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REPORT - FEhS

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trieller Anwendung, wo insbesondere diehohe Festigkeit der Stahlwerksschlackenund der damit verbundene Verformungswiderstanddes Pflasterbelags von Bedeutungsind, stellt dies keine Beeinträchtigung dar.Eine hohe Tragfähigkeit und ein guterVerformungswiderstand der Pflasterflächenwurden durch Plattendruckversuche undQuerprofilmessungen auf den verschiedenenVersuchsfelder bestätigt. Auf allen Versuchsfeldernwaren auch nach 12 MonatenNutzungsdauer keine Spurrillen, Einsenkungenoder Verwerfungen zu erkennen. Dieim Beobachtungszeitraum von 12 Monatengemessenen Querprofile lagen eng beieinander.Zumeist traten nur Höhenänderungen< 4 mm auf.Zusammenfassung undSchlussfolgerungenSiebdurchgang in M.-%10090807060504030201000 Monate3 Monate6 Monate12 MonateTL Pflaster 0/8 minTL Pflaster 0/8 max0,1 1 10Maschenweite in mmBild 1: Sieblinien Bettungsmaterial LDS I in Abhängigkeit von der NutzungsdauerFeinkörnige LD- und Elektroofenschlackenaus der Qualitätsstahlerzeugung entsprechenden für Bettungs- und Fugenmaterial relevantenAnforderungen im gültigen Regelwerk.Sie weisen ähnlich gute oder sogarbessere Eigenschaften auf als ein alsReferenzmaterial verwendeter Hartkalkstein.Bei Einstellung einer geeigneten Siebliniesind die Stahlwerksschlacken auch imverdichteten Zustand dauerhaft wasserdurchlässigund für wasserdurchlässigeBefestigungen von Verkehrsflächen geeignet[9]. Ihre Wasserdurchlässigkeit weistden aus praktischen Erfahrungen heraus alsausreichend angesehenen Durchlässigkeitsbeiwertvon k f ≥ 1 x 10 -5 m/sec auf [10]. Sieist vergleichbar mit der des hier stellvertretendfür gebrochenen Naturstein untersuchtenHartkalksteins.Im Einzelfall können Maßnahmen erforderlichsein, um eine höhere Wasserdurchlässigkeiteinzustellen. Eine Optimierungsollte neben der Einstellung einer geeignetenSieblinie ergänzend die mineralischeZusammensetzung des Feinanteils berücksichtigen.Insbesondere für freikalkreichereLD-Schlacken hat sich der entwickelte Austauschdes Feinanteils gegen Natursandbewährt, um auch diese Qualitäten für einewasserdurchlässige Befestigung von Verkehrsflächenzu nutzen. Die Beobachtungvon Versuchsfeldern auf einer industriellgenutzten Pflasterfläche bestätigt, dass dieangestrebte Wasserdurchlässigkeit auchunter Schwerlastverkehr erhalten bleibt. Diegute Tragfähigkeit von Pflasterkonstruktionenmit diesen Bettungsmaterialien wirddurch die Ergebnisse der Plattendruckversucheund Querprofilmessungen belegt.Die Nutzung der LD- und Elektroofenschlackenaus der Qualitätsstahlerzeugungals Bettungs- bzw. Fugenmaterial stellt insbesondereim industriellen Bereich einesinnvolle Ergänzung der Nutzungsmöglichkeitendieser Materialien dar.DanksagungDie vorgestellten Untersuchungen wurdenim Rahmen des AiF-ForschungsvorhabensNr. 14470/N aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriumsfür Wirtschaft und Technologie(BMWi) über die Arbeitsgemeinschaftindustrieller Forschungsvereinigungen "Ottovon Guericke" e.V. gefördert, wofür andieser Stelle gedankt wird.Literatur[1] Merkel, Th.: Statistik zur Erzeugungund Nutzung von Eisenhüttenschlacken2007, Report des <strong>FEhS</strong> –Instituts für Baustoff-Forschung,15 (2008) 1, S. 18[2] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): TechnischeLieferbedingungen fürGesteinskörnungen im Straßenbau –TL Gestein-StB 04, Ausgabe 2004/Fassung 2007, Köln[3] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): TechnischeLieferbedingungen für Bauproduktezur Herstellung von Pflasterdecken,Plattenbelägen und Einfassungen– TL Pflaster-StB 06,Ausgabe 2006, Köln[4] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): Zusätzlichetechnische Vertragsbedingungenund Richtlinien für den Bau vonPflasterdecken, Plattenbelägen undEinfassungen – ZTV Pflaster-StB 06,Ausgabe 2006, Köln[5] Drissen, P.: Eisenhüttenschlacken –industrielle Gesteine, Report des<strong>FEhS</strong> – Instituts für Baustoff-Forschung11 (2004) Nr. 1, S. 5/9[6] Koch, C.: Zum Tragverhalten vonPflasterbettungen, Schriftenreihe desInstituts für Straßenwesen undEisenbahnbau der Ruhr-UniversitätBochum, Heft 13, Bochum, 1999(Dissertation)[7] DIN EN 1744-1: Prüfverfahren fürchemische Eigenschaften vonGesteinskörnungen – Teil 1 ChemischeAnalyse, Abschnitt 19.3, AusgabeMai 1998[8] DIN 18130-1 "Baugrund – Untersuchungvon Bodenproben; Bestimmungdes Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts -Teil 1: Laborversuche"[9] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): Merkblattfür wasserdurchlässige Befestigungenvon Verkehrsflächen, Ausgabe947, Köln, 1998[10] Meinheit, J.: Ausreichend versickerungsfähigePflasterflächen, Straßeund Autobahn, 6 (2006), S. 369/371Report des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 5


