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GEORG-AUGUST-UNIVERSIT AT G OTTINGEN II. Physikalisches ...

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Vorbereitung und Aufbau eines FP-Versuchs für den<br />

Bachelorstudiengang Physik zum Nachweis kosmischer<br />

Strahlung mit Cherenkovdetektoren<br />

von<br />

Christian Söder<br />

<strong>II</strong>.Physik-UniGö-Staatsex-2008/01<br />

Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das<br />

Lehramt an Gymnasien<br />

Post address:<br />

Friedrich-Hund-Platz 1<br />

37077 Göttingen<br />

Germany<br />

<strong>II</strong>. <strong>Physikalisches</strong> Institut<br />

Georg-August-Universität Göttingen<br />

July 2008


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Theoretischer Hintergrund 3<br />

2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

2.1.1 Zusammengesetzte Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

2.2 Die schwache Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

2.2.1 Der β-Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.3 Eigenschaften von Myonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.3.1 Myonproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.3.2 Myonzerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.4 Myonen in der kosmischen Höhenstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

2.4.1 Das Myonparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.4.2 Kosmische Myonen auf Meereshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2.5 Wechselwirkung geladener Teilchen mit Materie . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2.6 Nachweis kosmischer Myonen mittels des Cherenkov-Effekts . . . . . . . . . 22<br />

2.7 Statistische Werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.7.1 Die Poisson-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.7.2 Der χ 2 -Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2.8 Das Vorwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

3 Experimenteller Aufbau und Versuche 29<br />

3.1 Die Hard- und Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3.1.1 Der Photomultiplier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3.1.2 Die Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.1.3 Das Programm kanne.exe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

3.2 Die möglichen Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.2.1 Die Ratenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.2.2 Die Lebensdauermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3.2.3 Die Winkelabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.2.4 Messung zur Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

4 E4 entsteht 41<br />

4.1 Das Bachelor-Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

4.2 E4 - Das kosmische Myon in der Thermoskanne . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

4.2.1 Der Messtag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

4.2.2 Die Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

4.3 Didaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

4.3.1 Analyse des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

4.3.2 Lernen und Lehren - kurz erklärt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

I


4.3.3 Die Wissensvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5 Erweiterung von E4 57<br />

5.1 Bestimmung der Effizienz des Kannendetektors . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

6 E4 in der Praxis - Eine Evaluation 61<br />

7 Fazit 65<br />

Anhang 67<br />

Die Versuchsanleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

Der Evaluationsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

Seminarvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

Literaturverzeichnis 104<br />

<strong>II</strong>


1 Einleitung<br />

An der Georg-August-Universität Göttingen werden die Studiengänge Diplom und Lehr-<br />

amt durch die Studiengänge Bachelor/Master und 2-Fächer Bachelor/Master ersetzt. Im<br />

Rahmen dieses Wechsels werden die Lehrveranstaltungen überarbeitet, erweitert oder neu<br />

ausgearbeitet. Das Bachelor-Praktikum fällt in die Kategorie der Erarbeitung. Seit 2006<br />

gibt es im <strong>II</strong>. Physikalischen Institut der Georg-August-Universität Göttingen eine Abtei-<br />

lung für Teilchenphysik. Ebenso wie alle anderen Institute ist auch die Teilchenphysik daran<br />

interessiert, Versuche für das Bachelor-Praktikum zu stellen. Hier müssen Versuche erprobt<br />

und Praktikumsanleitungen verfasst werden. Diese Examensarbeit beschäftigt sich mit der<br />

Ausarbeitung eines Versuchs für das Bachelor-Praktikum. Das Thema des Versuchs ist der<br />

Nachweis kosmischer Myonen mittels des Cherenkov-Effekts. Als Nachweisgerät dient eine<br />

mit Wasser gefüllte Thermoskanne. Die durch primäre kosmische Strahlung in der Atmo-<br />

sphäre erzeugten Myonen erzeugen im Wasser einen schwachen Lichtblitz, das so genannte<br />

Cherenkov-Licht. Dieses Licht wird durch einen Photomultiplier in ein elektrisches Signal<br />

umgewandelt.<br />

Bei dem Versuch handelt es sich um eine Miniaturausgabe des Super-Kamiokande Ex-<br />

periments in Japan [Skh 08]. Ziel des Experiments ist die Suche nach einem Zerfall von<br />

freien Protonen, ebenso wie die Beobachtung und Vermessung von Neutrinooszillationen.<br />

In dem Experiment werden 50.000 Tonnen Wasser in einem 39, 3 m durchmessenden und<br />

41, 4 m hohen zylindrischen Wassertank zur Erzeugung der Cherenkov-Strahlung verwen-<br />

det. Knapp 13.000 Photomultiplier dienen dem Nachweis der Lichtblitze.<br />

Mit dem verwendeten Aufbau können verschiedene Messungen durchgeführt werden. Für<br />

den aufzubauenden Praktikumsversuch sind das (i) eine Messung der Rate kosmischer<br />

Myonen und (ii) eine Messung der mittleren Lebensdauer von Myonen.<br />

Diese Examensarbeit ist in sieben Kapitel unterteilt und beinhaltet im Anhang eine ausge-<br />

arbeitete Versuchsanleitung und weiterführendes Material. Im zweiten Kapitel wird auf die<br />

dem Versuch zugrunde liegende Theorie eingegangen. Neben der Besprechung des Stan-<br />

dardmodells der Elementarteilchenphysik und insbesondere des Myons wird die kosmische<br />

Strahlung ebenso wie der Cherenkov-Effekt diskutiert. Abschließend wird auf das statisti-<br />

sche Werkzeug eingegangen, welches zur Auswertung des Versuchs benötigt wird, z.B. die<br />

Poisson-Verteilung und der χ 2 -Test.<br />

Das anschließende Kapitel beschäftigt sich mit dem an der Universität Mainz gefertigten<br />

Baukasten, aus welchem der Versuch aufgebaut wird. Es werden die einzelnen Komponen-<br />

1


ten vorgestellt und deren Funktionsweise erklärt. Den Abschluss des Kapitels bildet ein<br />

kurzer Überblick über die möglichen Versuche mit dem Mainzer Baukasten.<br />

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Ausarbeitung des Versuchs. Da das Praktikum<br />

im fünften Semester stattfindet, muss das Vorwissen der Studierenden verwendet werden,<br />

um eine Verknüpfung mit dem zu erlernenden Wissen zu ermöglichen. Hinzu kommt eine<br />

didaktische Untersuchung der Möglichkeiten und Grenzen des Versuchs. Ebenso werden<br />

einige Messergebnisse präsentiert, um die Messung detailliert zu besprechen.<br />

Im fünften Kapitel wird ein Versuchsmodell vorgestellt, welches weitere mit dem Mainzer<br />

Baukastensystem durchführbaren Experimente enthält. Das Modell ist so ausgearbeitet,<br />

dass es mit den entsprechenden Rahmenbedingungen im Fortgeschrittenenpraktikum eta-<br />

bliert werden kann.<br />

Um die ausgearbeitete Versuchsanleitung zu erproben, wurde der Versuch von einigen Frei-<br />

willigen unter Praktikumsbedingungen durchgeführt. Das sechste Kapitel beschäftigt sich<br />

mit den Kommentaren der Experimentierenden und die daraus für die Anleitung resultie-<br />

renden Veränderungen.<br />

Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung und ein Ausblick.<br />

2


2 Theoretischer Hintergrund<br />

2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik<br />

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreibt die Eigenschaften der Konsti-<br />

tuenten der Materie, den Elementarteilchen, und deren Wechselwirkungen. Die Elementar-<br />

teilchen sind in Leptonen und Quarks unterteilt. Sie besitzen einen halbzahligen Spin und<br />

gehören somit zu den Fermionen. In Tabelle 2.1 sind die Konstituenten der Materie mit<br />

Masse und Ladung aufgelistet.<br />

Tabelle 2.1: Elementarteilchen und ihre Eigenschaften Masse und Ladung.<br />

Das Elektron, e − , das Myon, µ − , und das Tauon, τ − , sowie die Neutrinos,<br />

νe, νµ, ντ , gehören zu den Leptonen. Zu den Quarks gehören das Up,<br />

u, Down, d, Strange, s, Charm, c, sowie das Top, t, und Bottom, b, Quark<br />

[PDG 06].<br />

Leptonen Quarks<br />

Generation Masse Ladung Masse Ladung<br />

MeV/c 2 e MeV/c 2 e<br />

1<br />

2<br />

3<br />

νe < 2, 5 · 10 −6 0 u 1,5-3 2/3<br />

e 0,511 -1 d 3-7 −1/3<br />

νµ


Im Standardmodell der Elementarteilchen sollten die Materie- und Austauschteilchen zu-<br />

nächst masselos sein - im offensichtlichen Widerspruch zu dem, was man in Experimenten<br />

beobachtet. Eine mögliche Lösung dieses Problems bietet der nach dem schottischen Theo-<br />

retiker Peter W. Higgs benannte „Higgs-Mechanismus“. Diesem zufolge ist das gesamte<br />

Universum - also auch das Vakuum - mit einem Hintergrundfeld erfüllt, dem Higgs-Feld,<br />

unter dessen Einfluss jedes Teilchen seine Masse erhält. Der Theorie nach wird die Masse<br />

durch das Higgs-Boson vermittelt. Nach dem Higgs-Boson wird zurzeit an Beschleuni-<br />

gerexperimenten gesucht, um endgültig klären zu können, woher die Teilchen ihre Masse<br />

bekommen [PDG 06].<br />

Zu jedem in Tabelle 2.1 aufgelisteten Teilchen existiert ein Antiteilchen, das sich durch das<br />

Vorzeichen der Ladung von diesem unterscheidet. Die Neutrinos unterscheiden sich in der<br />

Händigkeit [Pov 06].<br />

Es gibt vier fundamentale Wechselwirkungen: Die schwache, die starke, die elektromagne-<br />

tische und die Gravitation. Diese werden durch Austauschteilchen vermittelt. Das Prinzip<br />

der Wechselwirkung durch Austauschteilchen soll an dem Beispiel zweier reibungsloser<br />

Rollschuhfahrer verdeutlicht werden: Wirft die Person A den Bumerang direkt zu Person<br />

B, dann erfährt A einen der Wurfrichtung entgegengesetzten Impuls. Beim Fangen des Bu-<br />

merangs übernimmt Person B den Impuls des Bumerangs. Beide Personen entfernen sich<br />

voneinander. Wirft Person A den Bumerang auf einer Kreisbahn Richtung Person B und<br />

fängt dieser ihn, nähern sich A und B an. Ein Beobachter, der die Personen, aber nicht<br />

den Bumerang sieht, wird eine abstoßende bzw. anziehende Kraft konstatieren.<br />

Die Wechselwirkungen der Elementarteilchen können durch Quantenfeldtheorien beschrie-<br />

ben werden. Sie verwenden virtuelle Quanten als Austauschteilchen, welche einen ganz-<br />

zahligen Spin haben und somit zu den Bosonen gehören (vgl. Tab. 2.2). Die elektroma-<br />

gnetische Wechselwirkung wird durch die Quantenelektrodynamik mit dem Photon, γ,<br />

als Austauschteilchen beschrieben. Die Quantenflavourdynamik beschreibt die schwache<br />

Wechselwirkung. Ihre Austauschteilchen sind zwei geladene und ein neutrales Boson. Die<br />

Gluonen, g, sind die Bosonen der starken Wechselwirkung, die durch die Quantenchro-<br />

modynamik beschrieben wird. Die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung<br />

wurden in den sechziger Jahren zur elektroschwachen Wechselwirkung zusammengefasst.<br />

Die elektroschwache Wechselwirkung kennt die beiden geladenen Bosonen W − und W + ,<br />

sowie die beiden neutralen Bosonen γ und Z 0 .<br />

Die Gravitation wirkt auf alle massebehafteten Teilchen. Sie besitzt im Vergleich zu den<br />

anderen Wechselwirkungen die geringste Stärke und spielt für den mikroskopischen Bereich<br />

keine Rolle, weswegen sie im Standardmodell nicht beschrieben wird. Als stärkste der vier<br />

Wechselwirkungen wirkt die starke Wechselwirkung auf die Quarks und Gluonen, und ist<br />

für den Zusammenhalt der Nukleonen verantwortlich. Es existieren acht Gluonen, die ne-<br />

ben Energie und Impuls auch Farbladungen tragen. Sie bestehen aus einer Farbe und einer<br />

Antifarbe, sodass sie im Gegensatz zu Photonen miteinander wechselwirken können. Die<br />

Austauschteilchen der starken Wechselwirkung kommen wie die Quarks niemals als einzel-<br />

ne Objekte in der Natur vor, sondern sind Bestandteile farbneutraler, zusammengesetzter<br />

4


Objekte (Confinement). Die elektromagnetische Wechselwirkung wirkt auf alle elektrisch<br />

geladenen Teilchen. Ihre Reichweite ist theoretisch unendlich. Die schwache Wechselwir-<br />

kung ist für den Zerfall bzw. die Umwandlung der Quarks und Leptonen verantwortlich. Sie<br />

ist für diesen Versuch von zentraler Bedeutung und wird in einem gesonderten Abschnitt<br />

(2.2) besprochen. In Tabelle 2.3 werden die fundamentalen Wechselwirkungen miteinander<br />

verglichen.<br />

Tabelle 2.2: Die Austauschteilchen der fundamentalen Wechselwirkungen und<br />

ihre Eigenschaften Masse, Ladung und Spin. Die massiven Bosonen<br />

der schwachen Wechselwirkung sind für ihre kurze Reichweite verantwortlich.<br />

Austauschteilchen Symbol Masse elektr. Ladung Spin<br />

GeV/c 2 e<br />

Gluon g 0 0 1<br />

Photon γ 0 0 1<br />

Boson W ± , Z 0 80,3, 91,2 ±1, 0 1<br />

Graviton G 0 0 2<br />

Tabelle 2.3: Die fundamentalen Wechselwirkungen und ihre Austauschteilchen,<br />

Reichweite und relative Stärke. Ebenfalls sind Beispiele der<br />

Wechselwirkungen gezeigt.<br />

Wechselwirkung Austausch- Reichweite rel. Stärke Beispiel<br />

teilchen<br />

starke g 1 fm 1 Kernbindung<br />

elektromagnetische γ ∞ 10 − 2 Atombindung<br />

schwache W ± , Z 0 10 −3 fm 10 − 5 β-Zerfall<br />

Gravitation G ∞ 10 −40 Massenanziehung<br />

2.1.1 Zusammengesetzte Teilchen<br />

In dem vorangegangenen Abschnitt wurden die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkun-<br />

gen vorgestellt. Anders als die Leptonen, können Quarks nicht frei auftreten. Sie werden<br />

durch die starke Wechselwirkung zu Hadronen gebunden. Man unterscheidet zwischen Me-<br />

sonen und Baryonen. Mesonen bestehen aus einem Quark und einem Antiquark. Baryonen<br />

setzen sich aus drei Quarks zusammen (vgl. Tab. 2.4). Eine Addition der Quarkmassen eines<br />

Protons (vgl. Tab. 2.1) zeigt, dass die Quarks nur einen geringen Anteil der Protonmasse<br />

ausmachen. Die zusätzliche Energie ist Bindungsenergie der starken Wechselwirkung. Dar-<br />

aus folgt wiederum, dass Hadronen zum Großteil aus Gluonen bestehen. Diese Gluonen<br />

binden die Quarks umso stärker, je weiter sich die Quarks von einander entfernen. Ande-<br />

5


Tabelle 2.4: Die Quarkzusammensetzung einiger wichtiger Hadronen. Die Abkürzungen<br />

der Quarks entsprechen denen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik<br />

[PDG 06].<br />

Name Quarkzusammensetzung Masse<br />

MeV/c2 Proton p uud 938,3<br />

Neutron n udd 939,6<br />

Lambda Λ<br />

Pion π<br />

uds<br />

u<br />

1115,7<br />

¯ d 139,6<br />

Kaon K<br />

Sigma<br />

sū 493,7<br />

�<br />

dds 1189,4<br />

rerseits erhalten die Quarks mehr Bewegungsspielraum, je weiter sie sich annähern. In der<br />

Fachliteratur wird den Quarks eine asymptotische Freiheit eingeräumt, weil sie bei kleinen<br />

Abständen als frei bewegliche Teilchen angesehen werden.<br />

2.2 Die schwache Wechselwirkung<br />

Der Myonzerfall ist ein Prozess der schwachen Wechselwirkung: Ein Myon wird, unter Aus-<br />

sendung eines W-Bosons, in ein Myonneutrino umgewandelt. Gleiches gilt für den Zerfall<br />

des Tauons und den β-Zerfall, der später besprochen wird. Bei solchen Umwandlungen än-<br />

dern sich die Identität und Ladung der Teilchen, weshalb der Begriff der geladenen Ströme<br />

für derartige Reaktionen eingeführt wurde. Diese Wechselwirkung wird durch die gelade-<br />

nen W -Bosonen vermittelt. Im Gegensatz zu den geladenen Strömen bleibt bei neutralen<br />

Strömen das Teilchen erhalten. Das Austauschteilchen der neutralen Ströme ist das elek-<br />

trisch neutrale Z 0 -Boson.<br />

Eine Unterteilung der geladenen Ströme erfolgt durch die betroffenen Teilchen in drei Klas-<br />

sen [Pov 06]: Leptonische Prozesse, semileptonische Prozesse und nichtleptonische Prozesse.<br />

Leptonische Prozesse<br />

Bei einer Kopplung des W-Bosons an Leptonen spricht man von leptonischen Prozessen.<br />

Der Zerfall des negativen Tauons ist exemplarisch in Abbildung 2.1 dargestellt.<br />

6<br />

allgemein ℓ + ¯ν ℓ ←→ ℓ ′<br />

+ ¯ν ℓ ′<br />

Beispiel τ − −→ µ − + ¯νµ + ντ


Abbildung 2.1: Der Zerfall des geladenen Tauons als Beispiel für einen leptonischen<br />

Prozess. Das Tauon wandelt sich unter Aussendung eines<br />

W-Bosons in ein Tauneutrino um. Das W-Boson zerfällt in ein Myon-<br />

Antineutrino und ein Myon.<br />

Semileptonische Prozesse<br />

Bei diesen Prozessen koppelt das W -Boson an Leptonen und Quarks. Typische Beispiele<br />

sind der Zerfall des Pions und der β-Zerfall (vgl. Abschnitt 2.4).<br />

Nichtleptonische Prozesse<br />

Nichtleptonische Prozesse finden ohne Leptonen statt. Das Austauschteilchen koppelt<br />

nur an Quarks (siehe Gl. (2.1)).<br />

q1 + ¯q2 ←→ q3 + ¯q4 (2.1)<br />

Damit die Ladungserhaltung gilt, können nur Quarks, die zu einer Gesamtladung von<br />

±1e führen, miteinander kombiniert werden. Beispiele für solche Prozesse sind der Zerfall<br />

des Λ 0 -Hyperons und der Zerfall des K + . Ihre Zerfälle, im Quarkbild betrachtet, sind in<br />

Abbildung 2.2 gezeigt [Pov 06].<br />

7


Abbildung 2.2: Hadronische Zerfälle mit Strangeness. Das Lambda-Hyperon<br />

wandelt sich in ein Proton um, das W − -Boson zerfällt in ein negativ<br />

geladenes Pion (links). Das Lambda-Hyperon kann außerdem in ein<br />

Neutron und ein neutral geladenes Pion zerfallen. Das K + zerfällt in<br />

ein neutral geladenes und ein negativ geladenes Pion (rechts). [Pov 06].<br />

2.2.1 Der β-Zerfall<br />

Enrico Fermi gelang es mit seiner Theorie den β-Zerfall zu erklären. Der β-Zerfall ist dem-<br />

nach als Ergebnis der Wechselwirkung zweier Ströme zu deuten. Der hadronische Strom<br />

führt das Neutron in ein Proton über und der leptonische Strom erzeugt ein Teilchen-<br />

paar, ein Elektron und ein Elektronneutrino. Mit dieser Erklärung konnten später weitere<br />

Zerfälle, wie der des Myons oder der des π-Mesons erklärt werden. Schaut man sich den<br />

Aufbau der beiden Nukleonen genauer an, erkennt man die Zusammensetzung der Quarks:<br />

Das Proton besteht aus zwei up-Quarks und einem down-Quark, das Neutron aus einem<br />

up-Quark und zwei down-Quarks. Der β-Zerfall des Neutrons kann auf den Zerfall eines<br />

down-Quarks reduziert werden, wobei die anderen beiden Quarks unbeteiligt sind [Pov 06].<br />

Abbildung 2.3 zeigt den Neutronzerfall im Quarkbild.<br />

8<br />

Abbildung 2.3: Feynman-Diagramm des Neutronzerfalls. Der β-Zerfall des Neutrons<br />

besteht in der Umwandlung eines down-Quarks in ein up-Quark.<br />

Die restlichen Quarks sind „Zuschauer“ [Gru 00].


2.3 Eigenschaften von Myonen<br />

Kosmische Myonen sind das Untersuchungsobjekt in diesem Versuch. Das Myon gehört<br />

zu den Elementarteilchen (vgl. Abschnitt 2.1). Es hat die gleiche elektrische Ladung wie<br />

das Elektron, ist aber ungefähr 200 mal schwerer. Wegen der gleichen Ladung und der<br />

größeren Masse wird das Myon auch als schwerer Bruder des Elektrons bezeichnet. Die<br />

Eigenschaften beider Teilchen finden sich in Tabelle 2.5.<br />

Tabelle 2.5: Das Elektron und das Myon im Vergleich. Das Myon hat die gleiche<br />

elektrische Ladung wie das Elektron. Die Masse des Myons, mµ, beträgt<br />

mµ = 207 · me, wobei me für die Elektronenmasse steht.<br />

Teilchen Ladung Masse<br />

e MeV/c 2<br />

Myon µ -1 105,66<br />

Elektron e -1 0, 511<br />

Wie das Elektron aus dem Zerfall des Myons hervorgeht, geht das Myon aus Teilchenzerfäl-<br />

len hervor. Aus diesem Grund werden im Folgenden die Entstehung und der Zerfall, sowie<br />

weitere Eigenschaften des Myons besprochen.<br />

2.3.1 Myonproduktion<br />

Myonen entstehen hauptsächlich beim Zerfall von Hadronen. Die wichtigsten Zerfälle sind<br />

in Tabelle 2.6 aufgelistet. Die Elternteilchen sind die Pionen, π, Kaonen, K, Sigmas, Σ,<br />

und die Lambdas, Λ. Ihre mittlere Lebensdauer, τ, ist in Sekunden, s, angegeben. Einige<br />

Teilchen können nach mehreren Schemata zerfallen, weshalb das Verzweigungsverhältnis<br />

eines Zerfalls in Myonen angegeben wird.<br />

9


Tabelle 2.6: Zerfallskanäle zur Myonerzeugung. Das Myon geht vorwiegend aus<br />

den Pion- und Kaon-Zerfällen hervor. Das Sigma und das Lambda zerfallen<br />

in Pionen, die weiter in Myonen zerfallen. Die mittlere Lebensdauer, τ, ist<br />

in Sekunden, s, angegeben. Es sind lediglich die myonhervorbringenden<br />

Zerfälle und ihre Häufigkeiten dargestellt. Das Kaon zerfällt z.B. nur in<br />

20 % aller Fälle in ein Myon, wohingegen die geladenen Pionen und die<br />

negativ geladenen Sigmas nur in Myonen bzw. Pionen zerfallen [Hil 92].<br />

Zerfallskanal τ Verzweigungsverhältnis<br />

s %<br />

π + → µ + + νµ 2, 6 · 10 − 8 100<br />

π − → µ − + ¯νµ 2, 6 · 10 − 8 100<br />

K + → µ + + νµ 1, 24 · 10 − 8 64<br />

K + → π + + π 0 1, 24 · 10 − 8 21<br />

K − → π − + π 0 1, 24 · 10 − 8 21<br />

K − → µ − + ¯νµ 1, 24 · 10 − 8 64<br />

� + → n + π + 0, 8 · 10 −10 48<br />

� − → n + π − 1, 48 · 10 −10 100<br />

Λ → p + π − 2, 63 · 10 −10 64<br />

Da die Myonen aus den Pion- und Kaon-Zerfällen hervorgehen und der Kaon-Zerfall bereits<br />

aus Abbildung 2.2 bekannt ist, wird im nächsten Abschnitt der Zerfall der geladenen Pionen<br />

genauer erläutert.<br />

Der Zerfall des geladenen Pions<br />

Das positiv geladene Pion besteht aus einem up-Quark und einem down-Antiquark. Analog<br />

dazu besteht das negativ geladene Pion aus einem Down- und einem Antiup-Quark. Die<br />

Pionen sind die leichtesten Hadronen, d.h. sie können nicht weiter in Hadronen zerfallen.<br />

Sie zerfallen in Leptonen, genauer in Elektronen und Myonen.<br />

Das Tauon, mτ = 1776, 99 MeV/c 2 , ist zu schwer, als dass das Pion, mπ = 139, 6 MeV/c 2 ,<br />

in dieses zerfallen könnte. Der Pion-Zerfall in Myonen ist 10.000 mal wahrscheinlicher als<br />

ein Zerfall in ein Elektron [Gru 00]. In Abbbildung 2.4 ist der Feynman-Graph des positiven<br />

Pions dargestellt.<br />

10


2.3.2 Myonzerfall<br />

Abbildung 2.4: Feynman-Diagramm des Pionzerfalls.<br />

Myonen sind instabile Teilchen. Freie Myonen zerfallen im Mittel nach<br />

τ0 = (2, 19703 ± 0, 00004) µs, wobei τ0 die mittlere Lebensdauer der freien Myonen ist. Der<br />

Zerfall von instabilen Teilchen ist ein statistischer Prozess, der durch das Zerfallsgesetz<br />

beschrieben wird. Die Lebensdauer eines geladenen Myons ist zufällig und statistisch nach<br />

