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Dieses wertvolle Buch ist seit Jahren vergriffen.<br />
Einen herzlichen Dank an Dietmar Wachter für die Erlaubnis<br />
PRIENNE<br />
für Interessierte ins Netz zu stellen.
PRIENNE<br />
Notizen zur Geschichte des Dorfes<br />
Dietmar Wachter . Stefan Diettrich . Rupert Unterthiner
Für den Inhalt verantwortlich: Stefan Dittrich, Fritz-Zelle-Weg 3, 6500 <strong>Landeck</strong><br />
Herausgeber: Dietmar Wachter, Stefan Dittrich<br />
Umschlaggestaltung: Stefan Dittrich unter Verwendung eines Archivfotos<br />
Druckberatung: Josef Wille, Karl Greuter<br />
Gesamtherstellung: Ötztaldruck, gedruckt auf Umweltschutzpapier<br />
Die Vorstellung dieses 1. Bandes fand am 14. 12. 1990 statt.
Perjen 1888
Einführung<br />
Das vorherrschende Gestein der Nördlichen Kalkalpen,<br />
das die hochaufragenden Hänge über dem<br />
Inntal bildet, wird Hauptdolomit genannt. Die<br />
charakteristischen rauhen und brüchigen Schrofen,<br />
an bizarren Wänden gelegentlich schwarz gestreift<br />
und in Talnähe schütter bewaldet, beherrschen das<br />
Bild der Landschaft.<br />
Die vor Millionen Jahren gefalteten und ineinandergeschobenen<br />
Dolomitschichten laufen meist in<br />
ruinenhafte Zacken und Gipfel aus.<br />
Besonders zutreffend finden sich diese Eigenschaften<br />
am 2.812 m hohen »Rauhen Kopf«, an dessen<br />
Fuße sich Perjen befindet. Eine auf 782 m Seehöhe<br />
in sich geschlossene Ortschaft, die auf breiter, fla-<br />
cher Talsohle liegt und vom anströmenden Inn im<br />
Halbkreis umschrieben wird.<br />
Der <strong>Landeck</strong>er Talkessel ist für seine Niederschlagsarmut<br />
bekannt. Weder atlantische Störungsfronten,<br />
noch vom Mittelmeer stammende feuchte<br />
Luftmassen beeinflussen das herrschende Wetter so<br />
stark wie in anderen Regionen Tirols. Dieses milde<br />
Klima ist also eine ideale Voraussetzung für die<br />
Landwirtschaft und den Obstbau in Perjen.<br />
Im Westen reicht das ehemals selbständige Dorf,<br />
grob abgegrenzt, bis zur Burschlbrücke, Süd- und<br />
Ostgrenze sind der Inn und der Lötzbach. im<br />
Norden reicht Perjen bis zu den unteren Stanzer<br />
Wiesen und dem »Pfaffensteig«.
Ortsname<br />
briva aus dem Keltischen, bedeutet Brücke (Finsterwalder)<br />
per En per (Wiese) und En (Inn) ergibt die Innwiese (Prof. Knoflach)<br />
pera sper jen Rätoromanisch »die Wiese am Inn«, Pfarrchronik Perjen 1934, Staffler<br />
1254 <strong>prienne</strong> Archiv / Gesch. Tir. I / S. 340, pons <strong>prienne</strong><br />
1300 Pryene und<br />
Preyenne Chunradus de Pryene, Steuergesch. S. 39 / 40<br />
1582 Perjenn TLRA, Vfb Ldk, ebenso werden 1623 »ain ersame gemain und<br />
Kirchspielleith zu Landegg, Angedayr und Perjenn« erwähnt<br />
1641 Prienn Tiroler Weistümer ff / S. 205<br />
1771 Peryenn Urkunde aus Perjen<br />
1775 Peryen TLRA Kataster 41 / 20<br />
1777 Peryenn Urkunde aus Perjen<br />
1786 Pryen Grund- und Zehentbuch aus Perjen<br />
1820 Perien Innkarte des Tiroler Landesarchivs<br />
1826 Perin Hörmayrs Archiv S. 399<br />
1848 Perjen Grundvertrag aus Perjen
Vorzeit<br />
Der Raum <strong>Landeck</strong> gehört zu den geschichtlich<br />
interessantesten und bedeutendsten Gegenden<br />
Nordtirols. Die Ergebnisse der Bodens- und<br />
Namensforschung reihen ihn in die ältest besiedelten<br />
Gebiete des »Landes im Gebirge« ein.<br />
Wann erstmals Menschen in unsere Gebirgstäler<br />
kamen, ist nicht bekannt. Es ist anzunehmen, daß<br />
nach dem Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher<br />
einzelne Jäger und Sammler auf Streifzügen ins<br />
inneralpine Gebiet vordrangen und in der Folge mit<br />
ihren Sippen kleine Siedlungen gründeten. Niemand<br />
kann sagen, welcher Volksgruppe diese ersten Siedler<br />
angehörten und woher sie kamen.<br />
Im <strong>Landeck</strong>er Talbecken sahen sie eine wüste Flußlandschaft,<br />
einen breiten, von sandigen Wasserarmen<br />
durchzogenen Talboden, von Sträuchern dicht<br />
überwachsene Geröllhalden und an den Berghängen<br />
dunkle, von Wildbächen durchfurchte Wälder. Die<br />
ersten Menschen, welche die wilden und<br />
unzugänglichen inneren Alpentäler nach heutigem<br />
Wissensstand im vierten Jahrtausend v. Chr. erstmals<br />
nachweislich besiedelten, erkannten gewiß mit Sorge<br />
die Wildheit und Unberechenbarkeit der<br />
Naturgewalten, die hier bisher alleine und<br />
unumschränkt geherrscht hatten.<br />
Diese Menschen, welche Steinbeile und ähnlich<br />
primitive Werkzeuge verwendeten, hatten es schwer,<br />
genügend Unterhalt für ihr Leben zu finden und<br />
gegen wilde Tiere, Murbäche, Lawinen und<br />
Winterkälte zu bestehen. Sie sahen aber auch den<br />
Reichtum an Wild und Fisch, an Holz und Früchten<br />
und erkannten die Eignung der flachen Talterrassen<br />
für Rodung und Besiedlung.<br />
Vielleicht waren diese frühen Bewohner<br />
Halbnomaden, welche ihre einfachen Behausungen<br />
nur in den Sommermonaten aufsuchten.<br />
Die Spuren, welche die Jäger der späteren Jungsteinzeit<br />
hinterließen, sind nur spärlich und die
Funde aus Grins (Lochhammeraxt) und Ried<br />
(Steinbeil) lassen keinen sicheren Schluß auf die<br />
Existenz einer seßhaften Bevölkerung zu.<br />
Dennoch waren die in der ursprünglichen Auenlandschaft<br />
sich verlierenden Punkte, wo Rauchsäulen,<br />
Hundegebell und Kindergeschrei die Anwesenheit<br />
des Menschen ankündigten, der Ursprung<br />
einer unaufhaltsamen Entwicklung.<br />
Erste archäologische Entdeckungen scheinen in<br />
Perjen 1825 auf. Im Fundverzeichnis des Tiroler<br />
Landesmuseums wird »ein Idol des Priapus, gefunden<br />
auf einem Acker in Perien« angeführt. Nach<br />
weiteren, allerdings verschollenen Funden von<br />
1864/65 verkaufte ein Perjener Bauer 1881 einem<br />
