Auf den Spuren des alten Fritz - Der Kreis Schlawe in Pommern
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In Wusseken herrschte der trotzige Ritter Paul Bulgr<strong>in</strong>, der mit se<strong>in</strong>em Bruder Bertes <strong>in</strong> heftigem<br />
Zwiste lebte, und ihn schließlich im Jähzorn erschlug. Als Buße für diese Todsünde<br />
wurde ihm aufgegeben, nach dem berühmten Wallfahrtsorte St. Jago de Compostella <strong>in</strong> Spanien<br />
zu pilgern und hier am Grabe <strong>des</strong> hl. Jakobus die Vergebung se<strong>in</strong>er Missetat zu suchen.<br />
Gehorsam begab er sich auf die Pilgerfahrt, mußte aber im fernen Spanien zu se<strong>in</strong>em großen<br />
Erstaunen hören, daß se<strong>in</strong>e Schuld zu schwer sei, als daß der Apostel ihn davon befreien<br />
könne. Es gebe für ihn auf der ganzen Welt nur e<strong>in</strong>e Zufluchtsstätte, das sei die Kapelle der<br />
hl. Gottesmutter Maria auf dem Gollenberge bei Kösl<strong>in</strong> im Herzogtum <strong>Pommern</strong>. Bei dieser<br />
Auskunft soll er geflucht und gewettert haben, daß man ihn zum Narren geh<strong>alten</strong> habe.<br />
Se<strong>in</strong>e Pilgerfahrt hätte er wahrlich bequemer haben können. Wie oft sei er doch im nahen<br />
Gollenberge gewesen, wenn ihm se<strong>in</strong>e Ochsen von der Weide dorth<strong>in</strong> entlaufen seien, und er<br />
sie zurückgeholt habe ! So mußte er <strong>den</strong>n umkehren, und nach se<strong>in</strong>er Rückkehr <strong>in</strong> die Heimat<br />
nahm er, wegen se<strong>in</strong>er Freveltat von <strong>den</strong> Bluträchern verfolgt, se<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Sohn mit sich<br />
aufs Pferd, trieb dasselbe bei Wusseken <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jamunder See, schwamm so bis nach Labus<br />
und floh dann weiter. In Jamund setzte er <strong>den</strong> Kle<strong>in</strong>en ab und ließ ihn laufen. Die dortigen<br />
Bauern erbarmten sich <strong>des</strong> Knaben, der sich hier Brot erbettelte, und zogen ihn auf. Später<br />
erhielt er e<strong>in</strong>en Bauernhof und wurde Stammvater der Bulgr<strong>in</strong>e, die heute noch <strong>in</strong> Jamund und<br />
Umgegend leben. Er ist auch der Ahnherr der Barbara Bulgr<strong>in</strong>.<br />
Die Kirchenchronik enthält von ihr nur verschie<strong>den</strong>e verschleierte Mitteilungen, sodaß man<br />
ke<strong>in</strong> klares Bild erh<strong>alten</strong> kann; sie berichtet, Barbara Bulgr<strong>in</strong>, verehelichte Volkmann, habe<br />
aufrührerische Ten<strong>den</strong>zen verfolgt, sich gegen die Obrigkeit aufgelehnt und sei aus ihrem<br />
Bauernhofe exmittiert wor<strong>den</strong>. Ja, sie hätte durch Ränke und Unverschämtheit, da sie <strong>in</strong> alle<br />
Gemächer der Großen, selbst <strong>des</strong> Königs Friedrich II. und der verwitweten König<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gedrungen<br />
wäre, e<strong>in</strong> günstiges Urteil erschlichen. Die Tradition berichtet hierüber Folgen<strong>des</strong>:<br />
In Jamund war es bei <strong>den</strong> Taufen Sitte, daß der Küster die feierliche Handlung durch Läuten<br />
mit der kle<strong>in</strong>en Glocke e<strong>in</strong>leitete, wofür ihm e<strong>in</strong> Schill<strong>in</strong>g entrichtet wer<strong>den</strong> mußte. Dies<br />
