maueranker - Nordfriisk Instituut
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C 77 84 Heft 1-2 Juni 2006 25. Jahrgang<br />
DER MAUERANKER<br />
Baupflege in Nordfriesland, Dithmarschen und Angeln<br />
Herausgegeben von der Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland & Dithmarschen e.V.<br />
Ein friesisches Haus sucht neue Eigentümer.
Inhalt Impressum<br />
25 Jahre IGB Nordfriesland 3<br />
100 Jahre Cecilienkoog 12<br />
Mitten in Niebüll 17<br />
St. Peter-Ording –<br />
Denkmalschutz für drei Häuser 18<br />
Hausforschung zwischen alter Gefügeforschung<br />
und neuer Volkskunde 20<br />
Hirsche im Beltringharder Koog? 33<br />
Neue Bücher<br />
Beitrag zur Gartendenkmalpflege 35<br />
Ein Naturschützer der ersten Stunde 35<br />
Kulturkarte Schleswig Holstein 37<br />
Meldungen<br />
Margareta Erichsen † 38<br />
Rasen, Rosen und Rabatten … 39<br />
Eine wiederkehrende Anfrage 42<br />
Das utlandfriesische Haus im Zentrum Niebülls<br />
ist ein Zeugnis aus der Zeit, als die Stadt noch<br />
landwirtschaftlich geprägt war. Es ist in wesentlichen<br />
Teilen und vielen Details unverändert. Es<br />
steht zum Verkauf. Wer sich auf ein altes Haus<br />
einlassen möchte, sollte nicht zögern.<br />
Foto: Gerd Kühnast<br />
J.P.A. Jensen & Sohn<br />
Bau- und Möbeltischlerei<br />
A.R. Kjærbysvej 2 · DK 6280 Høyer<br />
Tlf. (+45) 20 14 66 41<br />
Fax (+45) 74 78 93 22<br />
2 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
DER MAUERANKER<br />
Herausgeber: Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland<br />
e. V. Arbeitsgruppe des Vereins Nordfriesisches Institut e. V.,<br />
Süderstraße 30, 25821 Bredstedt, Tel. 04671-2081, Fax 1333<br />
Spar- u. Leihkasse Bredstedt Nr. 10003770 BLZ 21751230<br />
Konto: Sparkasse Nordfriesland Nr. 20354 BLZ 21750000<br />
Erscheint vierteljährlich zum Quartalsende, Auflage 2.500<br />
Redaktion: Gerd Kühnast<br />
Redaktionsanschrift: Süderstraße 30, 25821 Bredstedt<br />
Anzeigenannahme:<br />
IG Baupflege, Süderstr. 30, 25821 Bredstedt<br />
Telefon 04671/2081, Fax 04671/1333<br />
Verlag: Verein Nordfriesisches Institut e. V.,<br />
25821 Bredstedt,<br />
Druck: Druck-Center Uwe Mussack,<br />
25899 Niebüll, Hauptstr. 97<br />
Satz, Vertrieb und Anzeigeninkasso:<br />
Breklumer Print-Service<br />
Herbert Paulsen und Ralf Siegel GbR,<br />
Husumer Straße 44, 25821 Breklum,<br />
Telefon 04671-91000, Telefax 04671-910030<br />
Konto: Nord-Ostsee Sparkasse Nr. 0121227763<br />
(BLZ 217 500 00)<br />
Anzeigenpreisliste 1993<br />
Abobestellungen an: <strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong>, Süderstr. 30,<br />
25821 Bredstedt. Einzelpreis € 1,60<br />
Abopreis € 9,50 incl. Mwst. für 4 Ausgaben.<br />
Für Mitglieder der IGB ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.<br />
Für unverlangte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernehmen<br />
wir keine Haftung. Beiträge von Mitarbeitern und Lesern<br />
sowie Anzeigeninhalte stellen nicht ausdrücklich die Meinung<br />
der Redaktion oder des Herausgebers dar.<br />
Nachdruck ist bei Quellenangabe, unter Berücksichtigung des<br />
Urheberrechtes und Belegexemplar, erwünscht.
25 Jahre<br />
Interessengemeinschaft<br />
Baupflege Nordfriesland<br />
Wo sind die 25 Jahre geblieben, fragt mancher/manche<br />
beim Ehe- oder Berufsjubiläum.<br />
Man blättert den Kalender in Gedanken zurück,<br />
und es stellt sich ein ganz individueller<br />
Überblick über einen solch langen Zeitraum<br />
ein, der sich in gute, weniger gute oder gar<br />
schlechte Abschnitte gliedern ließe. Und wenn<br />
man will, mag man noch eine Bilanz aus dem<br />
Kaleidoskop ziehen, das sich da aufgetan hat.<br />
Die vergangenen 25 Jahre haben den Beteiligten,<br />
die zum Teil von Anfang an dabei waren,<br />
von der Gründung unserer Bürgerinitiative<br />
zur Erhaltung der überlieferten Baukultur<br />
in Nordfriesland in ganz individueller Sicht<br />
diese Zeit von 1980 bis heute wie einen Film<br />
vor Augen geführt und manches schon fast<br />
vergessene Ereignis in Erinnerung gerufen.<br />
Wie im privaten Leben ging auch in der<br />
IGB nicht alles glatt, gelang manches gut angelegt<br />
geglaubte Vorhaben nicht oder nur mit<br />
großen Abstrichen. Aber die über die Jahre<br />
wachsende Zustimmung zu unserer ehrenamtlichen<br />
Arbeit in der Öffentlichkeit und die<br />
wachsende Mitgliederzahl hat die Aktiven im<br />
Verein immer wieder motiviert, weiterzumachen,<br />
nicht aufzugeben, auch wenn es nicht<br />
immer leicht war.<br />
Sie ahnen es schon, liebe Leserin, lieber Leser,<br />
auch wir wollen eine kurze Reise in die<br />
Vergangenheit unternehmen, die zum Verständnis<br />
der in unserem Wirkungsbereich<br />
sichtbaren, in unserem in Kürze erscheinenden<br />
Buch mit dem Titel „Der First ist immer<br />
oben“ vorgestellten ausgewählten Ergebnisse<br />
unserer Arbeit beitragen kann.<br />
Die Gründung<br />
Im Mai 1979 fand der Friesenkongress<br />
(Treffen der drei Frieslande West-, Ost-, Nordfriesland)<br />
auf Sylt statt mit dem Thema: Bau-<br />
Abb. 1 Der Friesenkongress<br />
auf Sylt hatte Folgen.<br />
kunst;Denkmalpflege. Es gab Vorträge,<br />
z. B. von Dr. Carl<br />
Ingwer Johannsen,<br />
dem gebürtigen<br />
Bordelumer, zum<br />
Thema Bauen und<br />
Bewahren in<br />
Nordfriesland. Eine<br />
Ausstellung der<br />
kürzlich verstorbenen<br />
Künstlerin<br />
Margareta Erichsen<br />
mit ihren eindrucksvollenBildernnordfriesischer<br />
Häuser ergänzte<br />
diesen<br />
Fachvortrag.<br />
Diese Veranstal-<br />
tungen weckten das Interesse und lenkten den<br />
Blick auf die Frage‚was zu tun sei, um die Kulturlandschaften<br />
in den drei Frieslanden für<br />
kommende Generationen zu bewahren. In<br />
Nordfriesland entwickelte sich beim <strong>Nordfriisk</strong><br />
<strong>Instituut</strong>, das den Friesenkongress geplant<br />
und die Thematik<br />
mitbestimmt hatte,<br />
ein Arbeitskreis,<br />
der nach einigenDiskussionsrunden<br />
zum<br />
Ergebnis kam, es<br />
müsse eine Arbeitsgruppegebil-<br />
Abb. 2 Zur der Gründung<br />
der IG Baupflege Nordfriesland<br />
entwarf Rainer Kühnast<br />
das IGB-Logo.<br />
det werden, um<br />
die Kongressergebnisse<br />
mit der<br />
Forderung nach<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
3
Abb. 3 Mit “Bauen und Bewahren” begann die Öffentlichkeitsarbeit. Die Serie lief mehrere Jahre in den<br />
Husumer Nachrichten und fand große Beachtung.<br />
Taten in die Praxis umzusetzen. Dabei erschien<br />
es sinnvoll, sich an den Zielen des Vereins<br />
Tonderner Baupflege von 1908 zu orientieren,<br />
weil diese Ziele durchaus noch gültig zu<br />
sein schienen.<br />
Diese Ziele waren (und sind bis heute):<br />
• Dokumentation der überlieferten Baukultur<br />
4 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
durch Fotos, Bauaufnahmen<br />
• Öffentlichkeitsarbeit durch Tagespresse, Vorträge,<br />
und eigene Veröffentlichungen<br />
• Beratung von Eigentümern und Erwerbern<br />
alter Gebäude zur fachgerechten baulichen Behandlung<br />
ihrer Häuser.<br />
Am 18. März 1980 konstituierte sich die
Abb. 4 Im Herbst 1981 erschien die Erstausgabe<br />
von Der Maueranker mit einer Zeichnung von Jan<br />
Leseberg auf der Titelseite.<br />
Arbeitsgruppe mit dem bis heute gültigen Vereinsnamen<br />
Interessengemeinschaft Baupflege<br />
Nordfriesland als Arbeitsgruppe beim <strong>Nordfriisk</strong><br />
<strong>Instituut</strong> in Bredstedt/Bräist. Ein Vorstand<br />
wurde benannt, und erste Schritte wurden<br />
getan.<br />
Zeitungsserie „Bauen und Bewahren in<br />
Nordfriesland“<br />
Es gelang, die Husumer Nachrichten für die<br />
Unterstützung unseres Anliegens zu gewinnen.<br />
Das geschah mit einer Serie „Bauen und Bewahren<br />
in Nordfriesland“, in der im mehrwöchigen<br />
Abstand ländliche Gebäude vorgestellt,<br />
auf das jeweils Wesentliche hingewiesen wurde<br />
und schließlich Hinweise zum Umgang mit<br />
dem Gebäude bei anstehenden Renovierungen<br />
angefügt wurden. Die Objekte suchte die IGB<br />
aus, die Texte verfasste Carl Ingwer Johannsen.<br />
Diese über einige Jahre angelegte Serie fand<br />
große Beachtung und Zustimmung und führte<br />
der IGB viele Mitglieder zu.<br />
Der Maueranker<br />
Bereits ein Jahr nach der Gründung wurde<br />
die Notwendigkeit einer eigenen Zeitschrift<br />
für die Mitglieder und zur Verteilung an alle<br />
Gemeinden und Schulen des Kreises sowie alle,<br />
die mit Bauen und Bewahren zu tun hatten,<br />
erkannt. Im Herbst 1981 erschien die Erstausgabe<br />
Der Maueranker mit einem Titelbild, einer<br />
Bleistiftzeichnung des Hofes Broderskoog<br />
bei Aventoft von Jan Leseberg, der ebenso wie<br />
Ellen und Axel Bauer kurz nach der Gründung<br />
zur IGB gestoßen war. Das Layout von Rainer<br />
Kühnast ist in seinen Grundzügen bis heute<br />
aktuell geblieben.<br />
In den Anfangsjahren bestand großer Bedarf<br />
an praktischer Hilfe beim Sanieren, die<br />
von neuen Eigentümern alter Häuser begierig<br />
aufgenommen wurde. Und so gerieten die monatlichen<br />
Treffen im Breklumer Kirchspielskrug<br />
Möllgaard zur gefragten Tauschbörse von<br />
Abb. 5 Monatliche Treffen im Breklumer Kirchspielskrug<br />
wurden in den Anfangsjahren gut<br />
besucht ...<br />
Abb. 6 ...und gerne für unentgeltliche individuelle<br />
Beratung genutzt. Foto: Gerd Kühnast<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
5
Abb. 7 Der vom Abbruch bedrohte Haubarg Barnekemoor in Uelvesbüll wurde zu einem Großprojekt mit<br />
dem Ziel des Wiederaufbaues in Eiderstedt.<br />
Ideen und Ratschlägen für die praktische Arbeit<br />
an Häusern.<br />
„Haubarge“<br />
Prof. Dr. Ludwig Fischer, Eigentümer eines<br />
Haubargs in Westerhever, hatte sich in die<br />
Haubarggeschichte und in die Problematik zur<br />
Erhaltung des stark geschrumpften Bestandes<br />
dieser landschaftsprägenden Gebäude hineingearbeitet<br />
und legte 1984 einen Überblick zur<br />
Lage der Eiderstedter Haubarge vor. Diese Arbeit<br />
wurde das erste Fachbuch und die Nr. 1<br />
einer Schriftenreihe der IG Baupflege Nordfriesland,<br />
das immer noch, jetzt in der 5. Auflage,<br />
gefragt ist.<br />
Fischer war es auch, der den Haubarg Hansen<br />
in Barneckemoor gefährdet sah, weil seine<br />
Statik auf Grund starker Sackungen aus dem<br />
Gleichgewicht geraten war. Eine Sanierung<br />
war am Ort nicht möglich, und als von einer<br />
Feuerwehrübung an diesem mächtigen Bau<br />
die Rede war, entwickelte die IGB mit Ludwig<br />
Fischer ein Konzept zur Bergung und für ei-<br />
6 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
nen Wiederaufbau an anderem Ort in Eiderstedt.<br />
Die Bergung erfolgte im Sommer 1983<br />
im Rahmen einer Arbeits-Beschaffungs-Maßnahme,<br />
und erste Wiederaufbaupläne wurden<br />
Abb. 8 1984 erschien „Haubarge” von Ludwig Fischer,<br />
Nr. 1 der Schriftenreihe der IGB. Die Nachfrage<br />
blieb bis heute konstant, in der 5. Auflage.
schon im folgenden Jahr<br />
entwickelt.<br />
1983 begann fast zeitgleich<br />
mit der Haubarg-<br />
Rettung eine Kartierung<br />
der erhaltenswerten Gebäude<br />
in den nordfriesischen<br />
Gemeinden, die sich über<br />
zwei Jahre hinzog und<br />
schließlich 96 der 134 Gemeinden<br />
umfasste. Die Dokumentation<br />
wurde später<br />
u. a. von der Denkmalpflege<br />
zur Erstellung einer<br />
Denkmalkartei herangezogen.<br />
Deutscher Preis<br />
für Denkmalschutz<br />
Im Sommer 1984 erreichte<br />
uns die Nachricht,<br />
dass unsere Arbeit sich bis<br />
nach Bonn herumgesprochen<br />
hatte und dass das<br />
Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz<br />
die Arbeit der IGB mit der ‚Silbernen<br />
Halbkugel‘, dem Deutschen Preis für Denkmalschutz,<br />
zu würdigen beabsichtige. Das kam<br />
unverhofft, und die Reise nach Trier mit einem<br />
feucht-fröhlichen Empfang der Stadt<br />
Trier im Römischen Museum sowie die feierliche<br />
Preisverleihung sind unvergessen.<br />
Abb. 10 Die Silberne Halbkugel<br />
Abb. 9 1984 erhielt die IGB für ihre bis dahin geleistete Arbeit den Deutschen<br />
Preis für Denkmalschutz, die Silberne Halbkugel, zuerkannt, der in<br />
Trier vom Vorsitzenden des Nationalkomitees für Denkmalschutz überreicht<br />
wurde. (Hans Maier, bayr. Kultusminister, Gerd Kühnast, Axel<br />
Bauer, Jan Leseberg, Rainer Kühnast v. r.)<br />
Exkursionen<br />
Im Laufe der ersten Jahre wuchs der<br />
Wunsch, über den nordfriesischen Tellerrand<br />
hinwegzuschauen und bei den Nachbarn zu<br />
erfahren, wie sie es mit der Bewahrung des historischen<br />
Bauerbes hielten. Die Niederlande<br />
waren das erste Ziel, weil zu jener Zeit Denkmalschutz<br />
dort groß geschrieben wurde und<br />
eine großzügige Förderung den pfleglichen<br />
Abb. 11 Die Besichtigungen einer Baustelle ziehen<br />
immer noch viele Besucher an wie hier auf dem Eddinghof<br />
in Mildstedt, einem Stampflehmbau von<br />
1840. Foto: GK<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
7
Abb. 12 Jährliche Exkursionen erweitern den Horizont.<br />
Es gibt immer wieder Begegnungen mit Experten<br />
wie dem Hausforscher Prof. Erich Kulke in<br />
Bussau, 1990. Foto IGB<br />
Umgang mit alten Gebäuden wesentlich erleichterte.<br />
Diese eindrucksvolle Reise durch<br />
Friesland, Nordholland und Drenthe gab uns<br />
neuen Mut, und die Exkursion wurde zum<br />
festen Bestandteil des IGB-Jahres. Bereits wenige<br />
Jahre später, 1988, führte uns eine Reise<br />
in die DDR quer durch Mecklenburg und<br />
Vorpommern, die bei allen Beschwernissen<br />
viele Einsichten vermittelte, vor allem aber in<br />
anhaltende Freundschaften mündete. Unvergessen<br />
sind die Begegnungen mit der Thielk-<br />
Familie in Rostock und Penzin und mit dem<br />
Hausforscher Karl Baumgarten.<br />
Abb. 14 An dem Buch wirkte auch die im Mai verstorbene Husumer<br />
Künstlerin Margareta Erichsen mit. Foto: Inge Gehm<br />
8 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Abb. 13 Die Almdorfer Schmiede konnte nach langem<br />
Stillstand mit IGB-Hilfe wiederbelebt werden.<br />
Nach Ulrich Schmied, der auch Schmiedeseminare<br />
organisierte, führt Arne Prohn den Betrieb seit einigen<br />
Jahren. Die Schmiede wurde auch in dem<br />
Hausforschungsbuch „Vergessene Häuser” bearbeitet.<br />
Foto G.K.<br />
„Vergessene Häuser“<br />
Eine gefährdete Gebäudegruppe sind seit jeher<br />
die Nebengebäude auf dem Lande. Entfällt<br />
ihre Nutzung, so sind sie vom Verfall und vom<br />
gänzlichen Verschwinden bedroht. Diese Erkenntnis<br />
führte zu einem Forschungsprojekt<br />
und zu einer Erfassung und Archivierung<br />
dieser Architektur im ganzen Kreis Nordfriesland<br />
durch die Architektin Erika Eifler und<br />
den Volkskundler Ralf Kessenich in den Jahren<br />
1987-89. Die Husumer<br />
Künstlerin Margareta<br />
Erichsen fügte eine Reihe<br />
ihrer schönen Aquarellbilder<br />
hinzu. Und schließlich<br />
wurden die umfangreichen<br />
Ergebnisse in einem Buch<br />
zusammengefasst, das den<br />
Titel „Vergessene Häuser“ erhielt.<br />
Offene Grenzen<br />
Mit der politischen<br />
Wende im November 1989<br />
konnten in Verbindung mit<br />
den bestehenden Kontakten<br />
in die DDR neue hin-
Abb. 15 Kurz nach der Wende gab es1990 ein erstes<br />
Treffen mit Bauernhausfreunden aus Westmecklenburg<br />
in Kankelau bei Manfred und Sigrid<br />
Schenkenberg, IGB Kr. Hzgt. Lauenburg.<br />
zugewonnen werden, einige private, andere zu<br />
Gruppen, die sich unter dem Dach des Kulturbundes<br />
zusammengetan hatten, um zu retten,<br />
was nur irgend möglich war.<br />
Eine der ersten Begegnungen der schleswigholsteinischen<br />
Gruppen und mit den Mecklenburger<br />
Bauernhaus-Enthusiasten fand im<br />
Rauchhaus von Sigrid und Manfred Schenkenberg,<br />
IGB Lauenburg, in Kankelau statt,<br />
und wenig später trafen wir uns in einem großen<br />