N(t) = N0 · e<br />

t<br />

− τ0 verteilt. Die mittlere Lebensdauer ist<br />

< t >= τ0<br />

Die möglichen Myonzerfälle für das negative Myon finden sich in Tabelle 2.7.<br />

Tabelle 2.7: Die Zerfallskanäle des µ − und das Verzweigungsverhältnis. Die<br />

Verzweigungsverhältnisse für den zweiten und dritten Zerfallskanal sind<br />

vernachlässigbar klein.<br />

Zerfallsart Verzweigungsverhältnis<br />

%<br />

µ − −→ e − ¯νeνµ ≈ 100<br />

µ − −→ e − ¯νeνµγ ≈ 1, 4<br />

µ − −→ e − ¯νeνµe + e − ≈ 0, 000034<br />

(2.2)<br />

Positiv geladene Myonen zerfallen in die entsprechenden Antiteilchen. Die Verzweigungs-<br />

verhältnisse für den zweiten und dritten Zerfallskanal sind vernachlässigbar klein. Die im<br />

Folgenden angenommenen Zerfallsschemata für Myonen sind:<br />

µ − → e − + νµ + ¯νe ,<br />

µ + → e + + ¯νµ + νe .<br />

Im Rahmen der elektroschwachen Wechselwirkung kann ein solcher Zerfall folgendermaßen<br />

interpretiert werden: Das Myon wandelt sich unter Emission eines W − -Bosons in ein Myon-<br />

11


neutrino um. Das Austauschteilchen wiederum zerfällt in ein Elektron und ein Elektron-<br />

Antineutrino. In Abbildung 2.5 ist der Feynman-Graph für den Myonzerfall zu sehen.<br />

Abbildung 2.5: Feynman-Diagramm des freien Myonzerfalls. Das Myon überträgt<br />

seine Ladung auf das W − -Boson und wandelt sich dabei in ein νµ<br />

um. Das W − -Boson wiederum zerfällt in ein e − und ein ¯νe [Gru 00].<br />

Myonen in Materie können mit den Atomkernen des Materials, in dem sie sich befinden,<br />

myonische Atome bilden. In Wasser kann das Myon zum Beispiel mit einem Wasserstoff-<br />

oder Sauerstoffkern wechselwirken. Dabei wird das Myon von dem Atom eingefangen und<br />

in der K-Schale gebunden. Da der Bohrsche Radius umgekehrt proportional zur Masse des<br />

Hüllenelektrons ist, nähert sich das Myon dem Atomkern etwa auf das 0, 005-fache des<br />

Abstandes der kernnächsten Hüllenelektronen. Das gebundene Myon kann wie ein freies<br />

Myon zerfallen oder aber mit einem Kernproton reagieren (µ − + p → n + ¯νµ). Da<br />

der Bohrsche Radius auch umgekehrt proportional zur Kernladungszahl, Z, ist, überwiegt<br />

diese Reaktion für große Z [Hän 95]. Die entstehenden Myonatome zerfallen wiederum.<br />

Durch den Einfang verkürzt sich die mittlere Lebensdauer der negativen Myonen zu<br />

1<br />

τ<br />

= 1<br />

τ0<br />

+ 1<br />

τc<br />

, (2.3)<br />

wobei τc die mittlere Lebensdauer durch den Einfang negativ geladener Myonen ist.<br />

2.4 Myonen in der kosmischen Höhenstrahlung<br />

Die kosmische Höhenstrahlung wurde bei der Untersuchung von radioaktiven Präparaten<br />

entdeckt. Ohne das Aufstellen einer radioaktiven Quelle konnte trotzdem Strahlung nachge-<br />

wiesen werden. Mit seinen Ballonversuchen widerlegte Victor Hess 1911/12 die Vorstellung,<br />

dass diese Strahlung von der Erde ausging: Mit zunehmender Höhe nahm die Intensität der<br />

Strahlung zu anstatt ab. Diese Strahlung wurde wegen ihrer ausserterrestrischen Herkunft<br />

kosmische Strahlung genannt. 1936 erhielt Victor Hess für seine Arbeit den Nobelpreis für<br />

Physik.<br />

Man unterscheidet zwischen primärer kosmischer und sekundärer kosmischer Strahlung,<br />

12


je nachdem, ob man von der isotrop aus dem Weltall auf die äußere Erdatmosphäre auf-<br />

treffende Strahlung spricht (primär) oder die durch Wechselwirkung dieser Strahlung mit<br />

den Atomen der Erdatmosphäre erzeugte Strahlung betrachtet (sekundär) [Hil 92].<br />

Wie Tabelle 2.8 zu entnehmen ist, besteht die primäre kosmische Strahlung größtenteils<br />

aus ionisierten Atomkernen. Durch Supernova-Explosionen und Quasare werden hochener-<br />

getische Teilchen erzeugt. Würden hauptsächlich Photonen und Neutronen beschleunigt<br />

werden, könnten sie wegen ihrer geraden Flugbahn direkt auf die Entstehungsquelle hin-<br />

weisen. Die geladenen Teilchen hingegen unterliegen den Einflüssen von Magnetfeldern<br />

und werden dadurch, bis zum Erreichen der Erde, abgelenkt. Der Ursprung der kosmi-<br />

schen Strahlung konnte daher bis heute nicht ausreichend beantwortet werden. Lediglich<br />

die Zusammensetzung der primären kosmichen Teilchen konnte bestimmt werden [Gru 00]:<br />

Mit 85 % bilden die Protonen den Hauptteil der auf die Erdatmosphäre treffenden Teil-<br />

chen. Neben den Protonen treffen He-Kerne mit einer Häufigkeit von 12, 5 %, und weitere<br />

schwere Kerne mit einer Häufigkeit von 2, 5 % auf die Erde. Elektronen und Photonen<br />

bilden mit 1 % bzw. 0, 1 % den geringsten Anteil der auftreffenden Teilchen. Die genaue<br />

Zusammensetzung der primären kosmischen Strahlung ist in Tabelle 2.8 aufgelistet.<br />

Tabelle 2.8: Die Zusammensetzung der primären kosmischen Strahlung. Auf<br />

die Erdatmosphäre treffen hauptsächlich Protonen, He-Kerne und einige<br />

schwere Kerne.<br />

Häufigkeit<br />

%<br />

H-Kerne (Protonen) 85<br />

He-Kerne 12,5<br />

Kerne mit Z > 3 2,5<br />

Elektronen e − 1<br />

Photonen 0,1<br />

In der Erdatmosphäre lösen die Teilchen der primären kosmischen Strahlung in ca. 25 km<br />

Höhe durch Wechselwirkung mit den Sauerstoff- und Stickstoffkernen der Atmosphäre Kas-<br />

kaden sekundärer Teilchen aus. Abbildung 2.6 zeigt einen derartigen Teilchenschauer sche-<br />

matisch.<br />

13


Abbildung 2.6: Schematische Darstellung des Luftschauers. Die Zusammensetzung<br />

der primären kosmischen Strahlung verändert sich in der Erdatmosphäre.<br />

Durch Pion-Zerfälle entstehen die Myonen, die den größten<br />

Anteil der auf der Erdoberfläche detektierten Strahlung ausmachen. Außer<br />

den Myonen können auch Hadronen, Elektronen und Neutrinos aus<br />

der kosmischen Strahlung auf Meereshöhe nachgewiesen werden. Die<br />

weiche Komponente wird in der Atmosphäre absorbiert [Gru 85].<br />

Am Rand der Atmosphäre entstehen durch die Wechselwirkung der einfallenden Proto-<br />

nen häufig Pionen und Kaonen (vgl. Tab. 2.9). Die Pionen zerfallen direkt in Myonen,<br />

wohingegen die Kaonen über Pionen-Zerfälle in Myonen zerfallen.<br />

14


Tabelle 2.9: Kaon hervorbringende Reaktionen. Kaonen können als „seltsame“<br />

Teilchen wegen der Erhaltung der Quantenzahl „Seltsamkeit“ durch die<br />

starke Kraft nur mit weiteren „seltsamen“ Teilchen erzeugt werden [Hil 92].<br />

pp → ΛK + p pn → ΛK + n<br />

→ Σ + K + n → Σ − K + p<br />

π − p → ΛK 0 π + p → Σ + K +<br />

→ Σ − K +<br />

π−n → Σ−K 0 π + n → Σ + K0 → ΛK +<br />

(p = Proton, n = Neutron, K = Kaon, Λ = Lambda, Σ = Sigma.)<br />

Die Intensität der kosmischen Teilchen variiert mit der Höhe. Der Verlauf der Teilchen-<br />

intensitäten ist in Abbildung 2.7 dargestellt. Die Anzahl der Protonen nimmt wegen der<br />

Wechselwirkungen am Rand der Atmosphäre ab. Es entstehen Pionen, Elektronen und<br />

Myonen, sowie deren Neutrinos. Mit abnehmender Höhe überwiegen die Neutrinos und die<br />

Myonen. Da die Myonen durch ihren Zerfall auch Neutrinos erzeugen, nimmt die Neutri-<br />

noanzahl zu.<br />

Abbildung 2.7: Teilchenfluss kosmischer Teilchen mit Energien > 1 GeV in<br />

der Atmosphäre. Anfangs dominieren die Protonen und Neutronen<br />

das Teilchenbild. In ca. 9 km lösen die Myonen die Nukleonen als dominierende<br />

Teilchensorte ab. Die Neutrinos werden wegen ihrer geringen<br />

Wechselwirkungswahrscheinlichkeit kaum absorbiert. Ihre Anzahl steigt<br />

durch die Teilchenzerfälle weiter an [Gru 00].<br />

15


Die Pionen, gefolgt von den Kaonen, stellen den Hauptteil der erzeugten hadronischen Kas-<br />

kade dar. Des Weiteren gehören Baryonen wie Protonen oder Neutronen zur hadronischen<br />

Kaskade. Die entstandenen Teilchen sind so energiereich, dass sie in der Atmosphäre wei-<br />

ter wechselwirken. Das neutrale Pion initiiert durch seinen Zerfall eine elektromagnetische<br />

Kaskade, die in der Atmosphäre absorbiert wird. Sie beinhaltet die erzeugten Elektronen,<br />

Photonen und Positronen. Aus diesem Grund heißt diese Kaskade auch weiche Kaskade.<br />

Neben den leptonischen Zerfällen der Pionen und Kaonen kann das Myon auch aus semi-<br />

leptonischen Zerfällen hervorgehen (vgl. Tab. 2.6). Die auf der Erdoberfläche ankommende<br />

Strahlung besteht zu 80 % aus Myonen und zu 20 % aus Elektronen.<br />

Ein Großteil der Myonen wird in Höhen zwischen 9 km und 15 km erzeugt (vgl. Abb. 2.8).<br />

Abbildung 2.8: Teilchenzusammensetzung in der Atmosphäre als Funktion der<br />

atmosphärischen Dichte. Der Fluss der Protonen entspricht ungefähr<br />

dem Verlauf einer Exponentialfunktion. Die Elektronen erreichen<br />

bei 15 km Höhe ihr Maximum und werden anschließend schnell absorbiert.<br />

Die Schwächung der Myonen ist gering [Gru 00].<br />

Die Impulsverteilung vertikaler kosmischer Myonen ist in Abbildung 2.9 dargestellt.<br />

16


Abbildung 2.9: Impulsspektrum vertikaler Myonen auf Meereshöhe. Der Myonfluss<br />

pro Quadratzentimeter, Sekunde, Steradiant - der Steradiant entspricht<br />

einem Raumwinkel, der durch die Fläche von 1 m 2 auf der Einheitskugel<br />

definiert wird - in Abhängigkeit des Impulses [Gru 00].<br />

Bei den vertikalen, hochenergetischen Pionen überwiegt die Wechselwirkungswahrschein-<br />

lichkeit. Die Pionen verlieren durch die Wechselwirkung mit den Luftmolekülen Energie<br />

und zerfallen in niederenergetische Myonen. Für große Einfallswinkel legen die Pionen aber<br />

einen längeren Weg in den dünnen Schichten der Atmosphäre zurück, woraus eine erhöhte<br />

Zerfallswahrscheinlichkeit resultiert. Bei dem Zerfall überträgt das Pion seinen Impuls auf<br />

das Myon. Die schräg einfallenden Pionen bilden ebenso wie die semileptonischen Zerfälle<br />

eine Quelle für hochenergetische Myonen.<br />

2.4.1 Das Myonparadoxon<br />

B. Rossi und D.B. Hall zählten im Jahr 1941 mittels Plastik-Szintillatoren Myonzerfälle.<br />

Dazu führten sie eine einstündige Messung auf einem Berg in 2000 Metern Höhe durch.<br />

Die Messung wurde anschließend auf Meeresniveau wiederholt. Auf dem Gipfel zählten sie<br />

568 Myonzerfälle in einer Stunde und auf Meeresniveau 412 statt der erwarteten 27. Mit<br />

einer angenommenen Myongeschwindigkeit von 99 % der Lichtgeschwindigkeit benötigen<br />

die Myonen nach klassischer Betrachtung 6, 5 µs, was etwa der dreifachen Lebensdauer<br />

des Myons entspricht. Mit dem Zerfallsgesetz und N0 = 568 und t = 2.94 · τ ergibt sich<br />

die erwartete Anzahl, N, zu ungefähr 27. Das Myon-Paradoxon lässt sich durch Einsteins<br />

spezielle Relativitätstheorie lösen. Er postulierte (1905) die Lichtgeschwindigkeit als ma-<br />

ximale, unerreichbare Geschwindigkeit im Vakuum. Des Weiteren sei eine Interpretation<br />

17


einer Beobachtung vom Bezugssystem abhängig. Für Geschwindigkeiten nahe der Lichtge-<br />

schwindigkeit müssen die Effekte der Zeitdilatation und Längenkontraktion berücksichtigt<br />

werden. „Es sollte vielleicht erwähnt werden, daß die Energie der durch kosmische Strah-<br />

lung erzeugten Myonen stark variieren. [. . .] Dieses Experiment zeigt, daß die Zeitdilatation<br />

nicht nur in der Theorie existiert, sondern experimentell nachweisbar ist [Fre 71].“<br />

Das Myon-Paradoxon wird im Folgenden diskutiert. Aus Abbildung 2.9 ist ersichtlich, dass<br />

die Anzahl niederenergetischer Myonen auf Meereshöhe überwiegt. Für die weitere Rech-<br />

nung werden Myonen mit einer relativistischen Energie von 2 GeV betrachtet. Über die<br />

relativistische Energie<br />

E = m0γc 2<br />

, (2.4)<br />

wobei m0 der Ruhmasse des Myons, γ der Verzerrungsfaktor und c die Lichtgeschwindigkeit<br />

ist, kann der Verzerrungsfaktor, oder Lorentz-Boost, γ, bestimmt werden:<br />

wobei β = v<br />

c<br />

Gleichung (2.5) folgt<br />

γ = �<br />

1<br />

1 − v2<br />

c2 =<br />

1<br />

� 1 − β 2<br />

≈ 18, 93 , (2.5)<br />

die auf die Lichtgeschwindigkeit normierte Teilchengeschwindigkeit ist. Aus<br />

v = c ·<br />

�<br />

1 − 1<br />

≈ 0, 999 · c. (2.6)<br />

γ2 Im Beobachtersystem der Erde verlängert sich die Lebensdauer des Myons wegen der Zeit-<br />

dilatation um den Faktor βγ ≈ γ, da β ≈ 1 ist. Aus Sicht des Myons legt die Erde eine um<br />

den Faktor γ längenkontrahierte Strecke zurück. Wegen der hohen Myongeschwindigkeiten<br />

müssen die Myonen relativistisch betrachtet werden. Wie Abbildung 2.10 veranschaulicht,<br />

können die Myonen die Strecke bis zur Erdoberfläche problemlos zurücklegen. Aus dem<br />

Beobachtungssytem der Erde verlängert sich die Lebensdauer des Myons wegen der Zeitdi-<br />

latation auf ca. 41, 6 µs. In dieser Zeit kann das Myon im Schnitt eine Strecke von 12, 5 km<br />

zurücklegen.<br />

18


Abbildung 2.10: Das Myon als experimentelle Anwendung der speziellen Relativitätstheorie.<br />

Links: Im Bezugssystem der Erde hat ein Myon,<br />

das sich mit 0, 999 c bewegt, eine mittlere Lebensdauer von 41, 6 µs<br />

und legt in dieser Zeit ca. 12.500 m. zurück. Rechts: Im Ruhesystem<br />

des Myons beträgt die während der Lebensdauer von 2, 19703 µs zurückgelegte<br />

Strecke der Erde 476 m [Tip 03].<br />

2.4.2 Kosmische Myonen auf Meereshöhe<br />

Der Myonfluss auf Meereshöhe beträgt etwa 1 Teilchen pro cm 2 und Minute. Da die kos-<br />

mische Strahlung unterschiedliche Atmosphärenschichten durchdringen muss, führt dies zu<br />

einer Winkelabhängigkeit des Myonflusses:<br />

Iµ(α) = I0 · cos n (α), (2.7)<br />

wobei I0 für die Anzahl der senkrecht einfallenden Myonen steht, α für den Zenitwinkel<br />

und n eine impulsabhängige Variable darstellt. Abbildung 2.11 zeigt die Beschreibung des<br />

Impulsspektrums in Abhängigkeit des Einfallswinkels durch das cos n -Gesetz.<br />

Abbildung 2.11: Der Exponent der Winkelverteilung der Myonen auf Meereshöhe<br />

in Abhängigkeit vom Impuls. Mit n = 1, 85 lässt sich der<br />

Myonfluss über ein breites Energiespektrum durch<br />

Iµ(α) = I0 · cos 1,85 (α) beschreiben. Die meisten Myonen treffen senkrecht<br />

bzw. unter kleinen Winkeln auf die Erdoberfläche [All 84].<br />

19


Ausgehend von den überwiegend positiven Teilchen der primären kosmischen Strahlung<br />

kann darauf geschlossen werden, dass die Anzahl der positiv geladenen Myonen gegenüber<br />

den negativ geladenen Myonen überwiegt. Das Ladungsverhältnis, RPion, ergibt sich zu<br />

[Gru 00]:<br />

RPion = N (π+ )<br />

N (π− = 1, 25 ,<br />

)<br />

Dieses Ladungsverhältnis überträgt sich auf das der Myonen. Das erwartete Ladungsver-<br />

hältnis, RMyon, wurde experimentell bestätigt [Gru 00]:<br />

RMyon = N (µ+ )<br />

N (µ − = 1, 28 .<br />

)<br />

2.5 Wechselwirkung geladener Teilchen mit Materie<br />

Geladene Teilchen verlieren beim Durchgang durch Materie Energie. Der Energieverlust<br />

geschieht durch Ionisation und Anregung der Atome. Der resultierende, mittlere Energie-<br />

verlust pro Strecke kann über die Bethe-Bloch-Formel bestimmt werden [Pov 06]:<br />

mit<br />

−<br />

� �<br />

dE<br />

dx<br />

NA = Avogadrozahl,<br />

= 4πmec 2 NAZz 2<br />

Aβ 2<br />

Z = Ordnungszahl des Materials,<br />

A = Massenzahl des Materials,<br />

ze<br />

β<br />

=<br />

=<br />

Ladung des Teilchens,<br />

Geschwindigkeit des Teilchens � = v<br />

�<br />

c ,<br />

me = Elektronenmasse,<br />

re = klassischer Elektronenradius (= 2, 8 fm),<br />

� �<br />

2mec<br />

ln<br />

2β2 I · (1 − β2 �<br />

− β<br />

)<br />

2<br />

�<br />

, (2.8)<br />

I = das effektive Ionisationspotenzial des Materials (I = 16 eV · Z 0,9 ).<br />

Die Energieverlustkurve in Abhängigkeit vom Impuls der geladenen Teilchen hat einen<br />

typischen Verlauf: Für kleine Impulse steigt der Energieverlust stark an (≈ β 2 ), durchläuft<br />

ein Minimum (minimal ionisierende Teilchen) und steigt für große Impulse wieder an.<br />

Myonen sind oft minimal ionisierende Teilchen. Ihr mittlerer Energieverlust in Wasser und<br />

in Blei ist in Abbildung 2.12 dargestellt.<br />

20


Abbildung 2.12: Der Energieverlust kosmischer Myonen in Wasser und Blei.<br />

1<br />

Der Verlauf fällt mit β2 ab, um ein Minimum zu durchlaufen und<br />

anschließend logarithmisch anzusteigen.<br />

Der tatsächliche Energieverlust geladener Teilchen schwankt gemäß einer Landauvertei-<br />

lung. Die geladenen Teilchen können bei den Kollisionen mit den Hüllenelektronen maxi-<br />

mal die Hälfte ihrer Energie auf das Elektron übertragen [Leo 94]. Diese Elektronen haben<br />

genügend Energie, um weitere Ionisationen auszulösen oder die gesamte Energie durch<br />

Bremsstrahlung zu verlieren. Diese Möglichkeit führt zu einer asymmetrischen Verteilung<br />

des Energieverlusts. Der Mittelwert des Energieverlusts liegt dadurch nicht mehr im Ma-<br />

ximum der Verteilung. Abbildung 2.13 zeigt die Landauverteilung.<br />

Abbildung 2.13: Die Landauverteilung. Vor dem langsamen Abfall ähnelt der Verlauf<br />

der Kurve dem einer Normalverteilung. Der langsame Abfall resultiert<br />

aus sekundären Ionisationen, die von energiereichen Elektronen<br />

ausgelöst werden.<br />

21


In diesem Versuch ist der Energieverlust der Myonen in Wasser und Blei relevant und<br />

dient hier als Beispiel (vgl. Abschnitt 3.2). Mit Hilfe der Bethe-Bloch-Formel lässt sich<br />

der mittlere Energieverlust berechnen. Die berechneten Ergebnisse sind in Tabelle 2.10<br />

zusammengefasst.<br />

Tabelle 2.10: Der mittlere Energieverlust von Myonen beim Durchgang durch<br />

Wasser und Blei [PDG 06].<br />

Z<br />

Material A Energieverlust Dichte<br />

� �<br />

dE<br />

dx<br />

MeV<br />

g cm2 gcm −3 MeVcm −1<br />

Wasser 0,55509 1,992 1 1,992<br />

Blei 0,39575 1,12 11,35 12,7<br />

2.6 Nachweis kosmischer Myonen mittels des<br />

Cherenkov-Effekts<br />

Ein geladenes Teilchen, welches sich in einem dielektrischen Medium mit einer größeren Ge-<br />

schwindigkeit als die Lichtgeschwindigkeit in dem Medium bewegt, löst elektromagnetische<br />

Strahlung aus. Die Lichtgeschwindigkeit gilt nur im Vakuum als höchste Geschwindigkeit.<br />

In einem Medium hingegen berechnet sich die Geschwindigkeit des Lichts über v = c<br />

n , wobei<br />

c für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und n für den Brechungsindex des Mediums<br />

steht. Die erzeugte Strahlung wird Cherenkov-Strahlung genannt.<br />

Dieser oben beschriebene Effekt wird Cherenkov-Effekt genannt und kann folgenderma-<br />

ßen erklärt werden: Das geladene Teilchen polarisiert Moleküle des Mediums längs seiner<br />

Flugbahn. Diese senden elektromagnetische Wellen aus. Ist die Geschwindigkeit kleiner<br />

als die der Lichtgeschwindigkeit kommt es wegen der symmetrischen Polarisierung der<br />

benachbarten Atome zur destruktiven Interferenz (vgl. Abb. 2.14 links). Für größere Ge-<br />

schwindigkeiten können sich die elektromagnetischen Wellen nicht mehr auslöschen, da sie<br />

nicht mehr symmetrisch um das geladene Teilchen erzeugt werden (vgl. Abb. 2.14 rechts).<br />

Da nur geladene Teilchen Cherenkov-Strahlung auslösen können, lösen die Neutrinos keine<br />

Cherenkov-Strahlung aus.<br />

22


Abbildung 2.14: Erklärung des Cherenkov-Effekts. Das geladene Teilchen polarisiert<br />

die benachbarten Atome, die dann elektromagnetische Wellen abstrahlen.<br />

Für Geschwindigkeiten v < c<br />

n ist die Polarisation der Atome<br />

symmetrisch, sodass die elektromagnetischen Wellen destruktiv interferieren.<br />

Für v > c<br />

n ist die Interferenz konstruktiv. Die resultierende<br />

Strahlung wird Cherenkov-Strahlung genannt [Gru 93].<br />

Der Öffnungswinkel des Kegels kann mit Hilfe von Abbildung 2.15 hergeleitet werden.<br />

Abbildung 2.15: Schematische Darstellung der Entstehung des Cherenkov-<br />

Kegels. Das geladene Teilchen bewegt sich im dielektrischen Medium<br />

schneller als die von ihm ausgesandten Wellen. Die überlagerten<br />

Wellen bilden den Cherenkov-Kegel [Kle 00].<br />

Das geladene Teilchen legt in der Zeit ∆t die Strecke v · ∆t zurück. Die zurückgelegte Weg-<br />

strecke, s, der mit der Geschwindigkeit c<br />

n abgestrahlten Kugelwellen, kann über Gleichung<br />

(2.9) berechnet werden:<br />

s =<br />

∆t · c<br />

n<br />

. (2.9)<br />

23


Die Aussendung des Lichts erfolgt unter einem bestimmten Winkel:<br />

cos(θ) =<br />

c<br />

n · ∆t<br />

v · ∆t<br />

= 1<br />

nβ<br />

, (2.10)<br />

mit β = v<br />

c . Nur unter diesem Winkel interferieren die elektromagnetischen Wellen konstruktiv.<br />

In allen anderen Ausbreitungsrichtungen löschen sich die Wellen aus. Die Anzahl<br />

der pro Wegstrecke, dx, emittierten Photonen im Wellenlängenbereich zwischen λ1 und λ2<br />

errechnet sich zu [Gru 93]<br />

dN<br />

dx<br />

= 2παz2<br />

� λ2<br />

λ1<br />

�<br />

1 − 1<br />

n2β2 �<br />

dλ<br />

λ2 . (2.11)<br />

Dabei ist z die Ladung des Cherenkov-Lichts erzeugenden Teilchens und α die Sommerfeld-<br />

sche Feinstrukturkonstante. Wird die Dispersion vernachlässigt, vereinfacht sich die Formel<br />

zu:<br />

dN<br />

dx = 2παz2 · sin 2 θc · λ2 − λ1<br />

λ1λ2<br />

(2.12)<br />

Für den optischen Bereich zwischen λ1 = 400 nm und λ2 = 700 nm ergibt sich für das<br />

