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Abstract - DGPuK

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DAS BILD ALS GEGENSTAND KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTLICHER INHALTSANALYSENInhaltJens Woelke (Salzburg)Das Bild als Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Inhaltsanalysen – welchesBild? ............................................................................................................................................................3Patrick Rössler (Erfurt)Ikonographische Codierung durch visuelle Codebücher.Vorgehensweise und Befunde einer Vielfaltstudie zu Filmbeiträgen in deutschenFernsehnachrichten.................................................................................................................................6Joachim Trebbe / Sabrina Baumgartner (Fribourg)Die Konstruktion internationaler Politik in den Bildsequenzen von Fernsehnachrichten.Quantitative und qualitative Inhaltsanalysen zur Darstellung symbolischer Politik............ 11Volker Gehrau (Ilmenau) / Andrea Sellmann (Berlin) / Robert Mönch (Berlin)Professionelle Produktionsregeln als Grundlage der Kodierung der audiovisuellenQualität von Fernsehnachrichten..................................................................................................... 15Susanne Keuneke (Düsseldorf)Wie qualitativ sind qualitative Online-Interviews? MethodologischeÜberlegungen zu einem jungen Befragungsverfahren [OFFENES PANEL]............................... 17Magnus Pagendarm (Tübingen)Externe Validität der Erfassung von Echtzeiturteilen während der Filmrezeption[OFFENES PANEL] ................................................................................................................................ 25Andreas Vlašić (Ludwigshafen)Hauptsache signifikant? Die Kontroverse der „zwei Statistiken“ und ihreImplikationen für die Anwendung von Signifikanztests in den Sozialwissenschaften[OFFENES PANEL] ................................................................................................................................ 33René Weber (Michigan) / Katharina-Maria Behr (Hannover) / Ute Ritterfeld (LosAngeles) / Klaus Mathiak (Aachen)Zeitbasierte, hoch auflösende Inhaltsanalyse gewalthaltiger Videospiele................................ 38Frank Schwab / Moritz Horvath (Saarbrücken)EMFACS als Medieninhaltsanalyseverfahren nonverbaler Verhaltensmuster ...................... 43Sonja Glaab / Harald Schoen (Mainz)Zur inhaltsanalytischen Messung des Emotionalisierungspotentials (historischer)Medieninhalte ....................................................................................................................................... 47Werner Wirth (Zürich) / Lars Harden (Hannover)1Heuristisches und systematisches Codieren.Eine empirische Analyse zum Codierprozess................................................................................. 52Autorinnen und Autoren ................................................................................................................... 582


PATRICK RÖSSLERJens WoelkeDas Bild als Gegenstand kommunikationswissenschaftlicherInhaltsanalysen – welches Bild?Im Alltagsverständnis gelten Bilder zumeist als unproblematisch, da sie der Nähe zumrezeptiven Sehen wegen ad hoc oder in der ersten Betrachtung zumeist als Abbilder, alsRepräsentationen von Gegenständen außerhalb des menschlichen Bewusstseins gesehenwerden. Aus wissenschaftlicher Perspektive greift die Annahme, dass Bilder Abbildersind und etwas denotieren, jedoch zu kurz. Man muss nicht eine Position vertreten, dieDenotation als wesentliches Definitionskriterium eines Bilder überhaupt ablehnt unddarauf verweist, dass Bilder nicht „Repräsentationen von“, sondern „Repräsentationenals“ sind und damit lediglich etwas sichtbar machen (vgl. Goodmann, 1998) – allein dieDiskussionen in Philosophie und Bildtheorie verdeutlichen (vgl. Ducasse, 1951; Husserl,1966; Dretske, 1969 in Wiesing, 2002), wie das, was man als Bild und dessen Bedeutungwahrnimmt, von Vorannahmen, anderen Informationsangeboten oder allgemein demBewusstsein des Sehenden abhängt. Dies verdeutlichen auch kognitionswissenschaftlicheAnalysen von so genannten Doppelbildern: In Gedächtnistests erzielen diejenigenVersuchspersonen regelmäßig bessere Reproduktionsleistungen, die vor einem Doppelbildzusätzlich eine verbale Erläuterung zu dessen Bedeutung erhalten (vgl. Bower,Karlin & Dueck, 1975). Ähnliches gilt für die Verständlichkeit, wenn Bildrätselzusammen mit einem adäquaten, d.h. die Lösung nahe legenden sprachlichen Textdargeboten werden statt mit einem beliebigen Text (vgl. Bock, 1984, S. 82 und 83).Nun ist das Problem individueller und kontextspezifischer Lesarten nicht nurkennzeichnend für Inhaltsanalysen von Bildern, sondern allgemein ein Grundproblemvon Inhaltsanalysen verbaler Informationsangebote – nicht ohne Grund kennzeichnenFrüh (2001) oder Wirth (2001) Inhaltsanalyse als eine spezifische Form der Rezeption.Idealerweise trifft diese dann Aussagen über Texte, für die es eine dominante Lesart oderanders ausgedrückt eine ausreichend wahrscheinliche spezifische Rezeptionsweise gibt(vgl. Kolb, Mathes & Kochhan, 2002).Dass es für Bilder Regeln wie Syntax und Grammatik gibt, wie sie im Bereich Sprachehinreichende Kriterien zur Vorhersage von Verstehen und Bedeutungszuweisungenanbieten und damit Aussagen über den Inhalt (wenn auch mit Unschärfen) möglicherscheinen lassen, wird jedoch bezweifelt (vgl. Boehm, 1994; Sachs-Hombach, 1999;Doelker, 2001). Einen Inhalt zu definieren, der dann nach wissenschaftlichen Regelnanalysiert werden kann, erscheint dadurch umso schwieriger. Als Problem kommt fernerhinzu, dass Analysen wie die von Weidenmann (1995) zeigen, dass der Begriff Bild fürwissenschaftliche Zugänge insgesamt zu allgemein und zu unspezifisch ist.Der vorliegende Beitrag unterstellt jedoch, dass es in Bezug auf Bilder ebenfalls soetwas wie dominante Lesarten gibt – dann etwa, wenn Bilder wie die so genannten3Standbilder mit Portraits von Politikern in Nachrichtensendungen Denotate eben dieserPersonen sind. Um diese für die Inhaltsanalyse zu identifizieren, erscheint zunächst eineKlassifikation dessen notwendig, was allgemein als Bild bezeichnet wird. Faktoren, diefür eine solche Einteilung zielführend sind, beziehen sich auf:• die Modalität einer Darbietung in Bezug auf die Wahrnehmung,• die/das verwendete Codierung/Symbolsystem,• die Art und Weise der internen Repräsentation (wahrnehmungs- oder bedeutungsmäßig),• mögliche Übergange modalitätsspezifischer Präsentation und modalitätsspezifischerRepräsentation.Darüber hinaus erscheint eine weitere Unterscheidungsebene notwendig. Wenn wiein der Diskussion um Text-Bild-Scheren die Annahme besteht (vgl. Wember, 1976),dass der Kontext einer piktoralen Darbietung deren Verstehen bestimmt und deshalb dieKomplementarität von verbaler und nonverbaler Präsentation als notwendig füradäquates Verstehen gesehen wird, empirische Befunde dies aber nicht durchwegbestätigen (vgl. Drescher, 1997; Brosius, 1998), bleibt zu klären, welche Typen vonBeziehungen zwischen piktoraler und verbaler Darbietung grundsätzlich vorstellbar sind(vgl. Nöth, 1985).Die Kenntnis dieser Unterscheidungskriterien und eine vor der Analyse möglicheEinteilung von Bildern ist notwendig, um regelgeleitet bestimmen zu können, ob einepiktorale Darbietung als eigenständiger Inhalt analysiert werden kann, oder ob eininhaltsanalytisches Instrument (vgl. Grittmann, 2001) notwendig ist, das sequentiellintegrativvorgeht, indem es Schlussfolgerungen aus dem sprachlichen Text explizit indie Kodierung einbezieht.LiteraturBoehm, G. (1994). Die Wiederkehr der Bilder. In G. Boehm (Hrsg.), Was ist ein Bild?(S. 11-38). München: Fink.Brosius, H.-B. (1998). Visualisierung von Fernsehnachrichten. Text-Bild-Beziehungenund ihre Bedeutung für die Informationsleistung. In M. Meckel & K. Kamps(Hrsg.), Fernsehnachrichten (S. 213-224). Opladen: Westdeutscher Verlag.Doelker, C. (2001). Ein Funktionsmodell für Bildtexte. In K. Sachs-Hombach (Hrsg.),Bildhandeln (S. 29-39). Magdeburg: Scriptum Verlag.Drescher, K. (1997). Erinnern und Verstehen von Massenmedien. Empirische Untersuchungenzur Text-Bild-Schere. Wien: WUV.Früh, W. (2001, 5. Auflage). Inhaltsanalyse. Konstanz: UVK.4


IKONOGRAPHISCHE CODIERUNG DURCH VISUELLE CODEBÜCHERGoodmann, N. (1998, 2. Auflage). Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie.Frankfurt a.M.: Suhrkamp.Grittmann, E. (2001). Fotojournalismus und Ikonographie. Zur Inhaltsanalyse vonPressefotos. In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.), Inhaltsanalyse (S. 262-279). Köln:Halem Verlag.Kolb, S., Mathes, R. & Kochhan, C. (2001). Von der kommunikatorzentriertenAuswertung von Medieninhaltsanalysen zur Schätzung von Rezeptionswahrscheinlichkeiten.Wahrnehmungschancen als Ansatz für eine Weiterentwicklungder Inhaltsanalyse. In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.), Inhaltsanalyse (S. 244-261).Köln: Halem Verlag.Nöth, W. (1985). Handbuch der Semiotik. Stuttgart: Metzler.Sachs-Hombach, K. (1999). Gibt es ein Bildalphabet? In K. Sachs-Hombach & K.Rehkämper (Hrsg.), Bildgrammatik (S. 57-66). Magdeburg: Scriptum Verlag.Weidenmann, B. (1995). Multicodierung und Multimodalität im Lernprozeß. In L. J.Issing & P. Klimsa (Hrsg.), Information und Lernen mit Multimedia (S. 65-84).Berlin: Springer.Wember, B. (1976, 3. Auflage). Wie informiert das Fernsehen? Ein Indizienbeweis.München: List.Wiesing, L. (2002). Philosophie der Wahrnehmung. Modelle und Reflexionen. Frankfurta.M.: Suhrkamp.Wirth, W. (2001). Der Codierprozeß als gelenkte Rezeption. Bausteine für eine Theoriedes Codierens. In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.), Inhaltsanalyse (S. 157-182).Köln: Halem Verlag.5PATRICK RÖSSLERPatrick RösslerIkonographische Codierung durch visuelle Codebücher.Vorgehensweise und Befunde einer Vielfaltsstudiezu Filmbeiträgen in deutschen FernsehnachrichtenAusgangslageKennzeichnend für den Prozess der empirischen Sozialforschung ist die Übersetzung derbeobachteten Sachverhalte – bevorzugt anhand standardisierter Instrumente – in Daten,die eine Reduktion von Komplexität erlauben. Sozialwissenschaftliche Methoden tunsich mit diesem Transfer dann leichter, wenn die Codierungen von Sachverhalten undInstrumenten übereinstimmen: So beruht beispielsweise die Befragung auf einemverbalen Instrument, mit dem ebenfalls verbale Informationen (etwa die Angaben einesMediennutzers oder Wählers) erhoben werden. Analog bevorzugt auch die Inhaltsanalyseals von der Kommunikationswissenschaft wesentlich weiterentwickelte Methodeverbal codierte Medieninhalte (z. B. Zeitungsartikel), die mit Hilfe verbal codifizierterRegelwerke (das klassische Codebuch) verschlüsselt werden. Diese Korrespondenz derCodes erleichtert die Kategorienbildung, die Formulierung von Ausprägungen, dasHandling des Untersuchungsmaterials und schließlich auch die spätere Ergebnispräsentation.Die bereits im Call for Papers diagnostizierte Zurückhaltung der Kommunikationsforschungbei der Inhaltsanalyse von Bildmaterial (und insbesondere Bewegtbildern)lässt sich einerseits mit dem schwierigeren Zugang und Archivierung gerade von TV-Angeboten erklären, insbesondere aber auch mit der eben beschriebenen Diskrepanzzwischen den Codifizierungen von Untersuchungsmaterial und Instrument. Dieausgestrahlten Bildinformationen müssen für die inhaltsanalytische Codierung nämlichzunächst in verbale Codes übersetzt werden (wenn auch nur implizit im Kopf desCodierers), bevor sie mit den herkömmlichen Codebüchern adäquat bearbeitet werdenkönnen. Dieses Dilemma wird dann besonders offenkundig, wenn Fernseh-Inhaltsanalysenhilfsweise auf Verbalisierungen (wie z. B. die Programminformationen inFernsehzeitschriften oder Sendeprotokolle) zurückgreifen oder schlicht nur den(transkribierbaren) Audiokanal berücksichtigen, etwa im Fall von Fernsehnachrichten.Für eine Reihe von wissenschaftlichen Fragestellungen ist diese Vorgehensweisedurchaus legitim, und zwar insbesondere, wenn die Bildinhalte für denBedeutungsgehalt oder die interessierenden Forschungsaspekte irrelevant sind.Umgekehrt gibt es freilich auch zahlreiche Fälle, in denen das Erkenntnisinteresse dieBerücksichtigung des Bildinhalts zwingend erfordert. Die oben skizzierteArgumentation weiter gedacht könnte eine Lösung für dieses Problem darin liegen, den6


IKONOGRAPHISCHE CODIERUNG DURCH VISUELLE CODEBÜCHERCode des Instruments an das Untersuchungsmaterial anzupassen (und nichtumgekehrt), d. h. ein visuelles Codebuch zu entwickeln, mit dessen Hilfe eineikonographische Codierung von Fernsehbildern möglich wird. Für den vorliegendenZusammenhang sei zurückgestellt, dass dieser Vorschlag das Problem möglicherweisenur auf die Ergebnisdarstellung verlagert, sofern dafür keine angemessen Form gefundenwerden kann; im Lichte des Tagungsthemas soll zunächst auf die methodischen Aspekteeiner entsprechenden Datenerhebung eingegangen werden.Methodische Aspekte einer ikonographischen CodierungDer Vortrag stellt die Grundzüge einer ikonographischen Codierung anhand einervollständig durchgeführten Studie vor. Er schließt damit unmittelbar an einen Vortragan, der auf einer früheren Tagung der Methoden-Fachgruppe gehalten wurde undgrundsätzliche konzeptionelle Aspekte ansprechen, nicht aber die Erfahrungen aus einerabgeschlossenen Erhebung berücksichtigen konnte. Im Gegensatz hierzu benutzt dervorliegende Vorschlag ausgewählte Ergebnisse dieser Studie, um daran exemplarisch dieStärken und Schwächen der Verwendung eines visuellen Codebuchs zu reflektieren.Dabei werden speziell folgende Aspekte diskutiert:• Validität / Angemessenheit der Fragestellung:Ziel dieser Untersuchung war die Bestimmung von Vielfalt auf einer Mikroebeneaktueller journalistischer Berichterstattung, d.h. mit Blick auf die Beitragselementevon Filmberichten in Fernsehnachrichten. Das Erkenntnisinteresse liegt hier ineinem Abgleich unterschiedlicher Formen der visuellen Aufbereitung durchunterschiedliche Kommunikatoren. Der geplante Inferenzschluss – nämlich auf dieVielfalt in der journalistischen Darstellung – lässt sich wegen der komparativenFragestellung aus dem ebenfalls komparativen Zugang zweifelsfrei ziehen. Fürandere Aufgaben ist die Methodik jedoch weniger geeignet, gerade wenn es um dieüblichen Inferenzschlüsse auf die Kommunikatoren selbst, den Rezipienten oder diesoziale/historische Situation geht. Die ikonographische Codierung erlaubt einevalide (und hochreliable) Identifikation von Bildern, aber nicht deren Interpretation.• Referenz / Kontextualisierung der ikonographischen Kategorien:Aus diesem Grund verspricht es zumeist wenig Erfolg, auf ein ausschließlichvisuelles Codebuch zurückzugreifen; vielmehr kann es nur um die Einbettungeinzelner ikonographischer Kategorien in ein Codebuch gehen. Das klassischeParadox, dass zwar ein Bild mehr sagt als tausend Worte, aber gerade im aktuellenNachrichtenjournalismus die Bilder ohne entsprechende Kontextualisierung oftbedeutungslos sind, schlägt sich hier auch auf die inhaltsanalytische Erfassungnieder. Im gewählten Fallbeispiel wurde dies durch eine zweistufige Anlage derAnalyseeinheiten berücksichtigt (siehe Abbildung im Anhang), die neben der7PATRICK RÖSSLERCodierung der Bildsequenzen als verbale Codierung auf Beitragsebene z. B. dasThema des Beitrags vorsah.• Reaktivität / Ermittlung von Übereinstimmung:Auch für die reine Identifikation von Bildern anhand eines entsprechendausgearbeiteten visuellen Codebuchs stellt sich die Frage nach der Reaktivität desMaterials bezüglich der Codierung, im Sinne der Entscheidungen durch dieCodierer. Bereits an früherer Stelle wurde festgehalten, dass im Falle der Inhaltsanalysedie klassische Form der Reaktivität (Veränderungen des Untersuchungsgegenstandsdurch die Methode) durch eine Form der Reaktivität abgelöst wird, dieauf der unterschiedlichen Behandlung des Gegenstands durch den Codierer beruht(vgl. Merten & Großmann, 1996). Für den vorliegenden Fall betrifft diesinsbesondere die Entscheidung des Codierers, was im Sinne der Kategorien undihrer Ausprägungen jeweils als mit der (visuellen) Definition übereinstimmend zugelten hat. In der klassischen Inhaltsanalyse wird dies meist durch die Vorgabe vonNominaldefinitionen oder eines exemplarischen semantischen Feldes gelöst; fürikonographische Codierungen sind neue Konventionen nötig, was unter einer„Übereinstimmung“ mit der visuellen Vorgabe zu verstehen ist. Die Studieverwendete exemplarisch zwei unterschiedliche Lösungen, die die Wirklichkeitjournalistischer Praktiken, aber auch den Eindruck eines „durchschnittlichenZuschauers“ berücksichtigt.• Innovation / Nutzung technischer Weiterentwicklungen:Die praktische Durchführung einer ikonographischen Codierung wird erst durchdie erweiterten Möglichkeiten der Digitalisierung von Fernsehbildern praktikabel,da erst sie die relativ komfortable Herstellung von entsprechenden Codiervorgaben,aber auch die Zerlegung in handhabbare Elemente ermöglicht. Die weiteVerbreitung ausreichend leistungsfähiger Rechner wird zukünftig möglicherweisedie Durchführung von Bildanalysen erleichtern. Denkbar ist damit selbst dieEntwicklung eines dynamischen Codebuchs, das als Vorgaben auch Bewegtbildervorsieht; im vorliegenden Fall mussten allerdings noch einzelne Screenshots alsPlatzhalter für die entsprechenden Sequenzen dienen. Die Zukunft gehört aufdiesem Gebiet sicher den maschinellen Verfahren der Bildanalyse, die geeignet seinkönnen, das Ausmaß der Übereinstimmung (s. o.) durch einen rechnerischenKoeffizienten auszudrücken.Der Vortrag versteht sich somit als ein methodenpraktischer Beitrag zurWeiterentwicklung von visuell orientierten Erhebungsverfahren im Rahmen derInhaltsanalyse.8


