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Basiswissen Psychopharmaka

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<strong>Basiswissen</strong> <strong>Psychopharmaka</strong>Von Matthias SeibtWorte sind das stärkste Rauschgift, das die Menschheit verwendetJoseph Rudyard KiplingVorwortIn dieser Schrift lesen Sie meine Meinung. Immer, wenn Sie etwas lesen, lesen Sie nur die Meinungdessen, die oder der da schreibt. Alles was gesagt wird, wird von jemandem gesagt. Die Meinungenüber das, was wahr ist, haben sich immer wieder gewandelt.VerantwortungDieses Wort wird meines Erachtens häufig falschbenutzt.Politiker verantworten einen Krieg, aber andereMenschen als diese Politiker werden getötet oderverstümmelt. Politiker verantworten die Kürzungeiner Sozialleistung aber es sind andere Menschen,die nun mit weniger Geld leben müssen.Ärzte verantworten die Verschreibung von<strong>Psychopharmaka</strong>, aber wenn Nebenwirkungen oderSpätschäden auftreten, sind es nicht die Ärzte, diedamit leben müssen.Daher: Verantworten kann man nur dieHandlungen, deren Folgen man selber trägt. Wenn dieFolgen der eigenen Handlung andere tragen, dann hatman Macht.Das bedeutet, nicht der Arzt trägt dieVerantwortung, sondern der Patient. Der Patient hatzwar eine/n Fach/frau/mann konsultiert, doch in wieweit dieser Rat des Fachmanns befolgt wird,entscheidet der Patient. Beim Friseur oderGebrauchtwagenhändler erscheint es unsselbstverständlich, dem Rat des Fachmanns nichtblind zu vertrauen.Beim Arzt nicht. Der Arzt hat Macht durch dasAnsehen, das Ärzte in der Gesellschaft haben. DiesesAnsehen ist vergleichbar mit dem Ansehen derPriester in einer Zeit, als das Christentum noch Machthatte.Dieses Ansehen ist genauso wenig wie das Ansehender Priester im Mittelalter rational begründet. Es isteine Glaubensfrage.Auch in früheren Hochkulturen (Ägypter, Römer,Inkas) hatte ein Mensch, so er denn zur Oberschichtgehörte, gute Chancen 60 bis 90 Jahre alt zu werden.Durch die Fortschritte in den Ingenieur- undBetriebswissenschaften kommt dies jetzt breitenSchichten in den Industrienationen zu.Viele, nein fast alle Menschen in denIndustrienationen leben materiell so, wie früherKaiser und Könige.Hauptzuwachs in der Lebenserwartung hier inMitteleuropa brachte die Einführung der Kanalisationzwischen 1850 und 1900. Die Einführung derAntibiotika in den 1940er Jahren lässt sich in denSterbetabellen statistisch kaum nachweisen.Den Beitrag der Wissenschaft Medizin zurgestiegenen Lebenserwartung veranschlage ich auf10%. 90% gehen auf das Konto des gestiegenenReichtums (!) breiter Kreise der Bevölkerung.Was (alles) sind<strong>Psychopharmaka</strong> (PP)Ich unterscheide nach dem sozialen Ansehen dreiKlassen:1. Die ärztlich verschriebenen PP2. Die legalen Genussdrogen (Koffein, Nikotin,Alkohol)3. Die illegalen Drogen (Haschisch/Marihuana,Heroin, LSD, Ecstasy usw.)1


Ich unterscheide nach der Wirkung:a) dämpfend (Baldrian, Schlafmittel,Tranquilizer, Alkohol, Neuroleptika)b) putschend (Koffein, Nikotin, neueAntidepressiva)c) halluzinogen (LSD, THC enthalten inHaschisch/Marihuana ist u.a. ein schwachesHalluzinogen)Ob angstlösend eine eigenständige Wirkung ist,bezweifle ich. Ich vermute, dass dämpfendeSubstanzen auch die Angst dämpfen. Obeuphorisierend eine eigenständige Wirkung ist,bezweifle ich ebenfalls. Dem Alkohol z.B. sagt mannach, in geringen Mengen euphorisierend zu wirken.Die <strong>Psychopharmaka</strong>-KlassenIn der Psychiatrie, der Allgemeinmedizin undteilweise auch in anderen Bereichen der Medizinkommen folgende <strong>Psychopharmaka</strong> (PP) zumEinsatz:• Tranquilizer• Nicht klassifizierte Schlafmittel• Neuroleptika• Lithiumsalze• Antiepileptika• AntidepressivaWie üblich, habe ich die Schmerzmittel nicht zu denPP gerechnet. Auch die Betablocker, eine Klasse vonHerzmitteln, rechne ich nicht zu den PP.Grund dafür ist, dass weder Schmerzmittel nochBetablocker in der Psychiatrie Anwendung finden.TranquilizerDiese Gruppe ist die gleichförmigste. Die einzelnenTranquilizer (T) unterscheiden sich untereinander nurwenig.Dämpfend, muskelentspannend, angstlösend, antikonvulsiv1 ist ihre Wirkung. T sind die einzigensynthetischen 2 PP, die in ihrer Wirksamkeit an diegroßen Menschheitsdrogen Alkohol, Opium undKokain heranreichen.Dadurch 3 erhöht sich auch die hohe AbhängigkeitsundSuchtgefahr. Die körperschädigende Wirkung derTranquilizer ist, verglichen mit Antidepressiva,Antiepileptika und Neuroleptika, gering.Über 65-Jährige sprechen stärker aufBenzodiazepinwirkungen an, deshalb kommen sie miteinem Drittel bis Viertel der Dosis aus.Alle T sind Abkömmlinge des Benzodiazepins. Siesind seit Anfang der 60er Jahre auf dem Markt.Während in Ärztezeitschriften damit geworbenwurde, dass die Verschreibung von T „dieTherapietreue garantiere“, belogen die Ärzte ihrePatient/inn/en systematisch über das AbhängigkeitsundSuchtrisiko. Anfang der 80er Jahre häuften sichin den Massenmedien Berichte überschwerstabhängige T-Konsumen-t/inn/en.Erst nachdem es in allen Illustrierten stand,veränderte sich das Verschreibungsverhalten derÄrzte. Heutzutage werden T meistens sehrzurückhaltend verschrieben.Nicht-Klassifizierte SchlafmittelAls nichtklassifizierte Schlafmittel (nkS) bezeichneich alle dämpfenden Substanzen, die weder zurGruppe der Tranquilizer, noch zur Gruppe derNeuroleptika gehören 4 .Es gibt freiverkäufliche, apotheken- undrezeptpflichtige Schlafmittel.Freiverkäuflich sind z.B. Baldrian undJohanniskraut, apothekenpflichtig sind z.B. Betadormund Hoggar, rezeptpflichtig sind z.B. Zopiclon undZolpidem. Je höher die Hürde für den Käufer, destostärker ist das Mittel. Mit der Stärke erhöht sich in derRegel auch das Risiko der Abhängigkeit.Zopiclon oder Zolpidem sind etwa so stark wieAlkohol oder Tranquilizer.NeuroleptikaDie am stärksten dämpfenden Mittel sind dieNeuroleptika. Da ihre Wirkung sehr unangenehm ist,gibt es kein Suchtrisiko. Abhängig machen, könnensie sehr wohl. Neuroleptika sind etwa 5- bis 20-mal sostark wie die 3. Stufe der Dämpfungsmittel(Tranquilizer, Alkohol, Zopiclon). Das „psychischKranke“ im Leben oft sehr wenig erreichen, liegt inerster Linie am Dauerkonsum dieser 4. und stärkstenStufe von Dämpfungsmitteln.1 Antikonvulsiv = krampflösend, krampfverhindernd2 Synthetisch = künstlich hergestellt3 s. Abhängigkeit und Sucht24 Die Barbiturate waren eine weitere Klasse dämpfenderPP. Heute werden sie kaum noch verschrieben. Sie sindgiftiger, aber nicht wirksamer als T.


Neuroleptika gibt es seit Anfang der 50er Jahre. Dieals quälend erlebten Bewegungsstörungen sind keineNebenwirkungen, sondern das, was einDämpfungsmittel erzeugen muss, um alsNeuroleptikum zu gelten.Neuroleptikum heißt Nervendämpfungsmittel. Da esnicht nur im Gehirn, sondern fast überall im KörperNervenzellen gibt, können auch fast überallvorübergehende, bleibende und tödliche Schädenauftreten.Atypische Neuroleptika sollen angeblich wenigerBewegungsstörungen als die „klassischen“Neuroleptika erzeugen. Zur Zeit mehren sich jedochdie Stimmen, welche die Einführung der Atypika alseinen Marke-tingbetrug bezeichnen.Fest steht, dass insbesondere Zyprexa dasDiabetesrisiko massiv erhöht.PhasenmedikamenteAls Phasenmedikamente oder Phasenprophylaktika 5bezeichnet man PP, die angeblich gegen beide Phaseneiner „bipolaren Erkrankung“ (früher: manisch -depressiv) wirksam sind. Zwei Unter-Klassen vonPhasenmedikamenten gibt es: Lithiumsalze undAntiepileptika.LithiumsalzeLithium ist ein Alkalimetall, das im Körper in sehrgeringer Konzentration vorkommt. Die zutherapeutischen Zwecken eingesetzte Menge isthingegen akut giftig. Die therapeutische Breite beimLithium beträgt nur 3, d.h. die 3-fache Menge derüblichen Dosis ist tödlich.Der regelmäßig gemessene Lithiumspiegel dientalso nicht, wie fälschlich von Ärzten angegeben wird,der Erzielung optimaler therapeutischer Ergebnisse,sondern der Vermeidung von Todesfällen durch dieLithiumtherapie.Die Symptome einer Lithium-Vergiftung sindübrigens so dramatisch, dass man sie nicht übersehenkann. Der Tod durch Lithiumvergiftung ist sehrunangenehm.Lithium-konsument/inn/en bleiben tatsächlich vonmanischen Phasen verschont. Die Vorbeugewirkunggegen depressive Phasen ist wesentlich schwächeraus-geprägt. Bei einer Reihe von Konsument/inn/enhat Lithium sogar eine depressionsauslösende bzw. -verstärkende Wirkung.Hauptnachteil sind nach 15-25 Jahren auftretendeschlechte Nierenwerte, die eine Nierenschädigunganzeigen. Dann muss das Lithium abgesetzt werden.Dialyse durch Lithiumkonsum kommt vor, ist aberselten.Die verschiedenen Lithiumsalze unterscheiden sichin Ihrer Wirkung auf die Psyche nicht.Wer der Meinung ist, ohne Dauerkonsum von<strong>Psychopharmaka</strong> ginge es bei Ihm/ihr nicht, sollte aufjeden Fall eine Monotherapie 6 mit Lithium erwägen.AntiepileptikaEinige Antiepileptika (z.B. Carbamazepin,Valproinsäure, Lamotrigin) werden zur Vorbeugungbei „bipolarer Erkrankung“ eingesetzt. Diedämpfende Wirkung der Antiepileptika (AE) istdeutlich stärker ausgeprägt als die putschendeWirkung. Daher klagen viele AE-Konsument/inn/enüber Antriebslosigkeit bis hin zu schwerenDepressionen.AE werden fast nie als Monotherapie eingesetzt,obwohl sie sich mit vielen anderen <strong>Psychopharmaka</strong>nur schlecht oder gar nicht vertragen. Z.B. ist dieKombination von Carbamazepin mit Benperidol,Bromperidol, Chlorprothixen, Clopenthixol,Clozapin, Fluanxol, Fluspirilen, Haloperidol,Hypericin in Johan-niskrautextrakt,Johanniskrautextrakt, Lithium-salz, Melperon, Orap,Pipamperon, Dominal zu meiden.Generell ist die Kombination von Carbamazepin mitallen Neuroleptika zu meiden.Das gängige Schmerzmittel Parazetamol führt zuLeberschaden durch sonst unschädliche Dosierungenvon Parazetamol, vermehrt toxische 7 Metaboliten 8 .Bei Kombination mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (z.B. Fluctin) ist dieGefahr eines toxischen Sero-tonin-Syndroms erhöht.Abgesehen von der akuten Giftigkeit ist es ein sehrgut verträgliches PP. Was die Langzeitschädenangeht, ist es zwar nicht harmlos, aber viel harmloserals Neuroleptika oder Antidepressiva. Sehr viele5 Prophylaxe = Vorbeugung, also Phasenvorbeugemittel36 Monotherapie = nur ein Medikament7 toxisch = giftig8 Metabolismus = Stoffwechsel, Metabolit = Abbauproduktz.B. eines PP, der Abbau kann sich in mehreren Stufenvollziehen