Untersuchungen zur Eignung von LD-Schlacke für einen Einsatz im DeichbauDr. rer. nat. M. Dohlen, Dr.-Ing. R. BialuchaEinleitungDie Hochwasserereignisse der vergangenenJahre haben deutlich gezeigt, wie wichtigfunktionierende Deichanlagen als Teil destechnischen Hochwasserschutzes sind. Inder DIN 19712 [1] "Flußdeiche" werdenneben natürlichen Erdbaustoffen auchkünstlich hergestellte mineralische Baustoffeals potentiell geeignet für den Deichbauangesehen. Vorteil gegenüber natürlichenBaumaterialien ist, dass industriellerzeugte Ersatzbaustoffe bei gleicher Eignungin der Regel kostengünstiger sind, wasaufgrund der Dimensionierung der Deichbauwerkeund der damit verbundenen Mengenein wichtiger Faktor ist.Die Ziele der vorliegenden Untersuchungenwaren, einen Überblick über die technischenEigenschaften bzw. Umweltverträglichkeitund das langfristige Verhalten von LD-Schlacken (LDS) bei der Verwendung imDeichbau zu gewinnen [2]. Dabei war einbesonderes Augenmerk auf die Frage derRaumbeständigkeit zu richten.Materialauswahl und UntersuchungenFür die Untersuchungen wurden zwei LD-Schlacken ausgewählt. Um Unterschiedeund Eigenschaften der Schlacken im Hinblickauf die Raumbeständigkeit erkennenzu können, wurde eine LD-Schlacke miteinem CaO frei -Gehalt von rund 12 M.-%und einem Gesamt-MgO-Gehalt von ca.10 M.-% (LDS I) und eine LD-Schlacke miteinem CaO frei -Gehalt von rund 18 M.-%und einem Gesamt-MgO-Gehalt von etwa2 M.-% (LDS II) ausgewählt. Hinsichtlichder übrigen Feststoffgehalte sind die beidenStahlwerksschlacken sehr ähnlich undrepräsentativ für LD-Schlacken aus derQualitätsstahlerzeugung.Um ein geeignetes Korngemisch für denEinsatz von LDS im Deichbau auszuwählen,wurden an drei Körnungen(0/11 mm, 0/22 mm, 0/45 mm) zu Beginnder Untersuchungen bautechnische Basisuntersuchungendurchgeführt. Da eine nichtausreichende Volumenbeständigkeit vorallem bei größeren Schichtdicken zu Problemenführen kann, stand die Verwendungvon LDS in mächtigeren Schichten, wiez. B. dem Deichstützkörper, im Vordergrund.Im Hinblick auf die Anforderungender DIN 19712 an das geringe Quellen derBaustoffe wurden modifizierte Dampfversuchegemäß DIN EN 1744-1 [3] zur Beurteilungder Raumbeständigkeit durchgeführt.Eine weitere Forderung an Deichbaustoffenach deren Einbau und Verdichtungsind Durchlässigkeitsbeiwerte von> 10 -4 m/s bis < 10 -8 m/s, abhängig vomjeweiligen Konstruktionselement (Filterkörper,Stützkörper, Dichtungsschicht).Zum Nachweis der Umweltverträglichkeitkamen verschiedene Kurzzeit- und Langzeit-Auslaugverfahrenzum Einsatz. ZurPrüfung des kurzfristigen Auslaugverhaltenswurde das modifizierte DEV-S4-Verfahren [4] (Körnung 8/11 mm und0/45 mm) und der compliance-test-1 [5](Körnung 0/4 mm) verwendet. Vor derElution mittels Trogverfahren [6] wurdenProctorkörper aus der LDS I und LDS IIverschiedener Körnungen (0/11 mm,0/22 mm, 0/45 mm) hergestellt und 28, 56,91 und 180 Tage lang feucht gelagert. Fürdie Untersuchung des Langzeitverhaltenswurden Laborlysimeter (Körnung 0/45 mm)eingesetzt [vgl. 7]. Dazu wurden die beidenLDS-Proben über einen Zeitraum voninsgesamt sieben Monaten zweimal proWoche mit einer definierten Wassermengeberegnet und das Perkolat analysiert.Um zu untersuchen, wie sich die beidenSchlacken unter möglichst realen Einbaubedingungenverhalten, wurden zwei Versuchsdeichemit LDS I bzw. LDS II gebautund rund zwei Jahre lang beobachtet. Diebeiden Deichkörper haben am Deichfußeine Breite von ca. 22,5 m und eine Längevon etwa 30 m. Bei einem beidseitigenBöschungswinkel von 1:3,5 ergibt sich eineHöhe von ca. 2,5 m und eine Breite derDeichkrone von rund 5 m. Pro Deich sindjeweils rund 2.600 t LD-Schlacke eingebautworden. Um den Einfluss eines potentiellenHochwassers zu simulieren, wurden dieDeiche zeitweise eingestaut.Ergebnisse− Bautechnische UntersuchungenUm die an Deichbaustoffe gestellten technischenAnforderungen sicherzustellen,wurde zu Beginn der Untersuchungen eingeeignetes Korngemisch ermittelt. Um dieEignung eines Korngemisches beurteilen zukönnen, wurden u. a. Rohdichte [8], Proctordichte[9] sowie der optimale Wassergehalt[9] an drei unterschiedlichen Korngemischen(0/11 mm, 0/22 mm, 0/45 mm)bestimmt. Da sich die Untersuchungsergebnissefür die drei unterschiedlichen Körnungennur unwesentlich unterscheiden,wurde aus Gründen der Wirtschaftlichkeitdie Körnung 0/45 mm für den Versuchsdeichbaugewählt.