IKONOGRAPHISCHE CODIERUNG DURCH VISUELLE CODEBÜCHERLiteraturMerten, K. & Großmann, B. (1996). Möglichkeiten und Grenzen der Inhaltsanalyse.Rundfunk und Fernsehen, 44, 70-85.PATRICK RÖSSLERAnhangExemplarische Darstellung – Analyseeinheiten auf Berichts- und Sequenzebene3005 Seq.2+ Medien270 tägl.Ereignisseim FilmBERICHTSEBENE4275einzigart.Sequenzen593Beiträge m.Film690BeiträgeSEQUENZ-EBENE5190Sequenzen910


JOACHIM TREBBE / SABRINA BAUMGARTNERJoachim Trebbe / Sabrina BaumgartnerDie Konstruktion internationaler Politik in den Bildsequenzenvon Fernsehnachrichten. Quantitative und qualitativeInhaltsanalysen zur Darstellung symbolischer PolitikProblemstellung und ForschungsstandNonverbale Inhalte sind ein wesentlicher Bestandteil des Mediums Fernsehen. Wiekönnen Fernsehbilder analysiert werden und welche methodischen Besonderheitenstellen sich bei ihrer Analyse? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Beitrags. Wirwerden uns dem Thema dabei aus zwei Perspektiven nähern:(1) Aus der Perspektive der kommunikationswissenschaftlichen Forschung zurPolitikvermittlung im Fernsehen. Hier handelt es sich um ein vergleichsweise umfassendbearbeitetes Forschungsfeld (Jarren & Donges, 2002). Stichworte wie die Mediatisierungvon Politik oder Symbolische Politik (Edelmann, 1976; Sarchinelli, 1987) bezeichnenMechanismen, die bei der Politikvermittlung im und durch das Fernsehen schon seiteiniger Zeit beschrieben und untersucht werden. Dabei wird immer wieder auf dieBesonderheit des Fernsehens als Bildmedium und die damit verbundenen Zwänge undMöglichkeiten bei der Thematisierung Bezug genommen (Kamps, 1999). EineDifferenzierung zwischen Text/Bild bzw. eine spezifisch auf die Rolle des Bildesfokussierte Inhaltsanalyse findet in den wenigsten Studien statt (Ludes & Schütte,1998).(2) Aus der Perspektive des Bildes als kommunikationswissenschaftlicherForschungsgegenstand (Knieper & Müller, 2001; Müller, 2003). Hier lassen sich –insbesondere bei inhaltsanalytischen Studien von Fernsehbildern – zwei Forschungstraditionenidentifizieren: Die explizit dem Bild bzw. der visuellen Darstellung undihrem Verhältnis zum Text zugewandten Fragestellungen und Studien (Brosius, 1998)auf der einen und die Perspektive der nicht zwischen Bild und Text (besser Ton)differenzierenden Aussagenanalyse von Fernsehsendungen oder -beiträgen auf deranderen Seite. In den meisten inhaltsanalytischen Studien wird die inhaltlichthematischeCodierung (etwa zu Nachrichtenfaktoren, Qualität oder behandeltenThemen und Akteuren) implizit auf der Basis von Bild und Ton vorgenommen (Maurer,2005). Eine besondere Erfassung der Bildsequenzen in Studien zuNachrichtensendungen und eine Analyse auf ihre Eigenschaften als nonverbaler Inhaltist eher selten (Kamps, 1999; Berens & Hagen, 1997).In dem geplanten Beitrag wird versucht, diese Perspektiven zu verbinden undexemplarisch in einem methodischen Konzept zur Analyse von Fernsehbildern und -sequenzen umzusetzen. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Erkenntnisse der11Forschung über Politikvermittlung im Fernsehen in einer Inhaltsanalyse vonNachrichtenbildern genutzt und operationalisiert werden können. Wie lässt sich zumBeispiel der Grad der Mediatisierung oder symbolische Politik in den Sequenzenerfassen? Können Typen von Bildinhalten identifiziert und beschrieben werden, die dieSymbolhaftigkeit und Mediatisierung der Politikvermittlung klassifizierbar machen?Welche neuen Erkenntnisse können in Bezug auf die Politikvermittlung im Fernsehendurch die spezifische Analyse der Bildinhalte erwartet werden?Konzeption und MethodeDie Wahrscheinlichkeit im Fernsehen auf politische Inhalte zu treffen, ist in denNachrichten am höchsten (Trebbe, 2004; Maurer, 2005, S. 182). Deshalb wird die imFolgenden beschriebene Fallstudie für Fernsehnachrichten durchgeführt. Darüberhinaus werden wir uns bei der Analyse auf das Themensegment der internationalenPolitik konzentrieren. Diese Themen sind für das Fernsehpublikum am weitestenentfernt, am wenigsten erfahrbar und am stärksten durch abstrakte Inhalte geprägt. Hiermüssten sich also am ehesten typische Muster in der Bebilderung politischer Themenund Ereignisse zeigen.Die Studie besteht aus einem quantitativen und einem qualitativen Teil. In einemersten Schritt werden alle Beiträge der Hauptnachrichtensendungen einer natürlichenWoche des ersten Programms des Schweizer Fernsehens (SF 1), die sich mit internationalerPolitik beschäftigen, ausgewählt und in Bildsequenzen eingeteilt. Danachwerden alle ausgewählten Sequenzen im Hinblick auf ihren Inszenierungs- undMediatisierungsgrad, sowie auf die Darstellung symbolischer Politik untersucht undcodiert. Das Vorgehen im ersten Schritt entspricht dabei dem üblichen Verfahren beiquantitativen Inhaltsanalysen, wie es für verbale Medieninhalte entwickelt wurde. DieWahl der Sequenz als kleinste Untersuchungseinheit ermöglicht jedoch einenbesonderen Zugang zu den Bildern und erlaubt eine detailliertere Analyse deren Inhalte.In einem zweiten Schritt werden beispielhaft typische Sequenzen, die inszenierte undmediatisierte Ereignisse thematisieren einer qualitativen Bildanalyse unterworfen. Indiesem Analyseschritt sollen die Bilder dieser Sequenzen im Hinblick auf dieKameraeinstellung und die Anordnung der Akteure und Bildelemente im Raumbeschrieben und untersucht werden. Zeigen sich hier Muster, die mit der Inszenierungder Ereignisse in Zusammenhang gesehen werden können? Welches sind typische bildimmanenteEigenschaften von Sequenzen von inszenierten und mediatisierten Ereignissen?Mit der Durchführung einer quantitativen und einer qualitativen Inhaltsanalyseder Sequenzen von Nachrichtensendungen wird hier ein Ansatz vorgeschlagen, mit demversucht wird, der Komplexität und Vielschichtigkeit nonverbaler Medieninhaltegerecht zu werden.12


DIE KONSTRUKTION INTERNATIONALER POLITIK IN DEN BILDSEQUENZEN VONFERNSEHNACHRICHTENUntersuchungszieleAus methodischer Sicht bestehen vor allem zwei Untersuchungsziele. Die Fallstudie sollbeispielhaft aufzeigen, wie sich die Analyse von Bildern auf die Auswahl und Definitionvon Untersuchungseinheiten bei Fernsehinhaltsanalysen auswirkt. Neben der AnalyseeinheitSendung, Beitrag oder auch Thema und Akteur muss hier die eher aus derFilmanalyse bekannte Sequenz als Untersuchungseinheit in den Mittelpunkt desinhaltsanalytischen Zugriffs auf das Untersuchungsmaterial rücken. Darüber hinaus giltes zu zeigen, wie durch die Verknüpfung quantitativer und qualitativer Untersuchungsschrittevalide und verallgemeinerbare Erkenntnisse über die Kompositionslogikvon Politikberichterstattung in Fernsehnachrichten generiert werden können.Inhalt des VortragesDer Vortrag wird sich – nach einer kurzen Darstellung von Fragestellung undForschungskontext – auf die methodischen Details (1) der Sequenzdefinition, -auswahlund -analyse und (2) der Codierung von Bildinhalten und Kameraeinstellungenkonzentrieren. Die Ergebnisse der Analyseschritte werden exemplarisch dargestellt unddiskutiert, um die Art und die Qualität der Daten aufzuzeigen, die mit dem Verfahrenerzeugt werden können.LiteraturBerens, H. & Hagen, L. M. (1997). Der Fall „Brent Spar“ in Hauptnachrichtensendungen.In G. Bentele & M. Haller (Hrsg.), Aktuelle Entstehung vonÖffentlichkeit. Akteure – Strukturen – Veränderungen (S. 539-549). Konstanz:UVK Medien.JOACHIM TREBBE / SABRINA BAUMGARTNERKamps, K. (1999). Politik in Fernsehnachrichten. Struktur und Präsentationinternationaler Ereignisse – Ein Vergleich. Baden-Baden: Nomos Verlag.Kamps, K. & Meckel, M. (Hrsg.). (1998). Fernsehnachrichten – Prozess, Strukturen,Funktionen. Opladen: Westdeutscher Verlag.Knieper, T. & Müller, M. G. (2001). Kommunikation visuell. Das Bild alsForschungsgegenstand – Grundlagen und Perspektiven. Köln: von Halem Verlag.Ludes, P. & Schütte G. (1998). Staatsoberhäupte und einfache Leute. Eine Schlüsselbildanalyse.In K. Kamps & M. Meckel (Hrsg.), Fernsehnachrichten – Prozess,Strukturen, Funktionen (S. 239-251). Opladen: Westdeutscher Verlag.Maurer, T. (2005). Fernsehnachrichten und Fernsehqualität. Eine Längsschnittstudie zurNachrichtenentwicklung in Deutschland. München: Fischer.Müller, M. G. (2003). Grundlagen der visuellen Kommunikation: Theorieansätze undAnalysemethoden. Konstanz: UVK.Sarcinelli, U. (1987). Symbolische Politik. Zur Bedeutung symbolischen Handelns in derWahlkampfkommunikation der Bundesrepublik Deutschland. Opladen:Westdeutscher Verlag.Trebbe, J. (2004). Fernsehen in Deutschland. Programmstrukturen, Programminhalte,Programmentwicklungen. Berlin: Vistas Verlag.Wember, B. (1976). Wie informiert das Fernsehen? München: List.Brosius, H.-B. (1998). Visualisierung von Fernsehnachrichten – Text-Bild-Beziehungenund ihre Bedeutung für die Informationsleistung. In K. Kamps & M. Meckel(Hrsg.), Fernsehnachrichten – Prozess, Strukturen, Funktionen (S. 213-224).Opladen: Westdeutscher Verlag.Edelmann, J. M. (1976). Politik als Ritual: die symbolische Funktion staatlicherInstitutionen und symbolischen Handelns. Frankfurt: Campus Verlag.Jarren, O. & Donges P. (2002). Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. EineEinführung. Band 2: Akteure, Prozesse und Inhalte. Wiesbaden: VS Verlag fürSozialwissenschaften.1314


VOLKER GEHRAU / ANDREA SELLMANN / ROBERTMÖNCHVolker Gehrau /Andrea Sellmann / Robert MönchProfessionelle Produktionsregeln als Grundlage der Kodierungder audiovisuellen Qualität von FernsehnachrichtenEs liegen viele – zum Teil methodisch recht unterschiedliche – Inhaltsanalysen derQualität von Fernsehnachrichten vor. Diese beschäftigen sich fast ausnahmslos mitinhaltlichen Aspekten dieser Sendungen, z.B. mit deren Themen und Akteuren oder mitderen inhaltlichen Vielfalt, Ausgewogenheit, Relevanz oder Verständlichkeit. Diegestalterische Ebene – insbesondere die Bildebene – wird kaum analysiert und wenn,dann meist in Bezug auf den dargestellten Inhalt, aber praktisch nie in Bezug auf dieQualität der Darstellung selbst. Ein zentraler Grund dafür liegt in der Schwierigkeit zudefinieren, was eine gute Darstellung ist, bzw. was ein gutes Bild und einen guten Tonbei Fernsehnachrichten ausmacht. Dabei spielen ästhetische Fragen eine Rolle, die sichnur schwer in formalisierte Kodierregeln einer standardisierten Inhaltsanalyse fassenlassen.Hier setzt der Beitrag an. Es wird ein Vorschlag skizziert, wie sich die audiovisuelleQualität von gesendetem Fernsehmaterial standardisiert mittels Inhaltsanalyse erhebenlässt, ohne festzulegen, was ästhetisch gutes Fernsehmaterial ist. Entgegen denProblemen bei der Definition guten audiovisuellen Materials ist es relativ einfachfestzulegen, was schlechtes audiovisuelles Fernsehmaterial ausmacht. Die Frage lässt sichanhand von professionellen Produktionsregeln klären. Diese zunächst zu identifizieren,um sie dann wissenschaftlich systematisch zu formalisieren, erfordert die Zusammenarbeitvon Praktikern und Wissenschaftlern. Eine solche Zusammenarbeit liegt dervorzustellenden Kodierlogik zugrunde, die in zwei unterschiedlichen empirischenStudien angewendet wurde. Gegenstand des Vortrags soll es sein, den Ansatz, dieRealisation und die Güte des verwendeten Kodiersystem vorzustellen.Ausgangspunkt des Kodiersystems ist Expertenwissen von Kameraleuten,Tontechnikern, Cuttern und Redakteuren in Kombination mit der Berufserfahrung derAutoren. Damit wurde eine Liste technischer Schwächen aufgestellt, die bei derProduktion von Fernsehnachrichtenmaterial aus professioneller Sicht auf jeden Fallvermieden werden müssen, solange sie nicht ästhetischen Zwecken dienen, die aber inFernsehnachrichten die absolute Ausnahme bilden. Die angesprochenen Schwächen folgendem typischen Produktionsprozess und zwar Verstößen gegen dessen professionelleRealisierung: Dieser beginnt mit der Stativnutzung für die Kamera, sofern dieProduktionsbedingungen dies zulassen, und dem korrekten Weißabgleich. Dazu kommtdie Entscheidung für den Bildausschnitt. Außerdem werden Schärfe, Blende und Lichtgewählt. Beim Drehen kommt es dann darauf an, nicht zu wackeln, die Kamera adäquatzu bewegen und die Schärfe auf dem relevanten Bildausschnitt zu halten. Beim Ton ist eswichtig, die O-Töne der Protagonisten richtig auszusteuern, damit sie gut zu verstehen15sind, und passende Atmo aufzunehmen. Bei der Produktion ist es schließlichentscheidend, richtige Bildanschlüsse zu montieren und eine Passung von Inhalt undaudiovisuellem Material zu erhalten.Das Schwergewicht des Vortrags wird darin liegen, die Operationalisierung (einiger)der genannten Schwächen vorzustellen. Das lässt sich idealtypisch in vier Schrittenvollziehen: Zunächst ist zu erklären, welcher technischen Anforderung das Kriteriumdient. Dann kann anhand von extra produziertem Anschauungsmaterial gezeigt werden,wie sich ein Verstoß gegen die Produktionsregel auf das Bild- oder das Tonmaterialauswirkt. Anschließend werden die Regeln vorgestellt, wie der Verstoß gegen dieProduktionsregel im gesendeten Fernsehmaterial zu identifizieren und zu kodieren ist.Abschließend kann die Anwendung der Regel anhand von gesendetem Nachrichtenmaterialexemplarisch nachvollzogen werden. Den Abschluss des Vortrags bildenGütemaße des Vorgehens, die sich in zwei Studien ergeben haben, in denen dasVerfahren angewendet wurde. Die große Reliabilität des Vorgehens zeigt sich beiWiederholungskodierungen desselben Materials durch denselben Kodierer mit praktischdurchweg über 95 Prozent Übereinstimmung. Schwieriger ist die Validität zu beurteilen.Als Annäherung werden Vergleiche des gesendeten Materials je nach Professionalität derProduzierenden – gemessen an der Berufserfahrung – vorgestellt. Dabei zeigt sicheindeutig, dass die Qualität des Materials mit der Berufserfahrung der Produzierendenzunimmt und damit die Fehler oder Schwächen abnehmen. Die Autoren werten denBefund als Hinweis auf die Validität der Kodierung.16


