Broschüre "Natur Vielfalt Schwaben" - Regierung von Schwaben ...
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<strong>Natur</strong>. <strong>Vielfalt</strong>. <strong>Schwaben</strong>.
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
die biologische <strong>Vielfalt</strong>, der Reichtum an Arten und<br />
Lebensräumen unserer Heimat ist ein kostbares<br />
Gut. Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorga nismen<br />
reinigen Wasser und Luft, sorgen für fruchtbare<br />
Böden und gesunde Lebensmittel. Sie sind die<br />
Basis lebensrettender Medikamente und bahnbrechender<br />
Erfindungen. Nicht zuletzt machen sie den<br />
Reiz einer Landschaft aus. Damit prägen sie unsere<br />
schwäbische Heimat und unser Lebensgefühl und<br />
sind – zum Beispiel für den Tourismus – eine wichtige<br />
wirtschaftliche Grundlage.<br />
Diese <strong>Vielfalt</strong> ist bedroht. Seit Jahrzehnten wird die<br />
Rote Liste der gefährdeten Arten immer länger.<br />
Bayern und auch der <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Schwaben</strong><br />
unternehmen deshalb große Anstrengungen zum<br />
Schutz der <strong>Natur</strong>. Allein seit 2000 wurden in <strong>Schwaben</strong><br />
mehr als 25 Millio nen Euro investiert. 11 % der<br />
Fläche des <strong>Regierung</strong>sbezirks sind für den <strong>Natur</strong>schutz<br />
gesichert.<br />
Auf der ersten UN-Umweltschutzkonferenz im<br />
Jahr 1992 in Rio de Janeiro verpflichteten sich<br />
190 Staaten nicht nur zum Klimaschutz, sondern<br />
auch zum Schutz der Biodiversität. Seither ist der<br />
Erhalt der biologischen <strong>Vielfalt</strong> nicht nur in Bayern<br />
und <strong>Schwaben</strong> ein wichtiges Thema. Im Mai 2008<br />
war Deutschland erstmals Gastgeber der Welt-<br />
<strong>Natur</strong>schutzkonferenz; ein hervorragender Anlass,<br />
um über das Thema zu sprechen.<br />
Angesichts der großen Herausforderung zum Erhalt<br />
der biologischen <strong>Vielfalt</strong> müssen wir keineswegs<br />
resignieren. Seit vielen Jahren bemühen wir uns mit<br />
Erfolg, durch größere <strong>Natur</strong>schutzprojekte in allen<br />
schwäbischen Landschaftsräumen ein zusammenhängendes<br />
Netz <strong>von</strong> Biotopen aufzubauen, um so<br />
die gewachsene <strong>Vielfalt</strong> an Arten und Lebensräumen<br />
nachhaltig und auf Dauer zu erhalten. Dabei<br />
arbeiten Landnutzer, Fachbehörden, Kommunen<br />
sowie <strong>Natur</strong>schutz- und Landschaftspflegeverbände<br />
eng zusammen. <strong>Natur</strong>schutz wird so sichtbar und<br />
erlebbar zu einer Gemeinschaftsaufgabe, die jeden<br />
angeht.<br />
Eine Auswahl <strong>von</strong> solchen Umsetzungsprojekten<br />
im <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Schwaben</strong> stellen wir in dieser<br />
<strong>Broschüre</strong> vor. Es lohnt sich weiterhin, sich für die<br />
<strong>Natur</strong>schätze vor unserer Haustür zu engagieren.<br />
Machen Sie mit!<br />
Augsburg, im Juni 2008<br />
Ludwig Schmid<br />
<strong>Regierung</strong>spräsident<br />
2 | 3
Biodiversität – <strong>Vielfalt</strong> des Lebens<br />
Biodiversität – oder Biologische <strong>Vielfalt</strong> – ist<br />
der Reichtum an Arten und Ökosystemen, aber<br />
auch die genetische <strong>Vielfalt</strong> innerhalb einer Art.<br />
Weltweit existieren schätzungsweise 10 Millionen<br />
Arten. Biologische <strong>Vielfalt</strong> gibt es nicht<br />
nur in tropischen Urwäldern oder Korallenriffen;<br />
auch Mitteleuropa ist reich an Arten und<br />
Lebensräumen. In Bayern kommen mindestens<br />
77.000 Pflanzen-, Tier-, Pilz- und Flechtenarten<br />
vor, in <strong>Schwaben</strong> sind es mehr als 50.000.<br />
Jede Art hat ganz spezifische Ansprüche an<br />
ihren Lebensraum. Die meisten Tiere und<br />
Pflanzen sind deshalb an bestimmte naturnahe<br />
Standorte gebunden. Von den Felsfluren, Bergwiesen<br />
und -wäldern der Alpen über die Moore,<br />
Streu- und Feuchtwiesen des Allgäu und die<br />
Auwälder entlang der Donau bis zu den Magerrasen<br />
der Frankenalb gibt es in <strong>Schwaben</strong> etwa<br />
70 verschiedene Biotoptypen.