− Bestimmung derWasserdurchlässigkeitDa LD-Schlacken verfestigen können undsich dadurch eine Abnahme der Wasserdurchlässigkeitergeben kann, wurde anunterschiedlich lange gelagerten Probekörpern(0, 28, 56, 91 und 180 Tage) diezeitliche Veränderung der Durchlässigkeituntersucht. Die Bestimmung der Wasserdurchlässigkeiterfolgte mittels Standrohrgerät[10]. Die Wasserdurchlässigkeit unterscheidetsich sowohl zwischen den beidenSchlacken als auch bei den verschiedenenKörnungen. In Bild 1 sind die Veränderungender Wasserdurchlässigkeit exemplarischfür die Körnung 0/22 mm dargestellt.Im Allgemeinen wird aufgrund der Selbsterhärtungder LD-Schlacke davon ausgegangen,dass mit zunehmender Lagerungsdauerauch die Wasserdurchlässigkeitabnimmt. Die in diesem Vorhaben erzieltenMessergebnisse lassen allerdings keinenTrend hinsichtlich einer Zunahme oder Abnahmeder Wasserdurchlässigkeit erkennen.Wie zu erwarten, nehmen die Durchlässigkeitenvon der Körnung 0/11 mm überdie Körnung 0/22 mm bis zur Körnung0/45 mm tendenziell zu. Betrachtet mandie Einzelwerte, zeigt sich, dass keinesder Materialien sicher Durchlässigkeiten< 10 -8 m/s einhält. Ein Einsatz in einerDichtungsschicht ist daher mit den untersuchtenLD-Schlacken nicht möglich. Auchdie für eine Nutzung im Filterkörper angestrebteDurchlässigkeit von > 10 -4 m/s wirdnur bei einzelnen Messwerten erreicht.Auch für dieses Nutzungsgebiet müsstenalso die untersuchten LD-Schlacken zumindestmodifiziert werden. Die meisten Messwertebefinden sich in dem für die Stützkörperangestrebten Bereich von ca. 10 -4 bis10 -6 m/s. Hinsichtlich der Wasserdurchlässigkeitkönnen daher die untersuchtenReport des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 6


LDS I und LDS II in allen drei Körnungenin erster Linie nur als Stützkörper verwendetwerden.1,0E-091,0E-08LDS I (0/22 mm)LDS II (0/22 mm)Dichtungsschicht [< 10 -8 m/s]− RaumbeständigkeitDie mittlere Volumenzunahme im Dampfversuchnach 24 h liegt bei den dreiunterschiedlichen Körnungen (0/11 mm,0/22 mm, 0/45 mm) der LDS I mit etwa3,7 Vol.-% niedriger als bei der LDS II mitrund 7,5 Vol.-%. Eine konkrete Anforderungfür den Einsatz im Deichbau existiertnicht, allerdings wird z. B. die Anforderung< 5 Vol.-% für Tragschichten ohne Bindemittelim Straßenbau von LDS II deutlichüberschritten. Da die Raumbeständigkeit einwichtiger Faktor für den Einsatz im Deichbauist, muss diesem besondere Aufmerksamkeitgewidmet werden. In Bild 2 istexemplarisch für die Körnung 0/22 mm derVerlauf der Volumenzunahme über einenZeitraum von 168 h dargestellt. Da dieHydratationsreaktion von CaO frei erheblichschneller abläuft als die von "freiem" MgO,kann aufgrund des Verlaufs davon ausgegangenwerden, dass die hohen Volumenzunahmenin der ersten Phase des Dampfversuchsim Wesentlichen auf die Reaktionvon Freikalk und nicht auf freies MgOzurückzuführen sind.Unter den Bedingungen des Dampfversuchsist ein großer Teil des zugänglichen CaOnach etwa 24 h ausreagiert. Die danachnoch auftretenden Volumenzunahmen könnenauf Freikalkpartikel zurückgeführt werden,die so eingeschlossen waren, dass sienur langsam durch Feuchtigkeit erreichtwurden. Bild 2 zeigt, dass sowohl bei LDS Ials auch bei LDS II der größte Teil derVolumenzunahmen bereits am Anfang derVersuchsdurchführung zu verzeichnen istund dass die Zunahme gleichmäßig verläuft.Frühere Untersuchungen an Stahlwerksschlacken,die freies MgO enthielten, habengezeigt, dass die MgO-Hydratationsreaktiondeutlich später einsetzt als die Freikalkreaktionund zu einem sprunghaften Anstiegder Volumenzunahme ab etwa dem 3. oder4. Versuchstag führt. Der Verlauf solcherVolumenzunahmekurven ist dann "treppenförmig",was bei beiden hier untersuchtenLD-Schlacken nicht der Fall ist. DieseBeobachtung korrespondiert mit den mineralogischenUntersuchungen, in denen freiesMgO nicht nachgewiesen werden konnte.− UmweltverträglichkeitDie nachfolgend aufgeführten Parameter imS4-Eluat (Körnung 8/11 mm) lagen fürLDS I und LDS II unterhalb der Bestimmungsgrenze.Durchlässigkeit [m/s]Volumenzunahme [Vol.-%]♦ LDS I:Al, As, B, Cd, Co, Cr ges. , Cr(VI), Cu,Hg, Mo, Ni, Pb, Sn, Tl, V, F, DOC,Phenol-Index♦1,0E-071,0E-061,0E-051,0E-041,0E-031,0E-021,0E-011,0E+000 28 56 91 180Lagerungsdauer [Tage]LDS II:Al, As, B, Cd, Co, Cr ges. , Cr(VI), Cu,Hg, Mo, Ni, Pb, Sn, Tl, V, Zn, F,DOC, Phenol-IndexBeim Vergleich der Ergebnisse der beidenunterschiedlichen Schüttelverfahren zeigtsich, dass die Materialien im compliancetest-1(W/F = 2:1, Körnung 0/4 mm) etwasstärker auslaugen als im S4-Verfahren(W/F = 10:1, Körnung 8/11 bzw. 0/45 mm),was mit den unterschiedlichen Körnungenund W/F-Verhältnissen zusammenhängt.Stützkörper [10 -4 bis 10 -6 m/s]Filterkörper [> 10 -4 m/s]Bild 1: Zeitliche Veränderung der Wasserdurchlässigkeitsbeiwerte nach 0, 28, 56,91 und 180 Tagen der LDS-I und II (0/22 mm)12,010,08,06,04,02,00,0LDS IILDS I0 20 40 60 80 100 120 140 160 180Zeit [h]Bild 2: Zeitlicher Verlauf der Volumenzunahme für die LDS-I und II (0/22 mm)Mittels Trogverfahren wurden die Körnungen0/11 mm, 0/22 mm und 0/45 mmnach einer Feuchtlagerung der Probekörpervon 0, 28, 56, 91 bzw. 180 Tagen eluiert. Inden meisten Fällen reduzierte sich mitzunehmender Lagerungsdauer der Proctorkörperund der damit verbundenen Selbsterhärtungdes Materials die Auslaugrategegenüber dem frischen Material (0 Tage).Beim Vergleich der Eluatkonzentrationender beiden LD-Schlacken fällt auf, dass derGroßteil der untersuchten Parameter – vorallem umweltrelevante Schwermetalle –unterhalb der jeweiligen Bestimmungsgrenzeliegt. Dabei lassen sich wederdeutliche Unterschiede bei den beidenSchlacken, noch bei den unterschiedlichenKörnungen erkennen.Report des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 7