Lienzer Kaufmann ein Bronzeschwert, das er auf<br />
dem »schwarzen Acker« in Perjen gefunden hatte.<br />
Aufgrund dieser Funde nahm der Forscher J. Jenny<br />
im April 1886 auf diesem Acker Ausgrabungen auf<br />
einer Fläche von rund 100 m2 vor. Laut seinen<br />
Berichten fand er an fünf Stellen Kulturschichten in<br />
verschiedenen Ausbreitungen, wovon er drei für<br />
kleinere Grabstellen und zwei für große<br />
Massengräber in ovaler Form hielt.<br />
In den Gräbern fand Jenny Brandrückstände in<br />
erstaunlicher Ansammlung: Gebrannte Knochensplitter<br />
und größere Knochenstücke, welche mehrere<br />
Säcke füllten. Die Zersplitterung und porzellanartige<br />
Härte der Knochen ließen ihn auf<br />
mächtige Feuer beim Leichenbrand schließen.<br />
Tierknochen fand er nur vereinzelt vor. Inmitten<br />
der Knochen steckte die Klinge eines Eisenmessers.<br />
Weiters fand er eine kleine Eisenklammer und einen<br />
schlecht gebrannten Tonscherben.<br />
Der Forscher Oswald Menghin nahm sich 1939/40<br />
der Fundberichte Jennys an und kam zur Auffassung,<br />
daß es sich wohl kaum um Massengräber,<br />
sondern um vorgeschichtliche Opferstellen handeln<br />
müsse. Die Größe der Ausgrabung und die auffallende<br />
Dunkelheit der Erde am »schwarzen Acker«<br />
erklärte er als Siedlungsschicht, als Überreste niedergebrannter<br />
Gebäude.<br />
Aus der Bronzezeit (ab 1800 v. Chr.) stammt ein<br />
prachtvoller Dolch, der im Naturhistorischen Mu-
seum Wien aufbewahrt wird. Der Dolch wird der<br />
frühen entwickelten Bronzezeit zugerechnet und<br />
wurde 1882 am Innufer im Bereiche der heutigen<br />
Perjener Brücke gefunden. Laut Forschungsbericht<br />
ein Fund aus sekundärer Lage, vermutlich kam das<br />
Erdreich nach einem Bauaushub vom Dorf zur<br />
Innböschung.<br />
Weitere Funde aus der Bronzezeit sind ein Dolchblattfragment,<br />
ein mittelständiges Lappenbeil, ein<br />
Nadelschaft, eine Scheibenkopfnadel und eine<br />
Lanzenspitze.<br />
Während der Bronzezeit kann man im <strong>Landeck</strong>er<br />
Talkessel mehrere kleine Dauersiedlungen<br />
annehmen.<br />
Auch die Urnenfelderzeit (ab 1200 v. Chr.) hinterließ<br />
ihre Spuren in Perjen. Am »schwarzen Acker«<br />
wurde eine Lanzenspitze gefunden, die der Jüngeren<br />
Urnenfelderzeit zugerechnet wird.<br />
Die Bevölkerung des heutigen Nordtirol wird während<br />
dieser Zeit auf etwa 1000 bis 2000 Köpfe<br />
geschätzt.<br />
Aus der Hallstattzeit (ab 800 v. Chr.) sind uns ein<br />
endständiges Lappenbeil und ein Dolchblatt erhalten.<br />
Während dieser Zeit ist die Anwesenheit von<br />
Kelten nicht auszuschließen. Geschichtsquellen berichten<br />
von einem Keltensturm, der etwa 500 v.<br />
Chr. über die Alpenvölker hereinbrach. Für Perjen<br />
scheint dies deshalb von Bedeutung zu sein, da der<br />
Ortsname möglicherweise aus dem Keltischen<br />
abgeleitet werden kann.<br />
Aus der La-Tene-Zeit (ab 400 v. Chr.) stammen<br />
fünf Bronzefigürchen, die primitiv gefertigt sind<br />
und an etruskische Kleinkunst erinnern. Weiters<br />
stammen aus dieser Epoche ein Eisenmesser, ein<br />
Bronzetutulus, zwei Certosafibeln, Waffen und<br />
Schmuckstücke.<br />
15 v. Chr. drangen Römische Truppen unter den<br />
Feldherren Drusus und Tiberius in Tirol ein, unser<br />
Land wurde als Provinz Rätien ein Teil des Römischen<br />
Imperiums. Die Römer brachten ihr Recht<br />
und ihre hochentwickelten Organisationsformen ins<br />
Land, lehrten die Alpenbewohner neben dem Obst-<br />
und Weinbau das Mörtelmischen und Ziegel-
Lötzweg 1936, am rechten Wegrand der Götzenacker (Schwarzer Acker)
ennen. Sie brachten auch den christlichen<br />
Glauben ins Land.<br />
Funde Römischer Kupfer- und Silbermünzen mit<br />
den Prägungen der Kaiser Nero, Diokletian und<br />
Vespasian lassen darauf schließen, daß die vorteilhafte<br />
Lage Perjens auch den Römern nicht entgangen<br />
sein mag.<br />
Forscher vermuten in Perjen die Römische Straßenstation<br />
»Medullum«, welche ein zeitweilig genützter<br />
Lagerplatz gewesen sein könnte. Nebst obgenannten<br />
Münzen wurden schon 1825 Römische<br />
Haushaltsgeräte, Waffen, männliche Symbole, ein<br />
Idol, ein Ring, sieben Eisenpfeilspitzen, ein<br />
Holztruhenbeschlag und ein Kleiderknopf<br />
gefunden.<br />
Am interessantesten scheint der Fund eines Römischen<br />
Penaten (Hausgötzen), der am sichersten auf<br />
eine Römersiedlung in Perjen hinweist. Diese Figur<br />
wurde ebenfalls am »schwarzen Acker« gefunden,<br />
der seither die Bezeichnung »Götzenacker« trägt.<br />
Für die Zeit der Römischen Besetzung (15 v. Chr.<br />
bis 476 n. Chr.) ergibt sich folgendes Bild:<br />
Die Römische Heer- und Handelsstraße Via Claudia<br />
Augusta, die über den Reschen- und Fernpaß nach<br />
Augsburg führte, verlief vom Oberen Gericht kommend<br />
über Perfuchs, querte bei der heutigen<br />
Burschlbrücke die Sanna und führte an der linken<br />
Talseite über Perjen und die Lötz in Richtung<br />
Osten. Für diesen Straßenverlauf sprechen die<br />
Entdeckungen von Mag. Wolfgang Lunger, der<br />
1969 Teile des alten Lötzsteiges freilegte und<br />
Fahrspuren eines Römischen Verbindungsweges<br />
vorfand.<br />
Für diese Annahme sprechen weiters Funde<br />
Römischen Ursprungs in Nauders, Pfunds, Serfaus,<br />
Perjen und Starkenbach, während im Bereich Fließ-<br />
Trams sämtliche Kleinfunde fehlen.<br />
Der Talboden selbst, an dessen Rand die Römerstraße<br />
verlief, war noch größtenteils dichtverwachsene,<br />
unbesiedelte Sumpfwildnis. Nur an den<br />
Berghängen befanden sich einzelne Häusergruppen,<br />
schmale Wiesen- und Ackerstreifen an den Rändern<br />
des Talbeckens zeugten von wirtschaftlicher<br />
Bodennutzung.<br />
Wölfe, Bären und ein reicher Wildbestand<br />
bevölkerten die dunklen Wälder.