Rauchhaus in Möllin bei Gadebusch, das<br />
bereits öffentlich genutzt wurde, aber ein großes<br />
Loch im Reetdach hatte.<br />
Eine durch die IGBNF angeschobene Spendenaktion<br />
brachte den Betrag<br />
von 5 700 Mark zusammen,<br />
mit denen eine Ladung<br />
Reet nach Möllin gefahren<br />
wurde, um das Dach<br />
wieder dicht zu machen. Eine<br />
Partnerschaft über die<br />
Landesgrenzen begann.<br />
Bedrohte Häuser<br />
Zu Hause beschäftigte<br />
uns die Sanierung des Hauses<br />
Stamp in Seeth, die die<br />
IGB treuhänderisch durchführte,<br />
um aus dem sehr<br />
großen Geesthardenhaus<br />
eine Ausbildungsstätte für<br />
Handwerker in der Denk-<br />
malpflege zu machen. Das Haus wurde im<br />
Frühjahr 1991 „nutzungsneutral“ fertig gestellt<br />
und an die Gemeinde Seeth übergeben.<br />
Unsere Kampagnen aus jenen Jahren zur<br />
Rettung bedrohter Gebäude können hier nur<br />
als kurz gefasste Auswahl benannt werden:<br />
Packhaus in Friedrichstadt, Almdorfer<br />
Schmiede, Zollhaus in Bredstedt, Bahnhof in<br />
Bredstedt, Tabakfabrik Bredstedt, Bahnhof<br />
Husum, Beselerhaus Husum, Packhaus Tönning,<br />
Altes Hospital Tönning, Bahnhof St. Peter-Ording,<br />
Arlau-Schöpfwerk, Kirchspielskrug<br />
Poppenbüll, alte Schmiede Westlangenhorn,<br />
Baracken in Husum-Rödemis, Geesthardenhaus<br />
Hansen Wobbenbüll, Haus Nr.<br />
16, Hauptstraße Niebüll, Jugendstilhaus in<br />
Harblek, Gasthof Clausen in Hattstedt, das<br />
Almdorfer Backhaus. … Nicht alle konnten<br />
gerettet werden.<br />
Auf Sylt machte die IGB-Gruppe um Traute<br />
Meyer, Christoph Freier und Edda Raspé<br />
öffentlich Druck, wenn bedeutende Gebäude<br />
Objekte begieriger Spekulanten zu werden<br />
drohten. Es gelang dort neben zahlreichen anderen<br />
das schon ruinöse Hotel Munkmarsch,<br />
die Keitumer Turnhalle unter Reet von 1924<br />
in zähen und aufreibenden Aktionen und Verhandlungen<br />
vor dem Opfertod auf dem Altar<br />
der Baulöwen zu bewahren. An dieser Stelle sei<br />
allen Ungenannten, die ihren Beitrag zu den<br />
Erfolgen leisteten, gedankt.<br />
Abb. 16 Die IGB forderte die Stadt Bredstedt auf, das Hausmeisterhaus,<br />
ehemals Zollstelle, zu erhalten. Es wurde Altenbegegnungsstätte und später<br />
an Private verkauft. Foto: GK<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
9
Abb. 17 Auch die Tabakfabrik Preisler stand auf der Abbruchliste zugunsten<br />
eines Supermarktes. Mit anderen Initiativen konnte das Ensemble<br />
vor dem Abbruch bewahrt werden. Heute wird es von Gewerbe,<br />
Behörden und zum Wohnen genutzt. Foto: GK<br />
Stiefkind Hausforschung<br />
Bei allen Bemühungen um die Rettung bedrohter<br />
Häuser ist sie zu kurz gekommen: die<br />
10 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Hausforschung. Nur in wenigen<br />
Fällen waren Zeit,<br />
Kraft und Geld übrig, gezielt<br />
Beiträge zur Erforschung<br />
der nordfriesischen<br />
Bauernhausformen zu leisten.<br />
Dabei wird immer<br />
deutlicher, dass seit den<br />
frühen verdienstvollen Forschungen<br />
durch Meiborg,<br />
Lehmann, Wolf und später<br />
durch Saeftel, Lühning und<br />
Bedal nur wenig systematische<br />
Forschung betrieben<br />
wurde und gerade Haubarge<br />
und Geesthardenhäuser<br />
noch immer voller Rätsel<br />
sind. Man kann geradezu<br />
von einem Forschungs-Stau<br />
sprechen.<br />
Das Interesse an der gelegentlich<br />
trockenen Materie<br />
ist in jüngster Zeit gewachsen. Anstöße aus<br />
der dänischen Nachbarschaft machen Hoffnung<br />
auf eine über die Landesgrenze reichende<br />
Abb. 18 Zu den geretteten Sylter Häusern durch die Sylter IGB-Mitglieder gehört das Hotel Munkmarsch.<br />
Foto: Christoph Freier
Abb. 19 Altersbestimmung durch Dendrochronologie<br />
ist in der Hausforschung unentbehrlich. Bert Ex<br />
nimmt einen Bohrkern aus dem Ständer eines Haubargs.<br />
Foto: GK<br />
gemeinsame Arbeit an den im ehemaligen<br />
Herzogtum Schleswig vorhandenen Haustypen.<br />
Der erweiterte Vereinsname Nordfriesland<br />
& Dithmarschen weist auf eine vor kurzem<br />
eingegangene Partnerschaft mit dem Verein<br />
für Dithmarscher Landeskunde in punkto<br />
Bau- und Denkmalpflege. Diese wiederum<br />
wurde angebahnt durch Bert Ex, unseren stellvertretenden<br />
Vorsitzenden der IGB und Eigentümer<br />
des ehemaligen Dithmer-Hofes in<br />
Fedderingen.<br />
Was die Zukunft bringt, ist natürlich offen.<br />
Die Landesregierung arbeitet an einer Novelle<br />
des Denkmalschutzgesetzes, die sicher starke<br />
Veränderungen bringen wird.<br />
Unser Verein braucht junge Leute, die als<br />
Mitglieder und im Vorstand die Idee weitertragen:<br />
Erhaltung der Identität stiftenden Kulturlandschaft<br />
mit den Schwerpunkten Nordfriesland,<br />
Dithmarschen und Angeln.<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Gerd Kühnast<br />
Abb. 20 Der Dithmerhof in Fedderingen, dessen Ursprung in das späte 15. Jahrhundert zurückreicht,<br />
wurde von Grund auf saniert und erhielt wieder ein Reetdach. Foto: GK<br />
11
100 Jahre Cecilienkoog 1905–2005<br />
Die Hofgebäude des Kooges<br />
unter niederländischem<br />
und ostfriesischem Einfluss<br />
Heiner Ehlers<br />
Die ersten Siedler des Cecilienkooges kamen<br />
überwiegend aus Süderdithmarschen.<br />
Der dort 1899 eingedeichte Kaiserin-Auguste-<br />
Victoria-Koog hatte sich für Ackerbau als äußerst<br />
geeignet gezeigt. Ähnlich gute Verhältnisse<br />
waren im Cecilienkoog zu erwarten. So<br />
planten die Neusiedler, auch hier zu pflügen,<br />
während in den Nachbarkögen überwiegend<br />
gegräst wurde.<br />
Es wurde also nicht Platz für Vieh, sondern<br />
Stauraum für das einzufahrende Erntegut<br />
benötigt. Was lag nun näher, als den Gebäudetyp<br />
der Ackerbauern aus Süderdithmarschen<br />
in Nordfriesland nachzubauen?<br />
Wie in den Marner Kögen üblich, erhielten<br />
12 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
die meisten Scheunen im Cecilienkoog eine<br />
seitliche Längsdurchfahrt mit daneben liegendem<br />
ebenerdigem Stauraum – den Vierkanten.<br />
Für Nordfriesland bedeutete diese<br />
Raumaufteilung eher eine Seltenheit, z. B.<br />
in wenigen Haubargscheunen. Querdurchfahrt<br />
und Stauraum über den Ställen waren<br />
das Übliche.<br />
Aber auch in Dithmarschen waren Scheunen<br />
mit seitlicher Längsdurchfahrt und ebenerdigem<br />
Stauraum im „Gulf“ nicht der ursprüngliche<br />
Bautyp. Dort war ursprünglich<br />
das niederdeutsche Hallenhaus mit einer<br />
Längsdiele in der Mitte zu Hause. Verfolgen<br />
wir einmal den Siegeszug der Gulfhäuser.<br />
Abb. 1 Plaats-Gebäude bei Engerhafe in Ostfriesland. Die ältere Hausanlage des ostfriesischen Hofes<br />
(Plaats) zeigt zwei Bauteile: Wohnhaus und Gulfscheune. Bei dieser tragen zwei Reihen hoher Ständer das<br />
Dach. Das Gulfhaus mit großem Erntebergungsraum in den durch zwei Ständerpaare begrenzten Gulfen<br />
entstand, als der Kornbau in den Marschen im 16. Jahrhundert starken Auftrieb erfuhr.
Niederlande<br />
In den Niederlanden war<br />
die übliche Bauweise in den<br />
Marschen seit dem ausgehenden<br />
Mittelalter die<br />
Gulfkonstruktion, bei der<br />
zwei Reihen hoher Ständer,<br />
mit Ankerbalken verbunden<br />
und vom aufliegenden<br />
Rähm in Längsrichtung<br />
zusammengehalten, die<br />
Hauptlast des Daches tragen.<br />
So führten die Niederländer<br />
etwa zeitgleich um<br />
1600 in Ostfriesland das<br />
Gulfhaus, in der Wilstermarsch<br />
das Barghus und in<br />
Eiderstedt den Haubarg<br />
ein, die beiden letzteren<br />
Haustypen erhielten allerdings<br />
nicht immer die seitliche<br />
Längsdurchfahrt.<br />
Ostfriesland und<br />
Kronprinzenkoog<br />
Der 1787 eingedeichte<br />
Kronprinzenkoog in Süderdithmarschen<br />
wurde großenteils<br />
von Ostfriesen besiedelt.<br />
Sie ließen ihre<br />
Bauernhäuser durch mitgebrachteBauhandwerker<br />
errichten: Gulfhäuser<br />
mit Seitenlängsdurchfahrt<br />
(s. Abb. S. 105). Friedrich<br />
Saeftel schreibt dazu in<br />
dem Buch „200 Jahre Kronprinzenkoog“:<br />
„Das stattliche<br />
Achterhus liegt im<br />
Westen und ist breiter als das schmälere Vörhus.<br />
… Rein [ost]friesisch ist der Wirtschaftsteil<br />
dieser Häuser: Mitten im Haus liegen [die]<br />
Vierkante, in denen [die eingefahrenen Getreidegarben],<br />
Heu und Stroh, […] vom Erdboden<br />
an bis fast unter den Dachfirst hochgestapelt<br />
werden. Um die Vierkante herum liegt an<br />
der einen Längsseite, und zwar im Kronprinzenkoog<br />
immer im Süden, die Boos (Rindviehstall).<br />
An der anderen Längsseite der Vier-<br />
Abb. 2 Ostfriesenhof im Kronprinzenkoog, im Hintergrund eine zweite<br />
Gulfscheune<br />
Abb. 3 Grundriss eines Ostfriesenhofes im Kronprinzenkoog<br />
kante liegt die Loh, die mithin eine Seitenlängsdiele<br />
darstellt. An der Schmalseite liegt<br />
die Querboos, in der die Pferde untergebracht<br />
sind. Ausgesprochen ostfriesisch ist am Haus:<br />
Die Loh erhält durch das Einrücken des<br />
Wohnhauses noch eine Ausfahrt zum Vörhus<br />
hin. Ihre Einfahrt ist gegen den Westgiebel des<br />
Hauses eingerückt, um eine größere Einfahrtshöhe<br />
zu erreichen.“<br />
Wie schon bei den alten ostfriesischen<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
13
Abb. 4 Hof Meyer im Kronprinzenkoog, Baujahr 1853<br />
Platzgebäuden wurden später auch im Kronprinzenkoog<br />
die Wohnhäuser separat neben<br />
die Gulfscheunen gebaut. Die beiden Gebäudetypen<br />
(Gulfhaus mit integriertem Wohnhaus;<br />
Gulfhaus mit separatem Wohnhaus)<br />
setzten sich auch in den später eingedeichten<br />
Kögen Süderdithmarschens durch (1854<br />
Friedrichskoog, 1873 Kaiser-Wilhelm-Koog).<br />
Eine Änderung im Erscheinungsbild erfuhren<br />
die Hofgebäude mit dem traditionellen<br />
ostfriesischen Grundriss seit Ende des<br />
14 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
19. Jahrhunderts durch die Drempelbauweise:<br />
Die Seitenwände wurden höher, die Dächer<br />
flacher geneigt. Sie wurden mit Dachpappe<br />
oder Wellblech eingedeckt. Als „Bahnhofsarchitektur“<br />
bald verpönt, erwiesen sich diese<br />
Wirtschaftsgebäude jedoch als zweckmäßig.<br />
Cecilienkoog als Meilenstein<br />
1906 waren die Gulfhäuser mit Seitenlängsdurchfahrt<br />
auf ihrer Reise entlang der südlichen<br />
Nordsee von den Niederlanden über<br />
Abb. 5 Grundriss und Hofgebäude Boy-Ketel und Dag Brodersen vor der Erweiterung
Ostfriesland und Süderdithmarschen<br />
in Nordfriesland<br />
endgültig angekommen<br />
und sollten sich hier<br />
weiter durchsetzen. Fast alle<br />
Wirtschaftsgebäude im<br />
Cecilienkoog wurden im<br />
neu eingedeichten Cecilienkoog<br />
als Gulfhäuser mit<br />
Seitenlängsdurchfahrt wie<br />
die in Dithmarschen von<br />
den ostfriesischen Siedlern<br />
erbauten Höfe errichtet.<br />
Frappierend ist die Ähnlichkeit<br />
des Grundrisses aus<br />
dem Kronprinzenkoog mit<br />
dem Grundriss des Hofes<br />
von Boy-Ketel und Dag<br />
Brodersen. Wie in Süderdithmarschen,<br />
so finden<br />
wir im Cecilienkoog neben<br />
den Gulfhäusern mit integriertem<br />
Wohnteil auch<br />
Gulfhäuser mit separatem<br />
Wohnhaus, jeweils mit seitlicher<br />
Längsdurchfahrt.<br />
Der Vorteil dieser Durchfahrt<br />
besteht darin, dass der<br />
Erntewagen voll beladen in<br />
die Scheune hineinfahren<br />
und ohne zu wenden leer<br />
wieder herausgezogen werden<br />
kann.<br />
Während die äußerlich<br />
durchaus ansprechenden<br />
Gebäude der in den 1930er Jahren eingedeichten<br />
Köge (z. B. Norderheverkoog und Finkhaushalligkoog)<br />
Lohdielen quer zur Längsseite<br />
wie beim Geesthardenhaus aufwiesen, wurde<br />
das Prinzip der Seitenlängsdielen im 1954 eingedeichten<br />
Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog<br />
wieder aufgegriffen, weil dort Getreidebau als<br />
Schwerpunkt der Landwirtschaft vorgesehen<br />
war.<br />
Über die Vorbereitung der Eindeichung<br />
gibt es im Kreisarchiv Husum einige Unterlagen,<br />
z. B. zum Bauantrag für eine Baracke für<br />
Deicharbeiter auf dem Vorland, das einge-<br />
Abb. 6 und 7 Grundriss und Hofgebäude Johann Hinrich Geerkens<br />
deicht werden sollte. Diese wurde bei einer<br />
Sturmflut zerstört, bevor der Deich geschlossen<br />
werden konnte.<br />
Nachtrag<br />
Der Name des Kooges geht zurück auf die<br />
Prinzessin Cecilie Auguste Marie Herzogin zu<br />
Mecklenburg-Schwerin, die am 6. Juni 1905<br />
mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm August<br />
Ernst von Preußen vermählt wurde. Mit<br />
der Namensgebung der bis dato ziemlich unbekannten<br />
Herzogin folgten die verantwortlichen<br />
der alten Sitte, neue Köge mit einem<br />
Namen aus der Landesherrschaft zu betiteln.<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
15
Abb. 8 Hof Karl Heinrich und Thorsten Ehlers<br />
„Es gibt keinerlei Hinweise, dass Ihre Kaiserliche<br />
Hoheit sich jemals das Stück Land angesehen<br />
hat, das ihren Namen trägt. In ihren<br />
Memoiren findet sich keine Anmerkung dazu“,<br />
hat der Chronist herausgefunden.<br />
Über ihr Brautkleid, das u.a.in einer Flensburger<br />
Zeitung abgebildet wurde, gab es einigen<br />
Unmut, weil sie es in den Salons von Paquin<br />
in der Rue de la Paix in Paris schneidern<br />
ließ, gewissermaßen in der Hauptstadt des<br />
Erbfeindes. Dort „drängte sich jeden Nachmittag<br />
das ganze elegante Paris, um die Toiletten<br />
der Kronprinzessin Cecilie zu bewundern….<br />
Die Brauttoilette ist von einfachster<br />
Machart und zeichnet sich durch die Kostbarkeit<br />
der verwendeten Stoffe aus. Der schimmernde<br />
Atlas der gewaltigen Courschleppe<br />
trägt Kränze aus gestickten Orangenblüten<br />
und Blättern, dir durch Schleifen zusammengehalten<br />
werden…“<br />
Deutsche Patrioten fanden, die Bestellung<br />
in Paris sei unangebracht. Andere meinten,<br />
das Haus Hohenzollern werde damit wahrscheinlich<br />
mehr Sympathien in Frankreich erwerben,<br />
„als mit einem flüchtigen Kompliment<br />
an den Pariser Geschmack“.<br />
16 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Nach der Hochzeit wurde das Brautkleid im<br />
Kunstsalon von Keller und Reiner in Berlin öffentlich<br />
ausgestellt.<br />
An den Boulevard-Themen hat sich in den<br />
letzten 100 Jahren offenbar nichts geändert.<br />
Mit der Zeitung, die hier zitiert wird, war<br />
die Pappe eines gerahmten alten Fotos von einem<br />
Angelner Wandständerhaus kaschiert, das<br />
in Bredstedt auf dem Flohmarkt auftauchte.<br />
GK
Mitten in Niebüll…<br />
…steht dieses utlandfriesische Haus unter Reet<br />
und sucht neue Eigentümer.<br />
Um 1800 erbaut, ist es in weiten Teilen innen<br />
und außen unverändert. Es enthält sehr schö-<br />
Abb. 1 Die Westseite hat noch die alten Fenster, z. T. mit<br />
Fensterläden und sinnreichen Beschlägen.<br />
Maße ca. 8,5 x 19 m<br />
Grundstück: 550 m2 Kaufpreis auf Anfrage<br />
Telefon: 0 46 61/37 24<br />
Die IGB bietet Beratung an.<br />
Abb. 3 An den Fenstern sind Läden<br />
mit den ursprünglichen Beschlägen,<br />
die das Öffnen von innen ermöglichen.<br />
Fotos: GK<br />
ne ursprüngliche Türen und andere historische<br />
Details. Der nach Süden weisende, verkürzte<br />
Stall kann ausgebaut werden. Auch im<br />
Dachraum gibt es Ausbaumöglichkeiten. Im<br />
Innern ist eine Grundsanierung nötig.<br />
Abb. 2 Die ehemalige Stalltür ist geteilt,<br />
eine „Klöntür“<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
17
St. Peter-Ording –<br />
Denkmalschutz<br />
für drei besondere Häuser<br />
Claus Heitmann<br />
Drei Bauten aus der Vorkriegszeit fallen in<br />
St. Peter-Ording auf: „Klaar Kimming“ Am<br />
Deich; erbaut vom ersten Kurdirektor<br />
v. Plänckner 1924. (Der Name wurde dem<br />
Haus von Frau Ilse Franz, geb. Peters gegeben.)<br />
Haus Schragen, erbaut von Frl. Schragen<br />
und Haus Wiking, erbaut vom Apotheker<br />
