abzusetzen, sondern damit es mir dauerhaftbesser geht.12) Häufigster Fehler ist zu schnelles Absetzen.Je länger der Konsum gedauert hat, um somehr Zeit sollte in das Absetzen investiertwerden. Wer 10 Jahre lang <strong>Psychopharmaka</strong>genommen hat, kann sich durchaus ein Jahrfürs Absetzen Zeit lassen.Nachbemerkung: Drei drogenfreie Monate ohneVer-rücktheit oder Niedergeschlagenheit heißen nichtviel. Ab 12 Monaten ohne <strong>Psychopharmaka</strong> weißman, daß die Entscheidung zum Absetzen nicht völligverkehrt war. Auch nach Monaten oder Jahren derDrogenfreiheit können neue Ver-rücktheits- oderNiedergeschlagenheitszustände auftreten.Wie man von <strong>Psychopharmaka</strong>herunterkommtDieser Beitrag wendet sich an Menschen, die sichaus der <strong>Psychopharmaka</strong>-Abhängigkeit lösen wollen.Dieser Wunsch kann Folge der am eigenen Körperund Geist erlebten “Neben”-Wirkungen sein; er kannaber auch aus der Lektüre kritischer Literaturresultieren, wie z.B. den Büchern von PeterLehmann: (Der chemische Knebel. WarumPsychiater Neuroleptika verabreichen, 1993);(Schöne neue Psychiatrie. Band 1: Wie Chemie undStrom auf Geist und Psyche wirken, 1996; Band 2:Wie <strong>Psychopharmaka</strong> den Körper verändern, 1996);Joseph Zehentbauer: (Chemie für die Seele, 1997)oder Peter Breggin (Giftige Psychiatrie, Band 1 und2, 1997). Mittlerweile erschien 2002 die 2. Auflagedes von Peter Lehmann herausgegebenen Buchs<strong>Psychopharmaka</strong> absetzen. (Erfolgreiches Absetzenvon Neuroleptika, Anti-depressiva, Lithium,Carbamazepin und Tranquilizern, 1998).Diesem Artikel liegen sowohl eigene Erfahrungenwie auch Erfahrungen anderer Menschen zugrunde,sowie die 1986 in der Zeitschrift “Türspalt”erschienene Übersetzung aus “Dr. Caligari’sPsychiatric Drugs”.16Absetzen allein genügt oft nicht<strong>Psychopharmaka</strong> werden wie andere Drogen (VonAlkohol bis zu Kokain und Heroin) hauptsächlich zurBetäubung des Leidens an persönlichen und/odersozialen Problemen eingesetzt. Diese Problemestellen sich während oder nach dem Absetzen dembetroffenen Menschen häufig wieder massiv in denBlick. Wer an unbefriedigenden oder sogarfürchterlichen Verhältnissen leidet, sollte sich überdas eigene “Ausrasten” nicht wundern. Es gibt keinePsychosen, es gibt nur die individuelle Verrücktheit,mit der Menschen auf ihre aktuelle Umwelt,schreckliche Erlebnisse der Vergangenheit oder auchden eigenen Umgang mit sich selbst (z.B.selbstabwertende Gedanken) reagieren. Es kann alsoratsam sein, vor dem Absetzen eine Änderung derLebensumstände (Wohnen, Arbeit, soziale Kontakte)oder des Umgangs mit sich selbst durchzuführen.Plötzliches Absetzenkann gefährlich seinViele Menschen nehmen die erste sich bietendeGelegenheit, um die Einnahme der “Medikamente”zu beenden. Dies ist angesichts der verheerenden“Neben”-Wirkungen verständlich, trotzdem aber
meistens nicht der beste Weg. Typischerweisefördern manche Psychiater/innen diese riskante Formdes Absetzens noch, indem sie auf an den“Medikamenten” geäußerte Kritik mit einemsaloppen “dann lassen Sie sie doch einfach weg”antworten.Bei Tranquilizern (z.B. Valium, Librium,Adumbran, Lexotanil, Tavor) sowie Schlaf- undBeruhigungsmitteln (Sedativa, Barbiturate,Hypnotica) kann es bei plötzlichem Absetzen sogarzu lebensgefährlichen Krampfanfällen kommen.Dies ist bei Lithium, Anti-depressiva oderNeuroleptika nicht der Fall, doch auch hier empfehleich unbedingt einen stufenweisen Entzug. Werjahrelang <strong>Psychopharmaka</strong> geschluckt hat, solltedurchaus einige Monate Zeit investieren. Schließlichhat er/sie der