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Leseprobe 2 - Bund-Verlag GmbH

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22 Standortbestimmung1. Blick zurück nach vornDer formelle Abschluss als Volljurist, die Qualifikation als Assessorjur., ist das Resultat langjähriger und oft aufreibender Arbeit. Wer dieHürden auf dem Weg zum Volljuristen gemeistert hat, der hat ein gehörigesMaß an Beharrlichkeit und Disziplin bewiesen und ist dahermit Recht zu beglückwünschen.Vom Studium über das Referendariat bis hin zum Berufseinstiegvollzieht sich oft fachlich wie persönlich ein Entwicklungsprozess.Die Vorstellungen, mit denen mancher sein Jurastudium aufgenommenhat, haben sich nicht selten im Laufe der Ausbildungszeitverändert. Das gilt z. B. in fachlicher Hinsicht: Wer zu Studienbeginnvielleicht Sympathien für das Strafrecht hegte und sich vorstellte,eines fernen Tages als namhafter Staranwalt im Blitzlichtgewitter zustehen, hat heute vielleicht seine Begeisterung für das Zivilrechtoder das Öffentliche Recht entdeckt. Zwar ist die juristische Ausbildungnach wie vor am Bild des Einheitsjuristen orientiert, gleichwohlhaben sich Absolventen in bestimmten Bereichen fachliche Schwerpunktegesetzt und ein vertieftes Know-how aufgebaut, das für diemeisten Leser das Fundament ihrer künftigen beruflichen Tätigkeitbilden wird.Neben den fachlichen Aspekten haben Sie als Leser sicher auch inpersönlicher Hinsicht von der zurückliegenden Zeit profitiert: DurchKontakte, die Sie knüpfen konnten und Freundschaften, die entstandensind, ebenso wie durch unterschiedlichste Erfahrungen, die Siesammeln konnten. All das hat Sie unweigerlich geprägt.Wer zurückblickt, wird dies aber nicht immer euphorisch, sonderndurchaus auch mit gemischten Gefühlen tun und dabei auf den einenoder anderen Punkt stoßen, der rückblickend betrachtet möglicherweisenicht ganz optimal verlaufen ist. Der eine bereut es vielleicht,sich nicht genügend Einblick in die berufliche Praxis verschafft zuhaben; der andere ist der Meinung, Studium und Referendariat hättengut und gern insgesamt etwas erfolgreicher verlaufen können.Was immer es auch gewesen ist, ändern lässt es sich zumeist nichtmehr. Wer geneigt ist, die Dinge positiv zu sehen, der mag vielleichtfolgendem Gedanken einer unbekannten Quelle zustimmen, wonach»die Vergangenheit die Vorratskammer für die Zukunft ist«.


Einführung 23Bei allem Optimismus und bei aller Wertschätzung soll nicht verschwiegenbleiben, dass sich beim Blick in die berufliche Zukunftgleich wieder neue Unsicherheiten ergeben. So fragen sich viele Assessoren,ob sie eine ihrer Qualifikation entsprechende Einstiegspositionfinden werden. Die Arbeitsmarktsituation für Juristen hat dazugeführt, dass viele Absolventen in Positionen arbeiten, die (vermeintlich)unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Hiobsbotschaften, mitdenen Studierende und Referendare vielfach konfrontiert werden, tunihr Übriges. Neben den ungewissen Berufsaussichten sehen sich Referendaremit weiteren Themen konfrontiert: Welche Maßnahmen sindnach dem Referendariat zu treffen und woran ist zu denken? Was ist zutun bei drohender G Arbeitslosigkeit (S. 287)? Zudem gibt es andereHürden, die zu meistern sind. Auf eine dieser Hürden, die vielen JuristenKopfzerbrechen bereitet, sei an dieser Stelle kurz eingegangen.2. Die Sache mit dem PrädikatWie bei kaum einer anderen akademischen Berufsgruppe können dieAbschlüsse der beiden Staatsexamina die weitere Berufsplanung sostark beeinflussen wie bei Juristen. Schon zu Beginn des Studiumserfahren die Studierenden, dass die Berufsaussichten abnehmen,je schlechter die Examensergebnisse sind. Wer Stellenanzeigen studiert,der sieht sich im Prädikatserfordernis bestätigt; kaum ein Inserat,das darauf verzichtet.Unbestritten zählen die Prüfungsergebnisse zu den gewichtigenKriterien bei der Bewerberauswahl. Vor allem die Note aus der zweitenStaatsprüfung kann entscheidende Weichen stellen. Prädikatsexaminastehen für nachgewiesene überdurchschnittliche Rechtskenntnisse.Für Arbeitgeber sind die Examensnoten vielfach dieeinzigen Kriterien, um die fachlichen Kenntnisse eines Kandidateneinschätzen zu können. Mit anderen Pluspunkten, insbesonderepraktischer Berufserfahrung, können Berufseinsteiger kaum aufwarten.Als Prädikat gilt – meist unabhängig davon, in welchem <strong>Bund</strong>eslanddas Examen absolviert wurde – ein »vollbefriedigend« und einePunktzahl von über 9,00 Punkten. Ein solches Ergebnis erreichenetwa 15 Prozent der Examenskandidaten.