Claußen 1926. Die drei Gebäude sind unter<br />
der Leitung des Architekten Heinrich Esselmann<br />
aus Hamburg errichtet worden.<br />
Heinrich Esselmann († 1942) war Hamburger<br />
und hatte Verbindung zu St. Peter über die<br />
Familie Mannhardt. Er heiratete die Tochter<br />
des Besitzers von „Marienhöh“ (Im Bad).<br />
Abb. 1 Haus Schragen<br />
18 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Nach einem Studium an der Technischen<br />
Hochschule in Berlin Charlottenburg ging er<br />
zu Prof. Franke, aber schon bald machte er<br />
sich selbständig mit seinem Compagnon<br />
Gerntke. Beide „vertraten einen eigenwilligen<br />
expressionistischen Stil und schufen bedeutende<br />
Bauten in dieser kurzlebigen Stilrichtung“ 1 ,<br />
z. B. gaben sie der Schilleroper in Hamburg<br />
1932 ein neues Gesicht. Stilistisch fühlte Esselmann<br />
sich verwandt mit den Architekten<br />
Fritz Höger (Erbauer des Chilehauses in Hamburg<br />
und des „Café verrückt“ in Worpswede)<br />
und dem Bildhauer und Architekten Bernhard<br />
Hoetger, dem Miterbauer der Böttcherstraße
Abb. 2 Haus Wiking<br />
in Bremen.<br />
Mit dem Architekten Schwendy, dem Erbauer<br />
des Ordinger Bahnhofes, hatte er in Berlin<br />
die gleiche Ausbildung erfahren. Diese<br />
Ausbildung stand unter<br />
dem Titel der „Neuen<br />
Sachlichkeit“ und zeigt den<br />
Einfluss der „Bauhaus-Bewegung“.<br />
Grundzüge seiner Bauten:<br />
ungewöhnliche Formen,<br />
Einheit von Innen<br />
und Außen, gelungene Formen<br />
und gute Aufteilung<br />
im Inneren, wenn auch eigenwillig<br />
und aus dem<br />
Rahmen des Gewöhnlichen<br />
herausfallend.<br />
Eine zweite Quelle seines<br />
Baustils war eine neue Heimatverbundenheit<br />
durch<br />
einzelne architektonische<br />
Abb. 3 Haus Klar Kimming<br />
Elemente. So wurde der Mauerschmuck<br />
durch die Ziegelsteine wieder<br />
entdeckt. Hier spürt man den Einfluss<br />
des Tonderaner Landrates Friedrich<br />
Rogge, der 1908 den Verein „Heimatschutz<br />
und Baupflege“ gegründet hatte.<br />
Dieser betonte vor allem die Verwendung<br />
von heimischem Material, so<br />
z. B. die Verwendung des Ziegelsteins<br />
und den Gebrauch eines weichen Daches,<br />
wie es hier üblich war. Die Höhe<br />
des Daches der drei Häuser ist vielleicht<br />
eine Verneigung vor der Dachgröße<br />
des Eiderstedter Haubarges.<br />
Haus „Klar Kimming“ ist eingetragenes<br />
Baudenkmal. Für die anderen<br />
beiden Häuser wurde die Eintragung<br />
in das Denkmalbuch beantragt. Die<br />
Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.<br />
Übrigens hat die Vorliebe für Ziegelschmuck<br />
noch eine Rolle gespielt,<br />
als Esselmann 1940 in Hamburg einen<br />
Auftrag zum Bau von Luftschutzbunkern<br />
bekam, deren Fassaden er dem<br />
Backsteinbau Hamburgs durch Ziegelornamente<br />
annähern wollte. Verwirklicht wurden<br />
diese Details nicht mehr, weil man in<br />
Hamburg bald andere Sorgen hatte und Esselmann<br />
1942 starb.<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
19
Hausforschung zwischen<br />
„alter“ Gefügeforschung und<br />
„neuer“ Volkskunde<br />
Wolfgang Dörfler<br />
Die völkische Prämisse<br />
in der Hausforschung<br />
Am Beginn der Hausforschung stand der<br />
Versuch zur Zusammenfassung und Theoriebildung<br />
auf sehr schmaler Quellenbasis und<br />
unter völkischer Prämisse. Die ersten Hausforscher<br />
sahen es als ihre Aufgabe an, die rezenten<br />
Häuser „Volksstämmen“ zuzuweisen und die<br />
Tradierung dieser Baumerkmale aus vormittelalterlichen<br />
Zeiten zu „beweisen“. Diesem Herangehen<br />
kann heute Unfruchtbarkeit attestiert<br />
Abb. 1 Knaggengestützter Rähmvorstoß, knapper<br />
Balkenüberstand, ausgreifende Balkenkopfbänder,<br />
Innenneigung der Höftständer (Freilandmuseum<br />
Speckenbüttel, 1629 i.)<br />
20 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
werden. Die linientreuen nationalsozialistischen<br />
Geschichtsverdreher hatten diese Thesen<br />
aufgenommen und die Kriege Karls des<br />
Großen erneut angezettelt; aber jetzt siegten<br />
die Sachsen, deren „Niedersachsenhaus“ als allen<br />
anderen überlegen dargestellt wurde. Zitat<br />
Reichsbauernführer Darrè: „Unter den deutschen<br />
Bauernhäusern, die nach Landschaft<br />
und Stammesart verschieden sein müssen,<br />
steht das Niedersachsenhaus an bevorzugter<br />
Stelle. Es ist älter als die Dome und Burgen<br />
und stellt höchstes Kulturgut dar.“<br />
Es gab aber auch Männer in jener Zeit, denen<br />
die Befunde wichtiger waren als die ideologisch<br />
infizierte Theorie; sie verwarfen die<br />
Haus-Volk-Analogien schon, als das noch persönlichen<br />
Mut erforderte. Es waren die Begründer<br />
der Gefügeforschung, die eine wissenschaftliche<br />
Methodik entwickelten und von<br />
der bloßen Assoziation und den ideologischen<br />
Vorgaben Abstand hielten, namentlich Ernst<br />
Grohne in Bremen (Grohne 1941, 136 und<br />
143), Gerhard Eitzen in Lüneburg (Eitzen<br />
1939, 202) und Joseph Schepers in Münster<br />
(Kaspar 1989a, 469). Besonders Gerhard Eitzens<br />
Ausstrahlung ist bis heute ungebrochen<br />
(zur Lektüre empfohlen z. B. Eitzen 1950,<br />
1954, 1956 oder 1969) oder, wie Volker<br />
Gläntzer es kürzlich ausdrückte, „seine nüchternen<br />
Interpretationen wirken weiter anregend“<br />
(Gläntzer 2002, 34).<br />
Gefügeforschung<br />
– die wissenschaftliche Methode<br />
Die Gefügeforschung ist also die älteste wissenschaftliche<br />
Methode innerhalb der Hausforschung,<br />
die übrigens in den Anfängen immer<br />
die ländlichen Gebäude zum Objekt ge-
Abb. 2 Neben örtlich gewachsenen Eichen wurde relativ früh auch importiertes (geflößtes) Nadelholz verwendet,<br />
hier als Rähm. Pfeil: Einbohrungen am Ständerkopf als Aufrichthilfe. (Lintig 1806)<br />
wählt hatte (Bedal 1978, 10). Sie benutzt die<br />
bearbeiteten Hölzer als Untersuchungsmaterial<br />
und basiert auf dem diesem Material innewohnenden<br />
historischen Quellenwert. Der<br />
Gefügeforscher registriert die Bearbeitungsspuren<br />
der Hölzer, die aus dem Werkstoff herausgearbeiteten<br />
Verbindungsformen und betrachtet<br />
die Holzart und deren Stärke unter<br />
Berücksichtigung der Funktionen einzelner<br />
Bauteile innerhalb des Verbandes, um Erkenntnisse<br />
über Bauabfolge, Statik und Nutzung<br />
der Bauten zu gewinnen. Das verbaute<br />
Holz lässt weiter auf sein Ausgangsmaterial,<br />
die Bäume, ihr Alter zum Zeitpunkt der Fällung<br />
und ihren ursprünglichen Wuchsort, also<br />
die Waldbewirtschaftung und die Wege der<br />
Bauholzbeschaffung, rückschließen. Aus der<br />
Addition der Hölzer entsteht das Gefüge, das<br />
zu den verschiedenen Zeiten und Zwecken natürlich<br />
zu unterschiedlichen Lösungen geführt<br />
hat. Diese zeitlichen Unterschiede herauszuarbeiten,<br />
ist die erste selbst gestellte Aufgabe der<br />
Gefügeforschung gewesen. Eine Verzimmerung<br />
kann aber für den gleichen Zweck und in<br />
der gleichen Zeit an verschiedenen Orten ganz<br />
anders ausgefallen sein und fordert dann eben-<br />
falls zu Erklärungsmodellen heraus.<br />
Die Einzelbefunde wurden zu Entwicklungsreihen<br />
verknüpft und so ein Rückschluss<br />
auf vermutbare Vorläuferformen unternommen.<br />
Ideologiekritik – Spott – Nichtzurkenntnisnahme<br />
Obwohl schon die frühen Gefügeforscher<br />
nicht bei der Beschreibung der Befunde stehen<br />
geblieben waren, sondern nach den vermutoder<br />
beweisbaren Gründen für die vorgefundenen<br />
Erscheinungen gefragt hatten, ist auch<br />
diese Methode in Verruf gekommen. Nach<br />
dem oft zitierten „Paradigmenwechsel“ haben<br />
sich die Volkskundler als Lieblingsobjekt für<br />
ihren Spott – bzw. ihre Ignoranz – die Sachkunde<br />
im Allgemeinen und die gefügekundliche<br />
Hausforschung im Besonderen gewählt.<br />
Die Gründe dafür liegen sicher ebenso in der<br />
vermeintlichen ideologischen Infizierung der<br />
Hausforschung als Ganzer wie in dem Umschwung<br />
weg von den Sachen hin zu den<br />
Menschen. Joachim Hähnel hat als Erster auf<br />
die Entfremdung zwischen gefügekundlicher<br />
Hausforschung und neuer Volkskunde rea-<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
21
giert, indem er den alten Begriff der Gefügeforschung<br />
mit einer Auffächerung in Erforschung<br />
von Baugefüge, Raumgefüge und<br />
Funktionsgefüge fortzuentwickeln vorschlug<br />
(Hähnel 1969, 53f). Baugefüge und Raumgefüge,<br />
also die Fragen nach der Arbeitsweise der<br />
Zimmerleute und dem dreidimensionalen<br />
Raum eines Gebäudes, waren selbstverständlicher<br />
Teil der Gefügeforschung; das „Funktionsgefüge“<br />
steht für das Fragenbündel: Was<br />
ist wo im Haus und wie im zeitlichen Wandel<br />
gemacht worden? Bezüglich des Bau- und<br />
Raumgefüges blieb das Herangehen der Quelle,<br />
dem Haus und seinen Befunden also, verhaftet.<br />
Auch die Frage nach der Funktion war<br />
nicht neu, aber oft nicht bearbeitet bzw. beantwortet<br />
worden, weil sie sich bei vielfach veränderten<br />
Gebäuden nur gelegentlich aus der<br />
Untersuchung des Gebäudes selbst erschließen<br />
ließ. Hähnels Vorschläge stellten mehr eine<br />
Klärung der Begrifflichkeit als eine Neuerung<br />
dar; sie haben langfristig wenig anregend gewirkt,<br />
vielleicht auch, weil sie überaus umständlich<br />
erläutert waren.<br />
Von Konrad Bedal stammt der Vorschlag,<br />
das Wort „Gefüge“ durch das Wort „Struktur“<br />
22 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
zu ersetzen und um eine vierte Kategorie, die<br />
„Sozialstruktur“, zu ergänzen (Bedal 1976,<br />
161f). Das war klarer, weil es den soziologischanthropologischen<br />
Hintergrund solcher Betrachtungsweisen<br />
und damit den Unterschied<br />
zur klassisch-sachkundlichen Herangehensweise<br />
deutlicher zeigt. Seine Untersuchungsweise<br />
bzw. seine abstrahierenden Vorstellungen<br />
davon waren zudem einleuchtend formuliert.<br />
Wenn man aber die zahlreichen von ihm<br />
selbst vorgenommenen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />
der verschiedenen Ebenen und damit<br />
die methodischen Einschränkungen gegen eine<br />
konsequente Anwendung dieses Vorgehens<br />
liest, wird man die Strukturanalyse nicht für<br />
ein regelhaft anwendbares oder grundsätzlich<br />
zu forderndes Vorgehen halten können. Zudem<br />
ist Konrad Bedal selbst in seinem bewundernswerten<br />
wissenschaftlichen Werk als<br />
Hausforscher, Museumsmann und Hochschullehrer<br />
dem sachkundlichen Herangehen<br />
weitgehend verpflichtet geblieben.<br />
In der Nachfolge von Konrad Bedal wetteiferte<br />
die nächste Generation von Hausforschern<br />
um die Erweiterung der Kategorien.<br />
Ich möchte hier nur drei Vorschläge dazu zitie-<br />
Abb. 3 Ein Zeichen „rationellen Bauens“ bei dem notorischen Bauholzmangel der küstennahen Region stellen<br />
die nicht seltenen Gabelständer dar. (Köhlen um 1800)
en. Von Nina Henning stammt der Vorschlag,<br />
als fünfte Kategorie „das Erkennen von<br />
emotionalen Bedürfnissen“ in den Fragenkatalog<br />
aufzunehmen und so etwa die Nachbarschaft<br />
in einer Straße als wesentliches Moment<br />
des Wohnens und Lebens in den Blick zu nehmen<br />
(Hagen 1997, 47f). So verstanden, sollte<br />
sich „die Hausforschung auch der Beziehung<br />
der Bewohner zu ihren Häusern, Nachbarn<br />
und Straßen widmen“ (Mannheims 1998,<br />
166). Auch Elisabeth Katschnig-Fasch hatte<br />
als Erweiterung der Bedal’schen Kategorien<br />
ein Eingehen auf die „gesellschaftliche Ebene“<br />
gefordert (Katsching-Fasch 1984, 166). „In erster<br />
Linie wird Wohnkultur durch die Summe<br />
von geprägten und prägenden Faktoren bestimmt,<br />
in denen sich der einzelne als Mitglied<br />
einer Gruppe erkennt.“ Fred Kaspar schließlich<br />
fand in der städtischen Hausforschung die<br />
Betrachtung der „Hausstätte“ als die notwendige<br />
Erweiterung der Untersuchungsebenen<br />
(Kaspar 2004, 73f). Er versteht darunter die<br />
Summe der zu einer städtischen Besitzeinheit<br />
gehörigen Gebäude, Außenscheunen (in<br />
Scheunenvierteln), Gärten, Kirchhofspeichern<br />
etc. Sein Blick richtet sich dabei vor allem auf<br />
die Parzellenstruktur der mittelalterlichen<br />
Gründungsstädte und ihre Entwicklung im<br />
Verlauf der Stadtgeschichte. Zumindest in einer<br />
Hinsicht – nämlich in Hinsicht auf ihre<br />
Erweiterung – hat die Kategorienbildung anregend<br />
gewirkt. Ob dagegen Fred Kaspars Bemerkung<br />
„Dieses Betrachtungsmodell (…)<br />
galt schnell als allgemein verbindlich und wird<br />
bis heute so gut wie bei jeder Arbeit, die sich<br />
der ,historischen Hausforschung‘ verpflichtet<br />
fühlt, fast gebetsmühlenartig jeder methodischen<br />
Einleitung vorangestellt“ nur die Begeisterung<br />
des Autors ausdrücken oder eine Kritik<br />
an den nur gebetsmühlenartig vorgehenden<br />
Kollegen beinhalten soll, ist nicht ganz<br />
durchsichtig. Ich persönlich teile die Begeisterung<br />
nicht, auch nicht die Beobachtung des<br />
ständigen Rekurses auf die Methode und nicht<br />
die Kritik. Für mich sind diese Kategorisierung<br />
und die herbeigewünschte Anwendung<br />
der Methodik kein notwendiger Bestandteil<br />
guter Hausforschung.<br />
Abb. 4 Weniger augenfällig sind die astig aufgelösten<br />
Balkenenden oder gabelige Sparren (Reste<br />
eines Hauses aus Wuhlsbüttel). Handelt es sich<br />
nicht doch um archaisches bzw. relikthaftes Bauen<br />
in einer rückständigen Region?<br />
Die Isolierung der Hausforschung<br />
Die Volkskundler, Sozial- und Geschichtswissenschaftler<br />
haben sich von den Bemühungen<br />
der Hausforscher um eine Annäherung<br />
ohnehin wenig beeindrucken lassen. War es in<br />
der älteren Generation noch selbstverständlich<br />
gewesen, dass die Hausforschung zum Kanon<br />
der volkskundlichen Themen zählt, so dass<br />
sich die Herausgeber der Handbücher auch<br />
um ihre Darstellung zu bemühen hatten, so<br />
begnügen sich moderne Handbücher mit Verweisen<br />
auf Bedals Standardwerk (z. B. Silke<br />
Göttsch 2001, 11) und gehen jeder inhaltlichen<br />
Darstellung der Methoden und Ergebnisse<br />
dieser Forschungsdisziplin aus dem Weg.<br />
(Nur Rolf W. Brednich, der ehemalige Göttinger<br />
Ordinarius, hat dies fast schon anachronistisch<br />
2001 noch einmal versucht). Was der in<br />
Historiker- und Volkskundlerkreisen z. Z.<br />
sehr populäre Wolfgang Reinhard in seinen<br />
„Lebensformen Europas – Eine historische Kul-<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
23
turantropologie“ als Ergebnisse der Hausforschung<br />
vorstellt, ist eher erschütternd: Eine<br />
wenig Architekturgeschichte der Städte, die<br />
herrschaftliche Funktion von Kuppelbauten<br />
und überholte pauschalierende Vorstellungen<br />
vom mittelalterlichen Wohnen. Ein anderes<br />
Beispiel: Der volkskundliche Sammelband<br />
„Volkskultur und Moderne. Europäische Ethnologie<br />
zur Jahrtausendwende“ lässt ersatzweise einen<br />
Hausforscher über sich selbst berichten<br />
(Bedal 2000), wobei der Aufsatz dann als<br />
Fremdkörper aus der Phalanx der gender studies<br />
und der anderen soziologischen Betrachtungen<br />
herausfällt. Ich selbst allerdings kann<br />
mit einem solchen mit Einsicht in die Grenzen<br />
der Erkenntnis geschriebenen und mit nachvollziehbaren<br />
Befunden aufwartenden Aufsatz<br />
mehr anfangen als mit den vielen mit schwer<br />
verdaulichen neuen Wortschöpfungen gespickten<br />
Aufsätzen der weitgehend sozialwissenschaftlich<br />
ausgerichteten Forscher. Hier<br />
gräbt sich im Übrigen die Volkskunde für<br />
mein Empfinden selbst das Wasser ab, denn<br />
sie hat schon von ihrer Tradition her mehr als<br />
andere Wissenschaften die Pflicht, unterhaltende,<br />
witzige oder zumindest lesbare Arbeiten<br />
zu produzieren – auch wenn das die Volkskundler<br />
nicht gerne hören. Bedals Resümee in<br />
