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TranspR 01.2010 - Deutsche Gesellschaft für Transportrecht

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4 Rabe, Der Zeitchartervertrag nach dem Entwurf der Sachverständigengruppe zur Reform des Seehandelsrechts <strong>TranspR</strong> 1-2010zung, sondern die Pflicht zum Schadensersatz wegen einerPflichtverletzung zum Inhalt hat. Es ist eingangs bereits betontworden, dass insbesondere im Hinblick auf Art. 2 EGHGBnicht die Verweisung an sich, sondern die Verweisung auf dasAllgemeine Leistungsstörungsrecht des BGB entscheidend für§ 547 KE war. Sollte es angesichts des Charakters eines Zeitchartervertragesals eines Dauerschuldverhältnisses und angesichtsvon § 538 KE überhaupt noch Raum für einen Rücktrittvom Zeitchartervertrag geben, so bedurfte es keines besonderenVerweises auf Vorschriften des BGB. § 314 BGB, Kündigungaus wichtigem Grund, findet ohnehin nach Art. 2EGHGB Anwendung.c) Man kann sich allerdings fragen, ob nicht generellsämtliche Folgen einer Pflichtverletzung durch eine Verweisungauf die einschlägigen Vorschriften bestimmt werden sollten.Ramming 21 meint, es genüge doch »zu bestimmen, dassdie Zeitcharter nur den Abschnitten 1 bis 4 (§§ 241 – 397) desBuches II BGB unterliegt«. Rechtssystematisch ist dies in keinerWeise zu rechtfertigen. Es geht allein um die Folgen einerPflichtverletzung. Diese werden in dem Allgemeinen Leistungsstörungsrechtdes BGB geregelt, und zwar sind dies die§§ 275 – 288, 311 Abs. 2, Abs. 3, §§ 311 a, § 313, 314, 323 – 326BGB. 22 Die Erwähnung dieser Vorschriften dürften der Klarheitdienen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass dasdeutsche Seehandelsrecht auch Gegenstand der Beschäftigungim Ausland ist. Die Frage der ausdrücklichen Nennung dieserVorschriften sollte Gegenstand der Erörterung im Rahmendes Gesetzgebungsverfahrens sein.2. § 538 KE – RücktrittNach § 538 KE hat der Zeitvercharterer das Schiff zurvereinbarten Zeit am vereinbarten Ort in einem zum vertragsgemäßenGebrauch geeigneten Zustand bereitzustellen. DieBesonderheit dieser Vorschrift besteht darin, dass in Abs. 2dem Zeitcharterer ohne Fristsetzung ein Rücktrittsrecht vomVertrag eingeräumt wird.Der Zeitchartervertrag ist zwar ein Dauerschuldverhält -nis; jedoch erst wenn ein Dauerschuldverhältnis in Vollzuggesetzt ist, wird das Rücktrittsrecht durch das Kündigungsrechtaus wichtigem Grunde nach § 314 BGB ersetzt. 23 Diesübersieht Ramming, 24 der meint, der Zeitcharterer könne auchin diesem Fall entgegen einem GMAA-Schiedsspruch 25 kündigenund nicht zurücktreten. In der Begründung zu dieserVorschrift 26 wird gesagt, diese Regelung sei dem Fixhandelskaufdes § 376 HGB und dem relativen Fixgeschäft des § 323Abs. 2 Nummer 2 BGB nachgebildet. Dennoch bestehen zwischen§ 538 KE und den genannten Fixgeschäften zwei grundlegendeUnterschiede.a) Bei diesen Fixgeschäften muss die Einhaltung derLeistungszeit nach dem Parteiwillen derart wesentlich sein,dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft stehen undfallen soll. 27 Dies wird in § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausdrücklichgesagt, wenn »der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seinesLeistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistunggebunden hat …«. In § 376 HGB kommt diese besondereVoraussetzung für das Rücktrittsrecht ohne Fristsetzung nichtzum Ausdruck. Nach dem Wortlaut muss lediglich vereinbartsein, dass der Schuldner die Leistung »genau zu einer fest bestimmtenZeit oder innerhalb einer fest bestimmten Frist« bewirkenmuss. Dennoch ist der Gläubiger nur dann berechtigt,nach Fristsetzung den Rücktritt zu erklären, wenn ein relativesFixgeschäft vorliegt. Grund hierfür ist, dass § 376 HGBbereits vor der Neuformulierung des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGBdurch das SMG in diesem Sinne ausgelegt wurde. Trotz unterschiedlichenWortlauts muss daher in beiden Fällen ein relativesFixgeschäft vorliegen. 