Man begann, Teile des sumpfigen und verwucherten<br />
Talbodens und die untersten Berghänge zu roden<br />
und urbar zu machen. Zwischen 800 und 1200<br />
n. Chr. wurde der Wasserverlauf des Inn zwischen<br />
Perjen und Zams durch hohe Steinböschungen reguliert.<br />
Dadurch wurden die ebenen Flächen des<br />
Talkessels teilweise als Ackerland nutzbar, in den<br />
trockengelegten und gerodeten Ebenen entstanden<br />
erste Kleinhöfe und Häusergruppen.<br />
Mit dem Zeitalter des Burgenbaues (Schrofenstein)<br />
erhalten wir nun erste schriftliche Aufzeichnungen<br />
über unseren Raum.<br />
Schrofenstein
Schrofenstein<br />
Die Burg, heute nur noch teilweise erhalten, thront<br />
in einer Höhe von 1.114 m über Perjen. Sie steht<br />
auf einer schmalen, aus der steilen Südflanke des<br />
Brandjöchls vortretenden Felsrippe, die west- und<br />
südseitig von sturmfreien Felsabbrüchen, im Osten<br />
von einem bewaldeten Steilhang begleitet wird.<br />
Aus dieser Geländegegebenheit resultiert auch der<br />
eigenwillige Burgzugang, der von Stanz kommend<br />
über einen Felssteg in eine Holzbrücke übergeht<br />
und ohne wesentlichen Anstieg in das zweite Obergeschoß<br />
der Burg mündet.<br />
Er ist freilich nur der jüngere der ehemaligen<br />
Zugänge. Der ältere, heute teilweise verfallene Weg<br />
setzte beim Schloßbauern an und führte um den<br />
südlichen Burgfelsen herum zur Burg.<br />
Die Anlage besteht aus einem wohlerhaltenen Turm<br />
mit drei Wohngeschoßen und zwei kleinen, jetzt<br />
verfallenen Wohnteilen, die sich östlich und<br />
südöstlich anlehnen. Vermauerte Zinnen zeugen<br />
von wiederholter Erhöhung des ursprünglichen<br />
Baues. Auch Balkenlöcher, von einstigen Wehrgängen<br />
stammend, sind noch vorhanden. Unterhalb der<br />
Burg liegen auf einer schmalen Felsbank weitere<br />
Mauerreste, welche die Funktion eines vorgeschobenen<br />
Torbaues hatten (im Volksmund Krone<br />
genannt).<br />
Die Burg war als Churisches Lehen im Besitz der<br />
1239 erwähnten Herren von Schrofenstein und<br />
diente diesem angesehenen und reich begüterten<br />
Adelsgeschlecht über mehrere Jahrhunderte als<br />
Herrschaftssitz.<br />
Anfang des 16. Jh.s wurde sie von den Schrofensteinern<br />
nicht mehr bewohnt und von Pflegern<br />
verwaltet. Nach dem Aussterben der männlichen<br />
Linie des Schrofensteiner Geschlechtes 1546 ging<br />
die Burg an die Trautson und 1775 durch Erbschaft<br />
an die Fürsten Auersperg über. 1807 berichtet der<br />
auerspergische Pfleger Johann Linser, daß die Burg<br />
allmählich baufällig werde und er sich deshalb ge-
Um 1900
zwungen sehe, unweit der Burg im sogenannten<br />
Schloßbauernhof Quartier zu nehmen.<br />
1810 wurde das Schloß an die Familie Payr verkauft<br />
und war bis 1840 noch einigermaßen bewohnbar.<br />
Nachdem aber das gesamte Inventar, darunter auch<br />
die zwei berühmten Schrofensteiner Weinfässer,<br />
entwendet und alles Brauchbare herausgerissen war,<br />
wurde die Burg zur Ruine und verfiel. 1846 stürzte<br />
die östliche Mauerfront ein. Ein Restaurierungsversuch<br />
des oberösterreichischen Landesstatthalters<br />
Dr. Fischer, ein geborener <strong>Landeck</strong>er,<br />
scheiterte wenig später und er trat die Burg 1880<br />
wieder an Fürst Auersperg ab. Die Familie Auersperg<br />
ließ den erhaltenen Mittelturm schleudern und<br />
der Verschönerungsverein <strong>Landeck</strong> stellte 1892 den<br />
Schloßzugang mit Brücke und Innenstiege wieder<br />
sicher.<br />
1908 wurde mit der Restaurierung der Zinnen und<br />
des Turmdaches begonnen. Nach dem letzten<br />
Weltkrieg erwarben der Innsbrucker Stadtpfarrer,<br />
Probst Josef Weingartner, und Oberbaurat Karl<br />
Innerebner die Burg und gestalteten unter schwie-<br />
rigsten Bedingungen einen Teil des Turmes wieder<br />
bewohnbar. Seither dient die Burg als Feriendomizil<br />
der Familie Innerebner.<br />
Einer der bekanntesten Schrofensteiner dürfte Oswald<br />
gewesen sein, der 1456 Praxedis von Wolkenstein<br />
ehelichte und als großer Wohltäter der <strong>Landeck</strong>er<br />
Pfarrkirche gilt. An ihn erinnern der<br />
Schrofensteineraltar in der Stadtpfarrkirche und das<br />
Schrofensteinerwappen. Er und seine Frau fanden<br />
in diesem Gotteshaus ihre letzte Ruhestätte.<br />
Erwähnenswert sind auch Oswalds Söhne:<br />
Christoph von Schrofenstein wurde Fürstbischof<br />
von Brixen und Rueland Schloßhauptmann von<br />
Bruneck.
1907
1917
1920
Mittelalter - Neuzeit<br />
Im Mittelalter gehörte Perjen zum Officium Schrofenstein,<br />
das wie die Pfarre Stanz bis zum Arlberg<br />
reichte. Zusammenhänge zwischen der Burg und<br />
dem damals noch recht kleinen Dorf Perjen gibt es<br />
genügend.<br />
Der Meraner Teilungsvertrag 1254 zwischen<br />
Meinhard von Görz und Gebhard von Hirschberg<br />
nannte als Grenzscheide beider Herrschaftsbereiche<br />
die »pons <strong>prienne</strong>«, deren Standort bisher nie restlos<br />
geklärt werden konnte. Nach Forschungen des Ing.<br />
Hans Thöni ist anzunehmen, daß die »pons <strong>prienne</strong>«<br />
von den Zammer Feldern in das Perjener<br />
Unterfeld führte. Es müßte sich dabei um eine<br />
einspurige Holzbrücke gehandelt haben, die einem<br />
zweiachsigen Wagen mit Gespann genügend Platz<br />
und Sicherheit zum Überqueren des Inn geboten<br />
haben mag.<br />
Im Perjener Unterfeld, das regelmäßig vom hoch-<br />
wasserführenden Inn überschwemmt wurde,<br />
scheinen alle Spuren der »pons <strong>prienne</strong>c und des<br />
Fahrweges verwischt worden zu sein. Man findet<br />
lediglich noch Spuren in der Parzellierung und der<br />
alte Perjener Flurname »Gassenäcker« deutet auf<br />
eine mittelalterliche Verbindungsstraße hin. Diese<br />
Gasse hätte also von Zams über die »pons <strong>prienne</strong>«<br />
in das Perjener Unterfeld, weiter durch die<br />
Gassenäcker in die heutige Kirchenstraße und von<br />
dort zum Schrofensteinerhof in der Riefen geführt,<br />
wie die Beatushöhle in alten Urkunden bezeichnet<br />
wird.<br />
Die zwischen 1275 und 1300 angelegten Steuerverzeichnisse<br />
der Grafen von Tirol und das Urbar<br />
Meiahards II. aus dem Jahre 1288 nennen die Orte<br />
<strong>Landeck</strong>, Angedayr, Perfuchs und Perjen.<br />
Um 1320 erbaute Chunradus von Prienne (in der<br />
Geschichtsschreibung auch Konrad von Schrofenstein<br />
genannt, der den Titel eines Magisters mit den<br />
Beinamen Pfaff oder Gutpfaff führte und zu den<br />
einflußreichsten Männern im Rate Meinhards II.
Vor dem Hirschenwirt
zählte) mit Erlaubnis des Landesfürsten eine Straße<br />
über die Lötz und Perjen nach Bruggen, weiter über<br />
Quadratsch und den Strengenerberg zum Arlberg,<br />
um in den Genuß von Steuergeldern zu kommen.<br />
1343 wird urkundlich ein neuerrichtetes Verbindungsstück<br />
von der Brücke beim Schloß <strong>Landeck</strong><br />
über Perfuchs zu dieser Straße erwähnt. Erhalten ist<br />
auch eine Beschwerde der Gemeinde Grins,<br />
wonach Chunradus von Prienne zu hohe Zölle<br />
einheben ließ.<br />
Mitte des 14. Jh.s blieb die Bevölkerung von Unheil<br />
nicht verschont: Riesige Heuschreckenschwärme<br />
fraßen die Felder und Fluren kahl und die Pest<br />
verminderte die Bevölkerungszahl in unserer<br />
Region auf ein Sechstel. Nicht zu vergessen Kriege,<br />
Hungersnöte und ständige Überschwemmungen<br />
des hochwasserführenden Inn.<br />
Zams, Angedayr, Perfuchs, Bruggen und Perjen<br />
waren bereits geschlossene Kleinsiedlungen, die<br />
Angelegenheiten in Bereichen des dörflichen Zu-<br />
sammenlebens selbst in die Hand nahmen und entsprechend<br />
autonom regelten. Ansehnliche Bauernhäuser<br />
unter weiten, flachen, mit Steinen beschwerten<br />
Schindeldächern mit gemauerten Wohnteilen<br />
und angebauten Viehställen bildeten kleine<br />
Ortskerne, in den umliegenden Feldern und Wiesen<br />
fanden sich weitere, vereinzelte Kleinhöfe.<br />
Einfache Dorfbürger traten neben adeligen Hofund<br />
Grundbesitzern als Zeugen bei Rechtsgeschäften<br />
auf, so unterzeichnete 1344 Ulrich von<br />
Prienne einen bedeutenden Rechtsvertrag.<br />
Frei gewählte Dorfvögte und regelmäßige<br />
Dorfversammlungen, die sich mit der Wasser-,<br />
Weide- und Holznutzung befaßten, bildeten die<br />
Keimzelle des heutigen Gemeindewesens.<br />
Um 1500 war reichlich Rodungs- und Weideland<br />
vorhanden, der Zuzug von Fremden war ohne<br />
weiteres gestattet. Eine Textstelle in einer alten<br />
Urkunde erläutert dies treffend:<br />
... und von wannen ainer herkumpt aus fremden<br />
landen, und er bei ins bleiben wil, soll dienen mit<br />
seine steiern und dienen, als andere frei leute ...