Doch die <strong>Vielfalt</strong> ist bedroht: Diese naturnahen,<br />
besonders artenreichen Lebensräume gibt es<br />
nur noch auf gut 7 % der Fläche <strong>Schwaben</strong>s.<br />
Kein Wunder, dass etwa 50 % der bayerischen<br />
Pflanzen- und Tierarten gefährdet sind und<br />
mindestens 1.500 der in <strong>Schwaben</strong> vorkommenden<br />
Arten auf der Roten Liste stehen. Es<br />
ist paradox: Einerseits sind viele Lebensräume<br />
erst durch den Menschen entstanden, andererseits<br />
ist „Homo sapiens“ der größte <strong>Natur</strong>- und<br />
Umweltzerstörer. Vor allem der Landschaftsverbrauch<br />
und die intensive Landnutzung sind<br />
dafür verantwortlich. Auf den ersten Blick leben<br />
wir mitten im Grünen, der zweite Blick verrät<br />
aber: Die Artenzahl hat deutlich abgenommen<br />
– kamen früher auf einer normalen Wirtschaftswiese<br />
über 50 Pflanzenarten vor, sind es heute<br />
kaum mehr als 10.<br />
Auf der UN-Umweltkonferenz in Rio 1992<br />
wur de der Schutz der Biodiversität zu einem<br />
der wichtigsten Ziele erklärt. Zusammen mit<br />
190 anderen Staaten hat Deutschland dieses<br />
Abkommen ratifiziert. Auch Bayern hat im April<br />
2008 eine Biodiversitätsstrategie verabschiedet.<br />
Das wesentliche Ziel: Bis zum Jahr 2020 soll<br />
sich die Gefährdungssituation für mehr als die<br />
Hälfte der Rote-Liste-Arten verbessert haben.<br />
Ein anspruchsvolles Ziel, für dessen Verwirklichung<br />
die Unterstützung aller Bürgerinnen und<br />
Bürger nötig ist.<br />
4 | 5
Gute Argumente für die <strong>Vielfalt</strong><br />
Biologische <strong>Vielfalt</strong> ist für das Überleben der<br />
Menschen auf unserem Planeten unverzichtbar:<br />
Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen sind<br />
die Bausteine der Ökosysteme – sie geben uns<br />
die Luft zum Atmen, reinigen Wasser und Luft,<br />
sorgen für fruchtbare Böden und ein angenehmes<br />
Klima.<br />
Biologische <strong>Vielfalt</strong> rettet Menschenleben: Zahlreiche<br />
Arten sind die Grundlage <strong>von</strong> Arzneimitteln;<br />
so basiert etwa die Hälfte der in Deutschland<br />
eingesetzten Medikamente auf den<br />
Inhaltsstoffen verschiedener Heilpflanzen. Etwa<br />
3.000 Pflanzenarten stehen auf dem Speiseplan<br />
der Menschen. Das ist nicht nur abwechslungsreich,<br />
sondern verhindert auch Hunger auf<br />
der Welt: Fällt eine Sorte beispielsweise durch<br />
Krankheiten aus, kann sie durch eine andere<br />
ersetzt werden.<br />
Die <strong>Natur</strong> ist auch Vorbild: vom Spinnennetz,<br />
das Vorlage für das Münchner Olympiazeltdach<br />
war, über den Schnabel des Wiedehopfs als<br />
Ideengeber für die Entwicklung der Pinzette bis<br />
zum Vogelflügel, ohne den es wohl nie Flugzeuge<br />
gegeben hätte.<br />
Wir stellen fest: Die <strong>Natur</strong> ist ihr Geld wert. So<br />
leben viele Teile <strong>Schwaben</strong>s vom Tourismus, der<br />
ohne eine vielfältige Landschaft nicht denkbar<br />
wäre. Etwa 4 Milliarden € geben die Touristen<br />
pro Jahr im <strong>Regierung</strong>sbezirk aus. Der jährliche<br />
Nutzen der gesamten Ökosysteme der Welt<br />
beträgt nach vorsichtigen Schätzungen sogar<br />
zwischen 10 und 50 Billionen €.
