velosophie 1-09 - IG Fahrrad
velosophie 1-09 - IG Fahrrad
velosophie 1-09 - IG Fahrrad
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
VON DRAIS BIS RATZ<br />
DIE FAHRRADGESCHICHTE IN GESCHICHTEN, VON DEN ANFÄNGEN BIS HEUTE<br />
text RUPERT STREITER<br />
laubt dem Buch alles, aber<br />
nicht seine Punzierung als GKinderbuch,<br />
wiewohl: Dafür<br />
wurde es eigentlich von Günter<br />
von Lonski geschrieben und von<br />
Matthias von Lonski illustriert,<br />
beides liebevoll und detailgetreu<br />
und mit allem Fachwissen, das ein<br />
feines Buch unterfüttern muss,<br />
wenn es selbst in die <strong>Fahrrad</strong>geschichte<br />
eingehen will. Und was<br />
das <strong>Fahrrad</strong> selbst nicht scha� t,<br />
gelingt hier mühelos: Alle Generationen<br />
kippen freudig hinein,<br />
es ist ein bisserl wie ein Rad mit<br />
allen Rahmenhöhen gleichzeitig,<br />
und man entwächst ihm nie. Das<br />
wird die Eltern unter den Käufern<br />
freuen, denn sie dürfen nicht nur<br />
vor-, sondern mitlesen.<br />
Und was sie lesen, erfrischt durch<br />
subtilen Humor, durch witzige<br />
Formulierungen, die eine bunte,<br />
fröhliche Welt zeigen, wiewohl<br />
das <strong>Fahrrad</strong> freilich nicht immer<br />
am Wellenkamm der Begeisterung<br />
dahingesurft ist. Denn am Anfang<br />
stand die Hungersnot, und man<br />
hätte freilich Pferde für Transportaufgaben<br />
gebraucht, hätte man<br />
sie nicht schon aufgegessen. Um<br />
dennoch mobil zu bleiben, bog<br />
Karl Drais 1817 mit seiner Laufmaschine<br />
ums Eck, und um ein<br />
Haar hätte er sie nicht nach sich<br />
selbst benannt, sondern ihr den<br />
Namen Loda umgehängt – zusammengebastelt<br />
aus Locomotion für<br />
Bewegung und Dada für den Spaß,<br />
den man damit haben sollte, bei<br />
aller Notwendigkeit.<br />
In weiteren Kurzgeschichten<br />
blitzen auf: Die Schnecken Petit-<br />
Lucie und Madame Inès, die dann<br />
doch nicht Hochrad fahren, aber<br />
Eugène Meyer (baute bereits<br />
1870 extrem leichte Stahldraht-<br />
Speichenräder für Hochräder)<br />
beim mehr oder weniger eleganten<br />
Absteigen zuschauen; Clemens<br />
Seeber und sein dreirädriges Foto-<br />
40 velopages<br />
atelier; Josef Fischer, der 1894 als<br />
Radfahrer den Reiter Bu� alo Bill<br />
junior ziemlich versägt; Grandpa<br />
Ben, sein gebrechlicher Schaukelstuhl<br />
und zwei Weltreisen am<br />
<strong>Fahrrad</strong>, die am Schaukelstuhl<br />
nicht ganz spurlos vorüber<br />
gingen; die zarten Anfänge der<br />
Emanzipation und das <strong>Fahrrad</strong><br />
als ideales Transportmittel einer<br />
neuen Freiheit; das Radrennen<br />
Mailand-San Remo im Jahr 1910,<br />
unerwarteter Schneefall und das<br />
mühsame Auftauen des späteren<br />
Siegers Eugène Christophe; der<br />
mysteriöse Tod des Weltmeisters<br />
Albert Richter im Jahr 1940, und<br />
grausame Ideologien waren daran<br />
höchst beteiligt; acht Sekunden,<br />
die Greg LeMond 1989 bei der Tour<br />
de France vor Laurent Fignon ins<br />
Ziel kommt; und die Ratte Ratz<br />
und der <strong>Fahrrad</strong>kurier Ke4, womit<br />
sich das Buch in der Gegenwart<br />
einbremst.<br />
Als kundiger, gütiger Erzähler im<br />
Buch tritt übrigens Willi Biallas auf<br />
– selbst schon ein bisserl museal<br />
wie seine <strong>Fahrrad</strong>abteilung im<br />
Städtischen Museum, und weil<br />
die meistens nicht überlaufen ist,<br />
� ndet er Zeit für Geschichten. Das<br />
mit der historischen Stimmigkeit<br />
und der Korrektheit aller <strong>Fahrrad</strong>fakten<br />
ist übrigens leicht erklärt:<br />
Im Hintergrund haben eifrige Radsammler<br />
und –historiker einge� üstert,<br />
Unterhaltung darf ja durchaus<br />
bilden. Also lässt man sich von<br />
diesem Buch gerne bei der Hand<br />
nehmen. (Auch als Erwachsener.)<br />
GÜNTER VON LONSKI:<br />
GIB SPEICHE, ALTER!<br />
<strong>Fahrrad</strong>geschichte(n) von den<br />
Anfängen bis heute. Verlag Maxime,<br />
Leipzig. Hardcover, 112 Seiten,<br />
mehrere Illustrationen. ISBN 978-3-<br />
931965-38-9, 12,90 Euro.<br />
Zu bestellen auch beim Verlag direkt<br />
unter www.fahrradbuch.de