14100001410000pH-Wert121086420pH-WertLF00 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60Sprühtermine8000600040002000Leitfähigkeit [µS/cm]pH-Wert121086420pH-WertLF00 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60Sprühtermine8000600040002000Leitfähigkeit [µS/cm]Bild 3: Gleitende Mittelwerte der pH-Werte und elektrischeLeitfähigkeiten im Sickerwasser der LDS IBild 4: Gleitende Mittelwerte der pH-Werte und elektrischeLeitfähigkeiten im Sickerwasser der LDS IIIm Langzeit-Auslaugversuch mittels Laborlysimeterunterschieden sich die LDS I bzw.LDS II in ihrem Auslaugverhalten insgesamtnur geringfügig voneinander. DieKonzentrationen der Parameter Cr(VI), Sbund F lagen während der gesamten Elutionsphaseunterhalb der jeweiligen Bestimmungsgrenze.Molybdän wurde bei beidenProben nur vereinzelt und meistens nur insehr geringen Konzentrationen bestimmt.Der stahlwerkstypische Parameter Gesamt-Chrom war bei der LDS I häufiger nachweisbarals bei der LDS II. Die Konzentrationenlagen aber mit mittleren Werten von3 µg/L bei der LDS I und 2 µg/L bei derLDS II nur wenig über der Bestimmungsgrenzevon 1 µg/L. Die pH-Werte in denSickerwässern der LD-Schlacken wareninsgesamt in ihrem Verlauf ähnlich (Bild 3und Bild 4). Die LDS II wies während dergesamten Versuchsdauer pH-Werte oberhalbvon 12 auf. Bei der LDS I zeigte sicheine langsam abnehmende Tendenz aufunter pH 12 nach rund 55 Sprühterminen.Beim Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit(LF) unterschieden sich die beiden LD-Schlacken deutlicher voneinander: Währenddie LDS II keinen sehr deutlichen Trend zurAbnahme aufwies, nahm die LF der LDS Ikontinuierlich ab, so dass am Ende desVersuchs nach 60 Sprühphasen nur noch1906 µS/cm im Vergleich zu rund7810 µS/cm am Anfang der Untersuchunggemessen wurden (Bild 3).Die Ca-Konzentrationen in den Sickerwässernder LDS I verhalten sich ähnlichwie die LF und gehen mit zunehmenderVersuchsdauer zurück (Bild 5). Im Gegensatzdazu bleiben die Ca-Konzentrationenbei der LDS II auf einem hohen Niveau undkorrespondieren somit mit den Leitfähigkeiten(Bilder 3 und 4).− FeldversucheUm die in den Laboruntersuchungenermittelten Ergebnisse unter Freilandbedingungenzu verifizieren, wurden zwei Versuchsdeichegebaut. Die Wahl des Querschnittsder Versuchsdeiche erfolgte nachden Vorgaben der DIN 19712.Um das längerfristige Verhalten der Deicheunter natürlichen Witterungsbedingungenzu untersuchen, wurden diese nach Fertigstellungeingemessen. Anschließend wurdedie Höhenzunahme der Bauwerke inAbständen von etwa vier Wochen übereinen Zeitraum von insgesamt 20 Monatengemessen. Nach 20 Monaten wies derDeich I eine Höhenzunahme von 15,6 cm(6,2 %), der Deich II eine Zunahme von11,1 cm (4,4 %) auf. Trotzdem zeigt derDeich I auch nach einer Standzeit von rund20 Monaten nahezu keine Rissbildung.Lokale Aufwölbungen an der Oberflächetreten nur sehr vereinzelt auf. Die Abplatzungenauf der Deichkrone sind sehr wahrscheinlichauf eine Carbonatisierung derobersten LD-Schlackenschicht zurückzuführen.Diese sind jedoch weder flächenhaftvorhanden oder ausgedehnt, noch besonderstief. Der Deich II zeigt als Veränderunggegenüber dem Einbauzustand bei einereffektiven Höhenzunahme von ca. 15,6 cmerkennbare Quellerscheinungen im Bereichvon Flanke und Deichkrone. Die Oberflächeist in einer Schichtstärke von etwa 0,5 bis2 cm stark verfestigt und ohne Verbund zudem darunter liegenden Material. Dies führtteilweise zu vereinzelten Abplatzungen undeiner kleinscholligen Fragmentierung. Insgesamtlässt sich für beide Schlacken einedurch Selbsterhärtung hervorgerufene Verfestigungder Oberfläche nachweisen. Schadensformen,die die Standsicherheit derBauwerke gefährden, lassen sich hierausnicht ableiten.Neben der kontinuierlichen Höhenmessungwurden an zwei Terminen Schürfe angelegtund beprobt. Vor Beginn der ersten Einstauungnach 12 Monaten wurde an beidenBauwerken an der Außenseite jeweils einSchurf angelegt. Die Probenahme erfolgtean sieben Schichten, die ungefähr demProfilaufbau beim Bau der Deiche entsprachen.Um die Auswirkungen der Einstauungauf die eingebauten LD-Schlackenbeurteilen zu können, wurde nach Beendigungder Einstauungsversuche (20 Monatenach Baubeginn) jeweils ein weitererSchurf an den innen liegenden Seiten derDeiche angelegt. Da die schichtenbezogeneProbenahme an den ursprünglich siebenEinbauschichten nicht möglich war, wurdenfür diese Probenahme die Schichten zudrei Tiefenstufen (unterer, mittlerer undoberer Bereich) zusammengefasst. ZurBeurteilung der eingebauten LD-Schlackenwurden die Korngrößenverteilung, der Freikalkgehaltund die Raumbeständigkeitermittelt.Beim Vergleich der Korngrößenverteilungennach unterschiedlichen Zeitpunkten(direkt nach Einbau, nach 12 und 20 MonatenStandzeit) zeigt sich nur eine leichteVeränderung mit zunehmender Standdauerder Bauwerke. Bild 6 zeigt exemplarisch fürdie LDS im Deich I, dass die möglicherweiseauftretenden Veränderungen derKorngrößenverteilungen über die Liegezeitüberdeckt werden durch die Unterschiede,die sich aus den natürlichen Schwankungenund den Probenahmen ergeben. Weder einsignifikanter Anstieg der Feinanteile, dieaus Zerfallsreaktionen herrühren könnten,ist zu erkennen, noch eine durch Carbonatisierunghervorgerufene Erhöhung der Grobanteile.Nicht ausgeschlossen werden kann,dass sich diese beiden Effekte letztlich überdie Beobachtungsdauer egalisiert haben.Report des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 8