Kinder 1905 Feldarbeit
Erst im 17. Jh. wurde die Zuwanderung verboten<br />
oder nur gegen hohe Einkaufs- und Sitzgelder gestattet.<br />
Zahlreiche Familien aus dem <strong>Landeck</strong>er<br />
Raum verließen das Land und zogen als Handwerker,<br />
Wurzelgräber, Pechsammler und Branntweinbrenner<br />
ins Ausland, weil der karge Boden des<br />
Oberinntales nicht genug Nahrung hervorbrachte.<br />
In dieser Zeit begann auch das traurige Kapitel der<br />
Schwabenkinder.<br />
In einer Urkunde 1639 scheint erstmals »die<br />
Gemeinde Prienn der Herrschaft Landegg« in einer<br />
Waldstreitigkeit betreffend des »Banwaldes zwischen<br />
dem ermeldtem Schloß Schrofenstein und<br />
Prienn« auf. Unterzeichnet wurde das Schriftstück<br />
von den Perjener »Gemainsleuten« Nigg und Prigl.<br />
1641 geben sich die »Gernainsund nachbersleit zu<br />
Perfuchs, Prienn und Pruggen sambentlichen« vor<br />
dem Pflegsverwalter Severin Stöckl zur »abstellung<br />
von vielerlei mißbreich, zur befierderung des gemainen<br />
nutz, zur erhaltung friedliebender<br />
nachberschaft<br />
und zur verhietung von zwietracht und unainigkeit«<br />
folgende Ordnung:<br />
Fürs erste soll alljährlich bei der »gemaindlichen<br />
zusammenkonft und berathschlagung miten im<br />
monat Marti« die Dorfordnung verlesen werden.<br />
jeder »gemainsman, sei er armb oder reich«, hat<br />
daran bei Strafe eines Talers teilzunehmen ...<br />
Die Dorfordnung hatte weiters Weiderechte für das<br />
Vieh, seien es »oxen, kiie, pfert, schwein, kelber,<br />
schaf oder gaiß, groß und klein«, zum Thema und<br />
regelte Fragen der Hirtenbestellung, Zaunerhaltung,<br />
Viehpfändung und Wegsanierung und setzte<br />
zudem Strafen bei allfälligen Übertretungen fest.<br />
Schließlich befaßte sich die Dorfordnung mit der<br />
Erhaltung und Benützung von Brunnen und Wasserleitungen,<br />
mit der Feuerbeschau, mit der Hilfe<br />
bei Feuergefahr, mit den Pflichten des bestellten<br />
Nachtwächters und mit dem Verbot zur Beherbergung<br />
von Fremden.<br />
Obwohl wir zu Beginn des 17. Jh.s in Perjen also<br />
schon eine »moderne« Gemeindeordnung vorfin-
den, gibt es aus den Jahren 1608 und 1623 Beispiele<br />
für Denkweisen, die im finstersten Mittelalter<br />
fußen:<br />
In diesen Jahren wurden in der <strong>Landeck</strong>er Urtl drei<br />
Frauen nach Haft, Folterung und Verurteilung<br />
wegen Hexerei und Teufelsbund bei lebendigem<br />
Leibe verbrannt.<br />
Einer der früheren Dorfbrunnen
Kirchengeschichte<br />
Aus der Pfarrchronik ist zu entnehmen, daß schon<br />
vor 1752 in Perjen eine kleine Kapelle stand. Diese<br />
umfaßte den Raum unter der heutigen Empore. im<br />
April 1752 bekamen die Perjener »Gemainsleute«<br />
die Erlaubnis, die Kapelle zu einem kleinen Kirchlein<br />
zu erweitern.<br />
Der Zubau war mit Jahresende fertig. Das Kirchlein<br />
wurde Unserer Lieben Frau, Hilfe der Christen<br />
sowie den Heiligen Notburga und Isidor geweiht.<br />
Durch die Erweiterung konnten erstmals Gottesdienste<br />
abgehalten werden.<br />
Wandermönche, meist aus dem Kapuzinerkloster<br />
Imst, kamen fallweise nach Perjen, um Messen zu<br />
lesen. Dafür wurden die Geistlichen abwechselnd<br />
bei verschiedenen Bauern verköstigt.<br />
Der Pfaffensteig zwischen Stanz und der Lötz erinnert<br />
noch heute an die Wandermönche, die meist<br />
mehrere Orte betreuten und dabei Gaben für das<br />
Kloster sammelten. Dafür segneten sie Hof und<br />
Vieh und beschenkten Kinder mit Heiligenbildchen.<br />
Mit dem Bau des Kapuzinerklosters 1921 wurde<br />
auch das kleine Kirchlein vergrößert. Der Kircheneingang<br />
wurde von der Nord- an die Südseite verlegt,<br />
ein breites Querschiff wurde angebaut. Steine<br />
für den Klosterbau wurden vom Perjener Steinbruch<br />
oberhalb des heutigen Burgweges gebrochen<br />
und mit Pferde- und Ochsenfuhrwerken zur<br />
Baustelle befördert.<br />
Die Patres waren vor dem Klosterbau in der »Beatushöhle«<br />
in der Riefengasse untergebracht. Diese<br />
Beatushöhle, wie der Hof samt Stadel im Volksmund<br />
bezeichnet wurde, war eines der ältesten<br />
Gebäude Perjens und diente laut urkundlichen<br />
Unterlagen vormals als Wirtschaftsgebäude der<br />
Burg Schrofenstein. Eine eigene Pfarre wurde<br />
Perjen im Jahre 1948.
Das kleine Kirchlein vor dem Klosterbau
Kirchenerweiterung
Kirche und Kloster im Winter 1924
Jüngere Ortsgeschichte<br />
In einer »Steuertheil-Urkunde« 1771 scheint »samit<br />
eine Ehrsame Gemeinschaft Peryenner« auf.<br />
Der Inhalt der Urkunde gibt Auskunft über taugliche<br />
Gemeindsgründe ... die Peryenner Oede ... den<br />
Gemeinen Fahrweg ... die Pflumpfer Viehtränke ...<br />
die Peryenner Häuser ... die fruchtbare Neuräuthe<br />
... das Peryenner Kirchl ... die sammentlichen Gemeindsleute<br />
zu Peryenn ... die Tyrolische Landesordnung<br />
... zwo Wasserwähle ... das Peryenner<br />
Feld ... die mehreren großen, schiefrigen Steinern ...<br />
die Schaf-azung zu Peryenn, um sich von eigner<br />
Wolle zu bekleiden ... zwey Wasser Trog ... und nebenbey<br />
über einen Gatter, der von der Gemeinde<br />
Peryenn gemacht und perpeturlich erhalten werden<br />
solle.<br />
Auch die Zuwanderung auswärtiger Personen wird<br />
in dieser Urkunde behandelt:<br />
... oder wie es Freundschäftlicher seyts die Tyrolische<br />
Landesordnung statuiert, unterworfen sein<br />
solle. Hingegen was einem verwendet wurde, welcher<br />
sich in der Gemeinde nit eingekauft, folglich<br />
kein Gemeindsmann ist ...<br />
Auch der Grund für den Bau der entlang der heutigen<br />
Römerstraße nur mehr lückenhaft verlaufenden<br />
Steinmauer kann durch diese Urkunde erklärt<br />
werden:<br />
... dann wurde auch weiters beschlossen, zur Einfangung<br />
des ausgemessenen Grundes eine Mauer zu<br />
machen, die von den Gemeindsleuten bezahlt<br />
werde. . .<br />
Diese Mauer bot dem Ort weiters einen wichtigen<br />
Schutz gegenüber der Bachtalmure, die westlich der<br />
Riefengasse letztmalig 1895 niederging und dabei<br />
Schutt und Bäume in großen Mengen bis über die<br />
Römerstraße verfrachtete.<br />
Hier sei angemerkt, daß nahezu alle Wege und Straßen<br />
von Mauern gesäumt und mit Holzgattern
Blick auf die Riefengasse
ergänzt waren. Dadurch war es möglich, das Vieh<br />
innerhalb der gesamten Ortschaft frei weiden zu<br />
lassen. Perjen wurde nicht selten als »Alple« bezeichnet.<br />
Anhand des Maria-Theresianischen Katasters Anno<br />
1775 ist erstmals ein Ortsüberblick möglich:<br />
Perjen besteht aus 13 Höfen, einem Wirtshaus und<br />
einem kleinen Kirchlein. Das Ortsbild ist geprägt<br />
von alten Bauernhäusern, die eine in sich geschlossene<br />
Einheit bilden und von Obstgärten, Feld- und<br />
Ackerland umgeben sind. Die staubigen Ortswege<br />
und Landstraßen sind sehr schmal und werden von<br />
Holzzäunen, Sträuchern und hohen Pappeln<br />
gesäumt.<br />
Die Riefengasse zählt zu den ältesten Gassen <strong>Landeck</strong>s<br />
linksseitig des Inn. Der romanische Ausdruck<br />
»Riefe« bedeutet hochdeutsch Furche oder Vertiefung,<br />
in der Mundart allerdings »häßliche rauhe<br />
Stelle im Gelände«, was auf schlecht vernarbte<br />
Erdrutsche oder Vermurungen schließen läßt.<br />
Die ältesten Häuser der Riefengasse sind jene des<br />
Sylvester und Franz Heiss, des Anton Stapf, des<br />
Bonifaz Vallast, der Bildhauerfamilie Reheis und<br />
der Gebrüder Mungenast. Diese fünf schon vor<br />
1775 erwähnten Höfe nannte man schlicht »die<br />
Häuser in der Riefen«, in denen drei Männer<br />
geboren wurden, die über die Grenzen Perjens<br />
hinaus bekannt wurden:<br />
An erster Stelle muß wohl der am 23. Jänner 1762<br />
als einfacher Bauernsohn im Kravoglhaus geborene<br />
Josef Paul Stapf genannt werden, der nach dem<br />
Besuch des Haller Gymnasiums an der Universität<br />
Innsbruck Mathematik und Naturwissenschaften<br />
studierte.<br />
Als Magister der Philosophie kam er 1783 nach<br />
Wien und Prag und wurde 1792 zum ordentlichen<br />
Professor der Universität Innsbruck ernannt.<br />
Als Rektor dieser Universität verstarb Stapf am 16.<br />
Oktober 1809 in Innsbruck und der Tiroler<br />
Freiheitskämpfer Andreas Hofer gehörte zu den<br />
vielen Trauergästen, die ihm das letzte Geleit<br />
gaben.