SUSANNE KEUNEKESusanne KeunekeWie qualitativ sind qualitative Online-Interviews? MethodologischeÜberlegungen zu einem jungen BefragungsverfahrenDie zunehmende Verbreitung der Computernetze verändert Kommunikationsgewohnheiten,in der Freizeit wie auch im Berufsleben. Die akademische Forschung bleibt davonnicht unberührt. Seit einigen Jahren wird die Möglichkeit genutzt, Befragungen onlinedurchzuführen und auf diese Weise die materiellen wie immateriellen Forschungskostendeutlich zu senken. Der Fokus dieser Nutzung liegt auf quantitativenBefragungsverfahren. Dies erscheint naheliegend, ergeben sich doch strukturelleÄhnlichkeiten zwischen einer (postalischen) Fragebogenerhebung off- und online. Dassdiese Analogie nicht in allen Punkten aufgeht, ist bekannt und wird methodologischdiskutiert (vgl. bspw. Batinic, 2001; Möhring & Schlütz, 2003, S. 146-151).Vergleichweise selten dagegen scheinen qualitative Online-Befragungsverfahrenangewendet zu werden; in jedem Fall steht eine methodologische Auseinandersetzungmit dieser Variante des Interviews noch weitgehend aus. 1 Als Grund kann vermutetwerden, dass qualitative Verfahren im Allgemeinen weniger Beachtung finden alsquantitative. Dennoch erscheint gerade bei qualitativen Online-Interviews einemethodologische Reflexion angebracht, weicht doch die Erhebungssituation deutlichervon der des Offline-Verfahrens ab als bei einer Fragebogenbefragung. So besteht einKonstituens qualitativer Befragungen in der Kopräsenz von Interviewer undInterviewtem – mit maßgeblichen Implikationen für den Forschungsprozess und dieQualität der gewonnenen Daten. Die Nutzbarkeit von visuellen und auditivenKommunikationskanälen spielt dabei eine wichtige Rolle. In dieser Hinsicht muss einOnline-Interview zumindest auf den ersten Blick als stark defizitär bezeichnet werden,auch wenn ein anderer wichtiger Effekt der Kopräsenz gewährleistet ist, nämlich einsynchroner Austausch und damit die Möglichkeit zur Rückkopplung. 2Dies wirft die Frage auf, warum überhaupt zur Online-Variante qualitativer Befragungsverfahrengegriffen werden sollte. Als Antwort ist auf ihre forschungsökonomischeEffizienz zu verweisen: Der Forscher muss den Befragten nicht aufsuchen bzw. ihn nichtbitten, seine Wohnung zu verlassen, wodurch die Teilnahmebereitschaft erhöht werdenkönnte. Mitunter ist eine Erhebungsteilnahme sogar ausgeschlossen, wenn das Interviewnicht online durchgeführt werden kann. 3 Darüber hinaus entfällt bei Online-Interviewsdie Transkription, die gemeinhin ein Vielfaches der Interviewzeit in Anspruch nimmt, 4denn das Gespräch kann direkt am Bildschirm mitgeschnitten werden.Dennoch dürfen die forschungsökonomischen Vorzüge nicht den Blick auf die obenangesprochenen Defizite verstellen. Ich werde deshalb im Folgenden der Fragenachgehen, inwieweit die Methode des Online-Interviews dem Paradigma qualitativerForschung genügen kann und welche Schlussfolgerungen für ihre Anwendung bzw. dieGüte der Daten sich hieraus ergeben. Als Folie werde ich die Grundsätze qualitativerForschung auflegen, wie Lamnek (1995) sie formuliert, und für eine weitere AnalyseTheorien der computervermittelten Kommunikation (CVK) heranziehen. Ausschnittevon Interviews, die im Rahmen einer Studie zu (Des-)Integrationspotenzialen eines sogenannten Multi-User-Dungeons (MUD) geführt wurden, dienen zur Illustration (sieheAnhang).Als Charakteristika qualitativer Forschung nennt Lamnek (1995, S. 22-30) diePrinzipien Forschung als Kommunikation, Offenheit, Flexibilität, Reflexivität vonGegenstand und Analyse, Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand undExplikation. Ihre Einhaltung gewährleistet, dass qualitative Erhebungen in die Tiefevordringen und Zusammenhänge aufdecken können. Ob dies mit der Methode desqualitativen Online-Interviews erreicht werden kann, ist also davon Grad abhängig, inwiefernsie den von Lamnek genannten Prinzipien entsprechen.Bezüglich der beiden letztgenannten Prinzipien ergeben sich keine maßgeblichenUnterschiede zwischen Off- und Online, deshalb werde ich sie vernachlässigen. Amdeutlichsten treten diese Unterschiede hingegen beim Prinzip Forschung alsKommunikation hervor, das somit Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist.Forschung als Kommunikation meint, dass Deutungen der Wirklichkeit zwischenInterviewer und Interviewten während des Gesprächs ausgehandelt werden (vgl.Froschauer & Lueger, 2003, S. 51). Dieser Vorgang ist konstitutiv für Alltagskommunikation,deren Strukturen qualitative Sozialforschung bewusst widerzuspiegelnversucht, um sich der Realität der Probanden soweit wie möglich annähern zu können.Deshalb sollte die Kommunikationssituation bei qualitativen Interviews natürlichenCharakter besitzen: Im Idealfall sucht der Forscher den Befragten in einer ihm1Eher kurze Diskussionen finden sich bspw. bei Götz (2003, S. 55-58) oder Mann undStewart (2000, S. 126-128). Letztere – die im Übrigen synchrone und asynchrone (= E-Mail-)Interviews undifferenziert behandeln – geben vor allem Hinweise für dieVorbereitung und Durchführung qualitativer Online-Befragungen.2Einige Autoren (vgl. bspw. Mann & Stewart, 2000) fassen auch den asynchronenAustausch per Email als qualitative Online-Interviews; ich werde mich jedoch ausPlatzgründen ausschließlich auf die synchrone Variante beziehen.173Ein Beispiel hierfür ist eine Studie, bei der ein amerikanisches Forscherteam saudiarabischeFrauen am Bildschirm befragte, da die landesüblichen Sitten ein Face-to-Face-Interview nicht zuließen (vgl. Al-Saggaf & Williamson, 2004).4Allerdings kann die Datenerhebung selbst deutlich länger dauern. Biggs (2000, S. 558)schätzt, dass ein Interview online dreimal so viel Zeit beansprucht wie offline, wennvergleichbare Resultate erzielt werden sollen. Ob allerdings überhaupt vergleichbareResultate erzielt werden können, werde ich im Folgenden zu klären versuchen.18


WIE QUALITATIV SIND QUALITATIVE ONLINE-INTERVIEWS?vertrauten Umgebung auf (vgl. Girtler, 1984, S. 151), in jedem Fall orientiert er sich beider Gesprächsführung an alltagsweltlichen Konventionen. In diesem Kontext erweistsich der Umstand, dass bei CVK keine Kopräsenz der Gesprächspartner gegeben ist, alsschwerwiegender Einwand gegen qualitative Online-Interviews. Wenn die Interviewsituationals artifizielle empfunden wird, könnte sich der Proband gehemmt fühlen undbei seinen Antworten zurückhaltend sein. Dagegen spricht zwar der „enthemmendeEffekt“ (Döring, 2002, S. 356), der sich bei CVK aus dem Fehlen sozialer Hinweisreizeergibt und zu „verstärkte(r) Offenheit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit“ (ebd.) führen kann.Dennoch möchte ich dafür plädieren, qualitative Online-Befragungen nach Möglichkeitnur mit Probanden durchzuführen, die sich tatsächlich in einer ‚vertrauten Umgebung‘befinden, nämlich in einem von ihnen routiniert genutzten Chat- oderSpielenvironment. Dafür spricht auch ein weiteres von Lamnek genanntes Prinzip, dasder Offenheit. Ihm zu Folge gilt der Befragte als Experte seiner eigenen Lebenswelt undsollte die Gelegenheit erhalten, sein Relevanzsystem mehr oder minder ungelenktdarzulegen. Dem Interviewer kommt so über weite Strecken des Interviews die Rolleeines aktiven Zuhörers zu, d.h. er animiert den Befragten zum Erzählen, indem erRückmeldungen durch eingestreute ‚Mhms‘, Kopfnicken oder Lächeln gibt. Bei derCVK sind derartige Rückmeldungen nur schwer möglich, weswegen Online-Kommunikation in der Theorie der Kanalreduktion mit Begriffen wie Ent-Sinnlichungoder Ent-Emotionalisierung assoziiert wird (vgl. Döring, 2002, S. 354). Die Theorie dersozialen Informationsverarbeitung hingegen geht davon aus, dass Menschen bei derCVK Kommunikationstechniken entwickeln, die den Mangel der Sinnesmodalitäten zukompensieren vermögen (Döring, 2002, S. 362): Durch sogenannte Emoticons(‚Smileys‘) oder Aktionswörter (*knuddel*) werden nonverbale Kommunikationselementesimuliert, um den Kontext des Geschriebenen zu verdeutlichen und dasGespräch emotional stärker aufzuladen. Döring (2002, S. 363) warnt davor, derartigeTechniken als vollständigen Ersatz für nonverbale Kommunikation bei Offline-Gesprächen zu betrachten. Dennoch können diese Sublimierungstechniken die Defiziteder CVK auch in Befragungssituationen abfedern, wie Beispiel 1 (siehe Anhang) zeigt:Sowohl die Forscherin als auch die Interviewte simulieren mit den MUD-spezifischen‚Emote‘-Befehlen nonverbale Handlungen, um das Gespräch zu kontextualisieren undzu emotionalisieren.Voraussetzung für diese Art der Gesprächsführung war der vertraute Umgang mitden MUD-Befehlen. Daraus lässt sich folgern, dass bei einem qualitativen Online-Interview sowohl der Forscher als auch der Befragte die oben genanntenSublimierungstechniken beherrschen sollten. Zwar kann sich der Interviewer mitHinweisen wie ‚Ich höre zu‘ oder Paraphrasen des eben Geschriebenen behelfen; imIdealfall jedoch passt er sich – off- wie online – dem Code des Befragten an und schafftsomit eine lockere Gesprächsatmosphäre. In jedem Fall sollte der Interviewte mit derverwendeten Form der CVK vertraut sein, damit seine Kommunikationskosten nicht zu19SUSANNE KEUNEKEhoch ausfallen: Seine Gedanken aufzuschreiben ist deutlich zeitaufwändiger undmühseliger als sie auszusprechen, dies umso mehr, wenn man in der Bedienung derKommunikationsplattform oder gar im Tippen nicht geübt ist. Als Folge könnte sich einProband der Befragung verweigern oder einsilbig antworten (vgl. auch Döring, 2002, S.363). Diese Gefahr ist umso größer, als die geschützte Gesprächssituation in der CVKgeringere Verbindlichkeit bedeutet (vgl. Döring, 2002, S. 356) und die Motivation desBefragten deshalb eigentlich überdurchschnittlich hoch sein sollte.Selbstverständlich bedeutet der routinierte Umgang mit einer bestimmtenKommunikationsform nicht automatisch, dass ein Proband bereit ist, sich (genauer) zuerklären. Dies belegt Beispiel 2 (siehe Anhang). Die Forscherin nutzt hier die Technikder Paraphrase, um die Befragte zum Erzählen zu animieren; bei Offline-Interviews regtdies mit einiger Sicherheit zu weiterer Explikation an, in diesem Fall erhält dieForscherin lediglich eine kurze Bestätigung. Das kann u.a. darin begründet liegen, dassdie Befragte gleichzeitig mit einem anderen Mitspieler chattet, sich dem Spielgeschehenoder einem anderen Fenster auf dem Bildschirm zugewandt hat. Diesem Risiko ist einOnline-Interviewer stets ausgesetzt, denn CVK bedeutet Kontrollverlust (vgl. Döring,2002, S. 365).Um jedoch nicht den Eindruck zu erwecken, dass Online-Interviews beim Interviewtenstets zu Einsilbigkeit führen, werden in Beispiel 3 (siehe Anhang) dreiAusschnitte längerer Explikationen angeführt. Eine der Befragten fügt sogar eineanekdotische Erzählung ein, um ihre Erklärungen mit Leben zu füllen. Sie benutzt dabeieine gebräuchliche Technik, um anzuzeigen, dass sie einen längeren Wortbeitrag gebenmöchte, indem sie zunächst zwei kurze Zeilen tippt („also vor allem“/„bsp.“). Damitstellt sie sicher, dass die Forscherin ihrerseits mit Tippen innehält und die Erzählungabwartet. Dieses Verhalten verweist auf eine weitere Problematik qualitativer Online-Interviews: Längere Wortbeiträge sind in der Alltagswelt des Chats eher ungebräuchlich,da man Gefahr läuft, während des Tippens vom Kommunikationspartner ‚überholt‘ zuwerden und damit – metaphorisch gesprochen – den roten Faden zu verheddern.Erfahrene Chatter neigen deshalb dazu, kurze Beiträge zu tippen, die Antwortabzuwarten und dann wiederum schnell zu reagieren. Ein solcher Kommunikationsstilbehindert allerdings ein weiteres von Lamnek genanntes Prinzip, das der Flexibilität,wonach der Interviewer die Gesprächsführung über weite Strecken dem Interviewtenüberlassen sollte – Online-Interviews laufen vielmehr Gefahr, zum Frage-Antwort-Spielzu geraten. Der Befragte sollte deshalb vor Beginn des Interviews ausdrücklich dazuermuntert werden, sich die nötige Zeit für seine Wortbeiträge zu nehmen (zusammenmit der Zusicherung, der Forscher werde die Reaktion abwarten). Das bedeutet nichtnur u.U. eine Geduldsprobe, sondern vielmehr die Möglichkeit, zumindest einemPrinzip der qualitativen Sozialforschung bei Online-Interviews besser entsprechen zukönnen als bei ihrer Offline-Variante: Reflexivität zu schaffen heißt u.a., dass derForscher noch während der Erhebung, ausgehend von den bereits gewonnenen Daten,20


WIE QUALITATIV SIND QUALITATIVE ONLINE-INTERVIEWS?SUSANNE KEUNEKEüber die nächsten Schritte entscheidet. Bei Interviews äußert sich dies in Ad-Hoc-Fragen, die der Forscher abweichend vom Leitfaden einfügt, um auf eventuell unerwartetgeäußerte Aspekte des Befragten näher einzugehen. Die Chance, hier die richtigeEntscheidung zu treffen, ist ungleich höher, wenn man die Wortbeiträge direktnachlesen kann und Zeit für die Frageformulierung gewinnt. Auf der anderen Seite kannauch der Befragte über seine Äußerungen reflektieren, was u.U. gar nicht erwünscht ist;gerade bei emotional aufgeladenen Themen sind es die spontanen, ungefiltertenAntworten, die die größte Aussagekraft besitzen. Online jedoch kann der Interviewteseine Wortbeiträge beliebig oft ändern, bevor er sie abschickt, oder sogar ganz verwerfen,wenn er von Skrupeln befallen wird.Zusammenfassend ist festzustellen, dass qualitative Online-Interviews – zumindestbei synchroner Kommunikation – nicht die gleiche Tiefe erreichen können wie ihreOffline-Form. Dennoch können qualitative Online-Befragungen mehr leisten als beispielsweiseoffene Fragen auf standardisierten Bögen; die Synchronität und damitReziprozität der Kommunikation sind hier als wichtigste Argumente zu nennen. Auchsind Online-Interviews im Vergleich mit qualitativen Offline-Interviews nichtausschließlich defizitär, so erlauben die reduzierten forschungsökonomischen Kosten dieUntersuchung deutlich größerer Stichproben bei gleichem Aufwand. Methodologischbetrachtet sind qualitative Online-Interviews somit zwischen quantitativen Verfahren(on- wie offline) und qualitativen Offline-Interviews anzusiedeln – mit deutlich größererNähe zum qualitativen Pol der gedachten Skala –, so dass Döring (1999, S. 188) zuzustimmenist, wenn sie Online-Interviews als eine „genuin neue Untersuchungsmethode“bezeichnet. Wie jede andere Methode ist diese adäquat zur Fragstellung und zumuntersuchten Gegenstand zu wählen – die qualitative Offline-Befragung ersetzen kannsie deshalb nicht. Forscher sollten sich somit über die methodologischen Implikationenbeider Verfahren im Klaren sein und die Entscheidung für eine qualitative Off- oderOnline-Befragung mit Blick auf das Forschungsvorhaben sorgfältig abwägen.InterviewausschnitteBeispiel 1: Aktives Zuhören/emotionale KontextualisierungA sagt: also ...Du lauschst.A sagt: ich bestehe ja auch sehr drauf mich in meinem freund rl verliebt zu haben, das istwichtig fuer mich. denn alle gefuehle die hier ablaufen sind fuer mich nur nochillusorisch ...Du nickst.Du fragst: Wie kommst du zu der Einschaetzung?21A gibt ein deutlich vernehmbares ‚Hmmmmmmmmmmmmmm‘ von sich.A sagt: durch diese erlebnisse. aehm ich bin zu hart verletzt worden, unverzeihlichesachen an denen ich selbst schuld bin, weil ich mich durch schoen geschriebne zeilenblenden hab lassne. ich sag nichtmal das ich nicht auch geblendet habe, zeilen koenneneinfach kerinen menschen wiederspiegeln das ist laecherlich fuer michDu nickst.(...)Du fragst: Haste denn mit X (Name des Lebensgefährten, SK) vorher schongechattet/gespielt, oder hast du ihn erst Rl kennen gelernt?A wird schlagartig von einer dezenten Roete ueberzogen, die ueber das ganze Gesicht bishin zu den spitzen Ohren reicht.Du kicherst leise.A fluestert zu Dir: ich hab mich schon in (Ort eines überregionalen MUD-Treffens) vollin X verliebt ...A pfeift unschuldig.Du laechelst.Beispiel 2: Fragmentarische Antworten/fehlende ExplikationDu redest zu B: Und hattest das Gefuehl, deinen Freund zu vernachlaessigen?B redet zu Dir: richtig vernachlaessigen...eigentlich nichtDu redest zu B: Wie meinst du es dann? Versuch mal, das zu erklaeren.B redet zu Dir: was jetzt? das mit dem vernachlaessigen?Du redest zu B: Ich hab noch nicht ganz kapiert, was die genauen negativenAuswirkungen auf deine Beziehung zu deinem Freund sind...Du redest zu B: Also, du bist gereizt, du verbringst nicht so viel Zeit mit ihm, wie dukoenntest, aber du hast nicht das Gefuehl, ihn zu vernachlaessigen.B redet zu Dir: genauDu redest zu B: Und zu -1 kommst du wegen der ‚atmosphaerischen Stoerungen‘, oderist da noch ein anderer Grund?B redet zu Dir: jo, deswegen.Beispiel 3: Explikation der RelevanzsystemeDu redest zu C: Wie erklaerst du dir die Tatsache, dass du in Ava (Avalon, das MUD,SK) grundsaetzlich mehr ueber Emotionales/Probleme (?) redest?C redet zu Dir: Naja, viele haben ein Problem damit „offen“ (von Angesicht zu22


WIE QUALITATIV SIND QUALITATIVE ONLINE-INTERVIEWS?Angesicht) mit jemandem ueber sowas zu sprechen, wenn er nicht gerade wirklich fastschon der beste Freund ist. Hier in Ava hat man viele „Freunde“, die man oft aber auchgarnicht RICHTIG RL kennt. So faellts meist etwas einfacher. Man trifft sich hier„ungezwungen(er)“, hat weniger „Verpflichtungen“ als in ner ECHTEN Freundschaftund kommt dadurch auch vielleicht etwas mehr aus sich raus. Nicht zu letzt, weil mansich doch auch ein wenig(!) hinter dem Char (Character = Avatar, SK) und/oderRechner „verstecken“ kannDu redest zu D: Du hast ja angegeben, Freundschaften wegen des Muddensvernachlaessigt zu haben. Ist das immer noch so?D redet zu Dir: schwer zu sagen - ich habe aufrund meines Zivildienstes mittlerweile ehden ganzen Tag ueber was zu tun und Falle Abends fast schon von alleine in's Bett – damacht es keinen grossen Unterschied das ich mich noch mal fier ein paar Stuendchen anden Rechner setze. Aber ich bemuehe mich ein rl dennoch nicht zu kurz kommen zulassen. Aber abgesehen mal davon ist mein Bekanntenkreis in Berlin nicht so sonderlichgross weil ich ja von vorherein mit der Einstellung hierherkam, dass ich ja eh bald wiederumziehen wuerden - da hab ich auch nicht viele Freundschaften geknuepft. Die wenigendie ich habe sind dann meistens Leute die eh viel zu tun haben und sich von daher auchselten treffen. Eher schreibt man sich halt mal eine Email oder soA sagt: klar, das mud is aber doch noch ne sucht und wenn wir (A und ihrLebensgefährte X, der wie sie an der Programmierung des MUDs beteiligt ist, SK) dannmal nen tag nur gemuddet haben nervts schon ohne ende.A sagt: also vorallemA sagt: bsp:A sagt: A: Schatz hast Du Hunger?A sagt: X: -----Du grinst.A sagt: A: Schaaatz?A sagt: X: --------Du kicherst leise.A sagt: A: Schahahahahaaaaaaaaaaaatz.A sagt: X: Mhh, hast Du was gesagt Engel?A sagt: A: MhpfDu lachst laut.A sagt: sooo mein ich das!A kichert leise in sich hinein.SUSANNE KEUNEKELiteraturAl-Saggaf, Y. & Williamson, K. (2004). Online communities in Saudi Arabia: Evaluatingthe impact on culture through online semi-structured interviews. Forum:Qualitative Research (FQS), Vol. 5, No. 3, Art. 24 [online]. Verfügbar:http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/3-04/o4-3-24-e.htm.Batinic, B. (2001). Fragebogenuntersuchungen im Internet. Aachen: Shaker-Verlag.Döring, N. (1999). Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet fürKommunikation, Identität, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen:Hogrefe.Döring, N. (2002, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage). Kommunikation imInternet: Neun theoretische Ansätze. In B. Batinic (Hrsg.), Internet fürPsychologen (S. 345-377). Göttingen: Hogrefe.Froschauer, U. & Lueger, M. (2003). Das qualitative Interview. Wien: WUV.Girtler, R. (1984). Methoden der qualitativen Sozialforschung. Anleitung zur Feldarbeit.Wien u.a.: Böhlau.Götz, N. (2003). Aufgefangen im Netz. Psychosoziale Beratung im Internet. Einequalitative Studie mit Jugendlichen im Online-Interview. München: kopaed.Lamnek, S. (1995, 3. Auflage). Qualitative Sozialforschung, Bd.1: Methodologie.Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union.Mann, C. & Stewart, F. (2000). Internet communication and qualitative research. Ahandbook for researching online. London u.a.: Sage.Möhring, W. & Schlütz, D. (2003). Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft.Eine praxisorientierte Einführung. Wiesbaden: WestdeutscherVerlag.2324