Myon mit der Ladung z = −1 die Anzahl der emittierten Photonen zu<br />

2.7 Statistische Werkzeuge<br />

2.7.1 Die Poisson-Verteilung<br />

dN<br />

dx = 490 · sin2 θc/cm −1 . (2.13)<br />

Die Poisson-Verteilung wird zur Beschreibung von Zählexperimenten mit einer geringen<br />

Auftretenswahrscheinlichkeit verwendet. Bei Poisson-Prozessen ist nur eine durchschnittli-<br />

che Rate, λ, für das Eintreten von Ereignissen bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, k solcher<br />

Ereignisse zu beobachten, ist:<br />

P (k) = λk<br />

k! e−λ<br />

. (2.14)<br />

Der Erwartungswert, E, der Poissonverteilung lautet: E = λ. Die Varianz der Poisson-<br />

Verteilung ist über σ 2 = λ gegeben. Der radioaktive Zerfall ist ein typisches Beispiel für<br />

einen Poisson-Prozess.<br />

24


2.7.2 Der χ 2 -Test<br />

Der χ 2 -Test wird zur Überprüfung der Vereinbarkeit von Messdaten und einer Hypothese<br />

verwendet. Die Daten seien in ein Histogramm mit n Bins eingetragen. Die Fehler (statisti-<br />

sche Schwankungen) in einem einzelnen Bin seien Poisson-Fehler, d.h. ∆ni = √ ni. Ebenso<br />

seien die aus einer Hypothese erwarteten Werte für jedes Bin, ni,theo, bekannt. Das χ 2 defi-<br />

niert ein Maß für die durchschnittliche quadratische Abweichung zwischen den gemessenen<br />

Daten und den erwarteten Werten. Das χ 2 wird folgendermaßen berechnet:<br />

χ 2 =<br />

n� (ni − ni,theo) 2<br />

i=1<br />

(∆ni,theo) 2 . (2.15)<br />

Für k Freiheitsgrade sollte χ2<br />

k ≈ 1 gelten. Die Anzahl der Freiheitsgrade ist die Anzahl<br />

der Bins, n, minus die Anzahl der geschätzten Parameter. Die Wahrscheinlichkeit für die<br />

Vereinbarkeit lässt sich aus existierenden Tabellen in [Wun 94] ablesen.<br />

2.8 Das Vorwissen<br />

An dieser Stelle wird das für den Versuch relevante Vorwissen der Studierenden erläutert.<br />

In Abschnitt 4.3 wird auf dieses Wissen zurückgegriffen.<br />

Der Mach-Kegel<br />

Der Mach-Kegel aus der Akustik ist eine Analogie des Cherenkov-Effekts (vgl. Abschnitt<br />

2.6). Ein Schallsender, z.B. ein Flugzeug, sendet in Ruhe kugelförmige Schallwellen aus<br />

(vgl. Abb. 2.16 links(a)). Mit zunehmender Geschwindigkeit der Schallquelle verdichten<br />

sich die Schallwellen vor ihr und der Doppler-Effekt tritt ein: Bei einer Annäherung der<br />

Quelle an den Beobachter registriert dieser eine Frequenzänderung. Höhere Frequenzen<br />

werden bei einer Annäherung und entsprechend tiefere Frequenzen bei einer Entfernung<br />

wahrgenommen (vgl. Abb. 2.16 links (b)). Die Verdickung der Wellenfronten wird mit zu-<br />

nehmender Geschwindigkeit des Senders so stark, dass es zur Ausbildung einer Wellenfront,<br />

der Schallmauer, kommt (vgl. Abb. 2.16 links (c)). Bei Überschallgeschwindigkeiten über-<br />

holt der Sender seine ausgesandten Schallwellen. Es kommt zu einer additiven Überlagerung<br />

der Schallwellen, welche einen Kegel bilden, den Mach-Kegel (vgl. Abb. 2.16 links(d)). Der<br />

Durchbruch der Schallmauer kann auf der Erde als lauter Knall wahrgenommen werden<br />

(vgl. Abb. 2.16 links(d)). Dieser Effekt kann sichtbar gemacht werden: Bei Überschallge-<br />

schwindigkeit kondensieren die Wassertröpfchen der Luft wegen des Druckgefälles, welcher<br />

25


vor und hinter dem Mach-Kegel herrscht. In Gebieten hoher Luftfeuchtigkeiten, wie z.B.<br />

über offenem Meer, wird der Mach-Kegel sichtbar (vgl. Abb. 2.16 rechts).<br />

Abbildung 2.16: Der Mach-Kegel in Theorie (a) und Praxis (b). Links: Erklärung<br />

für die Entstehung des Mach-Kegels. Je schneller sich der Schallsender<br />

bewegt, desto mehr verdichten sich vor ihm die Wellenfronten.<br />

Bei Überschallgeschwindigkeit kommt es nur unter einem bestimmten<br />

Winkel zu einer konstruktiven Überlagerung der Wellenfronten.<br />

Die Einhüllende wird als Mach-Kegel bezeichnet [Mes 06]. Rechts: Der<br />

Mach-Kegel an einem Überschallflugzeug. Der Mach-Kegel wird durch<br />

kondensierte Wassertröpfchen sichtbar.<br />

Der Photoeffekt<br />

Wie Hallwachs 1888 beobachtete, konnte er eine negativ geladene Metallplatte mittels<br />

hochenergetischen Lichts (UV-Licht) entladen. Bei dem Versuch, dies mit einer positiv<br />

geladenen Platte auch zu erreichen, erkannte er, dass dies nicht möglich ist. Heute ist be-<br />

kannt, dass nur Elektronen aus dem Material herausgelöst werden können.<br />

Für die Herauslösung eines Elektrons ist die Wellenlänge und somit die Energie des Photons<br />

entscheidend. Elektronen sind an Atomrümpfe gebunden. Die Austrittsarbeit entspricht der<br />

Energie, die benötigt wird, um die Bindungskräfte zwischen Elektron und Rumpf zu über-<br />

winden. Nach dem Austritt eines Elektrons ist eine Energiebilanz zu ziehen. Das Photon<br />

hat seine gesamte Energie auf das Elektron übergeben und dieses hat einen Teil dieser<br />

Energie als Austrittsarbeit verbraucht. Hieraus folgt<br />

E = hν − Wa.<br />

Hierbei ist Wa die Austrittsarbeit, h das Planksche Wirkungsquantum, ν die Frequenz des<br />

Photons und E die Restenergie, die dem Elektron als kinetische Energie nach dem Austritt<br />

zur Verfügung steht. Für seine Interpretation des Photoeffekts erhielt Albert Einstein 1922<br />

den Nobelpreis für Physik für das Jahr 1921.<br />

26


Das Zerfallsgesetz<br />

Der Zerfall von radioaktiven Elementen ist ein statistischer Prozess, d.h. es ist nicht mög-<br />

lich vorherzusagen, wann ein bestimmter Kern zerfallen wird. Es ist lediglich möglich eine<br />

Vorhersage über die erwartete Anzahl der zerfallenen Kerne pro Zeiteinheit zu machen.<br />

Zur Zeit t0 = 0 sei die Anzahl der nicht zerfallenen Kerne N0. Wie viele Kerne existieren<br />

nach einer Zeit t > t0?<br />

Sei dN die Anzahl der in der Zeit dt zerfallenen Kerne und N die Anzahl der nicht zerfalle-<br />

nen Kerne. Die Anzahl der zerfallenen Kerne ist proportional zu der verstrichenen Zeit, dt,<br />

und der Anzahl der existierenden Kerne, N. Außerdem ist sie von der Teilchensorte abhän-<br />

gig. Die Einführung der elementabhängigen Zerfallskonstanten, λ, erlaubt die Aufstellung<br />

einer Differentialgleichung:<br />

Wir führen eine Trennung der Variablen durch<br />

und integrieren:<br />

dN = −λNdt . (2.16)<br />

dN<br />

N<br />

= −λdt (2.17)<br />

� �<br />

N<br />

ln = −λt . (2.18)<br />

N0<br />

Die Gleichung wird umgeschrieben, um das radioaktive Zerfallsgesetz zu erhalten.<br />

N(t) = N0e −λt<br />

. (2.19)<br />

Aus der Zerfallskonstanten, λ, lässt sich über Gleichung (2.20) die mittlere Lebensdauer<br />

bestimmen.<br />

d.h. die Zeit, nach der die Anzahl der Kerne auf 1<br />

e<br />

τ = 1<br />

, (2.20)<br />

λ<br />

abgefallen ist.<br />

27


3 Experimenteller Aufbau und Versuche<br />

Dieses Kapitel stellt die verwendeten experimentellen Aufbauten und Versuche vor. Die<br />

Grundlage bildet ein Baukastensystem der Universität Mainz, welcher ebenfalls im Rahmen<br />

einer Staatsexamensarbeit entwickelt worden ist.<br />

3.1 Die Hard- und Software<br />

Das Mainzer Baukastensystem besteht aus einer Elektronikbox, zwei Photomultipliern<br />

(PMT), zwei Thermoskannen mit Gummidichtung und einen Stofftuch. Nicht im Liefe-<br />

rumfang enthalten sind die Hoch- und Niedervoltspannungsquellen für die PMT’s und die<br />

Elektronik. Da das System als Schulversuch ausgelegt ist, können mit dem Baukasten die<br />

Myonen der kosmischen Höhenstrahlung auch in der Schule nachgewiesen und untersucht<br />

werden. Auf die zu untersuchenden Eigenschaften wird in den einzelnen Messungen einge-<br />

gangen.<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Bauteile vorgestellt und ihre Funktionsweise erläutert.<br />

3.1.1 Der Photomultiplier<br />

Der Photomultiplier oder Sekundärelektronenvervielfacher (SEV) wird zum Nachweis schwa-<br />

cher Lichtsignale verwendet. Der PMT wandelt optische Signale in elektrische Signale um.<br />

In Abbildung 3.1 wird der Aufbau eines PMT’s gezeigt. Der PMT besteht aus einer dün-<br />

nen Kathodenschicht und einer Dynodenkette. An der Photokathode liegt eine negative<br />

Hochspannung an, die über einen Spannungsteiler zur Anode hin aufgeteilt wird. Löst ein<br />

Photon mittels des Photoeffekts Elektronen aus der Photokathode, so werden diese zur<br />

ersten Dynode hin beschleunigt. An dieser und an jeder weiteren Dynode werden für jedes<br />

einfallende Elektron 3-5 Sekundärelektronen aus dem Dynodenmaterial herausgelöst. Die<br />

Beschleunigung der Sekundärelektronen von einer Dynode zur nächsten geschieht über eine<br />

durch den Spannungsteiler entstandene Potenzialdifferenz zwischen den Dynoden. Die Po-<br />

tenzialdifferenz zwischen zwei benachbarten Dynoden beträgt typischerweise 100 − 200 V.<br />

Ein PMT besteht aus 6-10 Dynoden, sodass die an ihm anzulegende Hochspannung meh-<br />

29


ere kV betragen kann. Die Gesamtverstärkung des Vervielfachungssystems beträgt bei<br />

10 Dynoden bis zu 10 7 . Die resultierende Elektronenlawine erzeugt an der Anode einen<br />

messbaren Strom.<br />

Abbildung 3.1: Schematischer Aufbau eines Photomultipliers. Ein Photon löst<br />

mittels Photoeffekt Elektronen aus der Photokathode, die zur ersten<br />

Dynode hin beschleunigt werden. Durch die Herauslösung weiterer, sekundärer<br />

Elektronen an den Dynoden entsteht eine Elektronenlawine,<br />

die auf die Anode trifft und als elektrisches Signal gemessen werden<br />

kann [Kle 00].<br />

Die Verstärkung hängt neben der Anzahl der Dynoden von dem Material der Dynoden und<br />

der Photokathode ab. Für die Photokathode ist die Quantenausbeute, d.h. die Anzahl von<br />

ausgelösten Photoelektronen pro 100 einfallender Photonen, eine charakteristische Grö-<br />

ße [Kle 05]. In Tabelle 3.1 sind die Eigenschaften unterschiedlicher Kathoden-Materialien<br />

aufgelistet.<br />

30<br />

Tabelle 3.1: Eigenschaften von unterschiedlichen Photokathoden-Materialien.<br />

Die modernen PMT erreichen eine Quantenaubeute von über 20 % im bläulichen<br />

Wellenlängenbereich [Kle 05].<br />

Material<br />

Wellenlängen- λmax / nm Quantenaus- Name<br />

bereich / nm beute nq / λmax<br />

AgOCs 300-1100 800 0,004 S1<br />

BiAgOCs 170-700 420 0,068 S10<br />

Cs3Sb-O 160-600 390 0,19 S11<br />

Na2KSb-Cs 160-800 380 0,22 S20<br />

K2CsSb 170-600 380 0,27 Bialkali


Die Dynoden bestehen meistens aus BeO oder Mg-O-Cs. Diese Materialien besitzen einen<br />

hohen Sekundäremissionskoeffizienten (SEEK) und emittieren für jedes einfallende Elek-<br />

tron 3-5 Sekundärelektronen.<br />

Die Stromverstärkung, A, eines aus n Dynoden bestehenden PMT mit einem SEEK, p,<br />

lässt sich nach Gleichung (3.1) berechnen.<br />

A = p n−1<br />

. (3.1)<br />

Der PMT in dem Versuch besteht aus zehn Dynoden. Die Verstärkung beträgt für p = 4<br />

demnach 10 6 . Die innerhalb von 5 ns auf die Anode auftreffende Ladung, Q, ergibt sich zu<br />

Der Anodenstrom IA beträgt<br />

Q = eA = 16, 78 · 10 −14 C .<br />

IA = dQ<br />

dt<br />

= 3, 55 mA .<br />

Wird der Strom über einen Widerstand von 50 Ω abgegriffen, beträgt das Spannungssignal<br />

∆U = R · dQ<br />

dt<br />

= 1, 68 mV .<br />

Die Anstiegszeit dieser Impulse ist ca. 2 ns. Die Elektronen benötigen ca. 40 ns von der<br />

Kathode zur Anode.<br />

Um einen hohen SEEK zu erreichen, werden Materialien mit geringer Austrittsarbeit ver-<br />

wendet. Da durch thermische Anregung Elektronen aus den Dynoden herausgelöst werden<br />

können, gibt es ein Untergrundrauschen.<br />

3.1.2 Die Elektronik<br />

Die Signale des Photomultipliers sind mit einigen mV für eine direkte Weiterverarbeitung<br />

am Computer zu klein. Die Arbeitsspannungen des Computers liegen zwischen 0 V und<br />

5 V, sodass das Signal vom Photomultiplier bis zu 1000fach verstärkt werden muss [Fui 03].<br />

Die Elektronik dient der Verstärkung und der Umwandlung der vom Photomultiplier kom-<br />

menden Signale in ein TTL-Signal 1 . Die Verstärkung geschieht durch die Elektronik in<br />

zwei Stufen. Die erste Stufe sitzt auf dem Betriebskopf des Photomultipliers, um störende<br />

Einflüsse (Magnetfelder, induzierte Spannungen in Kabeln) zu vermeiden und erzielt ei-<br />

ne Verstärkung um den Faktor 540. In der Elektronik wird das ankommende Signal noch<br />

einmal um den Faktor 2 verstärkt. Die verwendeten Bausteine und die Schaltpläne finden<br />

sich in [Fui 03].<br />

1 Transistor-Transistor-Logik<br />

31


An der Frontseite der Elektronik befinden sich neben den Eingangskanälen Schrauben, mit<br />

denen die Schwelle der Detektion eines Signals geregelt werden kann. Des Weiteren befinden<br />

sich an der Vorderseite zwei Kanäle, deren Auswahl von der Stellung des Metallschalters<br />

geregelt wird. Je nach Stellung des Schalters können eine (links oder rechts) oder beide<br />

Kanäle (in Mittelstellung) auf einmal angesteuert werden. Eine rot leuchtende LED zeigt<br />

den verwendeten Kanal an. In der oberen Hälfte befindet sich eine LED, die dem optischen<br />

Nachweis von Ereignissen dient. In Abbildung 3.2 ist eine Front- und Rückansicht der<br />

Elektronik gezeigt.<br />

Abbildung 3.2: Eine Front- und eine Rückansicht der Elektronik. Links: Auf<br />

der Vorderseite befinden sich die Eingangskanäle, der Schalter zur Kanalansteuerung<br />

und die LED für den optischen Nachweis. Rechts: Die<br />

Anbindung an den Computer geschieht über die parallele Schnittstelle.<br />

Die Niedervoltspannung wird über Bananenstecker an die Elektronik<br />

angelegt.<br />

Neben der Verstärkung übernimmt die Elektronik auch weitere Funktionen:<br />

Bei der Messung der Lebensdauer des Myons werden die Zeitdifferenzen zwischen zwei<br />

Lichtblitzen gemessen. Der erste Lichtblitz stammt von einem Myon, der zweite von dem<br />

entsprechenden Tochterelektron. Der erste Lichtblitz dient der Schaltung als Startsignal<br />

und der Lichtblitz des Elektrons/Positrons als Stoppsignal. Um zu verhindern, dass die<br />

Zeit zwischen zwei aufeinander einfliegende Myonen gemessen wird, wurde die Torzeit, die<br />

Zeit in der das zweite Signal erfolgen muss, durch einen geeigneten Baustein auf 13 µs<br />

gesetzt. Wird in dieser Zeit kein weiteres Signal detektiert, wird die Zeitmessung beendet.<br />

Werden hingegen innerhalb von 13 µs zwei Signale erkannt, wird die Zeitdifferenz an den<br />

Computer weitergeleitet. Die Daten werden von dem Programm kanne.exe gespeichert und<br />

ausgewertet. Die Beschreibung der Software erfolgt im nächsten Abschnitt.<br />

3.1.3 Das Programm kanne.exe<br />

Nach dem Starten des Programms erscheint das Hauptmenü (vgl. Abb. 3.3).<br />

32


Abbildung 3.3: Das Hauptmenu von kanne.exe. Mit „Rate“ und „Lebensdauer“ werden<br />

die entsprechenden Messungen gestartet. „Auswerten“ wird für die<br />

Ratenmessungen benötigt und mit „Ende“ wird das Programm geschlossen.<br />

Mit einem Klick auf die entsprechenden Schaltflächen kann eine Messung („Rate“, „Lebens-<br />

dauer“) gestartet oder bereits aufgenommene Daten ausgewertet werden („Auswerten“).<br />

Bei der Auswahl einer Messung wird zuerst ein Dateiname eingegeben. In Abbildung 3.4<br />

sind die für die beiden Messungen sichtbaren Schnittstellen dargestellt.<br />

Abbildung 3.4: Schnittstellen für die Raten- und Lebensdauermessung. Links:<br />

Bei der Ratenmessung werden der Dateipfad, die Anzahl der detektierten<br />

Ereignisse und die Uhrzeit des letzten Ereignisses angezeigt. Neben<br />

der optischen Visualisierung eines Ereignisses kann eine akustische<br />

hinzugeschaltet werden. Rechts: Der Dateipfad, die Zeit und die Zeitdifferenz<br />

des letzten Ereignisses können in der oberen Hälfte abgelesen<br />

werden. In der unteren Hälfte werden die gemessenen Zeitdifferenzen in<br />

einem Histogramm aufgetragen.<br />

Bei der Ratenmessung wird die Anzahl der detektierten Myonen in dem Kasten mit der<br />

Beschriftung „Anzahl“ angezeigt. Des Weiteren sind der Pfad des Messprotokolls und die<br />

Zeit des letzten Ereignisses zu sehen. Ein Myon in der Kanne kann durch ein akustisches<br />

Signal signalisiert werden. Ein Klick auf die Schaltfläche „Piep?“ schaltet den Ton an oder<br />

aus. In dem Fenster der Lebensdauermessung werden ebenfalls die Zeit und der Pfad des<br />

Messprotokolls angezeigt. Hinzu kommt eine Anzeige für die Zeitdifferenz der Doppelim-<br />

33


pulse. In der unteren Hälfte des Fensters werden die Häufigkeiten gegen die Zeitdifferenzen<br />

der Doppelimpulse aufgetragen. Die Messwerte werden in tabellarischer Form gespeichert.<br />

Bevor man auf die Messdaten zugreifen kann, muss das Messprotokoll der Ratenmessung<br />

ausgewertet werden. Dazu wird die Funktion „Auswerten“ benötigt. Hier wird eine Inter-<br />

valllänge in ms angegeben und auf „Auswerten!“ geklickt werden. Anschließend wählt man<br />

die gewünschte Datei aus. Das Programm erstellt zwei Dateien:<br />

1. Abstaende zu Dateiname.kan<br />

2. (gewählte Intervalllänge)ms-Auswertung zu Dateiname.kan<br />

In der ersten Datei werden die zeitlichen Abstände der einzelnen Ereignisse zum ersten Mes-<br />

sereignis gespeichert. Die zweite Datei beinhaltet eine berechnete Tabelle, in der die Rate<br />

der Ereignisse und die gemessene Anzahl aufgelistet sind. Wie die Bezeichnung vermuten<br />

lässt, können unter „Option“ der Speicherort, der Ton und der Druckerport eingestellt wer-<br />

den. Besonders letzteres ist für funktionierende Messungen wichtig. Unter „Info“ kann der<br />

Name des Autors, die Versionsnummer und ein Link auf die Internetseite der Universität<br />

Mainz gefunden werden. Ein Klick auf „Ende“ beendet das laufende Programm.<br />

3.2 Die möglichen Versuche<br />

Die Versuche sind prinzipiell einfach aufzubauen: Die Elektronik muss mit 12 V versorgt<br />

werden. Der Photomultiplier muss an die Hochspannung, sowie an die Elektronik ange-<br />

schlossen werden. Außerdem muss die Elektronik mit dem Computer verbunden werden,<br />

um die gewonnenen Daten zu sichern und auszuwerten. Die Verbindungen werden über<br />

unterschiedliche Kabel hergestellt, so dass ein „Verschalten“ fast ausgeschlossen ist. Der<br />

Anschluss der Geräte ist in Abbildung 3.5 mit den Geräten beispielhaft dargestellt. Die<br />

richtige Einstellung an der Elektronik zu finden, ist hingegen mit viel Geduld und etwas<br />

Fingerspitzengefühl verbunden.<br />

34


Abbildung 3.5: Ein realer Versuchsaufbau. Um die kosmischen Myonen nachzuweisen,<br />

wird eine handelsübliche und mit Wasser gefüllte Thermoskanne<br />

mit einem Photomultiplier ausgerüstet (links). Dort werden die durch<br />

Cherenkov-Strahlung erzeugten optischen Signale in elektrische umgewandelt.<br />

Durch die Elektronik (rechts) werden diese digitalisiert und<br />

mit einem Computer weiterverarbeitet. Die Netzgeräte für die Versorgungsspannungen<br />

(Nieder- und Hochspannung) sind im Hintergrund zu<br />

sehen.<br />

Mit dem Mainzer Baukastensystem und geeigneten Netzgeräten können vier Versuche<br />

durchgeführt werden: Ein Versuch zur Ratenmessung, der Lebensdauer, der Winkelab-<br />

hängigkeit und der Absorption. Die Messzeiten sind wegen der geringen Anzahl der zu<br />

erwartenden Ereignisse lang. Im Folgenden werden die Versuche vorgestellt. Die in dem<br />

Bachelor-Praktikum durchzuführenden Versuche wurden exemplarisch durchgeführt. Die<br />

Ergebnisse dieser Messungen finden sich in Abschnitt 4.2.2.<br />

3.2.1 Die Ratenmessung<br />

In diesem Versuch soll der Fluss der kosmischen Myonen bestimmt werden. Dazu wird ein<br />

Photomultiplier auf eine Kanne geschraubt, die Verbindungen hergestellt und die Span-<br />

nungen angelegt.<br />

Zuerst wird eine Ratenmessung mit einer leeren Thermoskanne durchgeführt, um das Un-<br />

tergrundrauschen zu bestimmen (siehe Abschnitt 3.1.1). Anschließend wird die Messung<br />

mit einer wassergefüllten Thermoskanne wiederholt. Die Differenz von der Rate und dem<br />

Untergrundrauschen ergibt die Myonrate.<br />

Bei der Messung ohne Wasser wird kein Cherenkov-Licht ausgelöst. Die beobachteten Si-<br />

gnale sind Rauschsignale und entstehen durch thermische Anregung. Für den Versuch<br />

muss die Schwelle so gewählt werden, dass das Rauschen klein wird, schwache Signale vom<br />

Cherenkov-Licht der Myonen aber noch detektiert werden können. Die Schwelle stellt ei-<br />

ne Grenze für ankommende Signale dar. Liegt die Signalstärke oberhalb der eingestellten<br />

35


Schwelle, wird das Signal als Messergebnis weiterverarbeitet. Liegt die Signalstärke hinge-<br />

gen unterhalb der Schwelle, findet keine Weiterverarbeitung statt. Die Schwelle lässt sich<br />

durch das Drehen an den Schrauben wie folgt beeinflussen: Zur Erhöhung der Schwelle<br />

muss die Schraube nach rechts, zur Verminderung nach links gedreht werden.<br />

3.2.2 Die Lebensdauermessung<br />

Die Lebensdauer des Myons beträgt nach [PDG 06] ca. 2, 19703 µs. Dies gilt es im Versuch<br />

zu überprüfen.<br />

Das Myon löst im Wasser Cherenkov-Strahlung aus, kann stoppen und anschließend zerfal-<br />

len. Der Zerfall instabiler Teilchen wird durch das Zerfallsgesetz beschrieben. Nach seinem<br />