Schrofensteinstraße - Lötzweg
In Innsbruck-Hötting und <strong>Landeck</strong>-Perjen wurden<br />
Straßen nach ihm benannt.<br />
Nicht weniger bekannt ist sein Bruder Anton Isidor<br />
Stapf, der von der Kaiserin in Wien auserwählt<br />
wurde, fern der Heimat im ungarischen Szellensi<br />
Wiesen und Wälder zu vermessen. ihn überkam<br />
schon in jungen Jahren ein Sumpffieber, das seinem<br />
Leben nach 30 Jahren, drei Monaten und 12 Tagen<br />
ein rasches Ende setzte, wie im Totenbuch angeführt<br />
wird.<br />
Ebenfalls aus der Riefengasse stammt ein bildender<br />
Künstler. Aus Matrikeln geht hervor, daß in der<br />
Riefengasse Nr. 8 der Bildhauer Johann Reheis bis<br />
zu seinem Tode im Jahre 1777 wirkte.<br />
In der Römerstraße, deren Name an eine frühe Geschichtsepoche<br />
erinnert, müssen der Guflerhof und<br />
der Birchangerhof zu den ältesten Gebäuden gezählt<br />
werden. Weiters scheinen 1775 die Gebäude<br />
des Martin Kölle, des Roman Spiss und der Maria<br />
Pläsin als materiell geteilt auf.<br />
Der Gasthof »Adler« kann als ältester Beherbergungsbetrieb<br />
Perjens bezeichnet werden. Da sowohl<br />
die römische Handelsstraße Via Claudia Augusta,<br />
als auch die von Chunradus von Prienne<br />
1320 erbaute Zollstraße zum Arlberg durch Perjen<br />
verlief, kann eine Taverne zur Unterbringung und<br />
Verpflegung von reisenden Kaufleuten und Pilgern,<br />
verbunden mit einem Magazin zur Deckung des<br />
Fuhrleutebedarfs, angenommen werden.<br />
Der Großteil des damaligen Verkehrs dürfte von<br />
Zams über die Lötz und Perjen geführt haben, da<br />
rechtsseitig des Inn im Bereiche der heutigen Kaifenau<br />
nur ein schmaler Fußweg führte, der noch<br />
1651 bei Rodungsverhandlungen erwähnt wird.<br />
Zweifellos zählte der Gasthof »Adler« zu jenen<br />
Schildwirtshäusern, die den politischen und gesellschaftlichen<br />
Mittelpunkt des Dorfes bildeten und<br />
in deren Mauern wichtige Versammlungen stattfanden.<br />
In einer Gerichtsurkunde 1771 scheint Hermann<br />
Joseph Prantauer als Wirt und Besitzer der Wirtstaverne<br />
mit dem Schild »zum Linzerschen Wappen«
Römerstraße - Feldgasse
auf. Standesgemäß führte der Wirt die »sammetlichen<br />
Gemeindsleute zu Peryenn« als Gastgeber und<br />
Erstunterzeichnender durch die gerichtliche<br />
Abhandlung, deren Inhalt kurz angeführt sei:<br />
... nach so vergangener Gemeins Abmessung zu<br />
Peryenn haben dem Herrn Gasthalter und Wirt<br />
Joseph Prantauer, die übrigen anfangs ad marginem<br />
einkommene Gemeinsinteressenten Simon Käthrein,<br />
Johann Paul Märth, Johann Lauggas, Christian<br />
und Franz Linser, Anton Stapf, Franz Mungenast,<br />
Ignaz Spiss, Johann Schneller, Bonifäz Fallast, Josef<br />
Reheis und Martin Kölle, nicht nur ienigen Umfang,<br />
welcher an voriger auftheilung befündlich und<br />
nächst von seinem Wirtshaus hinaus zum Theil bis<br />
an den Innstrom hinaus oder Tragwahl über seinem<br />
Baumgarten fiehrenden Wasserwahl ...<br />
Im restlichen Perjen, der heutigen Schrofensteinstraße,<br />
Feldgasse und Kirchenstraße finden sich auf<br />
dem Kataster 1775 weitere sieben Objekte. Als Besitzer<br />
scheinen Josef und Maria Schueler, Christian<br />
und Franz Linser, der Pflumpfer Tischler Johann<br />
Paul Marth, Johann Langes, Gertraud Reheis, die Geschwister<br />
Kathrein und die Familie Lechleitner auf.<br />
Weit rätselhafter gibt sich die Adamhofgasse. Laut<br />
Überlieferung stand einst auf weiter Flur der Adamhof,<br />
der den wohlhabenden und begüterten Schrofensteinern<br />
gehört habe. Dies ist zwar im Straßennamen<br />
verewigt, der tatsächliche Standort des<br />
Adamhofes ist allerdings nicht bekannt.<br />
So bleibt der Lötzweg übrig, der seit Jahrhunderten<br />
als schmaler Karrenweg am linken Innufer entlang<br />
zum Weiler Lötz führt. Der Ausdruck »Letze« deutet<br />
im mittelalterlichen Sprachgebrauch auf eine<br />
Wehranlage oder Landsperre hin. Bestimmt hatte die<br />
Lötz in früheren Jahren eine Sperrfunktion gegenüber<br />
Angreifern, bildeten doch Inn und Lötzbach<br />
eine natürliche Landsperre, die durch drei hohe<br />
Türme und Verbindungsmauern ergänzt wurde. Die<br />
Sperre bewährte sich 1406 im Kampf gegen die<br />
Appenzeller, die einige der umliegenden Orte<br />
plünderten und niederbrannten.
