03.12.2012 Aufrufe

maueranker - Nordfriisk Instituut

maueranker - Nordfriisk Instituut

maueranker - Nordfriisk Instituut

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

C 77 84 Heft 1-2 Juni 2006 25. Jahrgang<br />

DER MAUERANKER<br />

Baupflege in Nordfriesland, Dithmarschen und Angeln<br />

Herausgegeben von der Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland & Dithmarschen e.V.<br />

Ein friesisches Haus sucht neue Eigentümer.


Inhalt Impressum<br />

25 Jahre IGB Nordfriesland 3<br />

100 Jahre Cecilienkoog 12<br />

Mitten in Niebüll 17<br />

St. Peter-Ording –<br />

Denkmalschutz für drei Häuser 18<br />

Hausforschung zwischen alter Gefügeforschung<br />

und neuer Volkskunde 20<br />

Hirsche im Beltringharder Koog? 33<br />

Neue Bücher<br />

Beitrag zur Gartendenkmalpflege 35<br />

Ein Naturschützer der ersten Stunde 35<br />

Kulturkarte Schleswig Holstein 37<br />

Meldungen<br />

Margareta Erichsen † 38<br />

Rasen, Rosen und Rabatten … 39<br />

Eine wiederkehrende Anfrage 42<br />

Das utlandfriesische Haus im Zentrum Niebülls<br />

ist ein Zeugnis aus der Zeit, als die Stadt noch<br />

landwirtschaftlich geprägt war. Es ist in wesentlichen<br />

Teilen und vielen Details unverändert. Es<br />

steht zum Verkauf. Wer sich auf ein altes Haus<br />

einlassen möchte, sollte nicht zögern.<br />

Foto: Gerd Kühnast<br />

J.P.A. Jensen & Sohn<br />

Bau- und Möbeltischlerei<br />

A.R. Kjærbysvej 2 · DK 6280 Høyer<br />

Tlf. (+45) 20 14 66 41<br />

Fax (+45) 74 78 93 22<br />

2 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

DER MAUERANKER<br />

Herausgeber: Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland<br />

e. V. Arbeitsgruppe des Vereins Nordfriesisches Institut e. V.,<br />

Süderstraße 30, 25821 Bredstedt, Tel. 04671-2081, Fax 1333<br />

Spar- u. Leihkasse Bredstedt Nr. 10003770 BLZ 21751230<br />

Konto: Sparkasse Nordfriesland Nr. 20354 BLZ 21750000<br />

Erscheint vierteljährlich zum Quartalsende, Auflage 2.500<br />

Redaktion: Gerd Kühnast<br />

Redaktionsanschrift: Süderstraße 30, 25821 Bredstedt<br />

Anzeigenannahme:<br />

IG Baupflege, Süderstr. 30, 25821 Bredstedt<br />

Telefon 04671/2081, Fax 04671/1333<br />

Verlag: Verein Nordfriesisches Institut e. V.,<br />

25821 Bredstedt,<br />

Druck: Druck-Center Uwe Mussack,<br />

25899 Niebüll, Hauptstr. 97<br />

Satz, Vertrieb und Anzeigeninkasso:<br />

Breklumer Print-Service<br />

Herbert Paulsen und Ralf Siegel GbR,<br />

Husumer Straße 44, 25821 Breklum,<br />

Telefon 04671-91000, Telefax 04671-910030<br />

Konto: Nord-Ostsee Sparkasse Nr. 0121227763<br />

(BLZ 217 500 00)<br />

Anzeigenpreisliste 1993<br />

Abobestellungen an: <strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong>, Süderstr. 30,<br />

25821 Bredstedt. Einzelpreis € 1,60<br />

Abopreis € 9,50 incl. Mwst. für 4 Ausgaben.<br />

Für Mitglieder der IGB ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.<br />

Für unverlangte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernehmen<br />

wir keine Haftung. Beiträge von Mitarbeitern und Lesern<br />

sowie Anzeigeninhalte stellen nicht ausdrücklich die Meinung<br />

der Redaktion oder des Herausgebers dar.<br />

Nachdruck ist bei Quellenangabe, unter Berücksichtigung des<br />

Urheberrechtes und Belegexemplar, erwünscht.


25 Jahre<br />

Interessengemeinschaft<br />

Baupflege Nordfriesland<br />

Wo sind die 25 Jahre geblieben, fragt mancher/manche<br />

beim Ehe- oder Berufsjubiläum.<br />

Man blättert den Kalender in Gedanken zurück,<br />

und es stellt sich ein ganz individueller<br />

Überblick über einen solch langen Zeitraum<br />

ein, der sich in gute, weniger gute oder gar<br />

schlechte Abschnitte gliedern ließe. Und wenn<br />

man will, mag man noch eine Bilanz aus dem<br />

Kaleidoskop ziehen, das sich da aufgetan hat.<br />

Die vergangenen 25 Jahre haben den Beteiligten,<br />

die zum Teil von Anfang an dabei waren,<br />

von der Gründung unserer Bürgerinitiative<br />

zur Erhaltung der überlieferten Baukultur<br />

in Nordfriesland in ganz individueller Sicht<br />

diese Zeit von 1980 bis heute wie einen Film<br />

vor Augen geführt und manches schon fast<br />

vergessene Ereignis in Erinnerung gerufen.<br />

Wie im privaten Leben ging auch in der<br />

IGB nicht alles glatt, gelang manches gut angelegt<br />

geglaubte Vorhaben nicht oder nur mit<br />

großen Abstrichen. Aber die über die Jahre<br />

wachsende Zustimmung zu unserer ehrenamtlichen<br />

Arbeit in der Öffentlichkeit und die<br />

wachsende Mitgliederzahl hat die Aktiven im<br />

Verein immer wieder motiviert, weiterzumachen,<br />

nicht aufzugeben, auch wenn es nicht<br />

immer leicht war.<br />

Sie ahnen es schon, liebe Leserin, lieber Leser,<br />

auch wir wollen eine kurze Reise in die<br />

Vergangenheit unternehmen, die zum Verständnis<br />

der in unserem Wirkungsbereich<br />

sichtbaren, in unserem in Kürze erscheinenden<br />

Buch mit dem Titel „Der First ist immer<br />

oben“ vorgestellten ausgewählten Ergebnisse<br />

unserer Arbeit beitragen kann.<br />

Die Gründung<br />

Im Mai 1979 fand der Friesenkongress<br />

(Treffen der drei Frieslande West-, Ost-, Nordfriesland)<br />

auf Sylt statt mit dem Thema: Bau-<br />

Abb. 1 Der Friesenkongress<br />

auf Sylt hatte Folgen.<br />

kunst;Denkmalpflege. Es gab Vorträge,<br />

z. B. von Dr. Carl<br />

Ingwer Johannsen,<br />

dem gebürtigen<br />

Bordelumer, zum<br />

Thema Bauen und<br />

Bewahren in<br />

Nordfriesland. Eine<br />

Ausstellung der<br />

kürzlich verstorbenen<br />

Künstlerin<br />

Margareta Erichsen<br />

mit ihren eindrucksvollenBildernnordfriesischer<br />

Häuser ergänzte<br />

diesen<br />

Fachvortrag.<br />

Diese Veranstal-<br />

tungen weckten das Interesse und lenkten den<br />

Blick auf die Frage‚was zu tun sei, um die Kulturlandschaften<br />

in den drei Frieslanden für<br />

kommende Generationen zu bewahren. In<br />

Nordfriesland entwickelte sich beim <strong>Nordfriisk</strong><br />

<strong>Instituut</strong>, das den Friesenkongress geplant<br />

und die Thematik<br />

mitbestimmt hatte,<br />

ein Arbeitskreis,<br />

der nach einigenDiskussionsrunden<br />

zum<br />

Ergebnis kam, es<br />

müsse eine Arbeitsgruppegebil-<br />

Abb. 2 Zur der Gründung<br />

der IG Baupflege Nordfriesland<br />

entwarf Rainer Kühnast<br />

das IGB-Logo.<br />

det werden, um<br />

die Kongressergebnisse<br />

mit der<br />

Forderung nach<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

3


Abb. 3 Mit “Bauen und Bewahren” begann die Öffentlichkeitsarbeit. Die Serie lief mehrere Jahre in den<br />

Husumer Nachrichten und fand große Beachtung.<br />

Taten in die Praxis umzusetzen. Dabei erschien<br />

es sinnvoll, sich an den Zielen des Vereins<br />

Tonderner Baupflege von 1908 zu orientieren,<br />

weil diese Ziele durchaus noch gültig zu<br />

sein schienen.<br />

Diese Ziele waren (und sind bis heute):<br />

• Dokumentation der überlieferten Baukultur<br />

4 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

durch Fotos, Bauaufnahmen<br />

• Öffentlichkeitsarbeit durch Tagespresse, Vorträge,<br />

und eigene Veröffentlichungen<br />

• Beratung von Eigentümern und Erwerbern<br />

alter Gebäude zur fachgerechten baulichen Behandlung<br />

ihrer Häuser.<br />

Am 18. März 1980 konstituierte sich die


Abb. 4 Im Herbst 1981 erschien die Erstausgabe<br />

von Der Maueranker mit einer Zeichnung von Jan<br />

Leseberg auf der Titelseite.<br />

Arbeitsgruppe mit dem bis heute gültigen Vereinsnamen<br />

Interessengemeinschaft Baupflege<br />

Nordfriesland als Arbeitsgruppe beim <strong>Nordfriisk</strong><br />

<strong>Instituut</strong> in Bredstedt/Bräist. Ein Vorstand<br />

wurde benannt, und erste Schritte wurden<br />

getan.<br />

Zeitungsserie „Bauen und Bewahren in<br />

Nordfriesland“<br />

Es gelang, die Husumer Nachrichten für die<br />

Unterstützung unseres Anliegens zu gewinnen.<br />

Das geschah mit einer Serie „Bauen und Bewahren<br />

in Nordfriesland“, in der im mehrwöchigen<br />

Abstand ländliche Gebäude vorgestellt,<br />

auf das jeweils Wesentliche hingewiesen wurde<br />

und schließlich Hinweise zum Umgang mit<br />

dem Gebäude bei anstehenden Renovierungen<br />

angefügt wurden. Die Objekte suchte die IGB<br />

aus, die Texte verfasste Carl Ingwer Johannsen.<br />

Diese über einige Jahre angelegte Serie fand<br />

große Beachtung und Zustimmung und führte<br />

der IGB viele Mitglieder zu.<br />

Der Maueranker<br />

Bereits ein Jahr nach der Gründung wurde<br />

die Notwendigkeit einer eigenen Zeitschrift<br />

für die Mitglieder und zur Verteilung an alle<br />

Gemeinden und Schulen des Kreises sowie alle,<br />

die mit Bauen und Bewahren zu tun hatten,<br />

erkannt. Im Herbst 1981 erschien die Erstausgabe<br />

Der Maueranker mit einem Titelbild, einer<br />

Bleistiftzeichnung des Hofes Broderskoog<br />

bei Aventoft von Jan Leseberg, der ebenso wie<br />

Ellen und Axel Bauer kurz nach der Gründung<br />

zur IGB gestoßen war. Das Layout von Rainer<br />

Kühnast ist in seinen Grundzügen bis heute<br />

aktuell geblieben.<br />

In den Anfangsjahren bestand großer Bedarf<br />

an praktischer Hilfe beim Sanieren, die<br />

von neuen Eigentümern alter Häuser begierig<br />

aufgenommen wurde. Und so gerieten die monatlichen<br />

Treffen im Breklumer Kirchspielskrug<br />

Möllgaard zur gefragten Tauschbörse von<br />

Abb. 5 Monatliche Treffen im Breklumer Kirchspielskrug<br />

wurden in den Anfangsjahren gut<br />

besucht ...<br />

Abb. 6 ...und gerne für unentgeltliche individuelle<br />

Beratung genutzt. Foto: Gerd Kühnast<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

5


Abb. 7 Der vom Abbruch bedrohte Haubarg Barnekemoor in Uelvesbüll wurde zu einem Großprojekt mit<br />

dem Ziel des Wiederaufbaues in Eiderstedt.<br />

Ideen und Ratschlägen für die praktische Arbeit<br />

an Häusern.<br />

„Haubarge“<br />

Prof. Dr. Ludwig Fischer, Eigentümer eines<br />

Haubargs in Westerhever, hatte sich in die<br />

Haubarggeschichte und in die Problematik zur<br />

Erhaltung des stark geschrumpften Bestandes<br />

dieser landschaftsprägenden Gebäude hineingearbeitet<br />

und legte 1984 einen Überblick zur<br />

Lage der Eiderstedter Haubarge vor. Diese Arbeit<br />

wurde das erste Fachbuch und die Nr. 1<br />

einer Schriftenreihe der IG Baupflege Nordfriesland,<br />

das immer noch, jetzt in der 5. Auflage,<br />

gefragt ist.<br />

Fischer war es auch, der den Haubarg Hansen<br />

in Barneckemoor gefährdet sah, weil seine<br />

Statik auf Grund starker Sackungen aus dem<br />

Gleichgewicht geraten war. Eine Sanierung<br />

war am Ort nicht möglich, und als von einer<br />

Feuerwehrübung an diesem mächtigen Bau<br />

die Rede war, entwickelte die IGB mit Ludwig<br />

Fischer ein Konzept zur Bergung und für ei-<br />

6 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

nen Wiederaufbau an anderem Ort in Eiderstedt.<br />

Die Bergung erfolgte im Sommer 1983<br />

im Rahmen einer Arbeits-Beschaffungs-Maßnahme,<br />

und erste Wiederaufbaupläne wurden<br />

Abb. 8 1984 erschien „Haubarge” von Ludwig Fischer,<br />

Nr. 1 der Schriftenreihe der IGB. Die Nachfrage<br />

blieb bis heute konstant, in der 5. Auflage.


schon im folgenden Jahr<br />

entwickelt.<br />

1983 begann fast zeitgleich<br />

mit der Haubarg-<br />

Rettung eine Kartierung<br />

der erhaltenswerten Gebäude<br />

in den nordfriesischen<br />

Gemeinden, die sich über<br />

zwei Jahre hinzog und<br />

schließlich 96 der 134 Gemeinden<br />

umfasste. Die Dokumentation<br />

wurde später<br />

u. a. von der Denkmalpflege<br />

zur Erstellung einer<br />

Denkmalkartei herangezogen.<br />

Deutscher Preis<br />

für Denkmalschutz<br />

Im Sommer 1984 erreichte<br />

uns die Nachricht,<br />

dass unsere Arbeit sich bis<br />

nach Bonn herumgesprochen<br />

hatte und dass das<br />

Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz<br />

die Arbeit der IGB mit der ‚Silbernen<br />

Halbkugel‘, dem Deutschen Preis für Denkmalschutz,<br />

zu würdigen beabsichtige. Das kam<br />

unverhofft, und die Reise nach Trier mit einem<br />

feucht-fröhlichen Empfang der Stadt<br />

Trier im Römischen Museum sowie die feierliche<br />

Preisverleihung sind unvergessen.<br />

Abb. 10 Die Silberne Halbkugel<br />

Abb. 9 1984 erhielt die IGB für ihre bis dahin geleistete Arbeit den Deutschen<br />

Preis für Denkmalschutz, die Silberne Halbkugel, zuerkannt, der in<br />

Trier vom Vorsitzenden des Nationalkomitees für Denkmalschutz überreicht<br />

wurde. (Hans Maier, bayr. Kultusminister, Gerd Kühnast, Axel<br />

Bauer, Jan Leseberg, Rainer Kühnast v. r.)<br />

Exkursionen<br />

Im Laufe der ersten Jahre wuchs der<br />

Wunsch, über den nordfriesischen Tellerrand<br />

hinwegzuschauen und bei den Nachbarn zu<br />

erfahren, wie sie es mit der Bewahrung des historischen<br />

Bauerbes hielten. Die Niederlande<br />

waren das erste Ziel, weil zu jener Zeit Denkmalschutz<br />

dort groß geschrieben wurde und<br />

eine großzügige Förderung den pfleglichen<br />

Abb. 11 Die Besichtigungen einer Baustelle ziehen<br />

immer noch viele Besucher an wie hier auf dem Eddinghof<br />

in Mildstedt, einem Stampflehmbau von<br />

1840. Foto: GK<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

7


Abb. 12 Jährliche Exkursionen erweitern den Horizont.<br />

Es gibt immer wieder Begegnungen mit Experten<br />

wie dem Hausforscher Prof. Erich Kulke in<br />

Bussau, 1990. Foto IGB<br />

Umgang mit alten Gebäuden wesentlich erleichterte.<br />

Diese eindrucksvolle Reise durch<br />

Friesland, Nordholland und Drenthe gab uns<br />

neuen Mut, und die Exkursion wurde zum<br />

festen Bestandteil des IGB-Jahres. Bereits wenige<br />

Jahre später, 1988, führte uns eine Reise<br />

in die DDR quer durch Mecklenburg und<br />

Vorpommern, die bei allen Beschwernissen<br />

viele Einsichten vermittelte, vor allem aber in<br />

anhaltende Freundschaften mündete. Unvergessen<br />

sind die Begegnungen mit der Thielk-<br />

Familie in Rostock und Penzin und mit dem<br />

Hausforscher Karl Baumgarten.<br />

Abb. 14 An dem Buch wirkte auch die im Mai verstorbene Husumer<br />

Künstlerin Margareta Erichsen mit. Foto: Inge Gehm<br />

8 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Abb. 13 Die Almdorfer Schmiede konnte nach langem<br />