Zerfall in ein Elektron/Positron und den Neutrinos erzeugt das geladene Teilchen wieder-<br />

um Cherenkov-Strahlung. Es werden zwei kurz aufeinander folgende Lichtblitze erwartet,<br />

wobei der erste vom Myon und der zweite vom Elektron stammt. Dieser zeitliche Abstand<br />

der beiden Lichtblitze wird gemessen. Eine Anzahl von Myonen, N, wird in der Kanne zum<br />

Stoppen gebracht, sodass die Lebensdauer dieser Myonen bestimmt werden kann. Gemäß<br />

der Theorie aus Abschnitt 2.3.2 wird bei einer Auftragung der Messergebnisse eine Expo-<br />

nentialfunktion der Form N(t) = N0 · e<br />

t<br />

− τ0 erwartet.<br />

Um die Lebensdauermessung verstehen zu können, müssen einige Überlegungen angestellt<br />

werden. Das Impulsspektrum der Myonen liegt im Bereich von 0, 1 − 1.000 GeV/c, wo-<br />

bei die Myonen größtenteils einen Impuls im MeV/c Bereich haben. Der Energieverlust<br />

in Wasser in Abhängigkeit des Impulses wurde in Abbildung 2.9 dargestellt. Der Abbil-<br />

dung ist zu entnehmen, dass Myonen mit geringem Impuls wegen des rapide ansteigenden<br />

Energieverlusts im Wasser stoppen können. Es wird angenommen, dass Myonen mit einem<br />

großen Impuls einfach durch die Kanne fliegen und dabei Cherenkov-Strahlung auslösen.<br />

Sie werden nicht innerhalb der Kanne zerfallen. Um aber im Wasser stoppen zu können,<br />

darf der Impuls des Myons nicht zu stark von der Cherenkov-Schwelle abweichen. Diese Im-<br />

pulschwelle kann aus der Formel für den Cherenkov-Kegel bestimmt werden. Die Schwelle<br />

liegt bei θ = 0. Es gilt<br />

β = p<br />

E<br />

, (3.2)<br />

E = � (mc 2 ) 2 + (pc) 2 , (3.3)<br />

wobei für die weiteren Rechnungen c = 1 gesetzt wird. Es ergibt sich der Teilchenimpuls,<br />

p, an der Schwelle zu:<br />

36<br />

p<br />

� m 2 + p 2<br />

1<br />

= , (3.4)<br />

n


Wird Gleichung (3.4) nach dem Impuls p aufgelöst, so folgt:<br />

p =<br />

m<br />

√ n 2 − 1 . (3.5)<br />

Mit den Werten für den Brechungsindex nH2O = 1, 33 und der Myonmasse, mµ =<br />

106 MeVc −2 , sowie der Elektronenmasse, me = 511 keVc −2 , ergibt sich der minimale<br />

Impuls dieser Teilchen zu<br />

pµ = 120, 88 MeV/c ,<br />

pe = 0, 58 MeV/c.<br />

Um die Anzahl der nachgewiesenen Myonen zu erhöhen, muss lediglich das Wasser mit<br />

Salz vermischt werden. Bei konstanten Massen senkt ein erhöhter Brechungsindex die Impulsschwelle,<br />

es gilt: p ∝ 1<br />

n .<br />

Die Myonen liegen mit ihrer Impulsverteilung oberhalb der Cherenkov-Schwelle. Es muss<br />

überprüft werden, welchen Impuls die Elektronen eines Myonzerfalls haben. Das Myon<br />

zerfällt in drei Teilchen, weshalb auch von einem Drei-Körper-Zerfall gesprochen werden<br />

kann. Einen Drei-Körper-Zerfall kann man berechnen, er soll zunächst aber abgeschätzt<br />

werden. Die Abschätzung beinhaltet eine gleichmäßige Übergabe des Impulses an die<br />

Zerfallsprodukte. Das bedeutet, dass jedes Zerfallsteilchen ein Drittel der Myonruheener-<br />

gie, Eµ = 106 MeV, erhalten würde. Dementsprechend würde das Elektron Cherenkov-<br />

Strahlung auslösen.<br />

Das Myon soll sich bei seinem Zerfall in Ruhe befinden, also gestoppt haben. Für den<br />

Zerfall gilt die Impulserhaltung:<br />

qµ = qe + q¯νe + qνµ , (3.6)<br />

wobei q einen Vierervektor darstellt. Die Einträge dieses Vektors bestehen aus der Gesam-<br />

tenergie und den Impulsen in drei Raumrichtungen:<br />

q =<br />

� �<br />

E<br />

�p<br />

mit �p = (px, py, pz) . (3.7)<br />

Der Vierervektor des Elektrons wird auf beiden Seiten subtrahiert und anschließend wird<br />

die so umgeformte Gleichung (3.6) quadriert.<br />

(qµ − qe) 2 = � q¯νe + qνµ<br />

� 2<br />

(3.8)<br />

Der Vierervektor eines ruhenden Myons enthält keinen Impuls, �pµ, und als Energie die<br />

Myonmasse, mµ, ⇒ qµ = � � mµ<br />

0 . Das Elektron als Zerfallsprodukt hat einen Impuls, �pe,<br />

und Energie, Ee, ⇒ qe = � � Ee . Wird die linke Seite der Gleichung (3.8) ausmultipliziert<br />

�pe<br />

37


und die Vierervektoren für das Myon und Elektron eingesetzt, folgt<br />

m 2 µ − 2<br />

� ��<br />

mµ Ee<br />

Damit folgt für die Elektronenenergie, Ee,<br />

0<br />

�pe<br />

�<br />

+ m 2 e = � q¯νe + qνµ<br />

Ee = m2 µ + m2 e − � q¯νe + qνµ<br />

2mµ<br />

� 2<br />

� 2<br />

. (3.9)<br />

. (3.10)<br />

Die Energie des Elektrons wird maximal, wenn � �2 q¯νe + qνµ minimal wird. Dies geschieht<br />

bei einer parallelen Neutrinoflugbahn. Damit bestimmt sich die maximale Elektronenener-<br />

gie, Ee,max, zu:<br />

Ee,max = m2 µ + m 2 e<br />

2mµ<br />

≈ mµ<br />

mit mµ = 200me<br />

(3.11)<br />

2<br />

(3.12)<br />

= 52, 83 MeV . (3.13)<br />

Die Berechnung des Drei-Körper-Zerfalls zeigt, dass die Elektronen sogar mehr Energie als<br />

bei der Abschätzung besitzen können. Der Impuls der im Wasser zerfallenden Myonen und<br />

der erzeugten Elektronen liegt oberhalb der Cherenkov-Schwelle. Für den Versuch sind<br />

die Myonen mit kleinen Impulsen von großer Bedeutung. Gemäß der Landauverteilung<br />

flukutiert der Energieverlust (vgl. Abschnitt 2.5). Beim Durchgang durch Wasser besteht<br />

die Möglichkeit, dass die Myonen in einer Kollision mit den Hüllenelektronen viel Energie<br />

verlieren und so zum Stoppen gebracht werden. Der mittlere Energieverlust in der wasser-<br />

gefüllten Thermoskanne bei einer Wegstrecke von 10 cm beträgt ca. 20 MeV. Wegen der<br />

Landauverteilung können die Myonen aber weitaus mehr Energie in dem Wasser deponie-<br />

ren und somit gestoppt werden.<br />

3.2.3 Die Winkelabhängigkeit<br />

Der Fluss kosmischer Myonen lässt sich näherungsweise durch cos 1,85 beschreiben (vgl.<br />

Abb. 2.11). Das Gesetz soll in diesem Versuchsteil bestätigt werden. Der Versuch wird<br />

mit beiden Kannen in Koinzidenz durchgeführt, d.h. ein Myon muss durch beide Kannen<br />

fliegen, um ein Signal zu erzeugen.<br />

38


Abbildung 3.6: Kannenpositionen für die Koinzidenzmessungen. Die unterschiedlichen<br />

Positionen für die Koinzidenzmessungen sind durch unterschiedliche<br />

Graustufen verdeutlicht. Befinden sich die Kannen übereinander<br />

(schwarz) werden die meisten Messdaten erwartet. Bei einer<br />

winkelabhängigen Messung werden die Anzahlen der Koinzidenzen abnehmen<br />

(grau), bis sie in einer waagerechten Messung ein Minimum<br />

erreicht. Der Einfallswinkel der Myonen ist entsprechend der Versuchsanordnung<br />

farblich kodiert.<br />

Für beide Kannen wird eine komplette Ratenmessung durchgeführt. Anschließend wird der<br />

Abstand der Kannen gemessen und konstant gehalten. Es folgen weitere Ratenmessungen<br />

in Koinzidenzschaltung unter verschiedenen Winkeln. Die Kannem können übereinander,<br />

nebeneinander oder versetzt aufgestellt werden, um den Einfallswinkel der Myonen zu<br />

verändern.<br />

3.2.4 Messung zur Absorption<br />

Die Bethe-Bloch-Formel beschreibt den Energieverlust durch Ionisation und Anregung von<br />

geladenen Teilchen in Materie. Mit Hilfe dieser Formel soll das Abnehmen der Myonrate<br />

erklärt werden.<br />

Um die Absorption zu messen, werden in zwei möglichst weit auseinander liegenden Eta-<br />

gen Ratenmessungen durchgeführt. Bei unzureichenden örtlichen Begebenheiten kann die<br />

Absorption künstlich erzeugt werden, indem um die Kanne ein Absorber aufgebaut wird.<br />

39


4 E4 entsteht<br />

In diesem Kapitel wird der Praktikumsversuch E4 vorgestellt und in das Bachelorstudi-<br />

um Physik an der Universität Göttingen eingeordnet. Zu Beginn dieses Kapitels wird der<br />

Bachelor-Studiengang Physik genauer beschrieben, um das Vorwissen der Studierenden<br />

zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung herauszufinden. Es folgt eine Vorstellung des<br />

Versuchs.<br />

4.1 Das Bachelor-Studium<br />

Tabelle 4.1 zeigt eine Übersicht der im Bachelor-Studiengang Physik zu besuchenden Ver-<br />

anstaltungen.<br />

41


Tabelle 4.1: Die Pflichtveranstaltungen im Bachelor-Studiengang an der<br />

Georg-August-Universität Göttingen. Die kursiv geschriebenen Veranstaltungen<br />

repräsentieren Wahlmöglichkeiten, aus denen die Studierenden<br />

wählen können. Das Bachelor-Praktikum ist in Fettschrift hervorgehoben<br />

[Bac 06].<br />

Semester Veranstaltung<br />

Physik 1<br />

Analysis 1<br />

1<br />

AGLA 1<br />

Grundlagen des Experimentierens<br />

Physik 2<br />

Mathematik für Physiker 1<br />

2<br />

Einführung in die Programmierung<br />

Grundpraktikum 1<br />

Physik 3<br />

Analytische Mechanik<br />

3<br />

Mathematik für Physiker 2<br />

Grundpraktikum 2<br />

Physik 4<br />

4<br />

Quantenmechanik 1<br />

Projektpraktikum<br />

Module Spezialisierungsbereich<br />

Statistische Mechanik<br />

Fortgeschrittenenpraktikum<br />

5<br />

Spezialisierungspraktikum<br />

Module Spezialisierungsbereich<br />

Professionalisierungsseminar<br />

6<br />

Module Spezialisierungsbereich<br />

Bachelor-Arbeit<br />

Das Bachelor-Praktikum findet im fünften Semester statt und umfasst 5 SWS. Im Gan-<br />

zen sind fünf Versuche erfolgreich zu absolvieren. Die Lernziele und die Kompetenzen des<br />

Praktikums sind in Tabelle 4.2 zusammengefasst.<br />

42


Tabelle 4.2: Lernziele und Kompetenzen des Fortgeschrittenenpraktikums.<br />

Lernziele Kompetenzen<br />

Selbstständige Einarbeitung Fortgeschrittene experiin<br />

komplexe Themen mentelle Methoden<br />

Experimente nach Anleitung Teamarbeit<br />

durchführen<br />

Anfertigung eines wissenschaftlichen<br />

Protokolls<br />

Ab dem vierten Semester haben die Studierenden die Möglichkeit aus einem breiten Lehr-<br />

angebot zu wählen. Hierunter fällt auch die im fünften Semester angebotene Vorlesung<br />

„Einführung in die Kern- und Teilchenphysik“. Für Studierende mit dem Schwerpunkt<br />

„Kern- und Teilchenphysik“ ist die Teilnahme an dieser Vorlesung verpflichtend, für den<br />

Schwerpunkt „Physikinformatik“ ist sie nicht im Studienverlaufsplan enthalten.<br />

Für das Vorwissen des Versuch sind die Physik 2-4 Vorlesungen und das Grundpraktikum<br />

von Bedeutung. Im zweiten Semester werden in der Physik 2-Vorlesung die Elektrostatik<br />

und -dynamik behandelt. Die Physik 3-Vorlesung beschäftigt sich mit der Thematik der<br />

Wellen und Optik. In dieser Vorlesung wird unter anderem der Doppler-Effekt besprochen.<br />

Der Photoeffekt wird im vierten Semester innerhalb der Vorlesung über die Quantenmecha-<br />

nik gelehrt. Das Grundpraktikum beinhaltet einen Versuch zur Radioaktivität, aus diesem<br />

ist das Zerfallsgesetz bekannt.<br />

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik und die kosmische Höhenstrahlung gel-<br />

ten als Lernziele für den Versuch. Des Weiteren rundet das Wissen über Teilchendetektoren<br />

und die Statistik als notwendiges Werkzeug der Teilchenphysiker das Basiswissen der Teil-<br />

chenphysik ab.<br />

Dabei werden über den Versuch und das Myon mehrere Vorlesungen mit der Teilchenphy-<br />

sik verknüpft. Das Myon ist ein instabiles Elementarteilchen, das mittels des Cherenkov-<br />

Effekts nachgewiesen wird. Der Cherenkov-Effekt lässt sich einerseits mit dem in der Physik<br />

2-Vorlesung erworbenen Wissen über die Elektrodynamik erklären und andererseits anhand<br />

des Mach-Kegels aus der Physik 3-Vorlesung leicht verstehen. Ebenfalls aus der Physik 2-<br />

Vorlesung ist die spezielle Relativitätstheorie bekannt, die die Existenz des Myons in dem<br />

Labor erklärt. Der Cherenkov-Effekt bildet mit dem Photoeffekt die Nachweismethode für<br />

die kosmischen Myonen. Das Zerfallsgesetz erweitert die Vorstellung von zerfallenden Ele-<br />

menten wie Uran auf Teilchen. Speziell der Zerfall wird in dem Versuch vertieft diskutiert<br />

und durch die Forschungsergebnisse der Teilchenphysik erklärt. Die Statistik wird in allen<br />

Gebieten der Experimentalphysik zur Auswertung von Messdaten verwendet.<br />

43


4.2 E4 - Das kosmische Myon in der Thermoskanne<br />

In dem Praktikumsversuch sollen der Fluss kosmischer Myonen und die mittlere Lebens-<br />

dauer des Myons bestimmt werden. Dazu werden die Geräte wie in Abbildung 4.1 ange-<br />

schlossen.<br />

Abbildung 4.1: Schematischer Versuchsaufbau. Der Photomultiplier wird mit einer<br />

Gummidichtung auf die Öffnung der Thermoskanne geschraubt. Die<br />

Verbindung zwischen Photomultiplier und der Elektronik wird über ein<br />

5-adriges Kabel hergestellt. Der Photomultiplier wird zudem über ein<br />

BNC-Kabel an eine Hochspannungsquelle angeschlossen. Die Elektronik<br />

wiederum wird mittels eines Druckerkabels mit dem Computer verbunden<br />

und über farbige Bananenstecker an das 12 V-Netzgerät angeschlossen.<br />

Der Nachweis der kosmischen Myonen geschieht über den Cherenkov-Effekt. Als dielek-<br />

trisches Medium dient Wasser in einer Thermoskanne. Die Cherenkov-Strahlung wird von<br />

einem Photomultiplier nachgewiesen, welcher auf der Öffnung der Thermoskanne ange-<br />

bracht wird. Dort wird das Licht in ein elektrisches Signal umgewandelt, das von der<br />

Elektronik wiederum umgewandelt und über die Druckerschnittstelle an einen Computer<br />

weitergeleitet wird. Die Messdaten werden von dem Computer mit dem Programm kan-<br />

ne.exe gespeichert und ausgewertet.<br />

44


Die Thermoskanne wird wegen ihrer verspiegelten Innenseite als Wasserbehälter verwendet.<br />

Wegen der hohen Empfindlichkeit des Photomultipliers muss die Kanne lichtundurchlässig<br />

aufgebaut werden. Dazu wird die Kannenöffnung mit einem Gummiring am Ausguss mit<br />

dem Photomultiplier verschlossen.<br />

4.2.1 Der Messtag<br />

Der Ablauf des Versuchstags ist folgender: Zuerst vergewissert sich der Assistent, dass die<br />

Studierenden den Versuchsaufbau und das Messprinzip verstanden haben. Im Folgenden<br />

können die Geräte angeschlossen und die Hoch- und Niederspannung angelegt werden.<br />

Der Photomultiplier läuft warm. Jetzt kann eine detaillierte Besprechung des Versuchs<br />

und der Messungen geschehen. Im Anschluss an die Besprechung sollte der PMT auf Be-<br />

triebstemperatur sein. Nach der Versuchsbesprechung muss der Versuch justiert werden,<br />

d.h. das Untergrundrauschen muss minimiert werden. Hier haben sich 3-5 Ereignisse in-<br />

nerhalb von 10 Sekunden bewährt. Da das Untergrundrauschen schwer einzustellen ist,<br />

sollen die Studierenden in zwei zweiminütigen Intervallen das Aufblinken der LED zählen.<br />

Das sorgt für zusätzliche studentische Aktivität. In dieser Zeit kann noch an der Schraube<br />

gedreht werden, um die gewünschten Ereignisraten zu erhalten. Eine direkt darauf fol-<br />

gende Ratenmessung bestimmt die Häufigkeit der Rauschsignale. Nach Beendigung der<br />

Messung wird die Kanne mit Wasser gefüllt. Der Photomultiplier muss vor der kommen-<br />

den Ratenmessung wieder warmlaufen, diese erneute Warmlaufphase sollte mindestens 15<br />

Minuten betragen. Inzwischen werden die Messdaten von Hand ausgewertet und sind somit<br />

Bestandteil des Versuchsprotokolls. Mit den Einstellungen der Ratenmessung zum Unter-<br />

grundrauschen wird eine neue Ratenmessung über 100 Minuten durchgeführt. In den ersten<br />

paar Minuten sollten die Experimentierenden den Versuch beobachten und gegebenenfalls<br />

die Hochspannung nachregeln. An dieser Stelle bietet sich die Besprechung der Fragen der<br />

Lebensdauermessung an. Nach einer halbstündigen Beobachtung bietet die Stabilität des<br />

Versuchs die Möglichkeit eine Mittagspause einzuschieben. Die Teilchenphysik wird über<br />

die Ratenmessung eingeführt. Mittels des Cherenkov-Effekts, der verstandenen Funktions-<br />

weise eines Photomultipliers und dem Wissen der kosmischen Höhenstrahlung kann die<br />

veränderte Messrate erklärt werden. Die Einordnung und die Eigenschaften der Myonen<br />

und Elektronen sind bereits in der Besprechung mit dem Assistenten geklärt worden.<br />

Nach der Messung werden die Bleiklötze unter die Kanne gelegt und eine Lebensdauermes-<br />

sung gestartet. Es folgt eine Beobachtung der ersten Ereignisse. Die Lebensdauermessung<br />

stellt einen direkten Versuch zur Untersuchung einer Teilcheneigenschaft dar - der mittleren<br />

Lebensdauer des Myons. Die Daten der zweiten Ratenmessung werden ebenfalls von Hand<br />

ausgewertet, aus den Ergebnissen der beiden Messungen wird die Myonrate bestimmt.<br />

Der Betreuer und die Studierenden vereinbaren einen Abbautermin, der frühestens drei<br />

45


Tage nach der Versuchsdurchführung stattfinden sollte. Die Messung sollte nach Möglich-<br />

keit über das Wochenende durchgeführt werden, um eine hohe Anzahl an Messdaten zu<br />

erhalten. In Tabelle 4.3 folgt eine zeitliche Aufteilung des Messtages.<br />

Tabelle 4.3: Die zeitliche Einteilung des Messtages. Bei den durchzuführenden<br />

Messungen handelt es sich um statistische Prozessse. Je länger ein statistischer<br />

Prozess beobachtet wird, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse.<br />

4.2.2 Die Messergebnisse<br />

1. Ratenmessung<br />

Aktivität Dauer<br />

Vergewisserung des Assistenten<br />

Aufbau<br />

15 min<br />

Versuchsbesprechung 45 min<br />

Justierung 10 min<br />

Ratenmessung Teil 1 30 min<br />

Umbau und Warmlaufphase 25 min<br />

Ratenmessung Teil 2 100 min<br />

Bestimmung der Myon-Lebensdauer 3 − 6 d<br />

Zur Bestimmung der Myonrate wird eine Ratenmessung (vgl. Abschnitt 3.2.1) durchge-<br />

führt. Das Untergrundrauschen wird dabei in einer 30-minütigen Messung bestimmt und<br />

die zweite Messung der Ratenmessung dauert 100 Minuten.<br />

Die Ergebnisse beider Messungen sind als Histogramme in Abbildung 4.2 dargestellt. Wie<br />

aus den Graphen zu entnehmen ist, steigt die Verteilung stark an, um langsam abzufallen.<br />

Die Verteilung der Häufigkeiten scheint der Poisson-Verteilung zu unterliegen. Deshalb wer-<br />

den die mittels einer Poisson-Verteilung bestimmten theoretischen Ereignisse pro Bin im<br />

Histogramm dargestellt. Als Parameter der Poisson-Verteilung wird der aus den Messdaten<br />

bestimmte Mittelwert verwendet. Dadurch verringert sich die Anzahl der Freiheitsgrade,<br />

k, um eins. Anschließend erfolgt die Durchführung eines χ 2 -Tests, um die grafische Über-<br />

einstimmung zu bestätigen.<br />

46


Abbildung 4.2: Die Messergebnisse einer Ratenmessung. Links: Die Ergebnisse<br />

einer Messung zur Bestimmung der Intensität des Untergrundrauschens.<br />

Die Gesamtanzahl der Ereignisse, N, beträgt 634. Die Anzahl der Freiheitsgrade,<br />

k, bestimmt sich zu k = 6 − 1 = 5. Rechts: Die Ergebnisse<br />

einer Ratenmessung mit einer wassergefüllten Thermoskanne. Die Gesamtanzahl<br />

der Ereignisse, N, beträgt 13.625. Die Anzahl der Freiheitsgrade,<br />

k, beträgt sich zu k = 14 − 1 = 13.<br />

Aus dem linken Graphen wird das Untergrundrauschen zu (0, 341 ± 0, 011) Ereignisse<br />

s bestimmt.<br />

Als Fehler für einen einzelnen Bin wird die Wurzel der gemessenen Werte ange-<br />

nommen. Auf die gleiche Weise wird der Mittelwert der zweiten Messung bestimmt. Dafür<br />

ergibt sich der Wert zu (1, 965 ± 0, 001) Ereignisse<br />

s . Die Myonrate berechnet sich aus der<br />

Subtraktion der beiden Ergebnisse der Ratenmessungen. Der Fehler wird über die Formel<br />

der Fehlerfortpflanzung bestimmt:<br />

σµ =<br />

�<br />

σ 2 r1<br />

� ∂f<br />

∂r1<br />

� 2<br />

+ σ 2 r2<br />

� ∂f<br />

∂r2<br />

� 2<br />

, (4.1)<br />

wobei ri die unterschiedlichen Ratenmessungen und f die Differenz der bestimnmten Mit-<br />

telwerte ist. Zur Bestimmung des Quotientens werden der letzte Wert der Untergrundmes-<br />

sung und die drei letzten Werte der Ratenmessung nicht mit einbezogen, weil sie deutlich<br />

von den theoretisch berechneten Werten abweichen. Der χ 2 -Test ergibt 3,84 für die Un-<br />

tergrundmessung und 8,99 für die Ratenmessung. Für die Ratenmessungen ergibt sich der<br />

Quotient, χ 2 /k, zu<br />

χ 2<br />

k =<br />

⎧<br />

⎨<br />

⎩<br />

3,84<br />

4<br />

8,99<br />

10<br />

= 0, 96 für den Untergrund<br />

= 0, 9 für den zweiten Versuchsteil<br />

(4.2)<br />

Im ersten Fall liegt die Wahrscheinlichkeit für die Verträglichkeit der Hypothese bei über<br />

40 %, für den zweiten Teil der Ratenmessung sogar über 50 %.<br />

47


Die Myonrate ergibt sich zu 1, 62(1) Ereignisse<br />

s .<br />

Für unterschiedliche Schwellenspannungen variiert die Myonrate von 11-20 Ereignissen in<br />

zehn Sekunden.<br />

Eine der Fehlerquellen stellt der eigentliche Versuchsaufbau dar: Verkantet oder verrutscht<br />

die Gummidichtung beim Aufschrauben des PMT’s auf die Kanne, werden keine verwert-<br />

baren Daten erzeugt. Hier hat sich das Ablesen der Triggerspannung als hilfreich erwiesen.<br />

Wenn bei einer Triggerspannung um 2, 4 V das Untergrundrauschen außerhalb des gefor-<br />

derten Bereichs liegt, sollte der Photomultiplier bei ausgeschalteter Hochspannng ab- und<br />

erneut aufgeschraubt werden. Weitere Probleme können bei der Justierung der Versuchs-<br />

apparatur auftreten. Bei der Justierung wird die Schwelle sukzessive gesenkt, bis die Blink-<br />

impulse der LED den geforderten Werten entsprechen. Wird die Schwelle weiter gesenkt,<br />

leuchtet die LED permanent und erlischt wenig später. Zu diesem Zeitpunkt befindet man<br />

sich im Bereich des Rauschens. Eine Erhöhung der Schwelle bringt die LED nicht mehr zum<br />

