Wollmann - Brenner, Czernowitz
Wollmann - Brenner, Czernowitz
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Wie viele Juden lebten damals in der Umgebung von <strong>Czernowitz</strong>?<br />
Nur einige Judenfamilien, Ackersjuden, doch nicht sehr viele. Eine Familie<br />
Kinsbrunner waren Nachbarn, erzählte mir meine Cousine. Doch in <strong>Czernowitz</strong><br />
selbst waren 60‘000 Juden, ungefähr die Hälfte der gesamten Einwohner.<br />
Ach, <strong>Czernowitz</strong> war überhaupt eine interessante Stadt. So wie Haifa. Es<br />
gab die Untere Stadt, die Mittelstadt und die Obere Stadt. In der Unteren<br />
Stadt vom Bahnhof die Hauptstrasse hinauf waren die seitlichen Strassen<br />
rein jüdische Strassen, wo die frommen Juden gewohnt haben. Arbeiter,<br />
Handwerker, kleine Geschäfte und Werkstätten waren dort. In die kleinen<br />
ebenerdigen Häuschen konnte man hereinschauen durchs Fenster. Im Vorraum<br />
arbeitete ein Schuster in einer Ecke, der hat dort die Schuhe gerichtet,<br />
in der anderen Ecke kochte die Frau, in der dritten Ecke haben die Kinder<br />
gespielt. In diesem einen Raum haben sie alle gelebt. Im hinteren Raum<br />
schliefen sie alle auf Holzpritschen mit Strohsäcken. An den Wänden waren<br />
Nägel, wo die Kleider aufgehängt wurden. Einen Schrank konnten sie<br />
sich nicht leisten. In <strong>Czernowitz</strong> gab es sehr viele arme Juden.<br />
Als Flickschneider, Schuster und Tischler haben sie mühselig ihren Lebensunterhalt<br />
verdient. Dann gab es in <strong>Czernowitz</strong> die ambulanten Händler,<br />
die stammten auch aus der Unteren Stadt. So zum Beispiel Glaser. Auf<br />
dem Rücken trugen sie so einen Rucksack aus einer grossen Kiste, wo die<br />
Scheiben drin waren. Sie sind rufend durch die Strassen gezogen, um auf<br />
sich aufmerksam zu machen und Kunden zu bekommen. Zur Rumänenzeit<br />
riefen sie „Geamuri, Geamuri“.<br />
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