Redakteurin im ZDF Im Frühjahr 1962 erreichte mich die Anfrage, ob ...

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Das Salär lag zudem erheblich unter dem, was ich als »Freie« verdient hatte. Aber ich wollte es doch einmal wissen, wie es mir beim Fernsehen ergehen werde. Mit mir wechselten mehrere Kollegen, die bisher in den Rundfunkanstalten in Bonn tätig waren; das ZDF hatte alle nur erreichbaren Korrespondenten ihren bisherigen Arbeitgebern abgeworben. So begann ich im Herbst 1962 meine Arbeit für das Fernsehen unter dem gnadenlosen Motto »Und bist du noch so fleißig, es bleibt stets bei einsdreißig« – gemeint sind die Minuten und Sekunden für die Länge eines Korrespondentenberichts. Zur Vertragsverhandlung wurde ich nach Mainz zitiert, wo ein Herr Westermann mich interviewte. Eigentlich wollte er nur wissen, ob ich bereit sei, Angestellte des ZDF zu werden. Meine Zweifel, ob ich denn für Filmarbeit überhaupt geeignet sei, und meine Frage: »Sie wissen doch gar nicht, wie ich auf dem Bildschirm aussehe. Wollen Sie nicht wenigstens eine Probeaufnahme mit mir machen?«, wischte er mit einer Handbewegung vom Tisch. Ihm kam es offenbar nur darauf an, so schnell wie möglich eine halbwegs brauchbare Truppe für Bonn zusammenzustellen. Unser Studio befand sich in einer Villa im Regierungsviertel. Sie musste zunächst total unterminiert werden, um die Technik im neuen Kellergeschoss unterzubringen. Das Haus war ein Bau mit anderthalb Stockwerken. Zu ebener Erde hatte man aus den ehemaligen Wohnräumen alle entbehrlichen Wände entfernt, um daraus ein Studio zu zaubern. Im Dachgeschoss mit lauter schrägen Wänden saßen Studioleiter Rudi Woller und Gerd Schroers in je einem kleinen Büro und Karl-Heinz Schwab in dem sogenannten »Dichterstübchen«, dem ehemaligen Bad. In einem geräumigen Dachzimmer waren die Redakteure Klaus Altmann, Robert Stengl, unsere Redaktionsassistentin Ria Ley und ich untergebracht. So zu arbeiten war zwar ungemein kommunikativ, doch man musste schon ein Meister der Konzentration sein, um unter diesen Umständen etwas Vernünftiges zu Papier bringen zu können. Die Bedingungen, unter denen wir produzierten, erforderten echten Pioniergeist. Zunächst wurde nur geprobt, denn die meisten von uns hatten noch nie vor einer Kamera gestanden, und keiner wusste, wie ein Drehbuch geschrieben wird. Um Interviews zu üben, luden wir unbekannte Hinterbänkler aus dem Bundestag ein und machten mit ihnen für die »Blindenanstalt«, wie wir das nannten, Interviews – unter der Vorspiegelung, sie würden, wenn wir erst einmal senden, bevorzugt auf den Schirm kommen, was natürlich nie geschah. Die Produktion der Sendungen vollzog sich unter abenteuerlichen Provisorien. Echte Kulissen oder auch nur Hintergründe hatten wir nicht. Gefilmt 151
Auf dem Schreibtisch die tägliche Pflichtlektüre, Mitte der Sechzigerjahre wurden die Kommentare und Gespräche im Studio vor einer Wand aus einer Art Butterbrotpapier, das mit je einem Besenstiel oben und unten fixiert war. Das Kopierwerk befand sich drei Straßen weiter in der Adenauerallee, der Schneideraum – ebenfalls in einer kleinen Villa untergebracht – in der Nähe, sodass die Produktionszeit sich beträchtlich in die Länge zog. Besonders schwierig wurde es, wenn es zum Beispiel um ein Ereignis am Nachmittag im Bundeswirtschaftsministerium ging. Der Rushhour-Stau reichte von der Kaserne im Bonner Stadtteil Duisdorf bis zum Studio. Es war eigentlich ein reines Wunder, dass solche Produktionsbedingungen nur selten zu ernsthaften Pannen führten. Die traten allerdings hin und wieder doch auf. So hatte ich einmal mit dem damaligen Präsidenten der Deutschen Bundesbank Karl Blessing ein langes Interview gemacht – mit zwei Kameras. Das ergab zwei Filmrollen. Das Unglück wollte es, dass der Cutterin der gesamte Film von einer der Rollen »durchfiel«, wie es im Jargon der Fernsehleute heißt. Jeder, der einmal in einem Schneideraum gesessen hat, weiß um die Katastrophe. Mit vereinten Kräften machten wir uns daran, einen Beitrag zusammenzuflicken, der noch vertretbar war, denn wir konnten ja ein Zehn-Minuten-Interview nicht nur mit der Totale senden. 152
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