. Das hohe Kapitalrisiko beim<br />

Manganabbau können bisher nur staatliche Bergbaugesellschaften<br />

andenken”, sagt der Geologe<br />

Kudrass.<br />

Schwarze Raucher sind <strong>von</strong> besonderem<br />

Interesse<br />

Zumindest für die beigetretenen Mitgliedstaaten<br />

ist der geschaffene Tiefseebergbaukodex der ISA<br />

verbindlich. Doch ist er vielleicht auch bindend für<br />

den Bergbau in der ausschließlichen Wirtschaftszone,<br />

der AWZ? Denn da sich der Manganknollenabbau<br />

als zu aufwendig erwiesen hat (zu tief, zu weit<br />

weg, zu auflagenlastig) konzentriert sich das Venture<br />

Kapital der Rohstoffindustrie nun auf die küstennahen<br />

Meeresschätze. In den Fokus sind dabei<br />

S.11 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Meeresbergbau<br />

besonders die erst vor zehn Jahren entdeckten<br />

Massivsulfidvorkommen entlang des pazifischen<br />

Feuerrings, die Mangankrusten an versunkenen<br />

Vulkanen oder die Gashydratlagerstätten geraten.<br />

Tatsächlich stehen zwei Tiefseebergprojekte in<br />

einer nationalen AWZ kurz vor der Umsetzung:<br />

zum einen das Projekt Solwara unter Führung der<br />

kanadischen Firma Nautilus Minerals in der Bismarcksee<br />

nördlich <strong>von</strong> Papua-Neuguinea, zum<br />

anderen das Projekt Kermadec der britischen<br />

Firma Neptune Minerals in den Gewässern nördlich<br />

Neuseelands. Beide Firmen haben zum Ziel,<br />

die sogenannten Seafloor Massive Sulphides<br />

(SMS) zu fördern. Diese Sulfide sind mit Metallen<br />

wie Kupfer, Zink, Blei, Gold und Silber hoch<br />

angereicherte Ablagerungen aus untermeerischen<br />

hydrothermalen Quellen, den sogenannten Black<br />

Smokers. Und da sie in den Wirtschaftszonen der<br />

Länder liegen, gilt nicht der strenge Kodex einer<br />

ISA-Gewinnbeteiligung.<br />

Neptune Minerals hat mittlerweile drei “Prospecting<br />

Licences” in den Gewässern Neuseelands<br />

(insgesamt 63.000 km²) angemeldet und auch<br />

sechs Lizenzen (Exploration Licences) in den Territorialgewässern<br />

<strong>von</strong> Papua-Neuguinea erworben<br />

(Vier Lizenzen an den unterseeischen Flanken der<br />

Lihir-Insel, auf der sich eine der größten Goldlagerstätten<br />

der Welt befindet, und zwei Lizenzen in<br />

der zentralen Bismarcksee zwischen den Inselgruppen<br />

New Britain und New Irland). In diesen<br />

Gewässern liegen auch die umfangreichen Lizenzgebiete<br />

der kanadischen Nautilus Minerals, der<br />

größeren und kapitalstärkeren der beiden Firmen.<br />

Ende 2006 hat Nautilus Minerals nun einen Vertrag<br />

mit der belgischen Firma Jan des Nul über<br />

den Bau eines 191 Meter langen Bergbauschiffs<br />

mit dem schön klingenden Namen Jules Verne<br />

abgeschlossen. Im Jahr 2009 soll das Bohrschiff<br />

fertiggestellt sein und der Minenbetrieb in bis zu<br />

1700 Meter Tiefe starten. Die Investoren (ein<br />

“who’s who” der globalen Bergbaufirmen) scheinen<br />

es ernst zu meinen, denn auch Canyon Offshore,<br />

ein führender Dienstleister für die Offshore-<br />

Erdöl- und Erdgasindustrie, will bei dem 120 Millionen<br />

US-Dollar teuren Erkundungs- und Testbohrungsprogramm<br />

mitmachen. Und die Umweltbasis-


Schwarzer Raucher: Im Umfeld wimmelt es vor Leben<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

untersuchungen duchführen. Denn die erloschenen<br />

Hydrothermalquellen sind nach dem derzeitigen<br />

Kenntnisstand zwar ökologisch ärmer als das<br />

Umfeld an den aktiven schwarzen Rauchern, an<br />

denen es vor Leben nur so wimmelt. Das heißt<br />

allerdings nicht, dass sie ökologische Wüste sind<br />

und dort nicht spezielle Organismen vorkommen<br />

könnten, die durch den Abbau verschwinden könnten.<br />

“Wenn Nautilus und seine Partner erfolgreich<br />

sind”, kommentiert Satya Nandan, der Generalsekretär<br />

der ISA diese Entwicklung, “wird der Effekt<br />

auf den Meeresbergbau und die weltweiten mineralischen<br />

Ressourcen revolutionär sein. Und auch<br />

für die Arbeit der Meeresbodenbehörde.” Der<br />

Gold- und vor allem Kupferabbau im Ostpazifik ist<br />

bei dem raschen Ansteigen der Weltmarktpreise für<br />

metallische Rohstoffe also kurz vorm Start.<br />

S.12 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Meeresbergbau<br />

Die Chinesen geht es besonders um die<br />

Mangankrusten<br />

Anders sieht es bei dem geplanten Abbau der<br />

sogenannten Mangankrusten aus. Diese insbesondere<br />

an den untermeerischen Vulkanen ausgefällten<br />

Erze bieten ebenfalls reichhaltige Kupferlagerstätten,<br />

die nur durch großräumig grasende Abbaumaschinen<br />

gewonnen werden sollen. Die Mangankrusten<br />

sind insbesondere für die Chinesen interessant,<br />

da sie in ihrem näheren Umfeld bisher keine<br />

Sulfidlagerstätten oder Metallschlote gefunden<br />

haben. “Über die Mangankrusten wird dort vor<br />

allem wegen des Kupfers und Kobalts ganz gezielt<br />

nachgedacht”, berichtet Hermann Kudrass <strong>von</strong> seinem<br />

kürzlichen Besuch bei der COMRA, der chinesischen<br />

Meeresbergbauorganisation.<br />

In beiden Fällen, bei den Schloten wie auch den<br />

Krusten, handelt es sich anders als bei den weit<br />

verbreiteten Manganknollen um Punktquellen.<br />

Damit sind Kontroversen vorprogrammiert, wenn<br />

die Richtlinien für den Krustenabbau festgesetzt<br />

werden. Denn während Russland nach der politischen<br />

Öffnung über genügend Ressourcen an Land<br />

verfügt, wollen die Chinesen, Inder und Koreaner<br />

ihren Hunger nach Kupfer und anderen Metallen<br />

nicht durch internationale Regeln vereitelt sehen.<br />

So ist es auch zu verstehen, dass China reichlich<br />

Lobbyarbeit vor einer Ausfertigung eines Regelwerks<br />

bei der ISA betreibt. Denn je weiter weg die<br />

Technik ist, desto strikter könnten die Regeln ausfallen.<br />

Wenn es aber zum Abbau kommt, werden<br />

die Maßnahmen in einem anderen Licht gesehen.<br />

Chinas vorgebrachtes Argument, die Techniken<br />

wären noch nicht bekannt, hält aber einer Überprüfung<br />

nicht stand: Es gibt nur zwei ernst zu nehmenden<br />

Möglichkeiten: eine Staubsaugertechnik<br />

bei den Sulfiden und eine Art Baggertechnik, wie<br />

beim Braunkohleabbau an einer langen Kette, für<br />

die Mangankrusten. Insofern sollte einer Eingriffsregelung<br />

nichts im Wege stehen. “Die geplante<br />

Verordnung über den Krustenabbau ist in vollem<br />

Gange”, bestätigt Markus Wengler, deutscher Mitarbeiter<br />

der ISA in Jamaika. Zur Disposition stehen<br />

aber noch die strittigen Fragen der Mindestgröße<br />

der Lizenzgebiete, die Ausgleichsmaßnahmen und<br />

die Höhe der Kompensationen an die ISA.


Auf dem Festlandsockel haben die Verordnungen<br />

der ISA keine Gültigkeit<br />

Auf den Festlandsockelbezirk greifen die Verordnungen<br />

der Meeresbergbaubehörde letztendlich<br />

allerdings nicht. Denn die ISA geht da<strong>von</strong> aus,<br />

dass die Staaten die Verantwortung für ihre Ressourcen<br />

auch gut verwalten und folgt damit Adam<br />

Smiths Grundsatz, dass der, der Eigentum hat, dieses<br />

auch vernünftig tun wird. Nun mag dies fürs<br />

Individuum gelten, aber nicht unbedingt für Staaten.<br />

“Das wurde aber damals politisch so<br />

gewünscht und könnte eventuell ein Fehler sein”,<br />

so der Seegerichtspräsident Rüdiger Wolfrum. Die<br />

Übertragung der Fischereirechte auf die Länder<br />

war angesichts der überfischten Meere sicherlich<br />

solch ein Fehler.<br />

Die Nutzung der genetischen Ressourcen<br />

ist noch nicht eindeutig geregelt<br />

Zurück zum Disco-Schwamm und anderen genetischen<br />

Ressourcen der Tiefsee: auch diese “lebenden<br />

Ressourcen” fallen nicht unter die Aufsicht der<br />

Meeresbodenbehörde, die nur für Mineralien<br />

zuständig ist. Oder doch? “Das Gewohnheitsrecht<br />

aus dem Tiefseebergbau könnte reichen, das Meer<br />

vor weiteren Eingriffen zu schützen”, spekuliert<br />

der Richter Wolfrum. Auch die Meeresbodenbehörde<br />

will sicherstellen, dass sie die Zuständigkeit<br />

im Umweltschutz für die Ressourcen in den internationalen<br />

Gewässern innehat und darunter könnte<br />

eben auch eine Regelung der Gen-Prospektion fallen.<br />

Für die Genetikfirmen steht dieser Standpunkt<br />

aber überhaupt nicht zur Diskussion, denn sie<br />

haben die Technik und sie nutzen die derzeitige<br />

Gesetzeslücke einfach aus. So wie Craig Venter,<br />

der “Herr der Gene”, der in den letzten Jahren mit<br />

dem Segelschiff Sorcerer II 8000 Kilometer weit<br />

über die Meere fuhr und Plankton aus bis zu etwa<br />

30 Metern Tiefe entnahm. Aus den Proben im<br />

Nordwestatlantik und östlichen tropischen Pazifik<br />

isolierte er insgesamt 6,3 Milliarden Genbausteine<br />

S.13 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Meeresbergbau<br />

(Basenpaare). Mehr als sechs Millionen Proteine<br />

wurden <strong>von</strong> den Gensequenzen abgeleitet, einschließlich<br />

“Tausender neuer Protein-Familien”, so<br />

das Craig Venter Institute in Rockville (US-Staat<br />

Maryland).<br />

Noch ist es den Schatzhütern der ISA nicht<br />

gelungen, eine erweiterte Zuständigkeit diplomatisch<br />

durchzusetzen. Das liegt auch an der EU, die<br />

sich mit dem Schutz der genetischen Tiefseeressourcen<br />

noch nicht endgültig befasst hat. Obwohl<br />

das ein Leichtes wäre, denn in der Biodiversitätskonvention,<br />

dem ja die EU beigetreten ist, gibt es<br />

bereits das “Zugang und Nutzenteilungs-Prinzip”<br />

(“Sharing of Benefits”). Es müsste nur übertragen<br />

werden. Doch solange dies nicht geklärt ist, wird<br />

die Jagd nach Gold und Genen in der Tiefsee weiter<br />

in Wildwestmanier vorangetrieben.<br />

Dr. Onno Groß<br />

Moderne Schatzsuche: Der Kieler ROV fand 2007 vor<br />

Sizilien neue Goldschlote Foto: GEOMAR<br />

Quellen<br />

isa: www.isa.org<br />

unclos: http://www.un.org/Depts/los/convention_agreements/convention_overview_convention.htm<br />

tiefsee: http://www.g-o.de/index.php?cmd=suchen&suchtext=Tiefsee&show_free_articles=0<br />

