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maueranker - Nordfriisk Instituut

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wendig. Es können sowohl Dachbalken- als<br />

auch Ankerbalkengebinde jochweise aufgerichtet<br />

werden; das Jochbalkengefüge ist also<br />

kein zu den beiden anderen alternativer Begriff.<br />

Die Alternative zur Jochbauweise ist die<br />

Bauweise in Ständerreihen, die im Übrigen<br />

weitaus verbreiteter war, als man es bei dem<br />

dafür notwendigen technischen Aufwand vermuten<br />

möchte. Hier kann im Rahmen der<br />

Gefügeforschung die akribische Analyse der<br />

Abbundzeichen helfen, die Aufrichtungsart eines<br />

Gebäudes zu belegen (Klages et al. 1994,<br />

55f). Markiert wurden die Hölzer, die nach<br />

ihrem ersten Abbund am Boden wieder auseinander<br />

genommen wurden, um in der anderen<br />

Abbundrichtung beim Aufrichten benutzt<br />

zu werden. Erfolgt der primäre Abbund im<br />

Querverband des Hauses und die Aufrichtung<br />

im Längsverband sind nur typischerweise die<br />

Hölzer des Querverbandes – also Balkenkopfbänder,<br />

Balken und Ständer – markiert, nicht<br />

aber die Rähme, Rähmkopfbänder und Hillenriegel.<br />

Beim Jochbalkengefüge ist der umgekehrte<br />

Fall anzutreffen.<br />

Gefügeforschung kann auf eine Funktionsanalyse<br />

hinauslaufen. Wenn eine Innenständerreihe<br />

so konstruiert ist, dass sich hinter ihr in<br />

der Kübbung keine Ställe befunden haben<br />

können, sondern völlig untypischerweise nur<br />

Stapelräume etwa für Heu, ist das eine Erkenntnis,<br />

die zwingend logisch aus der Untersuchung<br />

des Holzgerüstes abgeleitet ist (Klages<br />

2001, 34f). Dass ein über eine Treppe zugänglicher<br />

eingetiefter Feldsteinkeller mit niedriger<br />

intensiv gedämmter Decke darin trotz seines<br />

Strohdachs und seiner geduckten Form kein<br />

Schafstall sein kann, sondern ein Kartoffelspeicher<br />

war (Dörfler 1990, 10f), dass wir umgekehrt<br />

Schafställe mit einem Bündel von am<br />

Bau feststellbaren Kriterien als solche identifizieren<br />

können, wenn die Überlieferung auf<br />

den Höfen dazu schon lange verloren gegangen<br />

ist (Dörfler et al. 1994, 36 und 56f), sind<br />

weitere Beispiele dieser Art. Klüger zu sein als<br />

der älteste Bewohner auf dem Hof, was die ursprüngliche<br />

oder zwischenzeitliche Nutzung<br />

eines Gebäudes oder Gebäudeteils angeht, und<br />

dies an den vorhandenen Befunden beweisen<br />

zu können, ist unsere Lieblingsübung.<br />

28 DER MAUERANKER HEFT 1-2 ·JUNI 2006<br />

Als verwandtes Beispiel möchte ich die erst<br />

vor wenigen Jahren gemachte Beobachtung einer<br />

bestimmten Bauweise an Häusern des Alpenraumes<br />

erwähnen, die einmal mehr zeigt,<br />

dass auch in der jüngsten Vergangenheit noch<br />

durch detaillierte Beobachtung grundsätzlich<br />

neue Erkenntnisse möglich waren. Es ist die<br />

Beschreibung der fassadensichtigen Deckenbohlen<br />

im alpinen Blockbau durch Benno<br />

Furrer (Furrer 2001, 143f). Er konnte dies als<br />

ein Phänomen des mittelalterlichen Hausbaus<br />

beschreiben, das half, diese sehr alten Gebäude<br />

von den jüngeren Schichten zu trennen und<br />

die älteren einer intensiven Untersuchung zuzuführen.<br />

Dabei stellte sich heraus, dass übrigens<br />

auch jüngere Nebengebäude ausnahmsweise<br />

einmal diese Bauweise zeigen können.<br />

Ohnehin ist eine schematische Anwendung eines<br />

solchen Details zur Altersbestimmung obsolet.<br />

Jedenfalls gelang ihm durch die systematische<br />

Untersuchung von Häusern dieses Bautyps<br />

das Auffinden des ältesten rezenten hölzernen<br />

Wohnhauses Europas, des 1176 (d) errichteten<br />

Hauses Nideröst im Ort Schwyz in<br />

der Innerschweiz, das dann aber trotzdem vor<br />

zwei Jahren dem Bau einer Doppelgarage weichen<br />

musste.<br />

Als jüngste Entwicklung hat sich aus der<br />

Kombination von Gefügeuntersuchung und<br />

Dendrochronologie – nämlich dem Unterschied<br />

von neu gearbeiteten und wiederverwendeten<br />

Hölzern – ein Einblick ergeben in<br />

die erstaunlich kurze Lebensdauer der ältesten<br />

erfassbaren niederdeutschen Hallenhäuser an<br />

der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert<br />

(Klages et al. 1993, 54f; Klages 1996b, 121f;<br />

Dörfler 2001, 56f; Stiewe 2001, 82f – dort<br />

sind auch die entscheidend wichtigen, noch<br />

unpublizierten Ergebnisse von Heinz Riepshoff<br />

in Tabellenform abgedruckt). Die so festgestellte<br />

– regelmäßig nur 25 bis maximal 100<br />

Jahre währende – Lebensphase der Vorgängerbauten<br />

steht im krassen Gegensatz zu der<br />

mehrhundertjährigen Lebensdauer der bis<br />

heute stehenden Nachfolgehäuser. Dies öffnete<br />

den Weg für neue Überlegungen zur Bauweise<br />

und dem Wert der ländlichen Gebäude<br />

in spätmittelalterlicher Zeit, wobei eine schwache<br />

Konstruktion und ein geringer Wert dieser

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