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Predigttext

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Der Traum erinnert an den schöpferischen Akt Gottes: „Im Anfang war das Wort, unddas Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles istdurch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ Joh1,1-3. Das Wort, das Gott in unser Wesen ausgesprochen hat, bringt unsere Berufungzur Geltung. Es ist Wort, das Ant-Wort erwartet und nach der Entsprechungder Liebe sucht. Wie Guardini richtig sieht, hängen unser Heil und Glück davon ab,ob wir mit Ihm ins Einvernehmen kommen, jene „Stimmigkeit“ (gegenüber der„Stimme“ Gottes) herstellen, von der das ruhige Gewissen zeugt. Verantwortung ist,wie das Wort sagt, nur gegenüber Personen denkbar. Das „Sich-Verantworten“ hat„Antwortcharakter“: Wir verantworten uns vor dem Gegenüber Gottes, das sich imGewissen als einer Art »Erscheinungsstelle« seiner Autorität selbst »bezeugt«,»spricht«, »anruft«, »bindet« und unsere Freiheit und Verantwortung begründet.Denn wir sind nicht das Mass unser selbst, auch nicht der Dinge. Ebenso wenig sindes die anderen, die ebenso fehlerhaft und beschränkt sind wie wir. Wäre es so,könnten wir unser Gewissen zum Schweigen bringen. Aber das Gegenteil ist derFall. Eine ganze Reihe von Gefangenen der Sowjetzeit hat die Erfahrung einerinneren Stimme gemacht, der unbedingt zu gehorchen ist. Diese Menschen bliebendavon überzeugt, dass im Inneren des Menschen eine Kraft zum Guten wohnt, diestärker ist als das Böse. Sie reden von einem inneren Geistesauge, das ein Licht erkennt,das sie vorher nicht kannten und sie ihren eigenen Weg finden lässt. So bezeugtunser eigenes Gewissen, dass wir mit einem geheimnisvollen, verborgenenGegenüber im Dialog stehen: dem Gegenüber Gottes, der uns schon im erstenAugenblick unseres Geschaffen- und Gezeugtseins beim Namen ruft und zur(Gegen-) Liebe auffordert. Alles hängt davon ab, ob wir mit dem Anruf ins Einvernehmenfinden oder nicht.Einen ähnlichen Dialog beginnen auch die Eltern, wenn sie sich ein Kind wünschen.Noch bevor es empfangen ist, existiert es schon in ihrer Vorstellung und in ihremWunsch: als ein „Jemand“, nach dem man sich sehnt. Nie wird es als ein „etwas“ gesehen,das sich erst allmählich zu einem „Jemand“ entwickelt: immer schon ist es„unser Kind“, nicht selten bereits beim Namen gerufen. Die Frau ist „guter Hoffnung“.Auch das Kind selbst wird später vom ersten Augenblick des Erwachens an dasBewusstsein der Kontinuität und Identität mit sich selbst haben, obwohl physiologischgesehen, im Laufe eines Menschenalters keine Zelle die gleiche bleibt und das Erscheinungsbilddes Achzigjährigen keine Ähnlichkeit mit jenem des Säuglings, der ereinmal war, aufweist. Trotzdem sagt dieser Mensch: „Das bin ich an meinem achtzigstenGeburtstag, oder „bei meinem fünfzigsten“; oder noch weiter zurück „anmeinem Geburtstag“; noch weiter zurück auf dem Ultraschallbild „im Schoss meinerMutter“ und mit gleichem Recht: „im Augenblick meiner Zeugung“, gäbe es auchdavon ein Bild. Nie war er blosse Zygote oder „Zellhaufen“. Und er bewahrt sichdavon das Bewusstsein bis zu seinem Tod, wo es erlöscht, um in der EwigkeitGottes neu zu erwachen.In den Randzonen des Lebensbogens ist der Mensch besonders gefährdet, schwachund wehrlos. Die Durchsetzungskraft der Wehrlosigkeit eines Kindes ist gleich null.Der hl. Martin, den wir heute feiern, ist zum Inbegriff jener Ritterlichkeit geworden, diesich wie ein Mantel – schützend und bergend – um das Gebrechliche und Gefährdetelegt, es bejaht und in seiner Würde achtet. Wahrheit muss nicht nur erkannt,sondern auch „anerkannt“ werden. Ihre grössten Gegner sind die im Spiele stehendenInteressen, die immer bestimmte Zwecke verfolgen und bereit sind, ihnen2

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