CBD<br />

http://www.biodiv.org/convention/articles.shtml?a=cbd-15


<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong>:<br />

Patentrezept gegen die Überfischung?<br />

Auszüge aus den Diplomarbeiten <strong>von</strong><br />

Matthias Wehkamp:<br />

Besiedlung <strong>von</strong> künstlichen Substraten durch marine Aufwuchsorganismen, 2005<br />

Stephanie Hayen:<br />

Beziehungen <strong>von</strong> Substratkomplexität, Fischdiversität und Fischabundanz, 2005<br />

Zur Schädigung <strong>von</strong> Korallenriffen: Die<br />

Wichtigkeit <strong>von</strong> Korallenriffen ist unbestritten.<br />

Neben dem Küstenschutz und der<br />

Ernährung der Anwohner dienen sie als Magnet für<br />

den Tourismus (Alcala & Russ 1999; Bellan &<br />

Bellan-Santini 2001) und sind somit in vielen Ländern<br />

eine äußerst wichtige wirtschaftliche Einnahmequelle.<br />

Korallenriff im Roten Meer<br />

Foto: J. Hutsch (Wikipedia Enzyklopädie)<br />

Die Ressourcen der <strong>Riffe</strong> werden <strong>von</strong> den Menschen<br />

traditionell für den Nahrungserwerb genutzt.<br />

Das explosionsartige Bevölkerungswachstum sorgte<br />

jedoch durch seinen erhöhten Bedarf an tierischem<br />

Protein dafür, dass traditionelle Methoden<br />

des Fischfangs durch moderne ersetzt wurden.<br />

Eine starke Überfischung ist die Folge. Dazu<br />

kommt das Sammeln <strong>von</strong> so genannten Delikatessen<br />

wie Seegurken, Seeigeln, Muscheln und<br />

Schnecken für den weltweiten Export. Und auch<br />

die Korallen selbst bleiben nicht verschont. So<br />

wird z. B. das Außenskelett <strong>von</strong> Heliopora coerulea<br />

zu Schmuck verarbeitet. 1988 wurden allein in<br />

die USA 1500 Tonnen Edelkoralle zu Schmuckund<br />

Zierzwecken importiert (Lalli & Parsons<br />

S.14 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

1995). Der Kalk der Korallen wird außerdem als<br />

Baumaterial für Häuser und Hotels benutzt. Besonders<br />

auf den Malediven, Französisch Polynesien<br />

und Thailand führte das zu großflächigen Zerstörungen<br />

<strong>von</strong> Korallenriffen (Clark & Edwards<br />

1999).<br />

Nicht direkt absehbar sind die Folgen toxischer<br />

Verschmutzungen durch die Industrie sowie durch<br />

Abwässer <strong>von</strong> Haushalten und Hotels. Die Eutrophierung<br />

und Sedimentation küstennaher Gewässer<br />

durch anthropogene Einflüsse nimmt weltweit zu<br />

(Rosenberg 1985). Lokale Eutrophierungserscheinungen<br />

beeinflussen direkt die Zusammensetzung<br />

adulter Korallengemeischaften (Loya 1975;<br />

Tomascik & Sander 1987). Ebenfalls direkt beeinflusst<br />

wird die Besiedlungsrate juveniler Korallen,<br />

welche mit zunehmender Eutrophierung abnimmt<br />

(Tomascik 1991; Hunte & Wittenburg 1992).<br />

Algen können sich verstärkt vermehren und die<br />

Korallen überwachsen. Durch die Trübung des<br />

Wassers wird zudem die Sonneneinstrahlung vermindert<br />

und die Photosynthese der Zooxanthellen<br />

reduziert (Tomascik & Sander 1985; Hunte & Wittenburg<br />

1992). Die Produktivität des gesamten Rif-<br />

Blaue Koralle (Heliopora coerulea): Ihr Außenskelett<br />

wird zu Schmuck verarbeitet.<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie


fes ist da<strong>von</strong> betroffen. Laut World Conservation<br />

Union and the United Nations Environment Program<br />

(UNEP) wiesen 1994 die <strong>Riffe</strong> in 93 <strong>von</strong> 109<br />

Ländern signifikante Schäden auf. Aus diesen<br />

Gründen wird es immer wichtiger, die Zerstörung<br />

aufzuhalten und beschädigte <strong>Riffe</strong> z. B. mit Hilfe<br />

<strong>von</strong> künstliche <strong>Riffe</strong>n zu restaurieren.<br />

Zur Schaffung künstlicher <strong>Riffe</strong>:<br />

Die Vorstellungen der Restaurationsökologen<br />

über das künstliche Riff reichen <strong>von</strong> der Reparatur<br />

beschädigter natürlicher <strong>Riffe</strong> über die Nachbildung<br />

<strong>von</strong> <strong>Riffe</strong>n bis hin zur völligen Neugestaltung<br />

dieser Ökosysteme (Pratt 1994). Ihrer Meinung<br />

nach akkumuliert jedes künstliche Substrat<br />

Organismen. Dies ist eine der gewünschten Hauptfunktionen.<br />

Eine weitere Funktion ist die Steigerung<br />

der natürlichen Produktivität durch das<br />

Anbieten neuer Habitate für Aufwuchsorganismen.<br />

Eine letzte, sehr wichtige Funktion ist der Schutz<br />

<strong>von</strong> kleinen oder juvenilen Organismen vor Befischung<br />

oder Prädation (Chua & Chou 1994).<br />

Der Schwerpunkt der Fischerei liegt dabei traditionell<br />

auf der Vermehrung der Fischbiomasse.<br />

Nach Chou (1997) wurden Anfang der 70er Jahre<br />

in Südost-Asien viele Programme zur Entwicklung<br />

und Konstruktion <strong>von</strong> künstlichen <strong>Riffe</strong>n zur Verbesserung<br />

der Ernährungssituation und des Wohlstandes<br />

gestartet. Zunächst initiiert <strong>von</strong> Fischern<br />

und vom Staat gefördert, übernahmen bald die entsprechenden<br />

Regierungen die Planung und Ausführung<br />

solcher Vorhaben. Die vier Länder Malaysia,<br />

Thailand, die Philippinen und Singapur erschufen<br />

bis 1990 unzählige künstliche Habitate. Dabei wurden<br />

Hunderttausende <strong>von</strong> alten Fahrzeugreifen verbaut.<br />

Aber auch andere Materialien wie z. B. Stahlrohre,<br />

alte Fahrzeuge, Boote, Fiberglas und Plastik<br />

kamen zum Einsatz. Besonders populär waren<br />

Materialien aus natürlichen, “unbegrenzten” und<br />

preiswerten Ressourcen wie Holz und Bambus<br />

(Chou 1997).<br />

Der Fokus der Restaurationsökologen liegt darüber<br />

hinaus auf der Möglichkeit, Umweltschäden<br />

zu beseitigen, um natürliche Lebensräume und<br />

deren Artenreichtum zu sichern. Dabei geht es<br />

S.15 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

genauso um nachhaltigen Klimaschutz wie um<br />

moralisch-ethische Aspekte der Arterhaltung.<br />

Das künstliche Riff wird <strong>von</strong> der Wissenschaft<br />

aber nicht nur als Ziel der Forschung betrachtet,<br />

USS Oriskany: 2006 wurde das Wrack planmäßig vor<br />

der Küste versenkt. Es bildet das Oriskany-Riff.<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

sondern hauptsächlich als Instrument zur Klärung<br />

verschiedener Fragen, wie z. B. nach dem Einfluss<br />

<strong>von</strong> Verschmutzung auf die Besiedlung mariner<br />

Lebensräume, Besiedlungsstrategien oder Prozesse<br />

der Sukzession (z. B. Harriott & Fisk 1987; Hatcher<br />

1998; Golania & Diamant 1999)<br />

Die unterschiedlichsten Materialien kamen bei<br />

dem Bau <strong>von</strong> künstlichen <strong>Riffe</strong>n zum Einsatz.<br />

Dazu gehörten z. B. Autoreifen (Reimers & Branden<br />

1994), PVC (Goren 1979), Korallengestein<br />

(Sale & Dybdahl 1975; Diaz-Castañeda & Almeda-Jauregui<br />

1999), Fliesen (Gleason 1996) und<br />

Schiffswracks (Wendt et al. 1998) sowie die Verpflanzung<br />

lebender Korallenstöcke (z.B. EIA 2000;<br />

www.reefball.com).<br />

Eine Vielzahl an Methoden zum Einbringen des<br />

künstlichen Substrats im natürlichen Riff wurde<br />

entwickelt und angewandt. Diese Methoden reichen<br />

<strong>von</strong> Korallengesteinsblöcken, welche zurecht<br />

geschnitten und am Riff verschraubt werden (Diaz-<br />

Castañeda & Almeda-Jauregui 1999), bis hin zu<br />

senkrecht ausgerichteten und am Boden fixierten<br />

PVC-Platten (Goren 1979).


Der Bau eines künstlichen <strong>Riffe</strong>s aus Hohlblocksteinen<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

Ein direkter Vergleich, inwieweit verschiedene<br />

Materialien als künstliches Riff geeignet sind,<br />

wurde unseres Wissens nach bisher nicht durchgeführt.<br />

Aussagen darüber zu treffen, wie ein künstliches<br />

Riff erbaut werden und aus welchem Material<br />

es bestehen sollte, sind jedoch essentiell, um<br />

bestimmten schützenswerten Arten einen neuen<br />

Lebensraum zu bieten, ohne die Umwelt weiter zu<br />

schädigen. Die Zusammensetzung, Struktur sowie<br />

die Haltbarkeit des Materials sind dabei <strong>von</strong><br />

besonderer Bedeutung, damit das künstliche Riff<br />

<strong>von</strong> der Flora und Fauna angenommen wird. Es<br />

bestehen aber Kenntnisse über eine direkte Korrelation<br />

zwischen der Größe und Heterogenität eines<br />

künstlichen Habitats und seinem Artenreichtum<br />

(Bohnsack & Harper 1994; Kim et al. 1994) sowie<br />

der Dauerhaftigkeit der Aufwuchsgemeinschaften.<br />

Je größer und heterogener das Substrat, desto mehr<br />

Arten kann das Substrat fassen und desto länger<br />

bleiben die Gemeinschaften bestehen (Pratt 1994).<br />

Wichtig sind auch Informationen darüber, <strong>von</strong> welchen<br />

Gegebenheiten es abhängt, wie schnell ein<br />

Substrat <strong>von</strong> Korallen besiedelt werden kann. So<br />

können z. B. krustierende Algen – wenn sie sich<br />

ebenfalls auf dem Material ansiedeln – das Korallenwachstum<br />

erschweren (z. B. Glaeson 1996). Für<br />

die Reparatur und den Einbau <strong>von</strong> künstlichem<br />

S.16 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Material in geschädigte <strong>Riffe</strong> ist die Auswahl des<br />

Materials besonders wichtig. Hierzu sind Voruntersuchungen<br />

an dem natürlichen, geschädigten Riff<br />

notwendig.<br />

Die Immigration eines potenziell zu besiedelnden<br />

Materials verläuft im Allgemeinen zufällig nach<br />

der Reihenfolge ankommender Organismen (Pratt<br />

1994). Dieser Vorgang ist schwer zu beeinflussen.<br />

Beeinflussbar ist jedoch die Erfolgschance, mit der<br />

Organismen das neue Substrat besiedeln und auf<br />

diesem überleben, um sich zu reproduzieren und<br />

auszubreiten. Mit dem Wissen über die Bedürfnisse<br />

der Arten zur Reproduktion und Verbreitung<br />

könnte den gewünschten Organismen theoretisch<br />

gezielt und selektiv ein optimales Habitat geboten<br />

werden, um so <strong>Riffe</strong> zu restaurieren oder um ganz<br />

neue <strong>Riffe</strong> zu erschaffen. Es stellt sich also auch<br />

die Frage nach der Beschaffenheit und der Struktur<br />

des Substrats.<br />

Drei Materialbeispiele zum Bau <strong>von</strong><br />

künstlichen <strong>Riffe</strong>n<br />

Glas<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Altglas enthält keine umweltschädlichen Inhaltsstoffe,<br />

welche in die marine Umwelt abgegeben<br />

werden könnten. Es verhält sich pH-neutral im<br />

Salzwasser und ist zudem weltweit kostengünstig<br />

verfügbar. Glas ist deshalb optimal als Material<br />

zum Errichten <strong>von</strong> künstlichen <strong>Riffe</strong>n geeignet.<br />