„Insgesamt: Ein wenig überzeugendes Medikamentmit beachtenswerten Risiken.“ 9Nun zu den Nebenwirkungen der Valproinsäure:Tremor (Zittern) bis 57%, Übelkeit bis 34%,Somnolenz (Schläfrigkeit) bis 30%,Thrombozytopenie bis 24%, Alopezie (Haarausfall)vorübergehend, bei Nachwachsen lockiges Haar bis24%, Diarrhö (Durchfall) bis 23%, Erbrechen bis23%, Schwächezustand bis 21 %, Infektion bis 20%.Über 150 weitere Neben-wirkungen unter 20%Häufigkeit.Der Ruf der Antiepileptika ist verglichen mit demRuf der Neuroleptika deutlich besser.Dieser Ruf entspricht nicht den bekanntenTatsachen.Was ist eine DepressionUnter dem Begriff Depression wird eine Vielzahlsehr verschiedener Seelenzustände zusammengefasst.Den Begriff Niedergeschlagenheit finde ich besser.Der Begriff Depression ist, wie alle psychiatrischenBegriffe, pseudowissenschaftlich.Bei einer Niedergeschlagenheit ist sehr oftAntriebslosigkeit vorhanden. Ein Gefühl bzw.Gedanken von Sinnlosigkeit sind häufig vorhanden,ein Gefühl oder Gedanken von Wertlosigkeit sindhäufig vorhanden. Bei einigen „Depressiven“ kommtes zu Schlafstörungen. Angst, Suizidgedanken 10 oderHoffnungslosigkeit können auch vorhanden sein.AntidepressivaUnter dieser <strong>Psychopharmaka</strong>klasse sindSubstanzen von sehr unterschiedlichemWirkmechanismus gruppiert.Es gibt eindeutig dämpfende Antidepressiva (A)wie Amitriptylin, Doxepin, Trimipramin. Diese sindin der Wirkung den niederpotenten klassischenNeuroleptika (Melleril, Truxal, Neurocil) ähnlich.Dann wiederum gibt es stark putschende A,sogenannte selektive Serotonin-Wieder-aufnahme-Hemmer (SSRI-Antidepressiva) wie Fluctin,Citalopram, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin.Es gibt weitere A, die nicht zu diesen beidenUntergruppen gehören.Daran, dass sowohl dämpfende als auch putschendeSubstanzen als Antidepressiva verschrieben werden,lassen sich zwei Strategien unterscheiden, eineDepression pharmakologisch zu bekämpfen.Einerseits eine allgemeine Dämpfung der„depressiven“ Person. Eine spezifische Dämpfung nurder Depression gibt es nicht. Die allgemeineDämpfung bewirkt, dass die quälenden Gedankenweniger quälend sind. Eine allgemeine Dämpfungverbessert oft den gestörten Schlaf.Die andere Strategie, putschende PP zuverschreiben, soll die Antriebslosigkeit bekämpfen.Hauptnachteil dieser pharmako-logischenVorgehensweise ist, dass auch der Antrieb fürSuizidhandlungen größer wird. Die Suizid-förderndeWirkung ist statistisch ein-deutig belegt.Eine 35 Millionen Dollar teure US-Studie mit2.876 Patienten ergab, dass SSRI-Antidepressiva nurbei 1/3 der Konsument/inn/en wirken. Da es auch beiSSRI-Antidepressiva eine lange Liste vonNebenwirkungen gibt, ist diese „Erfolgs“quote beiweitem zu niedrig.Psychopharmakon, Drogeoder Genussmittel?Im gängigen Sprachgebrauch wird zwischen diesendrei Begriffen unterschieden. PharmakologischeGründe für diese Unterscheidung gibt es keine.In der Geschichte der Menschheit wurde immerzwischen guten und schlechten Drogen unterschieden.Im Islam war z.B. der Alkohol als schlechte Drogeüber viele Jahrhunderte verboten. Opiumkonsumhingegen war akzeptiert bis erwünscht.In der westlichen Welt, deren Gepflogenheiten zurZeit weltweit Vorbild sind, ist es spätestens seit demEnde der amerikanischen Prohibition umgekehrt.Konsum von Alkohol ist akzeptiert bzw. erwünscht,Opium und seine Abkömmlinge Morphium undHeroin sind verboten.Das hat ausschließlich kulturelle bzw. sozialeGründe. Viele Pharmakologen halten Alkohol inseiner körperschädigenden Wirkung für deutlichgefährlicher als Opium und seine Abkömmlinge.Die kulturellen Wurzeln des Opium-Verbots sind:9 So Josef Zehentbauer in Chemie für die Seele.10 Suizid = Selbsttötung4Opium war im 19. Jahrhundert die Alltags-Drogeder chinesischen Einwanderer an der amerikanischen


Pazifikküste. Die weißhäutigen Einwanderer ausEuropa konsumierten Alkohol in großen Mengen.Völkermord ist immer anstrengend.Um die andersrassige Konkurrenz aus China(Chinesen, speziell wenn sie auswandern, sindfleißige Leute) zu treffen kriminalisierte dieweißhäutige Einwanderermehrheit nach und nach denOpiumkonsum.Die richtige Hetzjagd auf Opiat- und Haschisch-Konsument/inn/en begann in den 30er-Jahren desletzten Jahrhunderts nach der gescheitertenamerikanischen Prohibition. Der amerikanischePräsident F. D. Roosevelt hatte zwar dasAlkoholverbot aufgehoben, doch dieRauschgiftdezernate wurden nicht aufgelöst undsuchten sich neue Aufgaben.Eindruck, das Medikament sei etwas Magisches.Sozusagen eine magische Kugel, die der Arzt nachder Krankheit wirft.Es ist ohne Frage immer gut, diese magischenKugeln einzusetzen. Es kann bei dieser Magie keineNachteile geben. So erklärt sich, dass viele Ärzteunerwünschte Wirkungen der Medikamente selbstdann leugnen, wenn sie im Beipackzettel verzeichnetsind.Man vergleiche dies mit anderen Religionen. Auchhier darf Negatives nie dem jeweiligen Gott oder derjeweiligen Religion zugeordnet werden. Egal, wieabsurd die Widersprüche oder wie grässlich dieVerbrechen auf eine/n Ungläubige/n wirken, dem/derGläubigen sind sie nur Bestätigung der eigenenPosition.Ich erinnere daran, dass Ärzteschaft undPharmaindustrie ab etwa 1830 Morphium als “nichtabhängig-machendenErsatz” für Opium propagierten.Ab etwa 1860 wurde Heroin als “nicht-abhängigmachenderErsatz” für Opium und Morphiumpropagiert. Bis 1917 wurde Heroin im deutschenReich über Apotheken vertrieben. In den 60er Jahrendes letzten Jahrhunderts propagierten Ärzteschaft undPharmaindustrie die Tranquilizer (Valium, Tavor,Adumbran usw.) als “nicht-abhängig-machenderErsatz” für die Barbiturate an. Erst als die Illustriertenab Anfang der 80er Jahre ausführlich über süchtiggewordene Patient/inn/en be-richteten, wurde in derMedizin eine Diskussion über dieses Problem geführt.Heutzutage sind “atypische” Neuroleptika und diesogenannten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer beiden Antidepressiva der Verkaufsschlager. LautAussage der Medizin machen sie im Gegensatz zuden Tranquilizern nicht abhängig.Der Vorteil der Monotherapie(= nur ein Medikament)Jedes Medikament stellt ein Risiko für diemenschliche Gesundheit dar. Selbst beiAcetylsalicylsäure (Aspirin) sind über 10 verschiedeneMechanismen bekannt, die zu Todes-fällenführen. Das liegt weniger daran, dass diese Substanzso gefährlich ist, als vielmehr daran, dass sie so genauerforscht wurde.Es ist das Verhältnis zwischen den bekanntenRisiken und dem erhofften Nutzen, dass den Einsatzeines Medikaments sinnvoll machen kann. Leidersehen Ärzte und Patienten die Entscheidung pro odercontra Medikamentengabe selten als eine möglichstnüchtern zu treffende Abwägung an. Oft hat man den5Egal, was wir von den Medikamenten glauben odererhoffen, sie werden trotzdem über Niere oder Leberverstoffwechselt. Die unerwünschten Wirkungen (oftals Nebenwirkungen verharmlost) nehmen mit derZahl der eingenommenen Medikamente stark zu.Auch die Zuordenbarkeit einer Wirkung wirdschwieriger, sobald mehr als eine Substanzeingenommen wird. Die Gefahr, dass sich derZustand verschlechtert, steigt mit jeder weiterenSubstanz. Für die meisten Ärzte ist Verschlechterungunter Medikamentengabe lediglich ein Zeichen, dassnoch nicht genug magische Kugeln verordnet wurden.So kommt es zu gleichzeitiger Verordnung vonsechs bis sieben <strong>Psychopharmaka</strong>. Oder fünfverschiedenen Blutdrucksenkern.Für Neuroleptika ist gut erforscht, wieMehrfachgabe die Sterblichkeit der Konsument/inn/enerhöht.Bei 0 Neuroleptika ist die Sterblichkeit einesPsychiatrisierten um den Faktor 1,29 gegenüber derDurchschnittsbevölkerung erhöht, bei 1Neuroleptikum um den Faktor 2,95, bei 2Neuroleptika um den Faktor 3,21, bei 3 Neuroleptikaum den Faktor 6,83.Wegen dieser und ähnlicher Effekte gibt es einenGrundsatz in der Medizin: Vor allem nicht schaden!Bei den Römern hieß er: Primum nil nocere! Auchdamals war offensichtlich die Versuchung, lieberetwas Falsches als gar nichts zu unternehmen, sehrgroß.Schlussfolgerung:Wenn schon <strong>Psychopharmaka</strong>, dann nur eineSubstanz. Kritisch darauf achten: Habe ich die


erwünschte Wirkung, oder wird sie mir bloßversprochen? Ist der Nutzen größer als die Kosten?Nicht vergessen, ich trage die Verantwortung, da esmein Leben ist.Dämpfende plus putschendeSubstanz?Eine beliebte Kombination von <strong>Psychopharmaka</strong>stellt die gleichzeitige Gabe von Neuroleptika undAntidepressiva dar. Neuroleptika dämpfen sehr stark.Dies führt von leichter Antriebslosigkeit bis hin zuschwerster Niedergeschlagenheit (Depression).Mindestens 2/3 der Neuroleptika-Konsument/inn/enleiden unter Depressionen.Dagegen verordnen Psychiater sehr gerneAntidepressiva vom Serotonin-Wiederaufnahmehemmer-Typ,die eine putschende Wirkung haben.Eine der unerwünschten Wirkungen dieser SorteAntidepressiva ist das Auslösen von Psychosen.Die Psychose ist in der Regel ein sehr„energiereicher“ Zustand, die Depression ist in derRegel ein sehr „energiearmer“ Zustand. Daher hat eseine gewisse Logik, zur Psychosevorbeugung (=Prophylaxe) dämpfende, zur Depressionsbekämpfunghingegen putschende Substanzen zu verschreiben.Aber beides gleichzeitig?Ist ungefähr so sinnig, wie gleichzeitig großeMengen Kaffee und Alkohol zu sich zu nehmen.Medizin eine Religion,Medikamente als magische Kugeln?Möglicherweise stößt sich der eine oder die anderean dieser Betrachtungsweise. Dabei ist es noch dienetteste mögliche Sicht eines Nicht-arzthörigen aufdie Psychiatrie. Sonst bleiben als Erklärung nur nochabsolute Unkenntnis und absolutes Unwissen. Undnoch eine Stufe schlimmer: Der Schaden wirdabsichtlich angerichtet, die Menschen werdensehenden Auges geschädigt und abhängig gemacht,weil man daran gut verdient.Ich meine, alle drei Aspekte (Religion, Unwissen,Skrupellosigkeit) spielen ihre Rolle.6