Blick vom Scheibeneck
Das vormals einzige Haus am Lötzweg war der<br />
Seebergerhof, dessen Ursprung vor das Jahr 1775<br />
zurückreicht.<br />
Eine erste kartografische Abbildung des Ortes<br />
»Perjen« ist die Innkarte des Tiroler Landesarchivs<br />
aus dem Jahre 1820. Inmitten des breiten Innbogens<br />
verlieren sich 19 Anwesen, umgeben von großflächigen<br />
Obstkulturen, Wiesen und Äckern. Zur Bewässerung<br />
der Felder dienen zwei Wale, wobei der<br />
obere Wal unterhalb Grins abgeleitet wird und auf<br />
einer Anhöhe bis Perjen verläuft, wo er sich mehrmals<br />
zweigt und sämtliche Flächen des Oberfeldes<br />
nährt. Der untere Wal verläuft dem Inn entlang zu<br />
den Perjener Unterfeldern. Ein eigens bestellter<br />
Walmeister sorgte für eine ausreichende Bewässerung.<br />
1824 wurde die Verbindung über den Arlberg zeitgemäß<br />
ausgebaut und <strong>Landeck</strong> wurde Poststation.<br />
1836 zählte Perfuchs mit der Fraktion Perjen 846<br />
Einwohner.<br />
Ein Grundvertrag 1848 wurde von 20 Perjener<br />
Grundbesitzern unterzeichnet, im wesentlichen<br />
vergrößerte sich der Ort seit 1775 kaum.<br />
Aus dem Jahre 1856 liegt ein Vermessungsplan<br />
vor. Er zeigt die selben Baulichkeiten wie 1820,<br />
lediglich der Gasthof »Hirschen« wurde in der<br />
Zwischenzeit errichtet, über den kaum Aufzeichnungen<br />
vorliegen: Anfangs des 20. Jahrhunderts<br />
wurde der Gasthof von Johann Rudig käuflich<br />
erworben, der zuvor mit seiner Familie einen der<br />
drei Lötztürme bewohnte und 1894 den Gasthof<br />
»Kaifenau« über mehrere Jahre hindurch gepachtet<br />
hatte.<br />
Der Gasthof »Kaifenau«, vermutlich im Zuge des<br />
Baues der Arlbergbahn auf den Kaiseräckern<br />
erbaut, wird erstmals 1894 erwähnt, weitere<br />
Aufzeichnungen liegen nicht vor.
Innkarte 1820
Arlbergbahn<br />
Der Bau einer Eisenbahnverbindung Innsbruck -<br />
<strong>Landeck</strong> - Bludenz war schon Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
geplant. Dazu gab es verschiedene<br />
Überlegungen bezüglich der Trassenführung. Im<br />
Gespräch war eine Variante mit Bahnhof in Perjen<br />
im Bereich des Lötzweges.<br />
Aus militärischen Überlegungen, aufgrund eines<br />
schon geplanten Eisenbahnnetzes für die Gesamtmonarchie<br />
inklusive Vinschgaubahn und für das<br />
Prestige des Bahnhaues entschied man sich für die<br />
heutige, spektakulär-romantische Trasse.<br />
Der Bau am Arlbergtunnel begann 1881, die Westund<br />
Ostrampen wurden ein Jahr später begonnen.<br />
Im September 1884 wurde die Arlbergbahn in<br />
Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. für den<br />
Personenverkehr freigegeben.<br />
Im Zuge der umfassenden Bautätigkeiten kamen<br />
viele Menschen mit ihren Familien in unseren<br />
Raum. Für die Arbeiter und das später in <strong>Landeck</strong><br />
stationierte Bahnpersonal entstanden damals in<br />
Perjen einige Wohnobjekte, wodurch die Bevölkerung<br />
rasch zunahm.<br />
Arbeiter, Lokführer, Ingenieure und deren Angehörige<br />
kamen vielfach aus östlichen Monarchieteilen.<br />
Sie integrierten sich nach und nach in die ansässige<br />
Bevölkerung und wirkten bald in den örtlichen<br />
Vereinen mit. Als 1925 mit der Elektrifizierung der<br />
Bahn viele Arbeiter nicht mehr gebraucht wurden,<br />
stagnierte die Bevölkerungszahl in Perjen für einige<br />
Jahre.
Bahnhof mit Holzsteg
Feld- und Flurnamen<br />
1 Spitzigstein (AV Karte 1921)<br />
2 Lahnstrich (AV Karte 1921)<br />
3 Pfaffensteig (lt. Urkunde 1639)<br />
4 Lötzsteig<br />
5 Banwald (Urkunde 1639), Alter Bangert<br />
6 Kalk - Egerte<br />
7 Kalköfen<br />
8 Grünes Tal<br />
9 Pezza Loisa<br />
10 Vogeltrank<br />
11 Götzenacker, auch Schwarzer Acker<br />
12 Egerte<br />
13 Kollegenbrünal<br />
14 Lötzweg<br />
15 Aue<br />
16 Große Mure<br />
17 Steinbruch<br />
18 Salzloch<br />
19 Öde<br />
20 Scheibeneck<br />
21 Zapples<br />
22 Bremenstall<br />
23 Schneckenloch<br />
24 Oberfeld<br />
25 Unterfeld<br />
26 Wassertal<br />
27 Wasserlöcher<br />
28 Bachtel - Tal<br />
29 Riefe<br />
30 Dearni<br />
31 Birchanger, auch Pirkhanger<br />
32 Sandeck<br />
33 Schulers Pitzn (drei Dölern)<br />
34 Stickl Wiesn<br />
35 Spitzäcker<br />
36 Burschlbrücke<br />
37 Im Stiegele<br />
38 Nißlpark<br />
39 Gemeiner Fahrweg<br />
40 Liget<br />
41 Kranewitt Äcker (AV Karte 1921)<br />
42 Reutle, Neurauth, Neuräuthe (Urkunde 1771)<br />
43 Pflumpf<br />
44 Gassenäcker<br />
45 Au<br />
46 Kaiseräcker (Innkarte 1820, Landesarchiv)<br />
47 Kleine Kaifenau<br />
48 Kaifenau<br />
49 Oberer Wal<br />
50 Unterer Wal<br />
51 Kasperles Zaun<br />
52 Knappenlöcher
Der Inn umschreibt Perjen im Halbkreis
Fähre und Brücke<br />
Zu Beginn des Arlbergbahnbaues gab es in Perjen<br />
23 Häuser mit etwa 30 eigenständigen Haushalten<br />
und 168 Einwohnern. Schon vor 1882 richtete man<br />
eine Flußfähre ein, die bei günstiger Strömung<br />
zwischen Perjen und der gegenüberliegenden<br />
Kaifenau benützt werden konnte.<br />
Als diese Flußfähre zu unsicher wurde, baute die<br />
Fraktion Perjen auf eigene Kosten einen Holzsteg<br />
über den Inn, wodurch sich die Bürger einen Umweg<br />
über die Burschlbrücke oder Zammerbrücke<br />
ersparen konnten. Dieser Holzsteg wurde 1898<br />
durch die »Kaiser-Franz-Josephs-Brücke« ersetzt.<br />
Diese Eisenkonstruktion mußte 1979 einer Betonbrücke<br />
weichen.<br />
Fraktion Perjen<br />
Ende des 19. Jh.s wurde Perjen als Fraktion bezeichnet<br />
und war organisatorisch der Gemeinde<br />
Perfuchs eingegliedert.<br />
Die Fraktion Perjen dürfte laut vorliegenden<br />
Aufzeichnungen in den ersten Betriebsjahren der<br />
Arlbergbahn einen großen Aufschwung erlebt<br />
haben. immerhin existierten vier Wirtshäuser<br />
gleichzeitig.<br />
Neben dem Gasthof »Adler«, dem »Hirschenwirt«<br />
und dem Gasthof »Kaifenau« baute 1882 der Tischler<br />
Johann Josef Greber den »Nußbaumhof« in<br />
wohl optimaler Lage auf Perjener Seite des<br />
Holzsteges. Der Name rührt von einem riesigen, ca.<br />
150 cm dicken, Nußbaum her, der auf der Wiese<br />
nord-westlich des Hauses stand.
Holzsteg nach Perjen um 1890
Aus dem Jahre 1887 hegt eine Beschreibung der<br />
Fraktion Perjen vor:<br />
Von welcher Seite <strong>Landeck</strong> in Tyrol zugänglich ist,<br />
sind es rauhe, sterile Täler, welche dahin führen,<br />
während die Niederung, die sich zwischen deren<br />
Vereinigung in Form eines Dreiecks hineinbettet, wie<br />
ein Juwel in rauher Fassung von der nächsten<br />
Umgebung wohltuend hervorglänzt.<br />
So sonnig, so mild muthet die Luft uns an, so südlich<br />
fruchtbar erweist sich der Boden, der den wohl<br />
prächtigsten Mais des Oberinnthales reift. Am meisten<br />
concentrieren sich die Vorzüge in einer Parcelle<br />
von <strong>Landeck</strong>, der kleinen Häusergruppe von Perjen,<br />
die unter dem steilen Gehänge der Schwarz-wand<br />
angesiedelt, doppelt von der vollen Mittags-sonne<br />
und deren vom Gestein reflectierenden Strahlen<br />
erwärmt wird. Der vom Oberland hervor-brechende<br />
Inn flößt gerade vor sich hin bis zur Mündung der<br />
Sanna am Bergabhang und vom felsigen Fuße<br />
desselben abprallend, umschreibt er Perjen im<br />
Halbkreis bis zu jener Stelle, wo er zum zweiten Mal<br />
an den Felsen wühlt, um von da aus, durch<br />
die verengte Thalfurche gezwungen, seinen Lauf in<br />
gerader Richtung fortsetzt.<br />
Perjen sieht sich solchergestalt zwischen Feld und<br />
Wasser halbinselförmig eingeschlossen, zum denkbar<br />
günstigsten Refugium prädisponiert, welche eine<br />
vorgeschichtliche Bevölkerung vorzufinden<br />
vermochte ...<br />
Im Jahre 1900 vereinigte sich die Fraktion Perjen<br />
mit Angedayr, Perfuchs und Bruggen zur Gemeinde<br />
<strong>Landeck</strong>, vier Jahre später folgte die Markterhebung.<br />
Als <strong>Landeck</strong> 1923 zur Stadt erhoben wurde, zählte<br />
Perjen rund eintausend Einwohner.<br />
Kurze Zeit danach erbaute man in Perjen ein für<br />
damalige Verhältnisse modernes Schwimmbad.<br />
Auch der Fußball kam nicht zu kurz. Ende der<br />
Zwanzigerjahre trugen Perjener Fußballbegeisterte<br />
erste Ballschlachten auf jener Wiese aus, auf der<br />
später das Eichamt errichtet wurde.