Stillstand mit IGB-Hilfe wiederbelebt werden.<br />

Nach Ulrich Schmied, der auch Schmiedeseminare<br />

organisierte, führt Arne Prohn den Betrieb seit einigen<br />

Jahren. Die Schmiede wurde auch in dem<br />

Hausforschungsbuch „Vergessene Häuser” bearbeitet.<br />

Foto G.K.<br />

„Vergessene Häuser“<br />

Eine gefährdete Gebäudegruppe sind seit jeher<br />

die Nebengebäude auf dem Lande. Entfällt<br />

ihre Nutzung, so sind sie vom Verfall und vom<br />

gänzlichen Verschwinden bedroht. Diese Erkenntnis<br />

führte zu einem Forschungsprojekt<br />

und zu einer Erfassung und Archivierung<br />

dieser Architektur im ganzen Kreis Nordfriesland<br />

durch die Architektin Erika Eifler und<br />

den Volkskundler Ralf Kessenich in den Jahren<br />

1987-89. Die Husumer<br />

Künstlerin Margareta<br />

Erichsen fügte eine Reihe<br />

ihrer schönen Aquarellbilder<br />

hinzu. Und schließlich<br />

wurden die umfangreichen<br />

Ergebnisse in einem Buch<br />

zusammengefasst, das den<br />

Titel „Vergessene Häuser“ erhielt.<br />

Offene Grenzen<br />

Mit der politischen<br />

Wende im November 1989<br />

konnten in Verbindung mit<br />

den bestehenden Kontakten<br />

in die DDR neue hin-


Abb. 15 Kurz nach der Wende gab es1990 ein erstes<br />

Treffen mit Bauernhausfreunden aus Westmecklenburg<br />

in Kankelau bei Manfred und Sigrid<br />

Schenkenberg, IGB Kr. Hzgt. Lauenburg.<br />

zugewonnen werden, einige private, andere zu<br />

Gruppen, die sich unter dem Dach des Kulturbundes<br />

zusammengetan hatten, um zu retten,<br />

was nur irgend möglich war.<br />

Eine der ersten Begegnungen der schleswigholsteinischen<br />

Gruppen und mit den Mecklenburger<br />

Bauernhaus-Enthusiasten fand im<br />

Rauchhaus von Sigrid und Manfred Schenkenberg,<br />

IGB Lauenburg, in Kankelau statt,<br />

und wenig später trafen wir uns in einem großen<br />

Rauchhaus in Möllin bei Gadebusch, das<br />

bereits öffentlich genutzt wurde, aber ein großes<br />

Loch im Reetdach hatte.<br />

Eine durch die IGBNF angeschobene Spendenaktion<br />

brachte den Betrag<br />

von 5 700 Mark zusammen,<br />

mit denen eine Ladung<br />

Reet nach Möllin gefahren<br />

wurde, um das Dach<br />

wieder dicht zu machen. Eine<br />

Partnerschaft über die<br />

Landesgrenzen begann.<br />

Bedrohte Häuser<br />

Zu Hause beschäftigte<br />

uns die Sanierung des Hauses<br />

Stamp in Seeth, die die<br />

IGB treuhänderisch durchführte,<br />

um aus dem sehr<br />

großen Geesthardenhaus<br />

eine Ausbildungsstätte für<br />

Handwerker in der Denk-<br />

malpflege zu machen. Das Haus wurde im<br />

Frühjahr 1991 „nutzungsneutral“ fertig gestellt<br />

und an die Gemeinde Seeth übergeben.<br />

Unsere Kampagnen aus jenen Jahren zur<br />

Rettung bedrohter Gebäude können hier nur<br />

als kurz gefasste Auswahl benannt werden:<br />

Packhaus in Friedrichstadt, Almdorfer<br />

Schmiede, Zollhaus in Bredstedt, Bahnhof in<br />

Bredstedt, Tabakfabrik Bredstedt, Bahnhof<br />

Husum, Beselerhaus Husum, Packhaus Tönning,<br />

Altes Hospital Tönning, Bahnhof St. Peter-Ording,<br />

Arlau-Schöpfwerk, Kirchspielskrug<br />

Poppenbüll, alte Schmiede Westlangenhorn,<br />

Baracken in Husum-Rödemis, Geesthardenhaus<br />

Hansen Wobbenbüll, Haus Nr.<br />

16, Hauptstraße Niebüll, Jugendstilhaus in<br />

Harblek, Gasthof Clausen in Hattstedt, das<br />

Almdorfer Backhaus. … Nicht alle konnten<br />

gerettet werden.<br />

Auf Sylt machte die IGB-Gruppe um Traute<br />

Meyer, Christoph Freier und Edda Raspé<br />

öffentlich Druck, wenn bedeutende Gebäude<br />

Objekte begieriger Spekulanten zu werden<br />

drohten. Es gelang dort neben zahlreichen anderen<br />

das schon ruinöse Hotel Munkmarsch,<br />

die Keitumer Turnhalle unter Reet von 1924<br />

in zähen und aufreibenden Aktionen und Verhandlungen<br />

vor dem Opfertod auf dem Altar<br />

der Baulöwen zu bewahren. An dieser Stelle sei<br />

allen Ungenannten, die ihren Beitrag zu den<br />

Erfolgen leisteten, gedankt.<br />

Abb. 16 Die IGB forderte die Stadt Bredstedt auf, das Hausmeisterhaus,<br />

ehemals Zollstelle, zu erhalten. Es wurde Altenbegegnungsstätte und später<br />

an Private verkauft. Foto: GK<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

9


Abb. 17 Auch die Tabakfabrik Preisler stand auf der Abbruchliste zugunsten<br />

eines Supermarktes. Mit anderen Initiativen konnte das Ensemble<br />

vor dem Abbruch bewahrt werden. Heute wird es von Gewerbe,<br />

Behörden und zum Wohnen genutzt. Foto: GK<br />

Stiefkind Hausforschung<br />

Bei allen Bemühungen um die Rettung bedrohter<br />

Häuser ist sie zu kurz gekommen: die<br />

10 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Hausforschung. Nur in wenigen<br />

Fällen waren Zeit,<br />

Kraft und Geld übrig, gezielt<br />

Beiträge zur Erforschung<br />

der nordfriesischen<br />

Bauernhausformen zu leisten.<br />

Dabei wird immer<br />

deutlicher, dass seit den<br />

frühen verdienstvollen Forschungen<br />

durch Meiborg,<br />

Lehmann, Wolf und später<br />

durch Saeftel, Lühning und<br />

Bedal nur wenig systematische<br />

Forschung betrieben<br />

wurde und gerade Haubarge<br />

und Geesthardenhäuser<br />

noch immer voller Rätsel<br />

sind. Man kann geradezu<br />

von einem Forschungs-Stau<br />

sprechen.<br />

Das Interesse an der gelegentlich<br />

trockenen Materie<br />

ist in jüngster Zeit gewachsen. Anstöße aus<br />

der dänischen Nachbarschaft machen Hoffnung<br />

auf eine über die Landesgrenze reichende<br />

Abb. 18 Zu den geretteten Sylter Häusern durch die Sylter IGB-Mitglieder gehört das Hotel Munkmarsch.<br />

Foto: Christoph Freier


Abb. 19 Altersbestimmung durch Dendrochronologie<br />

ist in der Hausforschung unentbehrlich. Bert Ex<br />

nimmt einen Bohrkern aus dem Ständer eines Haubargs.<br />

Foto: GK<br />

gemeinsame Arbeit an den im ehemaligen<br />

Herzogtum Schleswig vorhandenen Haustypen.<br />

Der erweiterte Vereinsname Nordfriesland<br />

& Dithmarschen weist auf eine vor kurzem<br />

eingegangene Partnerschaft mit dem Verein<br />

für Dithmarscher Landeskunde in punkto<br />

Bau- und Denkmalpflege. Diese wiederum<br />

wurde angebahnt durch Bert Ex, unseren stellvertretenden<br />

Vorsitzenden der IGB und Eigentümer<br />

des ehemaligen Dithmer-Hofes in<br />

Fedderingen.<br />

Was die Zukunft bringt, ist natürlich offen.<br />

Die Landesregierung arbeitet an einer Novelle<br />

des Denkmalschutzgesetzes, die sicher starke<br />

Veränderungen bringen wird.<br />

Unser Verein braucht junge Leute, die als<br />

Mitglieder und im Vorstand die Idee weitertragen:<br />

Erhaltung der Identität stiftenden Kulturlandschaft<br />

mit den Schwerpunkten Nordfriesland,<br />

Dithmarschen und Angeln.<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Gerd Kühnast<br />

Abb. 20 Der Dithmerhof in Fedderingen, dessen Ursprung in das späte 15. Jahrhundert zurückreicht,<br />

wurde von Grund auf saniert und erhielt wieder ein Reetdach. Foto: GK<br />

11


100 Jahre Cecilienkoog 1905–2005<br />

Die Hofgebäude des Kooges<br />

unter niederländischem<br />

und ostfriesischem Einfluss<br />

Heiner Ehlers<br />

Die ersten Siedler des Cecilienkooges kamen<br />

überwiegend aus Süderdithmarschen.<br />

Der dort 1899 eingedeichte Kaiserin-Auguste-<br />

Victoria-Koog hatte sich für Ackerbau als äußerst<br />

geeignet gezeigt. Ähnlich gute Verhältnisse<br />

waren im Cecilienkoog zu erwarten. So<br />

planten die Neusiedler, auch hier zu pflügen,<br />

während in den Nachbarkögen überwiegend<br />

gegräst wurde.<br />

Es wurde also nicht Platz für Vieh, sondern<br />

Stauraum für das einzufahrende Erntegut<br />

benötigt. Was lag nun näher, als den Gebäudetyp<br />

der Ackerbauern aus Süderdithmarschen<br />

in Nordfriesland nachzubauen?<br />

Wie in den Marner Kögen üblich, erhielten<br />

12 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

die meisten Scheunen im Cecilienkoog eine<br />

seitliche Längsdurchfahrt mit daneben liegendem<br />

ebenerdigem Stauraum – den Vierkanten.<br />

Für Nordfriesland bedeutete diese<br />

Raumaufteilung eher eine Seltenheit, z. B.<br />

in wenigen Haubargscheunen. Querdurchfahrt<br />

und Stauraum über den Ställen waren<br />

das Übliche.<br />

Aber auch in Dithmarschen waren Scheunen<br />

mit seitlicher Längsdurchfahrt und ebenerdigem<br />

Stauraum im „Gulf“ nicht der ursprüngliche<br />

Bautyp. Dort war ursprünglich<br />

das niederdeutsche Hallenhaus mit einer<br />

Längsdiele in der Mitte zu Hause. Verfolgen<br />

wir einmal den Siegeszug der Gulfhäuser.<br />

Abb. 1 Plaats-Gebäude bei Engerhafe in Ostfriesland. Die ältere Hausanlage des ostfriesischen Hofes<br />

(Plaats) zeigt zwei Bauteile: Wohnhaus und Gulfscheune. Bei dieser tragen zwei Reihen hoher Ständer das<br />

Dach. Das Gulfhaus mit großem Erntebergungsraum in den durch zwei Ständerpaare begrenzten Gulfen<br />

entstand, als der Kornbau in den Marschen im 16. Jahrhundert starken Auftrieb erfuhr.


Niederlande<br />

In den Niederlanden war<br />

die übliche Bauweise in den<br />

Marschen seit dem ausgehenden<br />

Mittelalter die<br />

Gulfkonstruktion, bei der<br />

zwei Reihen hoher Ständer,<br />

mit Ankerbalken verbunden<br />

und vom aufliegenden<br />

Rähm in Längsrichtung<br />

zusammengehalten, die<br />

Hauptlast des Daches tragen.<br />

So führten die Niederländer<br />

etwa zeitgleich um<br />

1600 in Ostfriesland das<br />

Gulfhaus, in der Wilstermarsch<br />

das Barghus und in<br />

Eiderstedt den Haubarg<br />

ein, die beiden letzteren<br />

Haustypen erhielten allerdings<br />

nicht immer die seitliche<br />

Längsdurchfahrt.<br />

Ostfriesland und<br />

Kronprinzenkoog<br />

Der 1787 eingedeichte<br />

Kronprinzenkoog in Süderdithmarschen<br />

wurde großenteils<br />

von Ostfriesen besiedelt.<br />

Sie ließen ihre<br />

Bauernhäuser durch mitgebrachteBauhandwerker<br />

errichten: Gulfhäuser<br />

mit Seitenlängsdurchfahrt<br />

(s. Abb. S. 105). Friedrich<br />

Saeftel schreibt dazu in<br />

dem Buch „200 Jahre Kronprinzenkoog“:<br />

„Das stattliche<br />

Achterhus liegt im<br />

Westen und ist breiter als das schmälere Vörhus.<br />

… Rein [ost]friesisch ist der Wirtschaftsteil<br />

dieser Häuser: Mitten im Haus liegen [die]<br />

Vierkante, in denen [die eingefahrenen Getreidegarben],<br />

Heu und Stroh, […] vom Erdboden<br />

an bis fast unter den Dachfirst hochgestapelt<br />

werden. Um die Vierkante herum liegt an<br />

der einen Längsseite, und zwar im Kronprinzenkoog<br />

immer im Süden, die Boos (Rindviehstall).<br />

An der anderen Längsseite der Vier-<br />

Abb. 2 Ostfriesenhof im Kronprinzenkoog, im Hintergrund eine zweite<br />

Gulfscheune<br />

Abb. 3 Grundriss eines Ostfriesenhofes im Kronprinzenkoog<br />

kante liegt die Loh, die mithin eine Seitenlängsdiele<br />

darstellt. An der Schmalseite liegt<br />

die Querboos, in der die Pferde untergebracht<br />

sind. Ausgesprochen ostfriesisch ist am Haus:<br />

Die Loh erhält durch das Einrücken des<br />

Wohnhauses noch eine Ausfahrt zum Vörhus<br />

hin. Ihre Einfahrt ist gegen den Westgiebel des<br />

Hauses eingerückt, um eine größere Einfahrtshöhe<br />

zu erreichen.“<br />

Wie schon bei den alten ostfriesischen<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

13


Abb. 4 Hof Meyer im Kronprinzenkoog, Baujahr 1853<br />

Platzgebäuden wurden später auch im Kronprinzenkoog<br />

die Wohnhäuser separat neben<br />

die Gulfscheunen gebaut. Die beiden Gebäudetypen<br />

(Gulfhaus mit integriertem Wohnhaus;<br />

Gulfhaus mit separatem Wohnhaus)<br />

setzten sich auch in den später eingedeichten<br />

Kögen Süderdithmarschens durch (1854<br />

Friedrichskoog, 1873 Kaiser-Wilhelm-Koog).<br />

Eine Änderung im Erscheinungsbild erfuhren<br />

die Hofgebäude mit dem traditionellen<br />

ostfriesischen Grundriss seit Ende des<br />

14 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

19. Jahrhunderts durch die Drempelbauweise:<br />

Die Seitenwände wurden höher, die Dächer<br />

flacher geneigt. Sie wurden mit Dachpappe<br />

oder Wellblech eingedeckt. Als „Bahnhofsarchitektur“<br />

bald verpönt, erwiesen sich diese<br />

Wirtschaftsgebäude jedoch als zweckmäßig.<br />

Cecilienkoog als Meilenstein<br />

1906 waren die Gulfhäuser mit Seitenlängsdurchfahrt<br />

auf ihrer Reise entlang der südlichen<br />

Nordsee von den Niederlanden über<br />

Abb. 5 Grundriss und Hofgebäude Boy-Ketel und Dag Brodersen vor der Erweiterung


Ostfriesland und Süderdithmarschen<br />

in Nordfriesland<br />

endgültig angekommen<br />

und sollten sich hier<br />

weiter durchsetzen. Fast alle<br />

Wirtschaftsgebäude im<br />

Cecilienkoog wurden im<br />

neu eingedeichten Cecilienkoog<br />

als Gulfhäuser mit<br />

Seitenlängsdurchfahrt wie<br />

die in Dithmarschen von<br />

den ostfriesischen Siedlern<br />

erbauten Höfe errichtet.<br />

Frappierend ist die Ähnlichkeit<br />

des Grundrisses aus<br />

dem Kronprinzenkoog mit<br />

dem Grundriss des Hofes<br />

von Boy-Ketel und Dag<br />

Brodersen. Wie in Süderdithmarschen,<br />

so finden<br />

wir im Cecilienkoog neben<br />

den Gulfhäusern mit integriertem<br />

Wohnteil auch<br />

Gulfhäuser mit separatem<br />

Wohnhaus, jeweils mit seitlicher<br />

Längsdurchfahrt.<br />

Der Vorteil dieser Durchfahrt<br />

besteht darin, dass der<br />

Erntewagen voll beladen in<br />

die Scheune hineinfahren<br />

und ohne zu wenden leer<br />

wieder herausgezogen werden<br />

kann.<br />

Während die äußerlich<br />

durchaus ansprechenden<br />

Gebäude der in den 1930er Jahren eingedeichten<br />

Köge (z. B. Norderheverkoog und Finkhaushalligkoog)<br />

Lohdielen quer zur Längsseite<br />

wie beim Geesthardenhaus aufwiesen, wurde<br />

das Prinzip der Seitenlängsdielen im 1954 eingedeichten<br />

Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog<br />

wieder aufgegriffen, weil dort Getreidebau als<br />

Schwerpunkt der Landwirtschaft vorgesehen<br />

war.<br />

Über die Vorbereitung der Eindeichung<br />

gibt es im Kreisarchiv Husum einige Unterlagen,<br />

z. B. zum Bauantrag für eine Baracke für<br />

Deicharbeiter auf dem Vorland, das einge-<br />

Abb. 6 und 7 Grundriss und Hofgebäude Johann Hinrich Geerkens<br />

deicht werden sollte. Diese wurde bei einer<br />

Sturmflut zerstört, bevor der Deich geschlossen<br />

werden konnte.<br />

Nachtrag<br />

Der Name des Kooges geht zurück auf die<br />

Prinzessin Cecilie Auguste Marie Herzogin zu<br />

Mecklenburg-Schwerin, die am 6. Juni 1905<br />

mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm August<br />

Ernst von Preußen vermählt wurde. Mit<br />

der Namensgebung der bis dato ziemlich unbekannten<br />

Herzogin folgten die verantwortlichen<br />

der alten Sitte, neue Köge mit einem<br />

Namen aus der Landesherrschaft zu betiteln.<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

15


Abb. 8 Hof Karl Heinrich und Thorsten Ehlers<br />

„Es gibt keinerlei Hinweise, dass Ihre Kaiserliche<br />

Hoheit sich jemals das Stück Land angesehen<br />

hat, das ihren Namen trägt. In ihren<br />

Memoiren findet sich keine Anmerkung dazu“,<br />

hat der Chronist herausgefunden.<br />

Über ihr Brautkleid, das u.a.in einer Flensburger<br />

Zeitung abgebildet wurde, gab es einigen<br />

Unmut, weil sie es in den Salons von Paquin<br />

in der Rue de la Paix in Paris schneidern<br />

ließ, gewissermaßen in der Hauptstadt des<br />

Erbfeindes. Dort „drängte sich jeden Nachmittag<br />

das ganze elegante Paris, um die Toiletten<br />

der Kronprinzessin Cecilie zu bewundern….<br />

Die Brauttoilette ist von einfachster<br />

Machart und zeichnet sich durch die Kostbarkeit<br />

der verwendeten Stoffe aus. Der schimmernde<br />

Atlas der gewaltigen Courschleppe<br />

trägt Kränze aus gestickten Orangenblüten<br />

und Blättern, dir durch Schleifen zusammengehalten<br />

werden…“<br />

Deutsche Patrioten fanden, die Bestellung<br />

in Paris sei unangebracht. Andere meinten,<br />

das Haus Hohenzollern werde damit wahrscheinlich<br />

mehr Sympathien in Frankreich erwerben,<br />

„als mit einem flüchtigen Kompliment<br />

an den Pariser Geschmack“.<br />

16 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Nach der Hochzeit wurde das Brautkleid im<br />

Kunstsalon von Keller und Reiner in Berlin öffentlich<br />

ausgestellt.<br />

An den Boulevard-Themen hat sich in den<br />

letzten 100 Jahren offenbar nichts geändert.<br />

Mit der Zeitung, die hier zitiert wird, war<br />

die Pappe eines gerahmten alten Fotos von einem<br />

Angelner Wandständerhaus kaschiert, das<br />

in Bredstedt auf dem Flohmarkt auftauchte.<br />

GK


Mitten in Niebüll…<br />

…steht dieses utlandfriesische Haus unter Reet<br />

und sucht neue Eigentümer.<br />

Um 1800 erbaut, ist es in weiten Teilen innen<br />

und außen unverändert. Es enthält sehr schö-<br />

Abb. 1 Die Westseite hat noch die alten Fenster, z. T. mit<br />

Fensterläden und sinnreichen Beschlägen.<br />

Maße ca. 8,5 x 19 m<br />

Grundstück: 550 m2 Kaufpreis auf Anfrage<br />

Telefon: 0 46 61/37 24<br />

Die IGB bietet Beratung an.<br />

Abb. 3 An den Fenstern sind Läden<br />

mit den ursprünglichen Beschlägen,<br />

die das Öffnen von innen ermöglichen.<br />

Fotos: GK<br />

ne ursprüngliche Türen und andere historische<br />

Details. Der nach Süden weisende, verkürzte<br />

Stall kann ausgebaut werden. Auch im<br />

Dachraum gibt es Ausbaumöglichkeiten. Im<br />

Innern ist eine Grundsanierung nötig.<br />

Abb. 2 Die ehemalige Stalltür ist geteilt,<br />

eine „Klöntür“<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

17


St. Peter-Ording –<br />

Denkmalschutz<br />

für drei besondere Häuser<br />

Claus Heitmann<br />

Drei Bauten aus der Vorkriegszeit fallen in<br />

St. Peter-Ording auf: „Klaar Kimming“ Am<br />

Deich; erbaut vom ersten Kurdirektor<br />

v. Plänckner 1924. (Der Name wurde dem<br />

Haus von Frau Ilse Franz, geb. Peters gegeben.)<br />

Haus Schragen, erbaut von Frl. Schragen<br />

und Haus Wiking, erbaut vom Apotheker<br />

Claußen 1926. Die drei Gebäude sind unter<br />

der Leitung des Architekten Heinrich Esselmann<br />

aus Hamburg errichtet worden.<br />

Heinrich Esselmann († 1942) war Hamburger<br />

und hatte Verbindung zu St. Peter über die<br />

Familie Mannhardt. Er heiratete die Tochter<br />

des Besitzers von „Marienhöh“ (Im Bad).<br />

Abb. 1 Haus Schragen<br />

18 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Nach einem Studium an der Technischen<br />