Blinken. Um das Problem zu lösen, muss die Elektronik aus- und eingeschaltet werden.<br />

Da das Ergebnis der Ratenmessung von der angelegten Hochspannung abhängig ist, müs-<br />

sen die Warmlaufzeiten unbedingt eingehalten werden, damit beide Ratenmessungen mit<br />

den gleichen Einstellungen durchgeführt werden können. Die angegebenen Zeiten sind als<br />

Richtwerte zu verstehen. Je länger beispielsweise das Einfüllen des Wassers dauert, desto<br />

mehr Zeit sollte für das Warmlaufen veranschlagt werden. Besonders in den ersten Mi-<br />

nuten nach dem Einfüllen des Wassers kommt es bei der Hochspannung zu gravierenden<br />

Schwankungen von bis zu 30 V. Im Zweifelsfall sollte die Warmlaufzeit um einige Minuten<br />

verlängert werden. Eine Orientierungshilfe bietet dabei die Hochspannungsquelle. Nach<br />

dem Aufbau und dem Einschalten der Geräte schwankt die Hochspannung um mehrere<br />

Volt. Je länger das Gerät und der PMT in Betrieb sind, desto geringer werden die Schwan-<br />

kungen. Im Idealfall beträgt die Schwankung nur 2 V, meistens liegt sie aber bei 3 V. Dieser<br />

Wert sollte nicht überschritten werden, bevor die einzelnen Abschnitte der Ratenmessung<br />

durchgeführt werden.<br />

Wurde der Versuch richtig aufgebaut und sind die Geräte warmgelaufen, lässt sich das Er-<br />

gebnis nur durch eine gewollte Veränderung der Hochspannung beeinflussen. Aus diesem<br />

Grund berechnet sich der Fehler der Myonrate aus der statistischen Abweichung.<br />

Wird die Ratenmessung mit einer auf dem Boden oder auf einem Bleiklotz gestellten Kanne<br />

durchgeführt, wird die Messung durch die unter der Kanne zerfallenden Myonen verfälscht.<br />

Die Elektronen können durch die Kanne fliegen und einen zweiten Lichtblitz erzeugen. So<br />

erhöht sich die gemessene Myonrate erheblich. In der Messung zur Bestimmung der Le-<br />

bensdauer von Myonen wird diese Tatsache wieder aufgegriffen.<br />

2. Lebensdauermessung<br />

Die Messdaten einer Lebensdauermessung sind in Abbildung 4.3 dargestellt. In der grafi-<br />

schen Auftragung sind zwei Exponentialfunktionen zu erkennen. Diese stammen von dem<br />

48


Myonzerfall und dem Kerneinfang des negativ geladenen Myons. Für eine weitere Auswer-<br />

tung müssen diese Daten identifiziert werden. Durch die Wahl der Bausteine der Elektronik<br />

sollten in den Bereichen kleiner Zeitdifferenzen keine Messergebnisse erzeugt werden. Der<br />

zeitliche Abstand ist für eine genaue Auflösung zu klein. In der Realität werden in diesen<br />

Bereichen Messwerte aufgenommen. Diese Messdaten müssen vor einer weiteren Auswer-<br />

tung durch einen geeigneten Schnitt durch die Messdaten aussortiert werden (blaue Linie<br />

in Abb. 4.3 rechts). Ein zweiter Schnitt muss bei der Selektion der Daten von den Myon-<br />

zerfällen von denen des Kerneinfangs vorgenommen werden (rote Linie in Abb. 4.3 rechts).<br />

Diese Daten überlagern sich mit denen des Kerneinfangs, was zu einer Verfälschung der<br />

Ergebnisse führt. Zum Schluss muss durch einen letzten Schnitt das Rauschen von den<br />

Daten des Myonzerfalls getrennt werden (grüne Linie in Abb. 4.3 rechts).<br />

Abbildung 4.3: Die Messergebnisse einer Lebensdauermessung ohne Bleiklotz.<br />

Links: Die Rohdaten. Das Fehlen von Messdaten bis 300 ns liegt an den<br />

verwendeten Bausteinen der Elektronik [Fui 03]. Für kleine Zeitdifferenzen<br />

ist eine Exponentialfunktion erkennbar. Für steigende Zeitdifferenzen<br />

nähert sich die Kurve einem gleichmäßigen Rauschen an. Der<br />

unterschiedliche Verlauf der beiden Exponentialfunktionen erklärt sich<br />

über das Zustandekommen der Doppelimpulse (vgl. Abschnitt 2.3.2).<br />

Rechts: Die Schnitte in den Messdaten. Die blaue Linie steht für den<br />

Schnitt nach dem Schwelleneffekt. Die rote Linie trennt die Daten des<br />

Kerneinfangs und des Myonzerfalls. Durch die grüne Linie wird das<br />

Rauschen abgetrennt.<br />

In dieser über sechs Tage durchgeführten Messung wurden 1760 Ereignissen detektiert. Für<br />

die weitere Auswertung werden die Messwerte von dem Rauschen getrennt. Die Messdaten<br />

für den Kerneinfang werden nicht berücksichtigt. Eine erneute Auftragung der separierten<br />

t<br />

− Daten erfolgt in Abbildung 4.4. Die Messdaten werden über y = a · e τ + b gefittet, um<br />

die mittlere Lebensdauer des Myons zu bestimmen.<br />

49


Abbildung 4.4: Die selektierten Messergebnisse einer Lebensdauermessung.<br />

Die mittlere Myon-Lebensdauer bestimmt sich zu (2, 173 ± 1, 676) µs.<br />

Die Hypothese, dass die Daten durch eine Exponentialfunktion beschrieben<br />

werden können, wird durch die aus einem χ 2 -Test resultierenden<br />

Wahrscheinlichkeit von 32, 6 % bestätigt.<br />

In Abbildung 4.5 werden die Daten nach der Formel von Sturges k = 1+3, 32·ln(n), wobei<br />

n = 295 für die Anzahl der Messdaten und k = 19 für die neue Anzahl der Klassen stehen,<br />

um die statistischen Schwankungen zu verringern. Anschließend wird der exponentielle Fit,<br />

t<br />

− y = a · e τ + b, wiederholt.<br />

50<br />

Abbildung 4.5: Die in Klassen zusammengefassten Messergebnisse.<br />

Die mittlere Myon-Lebensdauer bestimmt sich zu (2, 165 ± 1, 616) µs.<br />

Die Hypothese, dass die Daten durch eine Exponentialfuntion beschrieben<br />

werden können, wird durch den χ 2 -Test mit 71, 8 % bestätigt.


Die bestimmte mittlere Lebensdauer des Myons ist wegen des großen Fehlers nur bedingt<br />

zufriedenstellend. Zwar liegt der berechnete Wert in der Nähe des Literaturwerts, aber<br />

die Verfälschung der Lebensdauer durch den Kerneinfang (vgl. Abschnitt 2.3) wurde nicht<br />

berücksichtigt. Dementsprechend liegt der experimentell bestimmte Wert oberhalb des Li-<br />

teraturwerts. Wegen der geringen Anzahl an Doppelimpulsen, wurde die Lebensdauermes-<br />

sung mit einem Bleiklotz unter der Thermoskanne wiederholt. Die Gründe hierfür werden<br />

im Folgenden erläutert: Blei hat eine größere Dichte als Wasser, weshalb die Myonen beim<br />

Durchgang durch Blei mehr Energie verlieren. Der Energieverlust in 1 cm Blei beträgt ca.<br />

12 MeV. Durch den zusätzlichen Energieverlust werden einige Myonen in dem Blei stop-<br />

pen und zerfallen. Die Zerfallselektronen könnten wiederum durch die Kanne fliegen und<br />

einen zweiten Lichtblitz erzeugen. Die zusätzlichen Wegstrecken der Myonen und Elek-<br />

tronen sollten die Messdaten nur minimal beeinflussen. Wird eine zusätzliche Flugstrecke<br />

von 0, 1 m angenommen, benötigen die Teilchen bei annähernd Lichtgeschwindigkeit etwas<br />

mehr als 1 ns, um die Strecke zurückzulegen. Die Messzeiten der Doppelimpulse liegen<br />

im µs-Bereich. Somit wird eine Erhöhung der Anzahl an Doppelimpulse erwartet. Die<br />

Ergebnisse einer solchen Messung sind in Abbildung 4.6 dargestellt.<br />

Abbildung 4.6: Die Messergebnisse einer Lebensdauermessung mit einem<br />

Bleiklotz. Die Anzahl der Ereignisse, N, ist gestiegen, sie beträgt<br />

N = 3702. Die zweite Exponentialfunktion ist besser ausgeprägt als<br />

bei einer ohne Bleiklotz durchgeführten Messung. Die farblichen Linien<br />

entsprechen den Schnitten der Messung ohne Bleiklotz.<br />

Durch eine logarithmische Auftragung werden wiederum die beiden möglichen Zerfälle des<br />

Myons sichtbar (vgl. Abb. 4.7).<br />

51


Abbildung 4.7: Die Messergebnisse in logarithmischer Darstellung. Die Funk-<br />

t<br />

− tionsgleichung des exponentiellen Fits, y = a · e τ + b, ist im Graphen<br />

gezeigt. Die mittlere Lebensdauer des Myons bestimmt sich zu<br />

(1, 831 ± 0, 821) µs. Die über den χ2-Test berechnete Wahrscheinlichkeit<br />

liegt bei 66, 8 %.<br />

Neben der erhöhten Anzahl an Ereignissen wird die mittlere Lebensdauer des Myons ge-<br />

nauer bestimmt. Eine Zusammenfassung der Daten nach der Formel von Sturges verändert<br />

das Ergebnis nicht weiter. Der Fehler reduziert sich minimal, dafür sinkt aber auch der be-<br />

stimmte Wert für die Lebensdauer.<br />

4.3 Didaktik<br />

Im Folgenden sollen die Grundideen des Lernens besprochen werden, um anschließend<br />

die für diesen Versuch verwendeten Konzepte zur Erreichung der Lernziele vorzustellen.<br />

Dazu wird zuerst der Versuch analysiert. Die Elementarteilchenphysik wird erst im fünften<br />

Semester gelehrt, weshalb davon auszugehen ist, dass dieses Teilgebiet der Physik neu<br />

erschlossen werden muss.<br />

4.3.1 Analyse des Versuchs<br />

Der Versuch richtet sich an die Bachelor/Master-Studierenden des Fachs Physik im fünften<br />

Semester. Mittels des kosmischen Myons soll das Standardmodell der Elementarteilchen-<br />

52


physik vermittelt werden. Das Myon wird von seiner natürlichen Entstehung in der kos-<br />

mischen Höhenstrahlung bis zu seinem Zerfall besprochen. Mit dem Cherenkov-Effekt und<br />

dem Photomultiplier werden eine bewährte Nachweismethode und ein übliches Messinstru-<br />

ment als Bestandteile der Detektorphysik kennengelernt. Neben dem Erlernen von neuem<br />

Wissen bietet der Versuch die Möglichkeit, schon bekanntes Wissen zu wiederholen und zu<br />

festigen. Als einziger der existierenden Versuche ermöglicht dieser Versuch einen experi-<br />

mentellen Zugang zur Relativitätstheorie. Die Auswertung der Messdaten bietet praktische<br />

Anwendungsmöglichkeiten für die Statistik. In diesem Fall wird der χ 2 -Test zur Überprü-<br />

fung einer Hypothese - die Myonrate sei Poisson-verteilt - verwendet.<br />

Die Erfüllung der universitären Vorgaben für das Fortgeschrittenen Praktikum wird mit<br />

Beispielen in Tabelle 4.4 aufgeführt.<br />

Tabelle 4.4: Die universitären Vorgaben und deren Einhaltung in dem Versuch.<br />

Vorgabe Erfüllung<br />

Fortgeschrittene experi- Teilchennachweis mittels<br />

mentelle Methoden Cherenkov-Detektoren<br />

Teamarbeit zur Lösung Diskussion, Gruppenarbeit<br />

experimenteller Aufgaben<br />

Anfertigen eines wissen- Das Testat garantiert<br />

schaftlichen Potokolls die erfolgreiche Teilnahme<br />

Aus physikdidaktischer Sicht ist dieser Versuch wegen der vielen Verknüpfungen der Teil-<br />

gebiete der Physik gut für das Lernen geeignet. Er verbindet drei Vorlesungen (Physik<br />

2-4) miteinander und führt in eine vierte (Kern- und Teilchen) ein. Des Weiteren wird das<br />

Misskonzept, dass nichts schneller als Licht sein kann, behoben. Diese Aussage gilt nur für<br />

das Vakuum. In dichten Medien ändert sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts.<br />

Ursprünglich wurde das Baukastensystem für den Einsatz an Schulen entwickelt. Die An-<br />

schaffungskosten sind wegen der kosmische Höhenstrahlung als Strahlenquelle, dem Wasser<br />

und die Thermoskanne im Vergleich zu anderen Versuchen gering. Ein Nachteil dieses Ver-<br />

suchs sind die zeitintensiven Messungen.<br />

4.3.2 Lernen und Lehren - kurz erklärt<br />

Die Psychologie versteht unter gutem Lernen eine gute Informationsverarbeitung. Die In-<br />

formationsverarbeitung ist an individuelle Voraussetzungen gebunden, kann aber durch die<br />

53


Schaffung von Lehrsituationen beeinflusst werden. Die unterschiedlichen Auffassungen fin-<br />

den sich in [Has 06]. Für den Versuch ist das Lernen durch Wissenserwerb am wichtigsten.<br />

In den 60ern haben Atkinson und Shiffrin ein Modell zum Lernen vorgestellt: Das Ler-<br />

nen beruht auf einem Informationsfluss zwischen drei Hauptkomponenten des Gedächtnis-<br />

systems; den sensorischen Registern, einem Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis und einem<br />

Langzeitgedächtnis. In ihrem Modell wird neu aufgenommenes Wissen mit dem bereits<br />

vorhandenen Wissen bewertet, gruppiert und transformiert. Der Wissenserwerb ist in vier<br />

Prinzipien unterteilt:<br />

1. Informationen muss genügend Beachtung geschenkt werden<br />

2. Wiederholungen bzw. Übungen müssen durchgeführt werden<br />

3. Neue Information muss mit bisher verfügbarem Wissen abgeglichen und kongruent<br />

gemacht werden<br />

4. Wissen muss neu konsolidiert werden<br />

Die letzte Prinzipie kann nicht vom Lehrenden beeinflusst werden. Die Vorstellungen zur<br />

Speicherung des Wissens ähnelt einem Computernetzwerk: Die einzelnen Computer ent-<br />

sprechen dem Wissen (Knoten), welches durch Kabel (Relationen) miteinander verbunden<br />

ist. Neues Wissen wird in dieses Netzwerk integriert. Neues Wissen über Analogien einzu-<br />

führen und die Einbeziehung des Vorwissens wirken sich positiv auf den Lernprozess aus.<br />

Das Lernen als Wissenserwerb lässt sich grob in drei Phasen gliedern: Die erste Phase<br />

des Wissenserwerbs besteht in dem Lesen der Versuchsanleitung. Durch das Lesen der<br />

Anleitung wird die Aufmerksamkeit der Studierenden auf den Lerninhalt fokussiert. Es<br />

kommt zur Bildung der ersten neuen Knoten und Relationen. Durch die Fragen wird die<br />

Aufmerksamkeit gezielt auf die Lerninhalte gelenkt. Das Aufgreifen des Vorwissens in der<br />

Anleitung lässt die neuen Relationen zwischen den gewünschten Knoten, wie z.B. Mach-<br />

Kegel und Cherenkov-Kegel, entstehen. Die erste Phase endet mit der Abspeicherung des<br />

neuen Wissens. In der zweiten Phase wird das Wissen in der Versuchsbesprechung mit<br />

dem Assistenten wiederholt. In dieser Phase wird die korrekte Abspeicherung durch den<br />

Assistenten überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Die letzte Phase besteht in der Aus-<br />

wertung des Versuchs und dem Verfassen eines Protokolls. Auch in dieser Phase sind alle<br />

Prinzipien der Wissensvermittlung erfüllt.<br />

4.3.3 Die Wissensvermittlung<br />

Die Anleitung ist als eigenständiges Nachschlagewerk konzipiert und erfasst alle für den<br />

Versuch nötigen Grundlagen. Die wichtigen Theorieinhalte sind mit einem genauen Lite-<br />

54


aturverweis gekennzeichnet, sodass Entsprechendes schnell nachgeschlagen werden kann.<br />

Die Aktivierung des Vorwissens spielt bei der Erarbeitung der Versuchsanleitung eine große<br />

Rolle, durch die gezielte Wiederholung des Vorwissens wird dieses aktiviert. Das neue Wis-<br />

sen wird gezielt mit dem aktivierten Vorwissen verglichen und verknüpft, so wird z.B. das<br />

bereits bekannte Zerfallsgesetz von Elementen auf Teilchen übertragen. Im Allgemeinen<br />

überwiegt also der induktive Lernprozess.<br />

Durch die in dem Theorieteil gestellten Fragen und die Auswertung werden die Studieren-<br />

den zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema gebracht, was dem Verständnis-<br />

prozess und der Wissensspeicherung zugutekommt.<br />

Das Verständnis der Lebensdauermessung wird anhand der durch die auf die Theorie be-<br />

zogenen, gezielten Fragen unterstützt. Bei der Einführung des Cherenkov-Effekts wird die<br />

Analogie des Mach-Kegels verwendet, um ein neues komplexes Thema einzuführen, was<br />

nach [Has 06] die Wissensspeicherung positiv beeinflusst.<br />

55


5 Erweiterung von E4<br />

In Abschnitt 3.2 wurden die mit dem Mainzer Baukastensystem möglichen Versuche vor-<br />

gestellt. In diesem Kapitel sollen diese Versuche zu einem einzigen Versuch kombiniert<br />

werden. Mittels zusätzlicher Apparaturen lassen sich sogar bisher noch nicht erwähnte<br />

Messungen durchführen. Die bisher unerwähnte Messung dient der Bestimmung der Effi-<br />

zienz des Kannendetektors. Es folgt eine Vorstellung der neuen Messung, um anschließend<br />

einen aus allen Messungen bestehenden Versuchsaufbau vorzustellen.<br />

5.1 Bestimmung der Effizienz des Kannendetektors<br />

Für die Effizienzmessung werden zwei Szintillatoren benötigt. Szintillatoren bestehen im<br />

Prinzip aus einem Behälter gefüllt mit Kristallen oder Gas und einem an diesem Behäl-<br />

ter befestigten Photomultiplier. Ein Szintillator kann für den Nachweis geladener Teilchen<br />

verwendet werden. Die geladenen Teilchen deponieren ihre Energie in dem Gas. Die ange-<br />

regten Atome emittieren Licht, welches vom Photomultiplier umgewandelt wird. Werden<br />

jeweils ein Szintillator oberhalb und unterhalb der Kanne aufgestellt, kann die Anzahl der<br />

durch die Kanne fliegenden Myonen bestimmt werden. Myonen, die durch beide Szintilla-<br />

toren geflogen sind, müssen auch durch die Kanne geflogen sein. Dividiert man die Anzahl<br />

der gemessenen Dreierkoinzidenzen durch die der Zweierkoinzidenz, erhält man die Effizi-<br />

enz der Kanne. Die Szintillatoren sollten der Größe des Kannendurchmessers entsprechen<br />

und in nicht zu großem Abstand der Kanne aufgebaut werden. Bei zu großen Szintillatoren<br />

können die Myonen an der Kanne vorbei fliegen und trotzdem detektiert werden. Wird<br />

der Abstand der Szintillatoren zur Kanne zu groß gewählt, besteht außerdem die Möglich-<br />

keit, dass die Myonen durch einen Szintillator und die Kanne fliegen, jedoch nicht mehr<br />

durch den zweiten. In beiden Fällen wird die Bestimmung der Effizienz durch die falsche<br />

Ereignisanzahl erschwert.<br />

Realisierungsmodell<br />

Da der vorgeschlagene Versuch eine Variante von E4 ist, wird er in der weiteren Beschrei-<br />

57


ung mit E4.1 bezeichnet. Um die Winkelabhängigkeit mit einer Versuchsapparatur und<br />

die Absorption hintereinander zu messen, müssen für beide Kannen eine komplette Ra-<br />

tenmessung durchgeführt werden. Bei den vorgeschlagenen Zeiten wären das mehr als vier<br />

Stunden. Es würde eine Messung zur Winkelabhängigkeit mit mindestens zwei Stunden und<br />

einer Ratenmessung in einem anderen Stockwerk mit wiederum zwei Stunden folgen. Somit<br />

wären alleine für den Versuchstag mindestens acht Stunden veranschlagt. Diese Rechnung<br />

beinhaltet noch keine Lebensdauermessung. Für einen Bachelor-Praktikumsversuch ist die-<br />

se Art der Durchführung zu zeitaufwendig. Dennoch besteht die Möglichkeit den Versuch<br />

im Bachelor-Praktikum mit allen möglichen Messungen durchzuführen: E4.1 wird auf zwei<br />

Versuchstage aufgeteilt und nur Studierenden zugänglich gemacht, die schon E4 durchge-<br />

führt haben. Der Vorschlag für einen über zwei Versuchstage laufenden Praktikumsversuch<br />

lautet:<br />

Am ersten Versuchstag wird der Versuch E4 nach Anleitung durchgeführt. Wenn die Stu-<br />

dierenden eine Woche später zum nächsten Versuch in der Universität erscheinen, wird der<br />

Versuch E4.1 gestartet. Dazu werden die Geräte abgeschaltet und in einen anderen Raum<br />

verlegt. Dort wird die Ratenmessung mit der für die Lebensdauermessung verwendeten Ein-<br />

stellungen durchgeführt. Die Szintillatoren werden vor der Messung mit der wassergefüllten<br />

Kanne entsprechend Abschnitt 5.1 angebracht. Eine Messung zum Untergrundrauschen ist<br />

nicht mehr nötig, weil dieses eine gerätespezifische Komponente darstellt und in E4 be-<br />

stimmt wurde.<br />

Anschließend wird eine Ratenmessung zum Untergrundrauschen und zur Myonrate mit der<br />

zweiten Kanne und dem zweiten Photomultiplier durchgeführt. Nach der Ratenmessung<br />

folgen mindestens drei Messungen zur Winkelabhängigkeit der Rate zum Einfallswinkel<br />

der kosmischen Myonen, wobei die Messdauer bei steigenden Einfallswinkeln wegen der<br />

geringer werdenden Anzahl an Ereignissen erhöht werden muss.<br />

Eine gekoppelte Durchführung der Experimente bietet den Studierenden die Möglichkeit<br />

ein kombiniertes Protokoll anstatt zwei einzelne zu verfassen. Zudem ist die Einarbeitung<br />

in die Literatur deutlich vermindert. Wohingegen bei einem separaten Versuch die Be-<br />

sprechung der Theorie während des Versuchs und die Einarbeitung sehr viel mehr Zeit<br />

veranschlagen würden, weil die Gruppe, die nur E4.1 durchführt, die gleichen Kenntnisse<br />

wie eine E4 absolvierende Gruppe aufweisen muss.<br />

Ein Vergleich der benötigten Zeit für E4.1 als separater (hintereinander) oder gekoppel-<br />

ter (zwei Versuchstage) Versuch, wie er in Tabelle 5.1 zu sehen ist, zeigt, dass E4.1 als<br />

gekoppelter Versuch angeboten werden sollte.<br />

58


Tabelle 5.1: Vergleich der benötigten Zeiten für die separate und der gekoppelten<br />

Versuchsmöglichkeit. Eine gekoppelte Versuchsdurchführung spart<br />

zwei Stunden in der Durchführung, weil auf bereits existerende Messdaten<br />

zurückgegriffen wird.<br />

Messung tseparat tgekoppelt<br />

min min<br />

Untergrundrauschen 60 30<br />

Ratenmessung 300 200<br />

Winkelabhängigkeit min. 135 min. 135<br />

Summe 485 365<br />

Die große Zeitersparnis von zwei Stunden resultiert aus der Verwendung des Ergebnisses<br />

der Ratenmessung des Untergrundrauschens und der Messung zur Myonrate aus E4.<br />

Aber auch der Nachteil eines gekoppelten Versuchsaufbaus darf nicht unerwähnt bleiben:<br />

Damit die Versuche wöchentlich angeboten werden können, muss ein zweiter Versuchsauf-<br />

bau eingekauft und ein weiterer Laborplatz eingerichtet werden.<br />

59


6 E4 in der Praxis - Eine Evaluation<br />

Wie schon erwähnt soll der Versuch in dem Fortgeschrittenen Praktikum durchgeführt wer-<br />

den. Für die ersten Rückmeldungen haben mehrere Freiwillige den Versuch durchgeführt<br />

und eine Reflexion verfasst. Die Ergebnisse und die Konsequenzen für den Versuch wer-<br />

den an dieser Stelle zitiert und beschrieben. Die Experimentierenden haben sich mit der<br />

Anleitung auf den Versuch vorbereitet. Nach der Durchführung wurde ihnen ein Fragebo-<br />

gen vorgelegt (siehe Anhang 2). Er ist in drei Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt<br />

beschäftigt sich mit den in der Theorie beschriebenen Themen, sowie mit der Nachweis-<br />

methode und die dafür verwendeten Geräte. Da die Vorlesung „Einführung in die Kern-<br />

und Teilchenphysik“ nicht verpflichtend ist, wird mit den Fragen des zweiten Abschnitts<br />

der Studiumsschwerpunkt und die Motivation erfragt. Die Frage nach den Gründen der<br />