Biologische <strong>Vielfalt</strong> ist aber auch schön. Ob ein<br />
Bild des Blauen Reiters, ein Altar <strong>von</strong> Riemenschneider<br />
oder Schloss Neuschwanstein – die<br />
Erhaltung <strong>von</strong> Kulturgütern um ihrer selbst<br />
willen wird aus gutem Grund nicht ernsthaft in<br />
Frage gestellt. Ähnlich ist es mit der <strong>Natur</strong>: Der<br />
Flug eines Steinadlers, das nächtliche „Schlagen“<br />
der Nachtigall, ein Frühlingsmorgen in den<br />
Donauauwäldern und selbst der Anblick eines<br />
alltäglichen Marienkäfers sind unvergleichliche<br />
<strong>Natur</strong>schönheiten; sie zu verlieren wäre ein<br />
ebenso unwiederbringlicher Verlust.<br />
Die Beispiele machen es deutlich: allein aus<br />
Vorsorge und der Verantwortung für unsere<br />
Kinder und Kindeskinder müssen wir die biologische<br />
<strong>Vielfalt</strong> erhalten und schützen. Nicht zuletzt<br />
ist die biologische <strong>Vielfalt</strong> als Teil der <strong>Natur</strong><br />
auch um ihrer selbst Willen schützenswert.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.natur.bayern.de<br />
www.regierung.schwaben.bayern.de<br />
6 | 7
Netzwerk des Lebens<br />
Schutzgebiete sind ein wichtiger Baustein zum<br />
Schutz der biologischen <strong>Vielfalt</strong>. 4 % der Fläche<br />
<strong>Schwaben</strong>s sind <strong>Natur</strong>schutzgebiet und damit<br />
besonders streng geschützt. 11% gehören zu<br />
NATURA 2000, einem Netzwerk europäischer<br />
Schutzgebiete.
Erfolgreich für die biologische <strong>Vielfalt</strong><br />
<strong>Natur</strong>schutz und damit auch der Schutz der<br />
Biodiversität haben in Bayern eine lange<br />
Tradition: 1984 wurde der Umweltschutz als<br />
Staatsziel in die bayerische Verfassung aufgenommen.<br />
Zur gleichen Zeit wurden die ersten<br />
Förder programme aufgelegt, mit denen Landwirte<br />
für besonders schonende Bewirtschaftungsformen<br />
entlohnt werden. Vor allem zwei<br />
Programme sind wichtig: Mit dem Vertragsnaturschutzprogramm<br />
fördert der Freistaat Bayern<br />
die naturschutzkonforme Bewirtschaftung <strong>von</strong><br />
Wiesen, Weiden, Streuobstbeständen, Teichen<br />
und Äckern. Allein in <strong>Schwaben</strong> wurden <strong>von</strong><br />
2000 bis 2006 insgesamt 21,3 Millionen €<br />
investiert. Im gleichen Zeitraum wurden über<br />
die Landschaftspflege- und <strong>Natur</strong>parkrichtlinien<br />
5,1 Millio nen € ausgezahlt. Mit diesem Programm<br />
wird die Pflege und Neuschaffung <strong>von</strong><br />
Lebensräumen gefördert – <strong>von</strong> der Neuschaffung<br />
<strong>von</strong> Feuchtbiotopen über die Entbuschung<br />
<strong>von</strong> Magerrasen bis zur Renaturierung <strong>von</strong><br />
Mooren. Aber auch andere staatliche Programme<br />
und der Bayerische <strong>Natur</strong>schutzfonds helfen<br />
beim Arten- und Biotopschutz.<br />
Für viele Arten ist es damit aber nicht getan:<br />
Sie benötigen Maßnahmen, die ihren ganz besonderen<br />
Ansprüchen gerecht werden. Deshalb<br />
gibt es für zahlreiche Arten in Bayern eigene<br />
Artenhilfsprogramme. Ebenfalls in den 1980er<br />
Jahren begann man mit dem konzentrierten<br />
Finanz- und Personaleinsatz im Rahmen größerer<br />
<strong>Natur</strong>schutzprojekte. Inzwischen werden<br />
unter dem Titel „BayernNetz <strong>Natur</strong>“ fast 350<br />
Projekte in Bayern geführt.<br />
Als höhere <strong>Natur</strong>schutzbehörde koordiniert<br />
die <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwaben</strong> die Arbeiten zur<br />
Sicherung der biologischen <strong>Vielfalt</strong>: Sie verteilt<br />
die staatlichen Fördermittel, setzt Schwerpunkte<br />
und Prioritäten und ist „Motor“ vieler Projekte.<br />
Nicht zuletzt berät sie auch die unteren <strong>Natur</strong>schutzbehörden<br />
an den Landkreisen. Diese<br />
kümmern sich – zusammen mit vielen anderen<br />
Akteuren – schließlich um die konkrete<br />
Umsetzung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.natur.bayern.de<br />
www.regierung.schwaben.bayern.de<br />
8 | 9
BayernNetz <strong>Natur</strong><br />
BayernNetz <strong>Natur</strong> ist die Etablierung eines<br />