Hochschule in Berlin Charlottenburg ging er<br />

zu Prof. Franke, aber schon bald machte er<br />

sich selbständig mit seinem Compagnon<br />

Gerntke. Beide „vertraten einen eigenwilligen<br />

expressionistischen Stil und schufen bedeutende<br />

Bauten in dieser kurzlebigen Stilrichtung“ 1 ,<br />

z. B. gaben sie der Schilleroper in Hamburg<br />

1932 ein neues Gesicht. Stilistisch fühlte Esselmann<br />

sich verwandt mit den Architekten<br />

Fritz Höger (Erbauer des Chilehauses in Hamburg<br />

und des „Café verrückt“ in Worpswede)<br />

und dem Bildhauer und Architekten Bernhard<br />

Hoetger, dem Miterbauer der Böttcherstraße


Abb. 2 Haus Wiking<br />

in Bremen.<br />

Mit dem Architekten Schwendy, dem Erbauer<br />

des Ordinger Bahnhofes, hatte er in Berlin<br />

die gleiche Ausbildung erfahren. Diese<br />

Ausbildung stand unter<br />

dem Titel der „Neuen<br />

Sachlichkeit“ und zeigt den<br />

Einfluss der „Bauhaus-Bewegung“.<br />

Grundzüge seiner Bauten:<br />

ungewöhnliche Formen,<br />

Einheit von Innen<br />

und Außen, gelungene Formen<br />

und gute Aufteilung<br />

im Inneren, wenn auch eigenwillig<br />

und aus dem<br />

Rahmen des Gewöhnlichen<br />

herausfallend.<br />

Eine zweite Quelle seines<br />

Baustils war eine neue Heimatverbundenheit<br />

durch<br />

einzelne architektonische<br />

Abb. 3 Haus Klar Kimming<br />

Elemente. So wurde der Mauerschmuck<br />

durch die Ziegelsteine wieder<br />

entdeckt. Hier spürt man den Einfluss<br />

des Tonderaner Landrates Friedrich<br />

Rogge, der 1908 den Verein „Heimatschutz<br />

und Baupflege“ gegründet hatte.<br />

Dieser betonte vor allem die Verwendung<br />

von heimischem Material, so<br />

z. B. die Verwendung des Ziegelsteins<br />

und den Gebrauch eines weichen Daches,<br />

wie es hier üblich war. Die Höhe<br />

des Daches der drei Häuser ist vielleicht<br />

eine Verneigung vor der Dachgröße<br />

des Eiderstedter Haubarges.<br />

Haus „Klar Kimming“ ist eingetragenes<br />

Baudenkmal. Für die anderen<br />

beiden Häuser wurde die Eintragung<br />

in das Denkmalbuch beantragt. Die<br />

Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.<br />

Übrigens hat die Vorliebe für Ziegelschmuck<br />

noch eine Rolle gespielt,<br />

als Esselmann 1940 in Hamburg einen<br />

Auftrag zum Bau von Luftschutzbunkern<br />

bekam, deren Fassaden er dem<br />

Backsteinbau Hamburgs durch Ziegelornamente<br />

annähern wollte. Verwirklicht wurden<br />

diese Details nicht mehr, weil man in<br />

Hamburg bald andere Sorgen hatte und Esselmann<br />

1942 starb.<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

19


Hausforschung zwischen<br />

„alter“ Gefügeforschung und<br />

„neuer“ Volkskunde<br />

Wolfgang Dörfler<br />

Die völkische Prämisse<br />

in der Hausforschung<br />

Am Beginn der Hausforschung stand der<br />

Versuch zur Zusammenfassung und Theoriebildung<br />

auf sehr schmaler Quellenbasis und<br />

unter völkischer Prämisse. Die ersten Hausforscher<br />

sahen es als ihre Aufgabe an, die rezenten<br />

Häuser „Volksstämmen“ zuzuweisen und die<br />

Tradierung dieser Baumerkmale aus vormittelalterlichen<br />

Zeiten zu „beweisen“. Diesem Herangehen<br />

kann heute Unfruchtbarkeit attestiert<br />

Abb. 1 Knaggengestützter Rähmvorstoß, knapper<br />

Balkenüberstand, ausgreifende Balkenkopfbänder,<br />

Innenneigung der Höftständer (Freilandmuseum<br />

Speckenbüttel, 1629 i.)<br />

20 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

werden. Die linientreuen nationalsozialistischen<br />

Geschichtsverdreher hatten diese Thesen<br />

aufgenommen und die Kriege Karls des<br />

Großen erneut angezettelt; aber jetzt siegten<br />

die Sachsen, deren „Niedersachsenhaus“ als allen<br />

anderen überlegen dargestellt wurde. Zitat<br />

Reichsbauernführer Darrè: „Unter den deutschen<br />

Bauernhäusern, die nach Landschaft<br />

und Stammesart verschieden sein müssen,<br />

steht das Niedersachsenhaus an bevorzugter<br />

Stelle. Es ist älter als die Dome und Burgen<br />

und stellt höchstes Kulturgut dar.“<br />

Es gab aber auch Männer in jener Zeit, denen<br />

die Befunde wichtiger waren als die ideologisch<br />

infizierte Theorie; sie verwarfen die<br />

Haus-Volk-Analogien schon, als das noch persönlichen<br />

Mut erforderte. Es waren die Begründer<br />

der Gefügeforschung, die eine wissenschaftliche<br />

Methodik entwickelten und von<br />

der bloßen Assoziation und den ideologischen<br />

Vorgaben Abstand hielten, namentlich Ernst<br />

Grohne in Bremen (Grohne 1941, 136 und<br />

143), Gerhard Eitzen in Lüneburg (Eitzen<br />

1939, 202) und Joseph Schepers in Münster<br />

(Kaspar 1989a, 469). Besonders Gerhard Eitzens<br />

Ausstrahlung ist bis heute ungebrochen<br />

(zur Lektüre empfohlen z. B. Eitzen 1950,<br />

1954, 1956 oder 1969) oder, wie Volker<br />

Gläntzer es kürzlich ausdrückte, „seine nüchternen<br />

Interpretationen wirken weiter anregend“<br />

(Gläntzer 2002, 34).<br />

Gefügeforschung<br />

– die wissenschaftliche Methode<br />

Die Gefügeforschung ist also die älteste wissenschaftliche<br />

Methode innerhalb der Hausforschung,<br />

die übrigens in den Anfängen immer<br />

die ländlichen Gebäude zum Objekt ge-


Abb. 2 Neben örtlich gewachsenen Eichen wurde relativ früh auch importiertes (geflößtes) Nadelholz verwendet,<br />

hier als Rähm. Pfeil: Einbohrungen am Ständerkopf als Aufrichthilfe. (Lintig 1806)<br />

wählt hatte (Bedal 1978, 10). Sie benutzt die<br />

bearbeiteten Hölzer als Untersuchungsmaterial<br />

und basiert auf dem diesem Material innewohnenden<br />

historischen Quellenwert. Der<br />

Gefügeforscher registriert die Bearbeitungsspuren<br />

der Hölzer, die aus dem Werkstoff herausgearbeiteten<br />

Verbindungsformen und betrachtet<br />

die Holzart und deren Stärke unter<br />

Berücksichtigung der Funktionen einzelner<br />

Bauteile innerhalb des Verbandes, um Erkenntnisse<br />

über Bauabfolge, Statik und Nutzung<br />

der Bauten zu gewinnen. Das verbaute<br />

Holz lässt weiter auf sein Ausgangsmaterial,<br />

die Bäume, ihr Alter zum Zeitpunkt der Fällung<br />

und ihren ursprünglichen Wuchsort, also<br />

die Waldbewirtschaftung und die Wege der<br />

Bauholzbeschaffung, rückschließen. Aus der<br />

Addition der Hölzer entsteht das Gefüge, das<br />

zu den verschiedenen Zeiten und Zwecken natürlich<br />

zu unterschiedlichen Lösungen geführt<br />

hat. Diese zeitlichen Unterschiede herauszuarbeiten,<br />

ist die erste selbst gestellte Aufgabe der<br />

Gefügeforschung gewesen. Eine Verzimmerung<br />

kann aber für den gleichen Zweck und in<br />

der gleichen Zeit an verschiedenen Orten ganz<br />

anders ausgefallen sein und fordert dann eben-<br />

falls zu Erklärungsmodellen heraus.<br />

Die Einzelbefunde wurden zu Entwicklungsreihen<br />

verknüpft und so ein Rückschluss<br />

auf vermutbare Vorläuferformen unternommen.<br />

Ideologiekritik – Spott – Nichtzurkenntnisnahme<br />

Obwohl schon die frühen Gefügeforscher<br />

nicht bei der Beschreibung der Befunde stehen<br />

geblieben waren, sondern nach den vermutoder<br />

beweisbaren Gründen für die vorgefundenen<br />

Erscheinungen gefragt hatten, ist auch<br />

diese Methode in Verruf gekommen. Nach<br />

dem oft zitierten „Paradigmenwechsel“ haben<br />

sich die Volkskundler als Lieblingsobjekt für<br />

ihren Spott – bzw. ihre Ignoranz – die Sachkunde<br />

im Allgemeinen und die gefügekundliche<br />

Hausforschung im Besonderen gewählt.<br />

Die Gründe dafür liegen sicher ebenso in der<br />

vermeintlichen ideologischen Infizierung der<br />

Hausforschung als Ganzer wie in dem Umschwung<br />

weg von den Sachen hin zu den<br />

Menschen. Joachim Hähnel hat als Erster auf<br />

die Entfremdung zwischen gefügekundlicher<br />

Hausforschung und neuer Volkskunde rea-<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

21


giert, indem er den alten Begriff der Gefügeforschung<br />

mit einer Auffächerung in Erforschung<br />

von Baugefüge, Raumgefüge und<br />

Funktionsgefüge fortzuentwickeln vorschlug<br />

(Hähnel 1969, 53f). Baugefüge und Raumgefüge,<br />

also die Fragen nach der Arbeitsweise der<br />

Zimmerleute und dem dreidimensionalen<br />

Raum eines Gebäudes, waren selbstverständlicher<br />

Teil der Gefügeforschung; das „Funktionsgefüge“<br />

steht für das Fragenbündel: Was<br />

ist wo im Haus und wie im zeitlichen Wandel<br />

gemacht worden? Bezüglich des Bau- und<br />

Raumgefüges blieb das Herangehen der Quelle,<br />

dem Haus und seinen Befunden also, verhaftet.<br />

Auch die Frage nach der Funktion war<br />

nicht neu, aber oft nicht bearbeitet bzw. beantwortet<br />

worden, weil sie sich bei vielfach veränderten<br />

Gebäuden nur gelegentlich aus der<br />

Untersuchung des Gebäudes selbst erschließen<br />

ließ. Hähnels Vorschläge stellten mehr eine<br />

Klärung der Begrifflichkeit als eine Neuerung<br />

dar; sie haben langfristig wenig anregend gewirkt,<br />

vielleicht auch, weil sie überaus umständlich<br />

erläutert waren.<br />

Von Konrad Bedal stammt der Vorschlag,<br />

das Wort „Gefüge“ durch das Wort „Struktur“<br />

22 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

zu ersetzen und um eine vierte Kategorie, die<br />

„Sozialstruktur“, zu ergänzen (Bedal 1976,<br />

161f). Das war klarer, weil es den soziologischanthropologischen<br />

Hintergrund solcher Betrachtungsweisen<br />

und damit den Unterschied<br />

zur klassisch-sachkundlichen Herangehensweise<br />

deutlicher zeigt. Seine Untersuchungsweise<br />

bzw. seine abstrahierenden Vorstellungen<br />

davon waren zudem einleuchtend formuliert.<br />

Wenn man aber die zahlreichen von ihm<br />

selbst vorgenommenen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

der verschiedenen Ebenen und damit<br />

die methodischen Einschränkungen gegen eine<br />

konsequente Anwendung dieses Vorgehens<br />

liest, wird man die Strukturanalyse nicht für<br />

ein regelhaft anwendbares oder grundsätzlich<br />

zu forderndes Vorgehen halten können. Zudem<br />

ist Konrad Bedal selbst in seinem bewundernswerten<br />

wissenschaftlichen Werk als<br />

Hausforscher, Museumsmann und Hochschullehrer<br />

dem sachkundlichen Herangehen<br />

weitgehend verpflichtet geblieben.<br />

In der Nachfolge von Konrad Bedal wetteiferte<br />

die nächste Generation von Hausforschern<br />

um die Erweiterung der Kategorien.<br />

Ich möchte hier nur drei Vorschläge dazu zitie-<br />

Abb. 3 Ein Zeichen „rationellen Bauens“ bei dem notorischen Bauholzmangel der küstennahen Region stellen<br />

die nicht seltenen Gabelständer dar. (Köhlen um 1800)


en. Von Nina Henning stammt der Vorschlag,<br />

als fünfte Kategorie „das Erkennen von<br />

emotionalen Bedürfnissen“ in den Fragenkatalog<br />

aufzunehmen und so etwa die Nachbarschaft<br />

in einer Straße als wesentliches Moment<br />

des Wohnens und Lebens in den Blick zu nehmen<br />

(Hagen 1997, 47f). So verstanden, sollte<br />

sich „die Hausforschung auch der Beziehung<br />

der Bewohner zu ihren Häusern, Nachbarn<br />

und Straßen widmen“ (Mannheims 1998,<br />

166). Auch Elisabeth Katschnig-Fasch hatte<br />

als Erweiterung der Bedal’schen Kategorien<br />

ein Eingehen auf die „gesellschaftliche Ebene“<br />

gefordert (Katsching-Fasch 1984, 166). „In erster<br />

Linie wird Wohnkultur durch die Summe<br />

von geprägten und prägenden Faktoren bestimmt,<br />

in denen sich der einzelne als Mitglied<br />

einer Gruppe erkennt.“ Fred Kaspar schließlich<br />

fand in der städtischen Hausforschung die<br />

Betrachtung der „Hausstätte“ als die notwendige<br />

Erweiterung der Untersuchungsebenen<br />

(Kaspar 2004, 73f). Er versteht darunter die<br />

Summe der zu einer städtischen Besitzeinheit<br />

gehörigen Gebäude, Außenscheunen (in<br />

Scheunenvierteln), Gärten, Kirchhofspeichern<br />

etc. Sein Blick richtet sich dabei vor allem auf<br />

die Parzellenstruktur der mittelalterlichen<br />

Gründungsstädte und ihre Entwicklung im<br />

Verlauf der Stadtgeschichte. Zumindest in einer<br />

Hinsicht – nämlich in Hinsicht auf ihre<br />

Erweiterung – hat die Kategorienbildung anregend<br />

gewirkt. Ob dagegen Fred Kaspars Bemerkung<br />

„Dieses Betrachtungsmodell (…)<br />

galt schnell als allgemein verbindlich und wird<br />

bis heute so gut wie bei jeder Arbeit, die sich<br />

der ,historischen Hausforschung‘ verpflichtet<br />

fühlt, fast gebetsmühlenartig jeder methodischen<br />

Einleitung vorangestellt“ nur die Begeisterung<br />

des Autors ausdrücken oder eine Kritik<br />

an den nur gebetsmühlenartig vorgehenden<br />

Kollegen beinhalten soll, ist nicht ganz<br />

durchsichtig. Ich persönlich teile die Begeisterung<br />

nicht, auch nicht die Beobachtung des<br />

ständigen Rekurses auf die Methode und nicht<br />

die Kritik. Für mich sind diese Kategorisierung<br />

und die herbeigewünschte Anwendung<br />

der Methodik kein notwendiger Bestandteil<br />

guter Hausforschung.<br />

Abb. 4 Weniger augenfällig sind die astig aufgelösten<br />

Balkenenden oder gabelige Sparren (Reste<br />

eines Hauses aus Wuhlsbüttel). Handelt es sich<br />

nicht doch um archaisches bzw. relikthaftes Bauen<br />

in einer rückständigen Region?<br />

Die Isolierung der Hausforschung<br />

Die Volkskundler, Sozial- und Geschichtswissenschaftler<br />

haben sich von den Bemühungen<br />

der Hausforscher um eine Annäherung<br />

ohnehin wenig beeindrucken lassen. War es in<br />

der älteren Generation noch selbstverständlich<br />

gewesen, dass die Hausforschung zum Kanon<br />

der volkskundlichen Themen zählt, so dass<br />

sich die Herausgeber der Handbücher auch<br />

um ihre Darstellung zu bemühen hatten, so<br />

begnügen sich moderne Handbücher mit Verweisen<br />

auf Bedals Standardwerk (z. B. Silke<br />

Göttsch 2001, 11) und gehen jeder inhaltlichen<br />

Darstellung der Methoden und Ergebnisse<br />

dieser Forschungsdisziplin aus dem Weg.<br />

(Nur Rolf W. Brednich, der ehemalige Göttinger<br />

Ordinarius, hat dies fast schon anachronistisch<br />

2001 noch einmal versucht). Was der in<br />

Historiker- und Volkskundlerkreisen z. Z.<br />

sehr populäre Wolfgang Reinhard in seinen<br />

„Lebensformen Europas – Eine historische Kul-<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

