treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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Motor der Weltwirtschaft<br />
Richtig reagieren, wenn die dunklen Wolken kommen<br />
– Interview mit Prof. Dr.-Ing. Manfred Voigt<br />
(Bild), Studiengang Ingenieurökologie.<br />
Herr Prof. Voigt, haben sie den Film „An Unconvenient<br />
Truth“ von Al Gore schon gesehen?<br />
Grundsätzlich ja, jedoch nicht so intensiv, muss ich zugeben.<br />
Wenn man sich so wie ich schon seit einigen<br />
Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigt, dann ist da<br />
nicht so furchtbar viel Neues drin. Aber er ist für die Öffentlichkeit<br />
schön gemacht, da kann ich ihn auf jeden<br />
Fall empfehlen.<br />
Also alles schon alte Kamellen?<br />
Al Gore verwendet in seinem Film die Sägezahnkurve<br />
über die CO2-Emissionen des Mauna Loa Observatoriums<br />
auf Hawaii seit den 50er Jahren. Seit der Zeit gibt<br />
es Klima-Diskussionen, ohne dass diese in relevanter<br />
Weise in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde. Jetzt<br />
fließt plötzlich viel Geld in das Wissenschaftssystem und<br />
viele Institute bauen moderen Klimamodelle, allerdings<br />
ohne das dies zu grundsätzlich anderen Erkenntnissen<br />
führt – wir haben also viel Zeit verloren. Die aktuelle<br />
Diskussion ist aber ein guter Anlaß, um wieder Menschen<br />
und Institutionen für Umwelt zu interessieren.<br />
Wissen die die Akteure immer was mit den kommunizierten<br />
Information was anzufangen?<br />
Ich habe kürzlich mit jemanden gesprochen der mir<br />
sagte, er sei für Klimawandel und trockenes Wetter<br />
mit Namen Q-Cells hat sich in wenigen Jahren zum weltweit<br />
führenden Unternehmen mit mehr als 1.700 Mitarbeitern gemausert,<br />
Kollektoren auf dem eigenen Dach und Anschluss an<br />
Erdwärme sind „in“. Um das alles produzieren zu können, werden<br />
Fachkräfte gebraucht – und die sind rar. „Die Nachfrage<br />
in dem Bereich ist größer als wir liefern können“, so Beyer,<br />
„Q-Cells und alle anderen brauchen dringend Ingenieure. Bis<br />
zum Master brauchen die da nicht zu warten, die haben bereits<br />
als Bachelor einen Job.“ Über 30 Absolventen, die seit<br />
1998 an der <strong>Hochschule</strong> in <strong>Magdeburg</strong> ihren Abschluss im<br />
Bereich Regenerative Energien gemacht haben, sind bereits<br />
in der in der Industrie untergekommen, sowohl bei Enercon<br />
oder Q-Cells als auch bei Solvis in Braunschweig, wo Solarheizungen<br />
hergestellt werden. Und im neueingerichteten Master<br />
Gebäudeenergiesystem werden in Zukunft Bauingenieure und<br />
Elektrotechniker gemeinsam lernen, wie man diese modernen<br />
Technologien in Gebäude einplant und -baut.<br />
Anne-Kathrin Drost, 23 Jahre<br />
6. Semester Bachelor Bauingenieurwesen<br />
„Im Bauwesen kann man viel für den Umweltschutz machen.<br />
Man kann Rückbau betreiben, die Baustoffe verwerten<br />
oder Fotovoltaik-Anlagen nachrüsten. Ich finde<br />
das sollten vor allem die öffentlichen Institutionen wie<br />
Schulen oder Ämter eine Vorbildwirkung haben für die<br />
privaten Bauherrn.“<br />
Im eigenen Heim Energie einsparen und damit neben den<br />
Geld- und Ressourcenersparnissen auch die Umwelt mit weni-<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
april 2008<br />
bei uns, weil er dann mehr Motorrad fahren kann! Die<br />