Ca-Konzentration [mg/L]140012001000800600400200LDS ILDS II00 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60SprühtermineBild 5: Gleitende Mittelwerte der Ca-Konzentrationen imSickerwasser der LDS-I und LDS-IIBild 6: Mittlere Korngrößenverteilung der LD-Schlacke vonDeich I an verschiedenen ProbenahmeterminenAuch durch die Einstauung der Deiche istdas abgestufte, gut strukturierte Kornbandpraktisch nicht verändert worden.Die Freikalk-Gehalte der LD-Schlackensind in beiden Deichen nach der Einstauungsphasegesunken, was sehr wahrscheinlichmit Carbonatisierungsprozessen zusammenhängt.Während sie bei der erstenBeprobung (Einbauphase) in der LD-Schlacke von Deich I im Mittel 12,5 M.-%bzw. in der LD-Schlacke von Deich II18,4 M.-% aufwiesen, sind sie nach derEinstauung auf 11,5 M.-% bzw. 14,8 M.-%im Mittel zurückgegangen. Dabei fällt dieAbnahme der LDS II (Deich II) mit rund4 M.-% deutlich höher aus als bei der LDS I(Deich I).ZusammenfassungDie bautechnischen und umwelttechnischenUntersuchungsergebnisse bestätigen diegrundsätzliche Eignung von LD-Schlackeals Baumaterial für Flussdeiche. Die untersuchtenStahlwerksschlacken sind im Hinblickauf die Umweltverträglichkeit unbedenklich.Für die Standfestigkeit und Stabilitätvon Deichen ist deren Raumbeständigkeitvon großer Bedeutung. Im Rahmen der2-jährigen Beobachtungen an den Versuchsdeichenkonnte gezeigt werden, dass keinedie Standsicherheit gefährdende Volumenzunahmean den Deichen auftrat, obwohlgezielt unbewitterte Schlacken ausgewähltworden waren, die wegen ihrer hohenCaO frei -Gehalte größere Volumenzunahmenerwarten ließen. Die 2-jährige Beobachtungszeitreicht aber nicht aus, die Dauerhaftigkeitder gewählten Deichkonstruktionendgültig zu bewerten. Die Versuche sollendaher bis zu fünf Jahren fortgeführt werden.Vor diesem Hintergrund kann deshalbzunächst nur empfohlen werden, für Deichbaumaßnahmenausschließlich abgelagerte,raumbeständige LD-Schlacke zu verwenden.DanksagungDie vorgestellten Untersuchungen wurdenim Rahmen des AiF-ForschungsvorhabensNr. 14891 aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriumsfür Wirtschaft und Technologie(BMWi) über die Arbeitsgemeinschaftindustrieller Forschungsvereinigungen"Otto von Guericke" e. V. gefördert.Hierfür sei an dieser Stelle unser Dankausgesprochen.Literatur[1] DIN 19712 (1997-11): Flußdeiche[2] Bialucha, R. u. M. Dohlen: Untersuchungender Eignung feinkörnigerNebenprodukte der Stahlindustrie füreinen Einsatz im Hochwasserschutz,Abschlussbericht zum AiF-ForschungsvorhabenNr. 14891, 2008[3] DIN EN 1744-1 (1998-05): Prüfverfahrenfür chemische Eigenschaftenvon Gesteinskörnungen - Teil 1:Chemische Analyse[4] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): TechnischePrüfvorschriften für Gesteinskörnungenim Straßenbau - TPGestein-StB, Teil 7.1.1 ModifiziertesDEV-S4-Verfahren, Ausgabe 2008[5] DIN EN 12457-1 (2003-01): Charakterisierungvon Abfällen – Auslaugung;Übereinstimmungsuntersuchungfür die Auslaugung vonkörnigen Abfällen und Schlämmen -Teil 1: Einstufiges Schüttelverfahrenmit einem Flüssigkeits-/Feststoffverhältnisvon 2 l/kg und einer Korngrößeunter 4 mm (ohne oder mitKorngrößenreduzierung)[6] Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen (Hrsg.): TechnischePrüfvorschriften für Gesteinskörnungenim Straßenbau – TPGestein-StB, Teil 7.1.2 Trogverfahren,Ausgabe 2008[7] Bialucha, R. u. M. Dohlen: LangfristigesVerhalten von Stahlwerksschlackenim ländlichen Wegebau,Report des <strong>FEhS</strong> – Instituts für Baustoff-Forschung(2008) 1, S. 11/15[8] DIN 52102 (2006-02): Prüfverfahrenfür Gesteinskörnungen – Bestimmungder Trockenrohdichte mit dem Messzylinderverfahrenund Berechnungdes Dichtigkeitsgrades[9] DIN 18127 (1997-11): Baugrund –Untersuchung von Bodenproben –Proctorversuch[10] DIN 18130-1 (1998-05): Baugrund –Untersuchung von Bodenproben;Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts- Teil 1: LaborversucheReport des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 9