Versuchswahl bietet drei intrinsische und drei extrinsische Antwortmöglichkeiten, wobei<br />

intrinsisch bedeutet, dass sich die Studierenden mit der Thematik auseinandersetzen wol-<br />

len. Die intrinsischen Gründe befinden sich dabei auf der linken Seite des Fragebogens. Der<br />

dritte Abschnitt beschäftigt sich mit der Versuchsverbesserung. Hier sollen die Studieren-<br />

den Unklarheiten und Verbesserungsvorschläge benennen.<br />

Die erste Evaluation stammt von einem Abiturienten, der im Wintersemester sein Studium<br />

beginnt.<br />

Kommentare zur Versuchsanleitung:<br />

Der theoretische Hintergrund ist verständlich und in angemessener Länge erklärt. Es fehlt<br />

einzig ein wenig an Motivierung der einzelnen Themen. Dies könnte durch einige Bezüge,<br />

sozusagen einen roten Faden, zum Experiment verbessert werden. Die Fragen zur Theorie<br />

erscheinen mir bis auf die zu der Landauverteilung in Ordnung. Wenn sie als theoretisches<br />

Wissen vermittelt werden soll, dann müsste sie doch auch konkret in der Anleitung erklärt<br />

werden, zumindest würde ich sie dann in den Statistik-Anhang mit aufnehmen. Die Ver-<br />

suchsbeschreibung ist ebenfalls verständlich und sehr ausführlich. Hier könnte man noch<br />

Lesezeit einsparen und kürzen, falls gewünscht. Die Beschreibung der Versuchsdurchfüh-<br />

rung hat eine gute Länge und beinhaltet alles Wichtige. Allerdings sind die Fragen zur<br />

Lebensdauermessung für mich alleine schwer lösbar gewesen. Die Anleitung zur Datenaus-<br />

wertung ist meiner Meinung nach zu kurz und es fehlen Erklärungen. Die Bestimmung der<br />

61


Myonrate ist gut beschrieben. Bei der Annahme, dass die Myonrate Poisson verteilt ist,<br />

würde ein Hinweis darauf, dass man hierfür die unbereinigte Myonrate verwendet muss,<br />

hilfreich sein. In der Auswertung der Lebensdauermessung hat mich das plötzliche Auf-<br />

tauchen neuer Theorie überrascht (Bildung von Myonatomen). Sollte diese nicht in den<br />

theoretischen Hintergrund? Weiterhin wusste ich nicht, wo und nach welchen Kriterien ich<br />

den Schnitt ansetzen sollte, mit dem der schnelle Myonzerfall von den relevanten Daten<br />

getrennt werden soll. Insgesamt werden in dem Abschnitt über die Datenauswertung in<br />

den kürzesten Absätzen die kompliziertesten Informationen übermittelt, sodass ich unsi-<br />

cher war, ob ich alles Relevante mitgenommen habe. Dadurch war ich in der Auswertung<br />

sehr verwirrt. Für die Studenten sollte also in jedem Fall ein Notfalldatensatz parat ste-<br />

hen, auf den zurückgegriffen werden kann, falls die Messungen gänzlich missglücken. Der<br />

Statistik-Anhang ist aus meiner Sicht sehr gut gelungen.“<br />

Vermitteltes Wissen:<br />

Teilchen und Wechselwirkungen im Standardmodell, schwache Wechselwirkung (kaum De-<br />

tails), kosmische Höhenstrahlung, Myon, Zerfallsgesetz, Lebensdauer, Myon-Paradoxon,<br />

Spezielle Relativitätstheorie, Zeitdilatation, Längenkontraktion, Cherenkov-Effekt, Photo-<br />

multiplier, Photoeffekt, Poisson-Verteilung, Chi-Quadrat-Test.<br />

Nicht oder unvollständig vermitteltes Wissen:<br />

Bethe-Bloch-Formel (Verwirrung aufgrund der vielen unbekannten Größen), Landauvertei-<br />

lung (nur Literatur).<br />

Diese Reflexion ist von großer Bedeutung, weil der Versuch am XLAB von anderen Schülern<br />

durchgeführt werden soll. Die wesentlichen Lerninhalte werden erfasst und können repro-<br />

duziert werden. Die Messung zur Bestimmung der mittleren Lebensdauer muss mit den<br />

Schülern besprochen werden, weil die in ihr gestellten Fragen zum Verständnis beitragen.<br />

Hier würde sich eine Gruppenarbeit anbieten, um die Kommunikation und Teamarbeit zu<br />

fördern.<br />

Die nachfolgende Evaluation wurde von einem Diplomanden des <strong>II</strong>. Physikalischen Institutes<br />

verfasst.<br />

Theorie:<br />

62<br />

• gut aufeinander aufbauend erklärt<br />

• vielleicht die „Bildung von Myonatomen“ in die Theorie mit einbinden, statt als<br />

Hinweis in der Fussnote


Durchführung:<br />

• Anleitung ist klar<br />

• evtl. noch kurze Anmerkung warum man ab Start des Versuches nicht mehr an der<br />

Schraube drehen sollte<br />

Nach dieser Evaluation wurde die Beschreibung der Auswertung überarbeitet und die Beschreibung<br />

der Myonatome in die Theorie eingefügt.<br />

Die anderen beiden Experimentierenden waren Lehramtskandidaten. Den Fragebogen haben<br />

sie ohne Probleme ausgefüllt. Durch die Beschreibung der Myonatome in der Theorie<br />

konnten „die Messdaten leichter interpretiert“ werden. Verbesserungsvorschläge wurden von<br />

ihnen nicht mehr genannt.<br />

63


7 Fazit<br />

Das Ziel dieser Examensarbeit bestand in dem Aufbau eines in die Teilchenphysik einführenden<br />

Versuchs für den Bachelor-Studiengang Physik an der Georg-August-Universität<br />

Göttingen. Mit Hilfe einer Thermoskanne und Wasser soll der Fluss und die mittlere Lebensdauer<br />

des kosmischen Myons bestimmt werden.<br />

Neben der Einarbeitung in die Literatur wurde der Studienverlauf untersucht, um das<br />

Wissen der Studierenden zu kennen und somit den Lernstoff besser vermitteln zu können.<br />

Durch das Experimentieren mit der Versuchsapparatur konnten Erfahrungen gesammelt<br />

und Schwierigkeiten aufgedeckt werden: So muss z.B. auf die Lage der Gummidichtung,<br />

das Einhalten der Warmlaufphasen und auf die Justierung geachtet werden. Die hier gewonnenen<br />

Erfahrungen wurden für die Ausarbeitung der Anleitung verwendet.<br />

E4 ist aus physikalischer und didaktischer Sicht gut für die Wissensvermittlung geeignet,<br />

weil das Wissen über die Elektrodynamik, des Lichts und der Brechung, sowie der Quantenmechanik<br />

und die spezielle Relativitätstheorie zum Verstehen des Versuchs benötigt<br />

werden. Er wurde von mehreren Studierenden des Fachs Physik und einem Praktikanten<br />

nach Versuchsanleitung mit unterschiedlichem Erfolg durchgeführt. Der Aufbau ist einfach,<br />

jedoch sind Justierung und Verständnis anspruchsvoll.<br />

Im August 2008 werden im Rahmen des „Rent a Scientist Summer Camp“ Programms<br />

des <strong>II</strong>. Physikalischen Institutes am XLAB in Göttingen die ersten Erfahrungen mit dem<br />

Versuch gemacht. Hieraus könnten sich Anregungen zur Verbesserung ergeben. Ab dem<br />

Wintersemester 2008/2009 wird dieser dann den Studierenden im Praktikum angeboten.<br />

Die Untersuchung der Möglichkeiten zur Erhöhung der Anzahl der Doppelimpulse einer Lebensdauermessung<br />

kann als Verbesserungsansatz in Betracht gezogen werden. Gleiches gilt<br />

für die Messung zur Winkelabhängigkeit und zur Absorption, die mit dem Mainzer Baukastensystem<br />

durchgeführt werden können. Eine Messung zur Winkelabhängigkeit sollte zur<br />

Abrundung des Versuchs integriert werden. Der jetzige Aufbau erklärt das kosmische Myon<br />

zum Untersuchungsobjekt, erbringt dafür aber keinen Beweis. Eine weitere Möglichkeit<br />

kann in der Simulation der Ergebnisse im Bereich der Signalentwicklung bestehen, die anschließend<br />

mit den gemessenen Daten verglichen werden. Die benötigte Software existiert<br />

an der Universität.<br />

65


Anhang


Bachelor<br />

<strong>Physikalisches</strong><br />

Fortgeschrittenenpraktikum<br />

– Universität Göttingen –<br />

Anleitung zum Versuch Nr. E4<br />

Das kosmische Myon in der<br />

Thermoskanne<br />

<strong>II</strong>. <strong>Physikalisches</strong> Institut - Atom- und Kernphysik<br />

Raum: N.N<br />

Version 1 - Stand 31.07.2008


Betreuer:<br />

Dr. Kevin Kröninger – kevin.kroeninger@phys.uni-goettingen.de<br />

Titelbild:<br />

Das Titelbild zeigt den Versuchsaufbau. Um die kosmischen Myonen nachzuweisen, wird<br />

eine handelsübliche und mit Wasser gefüllte Thermoskanne mit einem Photomultiplier<br />

ausgerüstet (rechts). Dort werden die durch Cherenkov-Strahlung erzeugten optischen Signale<br />

in elektrische umgewandelt. Durch die Elektronik (Mitte) werden diese digitalisiert<br />

und mit einem Computer weiterverarbeitet. Die Netzgeräte für die Versorgungsspannungen<br />

(Nieder- und Hochspannung) sind links zu sehen.


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Theoretischer Hintergrund 1<br />

2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

2.2 Die schwache Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

2.3 Entstehung kosmischer Myonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

2.4 Der Myonzerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

2.4.1 Das Zerfallsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

2.5 Das Myon-Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

2.6 Eigenschaften kosmischer Myonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

2.6.1 Winkelabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

2.6.2 Energiespektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2.7 Die Nachweismethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.7.1 Der Cherenkov-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.7.2 Der Photoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2.8 Energieverlust geladener Teilchen in Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.9 Fragen zur Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3 Die Versuchsbeschreibung 13<br />

3.1 Der Photomultiplier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

3.2 Die Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

4 Die Versuchsdurchführung 16<br />

5 Datenauswertung 19<br />

5.1 Auswertung der Ratenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

5.1.1 Bestimmung der Myonrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

5.1.2 Poisson-Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

I


5.2 Auswertung der Lebensdauermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

A Statistik 20<br />

A.1 Die Poisson-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

A.2 Der χ 2 -Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

B Literatur 22<br />

<strong>II</strong>


1 Einleitung<br />

In diesem Versuch werden kosmische Myonen nachgewiesen und deren Eigenschaften untersucht.<br />

Die primäre kosmische Strahlung trifft auf die Luftmoleküle der Erdatmosphäre.<br />

Durch Stöße mit den Luftmolekülen entsteht die sogenannte sekundäre kosmische Strahlung,<br />

welche hauptsächlich aus Pionen besteht. Aus diesen gehen dann die Myonen durch<br />

Zerfälle hervor. Die Myonen werden im Labor über den sogenannten Cherenkov-Effekt<br />

nachgewiesen. Ziel dieses Versuchs ist die Bestimmung des Flusses kosmischer Myonen<br />

und die Bestimmung der Lebensdauer des Myons.<br />

Stichwörter<br />

Teilchen und Wechselwirkungen im Standardmodell, schwache Wechselwirkung, kosmische<br />

Höhenstrahlung, Myon, Zerfallsgesetz, Lebensdauer, Myon-Paradoxon, spezielle Relativitätstheorie,<br />

Zeitdilatation, Längenkontraktion, Cherenkov-Effekt, Bethe-Bloch-Formel,<br />

Landauverteilung, Photomultiplier, Photoeffekt, Poisson-Verteilung, χ 2 -Test.<br />

2 Theoretischer Hintergrund<br />

Im Folgenden werden die für diesen Versuch physikalischen Effekte vorgestellt. Begonnen<br />

wird mit dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik und der Entstehung und dem<br />

Zerfall kosmischer Myonen, sowie einem Abschnitt über die spezielle Relativitätstheorie.<br />

Anschließend werden die zum Nachweis von Teilchen benötigten Effekte (Cherenkov-Effekt,<br />

Photo-Effekt, Energieverlust durch Ionisation) erläutert.<br />

2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik<br />

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreibt die Eigenschaften der Konstituenten<br />

der Materie (Elementarteilchen) und deren Wechselwirkungen. Die Elementarteilchen<br />

werden in Leptonen und Quarks unterteilt. Die Leptonen und Quarks haben alle<br />

einen halbzahligen Spin und gehören somit zu den Fermionen.<br />

Zu den Leptonen gehören das Elektron, e − , das Myon, µ − , und das Tauon, τ − , sowie die<br />

Neutrinos, νe, νµ, ντ. Zu jedem Teilchen existiert ein Antiteilchen, das sich durch das Vorzeichen<br />

der Ladung von diesem unterscheidet.<br />

Zu den Quarks gehören das Up, Down, Strange, Charm, sowie das Top und Bottom Quark.<br />

Die Teilchen, die sich ineinander umwandeln können, werden in ein Isospin Dublett geschrieben.<br />

Die Isospin Dubletts werden nach aufsteigender Masse der beinhalteten Teilchen<br />

geordnet. Fasst man diese Informationen zusammen, so erhält man das dargestellte Modell:<br />

� �<br />

u<br />

� �<br />

c<br />

� �<br />

t<br />

d s b<br />

� �<br />

νe<br />

� �<br />

νµ<br />

� �<br />

ντ<br />

e µ τ<br />

Neben den Fermionen gibt es noch Teilchen mit ganzzahligem Spin, die Bosonen. Die Austauschteilchen<br />

der fundamentalen Wechselwirkungen, welche in Tabelle 1 dargestellt sind,<br />

1


gehören zu den Bosonen. Die schwache Wechselwirkung ist für diesen Versuch von besonderer<br />

Bedeutung.<br />

Wechselwirkung Austauschteilchen<br />

schwache W ± , Z 0<br />

starke Gluonen<br />

elektromagnetische Photon<br />

Tabelle 1: Die fundamentalen Wechselwirkungen und ihre Austauschteilchen.<br />

Literatur: Elementarteilchenphysik: Von den Grundlagen zu den modernen<br />

Experimenten von C. Berger, Kap.1 , Kap.6 und Kap.7.<br />

2.2 Die schwache Wechselwirkung<br />

Die schwache Wechselwirkung wurde von Enrico Fermi zur Erklärung des Beta-Zerfalls<br />

(n → p + e − + ¯νe) eingeführt. Die Leptonen-Zerfälle unterliegen wie der Beta-Zerfall der<br />

schwachen Wechselwirkung. Als Beispiel für einen leptonischen Zerfall sei der Myonzerfall<br />

erwähnt (vgl. 2.4).<br />

Die Zerfallsprozesse werden durch die Kopplungsteilchen beschrieben. Für die schwache<br />

Wechselwirkung existieren drei unterschiedlich geladene Bosonen: W + , W − und das Z 0 .<br />

Die Ruhemasse beträgt etwa 80 GeV<br />

c2 für die W-Bosonen und etwa 90 GeV<br />

c2 für das Z0-Boson. Die Reichweite der schwachen Wechselwirkung beträgt ca. 10−18 m.<br />

Literatur: Elementarteilchenphysik: Von den Grundlagen zu den modernen<br />

Experimenten von C. Berger, Kap.6.<br />

2.3 Entstehung kosmischer Myonen<br />

Teilchen, die aus dem Weltall kommen und auf die Erde treffen, werden unter dem Begriff<br />

primäre kosmische Strahlung zusammengefasst. Sie besteht zu 85% aus Wasserstoffkernen<br />

und zu 12,5% aus Heliumkernen. Den Rest bilden schwerere Kerne.<br />

Die Teilchen der primären kosmischen Strahlung stoßen an den Luftmolekülen in der Atmosphäre<br />

und erzeugen Kaskaden sekundärer Teilchen. Man unterscheidet vier Komponenten:<br />

Die weiche Komponente (Elektronen und Photonen), die Hadronenkomponente, sowie die<br />

Myon- und die Neutrinokomponente. Die weiche Komponente wird in der Atmosphäre absorbiert.<br />

In Abb. 1 ist ein Luftschauer schematisch dargestellt.<br />

2


Abbildung 1: Schematische Darstellung des Luftschauers. Die Zusammensetzung der primären<br />

kosmischen Strahlung verändert sich in der Erdatmosphäre. Durch Pion-<br />

Zerfälle entstehen die Myonen, die den größten Anteil der auf der Erdoberfläche<br />

detektierten Strahlung ausmachen. Außer den Myonen können auch Hadronen,<br />

Elektronen und Neutrinos aus der kosmischen Strahlung auf Meereshöhe nachgewiesen<br />

werden. Die weiche Komponente wird in der Atmosphäre absorbiert.<br />

Myonen können aus dem Zerfall von Pionen hervorgehen. Das Pion zerfällt durch die<br />

schwache Wechselwirkung in Myonen. Die Zerfallsschemata lauten:<br />

π + → µ + + νµ ,<br />

π − → µ − + ¯νµ .<br />

Ausgehend von den überwiegenden, positiven Teilchen der primären kosmischen Strahlung<br />

wurde vermutet, dass die Anzahl der positiv geladenen Myonen überwiegt. Da die Myonen<br />

aus den Zerfällen von Pionen hervorgehen, müssen in der Atmosphäre mehr positiv als<br />

negativ geladene Pionen erzeugt werden. Das Ladungsverhältinis RPion ergibt sich zu:<br />

RPion = N (π+ )<br />

N (π − )<br />

= 1, 25 ,<br />

Das Ladungsverhältnis der Pionen überträgt sich auf die Myonen. Das erwartete Ladungsverhältnis<br />

RMyon wurde experimentell bestätigt:<br />

RMyon = N (µ+ )<br />

N (µ − )<br />

= 1, 28 .<br />

Literatur: Kosmische Strahlung von C. Grupen, in Physik in unserer<br />

Zeit, 16. Jahrgang, Nr. 3.<br />

Astroparticle physics von C. Grupen.<br />

3


2.4 Der Myonzerfall<br />

Das Myon ist ebenfalls instabil. Mit einer Lebensdauer 1 von (τµ = 2, 19703 ± 0, 00004 µs)<br />

zerfällt das Myon in ein Elektron, ein Myon-Neutrino und ein Elektron-Antineutrino weiter<br />

(siehe Abb. 2). Das µ + zerfällt in die entsprechenden Antiteilchen:<br />

µ − → e − + νµ + ¯νe ,<br />

µ + → e + + ¯νµ + νe .<br />

Abbildung 2: Feynman-Diagramm des Myonzerfalls. Das Myon überträgt seine Ladung<br />

auf das Austauschteilchen, W − , und wandelt sich dabei in ein νµ um. Das W − -<br />

Boson wiederum zerfällt in ein e − und ein ¯νe.<br />

Wie aus Abb. 2 hervorgeht, ist das W − -Boson das Austauschteilchen für den µ − -Zerfall,<br />

d.h. es handelt sich um einen Zerfall durch die schwache Wechselwirkung.<br />

2.4.1 Das Zerfallsgesetz<br />

Der Zerfall von instabilen Teilchen (z.B. Atomkerne) ist ein statistischer Prozess, d.h. es<br />

ist nicht möglich vorherzusagen, wann ein bestimmtes Teilchen zerfallen wird. Es ist lediglich<br />

möglich eine Vorhersage über die erwartete Anzahl der zerfallenen Kerne/Teilchen pro<br />

Zeiteinheit zu machen.<br />

Zur Zeit t0 = 0 sei die Anzahl der nicht zerfallenen radioaktiven Elemente N0. Wie viele<br />

Kerne existieren nach einer Zeit t > t0?<br />

Sei dN die Anzahl der in der Zeit dt zerfallenen Kerne und N die Anzahl der nicht zerfallenen<br />

Kerne. Die Anzahl der zerfallenen Kerne ist proportional zu der verstrichenen Zeit,dt,<br />

und der Anzahl der existierenden Kerne, N. Außerdem ist sie von dem radioaktiven Element<br />

abhängig. Die Einführung der elementabhängigen Zerfallskonstante, λ, erlaubt die<br />

Aufstellung einer Differentialgleichung:<br />

Wir führen eine Trennung der Variablen durch<br />

und integrieren:<br />

dN = −λNdt . (1)<br />

dN<br />

N<br />

= −λdt (2)<br />

� �<br />

N<br />

ln = −λt . (3)<br />

N0<br />

1 Die Weltmittelwerte der Lebensdauern von Teilchen lassen sich auf http://pdg.lbl.gov/ einsehen.<br />

4


Die Gleichung wird umgeschrieben, sodass man das Zerfallsgesetz erhält.<br />

N(t) = N0e −λt<br />

. (4)<br />

Aus der Zerfallskonstanten λ lässt sich über Gleichung (5) die mittlere Lebensdauer bestimmen.<br />

τ = 1<br />

,<br />

λ<br />

(5)<br />

d.h. die Zeit, nach der im Schnitt die Anzahl der Kerne auf 1 der Ausgangskernanzahl<br />

e<br />

abgefallen ist. Da das Myon ebenfalls instabil ist, gilt auch hier das Zerfallsgesetz. Die<br />

Lebensdauer eines geladenen Myons ist zufällig und statistisch verteilt nach<br />

N(t) = N0 · e−λt . Die mittlere Lebensdauer ist<br />

� ∞<br />

0 t · N(t)dt<br />

� ∞<br />

0<br />

1<br />

= · · · = ≡ τ. (6)<br />

N(t)dt λ<br />

Der Beweis wird in mehrere Schritte unterteilt. Zähler und Nenner werden getrennt berechnet.<br />

Der Zähler wird mittels partieller Intergration 2 berechnet. .<br />

� ∞<br />

0<br />

t · N0e −λt dt =<br />

� ∞<br />

0<br />

=<br />

�<br />

t · (− 1<br />

λ N0e −λt �∞<br />

) −<br />

0 0<br />

�<br />

t · (− 1<br />

λ N0e −λt �∞ �<br />

1<br />

) −<br />

0 λ<br />

� �� �<br />

→ 0<br />

N0e −λt dt =<br />

� ∞<br />

�<br />

− 1<br />

�∞<br />

−λt<br />

N0e<br />

λ 0<br />

� �� �<br />

− 1<br />

λ N0e −λt dt (7)<br />

�∞<br />

−λt<br />

N0e 2<br />

� ��<br />

0<br />

�<br />

Teilen wir die Ergebnisse durcheinander, ist die Herleitung erfolgt.<br />

Myonen in Materie können mit den Atomkernen des Materials, in dem sie sich befinden,<br />

myonische Atome bilden. In Wasser kann das Myon zum Beispiel mit einem Wasserstoffoder<br />

Sauerstoffkern wechselwirken. Dabei wird das Myon von dem Atom eingefangen und<br />

in der K-Schale gebunden. Da der Bohrsche Radius umgekehrt proportional zur Masse des<br />

Hüllenelektrons ist, nähert sich das Myon dem Atomkern etwa auf das 0, 005-fache des<br />

Abstandes der kernnächsten Hüllenelektronen. Das gebundene Myon kann wie ein freies<br />

Myon zerfallen oder aber mit einem Kernproton reagieren (µ − + p → n + ¯νµ). Da<br />

der Bohrsche Radius auch umgekehrt proportional zur Kernladungszahl, Z, ist, überwiegt<br />

diese Reaktion für große Z. Die entstehenden Myonatome zerfallen wiederum. Durch den<br />

Einfang verkürzt sich die mittlere Lebensdauer der negativen Myonen zu<br />

1<br />

τ<br />

= 1<br />

τ0<br />

+ 1<br />

τc<br />

→ N 0<br />

λ<br />

→ N 0<br />

λ 2<br />

(8)<br />

(9)<br />

, (10)<br />

wobei τc die mittlere Lebensdauer durch den Einfang negativ geladener Myonen ist.<br />

Literatur: Physik: Atome, Atomkerne, Elementarteilchen von H. Hänsel.<br />

Veranschaulichung: http://www.walter-fendt.de/ph14d/zerfallsgesetz.htm<br />

2 Partielle Integration: � b<br />

a u′ · vdt = [uv] b a − � b<br />

a u · v′ dt, wobei u = t und v ′ = N0e −λt gewählt wurde.<br />

5


2.5 Das Myon-Paradoxon<br />

Über die klassische Formel s = vt lässt sich die vom Myon zurückgelegte Strecke, s, berechnen.<br />

Dabei wird für v = 0, 998 · c eingesetzt (c ist die Lichtgeschwindigkeit):<br />

8 m<br />

s = 0, 998 · 3 · 10<br />

s · 2, 19703 · 10−6 s ≈ 658 m<br />

Die Myonen entstehen allerdings in ungefähr 9-15 km Höhe in der Atmosphäre. Trotzdem<br />

erreichen Myonen die Erdoberfläche und können in sie eindringen. Dieses Myon-Paradoxon<br />

kann mittels der speziellen Relativitätstheorie erklärt werden:<br />

Aus dem Bezugssystem der Erde gesehen verlängert sich, wegen der Zeitdilatation, die Lebensdauer<br />

des Myons, τMyon, um den Lorentzfaktor γ. Die Geschwindigkeit der Teilchen,<br />

v, wird wegen der relativistischen Effekte in Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit angegeben.<br />

Sie ergibt sich zu v = β · c = 0, 998c. Somit lässt sich die zurückgelegte Strecke, s,<br />

des Myons berechnen:<br />

s = β · c · γ · τMyon mit β ≈ 1 (11)<br />

= γ · c · τMyon wobei γ =<br />

1<br />

≈ 16 (12)<br />

8 m<br />

= 16 · 3 · 10<br />

s<br />

�<br />

1 − v2<br />

c 2<br />

· 2, 19703 µs (13)<br />

= 10, 5 km (14)<br />

Die spezielle Relativitätstheorie löst das Myon-Paradoxon, das Myon erreicht die Erdoberfläche.<br />

Literatur: Moderne Physik von P.A. Tipler, S. 47f.<br />

2.6 Eigenschaften kosmischer Myonen<br />

2.6.1 Winkelabhängigkeit<br />

Der Myonfluss auf Meereshöhe beträgt etwa 1 Teilchen pro cm 2 und Minute. Dies ist<br />

nur ein Richtwert für die senkrecht einfallenden Myonen. Die Winkelabhängigkeit kann<br />

folgendermaßen ausgedrückt werden:<br />

Iµ(α) = I0 · cos n (α), (15)<br />

wobei I0 für die senkrecht einfallenden Myonen steht, α für den Zenitwinkel und n eine<br />

impulsabhängige Variable darstellt. Abb. 3 zeigt die Verifizierung des cos n Gesetzes.<br />