seinem Beitrag lautet: „Volkskunde besitzt inzwischen<br />
offensichtlich eine deutlich geringere<br />
Affinität zur Hausforschung und auch auf die<br />
Hausforscher als einstens zu Zeiten eines Bruno<br />
Schier oder Viktor von Geramb.“ (Bedal<br />
2000, 378). Die aktiven Forscher kommen<br />
nun vielfach aus der Geschichte und insbesondere<br />
aus der Kunstgeschichte und Denkmalspflege.<br />
Aus der Ideologiekritik war zunächst der<br />
Spott über die „Sparrenzähler“ und „Holznagelfetischisten“<br />
erwachsen, und aus diesem ist<br />
die Nichtzurkenntnisnahme geworden. Der<br />
niedersächsische Denkmalspfleger und Hausforscher<br />
Volker Gläntzer sieht eine „Schuld“<br />
allenfalls bei dem nicht eingelösten großen<br />
Versprechen der Disziplin Hausforschung<br />
selbst: „Das ursprüngliche Versprechen, Lebensverhältnisse,<br />
kulturelle Handlungen und<br />
Einstellungen zu erforschen, ist bis auf Ausnahmen<br />
nicht gehalten worden.“ (Gläntzer<br />
24 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
2002, 31) Und weiter: „Mit dem teilweisen<br />
Festhalten an alten Fragestellungen und mit<br />
der teilweisen Beschränkung auf ,bauhistorische‘<br />
Fragestellungen hat sich die Hausforschung<br />
doch etwas von der übrigen Entwicklung<br />
der Volkskunde abgekoppelt – und ist damit<br />
auch an den Rand der Institutionen gerückt,<br />
die ihr Heimatrecht gewährten oder gewähren<br />
könnten.“ Wenn Thomas Vogtherr<br />
allerdings bei seiner Rezension dieses Beitrags<br />
resümiert, die (hauskundliche) Forschung (in<br />
Niedersachsen) sei ,altbacken‘ und habe in ihrer<br />
,deskriptionsverliebten Fixierung auf Objekte‘<br />
den ,Kontakt zur Volkskunde verloren‘(Vogtherr<br />
2004, 360), dann sagt diese Zusammenfassung,<br />
auch wenn sie Worte aus dem<br />
Aufsatz von Volker Gläntzer benutzt, mehr<br />
über die Vorurteile des Rezensenten, als über<br />
den besprochenen Beitrag. Volker Gläntzers<br />
Aufsatz hatte in kritischer Würdigung eine<br />
Vielzahl erfolgreicher Bemühungen zitiert, bestimmte<br />
Forschungsziele als methodisch unrealistisch<br />
gekennzeichnet und eher eine Unzufriedenheit<br />
mit den Forschungsbedingungen<br />
und der Rezeption der Ergebnisse als mit den<br />
Forschenden und ihrer Arbeit formuliert. Es<br />
bleibt also die Feststellung, dass die Publikationen<br />
der Hausforscher trotz der Bemühungen<br />
um Anschluss von den übrigen historischen<br />
Disziplinen nicht mehr gewürdigt,<br />
wahrscheinlich auch gar nicht mehr gelesen<br />
werden. Besonders bedauernswert ist die<br />
Nichtzurkenntnisnahme angesichts der Erfolge,<br />
die die städtische Hausforschung in den<br />
letzten zwei Jahrzehnten erzielt hat. In Folge<br />
der Stadtkernsanierungen kam es zu gut ausgestatteten<br />
Forschungsvorhaben, die Bauforschung,<br />
Archivstudium und Innenstadtgrabungen<br />
miteinander verbanden. Dieser Forschungsverbund<br />
bewirkte, dass die Zahl der<br />
bekannten mittelalterlichen Häuser in den<br />
Städten sich alle fünf Jahre verdoppelte und<br />
heute viele hundert beträgt. Es vervielfältigte<br />
sich auch das Wissen über die Wohnverhältnisse,<br />
und bisher unbekannte Bauformen wurden<br />
erkannt (Kaspar 1988a, 1-16). Trotzdem<br />
blieb die Hausforschung im Abseits gefangen.<br />
Das gilt natürlich erst recht für die ländliche<br />
Hausforschung, die auf solche Ressourcen
nicht zurückgreifen konnte. Heute ruhen viele<br />
Hoffnungen im Bereich der ländlichen Forschung<br />
auf der Archäologie, die hier in Norddeutschland<br />
vor allem vom Wilhelmshavener<br />
Institut für historische Küstenforschung und<br />
einigen Kreisarchäologen betrieben wird.<br />
Aktuelle Erfolge der Gefügeforschung<br />
Ich möchte nun zur inhaltlichen Darstellung<br />
der Gefügeforschung in der von uns<br />
praktizierten Form kommen, um so die Stärken<br />
aber auch die Grenzen der Methode zu<br />
zeigen. Sie hat den entscheidenden Aufschwung<br />
genommen, seit ihr als schwesterliche<br />
Methode die Dendrochronologie zur Seiten<br />
getreten ist. Damit hat sie den Schritt von<br />
der beschreibenden und Analogieschlüsse ziehenden<br />
zur naturwissenschaftlich exakten Methode<br />
getan. Manche scharfsinnige Überlegung<br />
ist allerdings durch die „Objektivität“<br />
dieser begleitenden Untersuchung verloren gegangen,<br />
und die schematische Anwendung der<br />
Dendrochronologie in der Hand von rekordsüchtigen<br />
und unkritischen Leuten führt mitunter<br />
zu absurden Ergebnissen, wenn etwa sekundär<br />
verwendete Hölzer nicht erkannt werden<br />
und ihr Datum für den ganzen meist viel<br />
jüngeren Bau genommen wird; Dendrochronologie<br />
ist ohne parallele Gefügeforschung<br />
nicht sinnvoll möglich. Andererseits ist unbestreitbar,<br />
dass ohne die Objektivierungsmöglichkeit<br />
der Dendrochronologie heute noch<br />
weniger Forscher in den Häusern selbst zu finden<br />
sein würden. Die Mühen der Forschung<br />
am Objekt sollten nämlich nicht unterschätzt<br />
werden. Alte Gebäude strahlen nicht primär<br />
eine anregenden Geschichtlichkeit aus, sondern<br />
repräsentieren leider allzu oft den Verfall,<br />
der gerade den engagierten Forscher durch seine<br />
Unfähigkeit, diesen Niedergang aufzuhalten,<br />
in die Resignation, ja bis an den Rand der<br />
Depression treiben kann. Auch das Arbeiten in<br />
den meist schmutzigen, dunklen Gebäuden<br />
bei Kälte und Nässe, die sportlichen Aspekte<br />
von Mess- und Erkundungsaktionen in schwer<br />
zugänglichen Winkeln und Höhen sowie die<br />
mühsame Dokumentation sprechen gegen eine<br />
verbreitete Anwendung und vor allem gegen<br />
eine Anwendung durch den Kreis der oft<br />
Abb. 5 Technisch fragwürdig und dennoch seit<br />
Jahrhunderten beibehalten: der aufgekämmte Ankerbalken<br />
der regionaltypischen Querdurchfahrtsscheunen<br />
(Frl. Museum Speckenbüttel)<br />
erst im Rentenalter aktiv werden Heimatforscher;<br />
diese fühlen sich naturgemäß in den<br />
warmen Archiv- und Bibliotheksleseräumen<br />
wohler.<br />
Eines der Ergebnisse der Gefügeforschung<br />
war es, mit einem Bündel von Kriterien für die<br />
jeweilige Region ein Datierungsraster für die<br />
Holzgerüstbauten aufzustellen. Dies hat sich,<br />
von gelegentlichen Überraschungen abgesehen<br />
(Dörfler 2001, 27f), durch die Dendrochronologie<br />
bestätigen lassen. Hier ist anzumerken,<br />
dass gerade solche lehrreichen abweichenden<br />
Befunde viel zu selten publiziert wurden.<br />
Zu den relativ leicht ermittelbaren Datierungsmerkmalen<br />
in einem Hallenhaus gehören<br />
- die Länge des Balkenüberstands,<br />
- die Schrägstellung der Ständer,<br />
- die Holzart und Dimension der Deckenbalken,<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
25
- die Art der Zusammenfügung der Hölzer<br />
im Quer- und Längsverband,<br />
- die Aussteifung des Längsverbandes,<br />
- die Form der Kopfbänder und ihre Verzimmerungsart<br />
und<br />
- das Erscheinungsbild des Giebels einschließlich<br />
der Breite des Dielentores.<br />
Wenn man das Ergebnis dieser Datierungskriterien<br />
zusammenfasst, müsste das älteste,<br />
vor die rezenten Gebäude zurückreichende<br />
norddeutsche Bauernhaus folgende Merkmale<br />
aufweisen:<br />
- ein eichenes Innengerüst<br />
- die Kopfbänder in Querverband wären angeblattet<br />
und aus krummwüchsig-geschwungenen<br />
Hölzern gezimmert<br />
- die Aussteifung im Längsverband wäre auf<br />
einzelne langausgreifende diagonale Streben<br />
beschränkt<br />
- die Ständer hätten einen annähernd quadratischen<br />
Querschnitt und könnten eine<br />
leichte Innenneigung aufweisen<br />
- der Überstand der Balkenenden über die<br />
Ständer hinaus wäre minimal<br />
- das Haus hätte keinen Giebel, sondern eine<br />
umlaufend Kübbung, also ein auf allen vier<br />
Seiten weit heruntergezogenes Dach, in das<br />
ein zurückliegendes, noch relativ schmales Tor<br />
eingeschnitten ist<br />
- es handelte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
um einen Pfostenbau.<br />
Für zahlreiche gefügekundlich feststellbare<br />
Kriterien lässt sich die Veränderung in regionaler<br />
und zeitlicher Hinsicht ermitteln. Verallgemeinerungen<br />
als Ableitung aus solchen Befunden<br />
gelten selbstverständlich nur für enge<br />
und gut untersuchte Regionen, von denen es<br />
in Nordwestdeutschland inzwischen aber recht<br />
viele gibt (Übersicht bei Stiewe 1996, 359f<br />
und Gläntzer 2002, 34f), so dass ein zuverlässiges<br />
Raster zur Verfügung steht. Jedes Haus ist<br />
natürlich ein Einzelstück, dessen (gelegentliche)<br />
Abweichung von dem Raster mindestens<br />
so spannend ist, wie die (häufige) Bestätigung<br />
desselben. Außerdem ist jedes Haus mehr als<br />
die Summe seiner gefügekundlich erhobenen<br />
Befunde; diese sind aber als unerlässlich wichtiger<br />
Einstieg in jede Untersuchung zu verstehen<br />
und könnten dann durch die Geschichte<br />
26 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
und die Geschichten rund um das Haus ergänzt<br />
werden. Unter glücklichen Umständen<br />
schließen sich den gefügekundlichen Informationen<br />
dann solche an:<br />
- zur Schichtzugehörigkeit seiner Erbauer<br />
und – oft unterschiedlich – seiner späteren Bewohner<br />
- zu dem Anpassungsdruck, den das Haus<br />
durch Veränderung der Wirtschaftsweise,<br />
durch den Repräsentationswillen seiner Besitzer<br />
und durch gestiegenen Anspruch an den<br />
Wohnkomfort ausgesetzt war bzw. umgekehrt<br />
betrachtet, zu der Außergewöhnlichkeit seines<br />
Überdauerns in der ursprünglichen Form bei<br />
den besonders interessanten, weil wenig veränderten,<br />
alten Gebäuden.<br />
Bei diesen Fragen muss sich der Untersucher<br />
aber regelmäßig von dem Gebäude selbst<br />
als Quelle entfernen und in ein anderes Gebiet,<br />
die Arbeit mit schriftlichen Quellen oder<br />
mündlicher Tradition, einlassen. Das ist nicht<br />
Jedermanns Sache und muss es auch nicht<br />
sein. Die klassische Gefügeforschung basiert<br />
nämlich auch auf der Freude am fast handwerklichen<br />
Arbeiten mit den gebauten Befunden.<br />
Die Kritiker beachten außerdem zuwenig,<br />
dass es legitimerweise ein stark subjektives<br />
Moment der Untersucher bei der Wahl ihres<br />
Forschungsgegenstandes und der eigenen Methode<br />
gibt. Marc Bloch hat es schön formuliert:<br />
„Wer kein ausgemachter Dummkopf ist,<br />
findet alle Wissenschaft interessant. Jeder Gelehrte<br />
findet aber wohl nur eine, deren Ausübung<br />
ihm auch Spaß macht. Sie zu entdecken<br />
und sich ihr zu widmen ist genau das, was man<br />
Berufung nennt“ (Bloch 1942, 8).<br />
An den folgenden kurz skizzierten Beispielen<br />
aus den letzten Jahrzehnten möchte ich<br />
den Erkenntnisgewinn der Gefügeforschung<br />
demonstrieren. Ich habe dafür als Beispiel die<br />
Arbeiten von Ulrich Klages gewählt, mit dem<br />
mich eine langjährige freundschaftliche Zusammenarbeit<br />
verbindet. Er deutete und publizierte<br />
als Erster gefügeunabhängige Bohrungen<br />
und Einritzungen an verbauten Hölzern<br />
als Spuren des Floßtransportes dieser<br />
Bauhölzer (Klages 1994, 181ff). Auf vielen<br />
Hausforscher-Tagungen wird seit seinem Vortrag<br />
beim Jahrestreffen des Arbeitskreises für
Hausforschung 1992 die Diskussion um die<br />
Floßtechnik, die Floßwege (also die Herkunft<br />
der Hölzer), den Holzhandel und der aus der<br />
Verfügbarkeit dieser groß dimensionierten<br />
Hölzer resultierenden, weitspannenden Bauweise<br />
geführt. Auch andere finden jetzt die<br />
Floßbohrungen und die Zeichen der Flößer<br />
oder Holzhändler an den verbauten Hölzern<br />
von Kirchendachstühlen, städtischen Häusern,<br />
Bauernhäusern und vielen „oberschichtlichen“<br />
ländlichen Gebäuden. Die Spuren waren<br />
vorher auch schon da, wurden aber<br />
schlicht nicht beachtet oder falsch gedeutet.<br />
Auch hier erweist sich, dass der durchschnittliche<br />
Untersucher nur das sucht und sieht, was<br />
er schon kennt.<br />
Ulrich Klages’ noch fruchtbringenderer Ansatz<br />
war die intensive Beschäftigung mit den in<br />
Zweit- oder gar Drittverwendung in bestehenden<br />
Häusern befindlichen Hölzern (Klages<br />
1987, 66; Klages 1991, 17ff; Klages 1996,<br />
193f). Was von anderen Hausforschern oft genug<br />
als lästiges Beiwerk in einem Haus empfunden<br />
wurde, das von dem postulierten und<br />
in Reinkultur erwünschten Haustyp abweicht<br />
und daher die Typologie „verunklart“, hat er<br />
als Quelle von großer Aussagekraft erkannt<br />
und systematisch ausgewertet. Hierin ging er<br />
über alle Vorgänger in der Gefügeforschung,<br />
selbst über Joseph Schepers und Gerhard Eitzen,<br />
weit hinaus. Dazu aber benötigte er einen<br />
von keinen Vorurteilen im Sinne der Typenlehre<br />
oder von anderen Prämissen getrübten<br />
Blick, sondern das analytische Auge des ehemaligen<br />
Gerichtsmediziners, dem das authentische<br />
Detail mehr bedeutet, als die Beweisanstrengungen<br />
für eine zuvor zurechtgelegte<br />
Theorie.<br />
Die Analyse der wiederverwendeten Hölzer<br />
erlaubt eine klare zeitliche Schichtung der Gefügeformen,<br />
lässt erkennen, was als veraltet ersetzt<br />
wurde und was zum Zeitpunkt des Umbaus<br />
als modern und zeitgemäß galt. Es erlaubt<br />
bei entsprechender Kenntnis der „Löcher<br />
im Holz“ die sichere Rekonstruktion der<br />
Vorgängerbauten und damit einen Blick in die<br />
Vergangenheit, der über den rezenten Bestand<br />
hinausreicht. So verstanden, ist Gefügeforschung<br />
in der Hand eines Könners ebenso ein-<br />
fach wie genial. Bei manchem isolierten Stück<br />
Holz aus archäologischer Bergung kann ein<br />
Hinweis auf die ursprüngliche Verwendung<br />
möglich sein, soweit, dass wir schon scherzhaft<br />
von der bevorstehenden „Zaunpfahlforschung“<br />
gesprochen haben, der Rekonstruktion<br />
abgerissener Gebäude aus ihren Relikten<br />
in der Landschaft.<br />
Ein weiteres Beispiel für die Erfolge der Gefügeforschung<br />
war die Hereinnahme von<br />
funktionellen Überlegungen in die Analyse des<br />
Holzgerüstes. Bereits vor 60 Jahren geprägte<br />
Ausdrücke wie Dachbalken-, Jochbalken- und<br />
Ankerbalkengerüst waren schon über die rein<br />
beschreibende Form hinausweisend, da sie –<br />
falsch oder richtig – eine bestimmte Funktion<br />
dieser Traghölzer, die Art der Errichtung des<br />
Hausgefüges oder die von den Erbauern vorgesehene<br />
Nutzung der Gebäude implizieren. Sie<br />
wirken bis heute anregend auf viele Untersucher.<br />
Die drei wichtigsten Begriffe dieser Art<br />
möchte ich wegen möglicher Irrtümer und<br />
Verständnisschwierigkeiten erläutern. Vorauszuschicken<br />
ist, dass ein Balken nach unserer<br />
Terminologie das deckenbildende Tragholz<br />
über einem Raum ist und eben nicht ein beliebiges<br />
großes Stück Holz. Der Balken trägt die<br />
Last der eingelagerten Güter oder der darüber<br />
liegenden Stockwerke und muss das Gewicht<br />
des Daches als seitlichen Schub der Dachsparren<br />
aufnehmen. Aus der Art, wie diese Aufgabe<br />
gelöst wird, ergibt sich das alternative Begriffspaar<br />
Ankerbalken-Dachbalken.<br />
Jeder Balken ist entweder das eine oder das<br />
andere. Die Einordnung entsteht aus dem Verständnis<br />
des Gefüges, seiner Statik und seiner<br />
beabsichtigten Nutzung. Ankerbalken kompensieren<br />
den Sparrenschub, der auf die Gefügeteile<br />
des Längsverbandes wirkt, sie sind Holz<br />
sparend und relativ leicht gebindeweise aufzurichten.<br />
Dachbalken tragen optimal die Last<br />
der eingelagerten Güter und des Daches und<br />
verleihen dem Gerüst eine sensationell lange<br />
Lebensdauer. Der Begriff des Jochbalkens<br />
stammt aus der Sphäre des Aufrichtens von<br />
Gebäuden. Im Jochbalkengefüge werden die<br />
Gebäude gebindeweise – als „Joche“ – aufgerichtet.<br />