Arthur Guttmann – Ein Pionier bei der Nutzung von EisenhüttenschlackenDr.-Ing. A. EhrenbergAm 4. Dezember 1948 verstarb imLondoner Exil Professor Dr. phil. ArthurGustav Guttmann. Der 60. Jahrestag seinesTodes ist Anlass, an diesen Pionier bei derNutzung von Eisenhüttenschlacken, insbesonderebei der Nutzung von Hüttensandals Bestandteil von Eisenportlandzement, zuerinnern.Ausbildung in BreslauArthur Gustav Guttmann (Bild 1) wurde am14.04.1881 in Breslau, dem heutigenWroclaw, als Sohn des Fabrikanten LouisGuttmann geboren. Familie Guttmann warjüdischen Glaubens. Im Oktober 1901erhielt Arthur Guttmann das "Zeugnis derReife" und widmete sich an den UniversitätenBreslau und München (Sommersemester1902) dem Studium der Naturwissenschaften,insbesondere dem der Chemie.1903-1905 leitete er in Vertretung dasFabrikgeschäft ätherischer Öle und Essenzenseines Bruders, bestand 1906 das Vorexamenund 1908 das Examen rigorosum.Danach war er Assistent am agrikulturchemischenund bakteriologischen Institut. Am26.06.1908 verteidigte er seine Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischenDoktorwürde "Über Wismutoxydulverbindungen"[2].Der EisenportlandzementVom 01.06.1909 bis zum 31.12.1911war Arthur Guttmann 2., dann 1. AssistentDr. Hermann Passows in dessen Chemisch-Technischer Versuchsstation in Blankenese[3]. Passows Versuchsstation wargleichzeitig Laboratorium des 1901 gegründetenVereins Deutscher Eisenportlandzement-Werke(VDEPZ), der zunächst besondersum die Gleichberechtigung desEisenportlandzements mit dem Portlandzementkämpfen musste [4]. Die Arbeit inBlankenese dürfte Arthur Guttmann zumersten Mal mit den Eisenhüttenschlackenund insbesondere mit dem Hüttensand inVerbindung gebracht haben. Im Januar 1912zog Arthur Guttmann von Blankenese nachDüsseldorf, um die neu gegründete eigenePrüfungsanstalt des VDEPZ zu leiten.Dieses Vereinslaboratorium hatte zunächstdie Aufgabe, "die von den Vereinswerkenhergestellten Eisenportlandzemente auf ihrenormgemäße Beschaffenheit laufend zuuntersuchen und die Ergebnisse dieser Prüfungenmit denen anderer Bindemittel zuvergleichen" [5]. Der Standort des Laboratoriumswechselte bereits nach 1 Jahr zumSitz des Vereins Deutscher EisenhüttenleuteVDEh. 1919 wurde Arthur Guttmann auchGeschäftsführer des VDEPZ. 1922 wurde inder Roßstrasse 107 gemeinsam mit dem1913 gegründeten Verein Deutscher Hochofenzementwerke(VDHZ) das gemeinsame"Forschungsinstitut der Hüttenzement-Industrie" gegründet (Bild 2). 2 Geschäftsführerteilten sich die Leitung des Instituts:Dr. Arthur Guttmann für den VDEPZ undBild 1: Arthur Gustav Guttmann [1]die Abteilung Eisenportlandzement sowieDr. Richard Grün, vormals ebenfalls Assistentdes 1919 verstorbenen Passow unddessen Schwiegersohn, für den VDHZ unddie Abteilung Hochofenzement. Guttmanndefinierte in seiner Eröffnungsrede als Zieldes Instituts "die Erforschung der gesamtenSchlacken der Eisenindustrie und ihrerNutzbarmachung für das Baugewerbe" [6].Heute befindet sich auf dem Gelände Roß-,Ecke Tannenstrasse das Forschungsinstitutdes Vereins Deutscher Zementwerke.Offenbar gelang die Kooperation aber nichtim erhofften Maß. "Um seinem Institut ...eine selbständige Entwicklung zu sichern"[5] wurde im Januar 1926 in der DüsseldorferEckstrasse 17 wieder ein separatesForschungsinstitut des VDEPZ geschaffen(Bild 3 und Bild 4). Seit März 1927 warFamilie Guttmann dort gemeldet.Die wissenschaftliche ArbeitDer Schwerpunkt der wissenschaftlichenArbeit Arthur Guttmanns und seiner Mitarbeiterlag bei zement- und betontechnischenFragestellungen. Aber auch Fragen zurHochofenstückschlacke für Straßen- undGleisbau, zu Schlackenmauer- und Schlackenpflastersteinen,zur Schlackenwolle undzum Hüttenbims wurde nachgegangen. DieArbeit trug erheblich dazu bei, den Eisenportlandzementzu etablieren, für denbereits 1909 erstmals die "Deutschen Normenfür einheitliche Prüfung und Lieferung"erschienen waren. Im Runderlassdes preußischen Ministers der öffentlichenArbeiten vom 18.01.1915 heißt es: "...Versuche haben ergeben, daß Eisenportlandzementund Portlandzement im allgemeinenals gleichwertig zu erachten sind.Gegen deren wahlweise Verwendung beiöffentlichen Bauten ist daher nichts einzuwenden"[5].Arthur Guttmann publizierte zwischen1912 [9] und 1938 [10] mehr als 70 Veröffentlichungen.Dazu zählen die "Berichteder Prüfungsanstalt des Vereins DeutscherEisenportlandzement-Werke" in den Jahren1913, 1914 und 1915, zahlreiche Beiträge inFachzeitschriften wie z. B. "Zement", "Stahlund Eisen", "Tonindustrie-Zeitung" (auchals "Mitteilungen aus dem Forschungsinstitutdes Vereins Deutscher Eisenportlandzement-Werke")sowie die Broschüre"Eisenportlandzement und Eisenbeton". Inseinen Beiträgen beschäftigte sich ArthurGuttmann z. B. mit dem "Zementbazillus"[11], mit einem "Betonkomparator" zurBewertung des Betonschwindens [12], mitDünensand für Betonbauten im Meerwasser[13] oder mit dem "Eisenzerfall" der Hochofenstückschlacke[14].Insbesondere muss das 1919 in 1. Auflageerschienene Buch "Die Verwendung derHochofenschlacke im Baugewerbe" erwähntwerden, in dem zum ersten Mal ein umfangreicherÜberblick über die verschiedenenAnwendungsbereiche der Hochofenschlackegegeben wurde (Bild 5) [15]. 1934 konnteReport des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 10