MAGNUS PAGENDARMMagnus PagendarmExterne Validität der Erfassung von Echtzeiturteilenwährend der FilmrezeptionEinleitungDie Idee, subjektive Urteile zu zeitbasierten Medieninhalten zu untersuchen, istsicherlich keine neue. Immerhin legten Paul Lazarsfeld und Frank Stanton schon in denJahren 1937-38 durch die Entwicklung ihres Program Analyzers die technischeGrundlage für die Erfassung solcher Echtzeitbeurteilungen. 1 Seitdem spielten dieseDaten hauptsächlich im Anwendungsbereich bei der formativen Evaluation vonKinofilmen, TV- und Radio-Programmen und Werbespots eine Rolle (Levy, 1982). Inder kommunikationswissenschaftlichen Forschung hingegen zeigt sich erst seit Anfangder 1980er Jahre vereinzeltes Interesse an der Analyse von Echtzeiturteilen, derzeit auchverstärkt im deutschsprachigen Raum (Fahr, 2005; Wünsch, 2005; Reinemann, Maier,Faas & Maurer, 2005). Echtzeitbeurteilungen bieten die Möglichkeit,Rezeptionsprozesse aufzudecken und sie z.B. mit inhaltsanalytischen Ergebnissenund/oder formalen Merkmalen in Verbindung zu setzen.Hintergrund und HypothesenDie Gütekriterien dieser Messmethode können sowohl in Abhängigkeit der Untersuchungsmaterialien,der Eingabegeräte als auch der Urteilsdimensionen variieren. Freizugängliche Überprüfungen von Reliabilität und/oder Validität der Reaktionsurteilegegenüber audio-visuellem Material liegen dabei bisher nur wenige vor. 2 Zu einemTeilbereich der Gültigkeit, der externen bzw. ökologischen Validität, finden sich lediglichProblemdiskussionen aber keine experimentellen Untersuchungen. Dies ist bemerkenswertund erstaunlich zugleich, denn weder technische Verfeinerungen der Eingabegerätenoch die Naturalisierung der Versuchsumgebung oder ausreichende Übung könnenverhindern, dass die Abgabe von Echtzeiturteilen die Rezeption selbst beeinflusst(Biocca, David & West, 1994). Systematische Verzerrungen durch instrumentelleReaktivität sind also nicht auszuschließen. Fahr (2005) nennt z.B. drei Aspekte einerErfassung von Echtzeiturteilen, die zu einer Veränderung der Rezeption führenkönnten: die Aufmerksamkeitsteilung zwischen Rezeption und Urteilsabgabe, eineFokussierung des Erlebens auf die Urteilsdimension und eine durch die Urteilsabgabeverursachte rationalere Verarbeitung des Untersuchungsmaterials. Um zu wissen, inwelcher Form sich eine explizite Echtzeitbeurteilung auf retrospektive Gefühls- oderGefallensurteile auswirken kann – denn trotz aller Prozessergebnisse bleiben doch diesesummativen Einschätzungen diejenigen, die unter natürlichen Bedingungen für einenPublikumserfolg von Filmen bedeutend sind 3 – ist also die Überprüfung der externenValidität grundlegend. Durch die damit einhergehende Aufdeckung eventuell verschiedenartigerRezeptionsprozesse kann ein Interpretationsrahmen für die weitereDatenanalyse gebildet werden. Im Folgenden soll der Rückgriff auf Ergebnisse derpsychologischen Grundlagenforschung dazu dienen, spezifische Hypothesen über dieArt und Weise der Verzerrungen gegenüber einer „natürlichen“ Rezeptionssituation zuformulieren.Unterscheidung zwischen on-line und memory-based judgment tasksHastie und Park (1986) unterscheiden auf Grund inkonsistenter Ergebnisse zumZusammenhang von erinnerten Gedächtnisinhalten und retrospektiven Urteilenzwischen memory-based und on-line judgment tasks. Während beim erstgenanntenAufgabentypus erst nach der Reizverarbeitung eine Facette des Untersuchungsmaterialsfür eine Urteilsbildung relevant wird, ist sie dies bei on-line judgment tasks bereitswährend der Rezeption. Dieser Unterschied führt bei retrospektiven Urteilen zuungleichen Verarbeitungswegen: Memory-based judgments zeigen einen stärkerenpositiven Zusammenhang mit abrufbaren Gedächtnisinhalten als on-line judgments. Beiletzterem Aufgabentypus erfolgt die Urteilsbildung hingegen schon während derRezeption, z.B. indem ein erstes Urteil aufgrund später rezipierter Inhalte immer wiedernach oben oder unten korrigiert wird, 4 was das abschließende on-line-Urteil mit einemretrospektiven gleichsetzen sollte. Die laborexperimentelle Operationalisierung einesmemory-based judgment tasks kann sich deshalb als schwierig erweisen, weil Menschen1In der Literatur finden sich voneinander abweichende Begrifflichkeiten fürEchtzeitbeurteilungen wie z.B. Continuous Response Measurement, Real-Time-Ratings, Moment-to-Moment Responses oder Realtime Response Measurement.2Vgl. zur Reliabilität Fenwick & Rice (1991) und zur zusätzlich erhobenen ValiditätReinemann et al. (2005); Pham, Cohen, Pracejus & Hughes (2001); Gottman &Levenson (1985).253Dies gilt für das Gefühlsurteil allerdings nur für Filme mit überwiegend positiverValenz. Entsprechend erfolgte die Filmwahl in der empirischen Untersuchung (sieheAbschnitt 3).4Hastie und Park (1986) verwiesen in diesem Zusammenhang auf sogenannte anchoringand-adjust-Modellevon Lopes (1982, zitiert nach Hastie & Park, 1986) und Einhornund Hogarth (1985, zitiert nach Hastie & Park, 1986).26


EXTERNE VALIDITÄT DER ERFASSUNG VON ECHTZEITURTEILEN WÄHREND DER FILMREZEPTIONauch ohne explizite Aufforderung dazu neigen, bestimmte Urteile spontan während derInformationsaufnahme zu generieren. 5Überträgt man die Unterscheidung zwischen on-line und memory-based judgmenttasks auf die Rezeption narrativen Filmmaterials, dann ist davon auszugehen, dass eineEchtzeitbeurteilung der Emotionsvalenz 6 ein on-line judgment für diese Dimension darstellt,da Rezipienten durch die Instruktion dazu veranlasst werden, bereits während derRezeption Urteile abzugeben. Demnach sollte hier ein retrospektives Urteil nicht so sehrmit der Valenz erinnerter Gedächtnisinhalte zusammenhängen sondern eher mit demabschließenden on-line-Urteil korrespondieren. Bei einer Rezeption ohne dieVerwendung dieser Messapparatur ist zwar nicht auszuschließen, dass on-line judgmentsüber die Emotionsvalenz gebildet werden, 7 aber für diese Position liegen bisher nochkeine empirischen Belege vor. Eine permanente Fragestellung „Wie fühle ich michgerade?“ zu haben, stellt aber wohl eher nicht die Realität einerunterhaltungsorientierten Rezeption dar.H1: Die Durchführung einer Echtzeitbeurteilung der Emotionsvalenz währendder Rezeption eines Kurzspielfilms führt zu einem geringeren Zusammenhangzwischen einem retrospektiven Urteil zur Emotionsvalenz und denValenzurteilen über reproduzierte Filmabschnitte als bei einer Rezeptionohne Echtzeitbeurteilung.Unterschiedlicher Einfluss von GestaltcharakteristikaEin Experiment von Ariely und Zauberman (2000) kommt zu dem Ergebnis, dass dieEchtzeitbeurteilung einer Erfahrung 8 zu ähnlichen Ergebnissen führt wie die Unterteilungdieser Erfahrung in diskrete Segmente: Beide Eingriffe verringern demnach denverzerrenden Einfluss des abschließenden Trends der während der Erfahrung5Nach Hastie und Park (1986) werden beispielsweise on-line judgments zuPersönlichkeitseigenschaften und Kausalattributionen unwillkürlich gebildet.6Die Emotionsvalenz stellt zum einen die am meisten verwendete Urteilsdimension beiEchtzeitbeurteilungen dar (Biocca et al., 1994), zum anderen liefert sie schnellere undinterpersonell konsistentere Urteile als eine Evaluationsdimension und steht in einemstärkeren Zusammenhang mit der Anzahl und Valenz retrospektiv geäußerterGedanken zum Untersuchungsmaterial (Pham et al., 2001). Wird im Folgenden derBegriff Valenz verwendet, so bezieht sich dieser immer auf die Emotionsvalenz.7Valenz stellt in allen kognitiven Emotionstheorien die basale Bewertungsdimensionendar. Allerdings laufen die postulierten Einschätzungsprozesse der Emotionen in derRegel unbewusst ab (vgl. Scherer, Schorr & Johnstone, 2001).8Es handelte sich hierbei um die Valenzbeurteilung unangenehmer Tonfolgen mitvariierender Amplitude.27MAGNUS PAGENDARMempfundenen Valenz auf ein retrospektives Urteil. Ariely und Carmon (2000)bezeichnen diese unter Rezeptionsbedingungen ohne Echtzeitbeurteilung bzw. beikontinuierlichen Erlebnissen auftretenden Abweichungen als das Ergebnis derDominanz von natürlichen Gestaltcharakteristika. Die abschließende Valenzsteigungeines Erlebnisses stellt dabei nur eine von mehreren Möglichkeiten für solcheCharakteristika dar (siehe 2.3).Wendet man die Ergebnisse von Ariely und Zauberman (2000) auf die Echtzeitbeurteilungder Valenz während der Rezeption eines Spielfilms an, wäre demnach zuerwarten, dass der abschließende Valenztrend zu einer weniger starken Verzerrung einesretrospektiven Valenzurteils führt als unter natürlichen Rezeptionsbedingungen. Diessollte sich in andersartigen retrospektiven Urteilen niederschlagen.H2: Die Durchführung einer Echtzeitbeurteilung der Emotionsvalenz währendder Rezeption eines Kurzspielfilms führt zu einem anderen retrospektivenGesamturteil auf derselben Dimension als bei einer Rezeption ohne Echtzeitbeurteilung.Die Autoren vermuten aufgrund der ähnlichen Ergebnisse bei der Durchführung einerEchtzeitbeurteilung und der Unterteilung der Erfahrung in diskrete Segmente zudem,dass eine Echtzeitbeurteilung zu einer segmentierten Verarbeitung der Erfahrung führt.In Bezug auf die Rezeption eines Spielfilms sollte eine Echtzeitbeurteilung demnachdazu führen, dass der Film stärker (mental) segmentiert wird. Dieser Effekt müsste sichdann auch in der Anzahl frei reproduzierbarer Filmabschnitte widerspiegeln. Bei einerdurchgeführten Echtzeitbeurteilung sollte diese Menge höher ausfallen als bei einernormalen Rezeption, da – bei einer Reproduktion aller Filminhalte – im ersten Falltheoretisch mehr kurze Abschnitte reproduziert werden können als im zweiten Falllange.H3: Die Durchführung einer Echtzeitbeurteilung der Emotionsvalenz währendder Rezeption eines Kurzspielfilms führt zu einer stärkeren mentalen Segmentierungdes Filminhalts als bei einer Rezeption ohne EchtzeitbeurteilungEmpirische Untersuchung und vorläufige ErgebnisseIn einem einfaktoriellen zweistufigen Versuchsdesign (mit/ohne Echtzeitbeurteilung derempfundenen Emotionsvalenz) wurden die formulierten Hypothesen überprüft. Insgesamt64 Versuchspersonen wurden dafür in Einzelsitzungen getestet. Da ein Probandden Kurzfilm bereits kannte, wurde er von den Datenanalysen ausgeschlossen. In derEchtzeitbeurteilungsgruppe befanden sich somit 14 männliche und 18 weibliche, in dernormalen Rezeptionsbedingung 14 männliche und 17 weibliche Personen (Alter:M=23.2 Jahre, SD=2.91). Die Teilnehmer erhielten außer evtl. anfallender Versuchs-28


EXTERNE VALIDITÄT DER ERFASSUNG VON ECHTZEITURTEILEN WÄHREND DER FILMREZEPTIONpersonengutschriften keinerlei andere Belohnung.Als Untersuchungsmaterial wurde ein Kurzfilm gewählt, von dem vermutet wurde,dass er für die Teilnehmer größtenteils positive Valenz besitzen würde, wodurch das sadfilm paradoxon (Oliver, 1993) umgangen werden sollte. 9 Vor der Rezeption füllten dieTeilnehmer verschiedene Fragebögen zu Aspekten der Persönlichkeit, der Stimmungund des Mediennutzungsverhaltens aus. Die Echtzeitbeurteilungsgruppe erhielt vor derRezeption weiterhin eine Übung, um sich mit dem Eingabegerät 10 vertraut zu machen.Die Filmpräsentation erfolgte mittels Beamer in einem Projektionsraum desPsychologischen Instituts der Universität Tübingen, in dem die Teilnehmer auch dieanderen Aufgaben des Versuchs durchliefen. Die Echtzeiturteile zur Valenz sowie dieretrospektiven Urteile zu Valenz und Filmevaluation erfolgten auf Skalen von +10(extrem gut) bis -10 (extrem schlecht). Nach dem Ausfüllen eines postrezeptiven Fragebogensschloss eine freie Reproduktion erinnerter Filmabschnitte mit stichwortartigerInhaltsbeschreibung und anschließenden Urteilen zu den durch die Abschnitte vermitteltenValenzen den Versuch ab.Bezüglich Hypothese 1 lässt sich bei der Gruppe mit normaler Rezeption (NR) nurtendenziell der vermutete stärkere Zusammenhang von Gedächtnisinhalten undretrospektivem Urteil gegenüber der Echtzeitbeurteilungsgruppe (EZB) feststellen(r NR=.61, p


EXTERNE VALIDITÄT DER ERFASSUNG VON ECHTZEITURTEILEN WÄHREND DER FILMREZEPTIONLiteraturAaker, D. A., Stayman, D. M. & Hagerty, M. R. (1986). Warmth in advertising:Measurement, impact, and sequence effects. Journal of Consumer Research,12(4), 365-381.Ariely, D. & Carmon, Z. (2000). Gestalt characteristics of experiences: The definingfeatures of summarized events. Journal of Behavioral Decision Making, 13(2),191-201.Ariely, D. & Zauberman, G. (2000). On the making of an experience: The effects ofbreaking and combining experiences on their overall evaluation. Journal ofBehavioral Decision Making, 13(2), 219-232.Biocca, F., David, P. & West, M. (1994). Continuous response measurement (CRM): Acomputerized tool for research on the cognitive processing of communicationmessages. In A. Lang (Hrsg.), Measuring psychological responses to mediamessages (S. 15-64). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.Fahr, A. (2005). „Gefühlte Unterhaltung“. Übertragung und methodische Umsetzung desCircumplex-Model of Affect auf die Unterhaltungsrezeption. Vortrag gehaltenauf der Tagung der Fachgruppe Rezeptionsforschung in der DeutschenGesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Zürich.Fenwick, I. & Rice, M. D. (1991). Reliability of continuous measurement copy-testingmethods. Journal of Advertising Research, 31(1), 23-29.Gottman, J. M. & Levenson, R. W. (1985). A valid procedure for obtaining self-report ofaffect in marital interaction. Journal of Consulting & Clinical Psychology, 53(2),151-160.Hastie, R. & Park, B. (1986). The relationship between memory and judgment dependson whether the judgment task is memory-based or on-line. PsychologicalReview, 93(3), 258-268.Levy, M. R. (1982). The Lazarsfeld-Stanton Program Analyzer: An historical note.Journal of Communication, 32(4), 30-38.Oliver, M. B. (1993). Exploring the paradox of the enjoyment of sad films. HumanCommunication Research, 19(3), 315-342.Pham, M. T., Cohen, J. B., Pracejus, J. W. & Hughes, G. D. (2001). Affect monitoringand the primacy of feelings in judgment. Journal of Consumer Research, 28, 167-188.31MAGNUS PAGENDARMPolsfuss, M. & Hess, M. (1991). “Liking” through moment-to-moment evaluation;identifying key selling segments in advertising. Advances in Consumer Research,18(1), 540-544.Reinemann, C., Maier, J., Faas, T. & Maurer, M. (2005). Reliabilität und Validität vonRTR-Messungen. Ein Vergleich zweier Studien zur zweiten Fernsehdebatte imBundestagswahlkampf 2002. Publizistik, 50(1), 56-73.Scherer, K. R., Schorr, A. & Johnstone, T. (Hrsg.) (2001). Appraisal processes in emotion:Theory, methods, research. New York: Oxford University Press.Wünsch, C. (2005). Unterhaltung als Performance. Vorstellung und Diskussion einesMessinstrumentes zur dynamischen Erfassung von Unterhaltungserleben. Vortraggehalten auf der Tagung der Fachgruppe Rezeptionsforschung in derDeutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft,Zürich.32