Die Stabilität der Struktur eines Glasriffes ist<br />

jedoch ein Problem. Es ist schwer, stabile Module<br />

aus Altglas zu erschaffen. Das Glas müsste zu diesem<br />

Zweck so miteinander verklebt werden, dass<br />

die Struktur des <strong>Riffe</strong>s auch bei starker Strömung<br />

und Sturm erhalten bleibt. Denn sollte das Habitat<br />

in sich zusammenfallen, würde die darauf ablaufende<br />

Sukzession empfindlich gestört oder gar<br />

beendet werden.<br />

Ein Beispiel für die Verwendung <strong>von</strong> Glas stellen<br />

die Flaschenriffe vor der Südwestküste Tobagos W.<br />

I. dar. Diplom-Biologe A. Wothke und Assistenten<br />

errichteten im Jahre 2000 drei Flaschenriffe vor<br />

der Südwestküste Tobagos. Als Grundstock zur<br />

Erbauung dienten ausschließlich Altglasflaschen,


die in das Substrat gelegt und aufeinandergestapelt<br />

wurden. Ursprünglich besaßen die <strong>Riffe</strong> eine Höhe<br />

<strong>von</strong> ca. 1,5 – 2 m. Im Jahre 2004 konnte jedoch<br />

nur noch eine Höhe <strong>von</strong> höchstens einem halben<br />

Meter festgestellt werden, da die Flaschen immer<br />

mehr in das Sediment einsinken. Ein Grund dafür<br />

ist die Aktivität der zu Tausenden im Sandgrund<br />

lebenden Polychaeten Arenicola cristata. An dem<br />

größten der Flaschenriffe (Länge ca. 9 m, ca. 30 m<br />

Entfernung zum natürlichen Saumriff) wurde 2004<br />

(Diplomarbeit Stephanie Hayen 2004) u. a. eine<br />

Bestandsaufnahme aller Fischindividuen über vier<br />

Durch Toxine gefährdet: Fische im künstlich entstandenen<br />

Lebensraum.<br />

Foto: Jordan Tourism Board Germany<br />

Monate durchgeführt. Außerdem sind Substratparameter<br />

wie z. B. Oberflächenkomplexität und<br />

Aufwuchsarten aufgenommen worden.<br />

Dabei konnte festgestellt werden, dass sich das<br />

Flaschenriff als eigenständiges kleines Riffgebiet<br />

in fast allen Eigenschaften <strong>von</strong> gleichzeitig untersuchten<br />

Gebieten in dem natürlichen Saumriff<br />

unterschied.<br />

Das Flaschenriff ist einer hohen Sedimentation<br />

ausgesetzt, was die Ansiedlung und das Wachstum<br />

<strong>von</strong> Korallen erschwert. Teilweise bewachsen ist<br />

das Glas mit grünen Federalgen und Krusten- und<br />

Röhrenschwämmen. Der Aufwuchs auf dem Material<br />

erweist sich somit als wenig abwechslungsreich.<br />

Das künstliche Flaschenriff bietet ein hohes<br />

Angebot an mikroskaligen Habitaten wie kleinen<br />

Nischen, Spalten und Öffnungen und besaß eine<br />

S.17 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

hohe Abundanz an juvenilen Fischen, vorrangig<br />

aus der Familie der Haemulidae (Grunzer), die hier<br />

als potentielle Beutetiere Versteck- und Zufluchtsmöglichkeiten<br />

finden. Die Lage des künstlichen<br />

Riffs im Freiwasser im Strömungsbereich des Orinoko<br />

bietet den Jungtieren Nahrung in Form <strong>von</strong><br />

Plankton. Das flache Flaschenriff beherbergte eine<br />

auffallend hohe Anzahl an zwei größeren benthisch<br />

lebenden kryptischen Fischarten, die sich auf dem<br />

dichtsedimentiertem Material hervorragend der<br />

Riffstruktur anpassen können.<br />

Die Artendiversität an dem Riff erwies sich als<br />

gering. Außer den bereits genannten Arten konnten<br />

kaum Fische entdeckt werden. Den größeren<br />

Fischen scheinen hier Versteck- und Nahrungsmöglichkeiten<br />

zu fehlen.<br />

PVC<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Laut Angaben des Herstellers (Technische<br />

Folien, Bremen) ist die in dieser Studie verwendete<br />

Teichfolie aus PVC “100%ig Fisch- und Pflanzenverträglich”.<br />

Außerdem ist sie cadmium- und bleifrei.<br />

Es kann also <strong>von</strong> einer guten Umweltverträglichkeit<br />

ausgegangen werden. Für Besiedlungsversuche<br />

ist sie gut geeignet, da der Bewuchs leicht<br />

<strong>von</strong> der weichen Oberfläche präpariert werden<br />

kann.<br />

Das Benutzen <strong>von</strong> Altreifen zum Errichten<br />

künstlicher <strong>Riffe</strong><br />

Die Restaurationsökologie befasst sich mit der<br />

Entwicklung und dem Testen <strong>von</strong> Theorien zum<br />

Reparieren beschädigter Ökosysteme (Palmer et al.<br />

1997). Beteiligten Wissenschaftlern geht es dabei<br />

z. B. um die Rettung bedrohter Arten (Montalvo et<br />

al. 1997; Winemiller & Anderson 1997) oder den<br />

Ausgleich verloren gegangener Habitate (Huxel &<br />

Hastings 1999).<br />

Ein Ziel der Riffökologen ist es, die Effekte <strong>von</strong><br />

sich ändernden Umweltbedingungen (natürlich<br />

oder anthropogen induziert) auf Lebensgemeinschaften,<br />

wie z. B. den <strong>von</strong> Korallen vorauszusagen<br />

(Tomascik & Sander 1985). <strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

werden dabei eingesetzt, um das Verständnis über<br />

die Arten, über Besiedlungsvorgänge und über


Interaktionen zwischen den Arten zu verbessern (z.<br />

B. Santas et al. 1998; Sherman et al. 1999; Zeevi<br />

Ben-Yosef & Benayahu 1999). Die daraus gewonnenen<br />

Erkenntnisse können und sollen dabei helfen,<br />

die zumeist durch anthropogene Einflüsse<br />

beschädigten oder gar zerstörten Ökosysteme zu<br />

restaurieren.<br />

Aus Kostengründen wurden zur Erbauung <strong>von</strong><br />

künstlichen <strong>Riffe</strong>n häufig Altreifen benutzt. Da die<br />

Entsorgung alter Reifen auf der ganzen Welt ein<br />

großes Problem darstellt, entstehen kaum Materialkosten<br />

bei der Errichtung, und es ist eine gute,<br />

weltweite Verfügbarkeit gewährleistet (Myatt et al.<br />

1989; Figley 1994; Reimers & Branden 1994;<br />

Aleksandrov et al. 2002). Autoreifen besitzen<br />

zudem durch ihr Profil eine grobe Oberflächenstruktur,<br />

welche die Besiedlung durch Organismen<br />

zu begünstigen scheint.<br />

Jedoch enthalten Fahrzeugreifen Umwelttoxine<br />

wie Zink, Kupfer, diverse Ölprodukte, aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe und Formaldehyd, welche<br />

besonders gut in Verbindung mit Salzwasser aus<br />

dem Gummi in die marine Umwelt abgegeben<br />

werden (Aleksandrov et al. 2002). Die zulässigen<br />

Höchstkonzentrationen <strong>von</strong> Zink, Kupfer, Formaldehyd<br />

und Aceton wurden in der Versuchsanordnung<br />

<strong>von</strong> Aleksandrov (2002) nach der Bemessungsgrundlage<br />

<strong>von</strong> PML (Standart permissible<br />

migration levels) und MPC (Maximum permissible<br />

concentrations for fish industry areas) deutlich<br />

überschritten. Viele andere toxische Stoffe wurden<br />

in Konzentrationen unterhalb dieser Maxima nachgewiesen.<br />

Unter dem Einfluss der ins Wasser abgegebenen<br />

Substanzen kam es zudem zu einer<br />

Zunahme des Wachstums <strong>von</strong> Phytoplankton und<br />

benthischen Makrophyten. Die Eutrophierung<br />

küstennaher Gewässer könnte somit durch <strong>Riffe</strong><br />

aus Altreifen gefördert werden.<br />

Zum Erlangen <strong>von</strong> Wissen über die marine<br />

Umwelt oder zum Beseitigen <strong>von</strong> anthropogen verursachten<br />

Schäden, wird mit Reifenriffen ein Mittel<br />

gewählt, welches selbst schädlich für die<br />

Umwelt ist. Um Schäden zu beheben wird neuer,<br />

noch nicht absehbarer Schaden verursacht. Gleichzeitig<br />

wird eine ökonomische Lösung zur Entsorgung<br />

<strong>von</strong> Sondermüll angeboten.<br />

Literatur:<br />

S.18 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Reifen-Riff: Kostengünstig, ökologisch aber nicht<br />

unbedenklich<br />

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S.19 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

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www. Reefball.com<br />

Stephanie Heyen, Matthias Wehkamp


Reifen-<strong>Riffe</strong><br />

Müllentsorgung mit Folgen<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong> sollen zerstörte Unterwasserwelten<br />

beleben. Flora und Fauna nehmen<br />

sie dankbar an. Selbsternannte<br />

Umweltschützer kippen sogar Autos, Panzer und<br />

Ölplattformen in die Ozeane.<br />

Die Hafenmauer in Schilksee bei Kiel sieht aus<br />

wie eine ganz gewöhnliche Natursteinmauer. Ein<br />

paar Pflanzen wachsen in den Fugen und obendrauf<br />

stolzieren Möwen und Austernfischer. Nichts<br />

erinnert daran, dass diese Steine einst am Grund<br />

der Ostsee lagen, <strong>von</strong> Algen und Seegetier<br />

bewachsen.<br />

In den fünfziger und sechziger Jahren war die<br />

Steinfischerei eine lukrative Einkommensquelle.<br />

Tonnenweise wurden riesige Findlinge vom Meeresboden<br />

gefischt und an Land befördert – genutzt<br />

als billiges Baumaterial zur Uferbefestigung für<br />

Mauern und Wege. Was damals niemand bedachte:<br />

Auf diesen Felsen leben jede Menge Meerestiere,<br />

die mit weichem Sandboden nichts anfangen können<br />

und deren Lebensraum massiv reduziert<br />

wurde.<br />

Kieler Biologen wollen mit so genannten Reef<br />

Balls das verlorene Biotop Stück für Stück wiederherstellen.<br />

“Wir versenken hohle, durchlöcherte<br />

Betonhalbkugeln”, erklärt Stefan Krause, Projektleiter<br />

der Firma MariLim. Ihre große Oberfläche<br />

bietet Tieren und Pflanzen Siedlungsfläche, ihr<br />

Inneres Unterschlupf. Ursprünglich wurden Reef<br />

Balls in den USA zur Reparatur <strong>von</strong> Korallenriffen<br />

entwickelt. Einsatz fanden sie aber auch schon in<br />

gemäßigten Breiten: Weltweit sind bereits mehr als<br />

200.000 Reef Balls im Meer versenkt worden.<br />

Um den positiven Effekt auf die Unterwassergemeinschaft<br />

der Ostsee zu demonstrieren, haben die<br />

Meeresbiologen im vergangenen Sommer zwölf<br />

Hohlkugeln an der Seebadeanstalt Holtenau bei<br />

Kiel auf dem Meeresgrund platziert und dokumentieren<br />

seither deren Besiedlung. “Ein in Deutsch-<br />

S.20 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Panzer als Riff: Fragwürdiger Umweltschutz<br />