1922Bild 2:Forschungsinstitut derHüttenzement-Industrie,Düsseldorf, Roßstr. 107 [7]noch eine erweiterte 2. Auflage erscheinen,die u. a. zahlreiche konkrete Anwendungsbeispieledokumentierte [16]. Weiteste Verbreitungdürften die Eisenportlandzement-Taschenbücher gefunden haben. Hatte die1. Ausgabe von 1903 lediglich 46 Seitenund erläuterte im Wesentlichen die grundlegendenEigenschaften des Eisenportlandzements,so erreichte die 6. Ausgabe von1931 340 Seiten, auf denen alle wesentlichenFragestellungen zum Thema diskutiertund viele Referenzobjekte zusammengetragenwurden. Mindestens 12 Patentesind seit 1917 unter Guttmanns Namen registriert,die sich z. B. auf öldichten Beton[17] oder auf Düngemittel aus Hochofenschlacke[18] beziehen.Arthur Guttmann war Mitglied in zahlreichenwissenschaftlichen Gremien, soz. B. im VDEh-Ausschuss für Verwertungder Hochofenschlacke, im Deutschen Ausschussfür Stahlbeton oder im Zementnormungsausschuss[1]. Auch internationalwar er in die Aktivitäten zur Schlackenforschungeingebunden, z. B. bei derNational Slag Association in den USA.Mit Schreiben vom 25.02.1930 beantragteder Dekan der Fakultät für Stoffwirtschaftder Technischen Hochschule Aachen mitZustimmung des Rektors und des Senatsbeim Preußischen Minister für Wissenschaft,Kunst und Volksbildung "die Ernennungvon Herrn Dr. phil. Arthur Guttmann... zum Honorarprofessor" und bezeichnetihn als einen "der bedeutendsten Fachleuteund Wissenschaftler auf dem Gebiet derSchlackenverwertung, der Zementherstellungund -verwertung". Mit Schreiben vom07.05.1930 wird dem Antrag stattgegeben.In seinem Dankschreiben an den Ministerbetont Guttmann, dass seine Berufung derEisenportlandzementindustrie "ein weitererAnsporn sein wird im Streben nach steterVervollkommnung ihres Erzeugnisses aufwissenschaftlicher Grundlage zum Nutzender Allgemeinheit" [19].Die VertreibungArthur Guttmann war verheiratet mitHelene Stuckmann aus Langenfeld undVater der am 19.09.1915 in Düsseldorfgeborenen Tochter Hildegard. Unmittelbarnach der Machtergreifung der Nationalsozialistenim März 1933 begann die Verfolgungder Bürger jüdischen Glaubens. Sowurde am 07.04.1933 das "Gesetz zurWiederherstellung des Berufsbeamtentums"erlassen, um politisch missliebige sowiejüdische Beamte aus dem Dienst vertreibenzu können. Auch an der TH Aachen wurdenumgehend Fragebögen an den Lehrkörperverteilt, die kurzfristig bis um 22.04.1933ausgefüllt werden mussten und u. a. Fragenzur "Rassenzugehörigkeit" der 4 Großelternbeinhalteten.Zunächst versuchte Arthur Guttmann, dieAusfüllung des Fragebogens zu vermeiden,da er, wie er in seinem Brief an den Rektorvom 04.05.1933 schrieb, "als nichtbeamteterHonorarprofessor, der auchkeinen Lehrauftrag hat, nicht zu den in demSchreiben des Herrn Ministers vom12. April 33 und im Fragebogen einzelnaufgeführten Kategorien des Lehrkörpersgehöre" [20]. Er wurde jedoch hierzugezwungen, was er offenbar zunächst nichtauf dem "amtlichen Formular" und nur"teilweise" tat, wie im Schreiben desRektors an das Ministerium vom01.08.1933 bekundet wird. Um demsicheren Entzug der Professur zuvorzukommen,stellte Arthur Guttmann im September1933 beim Ministerium den Antrag,die Lehrbefugnis zurückzuziehen. Dieserfolgte umgehend mit dem Hinweis, dass"Ihre Auffassung, dass Sie die Frage 4 e desFragebogens [Anm: Sind Sie arischer Abstammung...?] nicht zu beantwortenbrauchten" nicht zutreffend sei. Sogar dasTragen des Professorentitels erregte Anstoß,wie ein Schreiben des Düsseldorfer OberbürgermeistersWagenführ vom 02.12.1933an den Rektor der TH Aachen belegtmit dem Hinweis: "Von verschiedenen Seitenhöre ich nun über Guttmann außerordentlichungünstige Urteile und denWunsch um Aufklärung, ob es ihm erlaubtsei, sich noch weiterhin als Professor zubezeichnen ...". Im Januar 1934 versuchteArthur Guttmann, beim Ministerium dieWiedererteilung der Lehrbefugnis zuerreichen. Hierzu verlangte das Ministeriumaber den Nachweis "arischer Abstammung"[21]. An der TH Aachen verloren inder Zeit von 1933 bis 1938 u. a. zwölfProfessoren wegen ihrer jüdischen Abstammungoder aus politischen Gründenihre Ämter, zum Beispiel die ProfessorenBlumenthal, Kármán, Pick oder Salmang[22].1926 1943 1950Bild 3: Institut des VDEPZ, Düsseldorf, Eckstr. 17 [5, 8]Im April 1933 folgte der erste Boykottjüdischer Firmen und Geschäfte. 1935wurden die berüchtigten Nürnberger Rassengesetzeerlassen. Im Dezember 1936musste Arthur Guttmann aus der Geschäftsführungdes Vereins Deutscher Eisenportlandzement-Werkeausscheiden, begleitetvon den Glückwünschen zum 25jährigenDienstjubiläum am 01.01.1937 [23]. ImJanuar 1937 musste Familie Guttmann dieEckstrasse 17 verlassen.1926Bild 4:Chemielabor des Forschungsinstitutsdes VDEPZ [5]Report des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 11