ANDREAS VLAŠIĆAndreas VlašićHauptsache signifikant?Die Kontroverse der ‚zwei Statistiken‘ und ihre Implikationen für dieAnwendung von Signifikanztests in den SozialwissenschaftenZur Bedeutung von Signifikanztests für diesozialwissenschaftliche Forschung und LehreSignifikanztests gehören zum ‚Standard‘ quantitativ orientierter Studien derempirischen Sozialwissenschaft und sind ebenfalls Bestandteil vielerkommunikationswissenschaftlicher Arbeiten. Ihre Relevanz wird durch den Umstandverdeutlicht, dass ein wesentlicher Teil der durch die Fachgruppe ‚Methoden‘angestrebten Standardisierung und Konsolidierung der methodischen Ausbildung anden Universitäten sich mit dem Problem geeigneter Untersuchungsanlagen undangemessener statistischer Auswertungsmethoden beschäftigt (vgl. Synopse desDiskussionspapiers „Standards für die kommunikationswissenschaftlicheMethodenausbildung“ der Fachgruppe „Methoden“). Das Konzept der Signifikanztestsspielt hierbei eine zentrale Rolle, nicht nur im Hinblick auf die Auswertung von Daten,sondern auch bei der Auswahl von Untersuchungseinheiten oder der Formulierung vonüberprüfbaren Hypothesen u. a. m.Eine Homogenisierung bzw. Standardisierung scheint angesichts des stellenweiseallzu ‚unbefangenen‘ Umgangs mit statistischen Auswertungsmethoden bzw. der mangelndenDokumentation empirischer Arbeiten wünschenswert. Zudem würde einegrößere Transparenz der Studien – vor allem in methodischer Hinsicht – esermöglichen, ihre Reichweite besser einzuschätzen und darauf aufbauend Meta-Analysen durchzuführen, die vor dem Hintergrund der Wissenschaftsauffassung deskritischen Rationalismus die Möglichkeit zu einem ‚wirklichen‘, d. h. kumulativenErkenntnisfortschritt versprechen. 1Eine konkrete Diskussion um notwendige Standards im Bereich der statistischenAuswertung bzw. der Dokumentation empirischer Untersuchungen findet derzeitjedoch in der Kommunikationswissenschaft nur in geringem Maße statt. 2 Der geplante1Dem entsprechend enthalten die Autorenhinweise in den Fachzeitschriften ‚M&K‘ oder‚Publizistik‘ Vorgaben, die auf eine bessere Dokumentation der methodischen Anlageund statistischen Auswertung von Studien abzielen.2Das zitierte Diskussionspapier der Fachgruppe nimmt aus verständlichen Gründen eine‚strukturelle‘ Perspektive auf das Problem ein. Beispiele für die – eher seltene –Beschäftigung mit spezifischeren Fragen sind etwa der Beitrag von Lauf (2001) über33Beitrag beschäftigt sich daher mit der Frage, ob und wie die angesprochene Standardisierungfür den Bereich der Signifikanztests zu erreichen ist.Die ‚stillschweigende Synthese‘ und Adaptionunterschiedlicher Konzepte des Signifikanztestens in denSozialwissenschaftenAuf den ersten Blick scheint es im Hinblick auf die Signifikanztests lediglich notwendigzu sein, die ‚richtigen‘ Auswertungsmethoden (entsprechend Hypothesenformulierungund Skalenniveau) und ihre relevanten Kennwerte (Streumaße, Koeffizienten etc.) festzuschreiben;der Rest ist eine Frage der Lehrpläne. Allerdings stößt man bei demVersuch, ein solches ‚Rezeptwissen‘ zusammen zu stellen, auf ein basales Problem derLogik von Signifikanztests.Die grundlegenden Ideen und Konzepte der modernen Testtheorie und damit desSignifikanztestens wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von R. A. Fisherund J. Neyman und E. S. Pearson entwickelt (vgl. Lauth & Jamel, 2002, S. 22). Jedochherrschte zwischen den ‚Vätern‘ des Signifikanztests eine anhaltende und tiefe Kontroverseüber die Logik, Reichweite und Anwendungsmöglichkeit ihrer jeweiligen Konzeptionen.Die Kontroverse ist auch heute noch theoretisch nicht abschließend geklärt. Ungeachtetdessen hat sich in verschiedenen Wissenschaftszweigen – nicht zuletzt in denSozialwissenschaften – eine Praxis des statistischen Schließens etabliert, die beideSichtweisen ‚stillschweigend‘ miteinander vermengt. Diese Synthese ist weniger theoretischals vielmehr wissenschaftshistorisch begründet und wird von verschiedenenAutoren nachhaltig kritisiert (vgl. Krämer [o. J.]; Gigerenzer et al. [1998, S. 119]bezeichnen sie etwa als „Theorieeintopf“). 3Im Zusammenhang mit der Logik von Signifikanztests werden in der mathematischenStatistik bzw. Wahrscheinlichkeitstheorie unterschiedliche Fragen diskutiert,bspw. wie Signifikanztests korrekt interpretiert werden können (vgl. Haller & Krauss,Anforderungen an die Dokumentation von Reliabilitätstests in Inhaltsanalysen oder dieArbeiten von Gehrau und Fretwurst (in Vorb.) sowie Fretwurst, Gehrau und Weber(in Vorb.) zur Dokumentation von Auswahlverfahren in kommunikationswissenschaftlichenUntersuchungen.3Es sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass im Bereich der statistischenTesttheorie bzw. der Wahrscheinlichkeitstheorie eine Reihe weiterer ‚trennenderProbleme‘ existiert, etwa der Streit zwischen Frequentisten und Bayesianern oder dieFrage, inwiefern neben einer realisierten Zufallsstichprobe weitere, unabhängigeZufallsstichproben realisiert werden können; diese bleiben im Rahmen des geplantenVortrags weitgehend unberücksichtigt.34


HAUPTSACHE SIGNIFIKANT?2002), welche Informationen für eine Beurteilung statistischer Tests notwendig sind(vgl. Cohen, 1988) oder inwiefern alternative Möglichkeiten der Schätzung bessergeeignet sind (vgl. etwa Sedlmeier, 1996; Brandstätter, 1999). Die Rezeption dieserDiskussion erfolgt in den übrigen Wissenschaftsfeldern eher sporadisch. 4 Dies gilt inweiten Teilen auch für die Kommunikationswissenschaft. Zwar wird in einigeneinschlägigen Lehrbüchern die Problematik der Anwendung von Signifikanztestsangesprochen (vgl. etwa Schnell et al., 1999, S. 416ff.; Bortz, 1989, S. 156ff.), allerdingsbleibt eine intensivere Diskussion der Thematik aus. 5 Dieses Desiderat bleibt in derkonkreten wissenschaftlichen Arbeit weitgehend bestehen: In vielen empirischenkommunikationswissenschaftlichen Untersuchungen wird ein begrenztes Repertoirestatistischer Auswertungsmethoden eher ‚mechanistisch‘ angewendet bzw. nicht weiterdiskutiert.Daher soll im Rahmen des Vortrags diskutiert werden, welche Konsequenzen sichdaraus sowohl für die wissenschaftliche Forschung als auch für die Konsolidierung dermethodischen Ausbildung ergeben können. Forschungspraktisch gesehen geht es hieretwa um die Frage, inwiefern der Ausweis signifikanter Ergebnisse die Publikationschancewissenschaftlicher Studien erhöht, und damit gleichzeitig die Information übernicht-signifikante Tests verhindert (was die sowohl Fisher als auch Neymann undPearson – in seltener Übereinstimmung – als problematisch eingestuft haben). Aus Sichtder Lehre wiederum ist zu überlegen, wie in Lehrveranstaltungen zur Inferenzstatistikdie notwendige mit der möglichen Komplexität verbunden werden kann.Ziele des VortragsInsgesamt erscheint eine breitere Diskussion wünschenswert, da die Frage nach derLogik von Signifikanztests keine ‚methodische Spitzfindigkeit‘ ist, sondern das jeweilszugrunde gelegte Konzept statistischen Schließens entscheidend die Versuchsplanungder empirischen Studien beeinflusst. Zudem fordert sie in einer übergeordnetenPerspektive das Selbstverständnis der Kommunikationswissenschaft heraus, indem siewesentlich an die Bedingungen und Möglichkeit eines kumulativen Erkenntnisfortschrittsrührt.4Vgl. als Ausnahme hiervon etwa im Feld der Politikwissenschaft den Beitrag vonBroscheid und Gschwend (2005) über die Anwendbarkeit inferenzstatistischerMethoden bei Vollerhebungen.5In psychologischen Lehrbüchern scheint dies noch verstärkt der Fall zu sein: Sowidmen etwa Diehl und Arbinger (1999) in ihrer detaillierten Darstellunginferenzstatistischer Methoden der Problematik von Signifikanztests vergleichsweisewenige Seiten, diese finden sich zudem auf den letzten Seiten des über 700 Seitenstarken Bandes.35ANDREAS VLAŠIĆZusammenfassend sind daher die Ziele des geplanten Vortrags:• Überblick über die grundlegenden Konzepte des Signifikanztestens und ihreDiskussion in der mathematischen Statistik• Darstellung der Diskussion bzw. Praxis statistischen Schließens in den Sozialwissenschaftenallgemein und insbesondere in der Kommunikationswissenschaft• Diskussion möglicher Konsequenzen für die wissenschaftliche Forschung unddie methodische AusbildungLiteraturBortz, J. (1989, 3. Auflage). Statistik für Wissenschaftler. Berlin, Heidelberg: Springer.Brandstätter, E. (1999). Konfidenzintervalle als Alternative zu Signifikanztests. Methodsof Psychological Research Online, 4(2), 2-17 [online]. Verfügbar:http://www.pabst-publishers.de/mpr.Broscheid, A. & Gschwend, T. (2005). Zur statistischen Analyse von Vollerhebungen.Politische Vierteljahresschrift, 46(1), O-16 - O-26.Cohen, J. (1988, 2. Auflage). Statistical power analysis for the behavioral sciences.Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.Diehl, J. M. & Arbinger, R. (1999, 2. Auflage). Einführung in die Inferenzstatistik.Eschborn: Verlag Dietmar Klotz.Fretwurst, B., Gehrau, V. & Weber, R. (in Vorb.). Notwendige Angaben zum Auswahlverfahren.Gehrau, V. & Fretwurst, B. (in Vorb.). Auswahlverfahren in derKommunikationswissenschaft. Eine Inhaltsanalyse aktueller Veröffentlichungenüber empirische Studien in der Kommunikationswissenschaft.Gigerenzer, G., Swijtnik, Z., Porter, T., Daston, L., Beatty, J. & Krüger, L. (1998). DasReich des Zufalls. Wissen zwischen Wahrscheinlichkeiten, Häufigkeiten undUrsachen. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.Haller, H. & Krauss, S. (2002). Misinterpretations of significance: A problem studentsshare with their teachers? Methods of Psychological Research Online, 7(1), 1-20[online]. Verfügbar: http://www.pabst-publishers.de/mpr.36


HAUPTSACHE SIGNIFIKANT?Krämer, W. (o. J.). Statistik: Vom Geburtshelfer zum Bremser der Erkenntnis in denSozialwissenschaften? [online]. Verfügbar: http://www.statistik.unidortmund.de/lehrst/wssoz/publikationen/pdf/Statistik_vom_Geburtshelfer_zur_Bremse.pdf.Lauf, E. (2001). „0.96 nach Holsti“. Zur Reliabilität von Inhaltsanalysen und derenDarstellung in kommunikationswissenschaftlichen Fachzeitschriften.Publizistik, 46, 57-68.Lauth, B. & Sareiter, J. (2002). Wissenschaftliche Erkenntnis. Eine ideengeschichtlicheEinführung in die Wissenschaftstheorie. Paderborn: mentis Verlag.Schnell, R., Hill, P. B. & Esser, E. (1999). Methoden der empirischen Sozialforschung.München, Wien: Oldenburg.Sedlmeier, P. (1996). Jenseits des Signifikanztest-Rituals: Ergänzungen undAlternativen. Methods of Psychological Research Online, 1(4), 41-63 [online].Verfügbar: http://www.pabst-publishers.de/mpr.37René Weber / Katharina-Maria Behr / Ute Ritterfeld / Klaus MathiakZeitbasierte, hoch auflösende Inhaltsanalysegewalthaltiger VideospieleQuantitative Inhaltsanalysen sind in der Kommunikations- und Medienwissenschaftweit verbreitet. Dieser Methode können alle Kommunikationsinhalte unterzogenwerden, sofern sie als Text abgebildet werden können (Merten, 1995), sie wird dahermeist im Bereich der Printmedien oder des Rundfunks durchgeführt. DieMedienlandschaft hat sich in den letzten Jahren jedoch stark verändert. InteraktiveMedien wie Computer- und Videospiele haben als Unterhaltungsmedium eine enormeVerbreitung erfahren. In Deutschland spielen fast 20 Millionen Deutsche wenigstens„selten“ Computerspiele (TdW Intermedia GmbH, 2004). Im Jahr 2003 wurden inDeutschland mehr als 52 Millionen Computerspiele verkauft und dadurch ein Umsatzvon mehr als 1,1 Milliarden Euro erzielt (Verband der UnterhaltungssoftwareDeutschland e.V., 2004). Nach der Nutzung des Internets ist „Spielen“ für Jugendlichedie häufigste Tätigkeit am Computer (Feierabend & Klingler, 2003).Der Forschungsstand zum Thema „Computerspiele“ ist der Bedeutung des Mediumsjedoch (noch) nicht angemessen (Klimmt, 2004). Besonders intensiv wird die Frage nacheinem Zusammenhang zwischen der Nutzung gewalthaltiger Computerspiele undaggressiven Emotionen, Kognitionen und Handlungen diskutiert (Weber, Ritterfeld &Kostygina, in Druck; Lee & Peng, 2004; Peng, 2004). Trotzdem gibt es bisher nurwenige Veröffentlichungen, die sich konkret mit den Inhalten von Computerspielenbeschäftigen – Smith (in Druck) fand insgesamt 13 Studien, in denen Computerspieleinhaltsanalytisch untersucht wurden.Dazu haben neben der verhältnismäßigen Neuheit des Themas „Computerspiele“ auchmethodische Probleme geführt. Ihre Interaktivität unterscheidet Computerspiele vonden meisten anderen Medien (Klimmt, Vorderer, & Ritterfeld, 2004; Klimmt, 2004;Vorderer, 2000) und stellt gleichzeitig die größte Schwierigkeit für Inhaltsanalysen dar.Gerade aktuelle Computerspiele variieren erheblich in den Freiheitsgraden für dieNutzer und weisen nur eine geringe Linearität auf (z. B. die Spiele der „Grand TheftAuto“-Reihe). Jeder Spieler erlebt in Abhängigkeit von seinem Verhalten einen anderenSpielverlauf. Potter und Tomasello (2003) betonen die Bedeutung, die das individuelleErleben und individuelle Interpretationen rezipierter Medieninhalte auf ihre Wirkunghaben.Dieser Tatsache wurde bei der Analyse von Computerspielen in bisherigen Studienkeine Rechnung getragen. Die durchgeführten Studien beschränken sich auf eineQuantifizierung einzelner Aspekte von Computerspielen, beispielsweise das Auftretenvon Gewalt (Dietz, 1998; Haninger & Thompson, 2004; Smith, Lachlan &38


ZEITBASIERTE, HOCH AUFLÖSENDE INHALTSANALYSE GEWALTHALTIGER VIDEOSPIELERENÉ WEBER / KATHARINA-MARIA BEHR / UTE RITTERFELD /KLAUS MATHIAKTamborini, 2003; Thompson & Haninger, 2001) oder Geschlechtsrollenstereotypen(Braun & Giroux, 1989; Dietz, 1998; Beasley & Standley, 2002). Handlungsabläufe undInteraktionen im Verlauf tatsächlich „gespielter“ Spiele wurden nicht analysiert.Die vorliegende Untersuchung stellt sich diesem Problem. Als Basis für die Inhaltsanalysedienten Spielsequenzen, die bei 13 Versuchspersonen (alle männlich, zwischen18 und 26 Jahren) während der Nutzung des Multiplayer-Ego-Shooters „TacticalOperations“ aufgezeichnet wurden. Die Versuchspersonen waren erfahrene Computerspieler,denen das analysierte Spiel vor der Studie nicht bekannt war. Die Spieler hattenjedoch vor der Aufzeichnung ausreichend Gelegenheit, sich mit „Tactical Operations“vertraut zu machen. Das Spiel wurde im Single-Player-Modus genutzt, in dem dieFiguren im Team der Spieler durch computergenerierte Bots ersetzt wurden. JederSpieler spielte mehrere Runden in unterschiedlichen Maps; die Dauer der aufgezeichnetenSpiele betrug pro Versuchsperson etwa eine Stunde.Der Schwerpunkt der Analyse lag auf der Identifizierung gewalttätiger Handlungen derSpieler im Vergleich zu nicht-gewalttätigen Aktionen. Dazu wurde induktiv einKategoriensystem mit fünf Hauptphasen im Spiel entwickelt, die sich nach dem Ausmaßder Gefahr für den Spieler unterscheiden: A) passive Beobachtung des Spiels. Wenn dieFigur eines Spielers getötet wurde, verfolgte er das Spiel bis zum jeweiligen Rundenendeohne eigene Interaktionsmöglichkeit aus der Vogelperspektive. Phase B) umfasst alleSpielsituationen, in denen sich der Spieler nicht in Gefahr befand, also nicht vongegnerischen Figuren bedroht wird und nicht in gewalttätige Interaktionen mit anderenFiguren verwickelt ist. In Phase C) befand sich der Spieler durch die Präsenz möglicherGegner in Gefahr. Phase D) beschreibt Situationen, in denen der Spieler angegriffen undverletzt wurde. In Phase E) griff der Spieler selbst andere Figuren an. Zusätzlich wurden19 mögliche Übergänge zwischen den Phasen definiert. Beispielsweise wurde beimÜbergang von der Gefechtsphase E in die sichere Phase B unterschieden, ob der Spielergegnerische Figuren im Gefecht selbst eliminierte oder ob die Gegner durch Mitgliederseines Teams getötet wurden.Für die Anwendung von Gewalt, die nicht dem Erreichen des Spielziels diente(Selbstmord, Angriffe auf Teammitglieder etc.), wurden zusätzliche Codes vergeben. Fürjede Phase im Spiel wurden Anfang und Ende sowie die Übergänge von der vorherigenbeziehungsweise zur nachfolgenden Phase in Zehntelsekunden kodiert. Somit ergab sichfür jede Phase unabhängig von ihrer Dauer eine Kodierung. Aus diesem Grund wurdejede Phase in der späteren Auswertung mit ihrer Dauer gewichtet.Die digitalisierten Aufzeichnungen wurden von zwei Kodierern und einem Supervisorausgewertet. Für die Kodiererschulungen wurden die Aufzeichnungen eines Spielersverwendet, der später nicht in die Analyse einging. Analyseeinheit war jeder einzelneFrame der Videos (1/25 sek.). Dazu wurde die Software „Elecard Player“39(http://www.elecard.com/download/) verwendet, mit der die Videos Frame für Frameabgespielt werden können. Für die Bearbeitung von einer Stunde Spielzeit benötigten dieKodierer zwischen vier und fünf Stunden. Die Intercoder-Reliabilität lag über verschiedeneKennwerte hinweg im Durchschnitt bei .85. Nach Abschluss der Kodierungwurden unterschiedlich vergebene Codes mit den Kodierern diskutiert und auf dieserBasis vom Supervisor korrigiert.Die Auswertungen erlauben intra- und interindividuelle Charakterisierungen desSpielverlaufs. So lässt sich zeigen, dass bei fast allen Spielern Phase B, die Erkundung derSpielumgebung und die Suche nach Gegnern, mit ca. 45 Prozent Spielzeit den größtenAnteil hat. Nur bei Spielern mit geringeren Fertigkeiten ist dieser Anteil deutlichgeringer, da sich diese Spieler häufiger im passiven Beobachtungsmodus befinden. DerGebrauch von Waffen nimmt im Spiel zeitlich nur wenig Raum ein. Diese Phase variiertje nach Spieler zwischen vier und 15 Prozent der Spielzeit. DifferenziertereBetrachtungen des Spielverhaltens aufgrund von konkreten Handlungen im Spiel sindindividuell sowie über alle Versuchspersonen hinweg möglich.Allerdings ist die vorliegende Studie zwei Limitationen unterworfen. Zum einen dientedie Inhaltsanalyse an erster Stelle zur Generierung von unabhängigen Variablen für dieAuswertung einer fMRI-Studie zu gewalthaltigen Computerspielen und neuralinduzierter Aggressivität (XY, in Druck). Die Inhaltsanalyse war am Ziel dieser Studieausgerichtet, eine stärkere Berücksichtigung von Interaktionen der Spieler wärewünschenswert gewesen. Zum anderen wurden aus Kostengründen nur 13 und zudemnur männliche Versuchspersonen der Aufzeichnung und fMRI-Messung unterzogen,was eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse nicht erlaubt. Aufgrund der recht hohenSpieldauer von rund einer Stunde pro Versuchsperson liefert die Analyse trotzdembrauchbare Informationen für eine erste explorative Inspektion von Spielverlauf und -verhalten.Einige Computerspiele bieten mit Hilfe von ins Spiel implementierter Software einähnliches Monitoring des Spielverlaufs an. Dabei werden jedoch meistens nurKennwerte zum Waffengebrauch angegeben, z. B. im Spiel „No One Lives Forever“(Monolith Productions, Inc.). Eine nachträgliche Inhaltsanalyse wie in der vorliegendenStudie erlaubt außerdem die zeitlich sehr exakte Rekonstruktion des Handlungsverlaufsin Computerspielen unter Berücksichtigung intra- und intervidueller Unterschiede imSpielverhalten.Dadurch eröffnet sich ein Zugang zum individuellen Erleben des Spielers. DieInhaltsanalyse kann im Vergleich zu technisch realisierten Auswertungsmethodenverhältnismäßig einfach an jedes Spiel und an unterschiedliche Forschungsfragenangepasst werden. Der Nachteil der Inhaltsanalyse liegt vor allem im zeitlichen Aufwandfür die Kodierung.40