Foto: Jordan Tourism Board Germany<br />

land einmaliges Pilotprojekt”, sagt MariLim-Chef<br />

Thomas Meyer. Mit den handgemachten Findlingen<br />

– jeder Einzelne ist etwa einen halben Meter<br />

hoch und hat eine Grundfläche <strong>von</strong> einem Quadratmeter<br />

– ist ein künstliches Riff geschaffen worden,<br />

eine Felslandschaft unter Wasser.<br />

Die Idee, mit künstlichen Objekten Meerestieren<br />

ein Heim zu zimmern, hatte ursprünglich wenig<br />

mit Naturschutz zu tun und wird daher <strong>von</strong> Fachleuten<br />

kritisch beäugt. “Seit 1830 baut man in den<br />

USA künstliche <strong>Riffe</strong>”, sagt Meyer. Selbst Autos<br />

wurden zu Hunderten versenkt. Sehr zur Freude<br />

der Fischer waren die Wracks schon nach kürzester<br />

Zeit <strong>von</strong> Fischen bevölkert. Zahlreiche künstliche<br />

<strong>Riffe</strong> sind seitdem als fish attractive device konstruiert<br />

worden, um primär den Fischern das Leben<br />

zu erleichtern. Auch im Zuge des Korallensterbens<br />

hat sich die Idee <strong>von</strong> künstlichen <strong>Riffe</strong>n inzwischen<br />

zu einer zweifelhaften Mode entwickelt: Mit<br />

künstlichen Objekten soll eine der artenreichsten<br />

Lebensgemeinschaften unserer Erde gerettet werden.<br />

Nicht zuletzt für den Tauchtourismus – denn<br />

der bringt Geld ein. Wie hoch der Wert <strong>von</strong> Korallenriffen<br />

gerade in Florida beziffert wird, zeigt ein


Unfall der Navy vor ein paar Jahren. Das Atom-U-<br />

Boot U.S.S. Memphis krachte in ein 3000 Jahre<br />

altes Korallenriff vor Florida. Als es sich zu befreien<br />

versuchte , rissen die Propeller zwei tiefe Gräben<br />

in das Riff. Die Navy musste 750.000 Dollar<br />

Schadensersatz zahlen, die für die Reparatur des<br />

Riffs verwendet wurden.<br />

Unbewachsene Reef Balls<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

Die kurioseste Idee für künstliche <strong>Riffe</strong> kommt<br />

aus den USA, und ausgerechnet <strong>von</strong> der Gruppe,<br />

die auch die Reef Balls entwickelt hat. Mit so<br />

genannten Memorial Reefs versucht die Reef Ball<br />

Development Group Sponsoren für das künstliche<br />

Hartsubstrat zu finden: Wer wenigstens nach seinem<br />

Ableben noch etwas Gutes für die sterbenden<br />

Korallen tun will, kann sich in einer speziellen<br />

Urne als Teil eines künstlichen Riffs auf dem Meeresgrund<br />

bestatten lassen, wirbt der Verein. Korallenlarven<br />

siedeln sich dann auf der Urne an.<br />

Ob derartige Naturkosmetik den Korallenriffen<br />

aber tatsächlich helfen kann, ist umstritten. Mehr<br />

als 50 Prozent der Korallen sind schon geschädigt,<br />

aufgrund des Klimawandels, infolge <strong>von</strong> Gift- und<br />

Dynamitfischerei und auch durch Taucher. Der<br />

Bau künstlicher <strong>Riffe</strong> lenkt <strong>von</strong> den eigentlichen<br />

Ursachen dieser Umweltzerstörung ab und ist<br />

zudem ineffektiv, weil <strong>Riffe</strong> mehrere hundert Jahre<br />

Entwicklungszeit benötigen. Selbst EcoReef, eine<br />

Firma, die künstliche <strong>Riffe</strong> für Hotelanlagen entwickelt,<br />

sagt: “Die meisten künstlichen <strong>Riffe</strong> sind<br />

S.21 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

nicht nur teuer und aufwändig zu installieren, sie<br />

verwandeln sich mit der Zeit sogar häufig zu<br />

einem regelrechten Unterwasserschandfleck <strong>von</strong><br />

bemerkenswerter Dauerhaftigkeit.”<br />

Illegale Abfallbeseitigung<br />

<strong>Künstliche</strong> <strong>Riffe</strong><br />

Anstelle einer Umweltverbesserung, klagen Ökologen,<br />

sei eine billige Entsorgungsmöglichkeit für<br />

Flugzeuge, Schiffe, Autos und Panzer geschaffen<br />

worden. Für die besonders umstrittene Form eines<br />

künstlichen Riffs wirbt ein Verein in Kalifonien,<br />

der alte Ölplattformen versenken will.<br />

In Deutschland ist der Bau künstlicher <strong>Riffe</strong> aus<br />

derartigen Materialien inzwischen verboten. “Wir<br />

kommen da ganz schnell in den Bereich der illegalen<br />

Abfallbeseitigung”, warnt Joachim Voss, Meeresspezialist<br />

beim Landesamt für Natur und<br />

Umwelt in Schleswig-Holstein. Immer wieder hat<br />

es auch bei uns Ansätze gegeben, Autowracks oder<br />

Reifen auf den Meeresboden zu versenken. Vielfach<br />

wurde argumentiert, dass Miesmuscheln, die<br />

hartes Substrat zur Siedlung benötigen, aufgrund<br />

ihrer enormen Filtrierleistung das Wasser sogar reinigen<br />

könnten. Tatsache ist jedoch, dass Reifen<br />

und Wracks oft mit Schadstoffen belastet oder<br />

sogar toxisch sind. Mit der Zeit sickern Ölreste aus<br />

Autos oder Panzern, die künstliche Siedlungsfläche<br />

beginnt zu rosten, die Reifen zerfallen. So verliert<br />

die Miesmuschelbank ihre Lebensgrundlage, stirbt<br />

und gibt die angehäuften Schadstoffe wieder ins<br />

Wasser ab. Der zunächst positive Effekt einer<br />

Besiedlung dreht sich ins Gegenteil.<br />

Mit Autoreifen- und Ölplattform-Recyclern wollen<br />

die Meeresbiologen <strong>von</strong> MariLim daher nichts<br />

zu tun haben. “Wir verwenden ausschließlich<br />

Beton mit einem pH-Wert, der dem des Meerwassers<br />

entspricht”, betont Stefan Krause. Daher seien<br />

die Reef Balls kein Fremdkörper im Meer. “Wir<br />

haben sozusagen den Tieren das Bett schon<br />

gemacht”, sagt der 27-Jährige, denn die Oberfläche<br />

werde besonders rasch besiedelt.<br />

Die bisherigen Ergebnisse geben den Biologen<br />

Recht: Nach wenigen Monaten hatten sich über 40<br />

Tier- und Pflanzenarten auf den angebotenen Flä-


chen niedergelassen. Schon eine Woche, nachdem<br />

die Betonhalbkugeln unter Wasser waren, hatten<br />

sich Grünalgen angesiedelt, dann kamen die ersten<br />

Tiere: Strandschnecken, Würmer und Flohkrebse,<br />

die zum Teil <strong>von</strong> den Algen leben. Miesmuschelund<br />

Seepockenlarven entdeckten den Stein, und<br />

zwei weitere Wochen später hatte bereits der<br />

Gemeine Seestern die Reef Balls in großer Zahl<br />

besiedelt. In den Höhlen sucht die Strandkrabbe<br />

Schutz. Auch Fische und Krebse tummeln sich in<br />

den Gewölben, und selbst Manteltierchen haben<br />

sich eingemietet. “Wir sind überrascht, wie schnell<br />

das ging”, schwärmt Thomas Meyer. Sogar Räuber,<br />

die weiche Böden mögen, wie Grundeln oder<br />

Seesterne, haben an den Kugeln Gefallen gefunden.<br />

“Sie finden an den Reef Balls leichter Beute”,<br />

erklärt Krause das Phänomen des Wohnungstausches.<br />

Und wieder anderes Getier sucht Schutz vor<br />

Strömung oder Feinden. “Ich kann mir vorstellen,<br />

dass sich bald Jungdorsche und Heringe blicken<br />

lassen”, hofft Krause.<br />

Ginge es der Ostsee also besser, wenn Tausende<br />

<strong>von</strong> Reef Balls ins Meer gekegelt würden? “<strong>Künstliche</strong><br />

<strong>Riffe</strong> sind kein Allheilmittel”, warnt der Meeresbiologe<br />

Haje Rumohr vom Kieler Institut für<br />

Meereskunde vor Euphorie. Denn eine große<br />

Artenfülle hat die Ostsee ohnehin nie beherbergt.<br />

Aufgrund des geringen Salzgehaltes und starker<br />

Sauerstoffschwankungen überleben hier weniger<br />

Arten als in anderen Meeren. MariLim-Mitarbeiter<br />

Krause hielte es daher für nutzlos, die Ostsee in<br />

Gebieten mit Reef Balls zuzupflastern, in denen es<br />

ohnehin nie Steine gab. Aber da und dort mit Reef<br />

Balls Lebensraum neu zu schaffen, der vom Menschen<br />

zerstört und selten geworden ist, sei durchaus<br />

sinnvoll. Sein neuester Plan: ein Unterwassererlebnispfad<br />

aus Reef Balls, der Tauchtouristen<br />

seltene Meeresbewohner zeigt.<br />

Gabriele Lebs<br />

S.22 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Kurze Meldungen<br />

Leuchtquallen vernichten<br />

Lachsfarm in Nordirland<br />

Leuchtqualle Pelagia noctiluca: Verhängnisvoll für<br />

Lachse<br />

Foto: Wikipedia Enzyklopädie<br />

Der November 2007 war kein guter Monat für<br />

Northern Salmon, der einzigen Lachsfarm Nordirlands.<br />

Gleich zweimal wurde der rein biologisch<br />

arbeitende Betrieb <strong>von</strong> Schwärmen der Leuchtqualle<br />

Pelagia noctiluca heimgesucht.<br />

Beim ersten Mal drangen die Quallen in zwei<br />

250 Quadratmeter große und 10 Meter tiefe Lachsnetze<br />

ein. 100.000 Tiere verendeten am Nesselgift<br />

oder am Stress. Sie besaßen einen Wert <strong>von</strong> rund<br />

1,4 Milliarden Euro. Beim zweiten Mal war das<br />

Aufzuchtbecken der einjährigen Fische betroffen.<br />

140.000 Tiere im Wert <strong>von</strong> ca. 700.000 Euro starben.Jetzt<br />

verfügt das Unternehmen nur noch über<br />

zwei Aufzuchten und steht möglicherweise vor der<br />

Schließung.<br />

Die Lachse wurden <strong>von</strong> den Quallen freilich<br />

nicht mit Absicht angegriffen. Pelagia noctiluca<br />

ernährt sich <strong>von</strong> Plankton und Kleingetier. Es handelte<br />

sich vielmehr um einen Unfall, bei dem die<br />

Strömung die Tiere in die Lachskäfige getrieben<br />

hat.<br />

Leuchtquallen sind eher als Plage an den Stränden<br />

des Mittelmeeres bekannt. Ihr massenhaftes<br />

Auftreten so weit im Norden wird unter anderem<br />

als Folge des Klimawandels erklärt.<br />

Olaf Trint


Russische Nationalflagge<br />

unter dem Nordpol<br />

Mitte August 2007 hisste ein russisches Forscherteam<br />

eine rostfreie Landesfahne aus Titan auf<br />

dem Boden unter dem Nordpol. In 4261 Metern<br />

Tiefe. Es handelte sich dabei um die weltweit erste<br />

Expedition zum Meeresgrund des Pols. Zwei Mini-<br />

U-Boote wurden durch ein Loch in der Eisdecke in<br />

die Tiefe entsendet. Über das Unternehmen wurde<br />

live im russischen Staatsfernsehen berichtet.<br />

Für die juristische Durchsetzung völkerrechtlicher<br />

Ansprüche auf die rohstoffreiche Region unter<br />

dem Nordpol hat die Aktion keinerlei Bedeutung,<br />

sondern stellt lediglich einen Gag für die Medien<br />

dar.<br />

DVD<br />

S.23 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Die Nutzung <strong>von</strong> Küstengebieten, besonders den<br />