landesweiten Biotopverbundsystems und die<br />
Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie<br />
im Rahmen größerer <strong>Natur</strong>schutzprojekte.<br />
1991 wurde in <strong>Schwaben</strong> mit dem ersten<br />
Projekt begonnen, inzwischen sind es 46 und<br />
jährlich kommen zwei bis vier hinzu. In ganz<br />
Bayern laufen derzeit 347 Projekte.<br />
Freiwilligkeit und Kooperation sind die zwei<br />
Grundprinzipien <strong>von</strong> BayernNetz <strong>Natur</strong>. Anstatt<br />
auf hoheitliche Maßnahmen, zum Beispiel die<br />
Ausweisung <strong>von</strong> Schutzgebieten, setzt man in<br />
Bayern auf Freiwilligkeit. Auch die Erkenntnis,<br />
dass es im <strong>Natur</strong>schutz oft miteinander besser<br />
geht als gegeneinander, kann als „bayerische<br />
Erfindung“ gelten. BayernNetz <strong>Natur</strong> stärkt zudem<br />
die Eigenverantwortung der lokalen Akteure:<br />
Verantwortlich ist nicht der Freistaat Bayern,<br />
sondern der vor Ort tätige Projektträger.<br />
BayernNetz <strong>Natur</strong> ist ein umfassender <strong>Natur</strong>schutz.<br />
In den Projekten werden nicht nur<br />
Lebensräume für Pflanzen und Tiere erhalten<br />
und wiederhergestellt. Durch die Renaturierung<br />
<strong>von</strong> Bächen und Flüssen und die Erhaltung <strong>von</strong><br />
Feuchtlebensräumen ist BayernNetz <strong>Natur</strong> Teil<br />
des vorbeugenden Hochwasserschutzes. Zum<br />
aktiven Klimaschutz tragen neben der Wiedervernässung<br />
<strong>von</strong> Mooren auch der Erhalt und die<br />
Wiederherstellung <strong>von</strong> naturnahen Wäldern bei.<br />
Regionalvermarktungskonzepte sorgen dafür,<br />
dass sich <strong>Natur</strong>schutz auch für Landwirte lohnt.<br />
Nicht zuletzt bringt eine moderne Umweltpädagogik<br />
den Menschen die <strong>Natur</strong> näher.<br />
Die Federführung bei der Umsetzung <strong>von</strong><br />
BayernNetz <strong>Natur</strong> liegt beim Bayerischen<br />
Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und<br />
Verbraucherschutz. Die höhere <strong>Natur</strong>schutzbehörde<br />
der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwaben</strong> spielt<br />
auch hier eine zentrale Rolle, sie stößt Projekte<br />
an, koordiniert sie und kümmert sich um die<br />
Finanzierung. Den größten Teil der Kosten übernimmt<br />
der Freistaat Bayern, unterstützt <strong>von</strong> der<br />
EU, dem Bund oder dem Bayerischen <strong>Natur</strong>schutzfonds.<br />
Ohne Verbände, Vereine, Kommunen, Behörden<br />
und andere Institutionen wäre BayernNetz<br />
<strong>Natur</strong> nicht denkbar. In ganz Bayern kümmern<br />
sich engagierte Menschen um „ihre“ Projekte.<br />
Sie sind Garant dafür, dass auch in <strong>Schwaben</strong><br />
ein erfolgreicher <strong>Natur</strong>schutz möglich ist.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.bayernnetznatur.de<br />
10 | 11
1<br />
Artenvielfalt auf der grünen Wiese<br />
Mitten im Ries, gut 5 Kilometer nordöstlich <strong>von</strong><br />
Nördlingen, liegen die Pfäfflinger Wiesen. Sie<br />
sind Lebensraum zahlreicher Vogelarten, die auf<br />
offene, nicht zu intensiv genutzte und feuchte<br />
Wiesenlandschaften angewiesen sind. Charaktervogel<br />
unter diesen „Wiesenbrütern“ ist der<br />
Große Brachvogel, eine inzwischen europaweit<br />
gefährdete Art. Typisch sind darüber hinaus Kiebitz,<br />
Grauammer und Wachtelkönig. Auch Weißstorch,<br />
Rotmilan, Korn- und Rohrweihe suchen<br />
hier ihre Nahrung. Zahlreiche Vögel – vom Alpenstrandläufer<br />
bis zum Wanderfalken – nutzen<br />
die Flächen als Rast- und Überwinterungsplatz.<br />
Ein Gebiet mit bemerkenswerter <strong>Vielfalt</strong>: Fast<br />
250 gefährdete Pflanzen- und Tierarten konnten<br />
bisher nachgewiesen werden.<br />
Das nördliche <strong>Schwaben</strong> ist für den Schutz dieser<br />
Arten <strong>von</strong> besonderer Bedeutung. Mit bis zu<br />
35 Brutpaaren des Großen Brachvogels brüten<br />
allein in den Pfäfflinger Wiesen etwa 1 % des<br />
deutschen und 6 % des bayerischen Bestandes.<br />
In weiteren 57 schwäbischen Wiesenbrütergebieten<br />
sind 22 % des bayerischen Bestandes zu<br />