ZEITBASIERTE, HOCH AUFLÖSENDE INHALTSANALYSE GEWALTHALTIGER VIDEOSPIELELiteraturBeasley, B. & Standley, T. C. (2002). Shirts vs. skins: Clothing as an indicator of genderrole stereotyping in video games. Mass Communication & Society, 5, 279-293.Braun, C. M. J. & Giroux, J. (1989). Arcade video games: Proxemic, cognitive, andcontent analyses. Journal of Leisure Research, 21, 92-105.Dietz, T. L. (1998). An examination of violence and gender role portrayals in videogames: Implications for gender socialization and aggressive behavior. Sex Roles,38, 425-442.Feierabend, S. & Klingler, W. (2003). Medienverhalten Jugendlicher in Deutschland.Media Perspektiven, o. J.(10), 450-462.Haninger, K. & Thompson, K. M. (2004). Content and ratings of teen-rated videogames. Journal of the American Medical Association, 291(7), 856-865.Klimmt, C. (2004). Computer- und Videospiele. In R. Mangold, P. Vorderer & G. Bente(Hrsg.), Lehrbuch der Medienpsychologie (S. 695-717). Göttingen, Bern,Toronto, Seattle: Hogrefe.Klimmt, C., Vorderer, P. & Ritterfeld, U. (2004). Experimentelle Medienforschung mitinteraktiven Stimuli: Zum Umgang mit Wechselwirkungen zwischen ‚Reiz‘und ‚Reaktion‘. In W. Wirth, E. Lauf & A. Fahr (Hrsg.), Forschungslogik und -design in der Kommunikationswissenschaft (S. 142-156). Köln: Halem.Lee, K. M. & Peng, W. (2004). What do we know about computer and video games? Acomprehensive review of the current literature. Vortrag auf der 54. Jahrestagungder International Communication Association in New Orleans 2004.Merten, K. (1995). Inhaltsanalyse: Einführung in Theorie, Methode und Praxis. Opladen:Westdeutscher Verlag.Peng, W. (2004). Is playing games all bad? Positive effects of computer and video games.Vortrag auf der 54. Jahrestagung der International CommunicationAssociation in New Orleans 2004.Potter, J. & Tomasello, T. K. (2003). Building upon the experimental design in mediaviolence research: The importance of including receiver interpretations.Journal of Communication, 53(2), 315-329.RENÉ WEBER / KATHARINA-MARIA BEHR / UTE RITTERFELD /KLAUS MATHIAKSmith, S. (in Druck). Perps, pimps, & provocative clothing: Examining negative contentpatterns in video games. In P. Vorderer & J. Bryant (Hrsg.), Playing ComputerGames: Motives, Responses, and Consequences. Mahwah, NJ: Lawrence ErlbaumAssociates.Smith, S. L., Lachlan, K. & Tamborini, R. (2003). Popular video games: Quantifying thepresentation of violence and its context. Journal of Broadcasting and ElectronicMedia, 47, 58-76.TdW Intermedia GmbH (Hrsg.). (2004). Typologie der Wünsche 2004/2005: Menschen& Märkte [online]. Verfügbar: www.tdwi.com.Thompson, K. M. & Haninger, K. (2001). Violence in E-rated video games. Journal ofthe American Medical Association, 286(5), 591-598, 920.Vorderer, P. (2000). Interactive entertainment and beyond. In D. Zillmann & P.Vorderer (Hrsg.), Media entertainment: The psychology of its appeal (S. 21-36).Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.Weber R., Ritterfeld U. & Kostygina A. (in Druck). Aggression and hostility as effects ofplaying violent games. In P. Vorderer P. & J. Bryant (Hrsg.), Playing videogames - Motives, responses, and consequences. Mahwah, NJ: Lawrence ErlbaumAssociates.XY. (in Druck). Does playing violent video games induce aggression? Empirical evidenceof a functional magnetic resonance imaging study. Media Psychology.4142


FRANK SCHWAB / MORITZ HORVATHFrank Schwab / Moritz HorvathEMFACS als Medieninhaltsanalyseverfahrennonverbaler VerhaltensmusterEinleitungEs lässt sich eine Vielzahl deskriptiver quantitativer Inhaltsanalysenverfahren beschreiben.Unterscheidungen können entlang der Konkretisierung der Untersuchungseinheitensowie der verwendeten Kategorien getroffen werden (vgl. Bente, 2004). DaFilmmaterial visuelle, auditive, filmdramaturgische sowie semantische Inhalte liefert undsomit einen sehr komplexen Untersuchungsgegenstand darstellt, ist entlang derinteressierenden Fragestellung zu entscheiden, welche Untersuchungseinheiten diejeweiligen Hypothesen prüfbar machen.All zu spezifische Kategoriedefinitionen führen meist zu nur wenigen Beobachtungen,so dass umfangreiches Filmmaterial gesichtet werden muss, um entsprechendeEffekte registrieren zu können. Andererseits liefert eine sehr abstrakt und breit gewählteKategorie einen meist all zu weiten Interpretationsspielraum (vgl. Bente, 2004).Die hier vorzustellende Arbeit (vgl. Horvath, 2004) untersucht Unterschiede hinsichtlichder emotionalen Expressivität von Filmprotagonisten aktueller undvergangener Filmerfolge.Ergebnisse der Inhaltsanalyse können einerseits vor dem Hintergrund des Kultivierungsansatzes(Gerbner, 1994; Winterhoff-Spurk, 1999) diskutiert werden, wobei ein– hinsichtlich der Emotionalität – verändertes Männerbild sozialisierend auf die Gesellschaftwirken könnte. Andererseits mögen jedoch auch Zuschauer selektiv Filmeauswählen und zu deren Erfolg beitragen, die ihrem eigenen – möglicherweise durch denFeminismus veränderten – emotionalen Verhalten am Nächsten kommen. In diesemFall würde sich die Filmindustrie auf die Wünsche des Publikums einstellen (etwa„mood management“-Theorie; vgl. Zillmann & Bryant, 1985). Buck (1988) geht voneiner Wechselwirkung der Beeinflussung von Medien und Publikum aus, indem sicheinerseits die Medien mit dem Zeigen von Emotionen auf die Bedürfnisse des Publikumseinstellen, aber umgekehrt auch das Publikum emotional erziehen wollen (emotionaleducation).MethodeIn der vorzustellenden Arbeit wird EMFACS (Emotional Facial Action Coding System)als Kodiersystem nonverbaler Verhaltensmuster eingesetzt. Mit diesem Verfahren sollenVeränderungen des mimischen Ausdrucks bei männlichen Filmprotagonisten in ver-43schiedenen Filmstichproben untersucht werden. Ekman und Friesen (1982)entwickelten das Emotional Facial Action Coding System (EMFACS), um überGesichtsmuskelaktivitäten eine Analyse der gezeigten Emotionen zu erhalten. DieGrundlage für die Entwicklung von EMFACS bildet das Facial Action Coding System,kurz FACS genannt, welches jeder Bewegung eines Muskels im Gesicht eineKodiereinheit zuordnet, die so genannten „Action Units“ (vgl. Ekman, 1982).Unterschieden werden die Action Units anhand ihrer Qualität, ihrer Intensität, derLateralität sowie anhand des Zeitpunkts, an dem sie auftreten.Es können mehrere Action Units zum selben Zeitpunkt in Kombination auftreten,und nur manche Kombinationen oder einzelne Action Units lassen die Interpretationals Emotion zu. Die Interpretation der Emotionen aus verschiedenen Action Unit-Kombinationen sind empirisch abgesichert (vgl. Ekman, 1982; „emotionale Diktionär“,Wagner, 1993).Die Auswertung mit EMFACS ist zeitsparender als die Auswertung mit FACS, daAction Units ohne Zuordnung zu einer bestimmten Emotion nicht kodiert werdenmüssen. Des Weiteren hilft ein computerisiertes Interpretationsprogramm bei der Auswertungder Daten.Die Inhaltsanalyse mit EMFACS erfolgt bezogen auf die gezeigten Action Units derProtagonisten der zehn erfolgreichsten Filme von 1975-2000 und wird mit denExpressionen der Protagonisten der zehn erfolgreichsten Filme von 1950-1975verglichen. Als Index des Erfolges wurden Box Office-Listen herangezogen. Aus denFilmen dieser Listen wurden je fünf Minuten Kodiermaterial (Samples) ab Anfang desFilmes extrahiert. Die Auswahl erfolgte aufgrund der Kodierbarkeit der Einstellung mitEMFACS. Folgende Bedingungen mussten für eine Kodierung erfüllt sein:• Der Protagonist musste mindestens in der Halbtotalen gezeigt werden,• mindestens 51 Prozent des Gesichtes mussten sichtbar sein (Schatten; Verdeckungendurch Objekte und Personen),• die Einstellungen mussten länger als eine Sekunde andauern.Zur Kodierung wurden Szenen mehrfach, in Zeitlupe und auch im Standbildanalysiert. Es wurde der Zeitpunkt, an dem die Expression am stärksten ausgeprägt ist,der so genannte Apex, festgehalten. Die erstellten Kodierungen wurden mittels einesAuswertungsprogramms, dem „emotionalen Diktionär“ (Wagner, 1993), Emotionsinterpretationenzugeordnet.ErgebnisseUntersucht wurde, inwiefern sich eine vermehrte mimische Aktivität männlicherProtagonisten aktuellerer Filme und zugleich auch eine vermehrte emotionale Aktivitätmännlicher Protagonisten aktuellerer Filme im Vergleich zu früheren Filmennachweisen lässt.44


EMFACS ALS MEDIENINHALTSANALYSEVERFAHREN NONVERBALER VERHALTENSMUSTERBezogen auf die mimische Aktivität wurden in den Kodiersequenzen der früherenFilme durchschnittlich 160,4 Action Units kodiert, während in den Sequenzen deraktuelleren Liste 244,7 Kodierungen vorgenommen wurden. Mit dem Permutationstestbei einseitiger Testung ergab sich ein Unterschied der Stichproben mit einer Signifikanzvon p≤0.002. Es kann also ein Anstieg der mimischen Expressivität nachgewiesenwerden.Hinsichtlich der Häufigkeit mimischer Ereignisse, die als emotionaler Ausdruckinterpretiert werden können, zeigte das Material der früheren Filme im Schnitt 30,9interpretierte Emotionen, während das Filmmaterial der aktuelleren Filme im Durchschnitt39,5 Ereignisse zeigte, die als Emotion interpretierbar waren. Bei einseitigerTestung ergab sich ein Signifikanzwert von p≤0.055.Weitere Auswertungen zeigen einen besonders starken Anstieg bestimmter ActionUnits, die allerdings nicht als Emotion interpretiert werden können. Das Anheben derAugenbrauen beispielsweise (Action Unit 1 und 2) sowie die Weitung der Augen(Action Unit 5), welche auf ein vermehrtes Kommunizieren mit den Augen hinweisen,haben die stärksten Abweichungen in beiden Filmlisten. Auch die absolute Häufigkeitder Action Unit 12, das Heben der Mundwinkel, weicht besonders stark von derHäufigkeit der früheren Liste ab. Diese Action Unit wird im Besonderen mit derEmotion Freude in Verbindung gebracht.Der Beitrag diskutiert kritisch Vor- und Nachteile der gewählten Methode zurBeschreibung nonverbalen mimischen Verhaltens in Spielfilmen.FRANK SCHWAB / MORITZ HORVATHHorvath, M. (2004). Neue Helden, große Gefühle? Veränderung der emotionalenExpressivität von männlichen Filmprotagonisten – Eine Inhaltsanalyse.Saarbrücken: Diplomarbeit.Wagner, H. L. (1993). On measuring performance in category judgements studies ofnonverbal behavior. Journal of nonverbal Behavior, 17(1), 3-28.Winterhoff-Spurk, P. (1999). Medienpsychologie. Eine Einführung. Stuttgart:Kohlhammer.Zillmann, D. & Bryant, J. (1985). Selective exposure to communication. Hillsdale, NJ:Lawrence Erlbaum Associates.LiteraturBente, G. & Krämer, N. (2004). Inhaltsanalyse medialer Angebote. In R. Mangold, P.Vorderer & G. Bente (Hrsg.), Lehrbuch der Medienpsychologie (S. 201-228).Göttingen: Hogrefe.Buck, R. (1988). Emotional education and mass media. A new view of the global village.In R. P. Hawkins, J. M. Weimann & S. Pingee (Hrsg.), AdvancingCommunication Science: Merging Mass and interpersonal Perspectives (S. 44-76).Beverly Hills, CA: Sage Publications.Ekman, P. (1982). Methods for measuring facial action. In K. Scherer & P. Ekman(Hrsg.), Handbook of methods in nonverbal behavior research (S. 45-90).Cambridge, NY: Cambridge University Press.Gerbner, G., Gross, L., Morgan, M. & Signorelli, N. (1994). Growing up with television:the cultivation perspective. In J. Bryant & D. Zillmann (Hrsg.), Media effects(S. 17-41). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.4546


SONJA GLAAB / HARALD SCHOENSonja Glaab / Harald SchoenZur inhaltsanalytischen Messung des Emotionalisierungspotentials(historischer) MedieninhalteDie Inhaltsanalyse gilt als die zentrale Methode der Kommunikationswissenschaft (vgl.u.a. Merten, 1995, S. 13). Daher könnte man meinen, sie sei Gegenstand intensivermethodologischer Forschung. Wie jüngst Früh (2004, S. 13) feststellte, herrscht bezüglichder Grundlagendiskussion zur Inhaltsanalyse jedoch weitestgehend „Funkstille“.Standardisierte oder zumindest teilstandardisierte Erhebungsinstrumente sind äußerstselten (vgl. Hüning, 2001). Derartige Festlegungen der Operationalisierung vonKategorien hätten – neben dem forschungsökonomischen Vorteil – zwei weitereVorzüge: Ergebnisse verschiedener Studien wären besser vergleichbar, und Untersuchungenwären leichter miteinander zu kombinieren (vgl. Schmidt & Wünsch, 2001).Gerade im Hinblick auf Konstrukte, die in vielen Untersuchungen aufgegriffen werden,wäre eine Standardisierung der Erhebungsinstrumente sinnvoll. Das gilt nicht zuletzt fürdas Konstrukt ‚Emotionalisierung‘.Die Messung des Emotionalisierungspotentials von Medieninhalten erfolgt in vielenStudien mittels der Codierung des Eindrucks, den der Codierer vom Emotionsgehalteines Beitrags hat. Ähnlich wie bei der Tendenzmessung schätzt der Codierer das Emotionalisierungspotentialauf Aussagen- oder Beitragsebene auf einer fünfstufigen Rating-Skala ein. Obgleich es sich dabei um ein gängiges Verfahren handelt, scheinen Reliabilitätund Validität der Messung nicht zweifelsfrei gesichert. Schwierigkeiten rühren vor allemdaher, dass bei dem subjektiv gefärbten Merkmal ‚Emotionalisierung‘ vergleichsweisestarke Einflüsse von Codierereigenschaften, des Codierschemas, 1 der Codiererschulungsowie des gesellschaftlichen Kontextes auf die Forschungsergebnisse auftreten könnten.Die vorliegende Studie untersucht die Messung des Emotionalisierungspotentialsvon Medieninhalten am Beispiel der Berichterstattung über den Deutschen Herbst. Wirbetrachten einerseits die Gesamteinschätzung der Emotionalisierung, andererseits dieMöglichkeit, aus verschiedenen Komponenten einen Emotionalisierungsindex zu konstruieren.Beide Messinstrumente diskutieren wir im Hinblick auf Reliabilität undValidität.Emotionalisierung – Bedeutung für die Forschung undBegriffsdefinitionDie Begriffe ‚Emotion‘ und ‚Emotionalisierung‘ haben in den letzten Jahren nicht nur inder Werbewirkungsforschung zunehmend an Bedeutung gewonnen, sondern auch inanderen Bereichen der kommunikationswissenschaftlichen Forschung, beispielsweise beider Überprüfung der Konvergenzthese (vgl. Kroeber-Riel & Weinberg, 2003; Donsbach& Büttner, 2005).Emotion wird als ein Zustand innerer Erregung definiert, der einer betroffenen Personmehr oder weniger bewusst ist. Die Emotion kann sich dabei in ihrer Richtung, in ihrerStärke und in ihrer Qualität unterscheiden (siehe etwa Izard, 1999). 2 Aus Wirkungsstudienist bekannt, dass Emotionen durch affektive, kognitive oder physische Schlüsselreizeausgelöst werden. Dieser Prozess wird als Emotionalisierung bezeichnet.Emotionalisierung durch Medien findet auf der Seite des Rezipienten statt und kann miteiner Inhaltsanalyse nicht ermittelt werden (zur Problematik von Inferenzen, vgl. Früh,2004, S. 42 und 45). Mittels der Inhaltsanalyse ist es lediglich möglich, das Emotionalisierungspotentialbzw. den Emotionsgehalt von Beiträgen zu ermitteln und implizitWirkungsvermutungen aufzustellen.Das Emotionalisierungspotential eines Beitrags ist auf den Einsatz der erwähntenSchlüsselreize zurückzuführen – auf die Verwendung emotionalisierender Sprache undBilder oder auf die detaillierte Beschreibung von Fallbeispielen. Dementsprechend wirdein Beitrag als emotionalisierend bezeichnet, wenn darin mindestens eins der dreifolgenden Elemente vorkommt: 1. Bild mit Emotionalisierungspotential, 2. sprachlicheElemente mit Emotionalisierungspotential oder 3. inhaltliche Elemente mit Emotionalisierungspotential.Die Stärke des Emotionsgehalts des Beitrags hängt von der Menge dervorkommenden Elemente mit Emotionalisierungspotential ab, aber auch von derenZusammenspiel (vgl. Dulinski, 2003, S. 245).Zwei Möglichkeiten zur Messung von EmotionalisierungDas Emotionalisierungspotential eines Beitrags kann in der Inhaltsanalyse im Wesentlichenauf zwei unterschiedlichen Wegen gemessen werden. Zum einen kann man dieCodierer um eine Gesamteinschätzung bitten. Zum anderen kann man – angelehnt an1In der Kategoriendefinition im Codebuch wird der Codierer oft auf Indikatoren fürEmotionalisierung hingewiesen. Diese sind in den einzelnen Studien unterschiedlichund nicht erschöpfend (vgl. u.a. Reinemann, 2005; Kepplinger, 1996; Glaab, in Druck).472Bislang hat sich die Forschung überwiegend auf die Frage konzentriert, ob ein BeitragEmotionalisierungspotential besitzt, und wenn ja, wie hoch der Emotionsgehalt ist(Stärke). Dabei ging es vor allem um negatives Emotionalisierungspotential (Richtung).Die Qualität der Emotion wurde bisher meist ausgeklammert; darin liegt einForschungsdesiderat, das der vorliegende Beitrag ob seiner methodologischenAusrichtung nicht behandeln kann.48