Abbau der dort vorkommenden Bodenschätze,<br />

regelt die UNO-Seerechtskonvention, die 1982<br />

verabschiedet wurde. Sie spricht jedem Küstenstaat<br />

ein 200 Seemeilen (ca. 370 km) breites Meeresgebiet<br />

zur ausschließlichen Nutzung zu. Zwar ist eine<br />

Erweiterung per Antrag auf 350 Seemeilen möglich,<br />

doch auch dann ist es fraglich, ob Russlands<br />

Anspruch auf den Nordpol durchgesetzt werden<br />

kann. Wenn nicht bliebe er "gemeinsames Erbe der<br />

Menschheit" und der Zugriff auf seine Ressourcen<br />

würde weiterhin unter der Verwaltung der UNO-<br />

Meeresbodenbehörde in Kingston (Jamaika) liegen<br />

Olaf Trint<br />

Kurze Meldungen<br />

Die DVD kostet<br />

€ 10 plus Versandkosten<br />

Bestellungen per E-Mail unter:<br />

info@deepwave.org


Meeres- und Umweltforschung<br />

Klimagas<br />

aus dem Nordseeboden<br />

Bei einer Ölbohrung in der Nordsee wurde eine<br />

riesige Gasblase angestochen. Tonnenweise<br />

gelangen seit über 17 Jahren die Klimagase<br />

CO2 und Methan in die Umwelt. Die Verursacher<br />

fühlen sich nicht zuständig.<br />

Kompakt<br />

Im Meeresboden gibt es Öl- und Gaslagerstätten,<br />

die beim Anbohren platzen können.<br />

Seit November 1990 entweichen aus einem<br />

unverschlossenen Ölbohrloch in der Nordsee<br />

tonnenweise die Klimagase CO 2 und Methan<br />

in das Meer und die Atmosphäre.<br />

Weithin sichtbar kreist ein Schwarm<br />

fischender Seevögel über der offenen<br />

Nordsee. Platschend tauchen sie immer<br />

wieder in das sprudelnde und blubbernde Meer.<br />

Fische tauchen taumelnd aus der Tiefe auf und<br />

sind eine leichte Beute für die Vögel.<br />

Es begab sich im November 1990 ...<br />

Gregor Rehder vom Institut für Ostseeforschung<br />

kennt diese Stelle: “Hier suchte die englische<br />

Ölfirma Mobil North Sea Limited 1990 nach Öl –<br />

und bohrte eine unter starkem Überdruck stehende<br />

Gasblase an.” Der Druck der Gasblase entlud sich<br />

am 21.11.1990 spontan durch einen “Blowout”.<br />

Wie beim Öffnen einer geschüttelten Seltersflasche<br />

kam es zu einer explosionsartigen Entladung des<br />

Überdrucks durch das Bohrgestänge, was fast zur<br />

Explosion der Bohrinsel führte. Die Bohraktivität<br />

wurde nach diesem gefürchteten Unfall sofort eingestellt.<br />

Gregor Rehder arbeitete 1994 als Doktorand der<br />

Meereschemie am Leibnizinstitut für Meereswissenschaften<br />

an der Universität Kiel (IFM-GEO-<br />

S.24 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Gase aus dem Bohrloch<br />

MAR) und untersuchte den Methanausstoß der<br />

Nordsee. “Unsere Untersuchungen ergaben, dass<br />

aus diesem Bohrloch 1994 rund 25 % des gesamten<br />

Methanausstoßes der Nordsee entwichen”,<br />

führt der Meereschemiker aus.<br />

Wissenschaftler des IFM-GEOMAR besuchten<br />

im Rahmen eines Klimaforschungsprojekts das<br />

Bohrloch erstmals mit einem Forschungs-U-Boot.<br />

“Es ging da unten zu wie in einem Whirlpool”,<br />

schildert Expeditionsleiter Olaf Pfannkuche vom<br />

Methangasquelle am Nordseeboden. Enstanden durch<br />

einen missglückten Ölbohrversuch<br />

Foto: www.innovations-report.de


IFM-GEOMAR. “Vom Sog des ausströmenden<br />

Gases wurden wir immer wieder zu den Austrittsöffnungen<br />

hingezogen und hatten Schwierigkeiten<br />

das U-Boot auf Position zu halten.”<br />

Gas tritt in bizarren Blasenwirbeln aus<br />

Sichtlich beeindruckt schildert der Fahrtteilnehmer<br />

Peter Linke (ebenfalls IFM-GEOMAR) seine<br />

Eindrücke der Tauchgänge: “Bizarre Blasenwirbel<br />

bildend, schießt das Gas mit hohem Druck aus<br />

einem gut 20 m tiefen Krater. Der Krater ist in<br />

zwei etwa sechs Meter breite Teilbecken gegliedert.<br />

Deren Böden sind mit Muschelresten und<br />

Steinen übersät. Das Gas strömt zurzeit mit unterschiedlicher<br />

Stärke aus zehn Quellen aus. Zahlreiche<br />

Blumentiere und andere Organismen haben<br />

sich am Boden des Kraters angesiedelt. Schwefel<br />

oxidierende Bakterien bevölkern die Bereiche, an<br />

denen Gas langsam entweicht.” Linke weiter:<br />

“Dass wir 10 Gasquellen fanden” – obwohl nur ein<br />

Loch gebohrt wurde – “liegt vermutlich an Setzungsprozessen<br />

im Meeresboden nach dem<br />

Blowout.” Die Forscher vermuten, dass Teile des<br />

Bodens nach dem Blowout absackten und sich so<br />

neue Wege für das ausströmende Gas öffneten.<br />

“Es war wie ein Ausflug in eine andere Welt”,<br />

fügt der Biologe und Geochemiker Linke hinzu<br />

Methan: Die Strukturformel<br />

Bild: Wikipedia Enzyklopädie<br />

S.25 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Gase aus dem Bohrloch<br />

und ergänzt: “Das Einzigartige an dieser Gasquelle<br />

ist, dass hier freies Kohlendioxid und Methan bis<br />

an die Wasseroberfläche gelangen.”<br />

“Momentan entweichen ca. 1000 Liter Gas pro<br />

Sekunde aus dem Bohrloch”, erklärt Pfannkuche<br />

und fügt hinzu: “Etwa ein Drittel der Gasmenge<br />

gelangt bis zur Oberfläche. Zwei Drittel lösen sich<br />

im Meerwasser und / oder werden <strong>von</strong> Bakterien<br />

oxidiert.”<br />

Wie groß der Schwall des mit dem Gas nach<br />

oben transportierten Wassers ist, zeigte sich darin,<br />

dass das fast 1000 Bruttoregistertonnen schwere<br />

Forschungsschiff “Alkor” wie ein Korken im<br />

Whirlpool seitwärts versetzt wurde.<br />

Damals war Klimaschutz kein Thema<br />

“Klimaschutz war in den 90er Jahren noch kein<br />

Thema und eine Abschätzung der Gefahren, die<br />

vom austretenden Gasgemisch ausgehen, bezog<br />

sich nur auf Gefahren für die Seeschifffahrt”,<br />

erklärt Gregor Rehder. Da das Bohrloch – trotz<br />

mehrfacher Versuche – nicht verschlossen werden<br />

konnte, ließ man es seit 16 Jahren offen und kennzeichnete<br />

die Stelle auf den internationalen Seekarten<br />

als Gefahrenstelle. Mit dem Hinweis auf ausströmendes<br />

Gas wird vor dem Gebiet gewarnt.<br />

Vom Standpunkt des Klimaschutzes her ist das<br />

Offenlassen des Bohrlochs äußerst problematisch.<br />

Amerikanische Geologen um William Dillon <strong>von</strong><br />

der Amerikanischen Umweltbehörde US-Geological<br />

Survey (USGS) wiesen nach, dass Methan den<br />

Treibhauseffekt 24-mal stärker als Kohlendioxid<br />

anfacht.<br />

Methan ist aber nicht nur ein hochpotentes Klimagas,<br />

sondern stellt für die Seeschifffahrt gleich<br />

in mehrfacher Hinsicht eine Gefahr dar. Methan ist<br />

brennbar, und ein Gemisch aus Luft und Methan<br />

ist entzündlich. Es besitzt ein niedrigeres spezifisches<br />

Gewicht als Wasser. Beim Auftreten großer<br />

Mengen Gas im Wasser können Schiffe plötzlich<br />

ihren Auftrieb verlieren und innerhalb kürzester<br />

Zeit untergehen. Ein Mechanismus, der auch zur<br />

Erklärung des plötzlichen Verschwindens <strong>von</strong>


Schiffen im berüchtigten “Bermudadreieck” vor<br />

der amerikanischen Süd-Ostküste diskutiert wird.<br />

Geänderte Zuständigkeiten<br />

Auf Rückfragen zum Blowout und dessen Folgen<br />

bei der Ölgesellschaft Mobil North Sea Limited<br />

antwortete deren Pressesprecher David Edlington:<br />

“Interne Nachfragen ergaben, dass es seit 1990<br />

keinen massiven Gasaustritt am Bohrloch gibt.”<br />

Edlington weiter: “Wir haben das Bohrloch vor<br />

einigen Jahren an die britische Regierung zurückgegeben.”<br />

Diese ist zuständig für die Vergabe <strong>von</strong><br />

Förderrechten in britischen Hoheitsgebieten.<br />

Rund um das Bohrloch hat sich im Laufe der<br />

Zeit ein eigenes Ökosystem entwickelt, das <strong>von</strong><br />

hoch spezialisierten Bakterien, Muscheln und Blumentieren<br />

bis hin zu Fischen reicht.<br />

Öl- und Gasplattform<br />

Foto: Wolcott Henry 2005 / Marine Photobank<br />

S.26 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Gase aus dem Bohrloch<br />

Verblüfft registrierten die Forscher einen<br />

Schwarm Seelachse, die den Krater offensichtlich<br />

als Deckung nutzten. Der Sog des aufsteigenden<br />

Gases beschert den Fischen einen reichlich<br />

gedeckten Tisch. Das nach oben schießende Gas<br />

reißt Wasser mit in die Höhe und führt dazu, dass<br />

nahrungsreiches Wasser <strong>von</strong> den Seiten her zur<br />

Gasquelle hin nachfließt. Die Fische brauchen nur<br />

noch nahe genug an der Quelle zu bleiben und zu<br />

fressen. Das Futter kommt <strong>von</strong> ganz alleine.<br />

Doch wie alles andere, hat auch dieses “Tischlein<br />

deck dich” zwei Seiten. Gelangen die Fische in<br />

den Strudel des Gases, verlieren sie die Orientierung<br />

und werden mit dem Gas an die Wasseroberfläche<br />

gezogen.<br />

Hier warten dann schon die Vögel.<br />

Dr. Rüdiger Schacht


Russisches Roulette mit<br />

wilden Tieren<br />

Kennen Sie Plumploris, Banggai-Kardinalbarsche<br />

oder Dornhaie? Wenn ja, dann<br />

müssen Sie ein Artenschützer sein. Denn<br />

die nachtaktiven und giftigen Plumplori-Affen in<br />

Kambodscha, die tropischen Aquarienfische des<br />

Banggai-Archipels in Indonesien oder die Dornhaie,<br />

aus deren Bauchlappen die Fischdelikatesse<br />

“Schillerlocken” stammt, sind zumeist nur den<br />

Biologen bekannt. Oder aber internationalen Händlern,<br />

denn mit diesen Arten lässt sich viel Geld<br />

verdienen.<br />

S.27 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Artenschutz<br />

Das internationale Handelsverbot für bedrohte Tiere hält mit der Globalisierung nicht Schritt<br />