Danach wich man in die Perjener Felder aus und<br />
zog von dort in die Kirchenstraße, wo man dem<br />
Zirkus Platz machen mußte.<br />
Später versuchten die Sportler ihr Ballglück in den<br />
Innauen, wo man ein Tor hinstellte. Mit der Errichtung<br />
der Perjener Sandwüste, wie der Sportplatz in<br />
der Au damals genannt wurde, war der Grundstein<br />
des <strong>Landeck</strong>er Fußballwesens gelegt.<br />
Gesangsvereine<br />
Der in <strong>Landeck</strong> als Arzt wirkende Dr. Norbert<br />
Mantl gründete 1930 den Männergesangsverein<br />
Perjen. Der Chor wurde 1938 aufgelöst.<br />
Der Perjener Kirchenchor wurde 1947 gegründet<br />
und verschönert seither ununterbrochen kirchliche<br />
Feste und Feierlichkeiten.<br />
Holzarbeit
Blasmusik<br />
Ob unter jenen Schweglern und Trommlern, welche<br />
Mitte des 17. Jh.s bei Prozessionen die sogenannte<br />
»Tiefe Gasse« der damaligen Ödfelder<br />
durchquerten, Musikanten aus dem benachbarten<br />
Perjen zu finden waren, kann nicht mehr beurteilt<br />
werden.<br />
Die »<strong>Landeck</strong>er Feldmusik«, als Vorgängerin der<br />
heutigen Stadtkapelle <strong>Landeck</strong>, 1838 bei den Erbhuldigungsfeierlichkeiten<br />
erwähnt, wurde allerdings<br />
nachweislich von Musikanten der umliegenden<br />
Ortschaften unterstützt.<br />
Die Musiker Kathrein, Mungenast, Partoll, Stapf<br />
und Krismer zählten 1892 zu den Mitgliedern der<br />
»<strong>Landeck</strong>er Feldmusik«, die in einer Stärke von 24<br />
Mann in Konstanz konzertierte.<br />
Auch in der nachfolgenden »Bürgermusik <strong>Landeck</strong>«<br />
(ab 1900) und »Stadtmusikkapelle <strong>Landeck</strong>«<br />
(ab 1923) wirkten Helikonbläser aus Perjen mit.<br />
Die erste Blasmusikkapelle, die nach dem Ersten<br />
Weltkrieg in Erscheinung trat, war die Arbeitermusikkapelle<br />
<strong>Landeck</strong> unter dem böhmischen Kapellmeister<br />
Pichler.<br />
Aus der Arbeitermusikkapelle <strong>Landeck</strong> entstand<br />
wenige Jahre später die Eisenbahnerkapelle Perjen,<br />
die nebst Musikern aus der Arbeiterschaft auch<br />
Bahnarbeiter und Bahnbedienstete in ihren Reihen<br />
hatte.<br />
Die Eisenbahnerkapelle Perjen wurde vom Innsbrucker<br />
Militärkapellmeister Alois Brunner geleitet.<br />
Sie spielte in der damals üblichen Instrumentierung<br />
und in einer Stärke von 24 Mann. Unter ihnen<br />
einige ehemalige böhmische Musiker, die durch<br />
ihren Dienst bei der Eisenbahn nach Perjen<br />
versetzt worden waren. Durch die Auflösung der<br />
Militärkapellen stand für die Eisenbahnerkapelle<br />
Perjen ein erfahrener Kapellmeister zur Verfügung.<br />
Dieser Klangkörper, dessen Musikanten vorwiegend<br />
in Perjen wohnhaft waren, bestand bis mindestens<br />
Juli 1923. Im Tiroler Volksboten vom 12. 7.<br />
1923 wird über den Festumzug anläßlich der Stadt-
Musikkapelle Perjen am Kirchtag
erhebung berichtet, wobei die Eisenbahnerkapelle<br />
namentlich erwähnt wird. Ähnlich berichtet der<br />
Tiroler Anzeiger.<br />
Die Eisenbahnerkapelle Perjen bildete zweifellos<br />
die Keimzelle der späteren Stadtmusikkapelle<br />
<strong>Landeck</strong>-Perjen. Wann diese Kapelle aufgelöst wurde<br />
und was mit dem Inventar geschah, ist unklar.<br />
Jedenfalls existierte in dieser Zeit in Perjen noch<br />
keine eigene Kapelle, wohl aber wirkten einige<br />
Perjener in benachbarten Formationen mit.<br />
Einige junge Burschen, unter ihnen der Hirschenwirt<br />
Johann Rudig, musizierten ab 1926 im dörflichen<br />
Sinn. Im damaligen »Cafe Maxl« spielte man<br />
mit Pfannendeckeln als Cinellen, umgekehrten<br />
Besen als Rhythmusgeräten, Seidenkämmen und<br />
Mundharmonikas. In dieser originellen Besetzung<br />
wird sogar von Unterhaltungskonzerten in Landekker<br />
Gaststätten, bei Waldfesten in Schnann und St.<br />
Jakob, und der Gestaltung einer Maifeier beim<br />
Gasthof Nußbaum berichtet. Die Musikgruppe in<br />
einer Stärke von etwa 15 Mann spielte Ländler,<br />
Walzer, Polkas, Schieber und Doppler.<br />
Während des Jahres 1927 wurde eifrig für die Ballsaison<br />
1928 geprobt. Die Proben der Tanzkapelle<br />
wurden in den Wohnstuben der Familien Sprenger<br />
und Zangerle Maximilian abgehalten. Als sich die<br />
Kapelle ständig vergrößerte, stellte die Familie<br />
Partoll einen Proberaum zur Verfügung. Im<br />
Metzger-haus probte man bereits in größerer<br />
Besetzung und die Proben fanden im benachbarten<br />
Nußbaumhof ihre gesellige Fortsetzung, bei der<br />
meist eine »wilde Bande« zur Unterhaltung<br />
aufspielte.<br />
Erst 1928 war die Blaskapelle repräsentationsfähig.<br />
Mit 21 eigenen und drei von der Stadtkapelle<br />
geliehenen Instrumenten trat die Musikkapelle<br />
Perjen erstmals beim Schirennen auf der Trams,<br />
danach beim Maiweckruf und bei mehreren Platzkonzerten<br />
in Perjen öffentlich auf.<br />
Die kargen Aufzeichnungen aus jener Zeit berichten<br />
von einem Auftritt beim Prutzer Wiesenfest,<br />
wofür man die <strong>Landeck</strong>er Schützentracht auslieh.<br />
Mit Aushilfen aus der Stanzer Musikkapelle gelang<br />
ein gutes Konzert, das mit einem Vereinsausflug<br />
nach Nauders belohnt wurde.
Die Unabhängigkeit der Blaskapelle wankte, als man<br />
versuchte, aus der Musikkapelle Perjen eine<br />
Parteimusik zu formen. Politische Unstimmigkeiten<br />
innerhalb der Kapelle führten zu einer tiefen Krise,<br />
die letztlich mit einer Gerichtsverhandlung endete.<br />
Die Folgen blieben nicht aus:<br />
Am Ostersonntag 1930 mußte die Haydnmesse mit<br />
Aushilfen aus der Stadtkapelle aufgeführt werden,<br />
ein anschließender Marschumzug durch die Straßen<br />
Perjens beendete vorläufig das Wirken der Musikkapelle<br />
Perjen. Während einige Musikanten in<br />
kleinen Tanzgruppen weiterspielten, wechselten<br />
andere zur Stadtkapelle <strong>Landeck</strong> über.<br />
Erst 1948 zogen wieder 16 Musiker der neugegründeten<br />
Musikkapelle Perjen mit klingendem Spiel<br />
durch die Straßen.
