Regieren ohne den Schatten der Hierarchie. - Institut für ...
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verantwortlich sind. Der Beitrag von Sven Choijnacki in diesem Band zeigt eindrucksvoll,<br />
was passiert, wenn private Sicherheitsunternehmen außerhalb eines wirksamen <strong>Schatten</strong>s <strong>der</strong><br />
<strong>Hierarchie</strong> operieren. Außerdem verfügen private Akteure niemals über das Gewaltmonopol<br />
und können auch keinen legitimen Anspruch darauf erheben. Wenn es aber in einem Raum<br />
rivalisierende Akteure gibt, die alle über die Fähigkeit zur Anwendung von rechtlicher bzw.<br />
physischer Zwangsgewalt verfügen, bietet sich opportunistisch handeln<strong>den</strong> privaten Akteuren<br />
eine Exitoption, welche die Wirksamkeit hierarchischer Koordination entschei<strong>den</strong>d<br />
unterminieren kann.<br />
Zumindest aus <strong>der</strong> Perspektive rationalistisch-institutionalistischer Kooperationstheorien, auf<br />
<strong>der</strong>en Grundlage das theoretische Konzept des <strong>Schatten</strong>s <strong>der</strong> <strong>Hierarchie</strong> entwickelt wurde,<br />
scheint Staatlichkeit eine entschei<strong>den</strong>de Rolle <strong>für</strong> die Effektivität hierarchischer Koordination<br />
zu spielen. Die effektive Durchsetzung kollektiv verbindlicher Regelungen beruht letztlich auf<br />
dem legitimierten Monopol zur Anwendung von physischem und rechtlichem Zwang, was<br />
<strong>den</strong> Kern von Staatlichkeit ja ausmacht. Nur, wenn öffentliche Akteure in <strong>der</strong> Lage sind,<br />
politische Entscheidungen auch gegen Wi<strong>der</strong>stand durchzusetzen, können sie einen<br />
ausreichen<strong>den</strong> <strong>Schatten</strong>s <strong>der</strong> <strong>Hierarchie</strong> erzeugen, <strong>der</strong> <strong>den</strong> entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Kooperationsanreiz<br />
<strong>für</strong> private Akteure darstellt, die opportunistisch handeln und sich am rationalen<br />
Eigeninteressen orientieren.<br />
Damit scheint es keine wirkliche Alternative zum staatlichen Gewaltmonopol zu geben – es<br />
sei <strong>den</strong>n die Kosten <strong>der</strong> Nicht-Kooperation sind <strong>für</strong> private Akteure prohibitiv, weil keinerlei<br />
Aussicht auf eine hierarchische Ersatzvornahme besteht. Wenn Staaten Gemeinschaftsgüter<br />
nicht bereitstellen können o<strong>der</strong> wollen, 12 stehen privaten Akteure vor <strong>der</strong> Wahl, entwe<strong>der</strong> die<br />
Governance-Leistung wie Sicherheit o<strong>der</strong> (minimale) Sozial- und Umweltstandards selbst<br />
bereitzustellen o<strong>der</strong> ganz darauf verzichten zu müssen. Das könnte erklären, weshalb sich auf<br />
internationaler Ebene weitaus mehr Formen gesellschaftlicher Selbstkoordination<br />
herausgebildet haben als in vielen Nationalstaaten und <strong>der</strong> Europäischen Union (vgl. Cutler/<br />
Haufler/Porter 1999; Biersteker/Hall 2002; Börzel 2007b). Der „<strong>Schatten</strong> <strong>der</strong> Anarchie“<br />
(Mayntz/Scharpf 1995b: 23, Fn. 5) zeichnet sich aber nicht nur durch die vollständige<br />
Abwesenheit einer sanktionsbewehrten Zentralgewalt aus. Wie auch die öffentlichen Akteure,<br />
richten private Akteure, die sich an nicht-hierarchischer Governance jenseits des<br />
12 Shalini Ran<strong>der</strong>ia verweist in diesem Zusammenhang auf das Phänomen <strong>der</strong> „cunning states“, die ihre<br />
mangelnde Bereitschaft zur Bereitstellung von Governance-Leistungen mit fehlen<strong>den</strong> Kapazitäten<br />
rechtfertigen (Ran<strong>der</strong>ia 2003: 27-60).<br />
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