Was ist eine Psychose –Die Wichtigkeit des SchlafesWie lange dauert der Übergang vomHellwach-Zustand in die Ver-rücktheit?Fehlender Schlaf und Ver-rücktheit (psychiatrischPsychose) gehören zusammen wie Wolken undRegen. Diese Regel gilt für 90 bis 95% allerMenschen, die Zustände der Ver-rücktheit kennen.So wie ohne Wolken kein Regen möglich ist, istfür diese Menschen ohne Schlafverlust kein Verrücken(und damit keine Ver-rücktheit) möglich.Wie kommt es nun zu dieserSchlaflosigkeit?Es sind Gedanken, die nicht zur Ruhe kommenund damit auch uns nicht zur Ruhe kommen lassen.Diese Gedanken beziehen sich in der Regel auf ganzalltägliche Lebenssituationen oder –Ereignisse.Einsamkeit, Partnerschaftsprobleme, Schulden,Arbeits- oder Prüfungsstress können uns dermaßenbeschäftigen, dass die Gedanken daran uns unserenSchlaf rauben.Handelt es sich um eine besondere Artder Schlaflosigkeit?Das dauert unterschiedlich lang. WichtigsterAspekt hierbei ist die Dauer des verbliebenenSchlafs. Zwei Stunden sind gefährlicher als vierStunden.Wie wichtig ist Schlaf?Atmen, trinken, schlafen und essen sind unsereGrundbedürfnisse. Schlafen und Trinken sind vonähnlicher Wichtigkeit. Nach 7 bis 9 Tagen„Verzicht“ auf eines dieser beidenGrundbedürfnisse wird es bei mitteleuropäischemKlima für einen gesunden jungen Menschenspätestens lebensgefährlich.Die uns im Hellwach-Zustand beschäftigendenGedanken können uns derart von unserenGrundbedürfnissen ablenken, dass wir nicht mehr(kaum noch) essen. Der zusätzlicheNahrungsentzug verstärkt dann wiederumunsere Aufgedrehtheit oder Überdrehtheit.Manche Menschen vergessen sogar dasTrinken.Ja. Die normale Schlaflosigkeit geht mitMüdigkeit und Zerschlagenheit einher, man wünschtsich nichts sehnlicher, als endlich wieder (wie sonst)schlafen zu können. Die zum Ver-rücken gehörendeSchlaflosigkeit führt in einen Hellwach-Zustand.Dieser Hellwach-Zustand ist angenehm, derfehlende oder stark verkürzte Schlaf wird nicht alsMangel empfunden. Man hat neue Gedanken,verfügt über ungewöhnlich viel Energie, ist in derLage Probleme in Angriff zu nehmen, an die mansich bislang nicht herantraute.Diese positiven Aspekte des Hellwachseins machenes vielen Menschen schwer, die Gefahr einerbeginnenden Ver-rücktheit zu erkennen.Insbesondere wenn dieser Hellwach-Zustand imAnschluss an eine Niedergeschlagenheit(psychiatrisch Depression) entsteht, werden diemöglichen Nachteile dieses Zustands unterschätzt.7


Akut- und ErhaltungsdosisDie Psychiatrie bekämpft Ver-rücktheitszuständedurch Gabe von Neuroleptika. Sie unterscheidettheoretisch zwischen der Akutphase einer Psychose,in der hohe Dosen Neuroleptika gegeben werdensowie der Latenz 11 -phase, in der niedrige DosenNeuroleptika zur Prophylaxe 12 gegeben werden. Inder Praxis werden aber sehr oft Akutdosierungen überMonate, Jahre oder Jahrzehnte verordnet. MassiveEinbußen in Lebensqualität und Lebenserwartungsind die Folge. Außerdem wird, falls trotz derVorbeugemedikation eine Psychose auftritt, ein dernormalen Akutdosis nötig, um noch eine Wirkung zuerzielen.Im folgenden eine Tabelle zur Unterscheidungzwischen hoher, mittlerer und niedriger Dosierungeiniger Neuroleptika:MarkennameInternat. Freinameniedrig mittel hochAbilifyAripiprazol20 25-40 45-120SeroquelQuetiapin25-100 100-400 400-1200RisperdalRisperidon1-2 2,5-3,5 4-9ZyprexaOlanzapin2,5-5 5-10 10-30SolianAmisulprid25-100 100-400 400-1200LeponexClozapin25-100 100-400 400-1200DognatilSulprid25-100 100-400 400-1200Anmerkung zur Tabelle: Ich beginne die niedrigsteStufe mit der kleinsten gehandelten Tablette.Selbstverständlich kann man auch eine halbe odereine viertel Tablette oder einen noch kleinerenBruchteil der kleinsten gehandelten Tabletteeinnehmen. Eine vollständige Tabelle stelle ichdemnächst ins Netz, s.u.In den letzten Jahren geht die Pharmaindustrieimmer mehr dazu über, die kleinste Dosierung einerneuen Substanz sehr hoch an zu setzen. Z.B. hat diekleinste gehandelte Dosis von Inwega 6 mg. Inwegaist das Hauptstoffwechselprodukt von Risperdal. Also11 Latenz =12 Prophylaxe = Vorbeugung8wäre es logisch gewesen, die kleinste Dosierungebenfalls bei 1 mg an zu setzen.Auch bei Zeldox und Abilify finde ich die kleinstegehandelte Tablette zu groß.Woran merke ich, ob ich zuviel nehme?Ob ich nehme, kann ich sowohl an objektiven alsauch an subjektiven Kriterien festmachen. ObjektiveKriterien sind die Zahl der <strong>Psychopharmaka</strong> (ab 3beginnt spätestens der Missbrauch) und dieDosierung.Subjektive Kriterien sind der Schlaf, der Antrieb,das Gewicht, die Sexualität, kurz alles, was mit demeigenen Wohlbefinden zusammen hängt. Densubjektiven Kriterien kommt genau so viel Gewichtwie den so genannten objektiven Kriterien zu. Geht esmir mit einer hohen Dosis PP gut, sollte ich mirReduktionsversuche gut überlegen. Umgekehrt, wennes mir bei einer niedrigen Dosis schlecht geht, mussich überlegen, ob nicht selbst diese niedrige Dosis fürmich zu hoch ist.Was tun, wenn ich zuviel nehme?Das hängt von vielen Faktoren ab. Siehe meinebeiden Absetzleitfäden unter www.psychiatrieerfahrene-nrw.de,dort Lesenswertes. Wer lange (ab 6Monate ist lange) eine hohe Dosis genommen hat,muss langsam reduzieren.Eine beliebte LügePsychiater/innen belügen ihre Patient/inn/en, dass esnur so kracht. „Das ist die kleinste Dosis“ oder „Dasist die kleinste wirksame Dosis“ stellt eineStandardlüge dar. Die kleinste Dosis einer Substanzist immer 0! Da Neuroleptika 5-20 mal so stark wieAlkohol oder Tranquilizer sind, ist die kleinstewirksame Dosis immer ein winziger Bruchteil derkleinsten gehandelten Tablette.Natürlich gilt das nur für nüchterne Konsumenten.Wenn ich sowieso jeden Tag 20 mg Zyprexa nehme,dann wirkt ein zusätzliches mg Zyprexa kaum noch.Wenn ich wochenlang keine <strong>Psychopharmaka</strong>genommen habe, legt mich 1 mg Zyprexa in derRegel schlafen.Abhängigkeit, Sucht, Sucht undVersuchungVon einigen Substanzen wird gesagt, sie machtenabhängig. Darunter befinden sich ärztlichverschriebene (z.B. Tranquilizer), legale


Genussdrogen (Alkohol und Nikotin) sowie nurillegal erhältliche Substanzen (z.B. Heroin). DieseAbhängigkeit gilt gemeinhin als etwas Schlechtes.Nun ist der Mensch von Natur aus von vielemabhängig. Atmung, Schlaf, Flüssigkeits- undNahrungszufuhr sind Notwendigkeiten unsererExistenz, von denen wir abhängig sind. DieseAbhängigkeiten gelten im Gegensatz z.B. zurAlkoholabhängigkeit nicht als schlecht.Der Grund, warum die Abhängigkeit von Alkoholoder Nikotin als schlecht gilt, ist die verkürzteLebenserwartung und die schlechtere Lebensqualitätdes dauerhaft die Substanz Konsumierenden.Die Medizin unterscheidet zwischen körperlicher undpsychischer (seelischer) Abhängigkeit. Damit istlediglich gemeint, dass nach dauerhaftem Konsumeiner großen Menge Alkohol oder Tranquilizer derkalte (= schlagartige) Entzug lebensgefährlich ist.Auch der Entzug anderer Substanzen kann massivekörperliche Begleiterscheinungen haben. Da beianderen Substanzen der kalte Entzug aber nichtlebensgefährlich ist, sagt die Medizin, sie machtennur psychisch abhängig.Trotzdem sind auch bei anderen Substanzen alsAlkohol und Tranquilizern massive körperlicheReaktionen auf den Substanzentzug möglich. Bekanntist dies vor allem vom Heroin, aber auch viele ärztlichverschriebene <strong>Psychopharmaka</strong> können beim kaltenEntzug heftige körperliche Reaktionen auslösen.Des weiteren ist beim schlagartigen Entzug derSubstanz mit dem Wiedererscheinen desursprünglichen Problems oder Symptoms (z.B.Depression, Angst, Psychose) zu rechnen.Die Unterscheidung zwischen Abhängigkeit undSucht hat nur geringe praktische Bedeutung. Mankann sagen, dass Neuroleptika, Antidepressiva,Lithiumsalze und Antiepileptika nicht süchtig machenkönnen, da nur sehr selten ein Verlangen nach derSubstanzwirkung besteht. Abhängig machen könnensie sehr wohl. Auch die Neuroleptika mit ihrer fastimmer als unangenehm empfundenen Wirkung habensehr viele Konsument/inn/en in die Abhängigkeitgeführt. Und ob das Übel dann Abhängigkeit oderSucht heißt, kann dem Geschädigten letztlich egalsein.Sucht und VersuchungHäufig wird gesagt,"Der Vorteil von Neuroleptika (Antidepressiva,Phasenprophylaktika) ist, dass sie im Gegensatz zuSchlafmitteln oder Tranquilizern nicht abhängigmachen."9Man bedenke:Ein weit verbreiteter Irrtum, der von Seiten der Ärztebewusst gefördert wird, ist: Es gebe einerseitsSubstanzen, die abhängig machen und andererseitsSubstanzen, die nicht abhängig machen.Das ist falsch. Richtig ist:Alles, was eine Wirkung hat,kann abhängig machen.Wirkungslose Substanzen können nicht abhängigmachen.Je besser eine Substanz wirkt, um so höher ist dieGefahr, dass man von ihr abhängig werden kann.Betrachten wir die pharmakologische Wirkung derVolksdroge Alkohol:1. Leidlich gutes Schlafmittel2. Vorzügliches Antidepressivum3. Vorzüglicher Angstlöser4. Wirkt in niedriger Dosierung euphorisierendUnd weil es so eine gute Arznei (Droge,psychoaktive Substanz) ist, genau deswegen sindMillionen Menschen davon abhängig.Nur eine wirkungsvolle Substanz kann eineVersuchung sein. Und das zu häufige Nachgebengegenüber dieser Versuchung führt dann zu dem, waslandläufig Sucht genannt wird.Typische und atypischeNeuroleptikaWas macht ein klassisches Neuroleptikum zumNeuroleptikum? Diese Frage kann man seinem Arzt,seinem Angehörigen, seinem Betreuer usw. alsTestfrage stellen. Falls er sie nicht beantworten kann,soll er/sie sich demnächst nicht mehr so aufblasen. Essind die Bewegungs-Störungen, die ein dämpfendesMittel auslösen muss, um ein Neuroleptikum zu sein.Je stärker die Bewegungsstörung um so höher dieneuroleptische Potenz. Die Bewegungs-Störungendieser Mittel sind also keine „Neben“wirkung, siesind also auch keine unerwünschte Wirkung, sondernsie sind genau das, was man von einem typischenNeuroleptikum haben will.Obwohl das genau so ist, wurde jahrzehntelangsystematisch gelogen, diese Bewegungs-Störungen