6


Abbildung 3: Die Winkelabhängigkeit der Myonen für das Impulsspektrum (links)<br />

und die Intensität (rechts).<br />

Links: Exponent der Winkelverteilung der Myonen auf der Meereshöhe in Abhängigkeit<br />

vom Impuls. Mit n = 1, 85 lässt sich der Myonfluss über ein breites<br />

Energiespektrum beschreiben.<br />

Rechts: Die Myonrate in Abhängigkeit vom Einfallswinkel. Die meisten Myonen<br />

kommen von „oben“.<br />

2.6.2 Energiespektren<br />

Die Myonen können entweder senkrecht oder mit einer Neigung auf die Erde treffen. Die<br />

unterschiedlichen Flugrichtungen haben unterschiedliche Energien zur Folge. In Abb. 4<br />

(rechts) werden die Energien vertikaler Myonen mit denen schräg einfallender Myonen verglichen.<br />

Außerdem ist das Impulsspektrum kosmischer Myonen dargestellt (Abb. 4 (links)).<br />

7


Abbildung 4: Das Impulsspektrum vertikaler Myonen auf Meereshöhe (links) und<br />

das Impulsspektrum für vertikale und geneigte Richtungen (rechts).<br />

Wie aus Abb. 4 hervorgeht, erreichen schräg einfallende Myonen höhere Energien als vertikal<br />

einfallende Myonen. Für große Einfallswinkel legen die Pionen einen längeren Weg<br />

in den dünnen Schichten der Atmosphäre zurück, woraus eine erhöhte Zerfallswahrscheinlichkeit<br />

resultiert. Bei dem Zerfall überträgt das Pion seinen Impuls auf das Myon. Bei<br />

den vertikalen hochenergetischen Pionen überwiegt die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit.<br />

Die Pionen verlieren durch die Wechselwirkung mit den Luftmolekülen Energie und<br />

zerfallen in niederenergetische Myonen.<br />

2.7 Die Nachweismethode<br />

In dem Versuch werden zwei physikalische Effekte zum Nachweis kosmischer Myonen verwendet.<br />

Sie werden im Folgenden erläutert.<br />

2.7.1 Der Cherenkov-Effekt<br />

Dieser Effekt besitzt eine Analogie in der Akustik: Ein in der Luft stehendes Flugzeug würde<br />

kugelförmige Schallwellen aussenden (vgl. Abb. 5 links(a)). Bewegt sich das Flugzeug<br />

aber mit einer Geschwindigkeit, die kleiner als die Schallgeschwindigkeit ist, werden die<br />

Wellenfronten zusammengedrückt (vgl. Abb. 5 links (b)). Entspricht die Geschwindigkeit<br />

des Flugzeugs der des Schalls, kommt es zu der Bildung der Schallmauer: Die Verdichtung<br />

der Wellenfronten wird stärker (vgl. Abbildung 5 (links (c)). Bewegt sich das Flugzeug mit<br />

8


Überschallgeschwindigkeit, kommt es zu einer additiven Überlagerung der zu unterschiedlichen<br />

Zeiten ausgesandten Schallwellen. Die Einhüllende wird als Mach-Kegel bezeichnet<br />

(vgl. Abb. 5 links(d)). Der Durchbruch der Schallmauer ist als ein lauter Knall wahrnehmbar.<br />

Bei hoher Luftfeuchtigkeit wird der Mach-Kegel sogar sichtbar (vgl. Abb. 5 rechts).<br />

Abbildung 5: Der Mach-Kegel in Theorie (a) und Praxis (b).<br />

Links: Erklärung für die Entstehung des Mach-Kegels. Je schneller sich ein Objekt<br />

bewegt, desto mehr verdichten sich die Wellenfronten. Bei Überschallgeschwindigkeit<br />

kommt es zu einer Überlagerung der Wellenfronten. Die Einhüllende<br />

wird als Mach-Kegel bezeichnet.<br />

Rechts: Der Mach-Kegel an einem Überschallflugzeug. Der Mach-Kegel wird<br />

durch kondensierte Wassertröpfchen sichtbar, wenn das Flugzeug in sehr feuchter<br />

Luft fliegt.<br />

Der Cherenkov-Effekt ist eine Analogie des Mach-Kegels im Optischen.<br />

Ein geladenes Teilchen, welches sich in einem dielektrischen Medium mit einer größeren<br />

Geschwindigkeit als die Lichtgeschwindigkeit in dem Medium bewegt, löst elektromagnetische<br />

Strahlung aus. Die Lichtgeschwindigkeit gilt nur im Vakuum als höchste erreichbare<br />

Geschwindigkeit. In einem Medium hingegen berechnet sich die Lichtgeschwindigkeit über<br />

v = c , wobei c für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und n für den Brechungsindex des<br />

n<br />

Mediums steht. Diese wird Cherenkov-Strahlung genannt.<br />

Dieser Effekt wird Cherenkov-Effekt genannt und kann folgendermaßen erklärt werden: Das<br />

geladene Teilchen polarisiert Moleküle des Mediums längs seiner Flugbahn. Diese senden<br />

elektromagnetische Wellen aus. Ist die Geschwindigkeit kleiner als die der Lichtgeschwindigkeit<br />

kommt es wegen der symmetrischen Polarisierung der benachbarten Atome zur<br />

destruktiven Interferenz (vgl. Abb. 6 links). Für größere Geschwindigkeiten können sich<br />

die elektromagnetischen Wellen nicht mehr auslöschen, da sie nicht mehr symmetrisch um<br />

das geladene Teilchen erzeugt werden (vgl. Abb. 6 rechts).<br />

9


Abbildung 6: Erklärung des Cherenkov-Effekts. Das geladene Teilchen polarisiert die benachbarten<br />

Atome, die dann elektromagnetische Wellen abstrahlen. Für Geschwindigkeiten<br />

v < c<br />

n interferieren die elektromagnetischen Wellen destruktiv.<br />

Für v > c<br />

n ist die Interferenz konstruktiv. Die resultierende Strahlung wird<br />

Cherenkov-Strahlung genannt.<br />

Die Aussendung des Lichts erfolgt unter einem bestimmten Winkel:<br />

wobei β = v<br />

c ist.<br />

cos(θ) = 1<br />

nβ<br />

, (16)<br />

Literatur: Gerthsen Physik von D. Meschede, S. 177f.<br />

Detektoren für Teilchenstrahlung von K. Kleinknecht, Kap. 5.<br />

2.7.2 Der Photoeffekt<br />

Wie Hallwachs 1888 beobachtete, konnte er eine negativ geladene Metallplatte mittels<br />

hochenergetischen Lichts (UV-Licht) entladen. Bei dem Versuch, dies mit einer positiv<br />

geladenen Platte auch zu erreichen, erkannte er, dass dies nicht möglich ist. Heute ist bekannt,<br />

dass nur Elektronen aus dem Material herausgelöst werden können.<br />

Für die Herauslösung eines Elektrons ist die Wellenlänge und somit die Energie des Photons<br />

notwendig. Die Elektronen sind an die Atomrümpfe gebunden. Die Austrittsarbeit<br />

entspricht der Energie, die benötigt wird, um die Bindungskräfte zu überwinden. Nach<br />

dem Austritt eines Elektrons ist eine Energiebilanz zu ziehen. Das Photon hat seine gesamte<br />

Energie auf das Elektron übergeben und dieses hat einen Teil dieser Energie als<br />

Austrittarbeit verbraucht. Hieraus folgt<br />

E = hν − Wa.<br />

Hierbei ist Wa die Austrittsarbeit, h das Planksche Wirkungsquantum, ν die Frequenz des<br />

Photons und E die Restenergie, die dem Elektron als kinetische Energie nach dem Austritt<br />

zur Verfügung steht. Für seine theoretische Interpretation des Photoeffekts erhielt Albert<br />

Einstein 1922 den Nobelpreis für Physik für das Jahr 1921.<br />

Literatur: Gerthsen Physik von D. Meschede, S. 449.<br />

10


2.8 Energieverlust geladener Teilchen in Materie<br />

Geladene Teilchen verlieren Energie durch Ionisation und Anregung beim Durchgang durch<br />

Materie. Der resultierende, mittlere Energieverlust pro Strecke kann über die Bethe-Bloch-<br />

Formel bestimmt werden:<br />

� �<br />

dE<br />

− =<br />

dx<br />

4πr2 emec2NAZz 2<br />

Aβ2 � �<br />

2mec<br />

ln<br />

2β2 I · (1 − β2 �<br />

− β<br />

)<br />

2<br />

�<br />

, (17)<br />

mit<br />

NA = Avogadrozahl<br />

Z = Ordnungszahl des Materials<br />

A = Massenzahl des Materials<br />

ze = Ladung des Teilchens<br />

β = Geschwindigkeit des Teilchens �<br />

= v<br />

�<br />

c<br />

me = Elektronenmasse<br />

re = klassischer Elektronenradius (= 2, 8 fm)<br />

I = effektives Ionisationspotenzial des Materials (I = 16 eV · Z 0,9 )<br />

Der Energieverlust der geladenen Teilchen ist mit Fluktuationen verbunden. Die Landauverteilung<br />

3 beschreibt die Wahrscheinlichkeit für den tatsächlichen Energieverlust geladener<br />

Teilchen in Materie (vgl. Abb. 12). In Abb. 7 ist der mittlere Energieverlust für<br />

Myonen in Abhängigkeit des Impulses für zwei verschiedene Medien dargestellt.<br />

Abbildung 7: Der Energieverlust der Myonen in Abhängigkeit des Impulses für Wasser und<br />

Blei.<br />

Literatur: Detektoren für Teilchenstrahlung von K. Kleinknecht, Kap.1.2.<br />

http://pdg.lbl.gov/.<br />

3 Eine Beschreibung der Landauverteilung finden Sie in Statistische und numerische Methoden der Datenanalyse<br />

von Blobel u. Lohrmann, Kap.6.<br />

11


2.9 Fragen zur Theorie<br />

Die Fragen müssen in dem Versuchsprotokoll beantwortet werden. Die Antworten können<br />

separat oder in dem Text integriert erscheinen.<br />

• Welche weiteren Zerfälle können Myonen hervorbringen? Benennen Sie die Teilchen<br />

in dem Zerfallsschema.<br />

• Welche weiteren fundamentalen Wechselwirkungen gibt es? Vergleichen Sie die Wechselwirkungen<br />

in ihrer Reichweite und den Austauchteilchen. Warum ist die schwache<br />

Wechselwirkung für diesen Versuch von so großer Bedeutung?<br />

• Warum emittieren nur Elektronen und nicht die Neutrinos aus dem Zerfall des Myons<br />

Cherenkov-Strahlung? Wie können Neutrinos trotzdem nachgewiesen werden (z.B.<br />

Super-Kamiokande)? Erklären Sie den eyperimentellen Zusammenhang des Experiments<br />

„Super-Kamiokande“ mit unserer Kamiokanne.<br />

• Wodurch kommt der lange Schwanz der Landauverteilung zustande?<br />

12


3 Die Versuchsbeschreibung<br />

Abb. 8 zeigt den Versuchsaufbau schematisch.<br />

Abbildung 8: Schematischer Versuchsaufbau. Zum Anschluss der Geräte siehe Abschnitt<br />

4.<br />

In diesem Versuch werden Myonen aus der kosmischen Strahlung nachgewiesen. Dies geschieht<br />

über den Cherenkov-Effekt. Als dielektrisches Medium dient Wasser in einer Thermoskanne.<br />

Die Cherenkov-Strahlung wird von einem Photomultiplier nachgewiesen, welcher<br />

auf der Öffnung der Thermoskanne angebracht wird. Dort wird das Licht in ein elektrisches<br />

Signal umgewandelt. Die Elektronik wandelt das elektrische Signal um und leitet<br />

es über die Druckerschnittstelle an einen Computer weiter. Die Messdaten werden von dem<br />

Computer mit dem Programm kanne.exe gespeichert und ausgewertet.<br />

Die Thermoskanne wird wegen ihrer verspiegelten Innenseite als Wasserbehälter verwendet.<br />

Die Kanne muss wegen der hohen Empfindlichkeit des Photomultipliers lichtundurchlässig<br />

aufgebaut werden. Dazu wird die Kannenöffnung mit einem Gummiring am Ausguss mit<br />

dem Photomultiplier verschlossen.<br />

13


3.1 Der Photomultiplier<br />

Der Photomultiplier ist ein Gerät zur Umwandlung schwacher Lichtimpulse in elektrische<br />

Signale.<br />

Abbildung 9: Querschnitt des Aufbaus. Zu sehen sind die Thermoskanne (4), die Dynoden<br />

des Photomultipliers (3), die Versorgungseinheit des Photomultipliers (2) und die<br />

Verstärkerplatine (1).<br />

Im Folgenden wird der Aufbau und die Funktionsweise des Photomultipliers vorgestellt.<br />

Der Aufbau eines typischen Photomultipliers ist in Abb. 10 dargestellt. Er besteht aus<br />

einer dünnen Kathodenschicht und einer Reihe von Dynoden mit Potenzialdifferenzen.<br />

An der Photokathode liegt eine negative Hochspannung an. Löst ein Photon mittels des<br />

Photoeffekts ein Elektron aus der Kathode, dann wird dieses zu der ersten Dynode hin<br />

beschleunigt. Die Dynoden bestehen aus einem Material mit geringer Austrittsarbeit, sodass<br />

jede Dynode für ein einfallendes Elektron 3-5 Sekundärelektronen emittiert. Durch<br />

die Potenzialdifferenz zwischen den Dynoden werden diese sekundären Elektronen weiter<br />

beschleunigt.<br />

Die unterschiedlichen Spannungen an den Dynoden und die damit einhergehende Beschleunigung<br />

von einer Dynode zur nächsten wird durch eine Reihenschaltung von Widerständen<br />

realisiert. Die Spannungsdifferenz zwischen zwei benachbarten Dynoden beträgt zwischen<br />

100 V und 200 V. Ein Photomultiplier besteht aus 6-10 Dynoden, sodass die an ihm<br />

anzulegende Hochspannung mehrere kV betragen kann. Die Gesamtverstärkung des Vervielfachungssystem<br />

beträgt bei 10 Dynoden bis zu 10 7 . Die resultierende Elektronenlawine<br />

erzeugt an der Anode einen messbaren Strom.<br />

14


Abbildung 10: Schematischer Aufbau eines Photomultipliers. Ein Photon löst mittels<br />

Photoeffekt ein Elektron aus der Photokathode. Durch die Herauslösung weiterer,<br />

sekundärer Elektronen an den Dynoden entsteht eine Elektronenlawine, die<br />

auf die Anode trifft und als elektrisches Signal gemessen werden kann.<br />

Bei Raumtemperatur können durch thermische Anregung Elektronen aus den Dynoden<br />

herausgelöst werden, sodass sich ein Untergrundrauschen einstellt. Die Schwelle zur Unterscheidung<br />

von Signal und Rauschen wird an der Elektronik reguliert.<br />

Literatur: Detektoren für Teilchenstrahlung von K. Kleinknecht, Kap.4.<br />

3.2 Die Elektronik<br />

Die Elektronik dient der Verstärkung und der Umwandlung der vom Photomultiplier kommenden<br />

Signale in ein TTL-Signal 4 . An der Frontseite der Elektronik befinden sich neben<br />

den Eingangskanälen Schrauben, mit denen die Schwelle der Detektion eines Signals geregelt<br />

werden kann. Das Untergrundrauschen kann so minimiert werden. Die Schwelle muss<br />

so gewählt werden, dass das Rauschen klein wird, schwache Signale vom Cherenkov-Licht<br />

der Myonen aber noch detektiert werden können.<br />

Die Elektronik verfügt über zwei Kanäle, deren Auswahl von der Stellung des Metallschalters<br />

an der Vorderseite der Elektronik abhängt. Für die Auswahl des linken Kanals<br />

muss der Schalter nach links geschoben werden. Eine rot leuchtende LED zeigt den verwendeten<br />

Kanal an. Auf der Rückseite der Elektronik finden sich die Anschlüsse für die<br />

12 V-Netzspannung sowie der Anschluss für das Druckerkabel.<br />

Die mittlere LED dient als optische Signalisierung eines Ereignisses. Durch eine geeignete<br />

Einstellung der Schwelle kann die LED zu permanentem Leuchten gebracht werden. In diesem<br />

Fall würde man sich in dem Bereich des Untergrundrauschens befinden. Zur Erhöhung<br />

der Schwelle muss die Schraube nach rechts gedreht werden. Will man eine Verminderung<br />

der Schwelle erreichen, muss die Schraube nach links gedreht werden.<br />

Literatur: Kosmische Myonen in Schulversuchen von M. Fuidl, Kap.9.2.<br />

4 Transistor-Transistor-Logik<br />

15


4 Die Versuchsdurchführung<br />

!!! Bedenken Sie, dass Sie mit Hochspannung arbeiten. Jegliche<br />

Änderung des Versuchsaufbaus darf nur bei ausgeschaltetem Hochspannungsnetzgerät<br />

erfolgen. Es dürfen keine offenen Kabel herumliegen<br />

oder angefasst werden, wenn die Hochspannung eingeschaltet<br />

ist. Jeder Kontakt zu den Kabeln sollte im Betrieb unterlassen werden<br />

!!!<br />

Aufbau des Versuchs<br />

Der Photomultiplier wird mit einer Gummidichtung auf die Öffnung der Thermoskanne<br />

geschraubt. Die Verbindung zwischen Photomultiplier und der Elektronik wird über<br />

ein 5-adriges Kabel hergestellt. Der Photomultiplier wird zudem über ein BNC-Kabel<br />

an eine Hochspannungsquelle angeschlossen. Die Elektronik wiederum wird mittels eines<br />

Druckerkabels mit dem Computer verbunden und über farbige Bananenstecker an das<br />

12 V-Netzgerät angeschlossen.<br />

Schließen Sie alle Geräte nach Abb. 8 an.<br />

Kennzeichnen Sie den Laborplatz bei Messungen mit dem Hochspannungsschild!<br />

1. Justierung<br />

Nachdem Sie den Versuch mit einer leeren Thermoskanne aufgebaut haben, dürfen<br />

Sie das Hochspannungs- und das 12 V-Netzgerät einschalten. Stellen Sie an den Netzgeräten<br />

eine Hochspannung von 1503 V sowie eine Niedervoltspannung von 12 V ein.<br />

Regeln Sie die Hochspannung bei Bedarf nach.<br />

Drehen Sie die Schraube für Ihren verwendeten Kanal mit dem Schraubendreher nach<br />

links, bis die LED oft aufleuchtet. Anschließend drehen Sie die Schraube solange nach<br />

rechts bis die LED nur noch ab und zu aufblinkt, d.h. dass die LED in 10 Sekunden<br />

maximal zwischen 3 und 5 mal blinkt. Zählen Sie in zwei zweiminütigen Intervallmessungen<br />

die Blinkimpulse der LED, um Untergrundrauschen abzuschätzen. Notieren<br />

Sie ihre Ergebnisse und drehen Sie notfalls an der Schraube, um die geforderten<br />

Leuchtanzahlen zu erreichen.<br />

Jetzt befinden Sie sich oberhalb des Untergrundrauschens des Photomultipliers, der<br />

Versuchsaufbau ist justiert.<br />

2. Ratenmessungen<br />

Ab dem Einschalten des Computers wird nicht mehr an der Schraube gedreht!<br />

Teil 1 - Bestimmung des Untergrundrauschens<br />

Starten Sie das Programm kanne.exe und wählen Sie „Ratenmessung“ aus.<br />

Lassen Sie die Ratenmessung 30 Minuten laufen und werten Sie diese anschließend<br />

aus. Klicken Sie dazu auf das Feld „Auswerten“ und geben Sie eine Intervalllänge von<br />

1000 ms ein.<br />

Teil 2 - Bestimmung der Myonrate<br />

Schalten Sie alle Spannungsquellen aus und füllen Sie soviel Wasser in die Kanne ein,<br />

dass die Photokathode in das Wasser eintaucht. Schrauben Sie den Photomultiplier<br />

16


mit der Gummidichtung auf die Kanne und vergewissern Sie sich, dass die Kanne<br />

richtig verschlossen ist.<br />

Schalten Sie alle Netzgeräte wieder ein und lassen Sie den Photomultiplier über 15 min<br />

warmlaufen. Vergessen Sie nicht die Hochspannung nachzuregeln!<br />

Führen Sie eine 100-minütige Ratenmessung durch und werten Sie diese ebenfalls mit<br />

einer Intervalllänge von 1000 ms an dem Computer aus.<br />

3. Messung der Lebensdauer des Myons<br />

In diesem Versuchsabschnitt soll die mittlere Lebensdauer der Myonen bestimmt<br />

werden. Stoppt ein Myon in der wassergefüllten Thermoskanne und zerfällt es unter<br />

anderem in ein Elektron, so sind in der Kanne zwei Lichtblitze zu beobachten (vgl.<br />

Abb. 11). Der erste Blitz stammt von dem Myon, der zweite von dem Tochterteilchen<br />

(Elektron oder Positron). Die Zeitdifferenz der Doppelimpulse wird gemessen und<br />

daraus die Lebensdauer bestimmt. Da Doppelimpulse sehr selten sind, wird die Messung<br />

über mehrere Tage durchgeführt. Stellen Sie die Kanne auf die Bleiklötze und<br />

starten Sie die Lebensdauermessung. Vergewissern Sie sich, dass das Hinweisschild<br />

sichtbar aufgestellt ist.<br />

Abbildung 11: Schematische Erklärung für das Zustandekommen der zwei Lichtblitze<br />

in der Kanne. Sowohl das Myon als auch das Elektron können Cherenkov-<br />

Strahlung auslösen.<br />

Lassen Sie sich ihre Ergebnisse von Ihrem Assistenten signieren und vereinbaren Sie<br />

einen Termin zum Versuchsabbau.<br />

Im Folgenden wird das der Lebensdauermessung zugrunde liegende Wissen anhand<br />

von Fragen vermittelt:<br />

1 a) Berechnen Sie mit Hilfe der Gleichung (16) den minimalen Impuls, den geladene<br />

Teilchen benötigen, um Cherenkov-Strahlung auszulösen. Berechnen Sie diesen<br />

für Myonen und Elektronen.<br />

b) Können die aus einem Myonzerfall hervorgehenden Elektronen Cherenkov-Strahlung<br />

auslösen, wenn das Myon in Ruhe ist (TIPP: Dreikörperzerfall)?<br />

2 a) Berechnen Sie den durchschnittlichen Energieverlust eines sich durch Wasser<br />

bewegenden Myons mit dem in 1a) berechneten Impuls. Verwenden Sie dazu die<br />

Relation β = p<br />

und die Bethe-Bloch-Formel (Gl. (17)). Messen Sie die Höhe der<br />

E<br />

Wassersäule in der Kanne.<br />

b) Erklären Sie anhand ihrer Berechnungen und der folgenden Grafik, dass Myonen<br />

in der Kanne stoppen können. Für welche Myonenergien gilt dies? Kommen diese<br />

Energien bei den kosmischen Myonen vor?<br />

17


Abbildung 12: Die Landauverteilung. Der Mittelwert der Landauverteilung liegt nicht im<br />

Maximum der Verteilung.<br />

3 Interpretieren Sie die Lebensdauermessung mit dem Myon als Start- und dem<br />

Elektron als Stoppsignal. Welche Verteilung erwarten Sie für die Zeitdifferenz<br />

und wie können Sie daraus die Lebensdauer des Myons bestimmen?<br />

a) Die Bleiplatte unter der Thermoskanne erhöht die Anzahl der Doppelimpulse.<br />

Erklären Sie das Zustandekommen der erhöhten Doppelimpulse.<br />

Warum hat die zusätzliche Flugstrecke der Myonen und Elektronen eine nur sehr<br />

kleine Auswirkung auf die Lebensdauermessung?<br />

b) Welche Ergebnisse sind bei einer Messung mit Salz- bzw. Zuckerwasser zu erwarten?<br />

c) Schätzen Sie die zufälligen Koinzidenzen hochenergetischer Myonen in der Kanne<br />

sinnvoll ab!<br />

4. Versuchsabbau<br />

Schalten Sie alle Netzgeräte aus. Kippen Sie das Wasser in das dafür vorgesehene<br />

Gefäß und trocknen Sie die Kanne von innen. Die Schraube ihres verwendeten Kanals<br />

drehen Sie bis zum Anschlag nach rechts, bis ein Klicken zu hören ist.<br />

18


5 Datenauswertung<br />

Geben Sie zu jedem bestimmten Wert einen Fehler an.<br />

5.1 Auswertung der Ratenmessung<br />

5.1.1 Bestimmung der Myonrate<br />

Stellen Sie die Ergebnisse der Untergrundmessung und der Ratenmessung in Histogrammen<br />

dar. Bestimmen Sie anschließend die Mittelwerte der Ereignisse aus beiden Histogrammen.<br />

Subtrahieren Sie das Ergebnis des Untergrundrauschens von dem Ergebnis der Ratenmessung,<br />

um die Myonrate für die Thermoskanne zu erhalten.<br />

Welchen Wert erwarten Sie für die Myonrate in der Thermoskanne? Begründen Sie die<br />

Abweichungen!<br />

5.1.2 Poisson-Statistik<br />

Nehmen Sie an, dass die Myonrate der Poisson-Verteilung (siehe Anhang) unterliegt. Vergleichen<br />

Sie die Messergebnisse mit dem theoretischen Verlauf. Verwenden Sie ihren bestimmten<br />

Mittelwert, um die Poisson-Verteilung zu berechnen.<br />

Verifizieren Sie anschließend die Richtigkeit Ihrer Annahme mittels eines χ 2 -Tests (siehe<br />

