Der an<strong>de</strong>re BlickBerlin› Meine LieblingsstadtVolha Siamaschko <strong>aus</strong> Minsk<strong>de</strong>r Hauptbahnhof unsere Träume vonWürstchen und Pommes zu realisieren.So ist <strong>de</strong>r Bahnhof auch mein Lieblingsrestaurantgewor<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m habeich am Hauptbahnhof Bücher, Kleidung,Schmuck und natürlich auch Fahrkartengekauft. Letztlich ist <strong>de</strong>r Bahnhof <strong>zum</strong>einem Lieblingswarenh<strong>aus</strong> gewor<strong>de</strong>n.Fotos: dpa Picture - Alliance, privat<strong>Die</strong> Friedrichstraße in Berlin››Wie sehen junge Menschen Deutschland? In <strong>de</strong>r Rubrik „Der an<strong>de</strong>reBlick“ schreiben junge Leute <strong>aus</strong> Osteuropa, was ihnen an Deutschlandauffällt. <strong>Die</strong>smal ist es die 27-jährige Belarussin Volha Siamaschko <strong>aus</strong>Minsk, die im Herbst 2007 beim Programm „Journalisten International“ inBerlin mitmachte.In Deutschland wun<strong>de</strong>re ich michimmer über Berlin. Ich habe dasGefühl, dass ich je<strong>de</strong>s Mal wie<strong>de</strong>r einean<strong>de</strong>re Stadt besuche. <strong>Die</strong> Deutschensagen selbst, dass „Berlin nimmer ist,son<strong>de</strong>rn immer nur wird“. In dieser immerwer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Stadt habe ich meineLieblingsorte, Lieblingsmenschen undLieblingstiere während meines dreimonatigenAufenthaltes gefun<strong>de</strong>n.Berlin-HauptbahnhofMein Lieblingsort ist <strong>de</strong>r Berliner Hauptbahnhof.Das nicht nur <strong>de</strong>shalb, weil ichvon dort <strong>aus</strong> nach H<strong>aus</strong>e o<strong>de</strong>r irgendwohinfahren kann. Einmal am Sonntag, alsalle Lebensmittelgeschäfte wie immergeschlossen waren, rettete mich <strong>de</strong>rHauptbahnhof vor <strong>de</strong>m Hungertod. So ist<strong>de</strong>r Bahnhof für mich mein Lieblingslebensmittelgeschäftgewor<strong>de</strong>n. An eineman<strong>de</strong>ren Tagarbeiten gehenhaben meineohne Bezahlung, kostenlosFreundin undMini-Straßen-Restaurantich sehr lan-niege nach einer<strong>de</strong>r Mund bei TierenImbissbu<strong>de</strong>gesucht. Wie-wer nie <strong>aus</strong> <strong>de</strong>m H<strong>aus</strong> geht<strong>de</strong>r half unsArbeit nachgehen, <strong>de</strong>rgratisImbissbu<strong>de</strong>, -n, dienimmerSchnauze, -n, diestreiken die Arbeit verweigern, um For<strong>de</strong>rungen durchzusetzenStubenhocker, -, <strong>de</strong>rLokführerEin junger Mann erzählte mir, er wollegern ein Lokomotivführer sein. Ichhabe gelacht, aber seine Aussageüberraschte mich nicht. In <strong>de</strong>n letztenMonaten ist <strong>de</strong>r Beruf <strong>de</strong>s Lokführers inDeutschland populär gewor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>nMassenmedien sind die Lokführer bekanntwie Superstars. Früher gingen dieMänner unauffällig ihrer Arbeit nach undfuhren ihre Lokomotiven. Jetzt habenLokführer ein neues Hobby – sie streiken.Sie wollen mehr Geld. Gleichzeitighaben die Fahrgäste gratis ein neuesHobby dazubekommen – sie suchennach alternativen Fahrmöglichkeiten,wenn S-Bahnen und Regionalzüge nichtfahren. Problematisch