seien „Teil ihrer Krankheit“, „eine hysterischeReaktion“, usw.Neuroleptika haben keine spezifischeantipsychotische Wirkung. Sie sind einfach nur sehrstarke Dämpfungsmittel. Die „Psychose“verschwindet fast immer mit der Wiederherstellungausreichenden Schlafs. Neben „psychotischen“Gedanken und Angst werden bei längerem Konsumauch viele erwünschte Fähigkeiten und Interessengedämpft.Zur Klarstellung: Ein noch so starkesnichtklassifiziertes Schlafmittel oder ein noch sostarker Tranquilizer sind so lange keinNeuroleptikum, so lange sie nicht in denBewegungsablauf eingreifen.Klassische Neuroleptika haben neben den für sietypischen Bewegungsstörungen viele andere quälendeund schädigende Wirkungen. Wer sich umfassendkundig machen will, nimmt entweder die Datenbankdes Arzneitelegramms (die CD kostet 50,- €) oder dasBuch „Schöne Neue Psychiatrie“ von Peter Lehmann(2 Bände für 34,80 €).Die Einführung der atypischen Neuroleptika wurdeaus 3 Gründen voran getrieben. Das Leid derPatient/inn/en war kein Grund, wohl aber die fehlendeCompliance 13 . Letztere führte dazu, dass der vonPharmaindustrie und Ärzt/inn/en angestrebtelebenslange Konsum sehr oft durch erfolgreicheeigenmächtige Absetzversuche nicht zu Stande kam.Der zweite Grund waren einige von durchSpätdyskinesien 14 geschädigte US-Bürger, dieSchadensersatz in Millionenhöhe erstritten.Der dritte und wichtigste Grund war der Ablauf desPatentschutzes auf alle klassischen Neuroleptika.Patentschutz – Die Lizenz zumGelddruckenNeue Arzneimittel sind 20 Jahre abPatentanmeldung patentgeschützt. Das bedeutet, nurder Patentinhaber darf dieses Arzneimittel herstellenund einen Preis dafür festsetzen. Egal wie hoch dieserPreis ist, sobald das Medikament zugelassen ist undein Arzt es verschreibt, muss dieser Preis von denKrankenkassen (letztlich also von den Versicherten)bezahlt werden.Da der Patentschutz abläuft, ist es für denPatentinhaber wichtig, innerhalb dieser Laufzeitmöglichst viel zu verkaufen. Nach Ablauf desPatentschutzes darf jede/r das Medikament 15herstellen, die/der eine chemische Fabrik und einVertriebsnetz hat. Die Generikahersteller (=Nachahmer) verlangen einen niedrigeren Preis. DerUmsatz des Originalpräparats bricht ein oder derehemalige Patentinhaber muss massiv den Preissenken.Nachahmerpräparate (Generika) enthalten exakt dengleichen Wirkstoff wie das Original-räparat. Durchandere Zusatzstoffe (Stabilisatoren, Farbstoffe usw.)ist es möglich, dass die Verstoffwechselung andersist. Diese manchmal vorhandene andere Wirkungwird von im Schnitt 5% der Konsument/inn/enbemerkt.Zurück zum Finanziellen: Während derPatentlaufzeit werden Ärzte, hier insbesondere dieMeinungsbildner, massiv finanziell beeinflusst, dasneue Präparat zu verschreiben. Das fängt an beikostenlosem Büromaterial, geht über kostenloseÄrztemuster hin zu pharma-gesponsertenWeiterbildungen und ist bei von der Pharmaindustriebezahlter „Forschung“ noch lange nicht zu Ende.Üblich sind Geschenke von Unterhaltungselektronikaber auch Barzahlungen sowie Überweisungen aufSchweizer Nummernkonten.So erklärt sich, warum in regelmäßigen Abständenfast alle Patient/inn/en einer Psychiatrie plötzlich aufein neues Medikament umgestellt 16 werden.Hierbei kommt den Ärzt/inn/en ein weit verbreiteterIrrturm zu Hilfe. Die Menschen setzen sehr gerne neumit gut gleich. Dabei haben beide Worte überhauptnichts miteinander zu tun. Neu ist neu und gut ist gut.Auch der Nationalsozialismus oder die Pest warenirgendwann neu.Bestechlichkeit der Ärzteschaft und Gutgläubigkeitder Patient/inn/en erzeugen dann z.B. nur bei Zyprexanur in 2006 einen weltweiten Umsatz von 4,36 Mrd.Dollar. Dabei gehört es zu den einkalkuliertenKosten, dass es vor US-Gerichten zu Vergleichenüber 1,2 Mrd. Dollar für das absichtlichverschwiegene Diabetesrisiko kam.13 Je nach Weltanschauung: Zusammenarbeit mit dem Arzt;Unterwerfung unter die ärztliche Herrschaft14 = Spätbewegungsstörungen, das sind dauerhafteSchädigungen des Bewegungsablaufs. Im Gegensatz zuFrühdyskinesien verschwinden sie nicht bei Absetzen desNeuroleptikums.1015 Genauer: den Wirkstoff16 Jede Umstellung ist mit Risiken behaftet.


Atypische NeuroleptikaWenn Bewegungsstörungen das Merkmal derNeuroleptika sind, dann sind stark dämpfende Mittel,die keine Bewegungsstörungen hervorrufen, keineNeuroleptika. Doch keine Angst, dennAmisulprid/Solian: extrapyramidale Symptome 1722%, Akathisie 18 1-10%Risperdal/Risperidon: extrapyramidale Symptome17%, nach Hochdosierungen 34%Seroquel/Quetiapin: Akathisie, Dyskinesie,Dystonie 19 und extrapyramidale Symptome alle ohneEinstufung der HäufigkeitZeldox/Ziprasidon: Akathisie 8%, Blickkrampfhäufig, Dystonie 4%, extrapyramidale Symptome 5%,Tremor 20 häufigZyprexa/Olanzapin extrapyramidale Symptomedosisabhängig bis 19%, Akathisie 6%.Die weiteren Atypika sind Dogmatil/Sulpirid (dasÄlteste), Leponex/Clozapin (das Zweite),Nipolept/Zotepin, Abilify/Aripiprazol (dasZweitjüngste), Invega/Paliperidon (der Benjamin).Serdolect/Sertindol wird wegen gefährlicherHerzrhythmusstörungen nur äußerst seltenverschrieben.Das im Bezug auf Bewegungsstörungen guteAbschneiden in einigen Untersuchungen wurdeerzielt, in dem sehr hohe Dosierungen von z.B.Haloperidol gegen relativ niedrige Dosierungen vonz.B. Zyprexa getestet wurden.Eindeutig dämpfend sind von den Atypika Leponex,Nipolept, Zyprexa, Risperdal und Invega. Diedämpfende Wirkung von Solian und Seroquel istzumindest nicht eindeutig, bei Zeldox und Abilifyerlebt ein relevanter Teil der Konsument/inn/en eineputschende Wirkung bis hin zur Auslösung von„Psychosen“.Die eventuellen Vorteile der Atypika im BereichBewegungsstörungen werden mit erhöhtem Diabetes-Risiko und noch stärkerer Gewichtszunahme als beiden klassischen Neuroleptika erkauft.Ein Pharma-MärchenDie Pharmaindustrie verkauft den armen psychischKranken nicht nur heilsame Medikamente, nein, sieerzählt ihnen und allen anderen Gutgläubigen auchgern das eine oder andere Märchen. Hier ist eins: Alsdie Atypika in Deutschland neu und teuer waren,weigerten sich viele Ärzte und Ärztinnen ihrenPatient/inn/en diese tollen Heilmittel zu verschreiben,weil die bösen Krankenkassen an den Ärmsten derArmen sparen wollten. Diesen Missstand aufzuklären,die Bevölkerung auf zu rütteln und ihren Beitrag zumWohl der psychisch Kranken zu leisten, verschlug esim Jahr des Herrn 2000 eine investigative Journalistin(von Haus aus Biologin) sogar bis ins abgelegeneBochum. Hier wurde ihr gesagt, es handele sich umein Märchen, von interessierten Kreisen lanciert 21 . Siewerde kein einziges Beispiel finden. Ob denn dasnicht eine Story sei?Und wenn sie nicht gestorben ist, recherchiert sienoch heute.DepotneuroleptikaDepotneuroleptika stellen eine besonders perfideForm der psychiatrischen Versklavung dar. Siekönnen nicht ohne Mitwirkung des Arztes reduziertwerden, es sei denn, man riskiert einen gefährlichenkalten Entzug. Sie werden in den Gesäßmuskelgespritzt und über die Dauer von 1 bis 4 Wochenfreigesetzt. Nach der Spritze ist man oft sehr müde,gegen Ende des Depotzeitraums gibt es oft einenleichten Entzug. Wenn man schon dämpfendeSubstanzen nimmt, sollte man sie schwerpunktmäßig(besser noch ausschließlich) abends nehmen.Dämpfende Substanzen dienen der Erzielung vonSchlaf oder der Unterstützung des Tag-Nacht-Rhythmus. Insofern ist es Quatsch, sie in solchenAbständen zu nehmen. Dass der Magen-Darm-Traktdurch Depotneuroleptika weniger als durchTabletten/Tropfen belastet wird, wiegt die Nachteiledieser Verabreichungsform nicht auf.Umrechnung auf Tabletten:1 ml Fluanxol-depot 2%ige Lösung entspricht 20 mg,es gibt auch 10%ige Lösung1 ml Haldol-decanoat entspricht 50 mg HaloperidolRisperdal-Spritzen sind bereits in mg angegeben.Ferner gibt es Lyogen/Dapotum/Fluphenazin-depot(bereits in mg angegeben), Decentan-depot (Angabein mg), Ciatyl-depot (Angabe in mg), Imap-Depotspritzen (hier gibt es keine Tabletten). Und ganzneu: Auch Zyprexa gibt es als Depotspritze.17 Störungen im Bewegungsablauf18 Sitzunruhe, allgemeine motorische Unruhe19 Anhaltende oder zeitweise auftretende unwillkürlicheMuskelanspannungen. Ursache ist eine fehlerhafteAnsteuerung durch das Gehirn.20 Zittern1121 lancieren – hier: groß herausbringen