Läuten aber unterblieb bei der Taufe <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> der Witwe Barbara Volkmann, weil auf <strong>des</strong>sen<br />
Geburt e<strong>in</strong> Makel ruhte. Trotzdem forderte der Küster <strong>den</strong> üblichen Schill<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>. Die<br />
Volkmann aber wies se<strong>in</strong> Ans<strong>in</strong>nen energisch zurück. „Ick bruch nich,“ so me<strong>in</strong>te sie, „to<br />
taulen, du hest jau nich lüdt.“ Da verklagte sie der Küster <strong>in</strong> Kösl<strong>in</strong>, und Barbara wurde zur<br />
Zahlung <strong>des</strong> Taufschill<strong>in</strong>gs und <strong>in</strong> die Kosten verurteilt. Dazu aber war sie nicht erbötig, sondern<br />
verfocht ihr Recht mit der größten Hartnäckigkeit durch alle Instanzen. Das Hofgericht<br />
bestätigte jedoch das erste gerichtliche Erkenntnis und befahl ihr, nicht blos <strong>den</strong> Taufschill<strong>in</strong>g,<br />
sondern auch die durch <strong>den</strong> Prozeß entstan<strong>den</strong>en bedeuten<strong>den</strong> Kosten zu entrichten, und<br />
als dann die trotzige Witwe dies entschie<strong>den</strong> verweigerte, wurde ihr Hof zur Deckung der<br />
Gerichtskosten verkauft, und sie selber exmittiert. Dadurch aber wurde ihr Trotz nicht gebrochen,<br />
sondern sie erklärte zornig: „Töwt man, ick war nu nach Friedrich rie<strong>den</strong>,“ und ohne<br />
Säumen warf sie nun e<strong>in</strong>en Sack auf e<strong>in</strong>en Gaul, setzte sich darauf und ritt zum großen Preußenkönige<br />
nach Potsdam. Als sie endlich nach langer und strapazenreicher Reise vor dem<br />
Palais <strong>des</strong>selben angelangt war und <strong>in</strong> dasselbe e<strong>in</strong>treten wollte, wehrte ihr die Schildwache<br />
mit dem Bemerken, daß hier niemand ohne Erlaubnis e<strong>in</strong>treten dürfe. Da alles Raisonnieren<br />
nichts half, g<strong>in</strong>g sie nun <strong>in</strong> ihrer auffallen<strong>den</strong> Jamunder Tracht, ihre Papiere hoch emporh<strong>alten</strong>d,<br />
vor <strong>den</strong> Fenstern <strong>des</strong> Königlichen Arbeitszimmers auf und nieder. <strong>Der</strong> König bemerkte<br />
sie endlich und schickte e<strong>in</strong>en Pagen ab, der sie fragen mußte, was ihr Begehr wäre, und als<br />
sie entgegnet hatte, daß sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wichtigen Angelegenheit die Hülfe <strong>des</strong> Königs nachsuche,<br />
ließ sie der leutselige Herrscher zu sich führen.<br />
Als sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Zimmer e<strong>in</strong>getreten war, rief sie <strong>in</strong> großer Erregung aus: „Friedrich, Friedrich,<br />
wenn Sei wüßten, wie et <strong>in</strong> Ehren Land taugeiht !“ <strong>Der</strong> König antwortete ihr: „Ich <strong>den</strong>ke, es<br />
geht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Land gut zu;“ aber die Jamunder<strong>in</strong> erwiderte: „Nee, nee !“ überreichte ihre<br />
Papiere und erzählte, wie es ihr ergangen wäre. <strong>Der</strong> König gab ihr nun <strong>den</strong> Bescheid, er<br />
würde die Sache sofort untersuchen lassen, und während dieser Zeit solle sie auf se<strong>in</strong>e Kosten