Sachverhalte, die wir aus der Forschung kennen, beziehen<br />
sich aber zumeist auf großräumige Modelle. Das<br />
sind weitgehend statistische Modelle und keine Wetterberichte.<br />
Ob es am 1. April 2020 in der Altmark Sonne<br />
oder Hochwasser gibt – das wissen wir nicht.<br />
Aber ist eine Dramatisierung gerechtfertigt?<br />
Das Drama wird sich zunächst weiter im Süden abspielen,<br />
also in den Ländern der Dritten Welt, die wenig Wirtschaftskraft<br />
haben, um Folgen abzufangen. Dort gibt es<br />
schon jetzt massive Klimaprobleme wie Trockenheit und<br />
die die Situation wird sich weiter verschärfen. Das hat natürlich<br />
mit uns als Emittenten zu tun. Die Auslöser sitzen<br />
woanders als jene, die die Folgen am stärksten zu spüren<br />
kriegen.<br />
Und bei uns?<br />
Wir müssen uns wahrscheinlich daran gewöhnen, dass<br />
uns zum Beispiel weniger Wasser zur Verfügung steht.<br />
Wir sind grade dabei, Forschungsprojekte über Klimafolgen<br />
und Anpassungsmöglichkeiten zu entwickeln,<br />
in denen diese Fragen gestellt werden: Gibt es weniger<br />
Wasser? Gibt es mehr katastrophale Ereignisse? Wenn<br />
ja, was muss man tun, um gewappnet zu sein? Sollte<br />
Wasser tatsächlich knapp werden, müssen wir es möglichst<br />
in der Region halten und recyclen. Dazu ist es<br />
wichtig, dass die Akteure vor Ort, also Landwirt, Forstwirt,<br />
Wirtschaft und Industrie wissen, wie sie sich flexibel<br />
verhalten können. Das ist unser Forschungsansatz.<br />
ger CO2 Ausstoß entlasten – das ist wohl der wichtigste Punkt,<br />
an dem jeder Mensch selber eingreifen kann. Hier heißt es effizienter,<br />
effektiver, moderner. Egal ob beim privaten Auto (siehe<br />
Interview mit Jörn Schulze auf Seite 16) oder einem öffentlichen<br />
Gebäude wie der <strong>Hochschule</strong> am Herrenkrug. Jedes Jahr<br />
gibt sie für Licht und Wärme an den Standorten <strong>Magdeburg</strong><br />
und <strong>Stendal</strong> rund 700.000 – 800.000 Euro aus, das sind 3-4<br />
Prozent des gesamten Haushalts. Sparen macht sich dort sofort<br />
bemerkbar. Bereits jetzt können Licht und Wärme in den Neubauten<br />
zentral gesteuert werden, die vergessene Beleuchtung<br />
in der Laborhalle kann so auch aus der Entfernung gelöscht<br />
werden. Doch spätestens beim konkreten Heizkörper hört die<br />
zentrale Verantwortung auf, hier regelt jeder Prof, jeder Student<br />
und zu Hause jeder Verbraucher selbst. Beim Strom kann die<br />
<strong>Hochschule</strong> aufs Land verweisen: ein Drittel ist bereits „grün“.<br />
Und mehr wird auch schwierig, so Beyer: „Über dreißig Prozent<br />
der Gesamtversorgung aus regenerativen Energien zu ermöglichen,<br />
findet seine Grenzen in der Speicherung. Die Quellen<br />
können die Energie nicht vorhalten!“ Und wer möchte schon<br />
an einem windstillen, bewölkten Tag ohne Fernsehen, Herd und<br />
Radio auskommen? „Man könnte sich vorstellen, dass intelligente<br />
Geräte sich nach dem Wetter richten und dem Verbraucher<br />
sagen, wann genug Energie zum Beispiel zum Waschen<br />
da ist“, sagt Prof. Beyer über mögliche Zukunftsentwicklungen.<br />
Doch bevor im Audimax dann wieder Flipchart und Kreide bei<br />
Kerzenlicht herausgeholt werden, gibt es bestimmt auch dafür<br />
eine Lösung – die Perspektiven sind jedenfalls positiv.<br />
Steffen Wilhelmi<br />
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