Download - Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt

und großen Sonntage mehr kennt undkultiviert, steuert zwangsläufig auf seinenZusammenbruch zu. Wachstum um desWachstums willen ist kein sinnvoller Zweckund schon gar kein vernünftiges Ziel.Sozialer Zusammenhalt, aber auch gesellschaftlicheund individuelle Stabilitätsind auf heilsame Unterbrechungen, aufZeiten des Dazwischen angewiesen.Das enorme Prozesstempo der unsumgebenden elektronischen Zauberge rätetrennt uns zunehmend vom Puls unserereigenen Natur und lässt uns die Rhyth mender äußeren (Natur) vergessen.Was an dieser Entwicklung besondersbeunruhigt: Neben einer bestimmten undbewährten Sozialkultur bleiben Menschenauf der Strecke. Menschen, die nicht mithaltenkönnen oder nicht mithalten wollen.Denn die Zeit-ist-Geld-Logik bestraft undbenachteiligt alle jene Personen, die sichZeit lassen, die mit ihren Mitmenschen,der Natur und mit sich selbst fürsorglich,achtsam und liebevoll umgehen und dieLiebe und Freundschaft schnellem Geldund hohem Tempo vorziehen. Und sie bestraftnoch härter die, die nicht mithaltenkönnen, weil in ihnen bestimmte körperliche,seelische und soziale Voraussetzungendafür nicht vorhanden oder verbrauchtsind …Bei diesen Fragen geht es um mehr alsum eine Spielwiese für wertkonservativeGutmenschen. Es geht um die Substanzunserer Gesell schaft, unserer Lebenswelt,unserer Arbeitswelt.Bildung, Liebe, Freundschaft, Genuss,Kunst und Kultur entfalten sich nicht aufden superschnellen Highways des Kapital-transfers. Sie gedeihen und reifen nur aufden kurvigen, holprigen und zuweilenauch staubigen Wegen und Umwegen desExperimentierens, des Suchens undAus probierens.Unserem Land und seinen Einwohner/-innen mangelt es ganz und gar nicht anSchnellstraßen – ganz Deutschland liegtan der Autobahn. Es fehlt auch nicht anTrubel und Ablenkung und den meistenfehlt es nicht einmal an Geld.Doch besteht ein allseitig spürbaresDefizit an Geduld, an Besinnung, an Ortenund Zeiten des Nachdenkens und der Ruhe.Es lohnt sich, ja es ist dringend geboten,darüber nachzudenken,■■wie schnell wir unser Leben leben wollen,■■was uns letztlich wirklich wichtig ist undwas uns gut tut,■■wie viel Tempo genug ist,■■an welchen Stellen die Dynamik, dasTempo, der Veränderungsprozessentschleunigt werden muss,■■■■■■■■wie wir die richtige Balance zwischenDynamik und Entschleunigung finden,damit „Wirtschaften im Dienst derMenschen“ kein Schlagwort bleibt,wie ich mit meiner Zeit umgehe und wiemit meiner Zeit umgegangen wird,wo es noch gemeinsame Erfahrungenmit Solidarität und mit gemeinsamenfreien, nicht verwertbaren, unproduktivenZeiten gibt,und wie sich der freie Sonntag rettenund neu gewinnen lässt.Herbert LucanIndustrie- und Sozialpfarrer i. R.Referat Wirtschaft-Arbeit-SozialesEvangelische Kirche von Kurhessen-WaldeckTag der Arbeit 2011Sechs Tage sollt ihr sammeln; aber der siebente Tag ist der Sabbat, an dem wird nichts da sein.15