Ausgewählte Nebenwirkungenhäufig verordneter atypischerNeuroleptika (1) bis (5)Quelle ist die Arzneimitteldatenbank des Arznei-Telegramms, Stand 12-2006.Nebenwirkungen Abilify (Aripiprazol)Sehr häufig (d.h. bei mehr als 10% derKonsument/inn/en)9 Nebenwirkungen verzeichnetAngst 25%, Brechreiz, Erbrechen 12%,extrapyramidale Symptome (= Bewegungsstörungen)15-26%, Kopfschmerzen 32%, Müdigkeit 9-15%,Schlafstörungen 24%, Somnolenz (= abnormeSchläftigkeit) 9-15%, Übelkeit 14%Häufig (d.h. bei 1-10%)56 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Akathisie (= Sitzunruhe) 10%, Appetitlosigkeit,Augenschmerzen, Brustschmerzen, Depression,Diabetes mellitus, Gedächtnisstörung,Gewichtsabnahme, Gewichtszunahme 8%,Harninkontinenz 6%, Hauttrockenheit, Husten 3%,Magen-Darm-Störung, Manie, Obstipation(=Verstopfung), Panikstörung, Schluckauf,Schwächezustand 7%, Tod.Gelegentlich (d.h. bei 0,1 bis 1%)101 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Akne, Arthrose, Blickkrampf, Durst, Herzinfarkt,Karies, Nierenversagen, Schüttelfrost, Spätdyskinesie,Suizidalität, Tinnitus.Selten (d.h. bei weniger als 0,1% derKonsument/inn/en)60 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Bluthusten, Gicht, Lungenembolie, Lungenödem,Schlaganfall, Thrombose.Ferner (d.h. ohne Einstufung)24 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Herzrhythmusstörungen, Muskelschmerz,Rückenschmerzen.49 Tabletten zu 5 mg kosten 361,89 €.Nebenwirkungen Seroquel (Quetiapin)Sehr häufig (d.h. bei mehr als 10% derKonsument/inn/en)12Kopfschmerzen 19%, Müdigkeit 18%,Benommenheit, Somnolenz (= abnormeSchläfrigkeit).Häufig (d.h. bei 1-10%)26 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Angst 5%, Bewusstseinsstörung 1% - ggf. Zeicheneines malignen (= bösartigen) neuroleptischenSyndroms, Blutbildungsstörung, Erregungszustandbis 9%, Fieber 2%, Gewichtszunahme 2%,Hautausschlag 4%, Hypotonie (= niedriger Blutdruck)1-10%, Magen-Darm-Störung, Mundtrockenheit 8%,Obstipation (= Verstopfung) 9%,Ohrenschmerzen 1%, Rückenschmerzen 2%,Schlafstörungen bis 10%, Schwindel 10%,Tachykardie (= Herzrasen) 7%, Therapieabbruchwegen Unverträglichkeit 5%.Gelegentlich (d.h. bei 0,1 bis 1%)7 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Krampfanfälle 0,8%, ThromboseSelten (d.h. bei weniger als 0,1% derKonsument/inn/en)25 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Agranulozytose (= Absterben der weißenBlutkörperchen), Ateminsuffizienz – Einzelbericht:akutes Atemversagen nach Einzeldosis bei einemPatienten mit COPDDiabetes mellitus – Einzelberichte, Grand mal,diabetisches Koma, Leberinsuffizienz – tödlichesLeberversagen, Einzelbericht, Leberschaden –Einzelbericht, Spätdyskinesie, Tod - durch malignesneuroleptisches Syndrom; auffällig erhöhte Mortalitätbei Alterspatienten mit DemenzFerner (d.h. ohne Einstufung)25 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Akathisie (= Sitzunruhe), Diarrhö (= Durchfall),Harninkontinenz, Harnverhaltung,Herzrhythmusstörungen - ggf. Zeichen einesmalignen neuroleptischen Syndroms, Hypomanie,Nierenversagen - ggf. Zeichen eines malignenneuroleptischen Syndroms, Ödem, Verwirrtheit.100 Tabletten zu 25 mg kosten 88,76 €.Nebenwirkungen Zyprexa (Olanzapin)Sehr häufig (d.h. bei mehr als 10% derKonsument/inn/en)13 Nebenwirkungen verzeichnetAggressivität bis 15%, Erregungszustand bis 23%,extrapyramidale Symptome (dosisabhängig bis 19%),Gewichtszunahme - um 7% und mehr vomAusgangswert (17% bzw. 40% bei 1,5- bzw. 12-monatiger Einnahme), Hyperprolaktinämie (= ),


Kopfschmerzen bis 17%, Müdigkeit dosisabhängigbis 39%, Mundtrockenheit bis 13%, Nervosität 15%,Obstipation (= Verstopfung) dosisabhängig bis 15%,Schwächezustand bis 20%, Schwindel dosisabhängigbis 17%, Somnolenz (= abnorme Schläftigkeit) bis39%.Häufig (d.h. bei 1-10%)68 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Abdominalschmerzen 4%, Akathisie (= Sitzunruhe)6%, Angst 9%, Appetitsteigerung 2%,Arzneimittelabhängigkeit 2%, Augenerkrankung 2%,Brustschmerzen 4%, Diarrhö (= Durchfall) 3%, Durst,Dyskinesie, Einschränkung des Reaktionsvermögens,Erbrechen, Fieber 5%, Gedächtnisstörung 2%,Gelenkbeschwerden 2%, Halluzinationen,Harninkontinenz, Harnwegsinfektion, Hautausschlag2%, Husten 5%, Hypotonie (= niedriger Blutdruck)2%, Knöchelödem 2%, Menstruationsstörung 2%,Neurose 1%, Ödem 2%, orthostatische Hypotonie5%, Persönlichkeitsstörung 8%, Rachenentzündungdosisabhängig bis 10%, Rhinitis (= Schnupfen,Nasenschleimhautentzündung) 10%,Rückenschmerzen 4%, Schmerzen 10%,Sprechstörung 4%, Suizidalität, Tachykardie (=Herzrasen) 4%, Tremor bis 7%, Übelkeit bis 9%,Verwirrtheit 1%.Gelegentlich (d.h. bei 0,1 bis 1%)94 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Apnoe, Arthritis, Asthma bronchiale, Augenblutung,Augenentzündung, Augen-schmerzen,Beckenschmerzen, Bluthusten, Blutstuhl, Blutung,Delirium, Diabetes mellitus, Ejakulationsstörung,Ekzem, Gastritis, Gicht, Harnverhaltung, Hörstörung,Impotenz, Koma, Libidosteigerung, Libidoverlust,Migräne, Nasenbluten, Phobie, Schluckstörung,Schüttelfrost, Störung des Geschmacksinns, Tinnitus,Wadenkrämpfe, Zungenödem.Selten (d.h. bei weniger als 0,1% derKonsument/inn/en)60 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Anämie, Glaukom, Herzblock, Herzinfarkt-Verdachtsberichte, Herzkreislaufversagen,Herzrhythmusstörungen-Einzelberichte,Kammerflimmern, Knochenschmerzen,Krampfanfälle, Lungenembolie, malignesneuroleptisches Syndrom, Neuralgie,Niereninsuffizienz, Nierenversagen, akutesNierenversagen, Priapismus, Thrombose, Tod,Venenthrombose,Ferner (d.h. ohne Einstufung)22 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Halsschmerzen, Leberschaden, Schlaganfall (Risikoim Vergleich zu Plazebo dreifach erhöht,insbesondere bei Patienten über 75 Jahre und mitDemenz (0,4% vs. 1,3%).56 Tabletten zu 2,5 mg kosten 137,67 €.Nebenwirkungen Solian (Amisulprid)Sehr häufig (d.h. bei mehr als 10% derKonsument/inn/en)3 Nebenwirkungen verzeichnet:Angst 11%, extrapyramidale Symptome (=Bewegungsstörungen) 22%, Schlafstörungen 14%Häufig (d.h. bei 1-10%)17 Nebenwirkungen verzeichnet:Akathisie (= Sitzunruhe) 1-10%, Brechreiz,Einschränkung des Raktionsvermögens, Erbrechen,Erregungszustand 4%, Galaktorrhö (= Milchfluss)4%, Gewichtszunahme 3%, Hypokinese 1-10%,Magen-Darm-Störung, Müdigkeit 5-10%, Nervosität2%, Obstipation (=Verstopfung), Rigor 1-10%,Speichelfluss 1-10%, Tremor 1-10%, Übelkeit,Unruhezustand 5-10%Gelegentlich (d.h. bei 0,1 bis 1%)6 Nebenwirkungen verzeichnet:Amenorrhö (Ausbleiben der Menstruation) 0,9%,Hyperprolaktinämie (Erhöhung desProlaktinspiegels), Menstruationsstörung 0,9%,Mundtrockenheit, orthostatische Hypotonie (beiWechsel in die aufrechte Körperlage (Orthostase)auftretende Regulationsstörung des Blutdrucks),SchwindelSelten (d.h. bei weniger als 0,1% derKonsument/inn/en)7 Nebenwirkungen verzeichnet:Dystonie – akute, Hypotonie (niedriger Blutdruck),Koma, Krampfanfälle, malignes neuroleptischesSyndrom, Rhabdomyolyse (Auflösung quergestreifterMuskelfasern), Torsade de pointes (spezielle Formeiner Herzrhythmusstörung)Ferner (d.h. ohne Einstufung)23 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Allergische Reaktion, Blickkrampf, Blutdruckabfall,Dyskinesie, EKG-Verämderungen – dosisabhängigeQT-Verlängerung, Fieber – hohes, Impotenz,Orgasmusstörung, Parkinson-Syndrom, Schiefhals,Spätdyskinesie, Zungenschlundsyndrom100 Tabletten zu 50 mg kosten 55,74 €.13