23


turantropologie“ als Ergebnisse der Hausforschung<br />

vorstellt, ist eher erschütternd: Eine<br />

wenig Architekturgeschichte der Städte, die<br />

herrschaftliche Funktion von Kuppelbauten<br />

und überholte pauschalierende Vorstellungen<br />

vom mittelalterlichen Wohnen. Ein anderes<br />

Beispiel: Der volkskundliche Sammelband<br />

„Volkskultur und Moderne. Europäische Ethnologie<br />

zur Jahrtausendwende“ lässt ersatzweise einen<br />

Hausforscher über sich selbst berichten<br />

(Bedal 2000), wobei der Aufsatz dann als<br />

Fremdkörper aus der Phalanx der gender studies<br />

und der anderen soziologischen Betrachtungen<br />

herausfällt. Ich selbst allerdings kann<br />

mit einem solchen mit Einsicht in die Grenzen<br />

der Erkenntnis geschriebenen und mit nachvollziehbaren<br />

Befunden aufwartenden Aufsatz<br />

mehr anfangen als mit den vielen mit schwer<br />

verdaulichen neuen Wortschöpfungen gespickten<br />

Aufsätzen der weitgehend sozialwissenschaftlich<br />

ausgerichteten Forscher. Hier<br />

gräbt sich im Übrigen die Volkskunde für<br />

mein Empfinden selbst das Wasser ab, denn<br />

sie hat schon von ihrer Tradition her mehr als<br />

andere Wissenschaften die Pflicht, unterhaltende,<br />

witzige oder zumindest lesbare Arbeiten<br />

zu produzieren – auch wenn das die Volkskundler<br />

nicht gerne hören. Bedals Resümee in<br />

seinem Beitrag lautet: „Volkskunde besitzt inzwischen<br />

offensichtlich eine deutlich geringere<br />

Affinität zur Hausforschung und auch auf die<br />

Hausforscher als einstens zu Zeiten eines Bruno<br />

Schier oder Viktor von Geramb.“ (Bedal<br />

2000, 378). Die aktiven Forscher kommen<br />

nun vielfach aus der Geschichte und insbesondere<br />

aus der Kunstgeschichte und Denkmalspflege.<br />

Aus der Ideologiekritik war zunächst der<br />

Spott über die „Sparrenzähler“ und „Holznagelfetischisten“<br />

erwachsen, und aus diesem ist<br />

die Nichtzurkenntnisnahme geworden. Der<br />

niedersächsische Denkmalspfleger und Hausforscher<br />

Volker Gläntzer sieht eine „Schuld“<br />

allenfalls bei dem nicht eingelösten großen<br />

Versprechen der Disziplin Hausforschung<br />

selbst: „Das ursprüngliche Versprechen, Lebensverhältnisse,<br />

kulturelle Handlungen und<br />

Einstellungen zu erforschen, ist bis auf Ausnahmen<br />

nicht gehalten worden.“ (Gläntzer<br />

24 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

2002, 31) Und weiter: „Mit dem teilweisen<br />

Festhalten an alten Fragestellungen und mit<br />

der teilweisen Beschränkung auf ,bauhistorische‘<br />

Fragestellungen hat sich die Hausforschung<br />

doch etwas von der übrigen Entwicklung<br />

der Volkskunde abgekoppelt – und ist damit<br />

auch an den Rand der Institutionen gerückt,<br />

die ihr Heimatrecht gewährten oder gewähren<br />

könnten.“ Wenn Thomas Vogtherr<br />

allerdings bei seiner Rezension dieses Beitrags<br />

resümiert, die (hauskundliche) Forschung (in<br />

Niedersachsen) sei ,altbacken‘ und habe in ihrer<br />

,deskriptionsverliebten Fixierung auf Objekte‘<br />

den ,Kontakt zur Volkskunde verloren‘(Vogtherr<br />

2004, 360), dann sagt diese Zusammenfassung,<br />

auch wenn sie Worte aus dem<br />

Aufsatz von Volker Gläntzer benutzt, mehr<br />

über die Vorurteile des Rezensenten, als über<br />

den besprochenen Beitrag. Volker Gläntzers<br />

Aufsatz hatte in kritischer Würdigung eine<br />

Vielzahl erfolgreicher Bemühungen zitiert, bestimmte<br />

Forschungsziele als methodisch unrealistisch<br />

gekennzeichnet und eher eine Unzufriedenheit<br />

mit den Forschungsbedingungen<br />

und der Rezeption der Ergebnisse als mit den<br />

Forschenden und ihrer Arbeit formuliert. Es<br />

bleibt also die Feststellung, dass die Publikationen<br />

der Hausforscher trotz der Bemühungen<br />

um Anschluss von den übrigen historischen<br />

Disziplinen nicht mehr gewürdigt,<br />

wahrscheinlich auch gar nicht mehr gelesen<br />

werden. Besonders bedauernswert ist die<br />

Nichtzurkenntnisnahme angesichts der Erfolge,<br />

die die städtische Hausforschung in den<br />

letzten zwei Jahrzehnten erzielt hat. In Folge<br />

der Stadtkernsanierungen kam es zu gut ausgestatteten<br />

Forschungsvorhaben, die Bauforschung,<br />

Archivstudium und Innenstadtgrabungen<br />

miteinander verbanden. Dieser Forschungsverbund<br />

bewirkte, dass die Zahl der<br />

bekannten mittelalterlichen Häuser in den<br />

Städten sich alle fünf Jahre verdoppelte und<br />

heute viele hundert beträgt. Es vervielfältigte<br />

sich auch das Wissen über die Wohnverhältnisse,<br />

und bisher unbekannte Bauformen wurden<br />

erkannt (Kaspar 1988a, 1-16). Trotzdem<br />

blieb die Hausforschung im Abseits gefangen.<br />

Das gilt natürlich erst recht für die ländliche<br />

Hausforschung, die auf solche Ressourcen


nicht zurückgreifen konnte. Heute ruhen viele<br />

Hoffnungen im Bereich der ländlichen Forschung<br />

auf der Archäologie, die hier in Norddeutschland<br />

vor allem vom Wilhelmshavener<br />

Institut für historische Küstenforschung und<br />

einigen Kreisarchäologen betrieben wird.<br />

Aktuelle Erfolge der Gefügeforschung<br />

Ich möchte nun zur inhaltlichen Darstellung<br />

der Gefügeforschung in der von uns<br />

praktizierten Form kommen, um so die Stärken<br />

aber auch die Grenzen der Methode zu<br />

zeigen. Sie hat den entscheidenden Aufschwung<br />

genommen, seit ihr als schwesterliche<br />

Methode die Dendrochronologie zur Seiten<br />

getreten ist. Damit hat sie den Schritt von<br />

der beschreibenden und Analogieschlüsse ziehenden<br />

zur naturwissenschaftlich exakten Methode<br />

getan. Manche scharfsinnige Überlegung<br />

ist allerdings durch die „Objektivität“<br />

dieser begleitenden Untersuchung verloren gegangen,<br />

und die schematische Anwendung der<br />

Dendrochronologie in der Hand von rekordsüchtigen<br />

und unkritischen Leuten führt mitunter<br />

zu absurden Ergebnissen, wenn etwa sekundär<br />

verwendete Hölzer nicht erkannt werden<br />

und ihr Datum für den ganzen meist viel<br />

jüngeren Bau genommen wird; Dendrochronologie<br />

ist ohne parallele Gefügeforschung<br />

nicht sinnvoll möglich. Andererseits ist unbestreitbar,<br />

dass ohne die Objektivierungsmöglichkeit<br />

der Dendrochronologie heute noch<br />

weniger Forscher in den Häusern selbst zu finden<br />

sein würden. Die Mühen der Forschung<br />

am Objekt sollten nämlich nicht unterschätzt<br />

werden. Alte Gebäude strahlen nicht primär<br />

eine anregenden Geschichtlichkeit aus, sondern<br />

repräsentieren leider allzu oft den Verfall,<br />

der gerade den engagierten Forscher durch seine<br />

Unfähigkeit, diesen Niedergang aufzuhalten,<br />

in die Resignation, ja bis an den Rand der<br />

Depression treiben kann. Auch das Arbeiten in<br />

den meist schmutzigen, dunklen Gebäuden<br />

bei Kälte und Nässe, die sportlichen Aspekte<br />

von Mess- und Erkundungsaktionen in schwer<br />

zugänglichen Winkeln und Höhen sowie die<br />

mühsame Dokumentation sprechen gegen eine<br />

verbreitete Anwendung und vor allem gegen<br />

eine Anwendung durch den Kreis der oft<br />

Abb. 5 Technisch fragwürdig und dennoch seit<br />

Jahrhunderten beibehalten: der aufgekämmte Ankerbalken<br />

der regionaltypischen Querdurchfahrtsscheunen<br />

(Frl. Museum Speckenbüttel)<br />

erst im Rentenalter aktiv werden Heimatforscher;<br />

diese fühlen sich naturgemäß in den<br />

warmen Archiv- und Bibliotheksleseräumen<br />

wohler.<br />

Eines der Ergebnisse der Gefügeforschung<br />

war es, mit einem Bündel von Kriterien für die<br />

jeweilige Region ein Datierungsraster für die<br />

Holzgerüstbauten aufzustellen. Dies hat sich,<br />

von gelegentlichen Überraschungen abgesehen<br />

(Dörfler 2001, 27f), durch die Dendrochronologie<br />

bestätigen lassen. Hier ist anzumerken,<br />

dass gerade solche lehrreichen abweichenden<br />

Befunde viel zu selten publiziert wurden.<br />

Zu den relativ leicht ermittelbaren Datierungsmerkmalen<br />

in einem Hallenhaus gehören<br />

- die Länge des Balkenüberstands,<br />

- die Schrägstellung der Ständer,<br />

- die Holzart und Dimension der Deckenbalken,<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

25


- die Art der Zusammenfügung der Hölzer<br />

im Quer- und Längsverband,<br />

- die Aussteifung des Längsverbandes,<br />

- die Form der Kopfbänder und ihre Verzimmerungsart<br />

und<br />

- das Erscheinungsbild des Giebels einschließlich<br />

der Breite des Dielentores.<br />

Wenn man das Ergebnis dieser Datierungskriterien<br />

zusammenfasst, müsste das älteste,<br />

vor die rezenten Gebäude zurückreichende<br />

norddeutsche Bauernhaus folgende Merkmale<br />

aufweisen:<br />

- ein eichenes Innengerüst<br />

- die Kopfbänder in Querverband wären angeblattet<br />

und aus krummwüchsig-geschwungenen<br />

Hölzern gezimmert<br />

- die Aussteifung im Längsverband wäre auf<br />

einzelne langausgreifende diagonale Streben<br />

beschränkt<br />

- die Ständer hätten einen annähernd quadratischen<br />

Querschnitt und könnten eine<br />

leichte Innenneigung aufweisen<br />

- der Überstand der Balkenenden über die<br />

Ständer hinaus wäre minimal<br />

- das Haus hätte keinen Giebel, sondern eine<br />

umlaufend Kübbung, also ein auf allen vier<br />

Seiten weit heruntergezogenes Dach, in das<br />

ein zurückliegendes, noch relativ schmales Tor<br />

eingeschnitten ist<br />

- es handelte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />

um einen Pfostenbau.<br />

Für zahlreiche gefügekundlich feststellbare<br />

Kriterien lässt sich die Veränderung in regionaler<br />

und zeitlicher Hinsicht ermitteln. Verallgemeinerungen<br />

als Ableitung aus solchen Befunden<br />

gelten selbstverständlich nur für enge<br />

und gut untersuchte Regionen, von denen es<br />

in Nordwestdeutschland inzwischen aber recht<br />

viele gibt (Übersicht bei Stiewe 1996, 359f<br />

und Gläntzer 2002, 34f), so dass ein zuverlässiges<br />

Raster zur Verfügung steht. Jedes Haus ist<br />

natürlich ein Einzelstück, dessen (gelegentliche)<br />

Abweichung von dem Raster mindestens<br />

so spannend ist, wie die (häufige) Bestätigung<br />

desselben. Außerdem ist jedes Haus mehr als<br />

die Summe seiner gefügekundlich erhobenen<br />

Befunde; diese sind aber als unerlässlich wichtiger<br />

Einstieg in jede Untersuchung zu verstehen<br />

und könnten dann durch die Geschichte<br />

26 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

und die Geschichten rund um das Haus ergänzt<br />

werden. Unter glücklichen Umständen<br />

schließen sich den gefügekundlichen Informationen<br />

dann solche an:<br />

- zur Schichtzugehörigkeit seiner Erbauer<br />

und – oft unterschiedlich – seiner späteren Bewohner<br />

- zu dem Anpassungsdruck, den das Haus<br />

durch Veränderung der Wirtschaftsweise,<br />

durch den Repräsentationswillen seiner Besitzer<br />

und durch gestiegenen Anspruch an den<br />

Wohnkomfort ausgesetzt war bzw. umgekehrt<br />

betrachtet, zu der Außergewöhnlichkeit seines<br />

Überdauerns in der ursprünglichen Form bei<br />

den besonders interessanten, weil wenig veränderten,<br />

alten Gebäuden.<br />

Bei diesen Fragen muss sich der Untersucher<br />

aber regelmäßig von dem Gebäude selbst<br />

als Quelle entfernen und in ein anderes Gebiet,<br />

die Arbeit mit schriftlichen Quellen oder<br />

mündlicher Tradition, einlassen. Das ist nicht<br />

Jedermanns Sache und muss es auch nicht<br />

sein. Die klassische Gefügeforschung basiert<br />

nämlich auch auf der Freude am fast handwerklichen<br />

Arbeiten mit den gebauten Befunden.<br />

Die Kritiker beachten außerdem zuwenig,<br />

dass es legitimerweise ein stark subjektives<br />

Moment der Untersucher bei der Wahl ihres<br />

Forschungsgegenstandes und der eigenen Methode<br />

gibt. Marc Bloch hat es schön formuliert:<br />

„Wer kein ausgemachter Dummkopf ist,<br />

findet alle Wissenschaft interessant. Jeder Gelehrte<br />

findet aber wohl nur eine, deren Ausübung<br />

ihm auch Spaß macht. Sie zu entdecken<br />

und sich ihr zu widmen ist genau das, was man<br />

Berufung nennt“ (Bloch 1942, 8).<br />

An den folgenden kurz skizzierten Beispielen<br />

aus den letzten Jahrzehnten möchte ich<br />

den Erkenntnisgewinn der Gefügeforschung<br />

demonstrieren. Ich habe dafür als Beispiel die<br />

Arbeiten von Ulrich Klages gewählt, mit dem<br />

mich eine langjährige freundschaftliche Zusammenarbeit<br />

verbindet. Er deutete und publizierte<br />

als Erster gefügeunabhängige Bohrungen<br />

und Einritzungen an verbauten Hölzern<br />

als Spuren des Floßtransportes dieser<br />

Bauhölzer (Klages 1994, 181ff). Auf vielen<br />

Hausforscher-Tagungen wird seit seinem Vortrag<br />

beim Jahrestreffen des Arbeitskreises für


Hausforschung 1992 die Diskussion um die<br />

Floßtechnik, die Floßwege (also die Herkunft<br />

der Hölzer), den Holzhandel und der aus der<br />

Verfügbarkeit dieser groß dimensionierten<br />

Hölzer resultierenden, weitspannenden Bauweise<br />

geführt. Auch andere finden jetzt die<br />

Floßbohrungen und die Zeichen der Flößer<br />

oder Holzhändler an den verbauten Hölzern<br />

von Kirchendachstühlen, städtischen Häusern,<br />

Bauernhäusern und vielen „oberschichtlichen“<br />

ländlichen Gebäuden. Die Spuren waren<br />

vorher auch schon da, wurden aber<br />

schlicht nicht beachtet oder falsch gedeutet.<br />

Auch hier erweist sich, dass der durchschnittliche<br />

Untersucher nur das sucht und sieht, was<br />

er schon kennt.<br />

Ulrich Klages’ noch fruchtbringenderer Ansatz<br />

war die intensive Beschäftigung mit den in<br />

Zweit- oder gar Drittverwendung in bestehenden<br />

Häusern befindlichen Hölzern (Klages<br />

1987, 66; Klages 1991, 17ff; Klages 1996,<br />

193f). Was von anderen Hausforschern oft genug<br />

als lästiges Beiwerk in einem Haus empfunden<br />

wurde, das von dem postulierten und<br />

in Reinkultur erwünschten Haustyp abweicht<br />

und daher die Typologie „verunklart“, hat er<br />

als Quelle von großer Aussagekraft erkannt<br />

und systematisch ausgewertet. Hierin ging er<br />

über alle Vorgänger in der Gefügeforschung,<br />

selbst über Joseph Schepers und Gerhard Eitzen,<br />

weit hinaus. Dazu aber benötigte er einen<br />

von keinen Vorurteilen im Sinne der Typenlehre<br />

oder von anderen Prämissen getrübten<br />

Blick, sondern das analytische Auge des ehemaligen<br />

Gerichtsmediziners, dem das authentische<br />

Detail mehr bedeutet, als die Beweisanstrengungen<br />

für eine zuvor zurechtgelegte<br />

Theorie.<br />

Die Analyse der wiederverwendeten Hölzer<br />

erlaubt eine klare zeitliche Schichtung der Gefügeformen,<br />

lässt erkennen, was als veraltet ersetzt<br />

wurde und was zum Zeitpunkt des Umbaus<br />

als modern und zeitgemäß galt. Es erlaubt<br />

bei entsprechender Kenntnis der „Löcher<br />

im Holz“ die sichere Rekonstruktion der<br />

Vorgängerbauten und damit einen Blick in die<br />

Vergangenheit, der über den rezenten Bestand<br />

hinausreicht. So verstanden, ist Gefügeforschung<br />

in der Hand eines Könners ebenso ein-<br />

fach wie genial. Bei manchem isolierten Stück<br />

Holz aus archäologischer Bergung kann ein<br />

Hinweis auf die ursprüngliche Verwendung<br />

möglich sein, soweit, dass wir schon scherzhaft<br />

von der bevorstehenden „Zaunpfahlforschung“<br />

gesprochen haben, der Rekonstruktion<br />

abgerissener Gebäude aus ihren Relikten<br />

in der Landschaft.<br />

Ein weiteres Beispiel für die Erfolge der Gefügeforschung<br />

war die Hereinnahme von<br />

funktionellen Überlegungen in die Analyse des<br />

Holzgerüstes. Bereits vor 60 Jahren geprägte<br />

Ausdrücke wie Dachbalken-, Jochbalken- und<br />

Ankerbalkengerüst waren schon über die rein<br />

beschreibende Form hinausweisend, da sie –<br />

falsch oder richtig – eine bestimmte Funktion<br />

dieser Traghölzer, die Art der Errichtung des<br />

Hausgefüges oder die von den Erbauern vorgesehene<br />

Nutzung der Gebäude implizieren. Sie<br />

wirken bis heute anregend auf viele Untersucher.<br />

Die drei wichtigsten Begriffe dieser Art<br />

möchte ich wegen möglicher Irrtümer und<br />

Verständnisschwierigkeiten erläutern. Vorauszuschicken<br />

ist, dass ein Balken nach unserer<br />

Terminologie das deckenbildende Tragholz<br />

über einem Raum ist und eben nicht ein beliebiges<br />

großes Stück Holz. Der Balken trägt die<br />

Last der eingelagerten Güter oder der darüber<br />

liegenden Stockwerke und muss das Gewicht<br />

des Daches als seitlichen Schub der Dachsparren<br />

aufnehmen. Aus der Art, wie diese Aufgabe<br />

gelöst wird, ergibt sich das alternative Begriffspaar<br />

Ankerbalken-Dachbalken.<br />

Jeder Balken ist entweder das eine oder das<br />

andere. Die Einordnung entsteht aus dem Verständnis<br />

des Gefüges, seiner Statik und seiner<br />

beabsichtigten Nutzung. Ankerbalken kompensieren<br />

den Sparrenschub, der auf die Gefügeteile<br />

des Längsverbandes wirkt, sie sind Holz<br />

sparend und relativ leicht gebindeweise aufzurichten.<br />

Dachbalken tragen optimal die Last<br />

der eingelagerten Güter und des Daches und<br />

verleihen dem Gerüst eine sensationell lange<br />

Lebensdauer. Der Begriff des Jochbalkens<br />

stammt aus der Sphäre des Aufrichtens von<br />

Gebäuden. Im Jochbalkengefüge werden die<br />

Gebäude gebindeweise – als „Joche“ – aufgerichtet.<br />

Dazu ist eine primäre Fixierung der<br />

Hölzer des Querverbandes untereinander not-<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