Grauer Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos)<br />

Foto: Pete Faulkner / Marine Photobank<br />

Geschätzte 240 Milliarden Dollar erwirtschaftet<br />

der weltweite Handel mit wildlebenden Arten, wie<br />

ein Traffic-Report berichtet. 80 Prozent gehen<br />

dabei auf das Konto <strong>von</strong> Tropenhölzern und<br />

Fischereiprodukten. Dazu kommt der Handel mit<br />

Fellen, Krallen, Zähnen, pulverisierten Hörnerextrakten<br />

oder lebenden Zierfischen. In Zeiten einer<br />

globalisierten Welt ist es jedoch für die Staaten<br />

heute schwieriger denn je, den lukrativen Artenhandel<br />

konsequent zu überwachen oder sich auf<br />

Sanktionen international zu verständigen. Seit<br />

1973 ist für den Schutz <strong>von</strong> wildlebenden Arten<br />

die so genannte “Konvention über den internationalen<br />

Handel mit gefährdeten, wildlebenden Tier-<br />

und Pflanzenarten” (CITES oder auch Washingtoner<br />

Artenschutzabkommen) zuständig.<br />

Mittlerweile 171 Mitgliedsstaaten haben das<br />

Abkommen unterzeichnet. Die Aufgabe des Staatengremiums<br />

ist es, für einen nachhaltigen Handel<br />

zu sorgen, ohne dass die jeweiligen Arten aussterben.<br />

Mehr als 5000 Tier- und 22000 Pflanzenarten<br />

haben die Experten dazu bisher in drei Schutzkategorien<br />

gelistet: Die Schutzkategorie 1 (z. B. Wale,<br />

Kakadus, Weißer Hai) erlaubt gar keinen oder<br />

einen Handel nur unter strengsten Auflagen, in der<br />

Schutzkategorie 2 sind Arten wie Krokodile, Riesenmuscheln<br />

und Papageien, die stark bedroht sind<br />

und bei denen eine detaillierte Kontrolle stattfindet,<br />

und in Appendix 3 werden lokale Artenbestände<br />

gelistet und überwacht (z. B. Gazellen in Tunesien<br />

oder Steineichen in Nepal).<br />

Anfang Juni 2007 trafen sich in Den Haag zur<br />

14. Konferenz erneut 1250 Delegierte aus 151 verschiedenen<br />

Nationen und berieten über 37 neue<br />

Schutzvorschläge. Während der Elefanten- oder<br />

Tigerschutz politisch zustande kam, scheiterte bei<br />

anderen Anträgen jedoch die Einigung.<br />

Trauriges Beispiel waren die Bemühungen zum<br />

Tropenholz- und Meeresschutz: Von den elf Anträgen<br />

für eine Handelsüberwachung wurden nur drei<br />

angenommen. Das in Europa und Nordamerika im<br />

Möbelbau verwendete Tropenholz Cedro, auch als<br />

Spanische Zeder bekannt, wird damit nicht besser<br />

geschützt. “Das ist eine Katastrophe”, kommentiert<br />

WWF-Experte Volker Homes das Ergebnis. “Es<br />

wird viel zu viel Cedro geschlagen, auch illegal<br />

und sogar in Schutzgebieten.”<br />

Auch Edelhölzer wie Brasilholz (das Holz dient<br />

für den Bau <strong>von</strong> Bögen für Streichinstrumente),<br />

Cocobolo oder Palisander-Arten fanden nicht die<br />

notwendige Zweidrittel-Mehrheit bei der CITES.


Der Dornhai (Squalus acanthias)<br />

Foto: NOAA<br />

Solange die Ressourcen scheinbar vorhanden sind,<br />

gehen einige Staaten ungern Verpflichtungen ein<br />

und argumentieren, dass ihre Bevölkerung eben<br />

durch den Handel ein Einkommen hat. “Erst wenn<br />

die Arten kurz vor dem Aussterben sind, reagieren<br />

sie”, kritisieren Umweltschützer dieses Abstimmungsverhalten.<br />

Dabei kann die Artenschutzkonferenz<br />

einige Erfolge aufweisen. Der Handel mit<br />

dem Edelholz Mahagoni wird heutzutage weltweit<br />

relativ gut kontrolliert. Auch der Stör, einst als<br />

Produzent des Kaviars überfischt, steht nicht mehr<br />

vorm Aussterben.<br />

Allerdings gilt es für viele schützenswerte<br />

Tier- und Pflanzenarten erst einmal wissenschaftliche<br />

Daten zu ermitteln, ehe<br />

ein Kompromiss gefunden wird. Das macht die<br />

Wissenschaftler zum Zünglein an der Waage.<br />

Besonders brisant wird diese fehlende Datengrundlage<br />

bei marinen Tieren, die in Den Haag erstmals<br />

mit mehreren Anträgen diskutiert wurden. Für einige<br />

Fischarten war das Verschwinden aus den Meeren<br />

aber so evident, dass sie einen sofortigen<br />

Schutzstatus bekamen. Wie beispielsweise die<br />

Sägerochen, die künftig überhaupt nicht mehr<br />

gehandelt werden dürfen. Ausgenommen wurde<br />

lediglich eine Art, die nur in Australien vorkommt<br />

und hauptsächlich lebend an Aquarien verkauft<br />

wird. Auch der europäische Aal, der auf Antrag<br />

<strong>von</strong> Deutschland im Namen der EU auf die Tagesordnung<br />

kam, wird künftig strenger kontrolliert.<br />

Jährlich werden noch etwa 30.000 Tonnen Aal<br />

gefangen und gehandelt, aber die wilden Bestände<br />

sind drastisch zurückgegangen – in einigen Gebieten<br />

um bis zu 99 Prozent seit 1980. In Deutschland<br />

wird der Aal seit 1998 auf der Roten Liste als<br />

“gefährdet” geführt.<br />

Anders bei den Dornhaien, die als Schillerlocke<br />

oder Seeaal und in Großbritannien als Bestandteil<br />

<strong>von</strong> “Fish and Chips” in die Fischtheken kommen.<br />

S.28 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Als es zur Abstimmung kam, knistert es förmlich<br />