MESSUNG DES EMOTIONALISIERUNGSPOTENTIALS (HISTORISCHER) MEDIENINHALTEdie obigen Ergebnisse zu emotionalisierenden Schlüsselreizen – a priori Indikatorenfestlegen, diese von den Codierern erfassen lassen und daraus einen Emotionalisierungsindexbilden. Die Indikatoren müssen dabei – entsprechend der Definition des Emotionalisierungspotentials– auf sprachlicher, visueller und inhaltlicher Ebene erhobenwerden. Der sprachliche Aspekt wurde bisher am intensivsten erforscht. Indikatoren fürden Emotionsgehalt sind z.B. das Vorkommen abwertender Suffix-Wortbildungen (vgl.Früh, 2004, S. 229f.). Es ist auch möglich, die Wortwahl eines Beitrags mit einem ausdem „Semantischen Atlas“ entwickelten Emotionswörterbuch abzugleichen (vgl.Mende, 1996).Der Emotionalisierungsindex – eine Option?Der Vorteil der Indexbildung liegt – im Vergleich zur Einschätzungskategorie – in einerSteigerung der Reliabilität der Untersuchung: Im Gegensatz zur Einschätzungskategoriewerden hier größtenteils manifeste Inhalte abgefragt. Es besteht eine vergleichsweisegeringe Gefahr, dass die Messung durch Persönlichkeitsmerkmale des Codierers, z.B.seine Emotionalität, oder durch den gesellschaftlichen Kontext beeinflusst wird.Bei der Indexbildung aus den Einzelindikatoren können Probleme in Bezug auf dieValidität der Messung auftreten. Dabei ist es entscheidend, welche Indikatorenausgewählt werden und wie sie gewichtet werden, um abschließend eine Aussage überdas Emotionalisierungspotential des gesamten Textes treffen zu können. Dazu bedarf esvergleichsweise starker Annahmen über die Bedeutung einzelner Komponenten für dasGesamtemotionalisierungspotential eines Beitrags. Nur valide Annahmen führen zueiner validen Messung der Emotionalisierung. Das Problem wird dadurch verschärft,dass die Gewichtung in Abhängigkeit vom gesellschaftlichen Kontext, vom Thema undvon Eigenschaften der Codierer variieren kann; beispielsweise könnten für kognitivweniger kompetente Menschen bildliche Darstellungen stärker ins Gewicht fallen als fürandere.Gesamteinschätzung – ein überlegenes Verfahren?Die Gesamteinschätzung umgeht das Problem der Indexbildung, indem sie dasangezielte Konzept direkt misst. Allerdings sind damit nicht alle Probleme gelöst. Eshandelt sich um einen „weichen“ Forschungsgegenstand, weshalb die einzelnen Codierereinen relativ breiten Interpretationsspielraum besitzen. Welche Einschätzung dieCodierer vornehmen, könnte zunächst von Persönlichkeitsmerkmalen abhängen; beispielsweisekönnten emotionale Menschen generell höhere Werte angeben. Darausergeben sich zum einen Reliabilitätsprobleme, zum anderen Validitätsprobleme, da nichtsicher ist, ob bei den Codierern die gleichen Merkmalsverteilung wie bei den Rezipienten49SONJA GLAAB / HARALD SCHOENvorzufinden ist. Darüber hinaus könnte der gesellschaftliche Kontext eine Rolle spielen.Denn es könnten sich im Laufe der Zeit die dominierenden gesellschaftlichenDeutungsmuster verändern, man denke etwa an den Wandel von Schönheitsidealen.Soweit dies zutrifft, könnte eine heute vollständig valide erscheinende Messung derEmotionalisierung von Berichten über den Deutschen Herbst in den siebziger Jahrenmit Blick auf den damaligen gesellschaftlichen Kontext problematisch sein.In der empirischen Analyse untersuchen wir zunächst die Intercoderreliabilität. Sieliegt für diese „weiche“ Kategorie merklich niedriger als bei Kategorien, die sich aufmanifeste Inhalte beziehen. Anschließend untersuchen wir, inwieweit die Codierergebnissevon Eigenschaften der Codierer abhängen. Aus der theoretischen und derempirischen Analyse leiten wir schließlich Überlegungen zur (retrospektiven) Messungdes Emotionalisierungspotentials von Medienbeiträgen ab und diskutieren, inwiefernsich die Einschätzungskategorie hier als Standardinstrument eignet.LiteraturDonsbach, W. & Büttner, K. (2005). Boulevardisierungstrend in deutschen Fernsehnachrichten.Darstellungsmerkmale der Politikberichterstattung vor denBundestagswahlen 1983, 1990 und 1998. Publizistik, 50, 21-38.Dulinski, U. (2003). Sensationsjournalismus in Deutschland. Konstanz: UVK.Früh, W. (2004, 5. Auflage). Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis. Konstanz: UVK.Glaab, S. (in Druck). Zwischen Emotion und Sachlichkeit – Die Qualität der Berichterstattungüber die NS-Vergangenheit am Beispiel des Nachrichtenmagazins„Der Spiegel“. In S. Weischenberg, M. Beuthner & W. Loosen (Hrsg.),Medienqualitäten. Öffentliche Kommunikation zwischen ökonomischem Kalkülund Sozialverantwortung.Hüning, W. (2001). Standardisierung von Inhaltsanalysen? Eine exemplarische Meta-Analyse zum Stand der Methode. In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.),Inhaltsanalyse, Perspektiven, Probleme, Potentiale (S. 13-30). Köln: Herbert vonHalem Verlag.Izard, C. E. (1999, 9. Auflage). Die Emotionen des Menschen, eine Einführung in dieGrundlagen der Emotionspsychologie. Weinheim: Beltz PVU.Kepplinger, H. M. (1996). Codebuch – Massenmedien und Politikverdrossenheit. DFG-Projekt, Die Bedeutung negativer Ereignisse in der Medienberichterstattung undihre Auswirkung auf die Bevölkerung [Unveröffentlichtes Manuskript].50


MESSUNG DES EMOTIONALISIERUNGSPOTENTIALS (HISTORISCHER) MEDIENINHALTEKroeber-Riel, W. & Weinberg, P. (2003, 8. Auflage). Konsumentenverhalten. München:Vahlen.Mende, M. (1996). Sensationalismus als Produktgestaltungsmittel. Eine empirischeAnalyse über die verlegerische und journalistische Orientierung amSensationsbedürfnis in der deutschen Presse zwischen 1914 und 1933. Köln:Botermann.Merten, K. (1995, 2. Auflage). Inhaltsanalyse. Einführung in Theorie, Methode undPraxis. Opladen: Westdeutscher Verlag.Reinemann, C. (2005). Kampagne mit Qualität? Eine medienkritische Untersuchung derBerichterstattung der BILD-Zeitung über Hartz IV. Vortrag gehalten auf der<strong>DGPuK</strong>-Jahrestagung 2005.Schmid, I. A.. & Wünsch, C. (2001). Definition oder Intuition? Die Konstrukte„Information“ und „Unterhaltung“ in der empirischen Kommunikationsforschung.In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.), Inhaltsanalyse, Perspektiven,Probleme, Potential (S. 31-48). Köln: Herbert von Halem Verlag.51Werner Wirth / Lars HardenHeuristisches und systematisches Codieren.Eine empirische Untersuchung zum CodierprozessTheorie und FragestellungBeim inhaltsanalytischen Codieren interagieren zumindest vier potenzielle Einflussfaktoren:Merkmale des (zu codierenden) Textes, der Codierer, des Codebuchs sowie derCodiererschulung. Im Idealfall sollte die Codierung als Interaktion zwischen Text undCodebuch erfolgen, wobei die Codiererschulung die Aufgabe hat, diese Interaktiondurch relativ enge Interpretationskorridore zu lenken (Wirth, 2001; siehe auch Früh,2001). Die relative Invarianz des Codierprozesses über Codierer und auch über längereCodierzeiten hinweg soll somit durch die Exaktheit und Trennschärfe der Regeln undDefinitionen im Codebuch sowie eben durch die Codiererschulung garantiert werden.Codierereinflüsse sollten beim Codieren hingegen keine Rolle spielen. VerschiedeneAutoren vermuten jedoch, dass dies in der Codierpraxis doch der Fall ist und sprechenauch der Methode der Inhaltsanalyse Reaktivität zu (Merten, 1995).Empirisch wurde das Codierverhalten bislang nur selten untersucht. Die wenigen,vorliegenden Studien fokussieren vor allem den Einfluss politischer Präferenzen derCodierer auf das Codierverhalten. Merten (1995; siehe auch Westen, 1996) untersuchteden Codierprozess bei weitgehend ungeschulten Codierern und fand große Einflüsse derpolitischen Voreinstellung auf das Codierverhalten. Kepplinger, Dahlem und Brosius(1993) fanden nur in Einzelfällen Zusammenhänge zwischen politischer Voreinstellungund Codierverhalten. Maurer und Jandura (2001) berichteten keine Korrelationenzwischen der Präferenz der Codierer für einen Politiker und der Codierung derGesamttendenz eines politischen Printmedienbeitrags in Printmedien. Bei derCodierung von Fernsehbeiträgen stießen die Forscher hingegen auf Kontrasteffekte: DieCodierer codierten im Kontrast zu ihren Voreinstellungen. Sollten die Codiererhingegen den Eindruck codieren, den ein Politiker im Bild zu vermitteln schien, soließen sich die Codierer von ihren eigenen Präferenzen für oder gegen diesen Politikerleiten. Die Autoren erklären die Befunde mit sozialpsychologischen Theorien derPersonenwahrnehmung.Auffallend an diesen Befunden ist, dass es sich bei Codierungen wie der „Gesamttendenzeines Artikels“ bzw. wie dem „Eindruck eines Politikers im Bild“ um eherunscharfe Kategorien handelt. Es stellt sich die Frage, wie die Konkretheit und dieDetailliertheit des Codebuchs mit Codierereinflüssen auf den Codierprozess zusammenhängen.Bos (1989) konnte zeigen, dass sich die Intercoderreliabilität mit zunehmenderSchärfe und Konkretheit des Codebuchs verbessert. Demnach könnte beispielsweisevermutet werden, dass vor allem unscharfe Kategorien anfällig für Codierereinflüsse52


HEURISTISCHES UND SYSTEMATISCHES CODIERENsind. Die Verzerrungen lassen sich so gesehen als Folge von Heuristiken begreifen, die beiuneindeutigen Entscheidungssituationen eingesetzt werden.Führt man diesen Gedanken weiter aus, so lässt sich Codieren bei der Inhaltsanalyseals Informationsverarbeitungsprozess begreifen, der im Sinne einer gelenkten Rezeptionmöglichst systematisch-reflektiert und eben nicht heuristisch oder schematisch zuerfolgen hat (Wirth, 2001; zu den Theorien Chaiken & Trope, 1999). Dies zu erreichenist ein Ziel von Codiererschulungen. Im Alltag sind Heuristiken jedoch nahezu derNormalfall bei der Rezeption (z. B. Brosius, 1995). Codieren widerspricht demnach inwichtigen Teilen dem natürlichen, alltäglichen Rezipieren. Von Codierern wirderwartet, dass sie bis zu einem gewissen Grad den ‚natürlichen‘ Hang zur Heuristiküberwinden und rational, reflektiert, begründet und systematisch rezipieren undentscheiden. Dazu sind metakognitive und selbstreflexive Fähigkeiten sowie hoheMotivation erforderlich (Wirth, 2001). Wendet man die Zwei-Prozess-Modelle auf denCodierprozess an, so kann vermutet werden, dass schematisches oder heuristischesCodieren immer dann zum Zuge kommt, wenn Entscheidungssituationen durchAmbiguität geprägt sind.Einflüsse des Codebuchs und der Codierer auf den CodierprozessDas Codebuch ist die Basis für systematisch-reflektiertes Codierverhalten. Insofern wärezu vermuten, dass möglichst explizite und ausführliche Definitionen und Regeln dieVerwendung von Heuristiken entgegenwirken sollte, da dadurch Ambiguität reduziertwird. Ausgehend von Zwei-Prozess-Modellen der Informationsverarbeitung könnte esallerdings auch zu konterkarierenden Effekten kommen. Eine systematische Informationsverarbeitungist nur dann wahrscheinlich, wenn die Informationen nicht zu komplexsind und ausreichend Motivation zu ihrer Verarbeitung vorhanden ist. Somit kannvermutet werden, dass ein sehr stark ausdifferenziertes, mit langen Definitionen, vielenRegeln, Ausnahmefällen, Codieranweisungen und Beispielen versehenes Codebuch zwartheoretisch eine hohe instrumentelle und intersubjektive Reliabilität garantieren kann.Praktisch wird zumindest die instrumentelle Reliabilität jedoch möglicherweise niedrigerliegen, da viele Codierer heuristische Entscheidungsprozesse entwickeln und versuchenwerden, so die komplexe Differenziertheit des Codebuchs zu umgehen. Sie suchen sichsozusagen einen gangbaren und mit wenig Aufwand verbundenen „Pfad durch dasDickicht des Codebuchs“ (Wirth, 2001). Die Art und das Ausmaß solcher Heuristikenbeim Codieren sind bislang noch nicht systematisch in einer Methodenstudie untersuchtworden.Im Folgenden soll daher untersucht werden, inwieweit heuristische Einflüsse beimCodieren in Abhängigkeit der Komplexität des Codebuchs festzustellen sind.Ausgehend von Zwei-Prozess-Modellen muss daneben auch die Rolle von Motivationenund Kompetenzen für das Codieren betrachtet werden.WERNER WIRTH / LARS HARDENMethode und DesignUm diese Forschungsfragen zu beantworten, wurde unter der Leitung der Autoren einMethodenexperiment durchgeführt. Es fand im Rahmen eines Seminars statt, in dem derUmgang der Massenmedien mit den Terrorangriffen auf das World Trade Center 2001inhaltsanalytisch untersucht werden sollte. Die Forschungsfragen betrafen Themen,Akteure, Bewertungen, Emotionalität, Personalisierung und Komplexität der Berichterstattung.Experimentell variiert wurde nur der Teil des Codebuchs, der die Emotionalitätder Medienberichterstattung erfasste. Alle anderen Teile des Codebuchs bliebenunverändert. Es wurde die Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung, derFrankfurter Allgemeinen Zeitung und der Bild-Zeitung im Zeitraum vom 11.09.2001 –07.12.2001 inhaltsanalytisch erfasst. Am Codierprozess beteiligt waren 29 Codierer.Jeweils ein Drittel der Codierer erhielt eine von drei Codebuchversionen. Die Codebücherumfassten neben dem experimentell variierten Teil noch 60 weitere Variablen,darunter sechs formale. Jeder Codierer sollte 80 Artikel (etwa 40-50 StundenCodierzeit) codieren, etwa zu gleichen Teilen aus den drei beteiligten Tageszeitungen.Experimentelle Variation des CodebuchsUm den Einfluss der Explizitheit und Komplexität des Codebuchs auf das Codierverhaltenzu untersuchen, wurde ein dreigestuftes, einfaktorielles Experiment durchgeführt.Teile des Codebuchs wurden in drei Versionen erstellt wurden: Eine kurze Versionenthielt nur sehr einfache Kategorien, wenigen Regeln und Definitionen, ließ dadurchjedoch viel Spielraum für subjektive Interpretationen der Codierer. Eine mittlereVersion umfasste differenziertere Kategorien, Regeln und Definitionen, womit derCodiererspielraum eingeengt wurde. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass dieKomplexität des Codebuchs nicht zu hoch wurde. Eine dritte, sehr ausführlicheCodebuchversion bot den Codierern sehr genaue, differenzierte und detaillierteKategorien, Regeln und Definitionen. Dies ging mit einer entsprechend hohenKomplexität einher. Als Indikator für Komplexität wurde die Zahl der Wörter(Definitionen, Regeln), die Zahl der Variablen sowie die Zahl der Kategorien derVariablen (dichotom versus multinomial) verwendet. Tabelle 1 verdeutlich dieunterschiedlichen Codebuchversionen.Tabelle 1: Drei Versionen des Codebuchs (nur experimentell variierte Teile)Codebuchversion: einfach mittel KomplexAnzahl Wörter 1955 2479 3308Anzahl dichotomer Variablen 22 23 26Anzahl multinomialer Variablen 2 7 115354