27


wendig. Es können sowohl Dachbalken- als<br />

auch Ankerbalkengebinde jochweise aufgerichtet<br />

werden; das Jochbalkengefüge ist also<br />

kein zu den beiden anderen alternativer Begriff.<br />

Die Alternative zur Jochbauweise ist die<br />

Bauweise in Ständerreihen, die im Übrigen<br />

weitaus verbreiteter war, als man es bei dem<br />

dafür notwendigen technischen Aufwand vermuten<br />

möchte. Hier kann im Rahmen der<br />

Gefügeforschung die akribische Analyse der<br />

Abbundzeichen helfen, die Aufrichtungsart eines<br />

Gebäudes zu belegen (Klages et al. 1994,<br />

55f). Markiert wurden die Hölzer, die nach<br />

ihrem ersten Abbund am Boden wieder auseinander<br />

genommen wurden, um in der anderen<br />

Abbundrichtung beim Aufrichten benutzt<br />

zu werden. Erfolgt der primäre Abbund im<br />

Querverband des Hauses und die Aufrichtung<br />

im Längsverband sind nur typischerweise die<br />

Hölzer des Querverbandes – also Balkenkopfbänder,<br />

Balken und Ständer – markiert, nicht<br />

aber die Rähme, Rähmkopfbänder und Hillenriegel.<br />

Beim Jochbalkengefüge ist der umgekehrte<br />

Fall anzutreffen.<br />

Gefügeforschung kann auf eine Funktionsanalyse<br />

hinauslaufen. Wenn eine Innenständerreihe<br />

so konstruiert ist, dass sich hinter ihr in<br />

der Kübbung keine Ställe befunden haben<br />

können, sondern völlig untypischerweise nur<br />

Stapelräume etwa für Heu, ist das eine Erkenntnis,<br />

die zwingend logisch aus der Untersuchung<br />

des Holzgerüstes abgeleitet ist (Klages<br />

2001, 34f). Dass ein über eine Treppe zugänglicher<br />

eingetiefter Feldsteinkeller mit niedriger<br />

intensiv gedämmter Decke darin trotz seines<br />

Strohdachs und seiner geduckten Form kein<br />

Schafstall sein kann, sondern ein Kartoffelspeicher<br />

war (Dörfler 1990, 10f), dass wir umgekehrt<br />

Schafställe mit einem Bündel von am<br />

Bau feststellbaren Kriterien als solche identifizieren<br />

können, wenn die Überlieferung auf<br />

den Höfen dazu schon lange verloren gegangen<br />

ist (Dörfler et al. 1994, 36 und 56f), sind<br />

weitere Beispiele dieser Art. Klüger zu sein als<br />

der älteste Bewohner auf dem Hof, was die ursprüngliche<br />

oder zwischenzeitliche Nutzung<br />

eines Gebäudes oder Gebäudeteils angeht, und<br />

dies an den vorhandenen Befunden beweisen<br />

zu können, ist unsere Lieblingsübung.<br />

28 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Als verwandtes Beispiel möchte ich die erst<br />

vor wenigen Jahren gemachte Beobachtung einer<br />

bestimmten Bauweise an Häusern des Alpenraumes<br />

erwähnen, die einmal mehr zeigt,<br />

dass auch in der jüngsten Vergangenheit noch<br />

durch detaillierte Beobachtung grundsätzlich<br />

neue Erkenntnisse möglich waren. Es ist die<br />

Beschreibung der fassadensichtigen Deckenbohlen<br />

im alpinen Blockbau durch Benno<br />

Furrer (Furrer 2001, 143f). Er konnte dies als<br />

ein Phänomen des mittelalterlichen Hausbaus<br />

beschreiben, das half, diese sehr alten Gebäude<br />

von den jüngeren Schichten zu trennen und<br />

die älteren einer intensiven Untersuchung zuzuführen.<br />

Dabei stellte sich heraus, dass übrigens<br />

auch jüngere Nebengebäude ausnahmsweise<br />

einmal diese Bauweise zeigen können.<br />

Ohnehin ist eine schematische Anwendung eines<br />

solchen Details zur Altersbestimmung obsolet.<br />

Jedenfalls gelang ihm durch die systematische<br />

Untersuchung von Häusern dieses Bautyps<br />

das Auffinden des ältesten rezenten hölzernen<br />

Wohnhauses Europas, des 1176 (d) errichteten<br />

Hauses Nideröst im Ort Schwyz in<br />

der Innerschweiz, das dann aber trotzdem vor<br />

zwei Jahren dem Bau einer Doppelgarage weichen<br />

musste.<br />

Als jüngste Entwicklung hat sich aus der<br />

Kombination von Gefügeuntersuchung und<br />

Dendrochronologie – nämlich dem Unterschied<br />

von neu gearbeiteten und wiederverwendeten<br />

Hölzern – ein Einblick ergeben in<br />

die erstaunlich kurze Lebensdauer der ältesten<br />

erfassbaren niederdeutschen Hallenhäuser an<br />

der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert<br />

(Klages et al. 1993, 54f; Klages 1996b, 121f;<br />

Dörfler 2001, 56f; Stiewe 2001, 82f – dort<br />

sind auch die entscheidend wichtigen, noch<br />

unpublizierten Ergebnisse von Heinz Riepshoff<br />

in Tabellenform abgedruckt). Die so festgestellte<br />

– regelmäßig nur 25 bis maximal 100<br />

Jahre währende – Lebensphase der Vorgängerbauten<br />

steht im krassen Gegensatz zu der<br />

mehrhundertjährigen Lebensdauer der bis<br />

heute stehenden Nachfolgehäuser. Dies öffnete<br />

den Weg für neue Überlegungen zur Bauweise<br />

und dem Wert der ländlichen Gebäude<br />

in spätmittelalterlicher Zeit, wobei eine schwache<br />

Konstruktion und ein geringer Wert dieser


Häuser der gravierende Unterschied zu den<br />

städtischen und klösterlichen Gebäuden zu<br />

sein scheint. Es könnte also gut sein, dass man<br />

die aufwendigen Bauweisen des Stabbaus und<br />

des Ständerbohlenbaus (Kaspar 1988b, 59ff)<br />

auf dem Lande auch bei verstärkten archäologischen<br />

Anstrengungen nicht finden wird, weil<br />

sie in spätmittelalterlicher Zeit hier nicht gebräuchlich<br />

waren. Aber ein Zusammenhang<br />

mit dem Pfostenbau – nämlich seinem geringen<br />

konstruktiven Aufwand bei allerdings erheblich<br />

beschränkter Lebensdauer – ist nahe<br />

liegend. Der Versuch mancher Autoren, dem<br />

Pfostenbau gegenüber dem Ständerbau nur<br />

die Rolle eines regionalen Gegensatzes zuzuweisen,<br />

ist aus meiner Sicht haltlos. Es wurden<br />

seit der Frühen Neuzeit keine Pfostenbauten<br />

mehr errichtet; im Mittelalter und davor gab<br />

es sie dagegen regelhaft, also hat eine Entwicklung,<br />

ein Wandel, eine Ablösung, oder wie<br />

auch immer man es nennen möchte, stattgefunden.<br />

Dass dies nicht überall zeitgleich stattfand<br />

und es also regionale Unterschiede in bestimmten<br />

Zeitabschnitten gegeben hat, ist eine<br />

banale Erkenntnis, die aber an der Tatsache eines<br />

generellen Verlassens dieser Bauweise<br />

nichts ändert. Dafür wird es schwerwiegende<br />

Gründe gegeben haben, so dass auch Kaspars<br />

Behauptung, „die Ausbildung der Gründung<br />

(also Pfosten, Fundament oder Schwelle) hat<br />

keine grundlegende Auswirkung auf Konstruktion<br />

und Ausgestaltung der darüber aufgehenden<br />

Bauten“, was er gar seit längerem als<br />

gesichert geltend ansieht, wenig logisch ist und<br />

mir auch durch seine im Anmerkungsapparat<br />

gegebenen Hinweise nicht belegt erscheint<br />

(Kaspar 2002, 88-89). Eine von ihm bestätigte<br />

minimale Längsaussteifung der alten Gefüge<br />

lässt sich eigentlich nur mit dem besseren primären<br />

Halt der Ständer durch Eingraben in<br />

das Erdreich erklären, bzw. umgekehrt das<br />

Aufkommen der Kopfbänder in regelmäßiger<br />

Abfolge aus eben dieser fehlenden Standsicherheit<br />

der Ständerbauten. Wenn das „keine<br />

grundlegende Auswirkung auf die Konstruktion“<br />

ist, was wäre dann eine solche?<br />

Der Gefügeforschung wurden außer ihrer<br />

beschränkten Sichtweise auch von wohlmeinenden<br />

Beobachtern oft eine übertriebene De-<br />

Abb. 6 Sehr ungewöhnlich erscheinen durchgezapfte<br />

Ankerbalken an einzelnen Bürgerhäusern in<br />

Bederkesa: insuläres Vorkommen in einer individuellen<br />

Bautechnik oder doch Relikt einer mittelalterlichen<br />

Bauweise?<br />

tailverliebtheit und die Benutzung einer den<br />

interessierten aber nicht fachkundigen Leser<br />

überfordernden Sprache vorgeworfen. Witzigerweise<br />

hat gerade einer der profiliertesten<br />

aus der Riege der Hausforscher, nämlich Volker<br />

Gläntzer, formuliert: „Die Gefügeforschung<br />

wird häufig noch als bloße Baugefügeuntersuchung<br />

aufgefaßt. In dieser Beschränkung<br />

muß sie dem Außenstehenden durch ihre<br />

Verehrung des Gefügeknotens, ihre mystische<br />

Versenkung ins Zapfenloch und den Gebrauch<br />

einer etwas skurrilen Geheimsprache<br />

wie ein hermetischer Wissenschaftskult erscheinen“<br />

(Gläntzer 2002, 35). Mal abgesehen<br />

davon, dass eine solche liebevolle Persiflage<br />

den wahrhaften Bewunderer und intimen Teilhaber<br />

am „Wissenschaftskult“ verrät, ist die<br />

Sache mit der „Geheimsprache“ ein Problem<br />

jeder sich stärker differenzierenden Wissenschaft.<br />

Hier stehen die Soziologie, die Rechts-<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

29


und Naturwissenschaften und die Medizin bekanntlich<br />

keineswegs besser da. Sicher sind die<br />

Ansprüche an Verständlichkeit für ein Laienpublikum<br />

in der Volkskunde grundsätzlich<br />

höher, was aber an der Notwendigkeit einer<br />

Anwendung von formelhaften Begriffen in<br />

den Veröffentlichungen nur wenig ändert.<br />

Aber nicht nur gegenüber dem „Laienpublikum“,<br />

sondern auch in der Kommunikation<br />

unter den Hausforschern selbst ist eine Vereinheitlichung<br />

und Popularisierung der Fachbegriffe<br />

ein Desiderat. Zur Erklärung der unbefriedigenden<br />

Situation mag der Hinweis helfen,<br />

dass die Bau-, Haus- und Gefügeforschung<br />

sich nicht aus einer der fest etablierten<br />

Universitätsfächer abzweigt bzw. ihnen zugehört,<br />

denn bis heute haben weder die Volkskunde<br />

noch die Kunstgeschichte, die Archäologie<br />

oder die Architektur in der Hausforschung<br />

Dominanz errungen. So ist auch der<br />

Prozess der Entwicklung der Fachsprache uneinheitlich<br />

verlaufen. Die Beschäftigung der<br />

Gefügeforschung mit dem Holz führte zum<br />

Zimmermannshandwerk und zu dessen historischer<br />

Begrifflichkeit, die zu adaptieren versucht<br />

wurde. Die nicht umgangssprachlichen<br />

Wortschöpfungen dieses Handwerks sind aber<br />

starken regionalen Einflüssen unterworfen, so<br />

dass ihre Verwendung das Problem eher verschärft<br />

als löst. Jede „Hausforscherschule“ hat<br />

partiell ihre eigene Begrifflichkeit angenommen,<br />

die für Einsteiger wirklich die Charakteristika<br />

einer Geheimsprache aufweist. (Wer<br />

sich einmal gründlich mit der Beschreibung<br />

seines 8-Ständerhauses blamiert hat, wird oft<br />

nicht mehr die rechte Liebe zu diesem Forschungsgebiet<br />

gewinnen können.) Der Ausweg<br />

besteht in der Schaffung von gründlichen<br />

regionalen Glossaren und ihrem Abgleich<br />

untereinander. Glossare wurden bereits mehrfach<br />

verfasst (Binding 1990, Großmann 1992,<br />

274-279; Großmann 1994, 100-106; Klages<br />

et al. 1995, 138-148; Guttenberg o. J. ca.<br />

1998), ihr Abgleich ist ein noch unerfüllter<br />

Wunsch, und auch die Vereinheitlichung in<br />

Form einer Konsensbildung ist bisher nicht erfolgt.<br />

Dem ehrgeizigen Projekt eines mehrsprachigen<br />

Glossars für die Aspekte der historischen<br />

Hausforschung und der Archäologie,<br />

30 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

das Haio Zimmermann am Institut für Historische<br />

Küstenforschung in Wilhelmshaven<br />

verfolgt, ist ein Gelingen von Herzen zu wünschen!<br />

Ausblick<br />

Bei der Erkundung der Bau- und Nutzungsgeschichte<br />

eines Hauses ist die qualifizierte Beschäftigung<br />

mit dem Gerüst und den verbauten<br />

Hölzern nach wie vor die führende Methode.<br />

Neben ihr stehen die Archäologie des Hauses<br />

und seiner direkten Umgebung, die Untersuchung<br />

der Fundamente und des Mauerwerks,<br />

die freilegende Arbeit der Konservatoren<br />

an den Oberflächen, das Registrieren von<br />

Benutzungsspuren und Umbauten, das verformungs-<br />

oder gar steingetreue Aufmaß, die botanische<br />

Untersuchung von in Lehm oder<br />

Zwischenböden eingeschlossenen Pflanzenresten<br />

und die Auswertung der Archivalien. Für<br />

die ländliche Hausforschung, die die älteren<br />

Gebäude der bäuerlichen, unterbäuerlichen<br />

und nichtbäuerlichen Schichten untersucht,<br />

wird die Gefügeforschung immer das Standbein<br />

bleiben. Nur in glücklichen Ausnahmefällen<br />

sind für das einzelne untersuchte Haus<br />

weiterführende Erkenntnisse durch das Archivstudium<br />

möglich. Die zunehmend von<br />

Historikern erschlossenen und vorgetragenen<br />

schriftlichen Quellen sind eine willkommene<br />

Ergänzung, jedoch kein Ersatz für die Arbeit<br />

am Objekt. Durch die Zusammenarbeit von<br />

Historiker und Gefügeforscher kann mehr<br />

Farbe in das Bild kommen, wie Einzeluntersuchungen<br />

demonstriert haben (Linde 2002,<br />

Stiewe 2002). Obrigkeitliche und kirchliche<br />

Gebäude (Zehntscheunen, Vorwerke, Kirchen,<br />

Kirchtürme, Pfarrhäuser, Pfarrwitwenhäuser)<br />

sowie technische Bauwerke (Mühlen,<br />

Brücken, Wehre, Deichbauten) sind auch auf<br />

dem Lande gelegentlich schon früher durch<br />

Archivalien zu erfassen.<br />

Und die „Königsfrage“ in der Hausforschung?<br />

Die von der universitären Volkskunde<br />

präferierten „kulturanthropologischen“ Fragestellungen<br />

sind es für die Mehrheit der aktiven<br />

Forscher sicher nicht, denn diese sind zu blutleer<br />

und von der Quelle, dem Haus zu weit<br />

entfernt. Um Vorbild zu sein ist die „moder-


ne“ Volkskunde mit eigenen Rechtfertigungsja<br />

Existenzproblemen zu stark belastet; sie<br />

wird der Hausforschung keine neuen Wege<br />

weisen oder ihr helfend beispringen können.<br />

Es wird von den Forschern vielmehr noch immer<br />

„das älteste Haus“ bzw. auf dem Lande die<br />

Erforschung der spätmittelalterlichen Bauten<br />

die spannendste Aufgabe sein. Hier sind die<br />

großen Fortschritte, die z. B. Konrad Bedal<br />

im Süden Deutschlands oder Benno Furrer in<br />

der Schweiz erzielt haben, großer Ansporn.<br />

Der Forschungsverbund in der ländlichen<br />

Hausforschung in Nordwestdeutschland funktioniert<br />

und ist sehr lebendig. Wenn es gelingt,<br />

das Interesse der anderen historischen Disziplinen,<br />

besonders der in den Archiven arbeitenden<br />

Forscher und der Archäologen zu verstärken,<br />

besteht die Hoffnung, endlich auch<br />

das mittelalterliche Bauen auf dem Lande besser<br />

verstehen zu lernen.<br />

Das aber wird ohne ein öffentlich gefördertes<br />

exemplarisches Forschungsvorhaben mit systematischen<br />

Grabungen mittelalterlicher Dörfer<br />

und Sammlung der verstreuten archivalischen<br />

Belege nicht möglich sein. Und die praktizierenden<br />

Hausforscher werden hoffentlich weiter<br />

ihren noch sichtbar vorhandenen Objekten,<br />

den alten Häusern also, die Reverenz erweisen,<br />

die diesen auf Grund ihrer Geschichtlichkeit<br />

und ihres Quellenwertes sowie zum Zwecke ihres<br />

Schutzes und oft genug ihrer Rettung zukommt.<br />

Dazu gehört, dass dieser Gedanke<br />

z. B. durch Beiträge zu Ortschroniken, Vorträge<br />

und durch das praktizierte Beispiel in der<br />

Nachbarschaft einem möglichst großen Teil der<br />

Bevölkerung nahe gebracht wird.<br />

Literatur:<br />

Bedal, Konrad 1976: Gefüge und Struktur. Zum Standort<br />

und Arbeitsweise volkskundlicher Hausforschung. In:<br />

Zeitschrift für Volkskunde 72, S. 161-176.<br />

Bedal, Konrad 1978: Historische Hausforschung. Eine<br />

Einführung in Arbeitsweise, Begriffe und Literatur.<br />

Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland 8.<br />

Münster.<br />

Bedal, Konrad 2000: Befund und Funktion. Tendenzen,<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Hausforschung und<br />

ihre Beziehung zur Volkskunde. In: Volkskultur und<br />

Moderne. Europäische Ethnologie zur Jahrtausendwende.<br />

Festschrift für Konrad Köstlin zum 60. Geburtstag,<br />

S. 355-378. Hrsg. vom Institut für Europäische Ethnologie<br />

der Universität Wien, Band 21.<br />

Binding, Günter 1990: Fachwerkterminologie für den historischen<br />

Holzbau, Fachwerk, Dachwerk. Köln.<br />

Bloch, Marc 1942 (Durchgesehene und neu übersetzte<br />

deutsche Ausgabe 2002): Apologie der Geschichtswissenschaft.<br />

Der Beruf des Historikers.<br />

Brednich, Rolf W. (Hrsg.) 2001: Grundriß der Volkskunde.<br />

Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen<br />

Ethnologie. 3. überarb. und erw. Auflage.<br />

Dörfler, Wolfgang 1990: Eine Entdeckung: Eingekellerte<br />

Kartoffelvorratsscheune. In: Der Holznagel Heft 3<br />

1990, S. 10-15.<br />

Dörfler, Wolfgang 2001a: Neues von und mit der Dendrochronologie.<br />

Der Holznagel 1, S. 27-30.<br />

Dörfler, Wolfgang 2001b: Die ältesten Bauernhausgefüge<br />

des Elbe-Weser-Dreiecks. In: The rural house from the<br />

migration period to the oldest still standing buildings.<br />

Ruralia IV, S. 53-57.<br />

Dörfler, Wolfgang, Ulrich Klages und Hans-Joachim Turner<br />

1994: Die Schafställe der Nordheide. Arbeitshefte<br />

zur Denkmalpflege in Niedersachsen 10. Hameln.<br />

Eitzen, Gerhard 1939: Zur Gefügeentwicklung des<br />

Niedersachsenhauses in Nordhannover. In: Niederdeutsche<br />

Zeitschrift für Volkskunde 17, S. 198-215.<br />

Eitzen, Gerhard 1950: Holzbauten der Lüneburger Heide.<br />

In: Lüneburger Blätter Heft 1, S. 30-45.<br />

Eitzen, Gerhard 1954: Die älteren Hallenhausgefüge in<br />

Niedersachsen. In: Zeitschrift für Volkskunde 51. Jg.,<br />

37-76. Nachgedruckt in: Karoline Terlau und Fred Kaspar<br />

(Hrsg.) 1984: Bauernhäuser aus Mitteleuropa. Aufmaße<br />

und Publikationen von Gerhard Eitzen, S. 258-<br />

297.<br />

Eitzen, Gerhard 1956: Von alten Scheuen und Schafställen.<br />

In: Harburger Kreiskalender Band 10, S. 55-57.<br />

Eitzen, Gerhard 1969: Zur Geschichte des südwestdeutschen<br />

Hausbaus im 15. und 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift<br />

für Volkskunde 59. Jg., S. 1-38. Nachgedruckt<br />

in: Karoline Terlau und Fred Kaspar (Hrsg.) 1984: Bauernhäuser<br />

aus Mitteleuropa. Aufmaße und Publikationen<br />

von Gerhard Eitzen, S. 315-352.<br />

Furrer, Benno 2001: Living in a wooden box - Late Medieval<br />

log-houses in central Switzerland and northern<br />

Tessin. In: The rural house from the migration period<br />

to the oldest still standing buildings. Ruralia IV, S. 143-<br />

150.<br />

Gläntzer, Volker 2002: Hausforschung in Niedersachsen.<br />

Strukturen, Schwerpunkte, Aufgaben. In: Volkskunde<br />

in Niedersachsen. Regionale Forschung aus kulturhistorischer<br />

Perspektive. Kataloge und Schriften des Museumsdorfs<br />

Cloppenburg 11, S. 31-41. Cloppenburg.<br />

Göttsch, Silke 2001: Vorwort. In: Silke Göttsch und Albrecht<br />

Lehmann (Hrsg.): Methoden der Volkskunde.<br />

Positionen, Quellen, Arbeitsweise der Europäischen<br />

Ethnologie, S. 7-13. Berlin.<br />

Grohne, Ernst 1941: Das Bauernhaus im Bremer Gebiet.<br />

Jahresschrift des Focke-Museums Bremen. Bremen.<br />

Großmann, Ulrich, Klaus Freckmann und Ulrich Klein<br />

(Hrsg.) 1992: Hausbau in Großbritannien. Englisch-<br />

Deutsches Glossar. Jahrbuch für Hausforschung 40, S.<br />

274-279.<br />

Großmann, Ulrich, Petra Krutisch und Holger Reimers<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