Hause.<br />
Die Pfäfflinger Wiesen sind Beispiel für eine besondere<br />
Beziehung zwischen <strong>Natur</strong>schutz und<br />
Landwirtschaft: Einerseits hat die bäuerliche<br />
Nutzung diese wertvolle Landschaft erst entstehen<br />
lassen, andererseits wird sie <strong>von</strong> einer zu<br />
intensiven Bewirtschaftung bedroht.<br />
Seit vielen Jahren kümmern sich zwei engagierte<br />
<strong>Natur</strong>schutzvereine um das Gebiet. Die<br />
Schutzgemeinschaft Wemdinger Ried und der<br />
Rieser <strong>Natur</strong>schutzverein existieren schon seit<br />
den 1970er Jahren und gehören damit zu den<br />
traditionsreichsten lokalen <strong>Natur</strong>schutzverbänden<br />
in Bayern. Mit Hilfe des Bayerischen <strong>Natur</strong>schutzfonds<br />
und der Zoologischen Gesellschaft<br />
Frankfurt konnten sie inzwischen mehr als<br />
100 Hektar Flächen kaufen und beispielsweise<br />
durch die Anlage <strong>von</strong> flachen Wiesentümpeln<br />
die Nahrungsgrundlage für die Wiesenbrüter<br />
entscheidend verbessern. Im Rahmen eines<br />
BayernNetz <strong>Natur</strong>-Projekts arbeiten Landwirte,<br />
Verbände, Kommunen und Behörden an einer<br />
für alle Beteiligten tragfähigen Lösung. Inzwischen<br />
sind die Pfäfflinger Wiesen auch Bestandteil<br />
des Netzes NATURA 2000 und damit<br />
europäisch bedeutsam.
Projekt: Pfäfflinger Wiesen<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: Schwerpunkt Wiesenbrüterschutz,<br />
großes Engagement<br />
lokaler Verbände, seit Jahrzehnten<br />
gute Zusammenarbeit zwischen Landwirten<br />
und <strong>Natur</strong>schützern<br />
Größe: 553 Hektar<br />
Laufzeit: 2003 –2008<br />
Träger: Schutzgemeinschaft Wemdinger<br />
Ried e. V., Rieser <strong>Natur</strong>schutzverein<br />
e. V.<br />
Projekterfolge: über 110 Hektar<br />
Flächenankauf, ca. 45 Hektar Vertragsnaturschutzprogramm,<br />
Stabilisierung<br />
des Bestandes des Großen Brachvogels<br />
und anderer Vogelarten,<br />
Ansiedlung der Sumpfohreule<br />
Weitere Informationen:<br />
www.riesnatur.de<br />
12 | 13
2<br />
Heideforum<br />
Rund um das Nördlinger Ries liegt eine Kette<br />
auffälliger Hügel, die wie Inseln aus der intensiv<br />
genutzten Agrarlandschaft ragen. Sie sind Reste<br />
der Gesteinsmassen, die nach einem Meteoriteneinschlag<br />
vor 14 Millionen Jahren an den<br />
Kraterrand gesprengt wurden. Während sich das<br />
Ries nach der Eiszeit mit fruchtbaren Löß böden<br />
füllte, blieben diese Kuppen kahl. Auf den<br />
mageren Böden der Hügel entwickelten sich<br />
durch Beweidung artenreiche Kalkmagerrasen.<br />
Mit mehr als 300 Pflanzen-, 42 Tagfalter- und<br />
23 Heuschreckenarten sind diese Kleinode<br />
mehr als fünfmal so artenreich wie die umgebende<br />
Landschaft. Tiere und Pflanzen sind<br />
perfekt an das geringe Nährstoffangebot angepasst<br />
und können so gegenüber konkurrenzkräftigeren<br />
Arten bestehen.<br />
Wesentlich ist aber noch ein weiterer Faktor: Nur<br />
die Beweidung mit Schafen hält die Flächen offen.<br />
Sie fördert zudem Arten, die <strong>von</strong> den Weidetieren<br />
gemieden werden, zum Beispiel den<br />
bitteren Frühlings-Enzian oder die stachelige<br />
Silberdistel. Die Schafe ermöglichen schließlich<br />
noch eine besondere Art des Biotopverbunds:<br />
In Fell und Klauen transportieren sie Pflanzensamen<br />
und kleine Tiere <strong>von</strong> Fläche zu Fläche<br />
und ermöglichen so einen Austausch zwischen<br />
den Biotopinseln.<br />
Die Städte und Gemeinden im Ries sowie der<br />
Landkreis Donau-Ries haben die Bedeutung<br />
dieser Lebensräume erkannt. Im Rahmen der<br />
EU-Initiative LEADER wurde mit einem Bayern-<br />
Netz <strong>Natur</strong>-Projekt begonnen. Seitdem werden<br />
alljährlich ehemalige Magerrasen, die zu verbuschen<br />
drohen, wieder freigestellt. Aber ohne die<br />
Schäfer ginge gar nichts: Sie sorgen mit ihren<br />
Tieren dafür, dass die Magerrasen auch in Zukunft<br />
nicht wieder zuwachsen. Im Juli 2007 veranstalteten<br />
Landkreis, Gemeinden, Schäfer und<br />
<strong>Natur</strong>schutzverbände ein Heideforum – Auftakt<br />
für eine Weiterführung des Projekts auch in den<br />
nächsten Jahren.