Nebenwirkungen Risperdal (Risperidon)Sehr häufig (d.h. bei mehr als 10% derKonsument/inn/en)6 Nebenwirkungen verzeichnetAngst bis 20%, extrapyramidale Symptome (=Bewegungsstörungen) 17%, nach Hochdosierungen34%, Kopfschmerzen bis 14%, Müdigkeit bis 41%,Obstipation bis 13%, Schlafstörungen – mitSchlaflosigkeit bis 26%, verlängerter 1% oderverkürzter SchlafdauerHäufig (d.h. bei 1-10%)50 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Abdominalschmerzen bis 4%, Aggressivität bis 3%,Appetitlosigkeit 1%, Arthralgie (= Gelenkschmerz)bis 3%, Atemwegsinfektion – obere Atemwege 3%,Brechreiz, Brustschmerzen bis 3%, Depression 1-10%, Durst 1%, Erbrechen bis 7%, Erektionsstörung1%, Erschöpfung 1-10%, Fieber bis 3%,Gewichtszunahme, Hautausschlag bis 5% selten mitBlasen, Hauttrockenheit bis 4%, Husten 3%,Impotenz, Libidoverlust 1%, Polyurie (= krankhafterhöhte Urinausscheidung) 1%, Rachenentzündungbis 3%, Rhinitis (= Schnupfen, Nasenschleimhautentzündung)bis 10%, Rückenschmerzen bis 2%,Schwindel bis 7%, Sehstörungen bis 2%, Tachykardie(= Herzrasen) bis 5%, Übelkeit bis 6%,Zahnschmerzen bis 2%.Gelegentlich (d.h. bei 0,1 bis 1%)67 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Akne, Appetitsteigerung, Blähungen, Blutstuhl,Diabetes mellitus, Diarrhö (= Durchfall), Euphorie,Gastritis, Gedächtnisstörung, Hämorrhoiden,Harninkontinenz, Hautabschälung, Herzinfarkt,Konzentrationsstörung, Krampfanfälle 0,3%,Muskelschmerz, Nasenbluten, Nervosität, Ödem,Schluckstörung, Sprechstörung, Stupor, Tod –insbesondere bei Alterspatienten mit Demenz,Verwirrtheit.Selten (d.h. bei weniger als 0,1% derKonsument/inn/en)98 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:Albträume, Arthritis, Arthrose, Asthma bronchiale,Augenschmerzen, Delirium, EKG-Veränderungen,Harnverhaltung, Hautulkus, Hitzegefühl, Hypomanie,Koma, Leberversagen, Leberschaden, Magen-Darm-Blutung, malignes neuroleptisches Syndrom. Manie -Einzelbericht, Migräne, Niereninsuffizienz,Priapismus, Schiefhals, Schlaganfall insbesondere beiDemenzpatienten, Stottern, Stuhlinkontinenz,Thrombose, Tinnitus, Tod plötzlicher – Herztod,Wadenkrämpfe, Warzen.Ferner (d.h. ohne Einstufung)33 Nebenwirkungen verzeichnet, eine Auswahl:14Frühdyskinesie, Hämatom, Kanzerogenität möglich –bei Nagern nach Hochdosen vermehrtMammakarzinome, Knochenschmerzen,Miktionsstörung, Muskelschwäche, Tumorigenitätmöglich – bei Nagern nach Hochdosierungenvermehrt Hypophysen- und Pankreasadenome.50 Tabletten zu 0,5 mg kosten 64,14 €.Soll ich die <strong>Psychopharmaka</strong>absetzen?Zur Beantwortung dieser Frage gilt es eine Reihevon Umständen gegeneinander abzuwägen. Häufig isteine verbesserte Lebensqualität auch durch einschrittweises Reduzieren der bislang eingenommenen<strong>Psychopharmaka</strong> auf eine niedrigere Dosis zuerlangen. Es gibt nicht nur die zwei Möglichkeitenganz oder gar nicht.Folgende Fragen sollten bei einerEntscheidung berücksichtigt werden1. Wie ist meine Lebensqualität jetzt?2. Wie schlimm war die Ver-rücktheit oderNiedergeschlagenheit, derentwegen ich mitdem <strong>Psychopharmaka</strong>konsum begann?3. Haben die <strong>Psychopharmaka</strong> in derAkutsituation wirklich geholfen oder erfolgteeine Verbesserung meines Zustands erst nachvielen Monaten der Einnahme?4. Ist eine Vorbeugewirkung der<strong>Psychopharmaka</strong> bei mir vorhanden?5. Gibt es Lebensumstände, die mir so auf derSeele liegen, daß es kein Wunder ist, daß esmir schlecht geht?6. Kann (will) ich diese Lebensumständeändern?7. Würde ich diese Lebensumstände ändern,wenn es mir (noch) schlechter ginge?8. Wieviel Energie habe ich bislang in dieÄnderung meines Lebens gesteckt?9. Wieviel Hoffnung habe ich bislang dareingesetzt, daß mir (nur) das richtige“Medikament” hilft?10. Was wären die beruflichen und privatenFolgen einer erneuten Ver-rücktheit(Niedergeschlagenheit)?11. Sind frühere Absetzversuche gescheitert?12. Wenn ja, was ist heute anders und was kannich heute anders machen, daß ich diesmalnicht scheitere?


Bemerkungen zu den Fragen:1) Ist die Lebensqualität gut oder ausgezeichnet,bleibt noch das Argument möglicherLangzeitschäden um abzusetzen. Drogenoder“Medikamenten”freiheit ist kein Wert ansich, man will länger und besser leben. Gehtdas mit <strong>Psychopharmaka</strong>einnahme, soll manes tun.2) Die meisten Ver-rücktheits- oderNiedergeschlagenheitszustände sind nicht soschlimm, als daß sie die vorbeugendeEinnahme hochriskanter Neuroleptika oderAntidepressiva rechtfertigen. Anders sieht esaus, wenn ich mich oder andere massivgeschädigt habe. Dann sollte ich mir vor demBeginn des Absetzens ziemlich sicher sein,daß das nicht wieder passiert.3) Eine Niedergeschlagenheit (Ver-rücktheit),die erst nach vielen Monaten ärztlicherBemühungen verschwindet, hätte genausogutauch ohne diese Bemühungen verschwindenkönnen. Es ist bekannt, daß dieseSeelenzustände auch “von selbst” wieder“verschwinden” können.4) Psychiater/innen behaupten, eineDauermedikation mit Neuroleptika oderLithium habe eine vorbeugende Wirkunggegen Psychosen. Selbst wenn man die imAuftrag der Pharmaindustrie erstelltenStudien, die diese Vorbeugewirkung“beweisen”, ernst nimmt, bleibt doch dieTatsache, daß viele Psychiatrie-Erfahrenetrotz einer prophylaktischen (=vorbeugenden)Medikation immer wieder in der Psychiatrielanden. Wenn also eine Vorbeugewirkung imEinzelfall nicht vorhanden ist, gibt es auchkeinen Grund, die Risiken derDauermedikation in Kauf zu nehmen.5) Psychiater/innen reden lieber überNeurotransmitter oder mysteriöseKrankheiten als über Einsamkeit,Partnerschaftsprobleme, Mobbing,Prüfungsstress, Liebeskummer oder dieSinnlosigkeit des Lebens. Davon verstehtnämlich fast jede/r was. Und dazu braucht esleider auch keine hochbezahlten Spezialisten.6) Wenn ja, dann braucht es nach einerÄnderung vielleicht auch keine Drogen,pardon Medikamente mehr. Oft scheiternAbsetzversuche daran, daß die der Verrücktheitoder Niedergeschlagenheit zugrundeliegenden Probleme nicht gelöst wurden. Oft15haben die <strong>Psychopharmaka</strong> das Problem nuraus dem Blickfeld gedrängt. Aber Vorsicht:Nicht für jedes Problem gibt es eine Lösung.Und: Nicht jedes Problem ist für jedenMenschen lösbar. Besser mit<strong>Psychopharmaka</strong> halbwegs erträglich leben,als nach unüberlegtem Absetzversuch mitnoch mehr <strong>Psychopharmaka</strong> eine massiveEinbuße der Lebensqualität erleiden.7) Wenn nein, in Ordnung. Wenn ja, bedeutetdas, meine Lebensumstände haben etwas mitmeiner Befindlichkeit zu tun. Auch jetztschon, wo es mir (noch) nicht ganz schlechtgeht. Auch jetzt könnte ich an denLebensumständen (Arbeit, Wohnen,Freundschaften, Beziehung, Einsamkeit usw.)etwas verändern. Vorsicht: Verändern istnicht dasselbe wie verbessern.8) Wenn viel: Habe ich die Energie an derrichtigen Stelle investiert? Beispiele: EinenBerufsabschluss oder eine Berufstätigkeitanstreben, der/die für mich selbst inunerreichbarer Ferne liegt. Obwohl die dritteTherapie auch wieder nichts gebracht hat, alleHoffnung darein setzen, daß es die vierteTherapie bringen wird. Wenn wenig oder garkeine: Warum nicht? Gab es wichtigeres zutun? Haben mir die <strong>Psychopharmaka</strong> alleKraft geraubt? War es die Diagnose“psychisch krank”, die mir alleAnstrengungen vergeblich scheinen ließ?9) Wenn viel: Ein Fachmann (Friseur,Installateur, Arzt, Steuerberater) wirddeswegen konsultiert, weil er etwas besserkann als man selbst. Erfolge qualifizieren,nicht ein Berufsabschluß. Seelische undsoziale Probleme zu unheilbaren psychischenKrankheiten umdeuten und davon reden, daßdie Wissenschaft noch nicht so weit sei, kannder blutigste Laie. Erfolge machen denExperten aus und sonst nichts.10) Absetzen bedeutet eine Chance, beinhaltetaber auch ein zusätzliches Risiko. Wenn z.B.eine wichtige Prüfung kurz bevor steht, ichheiraten möchte oder sonst etwas Wichtigesin den nächsten Monaten vorhabe, sollte ichmir überlegen, ob ich diese Vorhaben diesemzusätzlichen Risiko aussetzen will. Wasspricht dagegen, bis nach dem wichtigenEreignis mit dem Absetzen zu warten?11) Wenn nein, in Ordnung. Wenn ja, warum?Diese Frage ist wichtig. Ich setze nicht ab, um


abzusetzen, sondern damit es mir dauerhaftbesser geht.12) Häufigster Fehler ist zu schnelles Absetzen.Je länger der Konsum gedauert hat, um somehr Zeit sollte in das Absetzen investiertwerden. Wer 10 Jahre lang <strong>Psychopharmaka</strong>genommen hat, kann sich durchaus ein Jahrfürs Absetzen Zeit lassen.Nachbemerkung: Drei drogenfreie Monate ohneVer-rücktheit oder Niedergeschlagenheit heißen nichtviel. Ab 12 Monaten ohne <strong>Psychopharmaka</strong> weißman, daß die Entscheidung zum Absetzen nicht völligverkehrt war. Auch nach Monaten oder Jahren derDrogenfreiheit können neue Ver-rücktheits- oderNiedergeschlagenheitszustände auftreten.Wie man von <strong>Psychopharmaka</strong>herunterkommtDieser Beitrag wendet sich an Menschen, die sichaus der <strong>Psychopharmaka</strong>-Abhängigkeit lösen wollen.Dieser Wunsch kann Folge der am eigenen Körperund Geist erlebten “Neben”-Wirkungen sein; er kannaber auch aus der Lektüre kritischer Literaturresultieren, wie z.B. den Büchern von PeterLehmann: (Der chemische Knebel. WarumPsychiater Neuroleptika verabreichen, 1993);(Schöne neue Psychiatrie. Band 1: Wie Chemie undStrom auf Geist und Psyche wirken, 1996; Band 2:Wie <strong>Psychopharmaka</strong> den Körper verändern, 1996);Joseph Zehentbauer: (Chemie für die Seele, 1997)oder Peter Breggin (Giftige Psychiatrie, Band 1 und2, 1997). Mittlerweile erschien 2002 die 2. Auflagedes von Peter Lehmann herausgegebenen Buchs<strong>Psychopharmaka</strong> absetzen. (Erfolgreiches Absetzenvon Neuroleptika, Anti-depressiva, Lithium,Carbamazepin und Tranquilizern, 1998).Diesem Artikel liegen sowohl eigene Erfahrungenwie auch Erfahrungen anderer Menschen zugrunde,sowie die 1986 in der Zeitschrift “Türspalt”erschienene Übersetzung aus “Dr. Caligari’sPsychiatric Drugs”.16Absetzen allein genügt oft nicht<strong>Psychopharmaka</strong> werden wie andere Drogen (VonAlkohol bis zu Kokain und Heroin) hauptsächlich zurBetäubung des Leidens an persönlichen und/odersozialen Problemen eingesetzt. Diese Problemestellen sich während oder nach dem Absetzen dembetroffenen Menschen häufig wieder massiv in denBlick. Wer an unbefriedigenden oder sogarfürchterlichen Verhältnissen leidet, sollte sich überdas eigene “Ausrasten” nicht wundern. Es gibt keinePsychosen, es gibt nur die individuelle Verrücktheit,mit der Menschen auf ihre aktuelle Umwelt,schreckliche Erlebnisse der Vergangenheit oder auchden eigenen Umgang mit sich selbst (z.B.selbstabwertende Gedanken) reagieren. Es kann alsoratsam sein, vor dem Absetzen eine Änderung derLebensumstände (Wohnen, Arbeit, soziale Kontakte)oder des Umgangs mit sich selbst durchzuführen.Plötzliches Absetzenkann gefährlich seinViele Menschen nehmen die erste sich bietendeGelegenheit, um die Einnahme der “Medikamente”zu beenden. Dies ist angesichts der verheerenden“Neben”-Wirkungen verständlich, trotzdem aber