31


(Hrsg.) 1994: 500 Jahre Garantie. Auf den Spuren alter<br />

Bautechniken. Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte<br />

in Nord- und Westdeutschland 12, S. 100-<br />

106.<br />

Großmann, Ulrich 1999: AHF – mitteleuropäische Bauforschung<br />

oder Hallenhausverein? In: AHF-Mitteilungen<br />

53, S. 1-2. Der Autor artikuliert die Sorge vor einer<br />

Reduktion der internationalen Fragestellungen und Betätigungen<br />

des Vereins angesichts einer anhaltend erfolgreichen<br />

Betätigung der regionalen Gruppierungen, deren<br />

eine er polemisch verkürzend als „Hallenhausverein“<br />

tituliert.<br />

Guttenberg, Gerd (Isernhagen o. J.): Glossar Hausbau.<br />

Vervielfältigtes Exemplar von 31 Seiten, Vertrieb durch<br />

die Interessengemeinschaft Bauernhaus. e. V.<br />

Hähnel, Joachim 1969: Zur Methodik der hauskundlichen<br />

Gefügeforschung. In: Rheinisch-westfälische<br />

Zeitschrift für Volkskunde 16, S. 51-69.<br />

Hennig, Nina 1997: Von Häuser und Menschen. Nachbarschaft<br />

in einer Straße. In: Gebaute Welten. Beiträge<br />

zur Herbsttagung 1996 der Gesellschaft für Volkskunde<br />

in Schleswig Holstein, S. 43-57. Großbarkau.<br />

Kaspar, Fred 1988a: Städtisches Bauen und Wohnen in<br />

Nordwestdeutschland – 10 Jahre Forschungsprojekte,<br />

ein Überblick. In: Beiträge zum städtischen Bauen und<br />

Wohnen in Nordwestdeutschland. Beiträge zur Volkskultur<br />

in Nordwestdeutschland 58, S. 1-16.<br />

Kaspar, Fred 1988b: Stabbau, Ständerbohlenbau, Fachwerk.<br />

Zur Frühgeschichte des Fachwerks in Nordwestdeutschland.<br />

In: Beiträge zum städtischen Bauen und<br />

Wohnen in Nordwestdeutschland. Beiträge zur Volkskultur<br />

in Nordwestdeutschland 58, S. 59-77.<br />

Kaspar, Fred 1989a: Nachruf auf Josef Schepers (1908-<br />

1989). In: Westfälische Forschungen 39, S. 468-472.<br />

Kaspar, Fred 1989b: Gebaute Realität und ihr wissenschaftliches<br />

Abbild. Stand und Aufgabe historischer<br />

Hausforschung in Nordwestdeutschland. In: Westfälische<br />

Forschungen 39, S. 543-572.<br />

Kaspar, Fred 1990: Zum Stand der volkskundlichen<br />

Hausforschung in Westfalen. Ein Bericht über die Forschungstätigkeit<br />

an Hand der vorgelegten Publikationen<br />

1975 bis 1989. In: Westfälische Forschungen 40, S.<br />

617-644.<br />

Kaspar, Fred 1998: Ein neuer Anfang im Spätmittelalter?<br />

Zum mittelalterlichen ländlichen Hausbau in Nordwestdeutschland.<br />

In: Haus und Kultur im Spätmittelalter,<br />

S. 151-161. Bad Windsheim.<br />

Kaspar, Fred 2002: Ländliches Bauwesen im Spätmittelalter.<br />

Fragen an die Forschung. In: Rheinisch-westfälische<br />

Zeitschrift für Volkskunde 47, S. 85-99.<br />

Kaspar, Fred 2004: Hausforschung im Kontext. Gefüge<br />

und Struktur jenseits des Bauwerks. In: Herbert May<br />

und Kilian Kreiliger (Hrsg.): Alles unter einem Dach<br />

Häuser, Menschen, Dinge. Festschrift für Konrad Bedal<br />

zum 60. Geburtstag, S. 73-85. Petersberg.<br />

Katschnig-Fasch, Elisabeth 1984: Wohnen als Forschungsfeld<br />

der Volkskunde. Gedanken und Aspekte.<br />

In: Helmut Eberhart u. a. (Hrsg.): Bauen – Wohnen –<br />

Gestalten. Festschrift für Oskar Moser zum 70. Geburtstag,<br />

S. 241-246. Trautenfels.<br />

32 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Klages, Ulrich 1987: Frühe Varianten des Dielen-Flett-<br />

Gefüges in Bauernhäusern der Nordheide. In: Lüneburger<br />

Blätter 27/28, S. 49-76.<br />

Klages, Ulrich 1991: Zweitverwendete Hölzer in ländlichen<br />

Gebäuden des westlichen Landkreises Harburg.<br />

In: Zur Bauforschung über Spätmittelalter und Frühe<br />

Neuzeit. Berichte zur Haus- und Bauforschung 1, S.<br />

17-46.<br />

Klages, Ulrich 1994: Floßhölzer in Marschenhäusern an<br />

der unteren Elbe. In: Historisches Bauwesen Material<br />

und Technik. Jahrbuch für Hausforschung 42, S. 181-<br />

214.<br />

Klages, Ulrich 1996a: Das älteste Bauwerk Moorburgs -<br />

Zeuge der frühneuzeitlichen Marschenkolonisation? In:<br />

Harburger Jahrbuch 19, S. 193-208.<br />

Klages, Ulrich 1996b: „Kours Hus“ in Sprötze, Landkreis<br />

Harburg. Bautechnischer Wandel in einem Geestbauernhaus<br />

der 16. Jahrhunderts. In: Ländlicher Hausbau<br />

in Norddeutschland und den Niederlanden. Berichte<br />

zur Haus- und Bauforschung 4, S. 115-132.<br />

Klages, Ulrich 2001: Das ältere Bauernhaus im Flotwedel<br />

und seinen Nachbargebieten. Beiträge zur Kulturgeschichte<br />

der Lüneburger Heide, Band 3. Suderburg-<br />

Hösseringen.<br />

Klages, Ulrich, Wolfgang Dörfler und Hans-Joachim Turner<br />

1993, 1994 und 1995: „Bauernhaus Genealogie“<br />

im Landkreis Rotenburg. Drei Teile. In: Rotenburger<br />

Schriften 78/97, S. 7-74; 80/81, S. 35-114 und 82/83,<br />

S. 82-150.<br />

Linde, Roland 2002: Der Amtsmeierhof Asemissen und<br />

das Amt Barkhausen. Höfe und Familien in Westfalen<br />

und Lippe, Band 1. Horn in Lippe.<br />

Mannheimer, Hildegard 1998: Besprechung „Gebaute<br />

Welten“. In: Kieler Blätter zur Volkskunde Heft 30, S.<br />

164-168.<br />

Reinhard, Wolfgang 2004: Lebensformen Europas. Eine<br />

historische Kulturanthropologie. München.<br />

Stiewe, Heinrich 1996: Ländliche Hausforschung in<br />

Norddeutschland – Ein Nachwort. In: Ländlicher<br />

Hausbau in Norddeutschland und den Niederlanden.<br />

Berichte zur Haus- und Bauforschung 4, S. 359-363.<br />

Stiewe, Heinrich 2001: „Fundamentaler“ Wandel? Ländlicher<br />

Hausbau des 16. Jahrhunderts in Ostwestfalen<br />

und an der mittleren Weser. In: The rural house from<br />

the migration period to the oldest still standing buildings.<br />

Ruralia IV, S. 76-89.<br />

Stiewe, Heinrich 2002: Der Amtsmeierhof Asemissen –<br />

Siedlungsstruktur und historische Gebäude. In: Der<br />

Amtsmeierhof Asemissen und das Amt Barkhausen, S.<br />

81-126.<br />

Vogtherr, Hans-Jürgen 2003: Buchbesprechung „Volkskunde<br />

in Niedersachsen“. In: Niedersächsisches Jahrbuch<br />

für Landeskunde Band 75, S. 360-362.<br />

Der Aufsatz erschien zuerst in<br />

„Der Holznagel“, 1-2/2006


Hirsche im<br />

Beltringharder Koog?<br />

Das Naturschutzgebiet (NSG) Beltringharder<br />

Koog entstand durch die Vordeichung der<br />

Nordstrander Bucht nach dem Deichschluss<br />

1987 und umfasst eine Fläche von 3.500 Hektar.<br />

Im letzten Frühjahr wurde in der staatlichen<br />

Naturschutzverwaltung und in den angrenzenden<br />

Gemeinden der Vorschlag diskutiert, im<br />

NSG Beltringharder Koog Hirsche auszusetzen.<br />

Begründet wurde das Ansinnen mit dem<br />

Argument, Rotwild gehöre zur natürlichen<br />

Fauna der Region, habe aber leider keine<br />

Chance, den Koog zu erreichen und diesen<br />

von sich aus zu besiedeln.<br />

Der Naturschutzverein Uthlande hat sich<br />

mit der Thematik auseinandergesetzt und sich<br />

nach langer intensiver Diskussion gegen das<br />

Aussetzen von Hirschen in diesem Schutzgebiet<br />

ausgesprochen.<br />

Folgende Gründe sprechen nach Meinung<br />

des Vereins gegen eine derartige Maßnahme:<br />

– In der Naturschutzverordnung des Beltringharder<br />

Kooges ist als oberstes Ziel für den<br />

größten Teil des Gebietes die natürliche Entwicklung<br />

festgeschrieben. Eine Einführung<br />

von Arten widerspricht diesem Ziel diametral.<br />

Rotwild würde als Großherbivor die Entwicklung<br />

der Vegetation des Koogs erheblich verändern.<br />

– Wenn es um das Offenhalten geeigneter<br />

Flächen für Gänse und andere Wiesenvögel<br />

geht, sind Rinder und Schafe gezielter einsetzbar<br />

und leichter zu managen.<br />

– Der Naturschutz hat sich bisher aus gutem<br />

Grund als Bewahrer der Tier- und Pflanzenarten<br />

verstanden, die in einem Gebiet von<br />

Natur aus vorkommen. Er sorgt sich um gefährdete<br />

und seltene Arten, indem er deren Lebensgrundlagen<br />

erhält. Dies ist angesichts des<br />

Artensterbens, der drastischen Veränderung<br />

der Landschaft, der Stoffeinträge durch<br />

Niederschläge und des Klimawandels oft nur<br />

durch gezielte Pflegemaßnahmen in den Biotopen<br />

möglich. Der Beltringharder Koog ist<br />

diesbezüglich ein extremes Beispiel. Hier wurde<br />

sogar ein künstlich geschaffenes Gebiet als<br />

Ersatzbiotop für verlorengegangene Flächen<br />

geplant und unterhalten. Sicherlich ist dies an<br />

sich schon ein Grenzfall, der dem ursprünglichen<br />

Gedanken des Naturschutzes nicht ganz<br />

entspricht, um es vorsichtig zu formulieren.<br />

Unsere Gewöhnung an künstliche Eingriffe<br />

darf aber nicht dazu führen, dass wir dazu<br />

übergehen, den Koog mit erwünschten Arten<br />

aktiv zu besiedeln. Dies wäre ein Schritt mit<br />

weitreichenden, unvorteilhaften Konsequenzen<br />

für den gesamten Naturschutz.<br />

– Der Naturschutz leitet seinen Anspruch,<br />

Tiere und Pflanzen dort zu schützen, wo sie<br />

vorkommen, daraus ab, dass sie dort von Natur<br />

aus vorkommen. Wir schützen zum Beispiel<br />

die Orchideen in Feuchtwiesen, auch<br />

wenn es die Begehrlichkeiten des Menschen<br />

stört. Erinnert sei an die Diskussion um die<br />

Rotbauchunken, die die Autobahnplanung erschweren<br />

und die Feldhamster, die den Bau eines<br />

Klinikums an einer bestimmten Stelle verhindern.<br />

Dieser Grundsatz ist letztlich die<br />

schärfste Waffe der Naturschutzverwaltung<br />

und der Verbände in täglich wiederkehrenden<br />

Konflikten. Wenn wir nun anfangen, Orchideen<br />

zu pflanzen und die Landschaft nach<br />

Gutdünken mit Arten zu möblieren, geben<br />

wir den Anspruch auf, die Arten in ihrem natürlichen<br />

Lebensraum zu schützen. Dies ist ein<br />

Wechsel in der Naturschutzphilosophie, dessen<br />

Konsequenzen weit über den Einzelfall<br />

hinausgehen.<br />

– Für künstlich angesiedelte Arten würde in<br />

Zukunft der behördliche und ehrenamtliche<br />

„Naturschutz“ verantwortlich gemacht. Die<br />

Schäden, die Hirsche im Maisfeld des benachbarten<br />

Kooges anrichten würden, wären keine<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

33


Fotomontage: GK<br />

Schicksalsschläge mehr, sondern von denen zu<br />

verantworten, die die Tiere ausgesetzt haben –<br />

gemäß der alten Bauernregel: „Wer gräsen will,<br />

muss zäunen!“<br />

– Hirsche können im Straßenverkehr gefährlich<br />

und wegen ihrer Größe an lebensbedrohenden<br />

Unfällen beteiligt sein. Etwaige<br />

Unfälle würden dem „Naturschutz“ zur Last<br />

gelegt. Ein von uns konsultierter Forstpräsident<br />

meinte nur lapidar: „Wer keinen Ärger<br />

hat, schaffe sich Rotwild an!“<br />

– Es wird argumentiert, dass die Hirsche in<br />

unsere Küstenlandschaft gehörten und nur leider<br />

keine Chance hätten, von allein einzuwandern.<br />

Man müsse deshalb nur etwas nachhelfen.<br />

Diese Argumentation setzt voraus, dass<br />

man weiß, „was wohin gehört“. Welche Arten<br />

„gehören“ in einen künstlich geschaffenen Naturschutzkoog<br />

mit von Menschen überwachter<br />

Be- und Entwässerung? Hirsche? Elche? Biber?<br />

Wisente? oder Wölfe? Welche Artenzusammensetzung<br />

sollte man als Zielvorstellung<br />

heranziehen? Wenn man weiterhin überlegt,<br />

welches Zeitalter man als Referenz nehmen<br />

soll, offenbart sich die Problematik des Ansatzes.<br />

Das Argument „Hirsche gehören hier hin“<br />

34 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

ist nicht zu Ende gedacht.<br />

Es ist auch nicht auf einzelne<br />

Arten zu begrenzen und<br />

lässt sich bei Bedarf ausweiten<br />

oder auch umkehren.<br />

Gehören die Ringelgänse<br />

hier hin?<br />

– Wenn Hirsche, wie behauptet,<br />

nicht auf natürliche<br />

Weise zu uns gelangen<br />

können, dann hieße das für<br />

eine zukünftige Population,<br />

dass sie von anderen<br />

Beständen isoliert bleiben<br />

würde. Sie würde<br />

zwangsläufig genetisch verarmen.Inzuchtphänomene,<br />

Krankheiten und Degenerationserscheinungen<br />

sind zu erwarten und der<br />

Ruf nach weiteren Eingriffen<br />

(Hege!) ist vorprogrammiert.<br />

– Befürworter des Aussetzens von Hirschen<br />

behaupten, es wäre eine Maßnahme wie „die<br />

Einbürgerung des Uhus“. Dieser Vergleich ist<br />

nicht richtig im Hinblick auf den genetischen<br />

Austausch und problematisch, weil der Hirsch<br />

als Pflanzenfresser einen wesentlich größeren<br />

Einfluss auf die Sukzession und die Zusammensetzung<br />

der Vegetation hat. Selbst die<br />

Einbürgerung des Uhus hatte auf andere Vogelarten<br />

schon erhebliche, aus Sicht des Naturschutzes<br />

zum Teil besorgniserregende Konsequenzen.<br />

Aus den von Uhus bewohnten Wäldern<br />

sind Habichte, Sperber und Kolkraben<br />

nahezu vollständig verschwunden.<br />

Alle diese Argumente lassen uns zu dem<br />

Schluss kommen, dass wir als betreuender Verband<br />

gut daran tun, von diesem Eingriff dringend<br />

abzuraten.<br />

Friedrich L. Twenhöven<br />

Dr. F. Lütke Twenhöven ist Biologe und Lehrer<br />

an der Hermann-Tast-Schule Husum. Er ist<br />

Mitglied im Vorstand des Naturschutzvereins<br />

Uthlande e.V.