Anhang).<br />

5.2 Auswertung der Lebensdauermessung<br />

Stellen Sie ihr Messdaten grafisch dar. Identifizieren Sie in Ihrer Auftragung die beiden unterschiedlichen<br />

Zerfälle. Ihre Daten müssen für eine weitere Auswertung aufbereitet werden.<br />

Die Messgeräte sind keine idealen Apparaturen, weshalb für kleine Zeitdifferenzen einige<br />

Messwerte vor den relevanten Messwerten aufgenommen werden. Machen Sie den ersten<br />

Schnitt hinter den ungewollten Messwerten. Der zweite Schnitt soll die Daten des Kerneinfangs<br />

von denen des Myonzerfalls trennen. Entscheiden Sie, wann die Zerfallsdaten nicht<br />

mehr von dem Kerneinfang beeinflusst werden. Setzen Sie dort den zweiten Schnitt an. Für<br />

größer werdende Zeitdifferenzen nähern sich die Messdaten einem konstanten Rauschen an.<br />

Trennen Sie das Rauschen von den Messwerten durch einen dritten Schnitt.<br />

Fassen Sie die Daten des üblichen µ-Zerfalls nach der Formel von Sturges 5 zusammen.<br />

Stellen Sie die Klassen graphisch dar, um die Lebensdauer des µ zu bestimmen.<br />

Die Auswertung der Lebensdauermessung muss mindestens zwei Graphen enthalten: Der<br />

erste Graph beinhaltet die von Ihnen an den Messdaten vorgenommenen Schnitte. Der<br />

zweite Graph soll die nach der Formel von Sturges zusammengefassten Daten zeigen.<br />

Bestimmen Sie die Abweichung vom Literaturwert.<br />

5 Die Formel von Sturges erlaubt Messwerte in Abhängigkeit von ihrer Anzahl, n, für eine bessere Auswertung<br />

in Klassen zusammenzufassen k = 1 + 3, 32 · ln(n)<br />

19


A Statistik<br />

A.1 Die Poisson-Verteilung<br />

Die Poisson-Verteilung wird zur Beschreibung von Zählexperimenten mit einer geringen<br />

Ausgangswahrscheinlichkeit verwendet. Bei Poisson-Prozessen ist nur eine durchschnittliche<br />

Rate, λ, für das Eintreten von Ereignissen bekannt (zum Beispiel für einen Blitz<br />

während eines Gewitters). Die Wahrscheinlichkeit, k solcher Ereignisse zu beobachten, ist:<br />

P (k) = λk<br />

k! e−λ<br />

. (18)<br />

Der Erwartungswert, E, der Poissonverteilung lautet: E = λ. Die Varianz der Poisson-<br />

Verteilung ist über σ 2 = λ gegeben. Der radioaktive Zerfall ist ein typisches Beispiel für<br />

einen Poisson-Prozess.<br />

Literatur: Statistische und numerische Methoden der Datenanalyse von Blobel<br />

u. Lohrmann, S. 107f. und S. 191.<br />

A.2 Der χ 2 -Test<br />

Der χ 2 -Test wird zur Überprüfung der Vereinbarkeit von Messdaten und einer Hypothese<br />

verwendet. Die Daten seien in ein Histogramm mit n Bins eingetragen. Die Fehler (statistische<br />

Schwankungen) in einem einzelnen Bin seien Poisson-Fehler, d.h. ∆ni = √ ni. Ebenso<br />

seien die aus einer Hypothese erwarteten Werte für jedes Bin bekannt. Das χ 2 definiert ein<br />

Maß für die durchschnittliche quadratische Abweichung zwischen den gemessenen Daten<br />

und den erwarteten Werten. Das χ 2 wird folgendermaßen berechnet:<br />

χ 2 n� (ni − ni,theo)<br />

=<br />

i=1<br />

2<br />

(∆ni,theo) 2 , (19)<br />

wobei ni die Anzahl der gemessenen Ereignisse und ni,theo die Anzahl der erwarteten Ereig-<br />

nisse im i-ten Bin ist. Für k Freiheitsgrade sollte χ2<br />

≈ 1 gelten. Die Anzahl der Freiheits-<br />

k<br />

grade ist die Anzahl der Bins, n, minus die Anzahl der geschätzten Parameter (in unserem<br />

Fall 1, da wir den Mittelwert abschätzen). Die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten für<br />

das Erreichen oder Überschreiten eines gewissen χ2 sind in Tabelle 2 dargestellt.<br />

Literatur: Statistische und numerische Methoden der Datenanalyse von Blobel<br />

u. Lohrmann, S. 286ff.<br />

20


Tabelle 2: Kumulative χ 2 -Verteilung (χ 2 -Wahrscheinlichkeit) für unterschiedliche Freiheitsgrade.<br />

21


B Literatur<br />

• C. Berger: Elementarteilchenphysik: Von den Grundlagen zu den modernen Experimenten,<br />

2. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2006)<br />

• V. Blobel / E. Lohmann: Statistische und numerische Methoden der Datenanalyse,<br />

(Teubner, Stuttgart [u.a.] 1998)<br />

• W. Demtröder: Experimentalphysik 4 - Kern-, Teilchen- und Astrophysik, 2. Aufl.<br />

(Springer, Berlin [u.a.] 2005)<br />

• M. Fuidl: Kosmische Myonen in Schulversuchen 6 , (Staatsexamensarbeit, Mainz 2003)<br />

• C. Grupen: Astroparticle physics (Springer, Berlin [u.a.] 2005)<br />

• C. Grupen: Kosmische Strahlung in Physik in unserer Zeit, 16. Jahrgang, Nr.3 (1985)<br />

• H. Hänsel / W. Neumann: Physik: Atome, Atomkerne, Elementarteilchen, (Spektrum,<br />

Heildelberg [u.a.] 1995)<br />

• K. Kleinknecht: Detektoren für Teilchenstrahlung, 4., überarb. Aufl. (Teubner, Wiesbaden<br />

2005)<br />

• D. Meschede: Gerthsen Physik, 23. überarb. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2006)<br />

• B. Povh: Teilchen und Kerne - Eine Einführung in die physikalischen Konzepte, 7.<br />

Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2006)<br />

• P.A. Tipler / R.A. Llewelly: Moderne Physik, 2. Aufl. (Oldenbourg, München [u.a.]<br />

2003)<br />

6 http://physik.uni-mainz.de/lehramt/kanne<br />

22


Verständnis des Versuchs<br />

– Warum wird das Myon auch „schwerer Bruder“ des Elektrons genannt?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Benennen Sie die Analogien zwischen dem Mach-Kegel und dem Cherenkov-Kegel.<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Wie kann das Cherenkov-Licht nachgewiesen werden?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

Beschreiben Sie den Aufbau und die Funktionsweise des Gerätes.<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Wovon hängt der mittlere Energieverlust in Materie ab?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

Ist der Energieverlust in Blei oder Eisen größer?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Das Standardmodell der Elemtarteilchenphysik besteht aus zwei Teilchensorten. Benennen Sie<br />

diese. Was beschreibt dieses Standardmodell?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________


– Warum gehören das Pion und das Kaon nicht in das Standardmodell?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Skizzieren Sie den Verlauf der Poisson – und Landauverteilung. Markieren Sie die Mittelwerte<br />

und erklären Sie den Verlauf der beiden Verteilung.<br />

Welchen physikalischen Effekt beschreibt die Landauverteilung?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

Wie viele Parameter besitzt die Poisson-Verteilung?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________


Versuchswahl und Verbesserungen<br />

– Welchen Schwerpunkt haben Sie für ihr Studium gewählt?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

– Kreuzen Sie ihre Gründe für diese Versuchsauswahl an.<br />

□ Thema □ Betreuer<br />

□ Schwerpunkt □ Empfehlung von Kommilitonen<br />

□ Der Abstract hat mich neugierig gemacht □ Versuchsaufwand<br />

□ weitere<br />

_______________________________________________________________________<br />

– Die Verbesserung des Versuchs ist unser höchstes Ziel. Bitte helfen Sie uns dabei.<br />

- Ist die Anleitung sinnvoll strukturiert und verständlich geschrieben? Ist die Anleitung für Sie<br />

gut nachvollziehbar und verständlich?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

- Was haben Sie noch nicht verstanden? Wo bestehen Unklarheiten?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

- Wo sehen Sie Verbesserungsansätze für diesen Versuch?<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________________________


Folien des Seminarvortrags


E4 - Das kosmische Myon in der Thermoskanne<br />

Christian Söder<br />

2 nd Institute Of Physics, Georg-August-Universität Göttingen<br />

(überarbeitet)<br />

3/06/2008 Info 1<br />

Physik<br />

Versuch mit Ergebnissen<br />

Bildungsstandards<br />

Ausblick<br />

Fazit<br />

Überblick<br />

3/06/2008<br />

Installation eines Bachelor -<br />

Praktikumsversuchs<br />

Motivation<br />

Studierende sollen Einblick in die Arbeitsweise<br />

eines Teilchenphysikers bekommen<br />

S. sollen sich Wissen aneignen<br />

S. bekommen einen experimentellen Zugang<br />

zur Relativitätstheorie<br />

Primäre kosm. Strahlung<br />

- trifft aus dem Weltall auf die<br />

Erdatmosphäre<br />

- Protonen 85%<br />

Sekundäre kosm. Strahlung<br />

- Primärteilchen wechselwirken<br />

in der Atmosphäre<br />

- 80% Myonen, 20% Elektronen<br />

auf Meereshöhe<br />

Der Luftschauer<br />

3/06/2008 3 3/06/2008<br />

4<br />

Entsteht aus Pion-Zerfällen<br />

Myonlebensdauer<br />

Myongeschwindigkeit:<br />

v<br />

0,998c => s = 658m<br />

t<br />

Myon-Paradoxon<br />

Detektion auf der Erde erklärt<br />

sich über die Relativitätstheorie<br />

Lorentzfaktor:<br />

2,<br />

1973µ<br />

s<br />

1<br />

βγ =<br />

2 = 15<br />

v 1−<br />

2<br />

c<br />

Das kosmische Myon<br />

Austauschteilchen W -<br />

Schwache<br />

Wechselwirkung wirkt<br />

auf das Myon<br />

Der Zerfall des kosmischen Myons<br />

3/06/2008 5 3/06/2008<br />

6<br />

2


Bewirkt Umwandlung von Teilchen<br />

Wirkt auf Leptonen und Quarks<br />

Austauschteilchen W + , W - , Z 0<br />

Kurze Reichweite 10 -15 cm<br />

Die schwache Wechselwirkung<br />

Das kleine Standardmodell<br />

Austauschteilchen der Wechselwirkungen:<br />

W + , W - , Z 0 , Photon, Graviton<br />

3/06/2008 7 3/06/2008<br />

8<br />

Physik<br />

Versuch mit Ergebnissen<br />

Bildungsstandards<br />

Ausblick<br />

Fazit<br />

Wo sind wir?<br />

Photomultiplier<br />

Elektronik<br />

Thermoskanne<br />

Spannungsquellen<br />

Die Versuchsgeräte<br />

3/06/2008 9 3/06/2008<br />

10<br />

Wandelt das optische Signal<br />

in ein elektrisches um<br />

HIER: Umwandlung des<br />

Cherenkov-Lichts<br />

1: Verstärkerplatine<br />

2: Versorgungseinheit<br />

3: Dynoden<br />

4: Thermoskanne<br />

Der Photomultiplier<br />

3/06/2008 11 3/06/2008<br />

12<br />

Kabel<br />

Photon löst Elektron aus der Kathode (Photoeffekt)<br />

Der Photomultiplier<br />

Durch Sekundäremission an den Dynoden wird das Eingangssignal verstärkt<br />

Dynoden liegen auf unterschiedlichem Potenzial ∆U=100-200 V<br />

Jede Dynode emittiert 3-5 Sekundärelektronen für ein einfallendes Elektron<br />

Dynodenmaterial besitzt eine geringe Austrittsarbeit<br />

=> Störungen


Teilchen schneller als das<br />

Licht in dem Medium<br />

Licht v=c/n<br />

=> Myon ist schneller<br />

Teilchen muss geladen sein<br />

Entstehung des Mach-Kegel<br />

13<br />

Der Cherenkov-Effekt<br />

3/06/2008<br />

Kanaleingänge<br />

Mach-Kegel beim Überschallflugzeug<br />

3/06/2008 15 3/06/2008<br />

16<br />

Wie lernen das die Studenten?<br />

Durch Abstraktion: Vergleich des bekannten Machkegels<br />

mit dem Cherenkov-Kegel<br />

Durch angeleitetes Lernen: Wichtige Theorieteile<br />

beinhalten konkrete Literaturverweise<br />

Durch Diskussion mit dem Assistenten<br />

Durch Recherche: Literatur muss gelesen werden<br />

Durch Wiederholung: Schulwissen reaktivieren,<br />

Selbststudium<br />

14<br />

Die Elektronik<br />

Elektronik wandelt die ankommenden Signale<br />

in für den PC verwertbare Signale um<br />

Die Schraube regelt die Verarbeitungsschwelle<br />

der Elektronik => Untergrundrauschen kann<br />

unterdrückt werden<br />

1) Messung der Myonrate<br />

Die Versuchsdurchführung<br />

2) Messung der Lebensdauer des Myons<br />

3/06/2008 17 3/06/2008<br />

18


2 Messungen<br />

Messung des Untergrundrauschens<br />

leere Kanne; 30 min<br />

Messung zur Bestimmung der Myonrate<br />

mit Wasser gefüllte Kanne; 100 min<br />

1. Myonrate<br />

Gespeicherte Daten<br />

Ergebnisse der Untergrundmessung<br />

3/06/2008 19 3/06/2008<br />

20<br />

Bestimmung der Myonrate<br />

3/06/2008 21 3/06/2008<br />

22<br />

Wenig Myonen in Gö<br />

Lange Messung<br />

e-Funktion wird im Bereich<br />

geringer Steigung erwartet<br />

Besonderheiten der Lebensdauermessung<br />

ms<br />

Wdh.: Geladene Teilchen<br />

können Cherenkov-Strahlung<br />

auslösen.<br />

Myon und das Zerfallsprodukt<br />

sind geladen<br />

2 Cherenkov-Lichtblitze<br />

Die Zeit zwischen den Impulsen<br />

wird gemessen<br />

Messung der Lebensdauer<br />

Ergebnisse der Lebensdauermessung<br />

3/06/2008 23 3/06/2008<br />

24


Datenanalyse<br />

Schwelleneffekte<br />

für kleine<br />

Zeitdifferenzen<br />

Trennung von<br />

Kerneinfang und<br />

Myonzerfall<br />

Vernachlässigen<br />

des Rauschens<br />

Bestimmung der Lebensdauer 1<br />

Korrelation: 32%<br />

Zusammenfassen<br />

der Daten<br />

verbessert die<br />

Genauigkeit!<br />

3/06/2008 25 3/06/2008<br />

26<br />

Bestimmung der Lebensdauer 2<br />

Korrelation: 72%<br />

Ergebnis: 2,17 µs<br />

Wo sind wir? – Das Ende naht.<br />

3/06/2008 27 3/06/2008<br />

28<br />

Fachwissen<br />

Erkenntnisgewinnung<br />

Kommunikation<br />

Bewertung<br />

Die 4 Basiskompetenzen<br />

Physik<br />

Versuch mit Ergebnissen<br />

Bildungsstandards<br />

Ausblick<br />

3/06/2008 29 3/06/2008<br />

30<br />

Fazit<br />

Standards für den Kompetenzbereich<br />

Fachwissen<br />

Physikalische Phänomene, Begriffe, Prinzipien,<br />

Fakten, Gesetzmäßigkeiten kennen


Standards für den Kompetenzbereich<br />

Erkenntnisgewinnung<br />

Experimentelle und andere Untersuchungsmethoden sowie<br />

Modelle nutzen<br />

wählen Daten und Informationen aus verschiedenen Quellen<br />

zur Bearbeitung von Aufgaben und Problemen aus, prüfen sie<br />

auf Relevanz und ordnen sie<br />

verwenden Analogien und Modellvorstellungen zur<br />

Wissensgenerierung<br />

führen einfache Experimente nach Anleitung durch und werten<br />

sie aus<br />

beurteilen die Gültigkeit empirischer Ergebnisse und deren<br />

Verallgemeinerung.<br />

Standards für den Kompetenzbereich<br />

Kommunikation<br />

Informationen sach- und fachbezogen erschließen<br />

und austauschen<br />

Verwendung der Fachsprache und fachtypischer<br />

Darstellungen<br />

recherchieren in unterschiedlichen Quellen,<br />

beschreiben den Aufbau einfacher technischer Geräte<br />

und deren Wirkungsweise<br />

präsentieren die Ergebnisse ihrer Arbeit<br />

adressatengerecht,<br />

diskutieren Arbeitsergebnisse und Sachverhalte unter<br />

physikalischen Gesichtspunkten<br />

3/06/2008 31<br />

32<br />

Standards für den Kompetenzbereich<br />

Bewertung<br />

nutzen physikalisches Wissen zum Bewerten<br />

von Risiken und Sicherheitsmaßnahmen bei<br />

Experimenten, im Alltag und bei modernen<br />

Technologien<br />

benennen Auswirkungen physikalischer<br />

Erkenntnisse in historischen Zusammenhängen<br />

Fachwissen: Detektorphysik, Zerfallsgesetz,<br />

Standardmodell, kosmische Strahlung<br />

Kompetenzerwerb in E4<br />

Bewerten: Folgen des Standardmodells, Hochspannung ist<br />

gefährlich<br />

Erkenntnisgewinnung χ 2 -Test, Poisson-Verteilung,<br />

Verwendung einer experimentellen Untersuchungsmethode<br />

Kommunikation: Recherche, Protokoll, Beschreibung des<br />

Versuchs, Fachsprache<br />

3/06/2008 33 3/06/2008<br />

34<br />

Physik<br />

Versuch mit Ergebnissen<br />

Bildungsstandards<br />

Ausblick<br />

Fazit<br />

Wo sind wir? – Gleich vorbei.<br />

Weitere Messungen möglich:<br />

Koinzidenzmessungen, Absorptionsmessungen<br />

Veränderung des Detektors: Szintillatoren<br />

− Kanneneffizienz bestimmbar<br />

Ausblick<br />

Mehrere Versuchsapparaturen: leichtere Messung der<br />

Winkelabhängigkeit<br />

3/06/2008 35 3/06/2008<br />

36


Physik<br />

Versuch mit Ergebnissen<br />

Bildungsstandards<br />

Ausblick<br />

Fazit<br />

Wo sind wir? – Vorletzte Folie<br />

Leichter Versuch, eigentlich Schulversuch<br />

Justierung und Durchführung braucht Zeit<br />

Schöne Ergebnisse<br />

Existieren viele weitere Versuchsvarianten<br />

Kaum studentische Aktivität<br />

− Klicken und aufbauen => Langeweile<br />

− ABER: Zeit kann zum Verstehen und Diskutieren<br />

verwendet werden<br />

3/06/2008 37 3/06/2008<br />

38<br />

3/06/2008<br />

Danke für die Aufmerksamkeit.<br />

39<br />

Fazit


104


Literaturverzeichnis<br />

[All 84] O.C. Allkofer / P.K.F. Grieder: Physik Daten - Cosmic Rays on Earth ,<br />

(Fachinformationszentrum, Karlsruhe 1984)<br />

[Bac 06] Studienordnung für den Bachelor-Studiengang Physik an<br />

der Georg-August-Universität Göttingen (http://www.unigoettingen.de/de/45519.html,<br />

Göttingen 2006)<br />

[Ber 06] C. Berger: Elementarteilchenphysik - Von den Grundlagen zu den modernen<br />

Experimenten, 2. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2006)<br />

[Blo 98] V. Blobel / E. Lohmann: Statistische und numerische Methoden der<br />

Datenanalyse, (Teubner, Stuttgart [u.a.] 1998)<br />

[Bur 07] D. Burak: Nachweis kosmischer Myonen mittels Wasser-Cherenkov-<br />

Zähler, (Staatsexamensarbeit, Karlsruhe 2007)<br />

[Dem 05] W. Demtröder: Experimentalphysik 4 - Kern-, Teilchen- und Astrophysik,<br />

2. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2005)<br />

[DES 02] Deutsches Elektronen-Synchroton DESY: Das Supermikroskop HERA<br />

(Hamburg 2002)<br />

[DES 08] Deutsches Elektronen-Synkotron DESY: Theoretische Teilchenphysik,<br />

(http://zms.desy.de/presse/hintergrundinformationen/teilchenphysik/theorie/index<br />

ger.html, 1.7.08)<br />

[Dos 05] H.G. Dosch: Jenseits der Nanowelt, (Springer, Berlin [u.a.] 2005)<br />

[Fre 71] A.P. French: Die spezielle Relativitätstheorie (Vieweg, Braunschweig<br />

1971)<br />

[Fui 03] M. Fuidl: Kosmische Myonen in Schulversuchen, (Staatsexamensarbeit,<br />

Mainz 2003)<br />

[Gru 00] C. Grupen: Astroteilchenphysik - Das Universum im Licht der kosmischen<br />

Strahlung, 1. Aufl. (Vieweg, Braunschweig [u.a.] 2000)<br />

[Gru 85] C. Grupen: Kosmische Strahlung in Physik in unserer Zeit, 16. Jahrgang,<br />

Nr. 3 (1985)<br />

105


[Gru 93] C. Grupen: Teilchendetektoren, 2. Aufl. (BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim<br />

[u.a.] 1993)<br />

[Has 06] M. Hasselhorn / A. Gold: Pädagogische Psychologie - Erfolgreiches Lernen<br />

und Lehren, 1. Aufl. (Kohlhammer, Stuttgart 2006)<br />

[Hän 95] H. Hänsel / W. Neumann: Physik - Atome, Atomkerne, Elementarteilchen,<br />

(Spektrum, Heildelberg [u.a.] 1995)<br />

[Hil 92] H. Hilscher: Kosmische Myonen - Ein Hochenergieexperiment für die<br />

Schule in Praxis der Naturwissenschaften, 3/41. Jahrgang (1992)<br />

[Kla 97] H.V. Klapdor-Kleingrothaus / K. Zuber: Teilchenastrophysik (Teubner,<br />

Stuttgart 1987)<br />

[Kle 00] M. Klein: Kosmische Myonen - Schulversuche zur Höhenstrahlung,<br />

(Staatsexamensarbeit, Mainz 2000)<br />

[Kle 05] K. Kleinknecht: Detektoren für Teilchenstrahlung, 4., überarb. Aufl.<br />

(Teubner, Wiesbaden 2005)<br />

[Leo 94] W.R. Leo: Techniques for nuclear and particle physics experiments - howto<br />

approch, 2., überarb. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 1994)<br />

[Mar 97] B.R. Martin / G. Shaw: Particle Physics, 2. Aufl. (Wiley, Chichester<br />

[u.a.] 1997)<br />

[Mes 06] D. Meschede: Gerthsen Physik, 23., überarb. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.]<br />

2006)<br />

[Müh 02] H. Mühry / P. Ritter: Wie man Myonen einfängt und ihre Lebendsdauer<br />

misst in Praxis der Naturwissenschaften, 4/51. Jahrgang (2002)<br />

[PDG 06] Particle Data Group: Particle Physics Booklet, (2006)<br />

[Pov 06] B. Povh: Teilchen und Kerne - Eine Einführung in die physikalischen<br />

Konzepte, 7. Aufl. (Springer, Berlin [u.a.] 2006)<br />

[Skh 08] Super Kamiokande Homepage: (http://www-sk.icrr.utokyo.ac.jp/sk/index1.html,<br />

10.7.08)<br />

[Tip 03] P.A. Tipler / R.A. Llewelly: Moderne Physik, 2. Aufl. (Oldenbourg, München<br />

[u.a.] 2003)<br />

[Wun 94] H. Wunderling / H. Adelsberger: Schülkes Tafeln, 58. Aufl. (Teubner,<br />

Berlin 1994)<br />

106


Danksagung<br />

An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche<br />

Unterstützung zum Gelingen dieser Examensarbeit beigetragen haben.<br />

Mein erster Dank gilt Prof. Dr. Arnulf Quadt für die Bereitstellung der Arbeit, sowie<br />

Prof. Dr. Susanne Schneider, die bei der Vermittlung und Korrektur der Arbeit mitgeholfen<br />

hat. Für seine freundliche Betreuung und die hilfreichen Anregungen gilt mein besonderer<br />

Dank Kevin Kröninger.<br />

Des Weiteren möchte ich mich bei den Mitarbeitern des <strong>II</strong>. Physikalischen Institutes<br />

für ihre Freundlichkeit und ihre offenen Ohren bedanken. Besonderen Dank möchte ich<br />

an Herrn Volker Elbrecht richten, der die Reparatur und die Kontrolle der Elektronik<br />

übernommen hat.<br />

Ein großes Dankeschön an alle Versuchspraktikanten - Holger, Johannes, Matthias und<br />

Uli -, die mit ihren Kommentaren dazu beigetragen haben die Anleitung zu verbessern.<br />

Einen großen Dank richte ich an meine Korrekturleser/innen - Claudia, Emilie, Nicole,<br />

Alexander, Dennis, Moritz, Uli - denen ich viel Arbeit geliefert habe.<br />

Ich danke meinen Eltern mit deren Hilfe ich ein überwiegend sorgenfreies Studium absolvieren<br />

konnte.<br />

Meiner Freundin Nicole Owono danke ich ganz besonders für ihr Verständnis, ihre Geduld<br />

und ihre Unterstützung.<br />

107


108


Erklärung<br />

Ich versichere, dass ich die eingereichte Examensarbeit „Vorbereitung und Aufbau eines<br />

FP-Versuchs für den Bachelorstudiengang Physik zum Nachweis kosmischer Strahlung mit<br />

Cherenkovdetektoren“ selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen<br />

und Hilfsmittel benutzt habe. Alle wörtlich oder sinngemäß den Schriften anderer Autoren<br />

entnommenen Stellen habe ich kenntlich gemacht.<br />

Datum Unterschrift<br />

109

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