meistens nicht der beste Weg. Typischerweisefördern manche Psychiater/innen diese riskante Formdes Absetzens noch, indem sie auf an den“Medikamenten” geäußerte Kritik mit einemsaloppen “dann lassen Sie sie doch einfach weg”antworten.Bei Tranquilizern (z.B. Valium, Librium,Adumbran, Lexotanil, Tavor) sowie Schlaf- undBeruhigungsmitteln (Sedativa, Barbiturate,Hypnotica) kann es bei plötzlichem Absetzen sogarzu lebensgefährlichen Krampfanfällen kommen.Dies ist bei Lithium, Anti-depressiva oderNeuroleptika nicht der Fall, doch auch hier empfehleich unbedingt einen stufenweisen Entzug. Werjahrelang <strong>Psychopharmaka</strong> geschluckt hat, solltedurchaus einige Monate Zeit investieren. Schließlichhat er/sie der Psychiatrie Jahre eingeräumt, ohne dasseine Problemlösung erfolgte. Warum also von einemanderen Weg Wunder verlangen?Allmählicher und stufenweiserEntzugDer beste und sicherste Weg ist der stufenweiseEntzug. Ein Beispiel: Sie nehmen 200 mg Neurocilpro Tag ein. Der erste Schritt besteht z.B. darin, dieTagesdosis auf 175 mg zu verringern. Dann eine bissechs Wochen abwarten, ob sichEntzugserscheinungen einstellen. Wenn nicht, dieTagesdosis auf 150 mg verringern. Wieder eine bissechs Wochen abwarten. Falls wiederum keineEntzugserscheinungen zu spüren sind, den nächstenSchritt vornehmen usw. Sollten sichEntzugserscheinungen einstellen, wie z.B. Unruheoder Schlaflosigkeit, abwarten, bis diese abgeklungensind, bevor Sie daran denken, den nächstenAbsetzschritt vorzunehmen.Werden die Entzugserscheinungen unerträglich, sodass Sie ein neuerliches “Ausrasten” befürchten,lieber zu einer vorhergehenden Stufe des Entzugszurückkehren. Eine momentane Erhöhung derDrogeneinnahme ist auf jeden Fall einemAnstaltsaufenthalt mit einem vielfachen der Dosisder “freiwillig” eingenommenen “Medikamente“vorzuziehen.Es kann auch sein, dass der erste Teil des Entzugsvöllig problemlos verläuft, dass jedoch beimAbsetzen der letzten Tablette (in diesem Beispiel 25mg Neurocil) Schwierigkeiten auftreten. Hier ist essinnvoll, den letzten Schritt nochmals zu unterteilen.Ein Beispiel: Zuerst auf eine ¾ 25 mg Tabletteheruntergehen, abwarten - wenn keineEntzugserscheinungen auftreten auf ½ Tablette usw.Bei Tabletten, die sich nicht unterteilen lassen, kannman jeden 5. Tag die Tablette weglassen,anschließend jeden 4. Tag ... wenn man jeden 2. Tagdie Tablette nimmt, kann dazu übergegangen werden,sie jeden 3. Tag zu nehmen, dann jeden 4. Tag usw.So kann der Entzug auch bei Niedrigdosierungennoch in vielen Stufen erfolgen.Entzug von Depot- SpritzenDepotspritzen stellen eine besonders perfide Formder Abhängigmachung dar. Hier ist eine Reduktionnur unter Mithilfe des Psychiaters / der Psychiaterinmöglich. Auch hier gilt die Regel: Schrittweise dieDosis reduzieren - als letzten Schritt die Abständezwischen den Depot–Spritzen verringern. UnterUmständen ist auch als erster Schritt der Umstieg aufTabletten zu empfehlen, da sich diese besser nachdem momentanen Befinden dosieren lassen.Wenn der Psychiater / die Psychiaterin nichtmitspielt: Jeder Arzt und jede Ärztin darfNeuroleptika und andere <strong>Psychopharmaka</strong>verschreiben. Da es für viele Menschen beruhigendwirkt, einen “Fach”-Menschen während des Entzugsals Ansprechpartner/in zu haben, sollte ein eventuellnotwendiger Arztwechsel vor Beginn des Entzugserfolgen. Oft kann - nicht nur bei Depot–Spritzen -Unterstützung durch eine/n Heil-praktiker/in sinnvollsein. Auch bei verschiedenen Meditations- undYogaarten gibt es ermutigende Berichte.Kann man während odernach einem Entzug durchdrehen?Ja. Auch Monate oder Jahren nach einemerfolgreichen Entzug ist ein erneutes “Ausrasten”möglich. Wenn Gespräche mit Freund/inn/en keineErleichterung verschaffen oder nicht möglich sind, istdie Einnahme einer Tablette oft ein kleineres Übel alsder Anstaltsaufenthalt. Wohlgemerkt: Ein kleineresÜbel.In der psychiatrischen Literatur ist bekannt, dassauch kleinste Dosen Neuroleptika in Einzelfällenlebens-gefährliche Zungen–Schlund–Krämpfeauslösen können. Andererseits ist auch einAnstaltsaufenthalt mit vielen Nachteilen und fastimmer mit “Medikation” verbunden. Wer sich voneiner hohen Dosis “Medikamente” auf Null dosierthat, wird oftmals erstaunt feststellen, wie stark eineganze oder halbe Tablette auf einen giftfreien Körperwirkt.17


UmweltfaktorenEs ist sehr wichtig, während des “Medikamenten” -Entzugs eine stabile Lebenssituation zu haben. Siekönnen sich glücklich schätzen, wenn Sie unterMenschen sind, die das Wesen des “Medikamenten” -Entzugs verstehen und Ihre Anstrengungenunterstützen. Wenn Sie unter Menschen sein müssen,die ihre Entscheidung missbilligen, von den“Medikamenten” loszukommen: Bestehen Sie darauf,dass diese Ihr Recht dazu respektieren. Natürlich istes besser, wenn Sie während des Entzugs für sichalleine als mit nicht–mitfühlenden oder feindlicheingestellten Menschen zusammen sind. VieleMenschen sind allein von den “Medikamenten”losgekommen.NachbemerkungDieser Text bezieht sich vorwiegend auf denNeuroleptika–Entzug. Viele der darin gemachtenAussagen sind aber ohne weiteres auf andere<strong>Psychopharmaka</strong>–Klassen wie Tranquilizer, Lithium,Antidepressiva und Barbiturate übertragbar. BeiBarbituraten und Tranquilizern hat sogar die “natur”-wissenschaftliche Medizin inzwischen teilweiseeingesehen, dass diese suchtbildend sind und bietetden Entzug in eigenen Kliniken an. Es ist allerdingsGeschmacksfrage, ob man sich dem medizinisch –industriellen Komplex, der die Sucht erst erzeugt hat,ein weiteres Mal anvertrauen möchte.Ein starkes Argument gegen jedwede<strong>Psychopharmaka</strong> und für einen Entzug ist, dassMenschen unter <strong>Psychopharmaka</strong> verlernen, ihreGefühle und Gedanken zu steuern. Dies muss beimEntzug unter Umständen erst wieder gelernt werden.Ein weiteres wichtiges Argument für langsamesAbsetzen: Das Auftreten der bislang unbehandelbarenSpätdyskinesien (Spätbewegungsstörungen) wirddurch rasches Absetzen begünstigt.Also: langsam!Ein kurzer Blick in die GeschichteWir erinnern daran, dass Ärzteschaft undPharmaindustrie ab etwa 1830 Morphium als “nichtabhängig-machendenErsatz” für Opium propagierten.Ab etwa 1860 wurde Heroin als “nicht-abhängigmachenderErsatz” für Opium und Morphiumpropagiert. Bis 1917 wurde Heroin im deutschenReich über Apotheken vertrieben. In den 60er Jahrendes letzten Jahrhunderts propagierten Ärzteschaft undPharmaindustrie die Tranquilizer (Valium, Tavor,Adumbran usw.) als “nicht-abhängig-machenderErsatz” für die Barbiturate an. Erst als die Illustriertenab Anfang der 80er Jahre ausführlich über süchtiggewordene Patient/inn/en berichteten, wurde in derMedizin eine Diskussion über dieses Problem geführt.Heutzutage sind “atypische” Neuroleptika und diesogenannten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer beiden Antidepressiva der Verkaufsschlager. LautAussage der Medizin machen sie im Gegensatz zuden Tranquilizern nicht abhängig.Die Hetzjagd auf Opiat- und Haschisch-Konsument/inn/en begann in den 30er-Jahren nachder gescheiterten amerikanischen Prohibition. Deramerikanische Präsident F.D. Roosevelt hatte zwardas Alkoholverbot aufgehoben, doch dieRauschgiftdezernate wurden nicht aufgelöst undsuchten sich neue Aufgaben.Das WichtigsteDa jeder Mensch anders ist, lässt sich nichtsverallgemeinern. Jede/r muss selbst herausfinden,was ihr/ihm gut tut. Dazu ist eine gewisseSelbstbeobachtung notwendig, die erlernbar ist.Der häufigste FehlerMan fühlt sich bereits nach dem ersten oder zweitenSchritt des Absetzens besser. Man denkt: Wie gutmuss es mir erst gehen, wenn ich gar nichts mehrnehme? Der Rest der “Medikamente” wird schlagartig(oder auch nur zu schnell) abgesetzt, man dreht durch,oft mit erneutem Anstaltsaufenthalt.18