28 Auch wenn in der Begründung zu§ 538 KE gesagt wird, die zeitlichen Erwartungen, die nachdem Willen der Parteien mit der Terminvereinbarung verknüpftsind, seien in dieser Vorschrift geringer als in den§§ 376 HGB, 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB, bedarf dies angesichts desWortlauts der Vorschrift, der inhaltlich § 376 HGB entspricht,einer näheren Begründung. Dass die Voraussetzungen einesrelativen Fixgeschäftes für den Rücktritt nach § 538 Abs. 2KE nicht gegeben sein müssen, erklärt sich daraus, dass indieser Vorschrift lediglich das wiedergegeben und damit inden Rang einer gesetzlichen Norm erhoben wird, was in allenStandardverträgen vereinbart wird. Es ist dies die cancellingclause, die, wie Stahl 29 gezeigt hat, deshalb entwickelt wurde,weil ein Zeitchartervertrag nach den Regeln des CommonLaw gerade nicht mit der Anlieferung des Schiffes steht undfällt (time is not of the essence of the contract). Schon 1884 hatder High Court 30 den Sinn der cancelling clause mit dem Satzgekennzeichnet: »If I do not get there, you may cancel«.b) Aber es gibt einen weiteren gewichtigen Unterschiedjedenfalls zum Rücktrittsrecht beim Fixhandelskauf nach§ 376 HGB. Für dessen Rücktrittsrecht ist allein maßgebend,dass nicht rechtzeitig geliefert wird. Ob im Übrigen wegeneiner anderen Pflichtverletzung zurückgetreten werden kann,richtet sich nach dem Allgemeinen Leistungsstörungsrecht.Demgegenüber ist das Rücktrittsrecht vom Zeitchartervertragauch immer dann gegeben, wenn das Schiff nicht in einemzum vertragsgemäßen Zustand geeigneten Zustand bereitgestelltwird. Ebenso wie eine z.B. in der Baltime C/P enthaltenecancelling clause im Zusammenhang mit deren Klausel 1 ge -lesen werden muss, »where she can safely lie always afloat, shebeing in every way fitted for ordinary cargo service«, wird dasRücktrittsrecht des § 538 Abs. 2 KE immer dann gewährt,wenn die Verpflichtung des Zeitvercharterers nach § 538Abs. 1 KE nicht erfüllt worden ist. Die sicherlich häufigstenEntscheidungen der englischen Gerichte zur cancelling clausebehandeln die zwar rechtzeitige, aber nicht vertragsgemäßeBereitstellung eines Schiffes. 31 Die kurze Sequenz des HighCourt aus dem Jahre 1884 »If do not get there, you may cancel«muss also durch die weitergehende Kennzeichnung LordDennings 32 ergänzt werden: »Its effect is that …, the charterers… are entitled to cancel, if the vessel is not delivered in aproper condition by the cancelling date«.3. § 538 KE – Schadensersatza) Im Gegensatz zum Fixhandelskauf in § 376 HGBwird in § 538 KE nichts darüber gesagt, ob der Zeitcharterer21 Fn. 17 Rn. 165.22 S. Palandt/Heinrichs, Vorbem. § 275 Rn. 2 – 6.23 BGH NJW 1981, 1264; 1986, 2030; Palandt/Grüneberg, § 323 Rn. 4.24 <strong>TranspR</strong> 2003, 419.25 <strong>TranspR</strong> 1994, S. 292 (»CPC Gallia«), ebenso bereits Rabe, Seehandelsrecht,3. Aufl. 1992. § 578 Rn. 6.26 Abschlussbericht der Sachverständigengruppe, S. 154.27 BGHZ 110, 96.28 Vgl. nur Canaris Handelsrecht, § 31 Rn. 7; MüKoHGB/Grünewald§ 376 Rn. 5.29 Die Zeitcharter nach englischem Recht, S. 134 f.30 Smith v. Dart & Son, zitiert in The »Democritos«, Fn. 14.31 Vgl. The »Madeleine« (1967), 2 Lloyds Rep. 224.32 S. Fn. 14 S. 152.

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