Projekt:<br />
Heideforum Südlicher Riesrand<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: sehr artenreiche<br />
Kalkmagerrasen, Biotopverbund durch<br />
Schafe<br />
Größe: 82,4 km 2<br />
Laufzeit: seit 1998<br />
Träger: Landkreis Donau-Ries<br />
Projekterfolge: ca. 250 Hektar<br />
entbuschte Magerrasen, Sicherung<br />
großer Kalkmagerrasen durch die<br />
Beweidung<br />
14 | 15
3<br />
Ein Projekt für Europa<br />
Mit etwa 400 km 2 Größe ist das Donauried<br />
zwischen Neu-Ulm und Donauwörth einer der<br />
größten zusammenhängenden Landschaftsräume<br />
<strong>Schwaben</strong>s. Prägend sind nicht nur<br />
die Donau mit ihren begleitenden Auwäldern,<br />
sondern auch ausgedehnte Niedermoore und<br />
Wiesenlandschaften. Mehr als 500 gefährdete<br />
Pflanzen- und Tierarten machen das Donauried<br />
zu einem Glanzlicht der Biodiversität.<br />
Das Donauried ist aber noch mehr: Bei starkem<br />
Hochwasser wird es flächig überschwemmt und<br />
dient so als gigantischer Wasserrückhalteraum,<br />
der dafür sorgt, dass Donauwörth, Ingolstadt,<br />
Regensburg und Passau nicht in den Fluten<br />
der Donau ertrinken. Die großen ebenen Auen<br />
werden <strong>von</strong> Bauern als Wiese oder Acker genutzt,<br />
unter denen mächtige Kiesschichten als<br />
wertvolle Rohstoffquelle liegen. Nicht zuletzt ist<br />
das Donauried ein wichtiger Erholungsraum für<br />
Einheimische und Touristen.<br />
Dies war Grund genug, mit dem Gesamtökologischen<br />
Gutachten Donauried (GÖG) ein Konzept<br />
zu entwickeln, in dem die verschiedenen<br />
Interessen untereinander abgeglichen wurden.<br />
Mit dem 1999 fertiggestellten GÖG gab es erstmals<br />
in Bayern eine Planung, die den Betroffenen<br />
nicht einfach „übergestülpt“, sondern in<br />
einem offenen Prozess erarbeitet wurde.<br />
Aus dem GÖG entwickelte sich eine Reihe<br />
<strong>von</strong> Projekten. Zum Beispiel das „Ökokonzept<br />
Blindheim/Gremheim“, in dem in Zusammenarbeit<br />
mit den Gemeinden ein Biotopverbund<br />
auf über 150 Hektar Fläche entwickelt wurde,<br />
oder das Projekt „Mertinger Höll“. Hier haben<br />
der Bund <strong>Natur</strong>schutz und der Landkreis<br />
Donau-Ries inzwischen etwa 250 Hektar Fläche<br />
gesichert. Auch die EU hat erkannt, dass das<br />
Donauried etwas ganz Besonderes ist: Im<br />
Rahmen des Förderprogramms LIFE+ fördert sie<br />
den Schutz der Biodiversität mit insgesamt etwa<br />
1 Million €. Das Projekt ist eines <strong>von</strong> nur 17 in<br />
ganz Bayern. Alle drei betroffenen Landkreise<br />
und 16 Städte und Gemeinden beteiligen sich<br />
bei der Wiederherstellung <strong>von</strong> Streuwiesen, der<br />
Sicherung <strong>von</strong> artenreichen Grünländern und<br />
der Neuschaffung <strong>von</strong> Feuchtlebensräumen.