Warum seelische Probleme keineKrankheit sind1) Beschreibung, was Krankheit ist:Um sinnvoll im medizinischen Sinn von einerKrankheit zu sprechen, müssen die BEIDENfolgenden Bedingungen erfüllt sein:a) es muss eine objektivierbare Veränderungdes Körpergewebes oder vonKörperflüssigkeit vorhanden sein, wie siez.B. bei der forensischen Untersuchungeiner Todesursache festgestellt werden.b) die Person, die eine Krankheit hat, mussdarunter subjektiv leiden, bzw. glauben,dass sie leiden wird, d.h. sie muss denaugenblicklichen Zustand zumindest fürunangenehm halten und ihn abändernwollen. Das ist außerdem dieVoraussetzung dafür, dass so etwas wie"Therapie" stattfinden kann.2) Es gibt keine Krankheit, wenn nicht beideKriterien a) und b) erfüllt sind, denn:• wenn keins der beiden Kriterien erfüllt ist,kann es sich nur um eine Verwendung desWortes "Krankheit" als Metapher handeln:z.B. ein "kranker" Witz, oder die Wirtschafthat eine "Krankheit".• wenn a) gilt, aber nicht b), dann haben dieÄrzte eben eine Diagnose und einBetätigungsfeld verloren: z.B. wurden kleingewachsene Menschen unter einerbestimmten Größe einfach als "krank" an der"Kleinwüchsigkeit" bezeichnet. Das ist allesvorbei in dem Moment, wo viele kleineMenschen sagen, dass die Zwerge einwesentlicher Bestandteil der Menschheit sind,nix von wegen Leiden. Ein anderes Beispielsind Gehörlose: in dem Moment, wo sie sichals Anderssprachige organisieren, ist es mitdem "Leiden" vorbei und damit mit derMöglichkeit, Taubheit eine "Krankheit" zunennen.• wenn b) gilt aber nicht a), dann wäre es alleinder subjektiven Empfindung anheim gestellt,ob jemand eine Krankheit hat oder nicht. Dieentsprechenden weit reichendenKonsequenzen ist sicherlich bisher keineGesellschaft gewillt zu ziehen, denn es hieße,dass einerseits jede/r sich selbst dieKrankschreibung unterschreiben könnte undandererseits die wesentliche Funktion derÄrzte zusammenbräche, dass- im Gegensatzzur bisherigen (Schul)Medizin - nicht mehrUntersuchungen und eine Diagnosewesentlich wären, sondern jedeBefindlichkeits-Quacksalberei den Vorranghätte.3) Die angeblich existierende "psychischeKrankheit" kann weder die Bedingung a)noch b) erfüllen - obwohl schon das Fehlender Erfüllung einer der beidenBedingungen diese angeblichen"Diagnosen" bei einer Kandidatur für"Krankheit" durchfallen lassen würde(siehe 1.2) denn:• es gibt keine objektivierbaren GewebeVeränderungen. Wie jede/r weiß, wird wederein Bluttest, noch ein Hirnscan, noch einemikroskopische, Röntgen- oderUltraschalluntersuchung (oder womöglich ein"Gentest") gemacht, um irgendeine derpsychiatrischen Verleumdungs-Diagnosen zustellen.• es kann kein "Leiden" vorliegen, das ja miteinen Wunsch nach Veränderung einhergeht,wenn in psychiatrischen Gefängnissenregelmäßig Menschen eingesperrt werden.Diese sind logischerweise deswegeneingesperrt, weil sie nicht freiwillig dort sindund sonst weggehen würden und sich damitden psychiatrischen Foltermethoden wieFesseln ans Bett, zwangsweise Penetrationmit der Spritze, Elektroschocken usw. unddem ständigen Anblick dieser faschistoidenMethoden entziehen würden. Vielmehrwerden die eingesperrten Menschen durch diePsychiatrie zu Leidenden gemacht, indem sieerniedrigt und entwürdigt werden, ihr Willegebrochen werden soll, sie mitFoltermethoden unter Geständniszwanggesetzt werden, endlich "krankheits"-einsichtig zu werden, um damit imnachhinein das ganze Martyrium als"medizinische" Behandlung bezeichnen zukönnen.4) Fazit: Es handelt sich bei den Worten"psychische Krankheit" um dieVerwendung einer Metapher, also nur umWorte, keinen Sachverhalt oder eineTatsache.19


Warum der Psychiater nicht zumReden da ist„Psychiater reden nicht, Psychiater handeln.“„Womit handeln sie, die Psychiater“?„Na mit unseren Seelen natürlich. Sie geben unsBetäubungsmittel, damit wir nichts merken und dann,am Ausgang, greifen sie unsere Seelen ab.“„Was machen sie dann damit, mit unseren Seelen“?„Die verkaufen sie an die Pharmaindustrie, die sie fürWerbezwecke nutzt.“Nach diesem Gespräch ging Nikolas trotzdem zumArzt, zu einem Psychiater. Er hatte nämlich, was erbisher noch nicht erwähnte, seit geraumer Zeit schon,Schmerzen an der Seele. Er betrat die Arztpraxis,stürzte dem Weißbekittelten entgegen, hielt die Händeauf und rief: „Was gibst Du mir für meine Seele?“Der Arzt lies alsdann drei kräftige Helfer kommen,die ihn gar zappelnd hernieder drückten und ihm einLied vorbrummelten um die Wartezeit zu verkürzen.Noch bevor er in den Krankenwagen geraten war,noch bevor er den Ausgang des Arztes passiert hatte,hatten sie ihm schon das Mittel verabreicht. SeineSeele war zurückgeblieben, der Schmerz war noch da.Immer wieder beklagen Psychiatrie-Erfahrene die„gesprächslose Psychiatrie“ oder die Tatsache, dassihr Psychiater nicht mit ihnen redet.Was aber haben wir zu erwarten?Die Psychiatrie ist eine medizinischbiologistischbegründete InstitutionDie Grundzüge der modernen Psychiatrie lassensich auf wenige Konzepte zurückführen. WilhelmGriesinger hatte Mitte des 19. Jahrhunderts mit derThese, seelische Erkrankungen seien Erkrankungendes Gehirns, die wichtigste Grundlage der modernenPsychiatrie formuliert.Die Einführung der Neuroleptika in den 50er Jahrenhat die biologische These noch verstärkt. DassNeuroleptika den Transmitterstoffwechsel lähmen,wurde seinerzeit in Tierversuchen festgestellt, indemman die Tiere nach der Neuroleptikagabe umbrachteund ihre Hirne sezierte. Da auch Menschen nach derNeuroleptikagabe merklich ruhiger und handhabbarerwerden, wagte man den Rückschluss, dass dieverhaltensauffälligen Mitgenossen, zuvor einemTransmitterüberschuss unterlagen. Natürlich war esschwierig am lebenden Menschen den Nachweis zuerbringen.Und dennoch, die These reicht um uns bis heute zuverwirren: Mit der Behauptung der sogenannte„Psychisch Kranke“ leide an einerTransmitterstoffwechselstörung, gibt es keine andereMöglichkeit der Behandlung als eben diese Pillen.20Dass es in der Psychiatrie keinen einzigen Test fürdiese Krankheit gibt, beirrt die Arzt-Gläubigen nicht.Und selbst wenn es stimmt, dass seelischeVerwirrung etwas zu tun hat mit Transmittern, mussnoch die Frage nach der Henne und dem Ei geklärtwerden. Schließlich behaupten ja die Biologen, wirhätten erst Angst und würden dann etwas ausschütten,was uns hilft aktiv genug für die Flucht zu werden.Nur aufgrund dieser Neuroleptikageschichtebehaupten Psychiater das Gegenteil. Also erst dieTransmitter, dann die Angst. Dementsprechend lohntsich auch das Gespräch mit dem Patienten höchstensals Beweis der Mitmenschlichkeit.Psychiater sind KörpermedizinerPsychiater ist der Titel eines Arztes mitpsychiatrischer Facharztausbildung. Als solcherbeschäftigt er sich mit der Diagnose, Behandlung undErforschung von Erkrankungen. Der Psychiater istalso erst einmal Mediziner, wie jeder andere Arzt. Erbefasst sich im Studium mit dem Körper desMenschen.Auch erwartet das System, in welches der Psychiatereingebunden ist nichts anderes als medizinischeLeistungen von ihm. Für Gespräche o.A. wird er nichtbezahlt.Geist und Seele sind dem Psychiaternicht zugänglichWie können wir uns das vorstellen, mit dem Geist,der Seele und der Psyche? Macht es einenUnterschied, ob wir die Seele mit dem Geiste oder diePsyche mit der Seele betrachten?Vielleicht lässt sich die Psyche grob unterteilen inGeist und Seele, dem rationalen und dem emotionalenTeil des Menschen. Rational und emotional sind dannwohl auch unsere Krisen:Veränderte Bedeutungsgebungen, veränderteErlebensweisen, verändertes Verhalten.Wir gehen sogar noch weiter und sagen, unsereKrisen haben einen Grund und einen Sinn.Warum also gehen wir damit zu einem Arzt? Wennwir ein psychisches Problem haben, brauchen wirnicht zu erwarten, dass uns ein Körpermediziner hilft,oder?„Und warum reden Psychiater nicht?“„Naja,SIE KÖNNEN ES NICHTSIE HABEN ES NICHT GELERNTSIE WOLLEN ES NICHTSIE GLAUBEN NICHT DARANUND SIE KRIEGEN ES NICHT BEZAHLT“


Literatur zum Thema<strong>Psychopharmaka</strong>Um sich zum Thema <strong>Psychopharmaka</strong> kundig zumachen, empfehle ich wärmstens:Josef Zehentbauer - Chemie für die Seele, 10. Aufl.2006, 19,90 Euro.Das Buch ist für Laien gut verständlich, es ist sehrübersichtlich. Die <strong>Psychopharmaka</strong> werden nachKlassen (Neuroleptika, Antidepressiva usw.)abgehandelt. Tabellen innerhalb einer Klasseerleichtern die Einordnung und Vergleichbarkeit einesPsychopharmakons mit anderen <strong>Psychopharmaka</strong>. EinMedikamenten- und Wirkstoffregister erleichtert dasAuffinden einer bestimmten Substanz.Am lohnendsten von all diesen Werken ist aber“Chemie für die Seele”. Man kann sich hier auch aufdie Lektüre einzelner Kapitel beschränken. Diese sindin sich abgeschlossen.Das Buch ist kritisch aber nicht radikal. Der Autorist Arzt und Psychotherapeut mit eigener Praxis inMünchen. Das Buch steht in fast jeder Stadtbücherei.Die psychiatrische Sicht ist am knappsten undklarsten in Asmus Finzens -Medikamentenbehandlung bei psychischenStörungen dargestellt. Dieses Buch kostet 14,90Euro. Auch hier bietet die Stadtbücherei eine guteChance.Die möglichen Schäden des<strong>Psychopharmaka</strong>konsums beschreibt Peter Lehmannsehr ausführlich in den 2 Bänden von Schöne NeuePsychiatrie. Das Buch ist eher ein Lexikon undkostet 34,80 Euro.Zum Absetzen siehe unsere hier veröffentlichtenAnleitungen und Peter Lehmann (Hg.) -<strong>Psychopharmaka</strong> absetzen, 3. Aufl. 2008 für 19,90Euro.Die Einflußnahme der Pharmakonzerne auf dieVerschreibungspraxis der Ärzt/inn/e/n ist in KurtLangbein u.a. - Gesunde Geschäfte, Die Praktikender Pharmaindustrie, Köln 1981 beschrieben.Leider ist das Buch vergriffen. Etwas schwächer, aberim Buchhandel erhältlich ist Jörg Blech – DieKrankheitserfinder für 8,90 €. Die Bibel zumThema Einflussnahme der Pharmakonzerne istMarcia Angell – Der Pharmabluff, Wie innovativdie Pharmaindustrie wirklich ist für 24,80 €. DieÄrztin und renommierte Medizinjournalistinentzaubert am Beispiel USA den Mythos einerBranche. Sie räumt mit dem Märchen auf, dass diehohen Arzneimittelpreise durch die Forschungs- undEntwicklungskosten begründet sind.21STAND : Mai 2010Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, Wittener Str. 87, 44 789Bochum. Erstkontakt und Beratung: 0234 / 68 70 5552.<strong>Psychopharmaka</strong>-Beratung 0234 / 640 5102www.bpe-online.de, kontakt-info@bpe-online.de.Dieses Papier steht unter www.psychiatrie-erfahrene-nrw.de, dortLesenswertes, im Internet.

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