im World Forum in Den Haag vor Spannung. “Die<br />

Datenlage sei noch nicht hinreichend bekannt”,<br />

machte sich ein Redner aus Katar bemerkbar. Ein<br />

Standardsatz, wenn die Wirtschaftsinteressen<br />

bedroht sein könnten. Denn in dem 30 Seiten langen<br />

Antrag wird akribisch das derzeitige Fischereiwissen<br />

zusammengetragen. Und dies mit Daten,<br />

die meist aktueller sind als <strong>von</strong> anderen internationalen<br />

Gremien wie beispielsweise der Welternährungsorganisation<br />

FAO, deren globale Daten noch<br />

aus dem Jahr 2003 stammen.<br />

Eine Handelssanktion konnte sich aber nicht<br />

durchsetzen. “Wir sind sehr enttäuscht”, sagt Sonja<br />

Fordham <strong>von</strong> der Haischutzorganisation Shark<br />

Alliance. “Diese besonders empfindliche und stark<br />

gehandelte Haiart bedarf dringend einer globalen<br />

Schutzmaßnahme.” Die schlanken Haie mit der<br />

kurzen, spitzen Schnauze kommen in der Nordsee,<br />

im Atlantik und Pazifik sowie im Schwarzen Meer<br />

vor. Dornhaie (besonders schwangere Weibchen)<br />

werden stark überfischt und sind im Nordostatlantik<br />

seit den 1960er Jahren um mehr als 90 Prozent<br />

zurückgegangen. “Der Fischereiblock ließ eine<br />

bereits greifbare Lösung für den Dornhai in letzter<br />

Sekunde platzen”, bedauert Jochen Flasbarth, der<br />

auf der Konferenz Deutschland und die deutsche<br />

EU-Ratspräsidentschaft vertrat, das Ergebnis.<br />

Die Mehrheit der Fischereinationen hat am letzten<br />

Tag auch den bereits beschlossenen Schutz <strong>von</strong><br />

Korallen wieder rückgängig gemacht. Die roten<br />

und rosafarbenen Korallen sind vor allem für<br />

Schmuck beliebt und werden in großem Umfang<br />

gehandelt. Wissenschaftlern zufolge verringerten<br />

die zerstörerischen Fangmethoden und die übermäßige<br />

Ausbeutung den weltweiten Ertrag in den vergangenen<br />

zwei Dekaden um 90 Prozent. Bleibt der<br />

Handel unreglementiert, ist es nur noch eine Frage<br />

der Zeit, bis die roten Korallen wieder bei der<br />

Washingtoner Artenschutzkonferenz auf die Tagesordnung<br />

kommen, um erneut Spielball politischen<br />

Roulettes zu werden. Hoffentlich ist es dann nicht<br />

zu spät für das Überleben dieser Arten.<br />

Dr. Onno Groß<br />

Artenschutz


BUCH-TIPPS<br />

Peter Cornelius Mayer-<br />

Tasch (Hrsg.)<br />

Meer ohne Fische? - Profit<br />

und Welternährung<br />

232 Seiten, broschiert<br />

ISBN: 978-3-593-38350-7<br />

Campus Verlag<br />

1. Auflage April 2007<br />

Preis: € 19,90<br />

Die Weltmeere sind überfischt. Und sie haben<br />

mit weiteren Schwierigkeiten wie der Umweltverschmutzung<br />

und dem allgegenwärtigen Klimawandel<br />

zu kämpfen. Sie stehen am Rande des Abgrundes.<br />

Gleichzeitig bilden sie eine wichtige Grundlage<br />

für Welternährung und Weltwirtschaft. Es ist<br />

daher notwendig, wesentlich umsichtiger mit ihnen<br />

umzugehen, als es derzeit der Fall ist.<br />

Diese Erkenntnisse sind nicht neu und doch ist<br />

sie als eine der großen Herausforderungen, denen<br />

sich die Menschheit zu stellen hat, noch nicht bis<br />

in das Bewusstsein der Allgemeinheit durchgedrungen.<br />

Das vorliegende Buch ist ein leidenschaftliches<br />

Plädoyer zum Schutz der Ozeane und ihrer<br />

Bewohner. Darüber hinaus bietet es einen Einblick<br />

in die verschiedenen Aspekte, die das Meer, den<br />

Fisch und die Fischerei betreffen.<br />

Nach einer etwas zu intellektuell anmutenden<br />

Einführung des Herausgebers, in der mit Anleihen<br />

und Zitaten aus Kunst und Literatur nur so um sich<br />

geworfen wird, folgt ein Exkurs über die kulturelle<br />

Bedeutung des Fisches in der Geschichte des Menschen.<br />

Der ist nicht uninteressant, aber ein bisschen<br />

schwülstig geschrieben und für den durchschnittlich<br />

gebildeten, eher an der Umwelt interessierten<br />

Leser vermutlich keine leichte Kost.<br />

Daran schließen Kapitel verschiedener Autoren<br />

(Politik-, Sozial- und Geisteswissenschaftler) über<br />

Geschichte und Entwicklung der Meerfischerei,<br />

Ernährung und Weltwirtschaft, Meeresökologie,<br />

S.29 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Bücher<br />

Politik, Recht und Moral an. Diese informieren<br />

umfassend und sachlich, liefern viele Daten und<br />

Fakten, beleuchten die Themen Meere und Fischerei<br />

<strong>von</strong> allen Seiten und zeigen die Zusammenhänge<br />

zwischen den einzelnen Bereichen auf, sodass<br />

am Ende ein anschauliches aber auch beunruhigendes<br />

Gesamtbild entsteht. Man erfährt das Wichtigste<br />

über Fangmethoden, Fischbestände, den weltweiten<br />

Verbrauch, den Handel mit Fischerzeugnissen,<br />

gesetzliche Regelungen, Lobbyisten, Piratenfischerei,<br />

Aquakultur, Biosiegel und vieles mehr.<br />

Im "Republik der Fische" genannten Schlusswort<br />

wird an den Leser appelliert, sein Verhalten in<br />

Bezug auf das Ökosystem Meer zu überdenken<br />

und zu ändern. Bewussteres, moralischeres Handeln<br />

der Masse ist gefragt, ein rücksichtvollerer<br />

Umgang mit der Natur, um die Ozeane und damit<br />

auch uns selbst vor dem Kollaps zu bewahren.<br />

Fazit: Das Buch bietet einen guten Einstieg in<br />

eine Problematik, der dringend mehr Beachtung<br />

geschenkt werden sollte. Ob allerdings der belehrende,<br />

etwas hochtrabende Stil dazu anhält, etwas<br />

im Leben des Lesers zu verändern, bleibt abzuwarten.<br />

Olaf Trint<br />

Helmut Debelius,<br />

Rudie H. Kuiter<br />

Nacktschnecken der Weltmeere<br />

360 Seiten, gebunden<br />

ISBN: 978-3-440-11133-8<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

1. Auflage Oktober 2007<br />

Preis: € 49,90<br />

Kennen Sie Nacktschnecken bisher nur als ekelige,<br />

schleimig glitschige Viecher, die über die Wege<br />

kriechen und auf die zu treten Sie unbedingt vermeiden<br />

möchten? Dann sollten Sie unbedingt<br />

einen Blick in dieses Buch werfen. Das sollten Sie<br />

sogar in jedem Fall tun, sofern Sie nicht allergisch<br />

gegen den ultimativen Farben- und Formenrausch<br />

sind. Auf über 2.500 atemberaubenden Fotos wer-


den mehr als 1.200 Nacktschnecken-Arten vorgestellt,<br />

die sich in den Weltmeeren tummeln. Sie<br />

sind nach ihrer Systematik geordnet, für jede einzelne<br />

Art gibt es Angaben über Vorkommen, Aussehen<br />

und Länge. Detailliertere Informationen zu<br />

Biologie und Lebensweise der Nacktschnecken<br />

finden sich in der Einleitung und in den Beschreibungen<br />

der Familien und Unterfamilien. Wenn Sie<br />

sich also mal wieder so richtig <strong>von</strong> den Wundern<br />

unserer Erde beeinrucken lassen möchten, ist dieses<br />

Buch genau das Richtige für Sie. Faszination<br />

Natur pur!!!<br />

Olaf Trint<br />

Herbert Frei<br />

Digitale Unterwasserfotografie<br />

<strong>von</strong> A-Z<br />

234 Seiten, broschiert<br />

ISBN: 978-3-440-11128-4<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

1. Auflage 2007<br />

Preis: € 19,95<br />

Wer digital fotografieren möchte, sieht sich oftmals<br />

einer Vielzahl unverständlicher Abkürzungen<br />

und Fachbegriffen ausgesetzt, die es zu kennen<br />

und zu verstehen gilt, um gute Ergebnisse zu erzielen.<br />

Sollen die Aufnahmen unter Wasser stattfinden,<br />

potenziert sich dieses Problem, denn in diesem<br />

Fall kommt noch einmal ein ganzer Schwung<br />

an notwendigem Know-how dazu. In alphabetischer<br />

Reihenfolge erklärt das vorliegende Buch die<br />

wichtigsten 500 Begriffe auf diesem Gebiet und<br />

stellt damit ein hilfreiches Nachschlagewerk für<br />

den ambitionierten Unterwasserfotografen dar. Es<br />

enthält zudem zahlreiche Beispielfotos und Grafiken,<br />

die das Erklärte leichter verständlich werden<br />

lassen. Das Buch <strong>von</strong> Herbert Frei, einem <strong>von</strong><br />

Deutschlands angesehensten Unterwasserfotografen,<br />

ist vor allem für Einsteiger geeignet, aber auch<br />

Fortgeschrittene können noch das eine oder andere<br />

daraus lernen.<br />

Olaf Trint<br />

S.30 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Frank Schneider<br />

Tauchreiseführer Thailand<br />

– Von den Similans bis Koh<br />

Lanta<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

2007<br />

ISBN 978-3-440-11044-7<br />

Preis: € 19,95<br />

Dieser Reiseführer für Tauchsportfreunde widmet<br />

sich den in der westlichen Andamanensee gelegenen<br />

Tauchhotspots um die bekannte Ferieninsel<br />

Phuket. Da diese Region besonders vom Tsunami<br />

betroffen war, wird der Katastrophe und ihren Auswirkungen<br />

ein Kapitel gewidmet. Wer es dagegen<br />

kaum erwarten kann, die herrlichen Tauchplätze zu<br />

entdecken, findet durch einen übersichtlichen Aufbau<br />

schnell ein geeignetes Ziel.<br />

Neben Informationen über Tauchbasen sowie zu<br />

Anfahrt und Besonderheiten findet sich zu jedem<br />

Revier auch eine übersichtliche Karte, aus der<br />

Wichtiges wie Strömungsverhältnisse oder die<br />

Tiefe erkennbar sind.<br />

Leider sind die Informationen über Land und<br />

Leute am Anfang des Buches und auch der<br />

Abschluss, welcher Ausflugstips abseits der blauen<br />

Tiefen gibt, etwas kurz geraten. Aber schließlich<br />

geht es ja darum, die faszinierende Unterwasserwelt<br />

Thailands zu entdecken.<br />

Wiebke Münchberger<br />

Helmut Debelius<br />

Fisch-Führer Mittelmeer<br />

und Atlantik<br />

– Von Spanien bis zur Türkei<br />

– Von Norwegen bis Südafrika<br />

305 Seiten, gebunden<br />

ISBN 978-3-440-11241-0<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

4. Auflage Oktober 2007<br />

Preis: € 36,60<br />

Bücher


Dieser Fischführer überzeugt durch seine Vielfalt<br />

der Fotos <strong>von</strong> Fischen aus dem gesamten Atlantikund<br />

Mittelmeerraum. Zu den Bildern werden mehr<br />

oder minder knappe Beschreibungen geliefert.<br />

Einen Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit<br />

erhebt der Band nicht.<br />

Die Einteilung des Bandes erfolgt nach Klassen,<br />

Familien und Arten. Die Fotos sind brilliant, die<br />

biologischen Fakten zufriedenstellend und ins<br />

Buch gestreute Kapitel über verschiedenste Verhaltensweisen<br />

der Fische wie Brutpflege,Territorialkämpfe<br />

und Fischfangmethoden machen es zu<br />

einem guten Nachschlagewerk und auch schönem<br />

Geschenk.<br />

Für den an Fischkunde, Sporttauchen und Unterwasserfotografie<br />

interessierten Leser stellt das<br />

Buch ein schnelles und gut dargestelltes Nachschlagewerk<br />

dar, in welchem sich kurzweilig stöbern<br />

lässt. Der Leser, der bisher wenig Kontakt mit<br />

dem Meer und seinen Bewohnern hatte, wird neugierig<br />

gemacht und vielleicht zu einem neuen<br />

Hobby inspiriert.<br />

Der Umweltschützer kommt etwas zu kurz, aber<br />

sonst: Ein Buch für fast jedermann mit vielen Hinguckern!<br />

Carsten Kollenda<br />

Helmut Debelius<br />

Riff-Führer Südostasien<br />

321 Seiten, gebunden<br />

ISBN 978-3-440-11242-7<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

2. überarbeitete Auflage<br />

2007<br />

Preis: € 36,80<br />

Der Riff-Führer enthält zahlreiche brilliante<br />

Fotos <strong>von</strong> Fischen und Wirbellosen in den pazifischen<br />

Gewässern <strong>von</strong> Malaysia und Indonesien<br />

nordwärts über die Küsten Vietnams, Chinas und<br />

der Philippinen bis hin nach Japan. In dieser Region<br />

finden sich über 20000 Inseln und unzählige<br />

S.31 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Bücher<br />

Korallenriffe. Die Beschreibung der Bilder fällt<br />

manchmal allerdings etwas zu knapp aus.<br />

Die Einteilung des Bandes erfolgt nach Stämmen,<br />

Klassen, Familien und Arten. Die biologischen<br />

Fakten hätten gern ein bisschen ausführlicher<br />

sein können. Interessant sind sowohl die Bildgeschichten<br />

über verschiedenste Verhaltensweisen<br />

der Riff- und Meeresbewohner als auch die Dokumentationen<br />

über das zerstörerische menschliche<br />

Verhalten und seine Langzeitwirkung auf die<br />

Unterwasserwelt.<br />

Fazit: Der Riff-Führer gibt einen guten Überblick<br />

über die Meeresregionen Südostasiens und ihre<br />

Fauna. Freunde der Unterwasserfotografie kommen<br />

besonders auf ihre Kosten.<br />

Carsten Kollenda<br />

Kai Velling, Stine Pelz<br />

Tauchen Down Under<br />

Walhaie und Fetzenfische<br />

– Traumreise zu Australiens<br />

Küsten<br />

160 Seiten, gebunden<br />

ISBN: 978-3-440-11043-0<br />

Franckh-Kosmos Verlags-<br />

GmbH & Co KG Stuttgart<br />

2007 Preis: € 34,90<br />

Im Februar 2004 brachen KaiVelling – Diplombiologe,<br />

Sporttaucher und Unterwasserfotograf –<br />

und Stine Pelz – Diplom-Biologin und Sporttaucherin<br />

– nach Australien auf. Zehn Monate dauerte<br />

ihr Tripp. Die beiden haben mit einem betagten<br />

Campingbus einen Traumspot nach dem anderen<br />

besucht, Interessantes über, auf und unter dem<br />

Wasser erlebt, brilliante Fotos geschossen und das<br />

vorliegende Buch dazu geschrieben. Es ist ein<br />

schönes Buch geworden, mit vielen spannenden<br />

Anekdoten, wissenswerten biologischen Informationen<br />

und wunderbaren Bildern <strong>von</strong> Seebären,<br />

Nacktschnecken, seltenen Fetzenfischen und Walhaien.<br />

Wer sich für Australien und seine Unterwasserwelt<br />

begeistert oder begeistern möchte, für den<br />

ist es genau das Richtige.<br />

Olaf Trint


George Monbiot<br />

Hitze<br />

Riemann Verlag<br />

416 Seiten, gebunden<br />

ISBN: 978-3-570-50082-8<br />

1. Auflage 2006<br />

Deutsche Ausgabe<br />

September 2007<br />

Preis: € 12,00<br />

Der Klimawandel ist in<br />

aller Munde. Unbestritten ist mittlerweile auch,<br />

dass er zum größten Teil <strong>von</strong> Menschen verursacht<br />

wird. Wissenschaftler gehen da<strong>von</strong> aus, dass eine<br />

Erhöhung der durchschnittlichen Temperaturen um<br />

mehr als 2°C verheerende Folgen für die Erde und<br />

ihre Bewohner haben wird. Doch wie können wir<br />

eine weitere Klimaerwärmung verhindern? George<br />

Monbiot hat einen Plan ausgetüftelt und in seinem<br />

Buch geschildert. Der Kohlenstoffdioxidausstoß in<br />

den reichen Nationen muss um 90% gesenkt werden.<br />

Dabei berücksichtigt er, dass die Maßnahmen<br />

nicht zu stärkeren Einschränkungen in der Lebensqualität<br />

der Bevölkerung führen dürfen, da sie<br />

ansonsten nicht durchzusetzen sind. Andererseits<br />

muss es Regelungen durch die Regierung geben,<br />

da Freiwilligkeit ebenfalls nicht funktioniert.<br />

Auf 416 Seiten werden Lösungsansätze für dieses<br />

hoch gesteckte Ziel vorgestellt, mögliche Wege<br />

der Reduktion des CO2-Ausstoßes in den verschiedensten<br />

Bereichen wie Baugewerbe, Haushalt,<br />

Energieerzeugung, Verkehr, Einzelhandel und<br />

Zementindustrie aufgezeigt. Dabei werden viele<br />

politische Entscheidungen Maßnahmen in Sachen<br />

Klimawandel und Umweltschutz in Frage gestellt,<br />

werden viele als Allheilmittel propagierte Techniken<br />

als Augenwischerei entlarvt. Das sehr empfehlenswerte<br />

Buch ist sorgfältig recherchiert und trotz<br />

des ernsten Themas unterhaltsam geschrieben. Es<br />

hat eine positive Botschaft für den Leser, denn<br />

George Monbiot ist Optimist und glaubt an den<br />

Menschen. Wir können es noch schaffen, den Klimawandel<br />

zu bremsen, aber wir müssen handeln.<br />

Jetzt!<br />

Olaf Trint<br />

S.32 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Chemie in unserer Zeit<br />