Projekt: LIFE-<strong>Natur</strong>-Projekt<br />
Schwäbisches Donautal<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: Gesamtökologisches<br />
Gutachten Donauried,<br />
LIFE-Projekt<br />
Größe: 74 km 2<br />
Laufzeit: 2006 –2011<br />
Träger: Bayerisches Staatsministerium<br />
für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
Projekterfolge: mehr als 600 Hektar<br />
neu geschaffene Lebensräume (Summe<br />
über alle Projekte), Stabilisierung<br />
der Bestände vieler bedrohter Arten<br />
Weitere Informationen:<br />
www.donautal-life-natur.de<br />
16 | 17
4<br />
Im Moos ist was los<br />
Im Nordwesten <strong>Schwaben</strong>s – zwischen Günzburg<br />
und der Grenze zu Baden-Württemberg<br />
– erstreckt sich über 75 km 2 das Schwäbische<br />
Donaumoos, einer der größten Niedermoorkomplexe<br />
Süddeutschlands. Trotz gravierender<br />
Eingriffe in den Wasserhaushalt konnten sich<br />
im Leipheimer Moos und im benachbarten<br />
Gundelfinger Moos Reste der ursprünglichen<br />
Feuchtgebiete halten. In ehemaligen Niedermooren<br />
und Streuwiesen, Torfstichen, Tümpeln<br />
sowie Bruchwäldern leben 129 Vogel- und<br />
zahlreiche andere Tier- und Pflanzenarten. Besonderheiten<br />
sind zum Beispiel Zwergschnepfe,<br />
Blaukehlchen und Wachtelkönig, Strauch-Birke,<br />
Hummel-Ragwurz und Sibirische Schwertlilie,<br />
oder der vom Aussterben bedrohte Quendel-<br />
Bläuling. Selbst der in Bayern sehr seltene<br />
Kranich ist hier ein regelmäßiger Gast.<br />
Zum Schutz dieser wertvollen Lebensräume<br />
wird viel getan. Beispielhaft sind vor allem die<br />
Maßnahmen zur Wiedervernässung des Leipheimer<br />
Mooses: Aus der nahe gelegenen Nau<br />
wird über eine 3,7 Kilometer lange Rohrleitung<br />
Wasser in das Moor zurückgeführt. Auch einige<br />
Hauptentwässerungsgräben werden angestaut.<br />
Dies war nur in enger Abstimmung mit den<br />
betroffenen Landwirten, Anwohnern und <strong>Natur</strong>schützern<br />
möglich. Die Stadt Leipheim hat etwa<br />
50 Hektar in das Ökokonto eingebracht. Mit<br />
hydrologischen Untersuchungen an über 170<br />
Messstellen werden die Maßnahmen ständig<br />
überwacht. Eine Beweidung mit Schafen sorgt<br />
dafür, dass große Teile offen gehalten werden.<br />
Motor des Projekts ist die Arbeitsgemeinschaft<br />
Schwäbisches Donaumoos e. V. (ARGE Donaumoos).<br />
In diesem Verein arbeiten Kommunen,<br />
Landwirte und <strong>Natur</strong>schützer seit vielen Jahren<br />
erfolgreich zusammen.
Projekt: Leipheimer Moos<br />
Projektdaten<br />
Besonderheit: größte Niedermoor-<br />
Wiedervernässungsmaßnahme in<br />
Bayern<br />
Größe: 264 Hektar<br />
Laufzeit: ab 1991<br />
Träger: ARGE Donaumoos<br />
Projekterfolge: Erhaltung und Entwicklung<br />
<strong>von</strong> Niedermoor auf über<br />
80 Hektar, Zunahme des Brutbestandes<br />
der Bekassine und anderer Arten<br />
Weitere Informationen:<br />
www.arge-donaumoos.de<br />
18 | 19
5<br />
Lebensraum Lechtal<br />
Quer durch ganz <strong>Schwaben</strong> verbindet das Lechtal<br />
über 170 Kilometer die Alpen mit der Frankenalb.<br />
Während und nach der letzten Eiszeit<br />
wurden gewaltige Schottermassen flussabwärts<br />
transportiert. Auf diesen Flächen entwickelten<br />
sich großflächige Kalkmagerrasen, die Lechheiden.<br />
Ursprünglich entstanden durch die natürliche<br />
Dynamik des Lechs immer wieder offene<br />
Flächen, auf denen sich die Heiden ausbreiten<br />
konnten. Später sorgte der Mensch durch die<br />
Beweidung mit Rindern und Schafen dafür, dass<br />
die Magerrasen nicht wieder zuwuchsen.<br />
Zahlreiche Pflanzen- und Tierarten konnten entlang<br />
der „Florenbrücke Lechtal“ <strong>von</strong> den Alpen<br />
in die nördlichen Mittelgebirge einwandern<br />
– das Lechtal ist deshalb eine Biotopverbund-<br />
achse <strong>von</strong> internationaler Bedeutung. Auch<br />