24 StandortbestimmungWer nicht mit einem Prädikat glänzen kann, sieht sich in einemdoppelten Dilemma – persönlich und beruflich: Persönlich deshalb,weil in dieser Situation vielfach zunächst Zweifel an der eigenenKompetenz aufkommen und ein Gefühl von existentieller Ratlosigkeitherrscht. Beruflich – und das ist vielleicht gravierender – stelltdie klare Notenorientierung seitens vieler Arbeitgeber gerade fürBerufseinsteiger eine Hürde dar, die ohne weiteres nicht zu nehmenist. Wer beispielsweise eine Beschäftigung in der Justiz anstrebt,sollte entsprechende Examensergebnisse vorweisen können. Das giltzum Teil noch klarer für bestimmte Tätigkeiten in der Wirtschaft.Viele Großkanzleien und Unternehmen stellen für die klassischen juristischenAufgaben nur Kandidaten mit überdurchschnittlichen Abschlüssenein – wenngleich Ausnahmen auch hier gelegentlich dieRegel bestätigen. Wer sich ohne entsprechendes Profil bewirbt, solltedaher realistischerweise eher mit einer Absage als mit einer Einladungzu einem Vorstellungsgespräch rechnen.Ein Prädikat erleichtert in erster Linie den Zugang zu potenziellenArbeitgebern. Wer entsprechende Noten vorweisen kann, derdarf sich über viele offene Türen freuen. Was folgt daraus für Bewerberohne Prädikat? Sie müssen andere Wege für den erfolgreichenBerufseinstieg finden. Diejenigen etwa, die als Referendare oderPraktikanten durch aktive Mitarbeit in einer Kanzlei oder einem Unternehmeneinen guten Eindruck hinterlassen haben, verschaffensich einen wichtigen Vorsprung und eröffnen sich zugleich Chancenfür die Zeit nach dem Assessorexamen. Wem erst einmal der Einstieggelingt, der hat es leichter, sich aus der jeweiligen Position weiterzuentwickeln.Wer sich überzeugend präsentieren will, muss wissen, was er zu»verkaufen« hat. Das sind neben den Noten weitere Qualitäten. DiePrüfungsergebnisse sind heute zwar nach wie vor die zentralen,jedoch nicht mehr die alleinigen Kriterien für den Berufseinstieg.Nicht nur in der Wirtschaft hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dassNoten nur ein Aspekt bei der Personalauswahl sind. Selbst dort, woüber Jahrzehnte hinweg eine strikte Notenorientierung herrschte –wie im öffentlichen Dienst – sind heute weitere Qualitäten gefragt,vor allem im Bereich der sog. G Schlüsselqualifikationen (S. 202).Gut beraten ist deshalb derjenige, der sich nicht allein auf die Examina


Einführung 25konzentriert, sondern auch andere Aspekte berücksichtigt, um ineinem schwierigen Arbeitsmarktumfeld gewappnet zu sein. Letztlichentscheidet der Gesamteindruck, der beim fachlichen und persönlichenProfil beginnt, sich in der Gestaltung der Bewerbungsunterlagenfortsetzt und mit dem Auftreten im Vorstellungsgesprächabschließt. Deshalb sei zum Schluss auch denjenigen, die keine Prädikatsexaminaaufweisen können, versichert, dass kein Grund besteht,zu resignieren. Die Tätigkeitsmöglichkeiten für Juristen sind sovielfältig, dass berufliche Zufriedenheit auch ohne Prädikat möglichist.

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