Themenheft Chemie der Atmospäre 3/2007<br />

Wiley-VCH Verlag, Weinheim<br />

ISSN: 0009-2851<br />

41. Jahrgang, Juni 2007<br />

Preis: € 29,00<br />

Schon das Cover des Themenheftes<br />

springt ins Auge,<br />

zeigt das Foto eines Wirbelsturms<br />

die<br />

Erdatmosphäre in ihrer<br />

zugleich faszinierenden als<br />

auch unheimlichen Dynamik.<br />

Bücher<br />

Klimawandel, Treibhausgase, Aerosole und andere<br />

gefährliche Verwandte -alle reden darüber. Und<br />

“Chemie in unserer Zeit” liefert nun dazu wissenschaftliche<br />

Hintergründe in ausgesuchten Essays,<br />

ergänzt durch eindringliche Grafiken.<br />

Wer wissen will, wie groß das Wissen um die<br />

anthropogenen chemischen Substanzen in Luft,<br />

Wasser und Erdreich ist, ist mit dem Themenheft<br />

gut bedient. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis<br />

zeigt, welch thematische Breite und methodische<br />

Vielfalt das noch junge, aus den Atmosphärenwissenschaften<br />

hervorgegangene Teilgebiet “Atmosphärische<br />

Chemie” hat. Der inhaltliche Schwerpunkt<br />

des Heftes liegt bei der Atmosphäre, doch<br />

kommen die Betrachtungen der chemischen und<br />

physikalischen Interaktionen mit den eisbedeckten<br />

Flächen (Kryosphäre) und den ober- und unterirdischen<br />

Wasservorkommen (Hydrosphäre) nicht zu<br />

kurz.<br />

Die Atmosphäre ist ein riesiger Reaktor, in dem<br />

ständig Prozesse ablaufen. Als Reaktionspartner<br />

sind dabei weniger die Hauptgase in der Atmosphäre<br />

(Sauerstoff und Stickstoff) beteiligt, sondern<br />

Spurengase wie Kohlendioxid, Ozon, Stickoxide<br />

und die beinah allgegenwärtigen Aerosole<br />

(Flugzeugabgase). Schon geringfügige anthropogene<br />

Emissionen können in diesem System <strong>von</strong> großer<br />

Wirkung sein. Unser Klimasystem wird durch<br />

die Sonne angetrieben und durch die Aufheizung<br />

der äußeren Sphären wird den terrestrischen Spä-


en Energie zugeführt. Eine große Rolle spielt das<br />

Wasser, welches in seinen drei Phasen (gasförmig,<br />

flüssig, fest) überall beteiligt ist.<br />

Unter Einbezug der für die Atmosphärenwissenschaften<br />

typischen Disziplinen und auch der aquatischen<br />

und terrestrischen Biologie gibt uns die<br />

Atmosphärische Chemie einen Einblick in die Prozesse,<br />

die uns Menschen ununterbrochen umgeben.<br />

Leser, die sich für chemische Prozesse und ihre<br />

Analytik sowie Umwelt- und Naturschutz interessieren,<br />

werden mit dieser Lektüre auf ihre Kosten<br />

kommen.<br />

Carsten Kollenda / Markus Henkel<br />

deepwave.blog.de<br />

S.33 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Bücher


CanDive-Artikel<br />

Bedrohte Riesen<br />

S.34 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Shop<br />

Der kommerzielle Walfang blüht erneut auf, Delfine werden<br />

als Konkurrenz der Fischereiindustrie angesehen und ihre<br />

erste Art ist gerade ausgestorben.<br />

Mit erhitzten Gemütern diskutieren wir über die Zukunft<br />

unserer intelligenten Meeressäuger.<br />

Doch was wissen wir eigentlich über sie?<br />

Im ersten Teil des interaktiven Lehrbuchs gehen wir der<br />

Frage nach: „Was sind Wale?“.<br />

In kurzen übersichtlichen Kapiteln werden zahlreiche Aspekte<br />

zum Thema Evolution, ökophysiologische Anpassung und<br />

Sozialverhalten beleuchtet. Dazu gibt es eine Übersicht über<br />

alle heute lebenden Arten.<br />

Im zweiten Teil wird die Situation der Wale und Delfine vor<br />

den Kanarischen Inseln dargestellt. Für denjenigen, der die<br />

Tiere wirklich kennenlernen mag, enthält die CD zahlreiche<br />

Tipps und eine elektronische Diashow mit 450 Über- und<br />

Unterwasseraufnahmen.<br />

Systemvoraussetzung::<br />

Windows® 98SE/ME®/2000/XP/Vista<br />

oder Mac OS 7.5.5 - 9.x.<br />

Preis: € 10 plus Versandkosten<br />

Per E-Mail zu bestellen unter:<br />

info@deepwave.org<br />

Entdecken Sie die Artenvielfalt der<br />

kanarischen Gewässer!<br />

Beinahe in tropischen Breitengraden gelegen, werden die<br />

Kanaren <strong>von</strong> einer kalten Meeresströmung umspült, die für<br />

einen regelrechten Schmelztiegel sorgt. Neben einer Mittelmeer-typischen<br />

Fauna sind zahlreiche tropische Riffbewohner,<br />

darunter auch Haie und Rochen anzutreffen.<br />

Eine virtuelle Schnorcheltour<br />

Sie erhalten auf dieser CD Einblick in die großen Ökosysteme<br />

des Meeres, tauchen in den Mikrokosmos des Planktons<br />

ein, erfahren, wie die Tiere durch perfekte Tarnung und Täuschung<br />

über Sandgrund überleben und wie das Felsriff bei<br />

Nacht zu neuem Leben erwacht.<br />

Die meisten der etwa 80 vorgestellten Arten können Sie<br />

bereits mit Maske und Schnorchel in ihrem Revier beobachten,<br />

wozu auf dieser CD ausführliche Tipps enthalten sind.<br />

Systemvoraussetzung::<br />

Windows® 98SE/ME®/2000/XP/Vista<br />

oder Mac OS 7.5.5 - 9.x.<br />

Preis: € 10 plus Versandkosten<br />

Per E-Mail zu bestellen unter:<br />

info@deepwave.org


Tidal Rock-Pools<br />

S.35 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

Shop<br />

Wenn der Meeresspiegel bei Ebbe fällt, sammelt sich das<br />

zurückbleibende Wasser in zahllosen kleinen Becken. Diese<br />

Übergangszone zwischen Land und Meer, das sogenannte<br />

Felswatt, ist einer der produktivsten und komplexesten marinen<br />

Lebensräume.<br />

Erkunden Sie die Unterwasserwelt zu Fuß!<br />

Unzählige Wirbellose und Fische, die normalerweise nur <strong>von</strong><br />

Tauchern gesehen werden, lassen sich in Gezeitentümpeln<br />

bequem zu Fuß beobachten. Doch schauen Sie genau hin!<br />

Die meisten Arten sind hervorragend versteckt und getarnt.<br />

Auf dieser CD werden Ihnen über 80 Arten und ihre Lebensweisen<br />

vorgestellt. Bei ihrem nächsten Strandbesuch werden<br />

Sie das anscheinend karge Felswatt mit völlig anderen Augen<br />

betrachten!<br />

Systemvoraussetzung::<br />

Windows® 98SE/ME®/2000/XP/Vista<br />

oder Mac OS 7.5.5 - 9.x.<br />

Preis: € 10 plus Versandkosten<br />

Per E-Mail zu bestellen unter:<br />

info@deepwave.org<br />

Wale & Delfine vor La Gomera<br />

Wandkalender <strong>von</strong> 2008<br />

Der Wandkalender ist als<br />

<strong>Deepwave</strong>-Edition in limitierter<br />

Auflage verfügbar. Format A4,<br />

12 Monatsblätter mit 10 Farbfotos<br />

<strong>von</strong> Walen und Delfinen<br />

(teilweise Unterwasserfotos)<br />

und 2 Farbfotos <strong>von</strong> typischen<br />

Tieren aus dem Lebensraum der<br />

Wale und Delfine (Sturmtaucher,<br />

Unechte Karettschildkröte).<br />

Zu jeder Tierart gibt es auf<br />

dem Kalenderblatt Informationen.<br />

Der Kalender ist bei <strong>Deepwave</strong><br />

e.V. für den Sonderpreis<br />

<strong>von</strong> € 15,00 (da<strong>von</strong> € 4,00<br />

Spende für <strong>Deepwave</strong>) plus<br />

€ 1,45 Porto (Versand eines<br />

Kalenders innerhalb Deutschlands)<br />

gegen Rechnung bestellbar.<br />

(Bestellungen an<br />

info@deepwave.org mit dem<br />

Betreff: Kalender 2008)


deepwave.blog.de<br />

S.36 DEEPWAVE Report No. 8/07<br />

DEEPWAVE-Blog<br />

Mitarbeiter gesucht!<br />

Seit Herbst 2006 hat unser Blog unter dem<br />

Motto “Neuigkeiten aus Meeresforschung<br />

und Meeresschutz” deutlich steigende Besucherzahlen.<br />

Im Januar 2008 erhielten wir sogar<br />

positive Kommentare aus Kanada. In den letzten<br />

Monaten hatte der Blog täglich durchschnittlich<br />

250-280 Besucher, also ca. 7500-8400 Besucher<br />

pro Monat. Seit einigen Monaten ist der DEEP-<br />

WAVE-Blog auch immer wieder unter den ersten<br />

10 Plätzen der empfohlenen Blogs bei blog.de und<br />

ab und zu dabei auch auf der Titelseite <strong>von</strong><br />

blog.de. Der rückwärts schwimmende Delfin ist<br />

dabei markantes Kennzeichen wie Symbol<br />

zugleich. Delfine nutzen dieses Rückwärtsschwimmen<br />

zur Orientierung über Wasser.<br />

Der Delfin: Markantes Kennzeichen des<br />

DEEPWAVE-Blogs<br />

Das Blog-Team aus Michael Mittelstädt und<br />

Markus Henkel bemüht sich, in einer Kombination<br />

aus eigenen Artikeln, Kurzzusammenfassungen<br />

<strong>von</strong> Inhalten interessanter Seiten / Links im Web<br />

und Kommentaren einen Einblick in die vielfältigen<br />

interessanten, aber teilweise leider wenig freudig<br />

stimmenden Entwicklungen in den Ozeanen<br />

und Meeren zu geben. Die steigenden Besucherzahlen<br />

und positiven Kommentare motivieren und<br />

zeigen, dass DEEPWAVE hier eine Lücke zwischen<br />

den großen Naturschutz- und Umweltschutzorganisationen<br />

wie GREENPEACE und WWF<br />

füllt. Das Blog-Team muss inhaltlich dabei einen<br />

sehr weiten Themenbereich abdecken. Recherchieren,<br />

teilweise übersetzen und dann schreiben kostet<br />

viel Zeit und man kennt sich ja nicht überall gleich<br />

gut aus. Aus diesem Grund habe ich zweimal versucht,<br />

“externe Experten” für die Mitarbeit zu<br />

gewinnen, leider mit keinerlei Reaktion. Der<br />

DEEPWAVE-Blog lebt <strong>von</strong> Aktualität, interessanten<br />

Informationen und fachlich soliden Beiträgen.<br />

Er ist ein Produkt, mit dem DEEPWAVE e.V. für<br />

den Schutz der Ozeane und Meere “kämpft”,<br />

getreu der Überzeugung, dass durch Informationen<br />

über die Zusammenhänge und die Schutzbedürftigkeit<br />

der Meere und Ozeane Veränderungen in den<br />

Köpfen herbeigeführt werden können. Deshalb auf<br />

diesem Weg einmal mehr die Bitte und der Aufruf,<br />

aktiv mitzumachen, als Co-Autor, durch Zusendung<br />

<strong>von</strong> interessanten Links oder durch Kommentare<br />

zu den Beiträgen.<br />

Interessenten melden sich bitte per Mail unter:<br />

info@deepwave.org<br />

Es ist Ihr / Euer Blog und er braucht Ihre / Eure<br />

Mitarbeit!<br />

Michael Mittelstädt

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