Dazu ist eine primäre Fixierung der<br />
Hölzer des Querverbandes untereinander not-<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
27
wendig. Es können sowohl Dachbalken- als<br />
auch Ankerbalkengebinde jochweise aufgerichtet<br />
werden; das Jochbalkengefüge ist also<br />
kein zu den beiden anderen alternativer Begriff.<br />
Die Alternative zur Jochbauweise ist die<br />
Bauweise in Ständerreihen, die im Übrigen<br />
weitaus verbreiteter war, als man es bei dem<br />
dafür notwendigen technischen Aufwand vermuten<br />
möchte. Hier kann im Rahmen der<br />
Gefügeforschung die akribische Analyse der<br />
Abbundzeichen helfen, die Aufrichtungsart eines<br />
Gebäudes zu belegen (Klages et al. 1994,<br />
55f). Markiert wurden die Hölzer, die nach<br />
ihrem ersten Abbund am Boden wieder auseinander<br />
genommen wurden, um in der anderen<br />
Abbundrichtung beim Aufrichten benutzt<br />
zu werden. Erfolgt der primäre Abbund im<br />
Querverband des Hauses und die Aufrichtung<br />
im Längsverband sind nur typischerweise die<br />
Hölzer des Querverbandes – also Balkenkopfbänder,<br />
Balken und Ständer – markiert, nicht<br />
aber die Rähme, Rähmkopfbänder und Hillenriegel.<br />
Beim Jochbalkengefüge ist der umgekehrte<br />
Fall anzutreffen.<br />
Gefügeforschung kann auf eine Funktionsanalyse<br />
hinauslaufen. Wenn eine Innenständerreihe<br />
so konstruiert ist, dass sich hinter ihr in<br />
der Kübbung keine Ställe befunden haben<br />
können, sondern völlig untypischerweise nur<br />
Stapelräume etwa für Heu, ist das eine Erkenntnis,<br />
die zwingend logisch aus der Untersuchung<br />
des Holzgerüstes abgeleitet ist (Klages<br />
2001, 34f). Dass ein über eine Treppe zugänglicher<br />
eingetiefter Feldsteinkeller mit niedriger<br />
intensiv gedämmter Decke darin trotz seines<br />
Strohdachs und seiner geduckten Form kein<br />
Schafstall sein kann, sondern ein Kartoffelspeicher<br />
war (Dörfler 1990, 10f), dass wir umgekehrt<br />
Schafställe mit einem Bündel von am<br />
Bau feststellbaren Kriterien als solche identifizieren<br />
können, wenn die Überlieferung auf<br />
den Höfen dazu schon lange verloren gegangen<br />
ist (Dörfler et al. 1994, 36 und 56f), sind<br />
weitere Beispiele dieser Art. Klüger zu sein als<br />
der älteste Bewohner auf dem Hof, was die ursprüngliche<br />
oder zwischenzeitliche Nutzung<br />
eines Gebäudes oder Gebäudeteils angeht, und<br />
dies an den vorhandenen Befunden beweisen<br />
zu können, ist unsere Lieblingsübung.<br />
28 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Als verwandtes Beispiel möchte ich die erst<br />
vor wenigen Jahren gemachte Beobachtung einer<br />
bestimmten Bauweise an Häusern des Alpenraumes<br />
erwähnen, die einmal mehr zeigt,<br />
dass auch in der jüngsten Vergangenheit noch<br />
durch detaillierte Beobachtung grundsätzlich<br />
neue Erkenntnisse möglich waren. Es ist die<br />
Beschreibung der fassadensichtigen Deckenbohlen<br />
im alpinen Blockbau durch Benno<br />
Furrer (Furrer 2001, 143f). Er konnte dies als<br />
ein Phänomen des mittelalterlichen Hausbaus<br />
beschreiben, das half, diese sehr alten Gebäude<br />
von den jüngeren Schichten zu trennen und<br />
die älteren einer intensiven Untersuchung zuzuführen.<br />
Dabei stellte sich heraus, dass übrigens<br />
auch jüngere Nebengebäude ausnahmsweise<br />
einmal diese Bauweise zeigen können.<br />
Ohnehin ist eine schematische Anwendung eines<br />
solchen Details zur Altersbestimmung obsolet.<br />
Jedenfalls gelang ihm durch die systematische<br />
Untersuchung von Häusern dieses Bautyps<br />
das Auffinden des ältesten rezenten hölzernen<br />
Wohnhauses Europas, des 1176 (d) errichteten<br />
Hauses Nideröst im Ort Schwyz in<br />
der Innerschweiz, das dann aber trotzdem vor<br />
zwei Jahren dem Bau einer Doppelgarage weichen<br />
musste.<br />
Als jüngste Entwicklung hat sich aus der<br />
Kombination von Gefügeuntersuchung und<br />
Dendrochronologie – nämlich dem Unterschied<br />
von neu gearbeiteten und wiederverwendeten<br />
Hölzern – ein Einblick ergeben in<br />
die erstaunlich kurze Lebensdauer der ältesten<br />
erfassbaren niederdeutschen Hallenhäuser an<br />
der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert<br />
(Klages et al. 1993, 54f; Klages 1996b, 121f;<br />
Dörfler 2001, 56f; Stiewe 2001, 82f – dort<br />
sind auch die entscheidend wichtigen, noch<br />
unpublizierten Ergebnisse von Heinz Riepshoff<br />
in Tabellenform abgedruckt). Die so festgestellte<br />
– regelmäßig nur 25 bis maximal 100<br />
Jahre währende – Lebensphase der Vorgängerbauten<br />
steht im krassen Gegensatz zu der<br />
mehrhundertjährigen Lebensdauer der bis<br />
heute stehenden Nachfolgehäuser. Dies öffnete<br />
den Weg für neue Überlegungen zur Bauweise<br />
und dem Wert der ländlichen Gebäude<br />
in spätmittelalterlicher Zeit, wobei eine schwache<br />
Konstruktion und ein geringer Wert dieser
Häuser der gravierende Unterschied zu den<br />
städtischen und klösterlichen Gebäuden zu<br />
sein scheint. Es könnte also gut sein, dass man<br />
die aufwendigen Bauweisen des Stabbaus und<br />
des Ständerbohlenbaus (Kaspar 1988b, 59ff)<br />
auf dem Lande auch bei verstärkten archäologischen<br />
Anstrengungen nicht finden wird, weil<br />
sie in spätmittelalterlicher Zeit hier nicht gebräuchlich<br />
waren. Aber ein Zusammenhang<br />
mit dem Pfostenbau – nämlich seinem geringen<br />
konstruktiven Aufwand bei allerdings erheblich<br />
beschränkter Lebensdauer – ist nahe<br />
liegend. Der Versuch mancher Autoren, dem<br />
Pfostenbau gegenüber dem Ständerbau nur<br />
die Rolle eines regionalen Gegensatzes zuzuweisen,<br />
ist aus meiner Sicht haltlos. Es wurden<br />
seit der Frühen Neuzeit keine Pfostenbauten<br />
mehr errichtet; im Mittelalter und davor gab<br />
es sie dagegen regelhaft, also hat eine Entwicklung,<br />
ein Wandel, eine Ablösung, oder wie<br />
auch immer man es nennen möchte, stattgefunden.<br />
Dass dies nicht überall zeitgleich stattfand<br />
und es also regionale Unterschiede in bestimmten<br />
Zeitabschnitten gegeben hat, ist eine<br />
banale Erkenntnis, die aber an der Tatsache eines<br />
generellen Verlassens dieser Bauweise<br />
nichts ändert. Dafür wird es schwerwiegende<br />
Gründe gegeben haben, so dass auch Kaspars<br />
Behauptung, „die Ausbildung der Gründung<br />
(also Pfosten, Fundament oder Schwelle) hat<br />
keine grundlegende Auswirkung auf Konstruktion<br />
und Ausgestaltung der darüber aufgehenden<br />
Bauten“, was er gar seit längerem als<br />
gesichert geltend ansieht, wenig logisch ist und<br />
mir auch durch seine im Anmerkungsapparat<br />
gegebenen Hinweise nicht belegt erscheint<br />
(Kaspar 2002, 88-89). Eine von ihm bestätigte<br />
minimale Längsaussteifung der alten Gefüge<br />
lässt sich eigentlich nur mit dem besseren primären<br />
Halt der Ständer durch Eingraben in<br />
das Erdreich erklären, bzw. umgekehrt das<br />
Aufkommen der Kopfbänder in regelmäßiger<br />
Abfolge aus eben dieser fehlenden Standsicherheit<br />
der Ständerbauten. Wenn das „keine<br />
grundlegende Auswirkung auf die Konstruktion“<br />
ist, was wäre dann eine solche?<br />
Der Gefügeforschung wurden außer ihrer<br />
beschränkten Sichtweise auch von wohlmeinenden<br />
Beobachtern oft eine übertriebene De-<br />
Abb. 6 Sehr ungewöhnlich erscheinen durchgezapfte<br />
Ankerbalken an einzelnen Bürgerhäusern in<br />
Bederkesa: insuläres Vorkommen in einer individuellen<br />
Bautechnik oder doch Relikt einer mittelalterlichen<br />
Bauweise?<br />
tailverliebtheit und die Benutzung einer den<br />
interessierten aber nicht fachkundigen Leser<br />
überfordernden Sprache vorgeworfen. Witzigerweise<br />
hat gerade einer der profiliertesten<br />
aus der Riege der Hausforscher, nämlich Volker<br />
Gläntzer, formuliert: „Die Gefügeforschung<br />
wird häufig noch als bloße Baugefügeuntersuchung<br />
aufgefaßt. In dieser Beschränkung<br />
muß sie dem Außenstehenden durch ihre<br />
Verehrung des Gefügeknotens, ihre mystische<br />
Versenkung ins Zapfenloch und den Gebrauch<br />
einer etwas skurrilen Geheimsprache<br />
wie ein hermetischer Wissenschaftskult erscheinen“<br />
(Gläntzer 2002, 35). Mal abgesehen<br />
davon, dass eine solche liebevolle Persiflage<br />
den wahrhaften Bewunderer und intimen Teilhaber<br />
am „Wissenschaftskult“ verrät, ist die<br />
Sache mit der „Geheimsprache“ ein Problem<br />
jeder sich stärker differenzierenden Wissenschaft.<br />
Hier stehen die Soziologie, die Rechts-<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
29
und Naturwissenschaften und die Medizin bekanntlich<br />
keineswegs besser da. Sicher sind die<br />
Ansprüche an Verständlichkeit für ein Laienpublikum<br />
in der Volkskunde grundsätzlich<br />
höher, was aber an der Notwendigkeit einer<br />
Anwendung von formelhaften Begriffen in<br />
den Veröffentlichungen nur wenig ändert.<br />
Aber nicht nur gegenüber dem „Laienpublikum“,<br />
sondern auch in der Kommunikation<br />
unter den Hausforschern selbst ist eine Vereinheitlichung<br />
und Popularisierung der Fachbegriffe<br />
ein Desiderat. Zur Erklärung der unbefriedigenden<br />
Situation mag der Hinweis helfen,<br />
dass die Bau-, Haus- und Gefügeforschung<br />
sich nicht aus einer der fest etablierten<br />
Universitätsfächer abzweigt bzw. ihnen zugehört,<br />
denn bis heute haben weder die Volkskunde<br />
noch die Kunstgeschichte, die Archäologie<br />
oder die Architektur in der Hausforschung<br />
Dominanz errungen. So ist auch der<br />
Prozess der Entwicklung der Fachsprache uneinheitlich<br />
verlaufen. Die Beschäftigung der<br />
Gefügeforschung mit dem Holz führte zum<br />
Zimmermannshandwerk und zu dessen historischer<br />
Begrifflichkeit, die zu adaptieren versucht<br />
wurde. Die nicht umgangssprachlichen<br />
Wortschöpfungen dieses Handwerks sind aber<br />
starken regionalen Einflüssen unterworfen, so<br />
dass ihre Verwendung das Problem eher verschärft<br />
als löst. Jede „Hausforscherschule“ hat<br />
partiell ihre eigene Begrifflichkeit angenommen,<br />
die für Einsteiger wirklich die Charakteristika<br />
einer Geheimsprache aufweist. (Wer<br />
sich einmal gründlich mit der Beschreibung<br />
seines 8-Ständerhauses blamiert hat, wird oft<br />
nicht mehr die rechte Liebe zu diesem Forschungsgebiet<br />
gewinnen können.) Der Ausweg<br />
besteht in der Schaffung von gründlichen<br />
regionalen Glossaren und ihrem Abgleich<br />
untereinander. Glossare wurden bereits mehrfach<br />
verfasst (Binding 1990, Großmann 1992,<br />
274-279; Großmann 1994, 100-106; Klages<br />
et al. 1995, 138-148; Guttenberg o. J. ca.<br />
1998), ihr Abgleich ist ein noch unerfüllter<br />
Wunsch, und auch die Vereinheitlichung in<br />
Form einer Konsensbildung ist bisher nicht erfolgt.<br />
Dem ehrgeizigen Projekt eines mehrsprachigen<br />
Glossars für die Aspekte der historischen<br />
Hausforschung und der Archäologie,<br />
30 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
das Haio Zimmermann am Institut für Historische<br />
Küstenforschung in Wilhelmshaven<br />
verfolgt, ist ein Gelingen von Herzen zu wünschen!<br />
Ausblick<br />
Bei der Erkundung der Bau- und Nutzungsgeschichte<br />
eines Hauses ist die qualifizierte Beschäftigung<br />
mit dem Gerüst und den verbauten<br />
Hölzern nach wie vor die führende Methode.<br />
Neben ihr stehen die Archäologie des Hauses<br />
und seiner direkten Umgebung, die Untersuchung<br />
der Fundamente und des Mauerwerks,<br />
die freilegende Arbeit der Konservatoren<br />
an den Oberflächen, das Registrieren von<br />
Benutzungsspuren und Umbauten, das verformungs-<br />
oder gar steingetreue Aufmaß, die botanische<br />
Untersuchung von in Lehm oder<br />
Zwischenböden eingeschlossenen Pflanzenresten<br />
und die Auswertung der Archivalien. Für<br />
die ländliche Hausforschung, die die älteren<br />
Gebäude der bäuerlichen, unterbäuerlichen<br />
und nichtbäuerlichen Schichten untersucht,<br />
wird die Gefügeforschung immer das Standbein<br />
bleiben. Nur in glücklichen Ausnahmefällen<br />
sind für das einzelne untersuchte Haus<br />
weiterführende Erkenntnisse durch das Archivstudium<br />
möglich. Die zunehmend von<br />
Historikern erschlossenen und vorgetragenen<br />
schriftlichen Quellen sind eine willkommene<br />
Ergänzung, jedoch kein Ersatz für die Arbeit<br />
am Objekt. Durch die Zusammenarbeit von<br />
Historiker und Gefügeforscher kann mehr<br />
Farbe in das Bild kommen, wie Einzeluntersuchungen<br />
demonstriert haben (Linde 2002,<br />
Stiewe 2002). Obrigkeitliche und kirchliche<br />
Gebäude (Zehntscheunen, Vorwerke, Kirchen,<br />
Kirchtürme, Pfarrhäuser, Pfarrwitwenhäuser)<br />
sowie technische Bauwerke (Mühlen,<br />
Brücken, Wehre, Deichbauten) sind auch auf<br />
dem Lande gelegentlich schon früher durch<br />
Archivalien zu erfassen.<br />
Und die „Königsfrage“ in der Hausforschung?<br />
Die von der universitären Volkskunde<br />
präferierten „kulturanthropologischen“ Fragestellungen<br />
sind es für die Mehrheit der aktiven<br />
Forscher sicher nicht, denn diese sind zu blutleer<br />
und von der Quelle, dem Haus zu weit<br />
entfernt. Um Vorbild zu sein ist die „moder-
ne“ Volkskunde mit eigenen Rechtfertigungsja<br />
Existenzproblemen zu stark belastet; sie<br />
wird der Hausforschung keine neuen Wege<br />
weisen oder ihr helfend beispringen können.<br />
Es wird von den Forschern vielmehr noch immer<br />
„das älteste Haus“ bzw. auf dem Lande die<br />
Erforschung der spätmittelalterlichen Bauten<br />
die spannendste Aufgabe sein. Hier sind die<br />
großen Fortschritte, die z. B. Konrad Bedal<br />
im Süden Deutschlands oder Benno Furrer in<br />
der Schweiz erzielt haben, großer Ansporn.<br />
Der Forschungsverbund in der ländlichen<br />
Hausforschung in Nordwestdeutschland funktioniert<br />
und ist sehr lebendig. Wenn es gelingt,<br />
das Interesse der anderen historischen Disziplinen,<br />
besonders der in den Archiven arbeitenden<br />
Forscher und der Archäologen zu verstärken,<br />
besteht die Hoffnung, endlich auch<br />
das mittelalterliche Bauen auf dem Lande besser<br />
verstehen zu lernen.<br />
Das aber wird ohne ein öffentlich gefördertes<br />
exemplarisches Forschungsvorhaben mit systematischen<br />
Grabungen mittelalterlicher Dörfer<br />
und Sammlung der verstreuten archivalischen<br />
Belege nicht möglich sein. Und die praktizierenden<br />
Hausforscher werden hoffentlich weiter<br />
ihren noch sichtbar vorhandenen Objekten,<br />
den alten Häusern also, die Reverenz erweisen,<br />
die diesen auf Grund ihrer Geschichtlichkeit<br />
und ihres Quellenwertes sowie zum Zwecke ihres<br />
Schutzes und oft genug ihrer Rettung zukommt.<br />
Dazu gehört, dass dieser Gedanke<br />
z. B. durch Beiträge zu Ortschroniken, Vorträge<br />
und durch das praktizierte Beispiel in der<br />
Nachbarschaft einem möglichst großen Teil der<br />
Bevölkerung nahe gebracht wird.<br />
Literatur:<br />
Bedal, Konrad 1976: Gefüge und Struktur. Zum Standort<br />
und Arbeitsweise volkskundlicher Hausforschung. In:<br />
Zeitschrift für Volkskunde 72, S. 161-176.<br />
Bedal, Konrad 1978: Historische Hausforschung. Eine<br />
Einführung in Arbeitsweise, Begriffe und Literatur.<br />
Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland 8.<br />
Münster.<br />
Bedal, Konrad 2000: Befund und Funktion. Tendenzen,<br />
Möglichkeiten und Grenzen der Hausforschung und<br />
ihre Beziehung zur Volkskunde. In: Volkskultur und<br />
Moderne. Europäische Ethnologie zur Jahrtausendwende.<br />
Festschrift für Konrad Köstlin zum 60. Geburtstag,<br />
S. 355-378. Hrsg. vom Institut für Europäische Ethnologie<br />
der Universität Wien, Band 21.<br />
Binding, Günter 1990: Fachwerkterminologie für den historischen<br />
Holzbau, Fachwerk, Dachwerk. Köln.<br />
Bloch, Marc 1942 (Durchgesehene und neu übersetzte<br />
deutsche Ausgabe 2002): Apologie der Geschichtswissenschaft.<br />
