Rechts - Ev. Stephanus Kirchengemeinde Borchen
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Angedacht<br />
“Du sollst den Feiertag<br />
heiligen!“<br />
Das dritte Gebot hatte ich im Konfi-<br />
Unterricht gelernt. Aber in meiner<br />
Erinnerung an die Kinder- und Jugendjahre<br />
ist der Sonntag trotzdem der<br />
ödeste Tag der Woche. Gut, ich konnte länger<br />
schlafen; aber auch nicht zu lang. Meine<br />
Eltern hatten es gerne, wenn alle Kinder<br />
mit am Frühstückstisch saßen. Dann<br />
Gottesdienstbesuch: Ich mochte unsere<br />
alte schöne Kirche Zuhause immer sehr,<br />
allerdings bangte ich jedes Mal darum,<br />
ob der Pfarrer den roten Faden in seiner<br />
Predigt wieder finden würde, denn davon<br />
hing ab, ob die Predigt „nur“ eine halbe<br />
Stunde oder doch länger dauern würde.<br />
Aber die Orgel klang wunderschön, so<br />
majestätisch allumfassend, ich liebte es<br />
schon damals zu singen, und dann waren<br />
da ja noch die 55 Mitkonfis …<br />
Zuhause gab es am Sonntag immer<br />
Suppe vorweg, dann Braten, hoffentlich<br />
mit Knödeln. Wir waren als Großfamilie<br />
einfache Kost gewohnt, aber sonntags<br />
tischte unsere Mutter etwas Leckeres auf.<br />
Wir hauten tüchtig rein und halfen dann<br />
alle zusammen beim Abwasch. Auch das<br />
nur sonntags.<br />
Da Fernsehen am Nachmittag nicht in<br />
Frage kam, gab es nur zwei Möglichkeiten,<br />
die sich nach dem Wetter richteten:<br />
Spazierengehen oder Gesellschaftsspiele<br />
machen. Erst neulich fand ich ein Bild, auf<br />
dem meine Eltern zielstrebig auf dem Weg<br />
vorausgingen und wir Kinder in schlaffer<br />
Körperhaltung hinterher. Wir hatten nicht<br />
die geringste Lust auf den Sonntagsspaziergang,<br />
aber wir gingen mit, weil alle<br />
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es taten; auf dem Weg trafen wir oft die<br />
Nachbarn, und auch ihre Kinder trotteten<br />
mit. Im Winter nahmen wir einen Schlitten<br />
mit. Das war deutlich besser. Vater zog<br />
uns mit viel Spaß.<br />
Im Sommer spielten wir dann im Hof<br />
Federball oder Tischtennis im Garten; im<br />
Winter gab’s „Mensch ärgere dich“ und<br />
„Monopoly“. Im Advent saßen wir abends<br />
um den Adventskranz und sangen. Jahr<br />
für Jahr. Meine Eltern hielten das durch,<br />
auch als längst nicht mehr alle Kinder Lust<br />
hatten mitzusingen.<br />
Im Teenie-Alter vermisste ich sonntags<br />
die Freunde und die „action“, und trotzdem<br />
erinnere mich daran, wie sehr meine<br />
hart arbeitenden Eltern den Sonntag genossen<br />
haben. Für sie war er die ersehnte<br />
Auszeit, die Unterbrechung ihres Alltags,<br />
darum machten sie ihn zu einem besonderen<br />
Tag. Sonntagskleidung inklusive.<br />
Lange Jahre habe ich mich eher lustig<br />
gemacht über den ritualisierten Sonntag<br />
meiner Eltern. Heute, wo es mir oft schwer<br />
fällt abzuschalten, verstehe ich besser,<br />
dass der Ritus, die sture Wiederkehr des<br />
Gleichen, eine große Hilfe ist, sich die Auszeit<br />
auch wirklich zu nehmen.<br />
„Du SOLLST den Feiertag heiligen“ -<br />
was wie eine lästige Einschränkung daher<br />
kommt, ist vielmehr ein Segen: Gott meint<br />
es gut mit uns!<br />
Einen entspannenden Sommer wünsche<br />
ich Ihnen. Gott behüte Sie auf allen<br />
Wegen!<br />
Ihre/Eure Christel Weber