Merkmale der CodiererHEURISTISCHES UND SYSTEMATISCHES CODIERENUm Einflüsse der Codierer auf den Codierprozess erfassen zu können, wurden einigepersönlichkeitspsychologische Dimensionen in den Vorherfragebogen integriert. Gewissenhaftigkeit,eine Subdimension des NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 1993) wurdeeinbezogen, da vermutet werden konnte, dass besonders zuverlässige und gewissenhafteCodierer sich weniger von Heuristiken bei der Codierung leiten lassen würden.Empathiebereitschaft (Davis, 1993) wurde einbezogen, da vermutet werden konnte, dassstarke Empathiebereitschaft bei mehrdeutigen Codiersituationen eine erhöhteSensibilität gegenüber emotionaler Berichterstattung nach sich ziehen und damit zuVerzerrungen bei den Emotionalisierungs-Kategorien führen würde. Daneben wurdendie Motivation sowie die selbsteingeschätzte Komplexität des Codebuchs am Anfangsowie im Verlauf der Codierarbeiten erfasst.DurchführungDie Feldphase der Codierung erstreckte sich über die Monate Februar und März 2002.Vor und nach den Codierarbeiten erhielten die Codierer jeweils einen Fragebogen mitden persönlichkeitspsychologischen Items sowie Fragen zum Codierprozess. Die Codierarbeitensollten einheitlich entlang vorher vergebener Artikelnummern erfolgen, damitHeuristiken, die erst im Verlauf der Codierung eingesetzt wurden, besser nachvollzogenwerden konnten. 100 Artikel wurden von allen drei Codiergruppen codiert. DieCodierungen dienen dem Vergleich der Codebücher. Zehn weitere Artikel wurden vonjedem einzelnen Codierer codiert. Diese zehn Artikel können als Grundlage für eine„harte“ Vergleichsbasis der Reliabilitäten dienen.Aufgrund des Seminarkontextes (eine Methodenübung) waren alle Codierer an derEntwicklung der Codebücher beteiligt. Die Codierer wussten auch von der Existenz derdrei verschiedenen Codebüchern und auch, welches Codebuch sie selbst als Grundlagefür die Codierphase zu benutzen hatten. Daher konnte das Experiment nur teilweise verdeckterfolgen. Die Forschungsfragen des Methodenexperiments waren hingegen nichtbekannt und wurden im Seminar auch nicht thematisiert. Ebenfalls nicht bekannt war,dass im zu codierenden Material auch Artikel waren, die alle Codierergruppen bzw. alleCodierer erhielten.Erfassung des heuristischen versus systematischen CodierverhaltensZur Erfassung des heuristischen versus systematischen Codierverhaltens wurden objektiveund subjektive Daten herangezogen. Als objektiven Indikator für systematischesCodierverhalten diente der Grad der Übereinstimmung der Codierer mit der als„korrekt“ angesehenen „Mastercodierung“ durch die Forscher (instrumentelle Reliabilität,vgl. z.B. Riffe, Lacy & Fico, 1998; siehe auch Früh, 2001, dort als „Validität“ diskutiert).Die Intercoderreliabilität, d.h. die Übereinstimmung der Codierer untereinander,55WERNER WIRTH / LARS HARDENkann hingegen nur eingeschränkt als Indikator für systematisches Codierverhalteninterpretiert werden, da auch heuristisches Codieren unter bestimmten Umständen zuhohen Reliabitätskoeffizienten führen kann (wenn nämlich viele Codierer ähnliche odergleiche Heuristiken anwenden).Einige subjektive Hinweise zur Verwendung von Heuristiken beim Codierenwurden einem Fragebogen entnommen, die die Codierer nach Abschluss derCodierphase ausfüllen sollten. Darin gaben sie an, wie aufmerksam und konzentriert siebeim Codieren in der Regel waren und welche Hilfsmittel sie beim Codieren einsetzten.Außerdem wurde mit acht Fragen der (selbst eingeschätzte) Routinisierungsgrad beimCodieren erfasst (z.B. „Bei manchen Artikeln wusste ich schon sehr genau, welche Codesvergeben werden mussten“). Der Routinisierungsgrad kann allerdings nur Auskunft überdie Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von Heuristiken geben.ErgebnisseIm Vortrag werden die verschiedenen Zusammenhänge zwischen dem tatsächlichen unddem selbst eingeschätzten Codierverhalten sowie den Persönlichkeitsmerkmalen derCodierer vorgestellt. Aus den Befunden werden Empfehlungen für die Gestaltung vonCodebüchern abgeleitet.LiteraturBorkenau, P. & Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) nachCosta und McCrae. Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.Bos, W. (1989). Reliabilität und Validität in der Inhaltsanalyse. Ein Beispiel zur Kategorienoptimierungin der Analyse chinesischer Textbücher für den muttersprachlichenUnterricht von Auslandschinesen. In W. Bos & C. Tarnai (Hrsg.),Angewandte Inhaltsanalyse in Empirischer Pädagogik und Psychologie (S. 61-72). Münster, New York: Waxmann.Brosius, H.-B. (1995). Alltagsrationalität in der Nachrichtenrezeption. Ein Modell zurWahrnehmung und Verarbeitung von Nachrichteninhalten. Opladen:Westdeutscher Verlag.Chaiken, S. & Trope, Y. (Hrsg.). (1999). Dual-process theories in social psychology. NewYork, London.Davis, M. H. (1993). Measuring individual differences in empathy: Evidence for amultidimensional approach. Journal of Personality and Social Psychology, 54,113-126.56


HEURISTISCHES UND SYSTEMATISCHES CODIERENEsser, H. (1975). Zum Problem der Reaktivität bei Forschungskontakten. KölnerZeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 27, 257-272.Früh, W. (2001, 5. Auflage). Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis. Konstanz: UVK.Merten, K. (1995). Reactivity in content analysis. Communications, 21, 65-76.Kepplinger, H. M., Dahlem, S. & Brosius, H.-B. (1993). Helmut Kohl und OskarLafontaine im Fernsehen. Quellen der Wahrnehmung ihres Charakters undihrer Kompetenz. In C. Holtz-Bacha & L. L. Kaid (Hrsg.), Die Massenmedienim Wahlkampf. Untersuchungen aus dem Wahljahr 1990 (S. 144-184).Opladen: Westdeutscher Verlag.Kepplinger, H. M. (1989). Content analysis and reception analysis. American BehavioralScientist, 33, 175-182.Wester, F. (1996). Comments on Klaus Merten: Reactivity in content analysis?Communications, 21, 199-202.Wirth, W. (2001). Der Codierprozess als gelenkte Rezeption. Bausteine für eine Theoriedes Codierens. In W. Wirth & E. Lauf (Hrsg.), Inhaltsanalyse: Perspektiven,Probleme, Potentiale (S. 157-182). Köln: Herbert von Halem Verlag.Autorinnen und AutorenBaumgartner, Sabrina, Studium am Institut für Medienwissenschaft der UniversitätFribourg. Diplomarbeit mit dem Titel „Die Konstruktion von Wirklichkeitanhand Sequenzen internationaler Politik in der ‚Tagesschau‘ des SchweizerFernsehens DRS“ (2005). Oktober 2004 bis März 2005 Unterassistentin vonProf. Dr. Joachim Trebbe am Institut für Medienwissenschaft der UniversitätFribourg – Aufgaben: Mitentwicklung eines Untersuchungsinstruments für dieErfassung und Analyse der Sponsoringtätigkeit von vier Schweizer Fernsehsendern.Zudem Juni/Juli 2002, Juni/Juli 2003 und Juli 2005Unterassistentin von Prof. Dr. Luis Bosshart am Institut für Medienwissenschaftder Universität Fribourg – Aufgaben: Codieren vonHauptnachrichtensendungen aus drei Sprachregionen der Schweiz und Erfassender Daten in SPSS.Behr, Katharina-Maria, Dipl.-Medienwiss., geboren 1979. 2000 bis 2005 StudiumMedienmanagement (Angewandte Medienwissenschaft) mit Nebenfach Wirtschaftswissenschaftenam Institut für Journalistik und Kommunikationsforschungder Hochschule für Musik und Theater Hannover. Seit 10/2002studentische Hilfskraft im Forschungsprojekt „Presence MEC: Measurement,Effects, Conditions“ der Europäischen Kommission an der Hochschule fürMusik und Theater Hannover. 08-09/2003 Forschungspraktikum an derAnnenberg School for Communication, University of Southern California, LosAngeles.Frey, Siegfried, Prof. Dr. phil. habil, ist seit 1985 Professor für Kommunikations- undMedienpsychologie und Leiter des Laboratoriums für Interaktionsforschung ander Universität Duisburg-Essen. Zuvor am Max-Planck-Institut für Psychiatriein München, an der University of California, San Francisco und an derUniversität Bern. Berufungen als Directeur d'Études an die École des HautesÉtudes en Sciences Sociales (E.H.E.S.S.) Paris, als Harris German-Dartmouth-Professor, Dartmouth College, Hanover (USA) und als Kollegiat der SELStiftung an die Universität Stuttgart. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Theorieund Methodik der humanwissenschaftlichen Kommunikationsforschung.Ausgezeichnet mit dem „Forschungspreis Technische Kommunikation“ derAlcatel SEL Stiftung Stuttgart.57Gehrau, Volker, Dr. phil. M.A., geboren 1966. Studium der Publizistik- undKommunikationswissenschaft, Informationswissenschaft undBetriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin, Promotion zuFernsehgenres und Fernseh- gattungen. Berufliche Tätigkeit: 1995-58


AUTORINNEN UND AUTOREN1997 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dresdenund seit 1997 an der Freien Universität Berlin. Derzeit Vertretungsprofessor ander Technischen Universität Ilmenau. Wissenschaftliche Tätigkeit:Habilitationsprojekt zu Fernsehhandlungen und Fernsehbewertungen,Forschungsprojekt zu persönlichen Gesprächen über Informationen aus denMedien. Arbeitsgebiete: Rezeptionsforschung, Genreforschung, Qualitätsforschung,Anschlusskommunikation sowie empirische Forschungsmethoden.Glaab, Sonja, M.A., geboren 1978. Studium der Mittleren und Neueren Geschichte,Politikwissenschaft und Publizistik an der Johannes Gutenberg-UniversitätMainz und der Université François Rabelais in Tours. Stipendiatin derStudienstiftung des Deutschen Volkes. Seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterinam Institut für Publizistik der Universität Mainz. Hauptarbeitsgebiete: MedienundKommunikationsgeschichte, Wirkungsforschung, sozialwissenschaftlicheMethoden.Harden, Lars, Dr. 1993-1998 Diplom-Studiengang Medienmanagement in Hannover,anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik undKommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und TheaterHannover; in der Lehre Schwerpunkte in der Methodenausbildung, nebenbeifreier Medienberater; 2002 Promotion mit einer Arbeit zur Framing-Theorie;seit 2003 Geschäftsführer der aserto: Kommunikationsanalysen und BeratungGmbH & Co. KG; Lehrbeauftragter am IJK und der Hamburg Media School.Horvath, Moritz, Dipl.-Psych., geboren 1977. 1997 bis 2004 Studium der Psychologiein Saarbrücken, studentische Hilfskraft in den AEs Klinische Psychologie undMedien- und Organisationspsychologie. Ausbildung zum FACS-Kodierer mitZertifizierung im Jahr 2000. Derzeit selbstständiger Trainer und Coach in einemStartup-Unternehmen in Saarbrücken. Interessenschwerpunkte auf dem Gebietder nonverbalen Kommunikation und der emotionalen Medienwirkung. Konzeptioneigener Seminare zu Themen der emotionalen Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung.Keuneke, Susanne, Dr. phil., geboren 1970. Studium der Soziologie, Kommunikationswissenschaftund Politologie an der Universität Münster. Zwischen 1994 und1998 als freie Wissenschaftlerin in verschiedenen Forschungsprojekten tätig, von1999 bis 2002 Wissenschaftliche Assistentin, seit Oktober 2002Juniorprofessorin für Kommunikations- und Medienwissenschaft an derHeinrich-Heine-Universität DüsseldorfKrämer, Nicole, Dr., ist Diplom-Psychologin und seit 1998 wissenschaftliche Mitarbeiterinder Abteilung Differentielle Psychologie und Sozialpsychologie der59Universität zu Köln. Im Jahre 2001 promovierte sie über die Möglichkeiten zumEinsatz von Computeranimationen im Bereich der Wirkungsanalysenonverbalen Verhaltens. Das Wintersemester 2003/2004 verbrachte Sie alsGastdozentin an der Universität Cambridge (Social and Political Sciences). Zuihren Forschungsschwerpunkten zählen vor allem nonverbale Kommunikation,Mensch-Computer-Interaktion sowie soziale Wirkungen virtueller Helfer. IhreLehrtätigkeit umfasst Sozialpsychologie, Differentielle Psychologie,Medienpsychologie und Organisationspsychologie.Mathiak, Klaus, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat., geboren 1968. 1987 bis 1996Studium der Medizin und Techno-Mathematik an der TU, FU und HU Berlin.Studienaufenthalte in Spanien und Niederlanden. 1997 Doktor der Medizin,2004 Doktor der Naturwissenschaften. Seit 1996 ärztlich-wissenschaftlicheTätigkeit in Innerer Medizin, Psychosomatik, Neurologie und Psychiatrie. Seit1998 Forschungsschwerpunkt „Funktionelle Bildgebung“. Anstellungen an FUBerlin, Forschungszentrum Jülich, Universität Tübingen. Seit Ende 2004 Leiterdes Forschungs- und Lehrgebietes Experimentelle Verhaltenpsychobiologie ander Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, RWTH Aachen.Mönch, Robert, Lic. rer. publ., geboren 1965. Ausbildung zum künstlerischen Beleuchter,berufsbegleitendes Studium im Studiengang Journalisten-Weiterbildung an der Freien Universität Berlin. Berufliche Tätigkeit: 1987-1989Beleuchter in Filmproduktionen, 1989-1991 Redaktionsassistent, seit 1992 festfreierNachrichtenredakteur beim MDR Fernsehen. WissenschaftlicheTätigkeiten: Forschungsprojekt zu Fernsehqualität und Videojournalismus.Arbeitsgebiete: Qualitätsforschung im Bereich Fernsehnachrichten und -magazine, Videojournalismus, Fernsehproduktion.Pagendarm, Magnus, Dipl.-Psych., geboren 1974. Studium der Psychologie(Universität Freiburg und FU Berlin) mit Schwerpunkten inMedienpsychologie, -forschung und -pädagogik sowie visueller Kommunikation(UdK Berlin). Seit 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am PsychologischenInstitut der Universität Tübingen (Abteilung Allgemeine und AngewandtePsychologie). Interessen- und Forschungsschwerpunkte: Rezeptions- undMedienwirkungsforschung, Konsumentenpsychologie.Ritterfeld, Ute, Dr. phil., Diplom-Psychologin (1989 Universität Heidelberg), Dr. phil.(1996 Technische Universität Berlin), Habilitation (2004, UniversitätMagdeburg). 2002 Ernennung zum Research Assistant Professor an derAnnenberg School for Communication, University of Southern California inLos Angeles, seit 2003 Research Associate Professor an derselben Universität.60


AUTORINNEN UND AUTORENLeitung der interdisziplinären Forschergruppe Annenberg Studies on ComputerGames (ASC Games).Rössler, Patrick, Prof. Dr., geboren 1964. Studium der Publizistik, Rechts- und Politikwissenschaftan der Universität Mainz, von 1989 bis 1994 Projektmitarbeiter,anschließend Lehrstuhlmitarbeiter an der Universität Hohenheim, FachgebietKommunikationswissenschaft/Empirische Sozialforschung, dort Promotionzum Dr. rer.soc. Von 1997 bis 2000 wissenschaftlicher Assistent an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Kommunikationswissenschaft(ZW). Zwischen 2000 und 2003 Professor (C3) für Kommunikationssoziologieund -psychologie an der Universität Erfurt, seit 2004 Professor (C4) für Kommunikationswissenschaftmit dem Schwerpunkt Empirische Kommunikationsforschung/Methoden.Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaftfür Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (<strong>DGPuK</strong>) e.V., Herausgeberder Buchreihe „Internet Research“ im Verlag Reinhard Fischer. Forschungsschwerpunkte:Politische Kommunikation, Medienwirkungen, Medieninhalte,neue IuK-TechnologienSchoen, Harald, Dr., geboren 1972. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fürPolitikwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungenzur politischen Soziologie und zu Methoden der empirischen Sozialforschung.Schwab, Frank, Dr. phil., Dipl.-Psych., geboren 1963. Studium der Psychologie inSaarbrücken, wissenschaftlicher Mitarbeiter in den AEs Klinische Psychologieund Medien- und Organisationspsychologie, sowie freier Mitarbeiter amMedienpsychologischen Forschungsinstitut Saarland (mefis), Promotion inSaarbrücken. Derzeit wissenschaftlicher Assistent an der FachrichtungPsychologie (AE Medien- und Organisationspsychologie) der Universität desSaarlandes. Interessen- und Forschungsschwerpunkte: EvolutionspsychologischeAspekte der Medien (emotionale Medienwirkungen, emotionale Medieninhalte,Kino). Mitglied der DGPs, der <strong>DGPuK</strong>, der ISHE (Internat. Soc. HumanEthology) und der International Society for Facial Expression, Measurement andMeaning.Sellmann, Andrea, Lic. rer. publ., geboren 1973. Berufsbegleitendes Studium im StudiengangJournalisten-Weiterbildung an der Freien Universität Berlin,dazwischen Volontariat (Journalistenschule). Berufliche Tätigkeit: 1992-2000freiberufliche Journalistin für Print, Hörfunk und Fernsehen, 2000-2005Deutsche Fernsehnachrichten Agentur, seit 2005 freie TV-Journalistin miteigenem Betacam SP-Equipment. Wissenschaftliche Tätigkeit:Forschungsprojekt zu Fernsehqualität und Videojournalismus. Arbeitsgebiete:61Qualitätsforschung im Bereich Fernsehnachrichten, Fernsehproduktion undProfessionalität, Videojournalismus.Trebbe, Joachim, Prof. Dr., geboren 1965. 1984-1990 Studium der Sozialwissenschaftenan der Universität Göttingen; 1990-1994 Projektleiter bei GöfaKMedienforschung, Göttingen; 1994-1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter undPromotion (1996) an der FU Berlin (IfP u. Kw); 1999-2003 WissenschaftlicherAssistent an der FU Berlin. Seit 2002 Wissenschaftlicher Leiter der GöfaKMedienforschung GmbH Potsdam (gemeinsam mit Hans-Jürgen Weiß). Seit2003 Professor an der Universität Freiburg/Schweiz (aktuell). Forschungsschwerpunkte:Fernsehprogrammforschung, Empirische Forschungsmethodenund Integration durch Medien.Vlašić, Andreas, Dr. phil., geboren 1971. Geschäftsführer am Medien Institut Ludwigshafen.Arbeitsgebiete: Massenmedien und Integration, politische Kommunikation,Online-Kommunikation und angewandte Kommunikationsforschung.Weber, René, Dr. rer. nat. 1999, Dipl.-Kfm. 1995, Dipl.-Komm. 1993; bis 10/2002wissenschaftlicher Assistent im Fachgebiet Psychologische Methodenlehre an derTechnischen Universität Berlin; bis 12/2004 „Post-Doctoral Associate“ an derAnnenberg School for Communication, University of Southern California/LosAngeles; seit 01/2005 „Tenure Track“ Professur für „Mass Communication“und „Telecommunication“ an der Michigan State University in Lansing/USA,Department of Communication. Forschungsschwerpunkte: TV Qualität undTV Zuschauerprognose; Wirkung und Rezeption von medialen Unterhaltungsangeboten(hauptsächlich TV und Videospiele); NeurowissenschaftlichePerspektiven und Methoden in der Kommunikationswissenschaft; Methodender künstlichen Intelligenz. Siehe http://www.dr-rene-weber.de.Wirth, Werner, Prof. Dr. M.A. Studium der Kommunikationswissenschaft,Psychologie, Statistik, Soziologie und Informatik in München.Wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten München, Leipzig und an derHMT in Hannover, 2002-2003 Professor für Online-Kommunikation undMultimedia an der Universität München, seit September 2003 ordentlicherProfessor für Empirische Kommunikations- und Medienforschung am Institutfür Publizistik- und Medienforschung der Universität Zürich (IPMZ).Forschungsschwerpunkte sind Rezeptions- und Medienwirkungsforschung(insbesondere emotionale Medienwirkungen und Persuasionsforschung),interaktive und mobile Medien sowie empirische Methoden.Woelke, Jens, Dr., geb. 1969. Studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft,62


AUTORINNEN UND AUTORENRechtswissenschaft und Politologie an der Freien Universität Berlin, 1997Magister. 2002 Promotion an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Fakultätfür Sozial- und Verhaltenswissenschaften. 1997-1998 wissenschaftlicherMitarbeiter im Fachgebiet Medienwissenschaft an der TU Ilmenau und danacham Lehrstuhl „Grundlagen der medialen Kommunikation und derMedienwirkung“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seit 2002Universitätsassistent am Fachbereich Kommunikationswissenschaft derUniversität Salzburg mit Lehre und Forschung im Bereich EmpirischeForschungsmethoden und Statistik, sprachliche und visuelle Kommunikationsowie Nachrichtenforschung.Redaktion:Marco Dohle, Judith Möller6364

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