Der Beruf des Historikers.<br />
Brednich, Rolf W. (Hrsg.) 2001: Grundriß der Volkskunde.<br />
Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen<br />
Ethnologie. 3. überarb. und erw. Auflage.<br />
Dörfler, Wolfgang 1990: Eine Entdeckung: Eingekellerte<br />
Kartoffelvorratsscheune. In: Der Holznagel Heft 3<br />
1990, S. 10-15.<br />
Dörfler, Wolfgang 2001a: Neues von und mit der Dendrochronologie.<br />
Der Holznagel 1, S. 27-30.<br />
Dörfler, Wolfgang 2001b: Die ältesten Bauernhausgefüge<br />
des Elbe-Weser-Dreiecks. In: The rural house from the<br />
migration period to the oldest still standing buildings.<br />
Ruralia IV, S. 53-57.<br />
Dörfler, Wolfgang, Ulrich Klages und Hans-Joachim Turner<br />
1994: Die Schafställe der Nordheide. Arbeitshefte<br />
zur Denkmalpflege in Niedersachsen 10. Hameln.<br />
Eitzen, Gerhard 1939: Zur Gefügeentwicklung des<br />
Niedersachsenhauses in Nordhannover. In: Niederdeutsche<br />
Zeitschrift für Volkskunde 17, S. 198-215.<br />
Eitzen, Gerhard 1950: Holzbauten der Lüneburger Heide.<br />
In: Lüneburger Blätter Heft 1, S. 30-45.<br />
Eitzen, Gerhard 1954: Die älteren Hallenhausgefüge in<br />
Niedersachsen. In: Zeitschrift für Volkskunde 51. Jg.,<br />
37-76. Nachgedruckt in: Karoline Terlau und Fred Kaspar<br />
(Hrsg.) 1984: Bauernhäuser aus Mitteleuropa. Aufmaße<br />
und Publikationen von Gerhard Eitzen, S. 258-<br />
297.<br />
Eitzen, Gerhard 1956: Von alten Scheuen und Schafställen.<br />
In: Harburger Kreiskalender Band 10, S. 55-57.<br />
Eitzen, Gerhard 1969: Zur Geschichte des südwestdeutschen<br />
Hausbaus im 15. und 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift<br />
für Volkskunde 59. Jg., S. 1-38. Nachgedruckt<br />
in: Karoline Terlau und Fred Kaspar (Hrsg.) 1984: Bauernhäuser<br />
aus Mitteleuropa. Aufmaße und Publikationen<br />
von Gerhard Eitzen, S. 315-352.<br />
Furrer, Benno 2001: Living in a wooden box - Late Medieval<br />
log-houses in central Switzerland and northern<br />
Tessin. In: The rural house from the migration period<br />
to the oldest still standing buildings. Ruralia IV, S. 143-<br />
150.<br />
Gläntzer, Volker 2002: Hausforschung in Niedersachsen.<br />
Strukturen, Schwerpunkte, Aufgaben. In: Volkskunde<br />
in Niedersachsen. Regionale Forschung aus kulturhistorischer<br />
Perspektive. Kataloge und Schriften des Museumsdorfs<br />
Cloppenburg 11, S. 31-41. Cloppenburg.<br />
Göttsch, Silke 2001: Vorwort. In: Silke Göttsch und Albrecht<br />
Lehmann (Hrsg.): Methoden der Volkskunde.<br />
Positionen, Quellen, Arbeitsweise der Europäischen<br />
Ethnologie, S. 7-13. Berlin.<br />
Grohne, Ernst 1941: Das Bauernhaus im Bremer Gebiet.<br />
Jahresschrift des Focke-Museums Bremen. Bremen.<br />
Großmann, Ulrich, Klaus Freckmann und Ulrich Klein<br />
(Hrsg.) 1992: Hausbau in Großbritannien. Englisch-<br />
Deutsches Glossar. Jahrbuch für Hausforschung 40, S.<br />
274-279.<br />
Großmann, Ulrich, Petra Krutisch und Holger Reimers<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
31
(Hrsg.) 1994: 500 Jahre Garantie. Auf den Spuren alter<br />
Bautechniken. Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte<br />
in Nord- und Westdeutschland 12, S. 100-<br />
106.<br />
Großmann, Ulrich 1999: AHF – mitteleuropäische Bauforschung<br />
oder Hallenhausverein? In: AHF-Mitteilungen<br />
53, S. 1-2. Der Autor artikuliert die Sorge vor einer<br />
Reduktion der internationalen Fragestellungen und Betätigungen<br />
des Vereins angesichts einer anhaltend erfolgreichen<br />
Betätigung der regionalen Gruppierungen, deren<br />
eine er polemisch verkürzend als „Hallenhausverein“<br />
tituliert.<br />
Guttenberg, Gerd (Isernhagen o. J.): Glossar Hausbau.<br />
Vervielfältigtes Exemplar von 31 Seiten, Vertrieb durch<br />
die Interessengemeinschaft Bauernhaus. e. V.<br />
Hähnel, Joachim 1969: Zur Methodik der hauskundlichen<br />
Gefügeforschung. In: Rheinisch-westfälische<br />
Zeitschrift für Volkskunde 16, S. 51-69.<br />
Hennig, Nina 1997: Von Häuser und Menschen. Nachbarschaft<br />
in einer Straße. In: Gebaute Welten. Beiträge<br />
zur Herbsttagung 1996 der Gesellschaft für Volkskunde<br />
in Schleswig Holstein, S. 43-57. Großbarkau.<br />
Kaspar, Fred 1988a: Städtisches Bauen und Wohnen in<br />
Nordwestdeutschland – 10 Jahre Forschungsprojekte,<br />
ein Überblick. In: Beiträge zum städtischen Bauen und<br />
Wohnen in Nordwestdeutschland. Beiträge zur Volkskultur<br />
in Nordwestdeutschland 58, S. 1-16.<br />
Kaspar, Fred 1988b: Stabbau, Ständerbohlenbau, Fachwerk.<br />
Zur Frühgeschichte des Fachwerks in Nordwestdeutschland.<br />
In: Beiträge zum städtischen Bauen und<br />
Wohnen in Nordwestdeutschland. Beiträge zur Volkskultur<br />
in Nordwestdeutschland 58, S. 59-77.<br />
Kaspar, Fred 1989a: Nachruf auf Josef Schepers (1908-<br />
1989). In: Westfälische Forschungen 39, S. 468-472.<br />
Kaspar, Fred 1989b: Gebaute Realität und ihr wissenschaftliches<br />
Abbild. Stand und Aufgabe historischer<br />
Hausforschung in Nordwestdeutschland. In: Westfälische<br />
Forschungen 39, S. 543-572.<br />
Kaspar, Fred 1990: Zum Stand der volkskundlichen<br />
Hausforschung in Westfalen. Ein Bericht über die Forschungstätigkeit<br />
an Hand der vorgelegten Publikationen<br />
1975 bis 1989. In: Westfälische Forschungen 40, S.<br />
617-644.<br />
Kaspar, Fred 1998: Ein neuer Anfang im Spätmittelalter?<br />
Zum mittelalterlichen ländlichen Hausbau in Nordwestdeutschland.<br />
In: Haus und Kultur im Spätmittelalter,<br />
S. 151-161. Bad Windsheim.<br />
Kaspar, Fred 2002: Ländliches Bauwesen im Spätmittelalter.<br />
Fragen an die Forschung. In: Rheinisch-westfälische<br />
Zeitschrift für Volkskunde 47, S. 85-99.<br />
Kaspar, Fred 2004: Hausforschung im Kontext. Gefüge<br />
und Struktur jenseits des Bauwerks. In: Herbert May<br />
und Kilian Kreiliger (Hrsg.): Alles unter einem Dach<br />
Häuser, Menschen, Dinge. Festschrift für Konrad Bedal<br />
zum 60. Geburtstag, S. 73-85. Petersberg.<br />
Katschnig-Fasch, Elisabeth 1984: Wohnen als Forschungsfeld<br />
der Volkskunde. Gedanken und Aspekte.<br />
In: Helmut Eberhart u. a. (Hrsg.): Bauen – Wohnen –<br />
Gestalten. Festschrift für Oskar Moser zum 70. Geburtstag,<br />
S. 241-246. Trautenfels.<br />
32 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Klages, Ulrich 1987: Frühe Varianten des Dielen-Flett-<br />
Gefüges in Bauernhäusern der Nordheide. In: Lüneburger<br />
Blätter 27/28, S. 49-76.<br />
Klages, Ulrich 1991: Zweitverwendete Hölzer in ländlichen<br />
Gebäuden des westlichen Landkreises Harburg.<br />
In: Zur Bauforschung über Spätmittelalter und Frühe<br />
Neuzeit. Berichte zur Haus- und Bauforschung 1, S.<br />
17-46.<br />
Klages, Ulrich 1994: Floßhölzer in Marschenhäusern an<br />
der unteren Elbe. In: Historisches Bauwesen Material<br />
und Technik. Jahrbuch für Hausforschung 42, S. 181-<br />
214.<br />
Klages, Ulrich 1996a: Das älteste Bauwerk Moorburgs -<br />
Zeuge der frühneuzeitlichen Marschenkolonisation? In:<br />
Harburger Jahrbuch 19, S. 193-208.<br />
Klages, Ulrich 1996b: „Kours Hus“ in Sprötze, Landkreis<br />
Harburg. Bautechnischer Wandel in einem Geestbauernhaus<br />
der 16. Jahrhunderts. In: Ländlicher Hausbau<br />
in Norddeutschland und den Niederlanden. Berichte<br />
zur Haus- und Bauforschung 4, S. 115-132.<br />
Klages, Ulrich 2001: Das ältere Bauernhaus im Flotwedel<br />
und seinen Nachbargebieten. Beiträge zur Kulturgeschichte<br />
der Lüneburger Heide, Band 3. Suderburg-<br />
Hösseringen.<br />
Klages, Ulrich, Wolfgang Dörfler und Hans-Joachim Turner<br />
1993, 1994 und 1995: „Bauernhaus Genealogie“<br />
im Landkreis Rotenburg. Drei Teile. In: Rotenburger<br />
Schriften 78/97, S. 7-74; 80/81, S. 35-114 und 82/83,<br />
S. 82-150.<br />
Linde, Roland 2002: Der Amtsmeierhof Asemissen und<br />
das Amt Barkhausen. Höfe und Familien in Westfalen<br />
und Lippe, Band 1. Horn in Lippe.<br />
Mannheimer, Hildegard 1998: Besprechung „Gebaute<br />
Welten“. In: Kieler Blätter zur Volkskunde Heft 30, S.<br />
164-168.<br />
Reinhard, Wolfgang 2004: Lebensformen Europas. Eine<br />
historische Kulturanthropologie. München.<br />
Stiewe, Heinrich 1996: Ländliche Hausforschung in<br />
Norddeutschland – Ein Nachwort. In: Ländlicher<br />
Hausbau in Norddeutschland und den Niederlanden.<br />
Berichte zur Haus- und Bauforschung 4, S. 359-363.<br />
Stiewe, Heinrich 2001: „Fundamentaler“ Wandel? Ländlicher<br />
Hausbau des 16. Jahrhunderts in Ostwestfalen<br />
und an der mittleren Weser. In: The rural house from<br />
the migration period to the oldest still standing buildings.<br />
Ruralia IV, S. 76-89.<br />
Stiewe, Heinrich 2002: Der Amtsmeierhof Asemissen –<br />
Siedlungsstruktur und historische Gebäude. In: Der<br />
Amtsmeierhof Asemissen und das Amt Barkhausen, S.<br />
81-126.<br />
Vogtherr, Hans-Jürgen 2003: Buchbesprechung „Volkskunde<br />
in Niedersachsen“. In: Niedersächsisches Jahrbuch<br />
für Landeskunde Band 75, S. 360-362.<br />
Der Aufsatz erschien zuerst in<br />
„Der Holznagel“, 1-2/2006
Hirsche im<br />
Beltringharder Koog?<br />
Das Naturschutzgebiet (NSG) Beltringharder<br />
Koog entstand durch die Vordeichung der<br />
Nordstrander Bucht nach dem Deichschluss<br />
1987 und umfasst eine Fläche von 3.500 Hektar.<br />
Im letzten Frühjahr wurde in der staatlichen<br />
Naturschutzverwaltung und in den angrenzenden<br />
Gemeinden der Vorschlag diskutiert, im<br />
NSG Beltringharder Koog Hirsche auszusetzen.<br />
Begründet wurde das Ansinnen mit dem<br />
Argument, Rotwild gehöre zur natürlichen<br />
Fauna der Region, habe aber leider keine<br />
Chance, den Koog zu erreichen und diesen<br />
von sich aus zu besiedeln.<br />
Der Naturschutzverein Uthlande hat sich<br />
mit der Thematik auseinandergesetzt und sich<br />
nach langer intensiver Diskussion gegen das<br />
Aussetzen von Hirschen in diesem Schutzgebiet<br />
ausgesprochen.<br />
Folgende Gründe sprechen nach Meinung<br />
des Vereins gegen eine derartige Maßnahme:<br />
– In der Naturschutzverordnung des Beltringharder<br />
Kooges ist als oberstes Ziel für den<br />
größten Teil des Gebietes die natürliche Entwicklung<br />
festgeschrieben. Eine Einführung<br />
von Arten widerspricht diesem Ziel diametral.<br />
Rotwild würde als Großherbivor die Entwicklung<br />
der Vegetation des Koogs erheblich verändern.<br />
– Wenn es um das Offenhalten geeigneter<br />
Flächen für Gänse und andere Wiesenvögel<br />
geht, sind Rinder und Schafe gezielter einsetzbar<br />
und leichter zu managen.<br />
– Der Naturschutz hat sich bisher aus gutem<br />
Grund als Bewahrer der Tier- und Pflanzenarten<br />
verstanden, die in einem Gebiet von<br />
Natur aus vorkommen. Er sorgt sich um gefährdete<br />
und seltene Arten, indem er deren Lebensgrundlagen<br />
erhält. Dies ist angesichts des<br />
Artensterbens, der drastischen Veränderung<br />
der Landschaft, der Stoffeinträge durch<br />
Niederschläge und des Klimawandels oft nur<br />
durch gezielte Pflegemaßnahmen in den Biotopen<br />
möglich. Der Beltringharder Koog ist<br />
diesbezüglich ein extremes Beispiel. Hier wurde<br />
sogar ein künstlich geschaffenes Gebiet als<br />
Ersatzbiotop für verlorengegangene Flächen<br />
geplant und unterhalten. Sicherlich ist dies an<br />
sich schon ein Grenzfall, der dem ursprünglichen<br />
Gedanken des Naturschutzes nicht ganz<br />
entspricht, um es vorsichtig zu formulieren.<br />
Unsere Gewöhnung an künstliche Eingriffe<br />
darf aber nicht dazu führen, dass wir dazu<br />
übergehen, den Koog mit erwünschten Arten<br />
aktiv zu besiedeln. Dies wäre ein Schritt mit<br />
weitreichenden, unvorteilhaften Konsequenzen<br />
für den gesamten Naturschutz.<br />
– Der Naturschutz leitet seinen Anspruch,<br />
Tiere und Pflanzen dort zu schützen, wo sie<br />
vorkommen, daraus ab, dass sie dort von Natur<br />
aus vorkommen. Wir schützen zum Beispiel<br />
die Orchideen in Feuchtwiesen, auch<br />
wenn es die Begehrlichkeiten des Menschen<br />
stört. Erinnert sei an die Diskussion um die<br />
Rotbauchunken, die die Autobahnplanung erschweren<br />
und die Feldhamster, die den Bau eines<br />
Klinikums an einer bestimmten Stelle verhindern.<br />
Dieser Grundsatz ist letztlich die<br />
schärfste Waffe der Naturschutzverwaltung<br />
und der Verbände in täglich wiederkehrenden<br />
Konflikten. Wenn wir nun anfangen, Orchideen<br />
zu pflanzen und die Landschaft nach<br />
Gutdünken mit Arten zu möblieren, geben<br />
wir den Anspruch auf, die Arten in ihrem natürlichen<br />
Lebensraum zu schützen. Dies ist ein<br />
Wechsel in der Naturschutzphilosophie, dessen<br />
Konsequenzen weit über den Einzelfall<br />
hinausgehen.<br />
– Für künstlich angesiedelte Arten würde in<br />
Zukunft der behördliche und ehrenamtliche<br />
„Naturschutz“ verantwortlich gemacht. Die<br />
Schäden, die Hirsche im Maisfeld des benachbarten<br />
Kooges anrichten würden, wären keine<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
33
Fotomontage: GK<br />
Schicksalsschläge mehr, sondern von denen zu<br />
verantworten, die die Tiere ausgesetzt haben –<br />
gemäß der alten Bauernregel: „Wer gräsen will,<br />
muss zäunen!“<br />
– Hirsche können im Straßenverkehr gefährlich<br />
und wegen ihrer Größe an lebensbedrohenden<br />
Unfällen beteiligt sein. Etwaige<br />
Unfälle würden dem „Naturschutz“ zur Last<br />
gelegt. Ein von uns konsultierter Forstpräsident<br />
meinte nur lapidar: „Wer keinen Ärger<br />
hat, schaffe sich Rotwild an!“<br />
– Es wird argumentiert, dass die Hirsche in<br />
unsere Küstenlandschaft gehörten und nur leider<br />
keine Chance hätten, von allein einzuwandern.<br />
Man müsse deshalb nur etwas nachhelfen.<br />
Diese Argumentation setzt voraus, dass<br />
man weiß, „was wohin gehört“. Welche Arten<br />
„gehören“ in einen künstlich geschaffenen Naturschutzkoog<br />
mit von Menschen überwachter<br />
Be- und Entwässerung? Hirsche? Elche? Biber?<br />
Wisente? oder Wölfe? Welche Artenzusammensetzung<br />
sollte man als Zielvorstellung<br />
heranziehen? Wenn man weiterhin überlegt,<br />
welches Zeitalter man als Referenz nehmen<br />
soll, offenbart sich die Problematik des Ansatzes.<br />
Das Argument „Hirsche gehören hier hin“<br />
34 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
ist nicht zu Ende gedacht.<br />
Es ist auch nicht auf einzelne<br />
Arten zu begrenzen und<br />
lässt sich bei Bedarf ausweiten<br />
oder auch umkehren.<br />
Gehören die Ringelgänse<br />
hier hin?<br />
– Wenn Hirsche, wie behauptet,<br />
nicht auf natürliche<br />
Weise zu uns gelangen<br />
können, dann hieße das für<br />
eine zukünftige Population,<br />
dass sie von anderen<br />
Beständen isoliert bleiben<br />
würde. Sie würde<br />
zwangsläufig genetisch verarmen.Inzuchtphänomene,<br />
Krankheiten und Degenerationserscheinungen<br />
sind zu erwarten und der<br />
Ruf nach weiteren Eingriffen<br />
(Hege!) ist vorprogrammiert.<br />
– Befürworter des Aussetzens von Hirschen<br />
behaupten, es wäre eine Maßnahme wie „die<br />
Einbürgerung des Uhus“. Dieser Vergleich ist<br />
nicht richtig im Hinblick auf den genetischen<br />
Austausch und problematisch, weil der Hirsch<br />
als Pflanzenfresser einen wesentlich größeren<br />
Einfluss auf die Sukzession und die Zusammensetzung<br />
der Vegetation hat. Selbst die<br />
Einbürgerung des Uhus hatte auf andere Vogelarten<br />
schon erhebliche, aus Sicht des Naturschutzes<br />
zum Teil besorgniserregende Konsequenzen.<br />
Aus den von Uhus bewohnten Wäldern<br />
sind Habichte, Sperber und Kolkraben<br />
nahezu vollständig verschwunden.<br />
Alle diese Argumente lassen uns zu dem<br />
Schluss kommen, dass wir als betreuender Verband<br />
gut daran tun, von diesem Eingriff dringend<br />
abzuraten.<br />
Friedrich L. Twenhöven<br />
Dr. F. Lütke Twenhöven ist Biologe und Lehrer<br />
an der Hermann-Tast-Schule Husum. Er ist<br />
Mitglied im Vorstand des Naturschutzvereins<br />
Uthlande e.V.