Feuerwehr<br />
1917 brannte das Kathrein-Anwesen im Pflumpf<br />
nieder und 1919 wurde der Krismerstadel samt<br />
dem angrenzenden Plattnerhaus ein Raub der<br />
Flammen. Die Brände mußten noch von den<br />
umliegenden Löschzügen bekämpft werden; beim<br />
Großbrand 1919 wurde das Löschwasser vom<br />
Hamerlbrunnen in Kübeln herbeigeholt.<br />
1924 erhielt Perjen einen eigenen Löschzug mit<br />
der Bezeichnung »Freiwillige Feuerwehr <strong>Landeck</strong> -<br />
5. Zug Perjen«.<br />
Die bisher in Angedair aktiven Feuerwehrmänner<br />
konnten nun ihre Proben in Perjen abhalten. Eine<br />
Bewährungsprobe für den neugeschaffenen Zug<br />
gab es recht bald.<br />
Das Kasperhaus, ein ehemaliger Bauernhof an der<br />
Kreuzung Schrofensteinstraße-Kirchenstraße,<br />
brannte 1926 nieder und die gefährdeten Wohnobjekte<br />
in unmittelbarer Brandnähe konnten nur<br />
durch das rasche Eingreifen der Perjener Feuerwehrmänner<br />
gerettet werden. Im Sommer 1950<br />
brannte ein Stadel in der Riefengasse nieder,<br />
angrenzende Güter kamen nicht zu Schaden.
Vor dem Spritzenhaus 1933
Scheibenschlagen<br />
Wenn am ersten Fastensonntag, dem »Kassunnti«,<br />
in Perjen die Dämmerung anbricht, wird am<br />
Scheibeneck, weitum sichtbar, ein Feuer entfacht,<br />
in dem vorbereitete, flache Birkenholzscheiben<br />
zum Glühen gebracht werden. Mittels eines Stokkes,<br />
der in die vorgebohrten Birkenscheiben gesteckt<br />
wird, schlägt man die glühenden Scheiben<br />
über ein Brett zu Tal.<br />
Während also die Florianijünger nach Einbruch der<br />
Dunkelheit mit dem Scheibenschlagen beginnen,<br />
werden bei der Feuerwehrhalle Kaskiachln gebakken<br />
und verkauft.<br />
Anfänge und Bedeutung des regional begrenzten<br />
Brauches liegen im dunkeln:<br />
Forscher glauben in den glühenden Scheiben ein<br />
Symbol für die nun stärker werdende Sonne zu sehen,<br />
gleichsam der Beginn einer neuen Wachstums-<br />
periode. Sicherlich ist dieser Brauch ein Überrest<br />
heidnischer Frühlingsfeste. Hier sei bemerkt, daß<br />
der Scheibenplatz im Laufe der Jahre, bedingt<br />
durch weitere Bauten im Dorf, bergwärts verlegt<br />
werden mußte.<br />
Um die Jahrhundertwende waren es die Spielbuben,<br />
welche sich zum Scheibenschlagen zusammenfanden.<br />
Sie hatten die Musterung hinter sich<br />
und konnten für die bevorstehende Militärzeit ein<br />
wenig Kleingeld beiseitelegen. Später übernahm die<br />
Musikkapelle die Durchführung, heute pflegt die<br />
Feuerwehr diesen Brauch weiter.<br />
Für jeden Perjener wurde früher zu diesem Anlaß<br />
ein Sprüchlein gedichtet, das als Begleitvers für<br />
»seine« ins Tal fliegende Scheibe ausgerufen wurde.<br />
Meist ging es um irgendwelche Mißgeschicke<br />
oder heimliche Liebschaften, die in humorvoller<br />
Weise aufgewärmt wurden. Besonders die »ledigen<br />
Fetzn« kamen nie ungeschoren davon.
Am Scheibeneck
Fotografie<br />
Die ersten fotografischen Abbildungen der Welt<br />
entstanden 1826. Mitte des 19. Jh.s kamen Wanderfotografen<br />
in die Alpentäler, um Landschafts- und<br />
Portraitaufnahmen zu machen.<br />
Zu den Pionieren unseres Raumes zählen Anton<br />
Zoderer, Ignaz Falch und Wilhelm Nigg.<br />
Die hier abgedruckten Fotos sind ein Teil der Dokumentation,<br />
die am 16. Dezember 1989 in der<br />
ausverkauften Aula des Bundesrealgymnasiums<br />
gezeigt wurde.<br />
Bei aufmerksamer Betrachtung wird der Leser auf<br />
den teils sehr alten Aufnahmen Details finden,<br />
deren Erläuterung den vorgegebenen Rahmen<br />
sprengen würde.<br />
Die Fotos wurden dankenswerter Weise zur Verfügung<br />
gestellt von:<br />
Karolina Krismer, <strong>Landeck</strong>er Stadtarchiv - Georg<br />
Zobl, Friedrich Schön, Firma Plangger, Willi Pechtl,<br />
Familie Rudig, Familien Sprenger, Fam. Alfred Pöll,<br />
Anna Tröger, Sparvor Perjen - Werner Niggler, Girardelli<br />
Karl, Familie Kravogl, Familie Gruber Fritz,<br />
Familie Lechleitner Hans, Familie Lechleitner Erwin,<br />
Pfarramt Perjen, Josef Hamerl, Pepi Ambrosi,<br />
Tiroler Landesarchiv, Familie Neurauter, Zams,<br />
Erich Delago, Zams
Eine der früheren Gemischtwarenhandlungen
Weihnachten 1924<br />
Ruine Schrofenstein
Blick in die Kirchenstraße
Bauernkind mit Hühnern 1904
Blick auf das Oberfeld
Perjener Familien um die Jahrhundertwende
Vor dem Gasthaus
Bahnhof <strong>Landeck</strong> 1913
Bahnareal mit Brücke und Dorf 1926
Nußbaumhof
Eisenbahnerkapelle Perjen vor dem Nußbaumhof
Männergesangsverein
Im Schankgarten des Nußbaumhofes, 1929
Blick vom Birchanger
Dorfkern
Kaiser-Franz-Josephs-Brücke
Benützte Literatur<br />
A. Schmid, Dissertation 1969, Geschichte des Raumes <strong>Landeck</strong><br />
Buch der Stadt <strong>Landeck</strong><br />
Tirols Geschichte in Wort und Bild - Michael Forcher<br />
Schriftl. Mitteilung der anthropologischen Gesellschaft Wien, 1884<br />
Urgeschichtliche Feldforschungen in Nordtirol 1937/38 - Oswald Menghin<br />
Wiener Prähistorische Zeitschrift XXVI 1939 und 1942<br />
Schlern, Nr. 4, Nr. 44, Nr. 207<br />
Festschrift »25 Jahre Stadt <strong>Landeck</strong>«<br />
Historische Entwicklung der Gemeinde <strong>Landeck</strong>, TLRA 1921<br />
Mitteilungen der K. u. K. Centralen Comission 1887<br />
Zeitschrift des Ferdinandeums, 22. Band, 1878<br />
J. Jenny - Die Vorzeit Perjens - 1887<br />
J. Staffler - Tirol und Vorarlberg - 1841<br />
Landesgeschichte Tirols von Harb, Hölzl und Stöger<br />
Chronik des Klosters Perjen, Band 1-V<br />
Tiroler Blasmusikbuch<br />
Das Schloß Schrofenstein - Josef Rietzler 1950<br />
Tiroler Burgen - Probst Dr. Weingartner<br />
Tiroler Burgenbuch - Hofrat Dr. Oswald Graf Trapp<br />
Chronik der FFW <strong>Landeck</strong> - 5. Zug, Perjen<br />
<strong>Landeck</strong>er Buch Band I und II, 1956<br />
Festschrift der ÖBB »100 Jahre Arlbergbahn«<br />
Gemeindeblätter der Stadt <strong>Landeck</strong> - Archiv<br />
Chronik des SV <strong>Landeck</strong> und Festschrift »350 Strak <strong>Landeck</strong> 1987«<br />
Willli Pechtl - Belichtet - Ein Fotoband<br />
H, Valentinitsch, Hexen und Zauberer 1987
Dieses wertvolle Buch ist seit Jahren vergriffen.<br />
Einen herzlichen Dank an Dietmar Wachter für die Erlaubnis<br />
PRIENNE<br />
für Interessierte ins Netz zu stellen.