Beitrag zur<br />

Gartendenkmalpflege<br />

Schriftenreihe des Kieler Landesamtes für<br />

Denkmalpflege, Mitteilungen zur Denkmalpflege,<br />

Heft 4 „Gartendenkmalpflegerische Grundlagenuntersuchungen<br />

zum Christiansenpark, Alten<br />

Friedhof und Museumsberg in Flensburg“. Texte<br />

von Dr. Ing. Ingrid Wettig-Homm, Margita<br />

Meyer. 40 S. LfD Kiel 2005.<br />

Mit dem vier Hektar großen Christiansenpark<br />

hat die Stadt Flensburg 1992 das bedeutendste<br />

Gartendenkmal der Stadt erworben.<br />

Sie rettete damit einen der ersten bürgerlichen<br />

Landschaftsgärten Schleswig-Holsteins vor der<br />

endgültigen Parzellierung und Bebauung. In<br />

den Jahren 1995-97 wurde im Auftrag der<br />

Stadt Flensburg ein Parkpflegewerk erstellt,<br />

mit dem Ziel, die drei Freiflächen der „Westlichen<br />

Höhe“ wieder in einen ästhetischen Zusammenhang<br />

zu bringen. Die gartendenkmalpflegerischen<br />

Gutachten enthalten die wichtigsten<br />

Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen,<br />

die kontinuierlich umgesetzt werden sollen.<br />

Ein Großteil der in den gartendenkmalpflegerischen<br />

Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen<br />

wurde in den letzten Jahren bereits<br />

verwirklicht. Seit der Umsetzung der Verwaltungsreform<br />

in Flensburg 1998 kam es jedoch<br />

vorerst zu einem Stopp der weiteren Umsetzungsschritte.<br />

NEUE BÜCHER<br />

Ausgehend von den Abhängen des Museumsberges<br />

über den Alten Friedhof bis hin<br />

zu den Resten der alten Knicklandschaft ganz<br />

im Westen des Christiansenparks entstand eine<br />

intakte historische Denkmallandschaft. Mit<br />

der Restaurierung des Christiansenparks ist es<br />

der Stadt Flensburg gelungen, ihren Bürgern<br />

einen Park zur Verfügung zu stellen, der den<br />

romantischen Charakter eines historischen<br />

Landschaftsgartens eindrucksvoll erleben lässt.<br />

(Auszug aus dem Vorwort)<br />

Die Schrift aus dem LfD gibt einen hervorragenden<br />

Überblick über die interessante romantische<br />

Parkanlage und ist mit vielen<br />

Zeichnungen und Farbfotos reich illustriert.<br />

Wenn man das Heft nur durchgeblättert hat,<br />

möchte man sich sofort auf den Weg nach<br />

Flensburg machen. Es ist zu beziehen beim<br />

LfD (Anschrift: s. S. 42)<br />

GK<br />

Ein Naturschützer<br />

der ersten Stunde<br />

zum 100. Todesjahr von Joachim Rohweder<br />

(1841-1905)<br />

Sein Grabstein liegt auf dem Klosterfriedhof<br />

in Husum; sein Gedenkstein steht hinter<br />

denMildstedter Tannen, nicht weit von der<br />

Husumer Au entfernt; sein 100. Todestag am<br />

29.12.2005 wäre für die Husumer eine gute<br />

Gelegenheit, eines hochgeachteten Bürgers zu<br />

gedenken. Er war Vorsitzender des Bürgervereins<br />

sowie des Stormschen Gesangvereins und<br />

Gründer des Tierschutzvereins. Als Oberlehrer<br />

für die gesamten Naturwissenschaften am Königlichen<br />

Gymnasium in Husum tätig, wirkte<br />

er fast 40 Jahre ununterbrochen als Erzieher,<br />

Forscher, Natur- und Tierschützer. Heute gilt<br />

er als der erste und einer der bedeutendsten<br />

wissenschaftlichen Ornithologen Schleswig-<br />

Holsteins, ein „Altmeister der Vogelkunde“<br />

und „Klassiker der ornithologischen Literatur“.<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

35


Nach eigener Aussage hat Rohweder seit<br />

1865 „das Studium und die Beobachtung der<br />

einheimischen Vogelwelt mit Ernst und freudiger<br />

Hingabe betrieben“. Von Husum aus<br />

konnten „im Sommer fast täglich kleinere und<br />

größere Exkursionen zu Wasser und zu Lande<br />

gemacht, die fernen Landestheile zu verschiedenen<br />

Zeiten des Jahres öfters besucht werden.<br />

Auge und Ohr aber waren von Jugend auf geübt,<br />

nach Befiederung, Haltung, Flug und<br />

Stimme die Vögel zu erkennen und bedurften<br />

nur selten einer Unterstützung durch Tubus<br />

und Doppelflinte“. Seine feldornithologische<br />

Forschung hat zu 56 Veröffentlichungen geführt,<br />

aus denen noch heute zitiert wird und<br />

die sich dank ihrer literarischen Qualität mit<br />

Vergnügen lesen lassen.<br />

Sein 1975 in Husum erschienenes Buch<br />

„Die Vögel Schleswig-Holsteins und ihre Verbreitung<br />

in der Provinz nebst einer graphischen<br />

Darstellung ihrer Zug- und Brutverhältnisse“<br />

machte ihn in deutschen Ornithologenkreisen<br />

bekannt. Diese Arbeit ist auch heute<br />

noch von großem Interesse, da ein Vergleich<br />

mit dem heutigen Artenbestand die eingetretenen<br />

Verluste erkennen lässt. Weitgehend verschwunden<br />

bei uns als Brutvögel sind z. B.<br />

Großtrappe, Schlangenadler, Wendehals,<br />

Nachtschwalbe, Wiedehopf und Pirol.<br />

36 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Als anerkannter Fachmann war Rohweder<br />

von 1876-88 für die deutsche ornithologische<br />

Gesellschaft als Beobachter und Sachbearbeiter<br />

tätig. Er veranstaltete Führungen u. a. zu<br />

den Seevogelbrutstätten auf den Inseln und<br />

Halligen. Als Bearbeiter der Stichwörter Störche,<br />

Schnepfen, Seeschwalben, Möwen und<br />

Raubmöwen hatte er an dem Standardwerk<br />

„Naumanns Naturgeschichte der Vögel Europas“<br />

einen großen Anteil. Diese Tätigkeiten fielen<br />

in eine Zeit, in der der Naturschutzgedanke<br />

im allgemeinen Bewusstsein noch nicht existierte:<br />

Man betrieb bedenkenlos Vogelfang,<br />

stellte allen Greifvögeln nach, plünderte radikal<br />

die Nester der Seevogelkolonien und<br />

schoss als Spaß für die Badegäste den Helgoländer<br />

Vogelfelsen leer.<br />

Die daneben von der zunehmenden Ausdehnung<br />

und Intensivierung der Landwirtschaft<br />

ausgehende Bedrohung erkannte und<br />

beschrieb Rohweder bereits 1878 in seiner<br />

Schrift „Die Kultur – die schlimmste Feindin<br />

der Vögel“. Tatkräftig setzte er sich als einer der<br />

ersten für den Schutz aller Vögel ein, egal ob<br />

sie „einzelnen Berufsklassen nützlich oder<br />

schädlich sind“. Sein Credo lautete: „Je vielseitiger<br />

die Vogelgattungen vertreten sind, je<br />

schöner belebt sich das All, je mehr werden<br />

Herz und Geist erfüllt von der Schönheit und<br />

Großartigkeit der Schöpfung.“ Ihm verdanken<br />

wir, dass die schleswig-holsteinische Regierung<br />

die erforderlichen Schritte tat, um die berühmten<br />

Vogelkolonien auf Sylt, Norderoog,<br />

Süderoog und anderen Inseln und Halligen<br />

vor dem Untergang zu retten. Es gelang ihm,<br />

eine jahrelange polizeiliche Überwachung der<br />

Eiersammler durchzusetzen und auch eine gesetzliche<br />

Regelung dieses Problems zu erreichen.<br />

Erst zwei Jahre nach Rohweders Tod erhält<br />

der Naturschutz durch Einrichtung der<br />

Provinzialstelle für Naturdenkmalpflege in<br />

Schleswig-Holstein staatliche Unterstützung<br />

und eine gesetzliche Grundlage.<br />

Dr. Dietrich Koch<br />

Joachim Rohweder (1841–1905) und „Die<br />

Vögel Schleswig-Holsteins“ ca.8 Seiten, zahlr.,<br />

teils farb. Abb., br.<br />

ISBN 10: 3-89876-241-6


„Kulturkarte Schleswig-Holstein“<br />

nach 14 Tagen<br />

bereits in 2. Auflage erschienen:<br />

1000 mal Kultur entdecken<br />

Die Kulturkarte Schleswig-Holstein ist im<br />

Oktober 2005 erschienen, bearbeitet von Eva<br />

von Engelberg-Dockal. Sie geht in ihrer Konzeption<br />

auf eine Idee des ehemaligen Landeskonservators<br />

Dr. Hartwig Beseler zurück, der<br />

1972 mit dieser populären, auf die Darstellung<br />

der unterschiedlichen Elemente der historischen<br />

Kulturlandschaft zielenden Variante<br />

der Kulturvermittlung einen unerwarteten Erfolg<br />

erzielte. Nach der wiederum schnell vergriffenen<br />

Neuauflage aus dem Jahre 1981 gibt<br />

das Landesamt für Denkmalpflege nun die<br />

Kulturkarte in der bewährten Kombination<br />

aus Kartenteil und erläuterndem Kommentarband<br />

heraus, allerdings in modernem Layout<br />

in einer Sichthülle und einem praktischen Taschenformat.<br />

Die Kulturkarte Schleswig-Holstein soll der<br />

einheimischen Bevölkerung wie dem an der<br />

Geschichte und der Kultur unseres Landes<br />

interessierten Touristen gleichermaßen als<br />

handliches und spontan einsetzbares Instrument<br />

dienen. Durch Texte, Karten und Abbildungen<br />

vermittelt die Kulturkarte eine konzentrierte<br />

Darstellung von den wichtigsten<br />

und in großen Teilen öffentlich zugänglichen<br />

Kulturdenkmalen im Lande. Obwohl auf eine<br />

Auswahl des kulturellen Erbes beschränkt, erhebt<br />

die Kulturkarte insgesamt den Anspruch,<br />

die geschichtliche Eigenart und die Unverwechselbarkeit<br />

der baulichen und künstlerischen<br />

Überlieferung in Schleswig-Holstein in<br />

einem repräsentativen Überblick darzustellen.<br />

Mit dem Kennenlernen der vielfältigen Denkmalgattungen<br />

soll die Aufforderung verbunden<br />

sein, die Zeugnisse unserer Geschichte<br />

und Kultur zu pflegen und zu bewahren. Mit<br />

jedem Verlust nicht reproduzierbarer, kulturgeschichtlich<br />

wertvoller Objekte ist eine Beeinträchtigung<br />

der über Generationen gewachsenen<br />

historischen Städte und Landschaften<br />

verbunden, dem allein durch ein breites<br />

öffentliches Interesse an der Geschichte und<br />

Kultur unseres Landes entgegengewirkt werden<br />

kann. Gemäß der heute erweiterten Begriffsdefinition<br />

für Kulturdenkmale und des<br />

aktuellen Erkenntnisstandes des Landesamtes<br />

für Denkmalpflege ist die Zahl der angesprochenen<br />

Objekte gegenüber den ersten Karten<br />

auf über 1 000 gewachsen. Insgesamt wurden<br />

1 099 Objekte ausgewählt. In der Kulturkarte<br />

werden neben einer Auswahl archäologischer<br />

und klassischer Denkmale (wie Kirchen, Klöster,<br />

Dome, Herrenhäuser, Schlösser, Haubarge,<br />

Bauernhäuser usw.) auch eine Reihe Gärten<br />

und Parks, technische Denkmale (Windmühlen,<br />

Leuchttürme, Schleusen usw.), aber<br />

auch Zeugnisse jüngster Baukultur bis in unsere<br />

Gegenwart vorgestellt. Daneben finden sich<br />

auch Hinweise auf zahlreiche Museen. Der<br />

Textband umfasst 154 Seiten mit etwa 125<br />

farbigen Abbildungen von Friedhelm Schneider.<br />

Für nahezu alle Objekte wird eine Kontakt-Telefonnummer<br />

angegeben bzw. eine<br />

Internetadresse, wenn man sich vor einer Reise<br />

weitere Informationen besorgen möchte. Für<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

37


zehn historische Städte des Landes werden<br />

spezielle Innenstadtpläne angeboten, die eine<br />

Auffindbarkeit der Kulturdenkmale erleichtern.<br />

Auf der Karte werden die Objekte durch<br />

ein leicht verständliches Piktogramm dargestellt,<br />

eine Seitenzahl verweist auf das Begleit-<br />

Ein Tagebuch in Bildern<br />

Margareta Erichsen †<br />

Am 18. August 1916 wurde Margareta<br />

Erichsen in Flensburg geboren. Ihr Vater war<br />

Malermeister mit künstlerischem Geschick,<br />

der auch Ölgemälde auf die Leinwand brachte<br />

und mit dessen Bildern sie aufgewachsen war.<br />

Schon in der Schule fiel ihre Begabung für<br />

Malen und Zeichnen auf. Nach dem Abschluss<br />

der Mittelschule begann sie eine Hauswirtschaftslehre<br />

auf Gut Gelting. In ihrer Freizeit<br />

zeichnete sie, und im Sommer 1937<br />

schrieb sie sich an der Meisterschule in Flensburg<br />

ein. 1941 wurde Margareta Erichsen an<br />

der Kunstakademie Karlsruhe aufgenommen,<br />

wo sie Schriftgestaltung<br />

und Architekturzeichnen<br />

lernte. Sie wechselte 1943<br />

an die Akademie in München,<br />

um sich im Fach Buchillustration<br />

ausbilden zu<br />

lassen.<br />

Zurückgekehrt nach<br />

Flensburg, begann sie Altstadtmotive<br />

zu zeichnen,<br />

zum Beispiel die Höfe am<br />

Holm und das alte Johannisviertel<br />

mit seinen vielgestaltigen<br />

Häusern aus dem<br />

17./18. Jahrhundert. 1947<br />

hatte sie dies Viertel komplett<br />

dokumentiert. Einige<br />

Bilder dieser umfangreichen<br />

Serie sind heute die<br />

einzigen vorhandenen Dokumente<br />

bestimmter Ge-<br />

38 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

MELDUNGEN<br />

heft. Im Begleitheft ist bei jedem Objekt das<br />

Planquadrat auf der Karte angegeben.<br />

12 x 20 cm, 154 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />

Karte und Buch als Set in Klarsichthülle,<br />

Wachholtz Verlag Neumünster.<br />

ISBN 3-529-08006-3<br />

bäude. Hier hat die Künstlerin ihr Gespür für<br />

den drohenden Verlust historischer Gebäude<br />

entwickelt, welches sie ihr ganzes Künstlerleben<br />

hindurch leitete. Sie wollte die Veränderungen<br />

festhalten.<br />

Drei Jahre studierte sie bis 1950 an der Akademie<br />

in Kopenhagen und machte sich in<br />

Flensburg mit dem Atelier Erichsen selbstständig.<br />

Sie lieferte u. a. Illustrationen für Flensborg<br />

Avis und kalligraphische Arbeiten. Mehrere<br />

große Studienreisen führten Margareta<br />

Erichsen durch Dänemark, Frankreich und<br />

Italien. Aber immer wieder suchte sie die<br />

Westküste in Nordfriesland auf, um hier zu<br />

malen.<br />

1963 heiratete Margareta Erichsen den<br />

Journalisten Wilhelm Ludwig Andresen aus<br />

Die Süderstraßen-Ausstellung1996 im Husumer Rathaus war die bis dahin<br />

meist besuchte des Kunstvereins. Margareta Erichsen lud dazu ihre<br />

Klassenkameradinnen aus der Mittelschulzeit ein und erläuterte den staunenden<br />

alten Damen ihre Kunstwerke. Foto: GK


Kating, mit dem sie nach Husum zog. Damit<br />

wurde Nordfriesland zum Mittelpunkt ihres<br />

Schaffens. Ihre Ausdauer, ja Beharrlichkeit, ein<br />

Thema umfassend zu bearbeiten, wird deutlich<br />

an der Darstellung der Husumer Süderstraße.<br />

Sie zeigt alle 138 Häuser, zum Teil auch<br />

die zahlreichen Veränderungen, die im Laufe<br />

der drei Jahrzehnte währenden Arbeit auftraten.<br />

Die Ausstellung dieser Bilder im Husumer<br />

Rathaus, 1996, fand viele begeisterte Besucher.<br />

Nur wenige hatten etwas von diesen Bildern<br />

gewusst, denn die Künstlerin, die bescheiden<br />

und zurückgezogen lebte, verkaufte ihre Bilder<br />

nicht. Wem das Erlebnis zuteil wurde, mit<br />

Margareta Erichsen ihre Bilder zu betrachten,<br />

der begriff bald, warum. Sie las darin wie in einem<br />

Tagebuch. Es waren ihre Tagebuch-Blätter.<br />

Sie hatte sich bereits früh an Ausstellungen<br />

in Flensburg, auf Sylt und in Fredericia betei-<br />

Rasen, Rosen und Rabatten…<br />

…unter dieser Überschrift werden am<br />

Tag des offenen Denkmals am 10. September<br />

2006 Gebäude und Gärten geöffnet.<br />

In Nordfriesland sind zwei Objekte zu besichtigen:<br />

Der bekannte ‚Hochdorfer Garten‘<br />

in Tating und der noch kaum bekannte Inselgarten<br />

am Pynackerhof im Nordstrander Trendermarschkoog,<br />

der sich in einer Planungsphase<br />

zur Rekonstruktion des ursprünglichen<br />

Gartenbildes befindet.<br />

Der Hochdorfer Garten, ein historischer<br />

Park…<br />

… ist im Besitz der „Stiftung der Eheleute<br />

Jacob Richardsen und Doris, geb. Bruchwitz<br />

zu Hochdorf“.<br />

Durch Testament hatte Jacob Richardsen<br />

den Haubarg Hochdorf samt Garten und<br />

Land zur Stiftung erhoben. Nach seinem<br />

Willen sollte vor allem der Garten für alle Zeiten<br />

zu einem öffentlichen Dorfpark erhalten<br />

werden. Heute gehört nur noch der Garten zu<br />

der Stiftung.<br />

ligt. In den 1970er Jahren und danach gab es<br />

Einzelausstellungen auf Mikkelberg in Hattstedt,<br />

in Keitum, im Nissenhaus, im Husumer<br />

Rathaus, im Flensborg Hus, in Tetenbüll und<br />

schließlich 2004 in der Niebüller Bücherei, die<br />

ihre letzte sein sollte.<br />

Nach der Gründung der IG Baupflege<br />

Nordfriesland hat Margareta Erichsen an verschiedenen<br />

Projekten mitgewirkt, so an der<br />

Herausgabe des Buches „Vergessene Häuser“,<br />

das mit ihren Aquarellen illustriert ist. In der<br />

IGB-Schriftenreihe sind auch die Biographie<br />

der Künstlerin von Klaus Kahrmann und zwei<br />

Schriften zu Ausstellungen über „Die Husumer<br />

Süderstraße“ und „Häuser und Höfe in<br />

Eiderstedt“ erschienen.<br />

Margareta Erichsen hat zeitig dafür gesorgt,<br />

dass ihr lückenloser künstlerischer Nachlass einen<br />

von ihr selbst gewählten Platz erhalten<br />

wird. Gerd Kühnast<br />

Der rund 4 ha große Hochdorfer Gartenwurde<br />

wahrscheinlich 1764 zusammen mit<br />

dem Bau des Haubarges neu im französischen<br />

Stil angelegt. Seine wichtigen Elemente sind<br />

ein Lindenparterre und zehn, axial-symetrisch<br />

auf die Hauptfront des Haubargs ausgerichtete<br />

Pflanzquartiere, die von mehr als 120 Meter<br />

langen Lindenalleen eingerahmt werden.<br />

Noch vor 1873 erfolgte der Bau des Schweizer-Hauses<br />

als Sommerhaus, das letzte erhaltene<br />

Beispiel seiner Art im Lande. Seit dieser<br />

Zeit werden im Garten auch exotische Gehölze<br />

angepflanzt.<br />

Ab 1886 wurde der Garten um mehrere<br />

Obstbaumquartiere nördlich und südlich des<br />

barocken Gartens erweitert, und es erfolgte die<br />

Anlage einer romantischen Partie im landschaftlichen<br />

Stil. Dazu gehört die um 1900 errichtete<br />

künstliche Ruine am südlichen Rand, die einem<br />

Gemälde Caspar David Friedrichs von der<br />

Burgruine des Oybin nachgebildet sein soll.<br />

Durch die Richardsen-Bruchwitz Stiftung<br />

wurde 1994/95 die Firma EGL mit der Re-<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

39


Hochdorfer Garten in Tating<br />

konstruktion des Parks betraut. Obwohl der<br />

Garten in seiner Grundstruktur weitgehend<br />

erhalten war, stellte die starke Schädigung der<br />

Lindenalleen ein erhebliches Problem dar. Vor<br />

diesem Hintergrund wurden folgende Maßnahmen<br />

zur Rekonstruktion des Gartens vorgeschlagen:<br />

- Ergänzung des Lindenparterres,<br />

- Rodung und Nachpflanzung geschädigter<br />

Gehölze,<br />

- Rekonstruktion der barocken Alleen und<br />

Wegeführungen,<br />

- Wiederherstellung wichtiger Sichtbeziehungen,<br />

- Neupflanzung der Obstwiesen.<br />

1996/7 wurden entsprechende Baumaßnahmen<br />

durchgeführt.<br />

40 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Hochdorfer Garten<br />

Der Barockgarten<br />

A Haubarg<br />

B Lindenquartier<br />

C Lindenallee<br />

D Lindenlauben<br />

E Quergraft mit Brücke<br />

F Ehrenmal<br />

Der landschaftliche Garten<br />

G Schweizer Haus<br />

H Ruine<br />

I Teich Laubgehölze<br />

Der übrige Garten<br />

J Obstbaumquartier<br />

Das Schweizer Haus wurde restauriert und<br />

für die Neunutzung als Gaststätte vorbereitet.<br />

Die Ruine wurde in diesem Jahr nach einer<br />

Untersuchung saniert und restauriert. Seit<br />

kurzem ist dies spätromantische Detail des<br />

Landschaftsparks nach Einbruch der Dämmerung<br />

„neospätromantisch“ beleuchtet.<br />

Im vergangenen Jahr wurde das 100jährige<br />

Bestehen der Stiftung mit einem Parkfest gefeiert.<br />

Zum Tag des offenen Denkmals am 10. September<br />

2006 gibt es eine Führung durch den<br />

Park, die Haubargdiele ist geöffnet, und der<br />

Künstler Dieter Staaken liest aus Geschichten<br />

über diesen Schauplatz. Nähere Angaben in der<br />

Tagespresse.