Beitrag zur<br />
Gartendenkmalpflege<br />
Schriftenreihe des Kieler Landesamtes für<br />
Denkmalpflege, Mitteilungen zur Denkmalpflege,<br />
Heft 4 „Gartendenkmalpflegerische Grundlagenuntersuchungen<br />
zum Christiansenpark, Alten<br />
Friedhof und Museumsberg in Flensburg“. Texte<br />
von Dr. Ing. Ingrid Wettig-Homm, Margita<br />
Meyer. 40 S. LfD Kiel 2005.<br />
Mit dem vier Hektar großen Christiansenpark<br />
hat die Stadt Flensburg 1992 das bedeutendste<br />
Gartendenkmal der Stadt erworben.<br />
Sie rettete damit einen der ersten bürgerlichen<br />
Landschaftsgärten Schleswig-Holsteins vor der<br />
endgültigen Parzellierung und Bebauung. In<br />
den Jahren 1995-97 wurde im Auftrag der<br />
Stadt Flensburg ein Parkpflegewerk erstellt,<br />
mit dem Ziel, die drei Freiflächen der „Westlichen<br />
Höhe“ wieder in einen ästhetischen Zusammenhang<br />
zu bringen. Die gartendenkmalpflegerischen<br />
Gutachten enthalten die wichtigsten<br />
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen,<br />
die kontinuierlich umgesetzt werden sollen.<br />
Ein Großteil der in den gartendenkmalpflegerischen<br />
Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen<br />
wurde in den letzten Jahren bereits<br />
verwirklicht. Seit der Umsetzung der Verwaltungsreform<br />
in Flensburg 1998 kam es jedoch<br />
vorerst zu einem Stopp der weiteren Umsetzungsschritte.<br />
NEUE BÜCHER<br />
Ausgehend von den Abhängen des Museumsberges<br />
über den Alten Friedhof bis hin<br />
zu den Resten der alten Knicklandschaft ganz<br />
im Westen des Christiansenparks entstand eine<br />
intakte historische Denkmallandschaft. Mit<br />
der Restaurierung des Christiansenparks ist es<br />
der Stadt Flensburg gelungen, ihren Bürgern<br />
einen Park zur Verfügung zu stellen, der den<br />
romantischen Charakter eines historischen<br />
Landschaftsgartens eindrucksvoll erleben lässt.<br />
(Auszug aus dem Vorwort)<br />
Die Schrift aus dem LfD gibt einen hervorragenden<br />
Überblick über die interessante romantische<br />
Parkanlage und ist mit vielen<br />
Zeichnungen und Farbfotos reich illustriert.<br />
Wenn man das Heft nur durchgeblättert hat,<br />
möchte man sich sofort auf den Weg nach<br />
Flensburg machen. Es ist zu beziehen beim<br />
LfD (Anschrift: s. S. 42)<br />
GK<br />
Ein Naturschützer<br />
der ersten Stunde<br />
zum 100. Todesjahr von Joachim Rohweder<br />
(1841-1905)<br />
Sein Grabstein liegt auf dem Klosterfriedhof<br />
in Husum; sein Gedenkstein steht hinter<br />
denMildstedter Tannen, nicht weit von der<br />
Husumer Au entfernt; sein 100. Todestag am<br />
29.12.2005 wäre für die Husumer eine gute<br />
Gelegenheit, eines hochgeachteten Bürgers zu<br />
gedenken. Er war Vorsitzender des Bürgervereins<br />
sowie des Stormschen Gesangvereins und<br />
Gründer des Tierschutzvereins. Als Oberlehrer<br />
für die gesamten Naturwissenschaften am Königlichen<br />
Gymnasium in Husum tätig, wirkte<br />
er fast 40 Jahre ununterbrochen als Erzieher,<br />
Forscher, Natur- und Tierschützer. Heute gilt<br />
er als der erste und einer der bedeutendsten<br />
wissenschaftlichen Ornithologen Schleswig-<br />
Holsteins, ein „Altmeister der Vogelkunde“<br />
und „Klassiker der ornithologischen Literatur“.<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
35
Nach eigener Aussage hat Rohweder seit<br />
1865 „das Studium und die Beobachtung der<br />
einheimischen Vogelwelt mit Ernst und freudiger<br />
Hingabe betrieben“. Von Husum aus<br />
konnten „im Sommer fast täglich kleinere und<br />
größere Exkursionen zu Wasser und zu Lande<br />
gemacht, die fernen Landestheile zu verschiedenen<br />
Zeiten des Jahres öfters besucht werden.<br />
Auge und Ohr aber waren von Jugend auf geübt,<br />
nach Befiederung, Haltung, Flug und<br />
Stimme die Vögel zu erkennen und bedurften<br />
nur selten einer Unterstützung durch Tubus<br />
und Doppelflinte“. Seine feldornithologische<br />
Forschung hat zu 56 Veröffentlichungen geführt,<br />
aus denen noch heute zitiert wird und<br />
die sich dank ihrer literarischen Qualität mit<br />
Vergnügen lesen lassen.<br />
Sein 1975 in Husum erschienenes Buch<br />
„Die Vögel Schleswig-Holsteins und ihre Verbreitung<br />
in der Provinz nebst einer graphischen<br />
Darstellung ihrer Zug- und Brutverhältnisse“<br />
machte ihn in deutschen Ornithologenkreisen<br />
bekannt. Diese Arbeit ist auch heute<br />
noch von großem Interesse, da ein Vergleich<br />
mit dem heutigen Artenbestand die eingetretenen<br />
Verluste erkennen lässt. Weitgehend verschwunden<br />
bei uns als Brutvögel sind z. B.<br />
Großtrappe, Schlangenadler, Wendehals,<br />
Nachtschwalbe, Wiedehopf und Pirol.<br />
36 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Als anerkannter Fachmann war Rohweder<br />
von 1876-88 für die deutsche ornithologische<br />
Gesellschaft als Beobachter und Sachbearbeiter<br />
tätig. Er veranstaltete Führungen u. a. zu<br />
den Seevogelbrutstätten auf den Inseln und<br />
Halligen. Als Bearbeiter der Stichwörter Störche,<br />
Schnepfen, Seeschwalben, Möwen und<br />
Raubmöwen hatte er an dem Standardwerk<br />
„Naumanns Naturgeschichte der Vögel Europas“<br />
einen großen Anteil. Diese Tätigkeiten fielen<br />
in eine Zeit, in der der Naturschutzgedanke<br />
im allgemeinen Bewusstsein noch nicht existierte:<br />
Man betrieb bedenkenlos Vogelfang,<br />
stellte allen Greifvögeln nach, plünderte radikal<br />
die Nester der Seevogelkolonien und<br />
schoss als Spaß für die Badegäste den Helgoländer<br />
Vogelfelsen leer.<br />
Die daneben von der zunehmenden Ausdehnung<br />
und Intensivierung der Landwirtschaft<br />
ausgehende Bedrohung erkannte und<br />
beschrieb Rohweder bereits 1878 in seiner<br />
Schrift „Die Kultur – die schlimmste Feindin<br />
der Vögel“. Tatkräftig setzte er sich als einer der<br />
ersten für den Schutz aller Vögel ein, egal ob<br />
sie „einzelnen Berufsklassen nützlich oder<br />
schädlich sind“. Sein Credo lautete: „Je vielseitiger<br />
die Vogelgattungen vertreten sind, je<br />
schöner belebt sich das All, je mehr werden<br />
Herz und Geist erfüllt von der Schönheit und<br />
Großartigkeit der Schöpfung.“ Ihm verdanken<br />
wir, dass die schleswig-holsteinische Regierung<br />
die erforderlichen Schritte tat, um die berühmten<br />
Vogelkolonien auf Sylt, Norderoog,<br />
Süderoog und anderen Inseln und Halligen<br />
vor dem Untergang zu retten. Es gelang ihm,<br />
eine jahrelange polizeiliche Überwachung der<br />
Eiersammler durchzusetzen und auch eine gesetzliche<br />
Regelung dieses Problems zu erreichen.<br />
Erst zwei Jahre nach Rohweders Tod erhält<br />
der Naturschutz durch Einrichtung der<br />
Provinzialstelle für Naturdenkmalpflege in<br />
Schleswig-Holstein staatliche Unterstützung<br />
und eine gesetzliche Grundlage.<br />
Dr. Dietrich Koch<br />
Joachim Rohweder (1841–1905) und „Die<br />
Vögel Schleswig-Holsteins“ ca.8 Seiten, zahlr.,<br />
teils farb. Abb., br.<br />
ISBN 10: 3-89876-241-6
„Kulturkarte Schleswig-Holstein“<br />
nach 14 Tagen<br />
bereits in 2. Auflage erschienen:<br />
1000 mal Kultur entdecken<br />
Die Kulturkarte Schleswig-Holstein ist im<br />
Oktober 2005 erschienen, bearbeitet von Eva<br />
von Engelberg-Dockal. Sie geht in ihrer Konzeption<br />
auf eine Idee des ehemaligen Landeskonservators<br />
Dr. Hartwig Beseler zurück, der<br />
1972 mit dieser populären, auf die Darstellung<br />
der unterschiedlichen Elemente der historischen<br />
Kulturlandschaft zielenden Variante<br />
der Kulturvermittlung einen unerwarteten Erfolg<br />
erzielte. Nach der wiederum schnell vergriffenen<br />
Neuauflage aus dem Jahre 1981 gibt<br />
das Landesamt für Denkmalpflege nun die<br />
Kulturkarte in der bewährten Kombination<br />
aus Kartenteil und erläuterndem Kommentarband<br />
heraus, allerdings in modernem Layout<br />
in einer Sichthülle und einem praktischen Taschenformat.<br />
Die Kulturkarte Schleswig-Holstein soll der<br />
einheimischen Bevölkerung wie dem an der<br />
Geschichte und der Kultur unseres Landes<br />
interessierten Touristen gleichermaßen als<br />
handliches und spontan einsetzbares Instrument<br />
dienen. Durch Texte, Karten und Abbildungen<br />
vermittelt die Kulturkarte eine konzentrierte<br />
Darstellung von den wichtigsten<br />
und in großen Teilen öffentlich zugänglichen<br />
Kulturdenkmalen im Lande. Obwohl auf eine<br />
Auswahl des kulturellen Erbes beschränkt, erhebt<br />
die Kulturkarte insgesamt den Anspruch,<br />
die geschichtliche Eigenart und die Unverwechselbarkeit<br />
der baulichen und künstlerischen<br />
Überlieferung in Schleswig-Holstein in<br />
einem repräsentativen Überblick darzustellen.<br />
Mit dem Kennenlernen der vielfältigen Denkmalgattungen<br />
soll die Aufforderung verbunden<br />
sein, die Zeugnisse unserer Geschichte<br />
und Kultur zu pflegen und zu bewahren. Mit<br />
jedem Verlust nicht reproduzierbarer, kulturgeschichtlich<br />
wertvoller Objekte ist eine Beeinträchtigung<br />
der über Generationen gewachsenen<br />
historischen Städte und Landschaften<br />
verbunden, dem allein durch ein breites<br />
öffentliches Interesse an der Geschichte und<br />
Kultur unseres Landes entgegengewirkt werden<br />
kann. Gemäß der heute erweiterten Begriffsdefinition<br />
für Kulturdenkmale und des<br />
aktuellen Erkenntnisstandes des Landesamtes<br />
für Denkmalpflege ist die Zahl der angesprochenen<br />
Objekte gegenüber den ersten Karten<br />
auf über 1 000 gewachsen. Insgesamt wurden<br />
1 099 Objekte ausgewählt. In der Kulturkarte<br />
werden neben einer Auswahl archäologischer<br />
und klassischer Denkmale (wie Kirchen, Klöster,<br />
Dome, Herrenhäuser, Schlösser, Haubarge,<br />
Bauernhäuser usw.) auch eine Reihe Gärten<br />
und Parks, technische Denkmale (Windmühlen,<br />
Leuchttürme, Schleusen usw.), aber<br />
auch Zeugnisse jüngster Baukultur bis in unsere<br />
Gegenwart vorgestellt. Daneben finden sich<br />
auch Hinweise auf zahlreiche Museen. Der<br />
Textband umfasst 154 Seiten mit etwa 125<br />
farbigen Abbildungen von Friedhelm Schneider.<br />
Für nahezu alle Objekte wird eine Kontakt-Telefonnummer<br />
angegeben bzw. eine<br />
Internetadresse, wenn man sich vor einer Reise<br />
weitere Informationen besorgen möchte. Für<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
37
zehn historische Städte des Landes werden<br />
spezielle Innenstadtpläne angeboten, die eine<br />
Auffindbarkeit der Kulturdenkmale erleichtern.<br />
Auf der Karte werden die Objekte durch<br />
ein leicht verständliches Piktogramm dargestellt,<br />
eine Seitenzahl verweist auf das Begleit-<br />
Ein Tagebuch in Bildern<br />
Margareta Erichsen †<br />
Am 18. August 1916 wurde Margareta<br />
Erichsen in Flensburg geboren. Ihr Vater war<br />
Malermeister mit künstlerischem Geschick,<br />
der auch Ölgemälde auf die Leinwand brachte<br />
und mit dessen Bildern sie aufgewachsen war.<br />
Schon in der Schule fiel ihre Begabung für<br />
Malen und Zeichnen auf. Nach dem Abschluss<br />
der Mittelschule begann sie eine Hauswirtschaftslehre<br />
auf Gut Gelting. In ihrer Freizeit<br />
zeichnete sie, und im Sommer 1937<br />
schrieb sie sich an der Meisterschule in Flensburg<br />
ein. 1941 wurde Margareta Erichsen an<br />
der Kunstakademie Karlsruhe aufgenommen,<br />
wo sie Schriftgestaltung<br />
und Architekturzeichnen<br />
lernte. Sie wechselte 1943<br />
an die Akademie in München,<br />
um sich im Fach Buchillustration<br />
ausbilden zu<br />
lassen.<br />
Zurückgekehrt nach<br />
Flensburg, begann sie Altstadtmotive<br />
zu zeichnen,<br />
zum Beispiel die Höfe am<br />
Holm und das alte Johannisviertel<br />
mit seinen vielgestaltigen<br />
Häusern aus dem<br />
17./18. Jahrhundert. 1947<br />
hatte sie dies Viertel komplett<br />
dokumentiert. Einige<br />
Bilder dieser umfangreichen<br />
Serie sind heute die<br />
einzigen vorhandenen Dokumente<br />
bestimmter Ge-<br />
38 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
MELDUNGEN<br />
heft. Im Begleitheft ist bei jedem Objekt das<br />
Planquadrat auf der Karte angegeben.<br />
12 x 20 cm, 154 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />
Karte und Buch als Set in Klarsichthülle,<br />
Wachholtz Verlag Neumünster.<br />
ISBN 3-529-08006-3<br />
bäude. Hier hat die Künstlerin ihr Gespür für<br />
den drohenden Verlust historischer Gebäude<br />
entwickelt, welches sie ihr ganzes Künstlerleben<br />
hindurch leitete. Sie wollte die Veränderungen<br />
festhalten.<br />
Drei Jahre studierte sie bis 1950 an der Akademie<br />
in Kopenhagen und machte sich in<br />
Flensburg mit dem Atelier Erichsen selbstständig.<br />
Sie lieferte u. a. Illustrationen für Flensborg<br />
Avis und kalligraphische Arbeiten. Mehrere<br />
große Studienreisen führten Margareta<br />
Erichsen durch Dänemark, Frankreich und<br />
Italien. Aber immer wieder suchte sie die<br />
Westküste in Nordfriesland auf, um hier zu<br />
malen.<br />
1963 heiratete Margareta Erichsen den<br />
Journalisten Wilhelm Ludwig Andresen aus<br />
Die Süderstraßen-Ausstellung1996 im Husumer Rathaus war die bis dahin<br />
meist besuchte des Kunstvereins. Margareta Erichsen lud dazu ihre<br />
Klassenkameradinnen aus der Mittelschulzeit ein und erläuterte den staunenden<br />
alten Damen ihre Kunstwerke. Foto: GK
Kating, mit dem sie nach Husum zog. Damit<br />
wurde Nordfriesland zum Mittelpunkt ihres<br />
Schaffens. Ihre Ausdauer, ja Beharrlichkeit, ein<br />
Thema umfassend zu bearbeiten, wird deutlich<br />
an der Darstellung der Husumer Süderstraße.<br />
Sie zeigt alle 138 Häuser, zum Teil auch<br />
die zahlreichen Veränderungen, die im Laufe<br />
der drei Jahrzehnte währenden Arbeit auftraten.<br />
Die Ausstellung dieser Bilder im Husumer<br />
Rathaus, 1996, fand viele begeisterte Besucher.<br />
Nur wenige hatten etwas von diesen Bildern<br />
gewusst, denn die Künstlerin, die bescheiden<br />
und zurückgezogen lebte, verkaufte ihre Bilder<br />
nicht. Wem das Erlebnis zuteil wurde, mit<br />
Margareta Erichsen ihre Bilder zu betrachten,<br />
der begriff bald, warum. Sie las darin wie in einem<br />
Tagebuch. Es waren ihre Tagebuch-Blätter.<br />
Sie hatte sich bereits früh an Ausstellungen<br />
in Flensburg, auf Sylt und in Fredericia betei-<br />
Rasen, Rosen und Rabatten…<br />
…unter dieser Überschrift werden am<br />
Tag des offenen Denkmals am 10. September<br />
2006 Gebäude und Gärten geöffnet.<br />
In Nordfriesland sind zwei Objekte zu besichtigen:<br />
Der bekannte ‚Hochdorfer Garten‘<br />
in Tating und der noch kaum bekannte Inselgarten<br />
am Pynackerhof im Nordstrander Trendermarschkoog,<br />
der sich in einer Planungsphase<br />
zur Rekonstruktion des ursprünglichen<br />
Gartenbildes befindet.<br />
Der Hochdorfer Garten, ein historischer<br />
Park…<br />
… ist im Besitz der „Stiftung der Eheleute<br />
Jacob Richardsen und Doris, geb. Bruchwitz<br />
zu Hochdorf“.<br />
Durch Testament hatte Jacob Richardsen<br />
den Haubarg Hochdorf samt Garten und<br />
Land zur Stiftung erhoben. Nach seinem<br />
Willen sollte vor allem der Garten für alle Zeiten<br />
zu einem öffentlichen Dorfpark erhalten<br />
werden. Heute gehört nur noch der Garten zu<br />
der Stiftung.<br />
ligt. In den 1970er Jahren und danach gab es<br />
Einzelausstellungen auf Mikkelberg in Hattstedt,<br />
in Keitum, im Nissenhaus, im Husumer<br />
Rathaus, im Flensborg Hus, in Tetenbüll und<br />
schließlich 2004 in der Niebüller Bücherei, die<br />
ihre letzte sein sollte.<br />
Nach der Gründung der IG Baupflege<br />
Nordfriesland hat Margareta Erichsen an verschiedenen<br />
Projekten mitgewirkt, so an der<br />
Herausgabe des Buches „Vergessene Häuser“,<br />
das mit ihren Aquarellen illustriert ist. In der<br />
IGB-Schriftenreihe sind auch die Biographie<br />
der Künstlerin von Klaus Kahrmann und zwei<br />
Schriften zu Ausstellungen über „Die Husumer<br />
Süderstraße“ und „Häuser und Höfe in<br />
Eiderstedt“ erschienen.<br />
Margareta Erichsen hat zeitig dafür gesorgt,<br />
dass ihr lückenloser künstlerischer Nachlass einen<br />
von ihr selbst gewählten Platz erhalten<br />
wird. Gerd Kühnast<br />
Der rund 4 ha große Hochdorfer Gartenwurde<br />
wahrscheinlich 1764 zusammen mit<br />
dem Bau des Haubarges neu im französischen<br />
Stil angelegt. Seine wichtigen Elemente sind<br />
ein Lindenparterre und zehn, axial-symetrisch<br />
auf die Hauptfront des Haubargs ausgerichtete<br />
Pflanzquartiere, die von mehr als 120 Meter<br />
langen Lindenalleen eingerahmt werden.<br />
Noch vor 1873 erfolgte der Bau des Schweizer-Hauses<br />
als Sommerhaus, das letzte erhaltene<br />
Beispiel seiner Art im Lande. Seit dieser<br />
Zeit werden im Garten auch exotische Gehölze<br />
angepflanzt.<br />
Ab 1886 wurde der Garten um mehrere<br />
Obstbaumquartiere nördlich und südlich des<br />
barocken Gartens erweitert, und es erfolgte die<br />
Anlage einer romantischen Partie im landschaftlichen<br />
Stil. Dazu gehört die um 1900 errichtete<br />
künstliche Ruine am südlichen Rand, die einem<br />
Gemälde Caspar David Friedrichs von der<br />
Burgruine des Oybin nachgebildet sein soll.<br />
Durch die Richardsen-Bruchwitz Stiftung<br />
wurde 1994/95 die Firma EGL mit der Re-<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
39
Hochdorfer Garten in Tating<br />
konstruktion des Parks betraut. Obwohl der<br />
Garten in seiner Grundstruktur weitgehend<br />
erhalten war, stellte die starke Schädigung der<br />
Lindenalleen ein erhebliches Problem dar. Vor<br />
diesem Hintergrund wurden folgende Maßnahmen<br />
zur Rekonstruktion des Gartens vorgeschlagen:<br />
- Ergänzung des Lindenparterres,<br />
- Rodung und Nachpflanzung geschädigter<br />
Gehölze,<br />
- Rekonstruktion der barocken Alleen und<br />
Wegeführungen,<br />
- Wiederherstellung wichtiger Sichtbeziehungen,<br />
- Neupflanzung der Obstwiesen.<br />
1996/7 wurden entsprechende Baumaßnahmen<br />
durchgeführt.<br />
40 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
Hochdorfer Garten<br />
Der Barockgarten<br />
A Haubarg<br />
B Lindenquartier<br />
C Lindenallee<br />
D Lindenlauben<br />
E Quergraft mit Brücke<br />
F Ehrenmal<br />
Der landschaftliche Garten<br />
G Schweizer Haus<br />
H Ruine<br />
I Teich Laubgehölze<br />
Der übrige Garten<br />
J Obstbaumquartier<br />
Das Schweizer Haus wurde restauriert und<br />
für die Neunutzung als Gaststätte vorbereitet.<br />
Die Ruine wurde in diesem Jahr nach einer<br />
Untersuchung saniert und restauriert. Seit<br />
kurzem ist dies spätromantische Detail des<br />
Landschaftsparks nach Einbruch der Dämmerung<br />
„neospätromantisch“ beleuchtet.<br />
Im vergangenen Jahr wurde das 100jährige<br />
Bestehen der Stiftung mit einem Parkfest gefeiert.<br />
Zum Tag des offenen Denkmals am 10. September<br />
2006 gibt es eine Führung durch den<br />
Park, die Haubargdiele ist geöffnet, und der<br />
Künstler Dieter Staaken liest aus Geschichten<br />
über diesen Schauplatz. Nähere Angaben in der<br />
Tagespresse.