Bild 5: 1. Auflage 1919 [15]In Düsseldorf wurden in der Nacht vom 27.zum 28. Oktober 1938 zunächst die ausPolen stammenden jüdischen Bürgerverhaftet und in Zügen an die polnischeGrenze abgeschoben [24]. Spätestens mitder Pogromnacht vom 09.11.1938 wirdArthur Guttmann klar geworden sein, dasshöchste Gefahr für ihn und seine Familiebestand. Die Familie emigrierte nach London,wo sie im Oktober 1939 in einer Karteides Metropolitan Police Tribunal AliensRegistration erfasst wird [25]. 1940 wird fürArthur Guttmann "amtlich nach unbekanntverzogen" notiert [26]. Im Oktober 1941wird die Familie ausgebürgert und enteignet[27], auch der Dr.-Titel wird späteraberkannt. Zu Beginn der großen Deportationenin die Ghettos und Konzentrationslagerwar mehr als die Hälfte der DüsseldorferJuden in zunächst sicher scheinendeLänder geflohen [24]. Arthur Guttmann undseine Familie entgingen nur knapp derErmordung durch die Nationalsozialisten. InLondon arbeitete Arthur Guttmann alsConsultant, unter anderem für EnclosedSewage Treatment Co. und John Mowlem& Co., einem der größten BauunternehmenGroßbritanniens. Zwischen 1938 und 1948wurden mehrere britische Patente unterseinem Namen veröffentlicht, z. B. [28].Am 4. Dezember 1948 verstarb im Altervon 67 Jahren Arthur Guttmann in derLondoner Wohnung an Herzschwäche imBeisein seiner Tochter Hildegard [29].Remigration der FamilieIm Juli 1950 zogen Helene und HildegardGuttmann zurück nach Düsseldorf. AuchArthur Guttmann soll 1948 die Heimkehrbereits geplant haben [1]. Mutter und Tochterbezogen zunächst das wieder errichteteGebäude in der Eckstrasse 17, in dem in derZwischenzeit der 1948 neu gegründete"Verein Deutscher Portland- und Hüttenzementwerke"seine Arbeit unter Fritz Keilaufgenommen hatte. Helene Guttmann starb1984 in Düsseldorf. Hildegard Guttmannheiratete 1963, blieb kinderlos und ist 1990in Düsseldorf verstorben [26]. Somitbleiben heute als Zeugnis des Wirkens vonArthur Guttmann nur seine zahlreichenPublikationen. Sein Buch "Die Verwendungder Hochofenschlacke" gilt als Standardwerkzu diesem Thema und dokumentiert,auch wenn in den 89 Jahren seit dem1. Erscheinen die technische Entwicklungweit fortgeschritten ist, das jahrzehntelangeBemühen der Stahlindustrie um eine sachgerechteNutzung der Eisenhüttenschlacken.DankNach 60 Jahren ist es nicht einfach, Informationeninsbesondere über das persönlicheSchicksal von Arthur Guttmann zu finden.Die meisten fand man bisher in [30]. Andieser Stelle sei allen gedankt, die dazubeigetragen haben, mehr Informationenzusammenzutragen. Dazu zählen unteranderem das Archiv der RWTH Aachen,das Archiv des Stahlinstituts VDEh, dasLandesarchiv NRW, das Stadtarchiv Düsseldorfund das Geheime StaatsarchivPreußischer Kulturbesitz.LiteraturDie Literaturliste ist beim Autor verfügbar.Kalibrierung von Sieben mit LochblechenDr.-Ing. Th. MerkelAnforderungen an Gesteinskörnungen fürBeton sowie für gebundene und ungebundeneSchichten für den Bau von Verkehrswegensind seit einigen Jahren in europäischenProduktnormen geregelt. Eine wichtigeVoraussetzung für die CE-Kennzeichnungentsprechend diesen Normen ist dieEinrichtung und Unterhaltung einer werkseigenenProduktionskontrolle (WPK).Um die Vergleichbarkeit der in denunterschiedlichen Laboratorien erarbeitetenPrüfergebnisse zu gewährleisten, wurdenneben den Produktnormen weitere Normenentwickelt, in denen die durchzuführendenPrüfverfahren genau beschrieben sind.Darüber hinaus werden in DIN EN 932-5"Prüfverfahren für allgemeine Eigenschaftenvon Gesteinskörnungen, Teil 5: AllgemeinePrüfeinrichtungen und Kalibrierung"Anforderungen an Prüfeinrichtungen, Kalibrierungsverfahrenund Reagenzien für diePrüfung der Eigenschaften von Gesteinskörnungenformuliert. Unter anderem enthältdiese Norm Vorgaben für die Kalibrierungvon Analysensieben. Hierbei wirdunterschieden zwischen Analysensieben mitLochblechen und solchen mit Drahtgewebe.Für beide Siebtypen kann die Kalibrierungdurch Vermessung der Sieböffnungenerfolgen. Bei Analysensieben mit Drahtgewebeist alternativ auch eine regelmäßigeFunktionsprüfung mit Mustersieben odergeeigneten zertifizierten Referenzprobenzulässig. Dies ist für Analysensiebe mitLochsieben bisher nicht möglich.Der zuständige DIN-Ausschuss NA 062-03-13 AA "Gesteinskörnungen – Prüfverfahren,Petrographie, Probenahme und Präzision"hat jedoch entschieden, dass ab sofortim Rahmen der WPK auch bei Analysensiebenmit Lochblechen eine Kalibrierungmittels Funktionsprüfung bzw. geeignetenzertifizierten Referenzproben zulässig ist.Das Verfahren erfolgt analog dem inDIN EN 932-5 beschriebenen Verfahren fürdie Kalibrierung von Analysensieben mitDrahtgewebe.Der Beschluss über diese zusätzlicheKalibriermöglichkeit wurde vom DINDeutsches Institut für Normung e.V. in denDIN-Mitteilungen, Ausgabe Juni 2008,S. 77, veröffentlicht.Diese zusätzliche Kalibriermöglichkeit fürAnalysensiebe mit Lochblechen wird auchin die nächste Überarbeitung derDIN EN 932-5 eingebracht, damit die unterschiedlicheBehandlung der Analysensiebemit Lochblechen bzw. mit Drahtgewebebeendet wird.Report des <strong>FEhS</strong>-Instituts 2/2008 12

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