Psychiatrie Jahre eingeräumt, ohne dasseine Problemlösung erfolgte. Warum also von einemanderen Weg Wunder verlangen?Allmählicher und stufenweiserEntzugDer beste und sicherste Weg ist der stufenweiseEntzug. Ein Beispiel: Sie nehmen 200 mg Neurocilpro Tag ein. Der erste Schritt besteht z.B. darin, dieTagesdosis auf 175 mg zu verringern. Dann eine bissechs Wochen abwarten, ob sichEntzugserscheinungen einstellen. Wenn nicht, dieTagesdosis auf 150 mg verringern. Wieder eine bissechs Wochen abwarten. Falls wiederum keineEntzugserscheinungen zu spüren sind, den nächstenSchritt vornehmen usw. Sollten sichEntzugserscheinungen einstellen, wie z.B. Unruheoder Schlaflosigkeit, abwarten, bis diese abgeklungensind, bevor Sie daran denken, den nächstenAbsetzschritt vorzunehmen.Werden die Entzugserscheinungen unerträglich, sodass Sie ein neuerliches “Ausrasten” befürchten,lieber zu einer vorhergehenden Stufe des Entzugszurückkehren. Eine momentane Erhöhung derDrogeneinnahme ist auf jeden Fall einemAnstaltsaufenthalt mit einem vielfachen der Dosisder “freiwillig” eingenommenen “Medikamente“vorzuziehen.Es kann auch sein, dass der erste Teil des Entzugsvöllig problemlos verläuft, dass jedoch beimAbsetzen der letzten Tablette (in diesem Beispiel 25mg Neurocil) Schwierigkeiten auftreten. Hier ist essinnvoll, den letzten Schritt nochmals zu unterteilen.Ein Beispiel: Zuerst auf eine ¾ 25 mg Tabletteheruntergehen, abwarten - wenn keineEntzugserscheinungen auftreten auf ½ Tablette usw.Bei Tabletten, die sich nicht unterteilen lassen, kannman jeden 5. Tag die Tablette weglassen,anschließend jeden 4. Tag ... wenn man jeden 2. Tagdie Tablette nimmt, kann dazu übergegangen werden,sie jeden 3. Tag zu nehmen, dann jeden 4. Tag usw.So kann der Entzug auch bei Niedrigdosierungennoch in vielen Stufen erfolgen.Entzug von Depot- SpritzenDepotspritzen stellen eine besonders perfide Formder Abhängigmachung dar. Hier ist eine Reduktionnur unter Mithilfe des Psychiaters / der Psychiaterinmöglich. Auch hier gilt die Regel: Schrittweise dieDosis reduzieren - als letzten Schritt die Abständezwischen den Depot–Spritzen verringern. UnterUmständen ist auch als erster Schritt der Umstieg aufTabletten zu empfehlen, da sich diese besser nachdem momentanen Befinden dosieren lassen.Wenn der Psychiater / die Psychiaterin nichtmitspielt: Jeder Arzt und jede Ärztin darfNeuroleptika und andere <strong>Psychopharmaka</strong>verschreiben. Da es für viele Menschen beruhigendwirkt, einen “Fach”-Menschen während des Entzugsals Ansprechpartner/in zu haben, sollte ein eventuellnotwendiger Arztwechsel vor Beginn des Entzugserfolgen. Oft kann - nicht nur bei Depot–Spritzen -Unterstützung durch eine/n Heil-praktiker/in sinnvollsein. Auch bei verschiedenen Meditations- undYogaarten gibt es ermutigende Berichte.Kann man während odernach einem Entzug durchdrehen?Ja. Auch Monate oder Jahren nach einemerfolgreichen Entzug ist ein erneutes “Ausrasten”möglich. Wenn Gespräche mit Freund/inn/en keineErleichterung verschaffen oder nicht möglich sind, istdie Einnahme einer Tablette oft ein kleineres Übel alsder Anstaltsaufenthalt. Wohlgemerkt: Ein kleineresÜbel.In der psychiatrischen Literatur ist bekannt, dassauch kleinste Dosen Neuroleptika in Einzelfällenlebens-gefährliche Zungen–Schlund–Krämpfeauslösen können. Andererseits ist auch einAnstaltsaufenthalt mit vielen Nachteilen und fastimmer mit “Medikation” verbunden. Wer sich voneiner hohen Dosis “Medikamente” auf Null dosierthat, wird oftmals erstaunt feststellen, wie stark eineganze oder halbe Tablette auf einen giftfreien Körperwirkt.17