Pynackerhof mit Inselgarten<br />
Der im Trendermarschkoog gelegene Pynackerhof<br />
wurde nach der großen Sturmflut<br />
von 1634 im Jahre 1670 wieder aufgebaut.<br />
Damals mussten Niederländer für die Wiederbedeichung<br />
zu Hilfe geholt werden. Der Trendermarschkoog<br />
war 1663 als dritter Koog auf<br />
der Insel wieder eingedeicht. Nach einem<br />
Niederländer, Willibrord Pynacker, hat der<br />
Hof auch seinen Namen erhalten.<br />
Durch Feuer und Sturm wurde dieser Hof<br />
mehrere Male vernichtet und letztmalig 1896<br />
auf den Fundamenten seiner Vorgänger erstellt.<br />
1989 erwarb die Familie Moseler den<br />
Hof, der sich damals in einem sehr schlechten<br />
Zustand befand. In über zehnjähriger Arbeit<br />
hat die Familie Moseler diesen Hof wieder in<br />
alter Pracht erstrahlen lassen. Es wurden keine<br />
Mühe und Kosten gescheut, um alles wieder<br />
so herzurichten, wie es früher einmal war.<br />
Aber nicht nur der restaurierte Hof ist heute<br />
ein Kulturdenkmal, sondern auch der von<br />
einer Graft umgebene, unterhalb der hohen<br />
Warft nach Südwesten gelegene Garten.<br />
Die uralten Bäume, Eschen, Linden, Erlen<br />
und Ahorn sowie fast hundertjährige Apfel- und<br />
Birnbäume, lassen ahnen, wie schön dieser Garten<br />
einmal gewesen ist. Pläne hierfür gibt es<br />
nicht mehr. Aber viele Spuren sind auffindbar.<br />
Die Familie Moseler hat sich jetzt vorgenommen,<br />
auch diesen Garten wieder im alten Glanz<br />
erstrahlen zu lassen. Die Planungen für eine Rekonstruktion<br />
der früheren Gartenanlage sind so<br />
weit gediehen, dass der große Rahmen der Anlage<br />
schon abgesteckt werden konnte.<br />
Die Gartenarbeiten sind im vollen Gange,<br />
und am 10. September, dem Tag des offenen<br />
Denkmals mit dem Motto „Rasen, Rosen und<br />
Rabatten“ werden schon einige freigelegte<br />
Spuren zu besichtigen sein. Die alte Sitzgrotte,<br />
die ehemalige Lindenlaube, das Rondeel usw.<br />
zeigen den Besuchern, wie schön es früher gewesen<br />
sein muss. Ein spannendes Unternehmen,<br />
dessen Fortgang man in den nächsten<br />
Jahren verfolgen kann<br />
Ab Anfang August weitere Programm-Infos<br />
unter: http://tag-des-offenen-denkmals.de/kontakt/<br />
und Tagespresse<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
41
Eine wiederkehrende Anfrage<br />
„…ich habe kürzlich in Plönjeshausen ein<br />
Haus mit Pferdeköpfen am Giebel gesehen –<br />
jedoch schauen sie sich an und sind nicht Rücken<br />
an Rücken, wie es üblich ist bei den<br />
Niedersachsenhäusern. Der Eigentümer sagte<br />
mir, dass es eine Bedeutung hat, er wusste diese<br />
jedoch nicht mehr. Es hätte wohl etwas mit<br />
einer Einheirat auf diesem Hof zu tun.<br />
Können Sie mir diese Frage beantworten?“<br />
Liselotte Gundermann, 27432 Bremervörde<br />
Liebe Frau Gundermann,<br />
die Bedeutung der Pferdeköpfe ist ein umstrittenes<br />
Kapitel in der Heimatkunde. Durch<br />
ihre prominente Position „on top off“ hat man<br />
ihnen allerlei Zauber und Bedeutung beigemessen.<br />
Dies wurde im schulischen Heimatkundeunterricht<br />
der 1920er bis 70er Jahre verbreitet,<br />
so dass heute manch alter Herr aus einem<br />
Traditionsstrang zu berichten scheint,<br />
dessen Wissen aber dort seine Quelle hat. Keine<br />
Frage wird auf meinen vielen Vorträgen<br />
über Bauernhäuser des Elbe-Weser-Dreiecks<br />
öfter gestellt, als eben die danach, ob denn die<br />
Pferdeköpfe nach innen oder nach außen gucken<br />
sollten.<br />
Die Hausforschung hat eine klare Position<br />
dazu: Es gibt keinen damit verbundenen Sinn,<br />
42 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
keine versteckte Bedeutung.<br />
Der örtliche<br />
Tischler fertigte diese<br />
Bretter, die ja eine funktionelle<br />
Bedeutung für<br />
die Windfestigkeit des<br />
Weichdaches und die<br />
Bildung eines Eulenloches<br />
haben, nach seiner<br />
Schablone. Da die Bretter<br />
alle 30 bis 50 Jahre<br />
ausgewechselt wurden,<br />
änderten sie potentiell<br />
in eben diesem Abstand<br />
auch ihre Form, und die<br />
Pferde guckten mal<br />
nach innen und mal<br />
nach außen. Die absurdeste<br />
Deutung, die ich<br />
gefunden habe, sagt, dass die Position der Pferdeköpfe<br />
darüber Auskunft geben würde, ob<br />
der Bauer Erbe war oder nur eingeheiratet ist.<br />
Man stelle sich vor: Ein Mann, der sein Leben<br />
lang unter seinem minderen Status zu leiden<br />
hat, klettert auf den höchsten Punkt des Daches<br />
und demonstriert der Umwelt eben diese<br />
Tatsache – weltfremder geht es nicht.<br />
Ich habe für das von uns betreute Haus in<br />
Ostereistedt nach innen guckende Pferdeköpfe<br />
gewählt (s. Foto), mit folgender Begründung:<br />
Wenn das Haus schon unbewohnt ist und es<br />
für die Pferde so wenig zu gucken gibt und also<br />
große Langeweile herrscht, dann sollen sie<br />
sich wenigstens ansehen und die vorbeikommenden<br />
Menschen so auffordern, es ihnen<br />
gleich zu tun. In Wirklichkeit hat unser Tischler<br />
eben die schönste alte Form nachgearbeitet,<br />
die er hatte. Eins aber ist wichtig: Immer muss<br />
die Form aus der Breite eines wirklichen Brettes<br />
geschnitten sein, denn Leimplatten o. Ä.<br />
gab es früher nicht und demnach auch nicht<br />
die vielen Antilopen- und Giraffenköpfe, die<br />
heute als schlecht gemachte Giebelzier auf den<br />
Häuser zu finden sind.<br />
Mit freundlichem Gruß<br />
Dr. Wolfgang Dörfler, IGB Rotenburg
Helfen Sie unserer Arbeit mit Ihrer Mitgliedschaft<br />
Hiermit erkläre ich meinen Beitritt<br />
zur Interessengemeinschaft<br />
Baupflege Nordfriesland e.V.<br />
Die Mitgliedschaft kann ich<br />
jeweils 3 Monate vor Ende des<br />
Kalenderjahres schriftlich<br />
widerrufen.<br />
Sie dauert jedoch mindestens<br />
1 Jahr.<br />
Ich überweise als Jahresbeitrag<br />
€<br />
Termine<br />
Wiederaufbau des Poppenbüller Pastoratshaubargs<br />
Einladung zu einem Treffen<br />
am Sonnabend,<br />
den 2. September 2006,<br />
14.00 Uhr,<br />
an der Baustelle Pastoratshaubarg<br />
in Poppenbüll, Dorfstraße 5<br />
Der Pastoratshaubarg brannte nach<br />
fast vollendeter Sanierung im April<br />
2005 bis auf die Grundmauern nieder.<br />
Das Gebäude wird jetzt wieder<br />
aufgebaut. Das Haubarggerüst (Vierkant<br />
mit Schunk und Legbalken)<br />
steht bereits; die Neueindeckung mit<br />
Reet steht bevor. IGB-Mitglieder und<br />
Interessierte sind zu einem Baustellenbesuch<br />
herzlich eingeladen.<br />
Mindestbeitrag 25,– €<br />
Schüler, Auszubildende, Studenten<br />
(Bescheinigung beifügen)<br />
12,50 €<br />
Mitglieder des Vereins<br />
<strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong> 12,50 €<br />
Name, Vorname<br />
Straße<br />
PLZ Ort<br />
Datum, Unterschrift<br />
Den Jahresbeitrag buchen Sie bitte ab von meinem Konto<br />
Nr.<br />
Bankinstitut, Bankleitzahl<br />
Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit widerrufen.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Bitte heraustrennen und an ›IGB Nordfriesland, Süderstraße 30, 25821 Bredstedt‹ senden.<br />
DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
43
Interessengemeinschaft<br />
Baupflege Nordfriesland e.V.,<br />
Süderstr. 30, 25821 Bredstedt, Telefon 04671/60120,<br />
Fax 1333, E-Mail: igbaupflege@nordfriiskinstituut.de<br />
Vorsitzender: Gerd Kühnast, Parkstraße 4,<br />
25813 Husum, T. 04841-8038797<br />
stellv. Vorsitzender: Bert Ex, Am Kattberg 5,<br />
25779 Fedderingen, T. 04836-995856<br />
Kassenführer: Olaf Rohwedder, Dorfstraße 39,<br />
25889 Witzwort, T. 04864-397<br />
Schriftführer: vakant<br />
Beisitzerin: Ellen Bauer, Friddenbüller Weg 1,<br />
25882 Tetenbüll, T. 04862-1420<br />
Beisitzerin: Erika Eifler, Dorfstr. 34B,<br />
25853 Drelsdorf, T. 04671-943884<br />
Beisitzer: Jan Leseberg, Kehrwieder 2,<br />
25927, Rosenkranz, T. 04664-1087<br />
Beisitzerin: Traute Meyer, Takerwai 2,<br />
25980 Keitum, T.04651-31852<br />
IG Baupflege auf Föhr: Heie Sönksen-Martens, Buurnstrat<br />
48, 25938 Oevenum, Tel. 04681/2673<br />
IG Baupflege Nordfriesland, Arbeitsgruppe Sylt, Traute<br />
Meyer, Takerwai, 25980 Keitum, Tel. 04651/31852<br />
IG Baupflege Angeln, e.V., Berndt Lassen, Hoheluft 1,<br />
24881 Nübel, Tel. 04621/53110<br />
IG Baupflege Stapelholm im Förderverein Stapelholm<br />
e.V., Deert Honnens, Hauptstr. 23, 25878 Seeth, Tel.<br />
04881/7719<br />
IG Bauernhaus e.V. in den Elbmarschen, Ulla Mathieu,<br />
Diekhof 28, 25370 Seester-Kurzenmoor, Tel. 04125/230<br />
IG Bauernhaus e.V. im Kreis Plön, Eckhardt Wiese,<br />
Oberdorf 18, 24235 Laboe, Tel. 04343/1001<br />
IG Bauernhaus, e.V., Kontaktadressen:<br />
Kreis Ostholstein Thomas Mahro, Bliesdorfer Str. 31,<br />
23730 Schashagen, Tel. 04564/1069<br />
Kreis Stormarn, Annette Nasemann, Lindenalle 27,<br />
22946 Eichede, Tel. 04534/7943, Fax 04534/292062<br />
Hamburg/Vierlande, Werner Schröder, Kirchwerder<br />
Hausdeich 188, 21037 Hamburg, Tel. 040/7231598<br />
Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. Geschäftsstelle<br />
Postf. 1244, 28859 Lilienthal, Tel. 04792/7834, Fax<br />
04792/4717, amtierender Vorsitzender: Dr. Maschmeyer<br />
Ehrenvorsitzender: Julius Kraft, Huus Vertein, 27243<br />
Kirchseelte, Tel. 04206/7096<br />
Kreis Nordfriesland, Marktstraße, 25813 Husum - Untere<br />
Denkmalbehörde - Leitung Bauamt: Dietrich Storm,<br />
Tel. 04841/67644 Denkmalamt: Ute Watermann, (Baudenkmale)Tel.<br />
04841/67631 Sönke Zierow (Bodendenkmale),<br />
Tel. 04841/67320 Dorferneuerung: Frau Peters,<br />
Tel. 04841/67369<br />
Kulturamt, Kreisarchiv, Museen: Johanna Jürgensen,<br />
Schloß vor Husum, Tel. 04841/89730<br />
44 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />
MAUERANKER-SERVICE: WER IST WO?<br />
Kreisverwaltung Schleswig/Flensburg Kreishaus,<br />
Flensburger Straße 7, 24837 Schleswig, Denkmalamt:<br />
Friedrich Wilhelm Wenner, Tel. 04621/87329<br />
Landesamt für Denkmalpflege<br />
Leitung: Dr. Michael Paarmann, Sartori & Bergerspeicher,<br />
Wall 47-51, 24103 Kiel, Tel. 0431/6967760, Fax<br />
6967761, E-Mail: denkmalmt@ld.landsh.de<br />
Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein<br />
Leitung: Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim,<br />
Schloß Annettenhöh, Brockdorff-Rantzau-Straße 70,<br />
24873 Schleswig, Tel. 04621/3870<br />
Denkmalfonds Schleswig-Holstein e.V.<br />
Postfach 1864, 24017 Kiel, Werner Helms-Rick,<br />
Geschäftsführer: Dr. Bernd Brandes-Druba, Tel.<br />
0431/5335-553; Fax: 5335-660.<br />
E-Mail: DenkmalfondsSH@SGVSH.de<br />
Sparkassenstiftungen Schleswig-Holstein<br />
Postfach 4120, 24100 Kiel, Präsident Olaf Cord Dielewicz,<br />
Tel. 0431/5335-553; Fax: 5335-660, E-Mail: Sparkassenstiftungen@SGVSH.de,<br />
Homepage: www.sparkassenstiftungen.de<br />
Zentralstelle für Landeskunde des Schleswig-Holsteinischen<br />
Heimatbundes (SHHB) Vors. Prof. Dr. Carl I. Johannsen,<br />
Geschäftsführer Dr. Willy Diercks, Hamburger<br />
Landstr. 101, 24113 Molfsee,<br />
Tel. 0431/98384-0, Fax 0431/9838423,<br />
E-Mail: shhb.lv@t-online.de<br />
Akademie für die Ländlichen Räume<br />
Vorsitzender: Rüdiger von Plüskow, Geschäftsführer:<br />
Horst Müller, Mühlenberg 10, 24340 Eckernförde,<br />
Tel. 04351/86666<br />
Verein für Bredstedter Geschichte und Stadtbildpflege e.V.<br />
Vors. Karl-Heinz Dietzschold, Westerstr. 15,<br />
25821 Bredstedt, Tel. 04671/3370<br />
Verein für Dithmarscher Landeskunde, VDL.<br />
Vors. Dr. Dietrich Stein, 25729 Windbergen,<br />
Tel. 04859/909380<br />
Gesellschaft für Friedrichstädter Stadtgeschichte<br />
Vorsitzende: Christiane Thomsen,<br />
25840 Friedrichstadt, Tel. 04881/87395<br />
Stiftung zur Erhaltung des Husumer Stadtbildes e.V.<br />
Vorsitzender: Manfred Kamper, Th.-Storm.-Str. 10,<br />
Tel. 04841/63831<br />
Verein für Tönninger Stadtgeschichte<br />
Vorsitzender: Klaus Dieter Mai, Friedrichstädter Chaussee<br />
2, Tel. 04861/1646<br />
Verein zur Erhaltung der Wind- und<br />
Wassermühlen e.V.<br />
Schleswig-Holstein und Hamburg<br />
Geschäftsf.: Rüdiger Weiß, Ilensee 4, 24837 Schleswig<br />
Tel. 04621/960071, Fax 960096<br />
Bauberatung der IG Baupflege Nordfriesland<br />
Süderstr. 30, 25281 Bredstedt, Tel. 04671/60120<br />
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