ist nur, dassselbst die Lokführer oft nicht wussten,wann es einen Hobbytag o<strong>de</strong>r einenArbeitstag geben sollte. <strong>Die</strong>ses Chaosgefiel mir. So wur<strong>de</strong>n die Lokführer undFahrgäste <strong>de</strong>r Deutschen Bahn zu meinenLieblingsmenschen.Gar keine H<strong>aus</strong>tiereIm Unterschied zu ihren belarussischenVerwandten ist das Leben von <strong>de</strong>utschenHun<strong>de</strong>n ein sehr aktives. Beiuns ist <strong>de</strong>r Hund ein „H<strong>aus</strong>tier“. Erverbringt die Zeit zu H<strong>aus</strong>e. Nur ein paarMal pro Tag kann er draußen laufen. InDeutschland sind die Hun<strong>de</strong> gar keineStubenhocker. Ich habe sie überall undimmer getroffen, in Bussen, in S-Bahnenund sogar in Cafés. Einmal hat mir einHund sogar eine Zeitung am Kiosk mit<strong>de</strong>r Schnauze gegeben. In Berlin ist essogar unmöglich, diesen Freund <strong>de</strong>sMenschen zu übersehen. Sie sind alleso riesig. Kleine Hun<strong>de</strong> habe ich kaumgesehen. So wur<strong>de</strong>n die großen BerlinerHun<strong>de</strong> zu meinen Lieblingstieren.Volha Siamaschko*<strong>vitamin</strong> <strong>de</strong> 36
Fotoreportage › Ich in DeutschlandDeutschland ist ein Einwan<strong>de</strong>rungsland. Rund 15,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund lebenin <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik. Von ihnen sind nur knapp die Hälfte, 7,3 Millionen, Auslän<strong>de</strong>r, weil die an<strong>de</strong>ren achtMillionen bereits eingebürgert wur<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Fotografin Lisa Ajtay ging an einem Samstagnachmittag durchdas Zentrum <strong>de</strong>r Stadt Dortmund. Sie machte Bil<strong>de</strong>r von jungen Menschen, <strong>de</strong>ren Heimat Deutschland istund fragte die Jugendlichen, woher sie kommen und was sie so an einem freien Tag machen.Kubi Mensah, 19,DortmundKubis Vater stammt <strong>aus</strong> Ghana,seine Mutter ist Deutsche. Er istin Dortmund geboren und aufgewachsen.Er macht gera<strong>de</strong> einekurze P<strong>aus</strong>e vor <strong>de</strong>m Geschäft, in<strong>de</strong>m er arbeitet.Nadja Helpenstell, 16 ,DortmundNadja kommt <strong>aus</strong> Deutschland undist erst seit einigen <strong>Jahren</strong> in Dortmund.Vorher hat sie in Trier gelebt.Ihre Freundinnen sind jetzt lei<strong>de</strong>rnicht da. Alle sind über die Feriennach H<strong>aus</strong>e gefahren. Daher ist ihrein wenig langweilig.Cig<strong>de</strong>m Heran, 18,BochumCig<strong>de</strong>m ist Deutsch-Türkin.Ihre Eltern sind <strong>aus</strong> <strong>de</strong>rTürkei, sie ist in Deutschlandaufgewachsen. Cig<strong>de</strong>mgeht gera<strong>de</strong> einkaufen.Marco Cebula, 17,DortmundMarcos Eltern kommen <strong>aus</strong> Polen. Erist <strong>de</strong>r einzige von drei Brü<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r inDeutschland geboren ist. Seine Brü<strong>de</strong>rsind wie<strong>de</strong>r in die alte Heimat gezogen.Marco blieb in Deutschland. Heute hängter mit seinem Freund Chris an <strong>de</strong>r Dortmun<strong>de</strong>rReinoldikirche rum.10 <strong>vitamin</strong> <strong>de</strong> EXTRA 2007