Pynackerhof mit Inselgarten<br />

Der im Trendermarschkoog gelegene Pynackerhof<br />

wurde nach der großen Sturmflut<br />

von 1634 im Jahre 1670 wieder aufgebaut.<br />

Damals mussten Niederländer für die Wiederbedeichung<br />

zu Hilfe geholt werden. Der Trendermarschkoog<br />

war 1663 als dritter Koog auf<br />

der Insel wieder eingedeicht. Nach einem<br />

Niederländer, Willibrord Pynacker, hat der<br />

Hof auch seinen Namen erhalten.<br />

Durch Feuer und Sturm wurde dieser Hof<br />

mehrere Male vernichtet und letztmalig 1896<br />

auf den Fundamenten seiner Vorgänger erstellt.<br />

1989 erwarb die Familie Moseler den<br />

Hof, der sich damals in einem sehr schlechten<br />

Zustand befand. In über zehnjähriger Arbeit<br />

hat die Familie Moseler diesen Hof wieder in<br />

alter Pracht erstrahlen lassen. Es wurden keine<br />

Mühe und Kosten gescheut, um alles wieder<br />

so herzurichten, wie es früher einmal war.<br />

Aber nicht nur der restaurierte Hof ist heute<br />

ein Kulturdenkmal, sondern auch der von<br />

einer Graft umgebene, unterhalb der hohen<br />

Warft nach Südwesten gelegene Garten.<br />

Die uralten Bäume, Eschen, Linden, Erlen<br />

und Ahorn sowie fast hundertjährige Apfel- und<br />

Birnbäume, lassen ahnen, wie schön dieser Garten<br />

einmal gewesen ist. Pläne hierfür gibt es<br />

nicht mehr. Aber viele Spuren sind auffindbar.<br />

Die Familie Moseler hat sich jetzt vorgenommen,<br />

auch diesen Garten wieder im alten Glanz<br />

erstrahlen zu lassen. Die Planungen für eine Rekonstruktion<br />

der früheren Gartenanlage sind so<br />

weit gediehen, dass der große Rahmen der Anlage<br />

schon abgesteckt werden konnte.<br />

Die Gartenarbeiten sind im vollen Gange,<br />

und am 10. September, dem Tag des offenen<br />

Denkmals mit dem Motto „Rasen, Rosen und<br />

Rabatten“ werden schon einige freigelegte<br />

Spuren zu besichtigen sein. Die alte Sitzgrotte,<br />

die ehemalige Lindenlaube, das Rondeel usw.<br />

zeigen den Besuchern, wie schön es früher gewesen<br />

sein muss. Ein spannendes Unternehmen,<br />

dessen Fortgang man in den nächsten<br />

Jahren verfolgen kann<br />

Ab Anfang August weitere Programm-Infos<br />

unter: http://tag-des-offenen-denkmals.de/kontakt/<br />

und Tagespresse<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

41


Eine wiederkehrende Anfrage<br />

„…ich habe kürzlich in Plönjeshausen ein<br />

Haus mit Pferdeköpfen am Giebel gesehen –<br />

jedoch schauen sie sich an und sind nicht Rücken<br />

an Rücken, wie es üblich ist bei den<br />

Niedersachsenhäusern. Der Eigentümer sagte<br />

mir, dass es eine Bedeutung hat, er wusste diese<br />

jedoch nicht mehr. Es hätte wohl etwas mit<br />

einer Einheirat auf diesem Hof zu tun.<br />

Können Sie mir diese Frage beantworten?“<br />

Liselotte Gundermann, 27432 Bremervörde<br />

Liebe Frau Gundermann,<br />

die Bedeutung der Pferdeköpfe ist ein umstrittenes<br />

Kapitel in der Heimatkunde. Durch<br />

ihre prominente Position „on top off“ hat man<br />

ihnen allerlei Zauber und Bedeutung beigemessen.<br />

Dies wurde im schulischen Heimatkundeunterricht<br />

der 1920er bis 70er Jahre verbreitet,<br />

so dass heute manch alter Herr aus einem<br />

Traditionsstrang zu berichten scheint,<br />

dessen Wissen aber dort seine Quelle hat. Keine<br />

Frage wird auf meinen vielen Vorträgen<br />

über Bauernhäuser des Elbe-Weser-Dreiecks<br />

öfter gestellt, als eben die danach, ob denn die<br />

Pferdeköpfe nach innen oder nach außen gucken<br />

sollten.<br />

Die Hausforschung hat eine klare Position<br />

dazu: Es gibt keinen damit verbundenen Sinn,<br />

42 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

keine versteckte Bedeutung.<br />

Der örtliche<br />

Tischler fertigte diese<br />

Bretter, die ja eine funktionelle<br />

Bedeutung für<br />

die Windfestigkeit des<br />

Weichdaches und die<br />

Bildung eines Eulenloches<br />

haben, nach seiner<br />

Schablone. Da die Bretter<br />

alle 30 bis 50 Jahre<br />

ausgewechselt wurden,<br />

änderten sie potentiell<br />

in eben diesem Abstand<br />

auch ihre Form, und die<br />

Pferde guckten mal<br />

nach innen und mal<br />

nach außen. Die absurdeste<br />

Deutung, die ich<br />

gefunden habe, sagt, dass die Position der Pferdeköpfe<br />

darüber Auskunft geben würde, ob<br />

der Bauer Erbe war oder nur eingeheiratet ist.<br />

Man stelle sich vor: Ein Mann, der sein Leben<br />

lang unter seinem minderen Status zu leiden<br />

hat, klettert auf den höchsten Punkt des Daches<br />

und demonstriert der Umwelt eben diese<br />

Tatsache – weltfremder geht es nicht.<br />

Ich habe für das von uns betreute Haus in<br />

Ostereistedt nach innen guckende Pferdeköpfe<br />

gewählt (s. Foto), mit folgender Begründung:<br />

Wenn das Haus schon unbewohnt ist und es<br />

für die Pferde so wenig zu gucken gibt und also<br />

große Langeweile herrscht, dann sollen sie<br />

sich wenigstens ansehen und die vorbeikommenden<br />

Menschen so auffordern, es ihnen<br />

gleich zu tun. In Wirklichkeit hat unser Tischler<br />

eben die schönste alte Form nachgearbeitet,<br />

die er hatte. Eins aber ist wichtig: Immer muss<br />

die Form aus der Breite eines wirklichen Brettes<br />

geschnitten sein, denn Leimplatten o. Ä.<br />

gab es früher nicht und demnach auch nicht<br />

die vielen Antilopen- und Giraffenköpfe, die<br />

heute als schlecht gemachte Giebelzier auf den<br />

Häuser zu finden sind.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Dr. Wolfgang Dörfler, IGB Rotenburg


Helfen Sie unserer Arbeit mit Ihrer Mitgliedschaft<br />

Hiermit erkläre ich meinen Beitritt<br />

zur Interessengemeinschaft<br />

Baupflege Nordfriesland e.V.<br />

Die Mitgliedschaft kann ich<br />

jeweils 3 Monate vor Ende des<br />

Kalenderjahres schriftlich<br />

widerrufen.<br />

Sie dauert jedoch mindestens<br />

1 Jahr.<br />

Ich überweise als Jahresbeitrag<br />

€<br />

Termine<br />

Wiederaufbau des Poppenbüller Pastoratshaubargs<br />

Einladung zu einem Treffen<br />

am Sonnabend,<br />

den 2. September 2006,<br />

14.00 Uhr,<br />

an der Baustelle Pastoratshaubarg<br />

in Poppenbüll, Dorfstraße 5<br />

Der Pastoratshaubarg brannte nach<br />

fast vollendeter Sanierung im April<br />

2005 bis auf die Grundmauern nieder.<br />

Das Gebäude wird jetzt wieder<br />

aufgebaut. Das Haubarggerüst (Vierkant<br />

mit Schunk und Legbalken)<br />

steht bereits; die Neueindeckung mit<br />

Reet steht bevor. IGB-Mitglieder und<br />

Interessierte sind zu einem Baustellenbesuch<br />

herzlich eingeladen.<br />

Mindestbeitrag 25,– €<br />

Schüler, Auszubildende, Studenten<br />

(Bescheinigung beifügen)<br />

12,50 €<br />

Mitglieder des Vereins<br />

<strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong> 12,50 €<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

PLZ Ort<br />

Datum, Unterschrift<br />

Den Jahresbeitrag buchen Sie bitte ab von meinem Konto<br />

Nr.<br />

Bankinstitut, Bankleitzahl<br />

Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit widerrufen.<br />

Datum, Unterschrift<br />

Bitte heraustrennen und an ›IGB Nordfriesland, Süderstraße 30, 25821 Bredstedt‹ senden.<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

43


Interessengemeinschaft<br />

Baupflege Nordfriesland e.V.,<br />

Süderstr. 30, 25821 Bredstedt, Telefon 04671/60120,<br />

Fax 1333, E-Mail: igbaupflege@nordfriiskinstituut.de<br />

Vorsitzender: Gerd Kühnast, Parkstraße 4,<br />

25813 Husum, T. 04841-8038797<br />

stellv. Vorsitzender: Bert Ex, Am Kattberg 5,<br />

25779 Fedderingen, T. 04836-995856<br />

Kassenführer: Olaf Rohwedder, Dorfstraße 39,<br />

25889 Witzwort, T. 04864-397<br />

Schriftführer: vakant<br />

Beisitzerin: Ellen Bauer, Friddenbüller Weg 1,<br />

25882 Tetenbüll, T. 04862-1420<br />

Beisitzerin: Erika Eifler, Dorfstr. 34B,<br />

25853 Drelsdorf, T. 04671-943884<br />

Beisitzer: Jan Leseberg, Kehrwieder 2,<br />

25927, Rosenkranz, T. 04664-1087<br />

Beisitzerin: Traute Meyer, Takerwai 2,<br />

25980 Keitum, T.04651-31852<br />

IG Baupflege auf Föhr: Heie Sönksen-Martens, Buurnstrat<br />

48, 25938 Oevenum, Tel. 04681/2673<br />

IG Baupflege Nordfriesland, Arbeitsgruppe Sylt, Traute<br />

Meyer, Takerwai, 25980 Keitum, Tel. 04651/31852<br />

IG Baupflege Angeln, e.V., Berndt Lassen, Hoheluft 1,<br />

24881 Nübel, Tel. 04621/53110<br />

IG Baupflege Stapelholm im Förderverein Stapelholm<br />

e.V., Deert Honnens, Hauptstr. 23, 25878 Seeth, Tel.<br />

04881/7719<br />

IG Bauernhaus e.V. in den Elbmarschen, Ulla Mathieu,<br />

Diekhof 28, 25370 Seester-Kurzenmoor, Tel. 04125/230<br />

IG Bauernhaus e.V. im Kreis Plön, Eckhardt Wiese,<br />

Oberdorf 18, 24235 Laboe, Tel. 04343/1001<br />

IG Bauernhaus, e.V., Kontaktadressen:<br />

Kreis Ostholstein Thomas Mahro, Bliesdorfer Str. 31,<br />

23730 Schashagen, Tel. 04564/1069<br />

Kreis Stormarn, Annette Nasemann, Lindenalle 27,<br />

22946 Eichede, Tel. 04534/7943, Fax 04534/292062<br />

Hamburg/Vierlande, Werner Schröder, Kirchwerder<br />

Hausdeich 188, 21037 Hamburg, Tel. 040/7231598<br />

Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. Geschäftsstelle<br />

Postf. 1244, 28859 Lilienthal, Tel. 04792/7834, Fax<br />

04792/4717, amtierender Vorsitzender: Dr. Maschmeyer<br />

Ehrenvorsitzender: Julius Kraft, Huus Vertein, 27243<br />

Kirchseelte, Tel. 04206/7096<br />

Kreis Nordfriesland, Marktstraße, 25813 Husum - Untere<br />

Denkmalbehörde - Leitung Bauamt: Dietrich Storm,<br />

Tel. 04841/67644 Denkmalamt: Ute Watermann, (Baudenkmale)Tel.<br />

04841/67631 Sönke Zierow (Bodendenkmale),<br />

Tel. 04841/67320 Dorferneuerung: Frau Peters,<br />

Tel. 04841/67369<br />

Kulturamt, Kreisarchiv, Museen: Johanna Jürgensen,<br />

Schloß vor Husum, Tel. 04841/89730<br />

44 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

MAUERANKER-SERVICE: WER IST WO?<br />

Kreisverwaltung Schleswig/Flensburg Kreishaus,<br />

Flensburger Straße 7, 24837 Schleswig, Denkmalamt:<br />

Friedrich Wilhelm Wenner, Tel. 04621/87329<br />

Landesamt für Denkmalpflege<br />

Leitung: Dr. Michael Paarmann, Sartori & Bergerspeicher,<br />

Wall 47-51, 24103 Kiel, Tel. 0431/6967760, Fax<br />

6967761, E-Mail: denkmalmt@ld.landsh.de<br />

Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein<br />

Leitung: Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim,<br />

Schloß Annettenhöh, Brockdorff-Rantzau-Straße 70,<br />

24873 Schleswig, Tel. 04621/3870<br />

Denkmalfonds Schleswig-Holstein e.V.<br />

Postfach 1864, 24017 Kiel, Werner Helms-Rick,<br />

Geschäftsführer: Dr. Bernd Brandes-Druba, Tel.<br />

0431/5335-553; Fax: 5335-660.<br />

E-Mail: DenkmalfondsSH@SGVSH.de<br />

Sparkassenstiftungen Schleswig-Holstein<br />

Postfach 4120, 24100 Kiel, Präsident Olaf Cord Dielewicz,<br />

Tel. 0431/5335-553; Fax: 5335-660, E-Mail: Sparkassenstiftungen@SGVSH.de,<br />

Homepage: www.sparkassenstiftungen.de<br />

Zentralstelle für Landeskunde des Schleswig-Holsteinischen<br />

Heimatbundes (SHHB) Vors. Prof. Dr. Carl I. Johannsen,<br />

Geschäftsführer Dr. Willy Diercks, Hamburger<br />

Landstr. 101, 24113 Molfsee,<br />

Tel. 0431/98384-0, Fax 0431/9838423,<br />

E-Mail: shhb.lv@t-online.de<br />

Akademie für die Ländlichen Räume<br />

Vorsitzender: Rüdiger von Plüskow, Geschäftsführer:<br />

Horst Müller, Mühlenberg 10, 24340 Eckernförde,<br />

Tel. 04351/86666<br />

Verein für Bredstedter Geschichte und Stadtbildpflege e.V.<br />

Vors. Karl-Heinz Dietzschold, Westerstr. 15,<br />

25821 Bredstedt, Tel. 04671/3370<br />

Verein für Dithmarscher Landeskunde, VDL.<br />

Vors. Dr. Dietrich Stein, 25729 Windbergen,<br />

Tel. 04859/909380<br />

Gesellschaft für Friedrichstädter Stadtgeschichte<br />

Vorsitzende: Christiane Thomsen,<br />

25840 Friedrichstadt, Tel. 04881/87395<br />

Stiftung zur Erhaltung des Husumer Stadtbildes e.V.<br />

Vorsitzender: Manfred Kamper, Th.-Storm.-Str. 10,<br />

Tel. 04841/63831<br />

Verein für Tönninger Stadtgeschichte<br />

Vorsitzender: Klaus Dieter Mai, Friedrichstädter Chaussee<br />

2, Tel. 04861/1646<br />

Verein zur Erhaltung der Wind- und<br />

Wassermühlen e.V.<br />

Schleswig-Holstein und Hamburg<br />

Geschäftsf.: Rüdiger Weiß, Ilensee 4, 24837 Schleswig<br />

Tel. 04621/960071, Fax 960096<br />

Bauberatung der IG Baupflege Nordfriesland<br />

Süderstr. 30, 25281 Bredstedt, Tel. 04671/60120<br />

E-Mail: info@nordfriiskinstituut.de


IGB-Bücher<br />

erhältlich im Buchhandel<br />

oder im <strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong><br />

M. Erichsen<br />

Die Husumer<br />

Süderstraße<br />

geb., 96 S.,<br />

Kari u. K.H. Lösche<br />

Häuser<br />

der Uthlande<br />

geb., 64 S.,<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

45


46 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Heizung · Klima · Sanitär<br />

www.alternativtechnik.de<br />

• Regenwassernutzung<br />

• Solar<br />

• Klempnerei<br />

• Photovoltaik<br />

GmbH & Co. KG<br />

25821 Struckum · Osterkoppel 1


Christoph Moseler Bauunternehmen<br />

25849 Pellworm · Ütermarker Mitteldeich 16<br />

Tel./Fax 0 48 44/99 24 76 · Mobil: 01 75/24 68 275<br />

e-Mail: christoph.moseler@t-online.de<br />

Beton- und Stahlbetonarbeiten · Fliesen- und<br />

Plattenarbeiten · Mauer- und Zimmerarbeiten<br />

Restaurierung · Bauanträge<br />

DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

47


48 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!