heute noch sind sehr seltene Arten wie Schlingnatter,<br />
Idas-Bläuling und Sumpf-Gladiole zu finden.<br />
Spinnen-Ragwurz und Hundswurz – zwei<br />
Orchideenarten – haben hier ihren bayerischen<br />
Verbreitungsschwerpunkt, das Wanzen-Knabenkraut<br />
das größte deutsche Vorkommen.<br />
Im „Lebensraum Lechtal“, einem der größten<br />
<strong>Natur</strong>schutzprojekte Bayerns, haben sich mit<br />
Unterstützung des Bayerischen <strong>Natur</strong>schutzfonds<br />
Landkreise und Landschaftspflegeverbände<br />
zusammengeschlossen. Im Zuge des<br />
Projekts wurden zahlreiche Heideflächen wiederhergestellt<br />
oder neu geschaffen. Vorbildlich<br />
ist auch die Umweltbildungsarbeit: In jährlich<br />
50 –100 Veranstaltungen wurde mehreren Tausend<br />
Menschen das Lechtal näher gebracht;<br />
im Rahmen <strong>von</strong> Projekttagen konnten jedes<br />
Jahr 20 bis 40 Schulklassen die <strong>Natur</strong> am Lech<br />
hautnah erfahren. Das Projekt endete offiziell<br />
im Jahr 2005. Seither führt es der Verein<br />
„ Lebensraum Lechtal“ weiter.<br />
Wesentlich ist die Beweidung der Flächen. Um<br />
die Schäfer zu unterstützen, werden in Gaststätten<br />
und Metzgereien entlang des Lechtals<br />
unter der Marke „Lechtal Lamm“ Produkte aus<br />
Schaffleisch verkauft. Der Schäfer erhält dafür<br />
einen etwas höheren Preis, der Verbraucher<br />
die Garantie für ein natürliches, besonders<br />
schmackhaftes Produkt aus der Region.
Projekt: Lebensraum Lechtal<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: größtes <strong>Natur</strong>schutzprojekt<br />
in <strong>Schwaben</strong>, international<br />
bedeutsame Biotopverbundachse,<br />
„Lechtal Lamm“<br />
Größe: 750 km 2<br />
Laufzeit: 1998 –2005<br />
Träger: Deutscher Verband für Landschaftspflege<br />
Projekterfolge: Erhaltung und<br />
Entwicklung <strong>von</strong> mehr als 900 Hektar<br />
Lechheiden<br />
Weitere Informationen:<br />
www.lebensraumlechtal.de<br />
20 | 21
6<br />
Bürger für die Ecknach<br />
Auch im Nordosten <strong>Schwaben</strong>s wird viel für die<br />
<strong>Natur</strong> getan. Ein Beispiel dafür ist das Ecknachtal<br />
südlich <strong>von</strong> Aichach. Hier sind Quellen, Feuchtwiesen,<br />
Sumpf- und Auwälder und naturnahe<br />
Bachabschnitte zu einem Lebensraummosaik<br />
verzahnt. Viele bemerkenswerte Arten kommen<br />
vor: zum Beispiel Breitblättriges Knabenkraut<br />
(eine Orchidee), Eisvogel, Blaukehlchen, Äsche<br />
oder Kleiner Schillerfalter. Eine Besonderheit ist<br />
die Grüne Keiljungfer, eine Libelle, die vor allem<br />
saubere, naturnahe und sandige Bäche besiedelt.<br />
Die Population in der Ecknach gehört zur<br />
größten in <strong>Schwaben</strong> und zu einer der größten<br />
Bayerns.<br />
Nachahmenswert ist das BayernNetz <strong>Natur</strong>-<br />
Projekt aber vor allem wegen der hervorragenden<br />
Zusammenarbeit zwischen den Akteuren.<br />
In kaum einem anderen Projekt bringen sich so<br />
viele Bürgerinnen und Bürger ein – nicht nur<br />
Behörden, Kommunen, Vereine und Verbände,<br />
sondern viele engagierte Einzelpersonen –<br />
Landwirte, Fischer, Jäger, Förster, <strong>Natur</strong>schützer<br />
und interessierte Laien. Auch die Projektmanagerin<br />
arbeitet rein ehrenamtlich. Sie alle haben<br />
sich auf ein gemeinsames Leitbild geeinigt, das<br />
die Grundlage für alle Maßnahmen ist. Jetzt wird<br />
die Ecknach renaturiert, es werden Feuchtbiotope<br />
neu geschaffen und gepflegt sowie Pufferstreifen<br />
angelegt. Landwirte sichern wertvolle<br />
Feucht- und Magerwiesen durch den Verzicht<br />
auf Dünger und Pflanzenschutzmittel.
Projekt: Ecknachtal<br />
Projektdaten<br />
Besonderheit: vorbildliche Zusammenarbeit<br />
zwischen den Akteuren<br />
Größe: 621 Hektar<br />
Laufzeit: seit 2000<br />
Träger: Gemeinde Adelzhausen,<br />
Stadt Aichach, Gemeinde Sielenbach<br />
Projekterfolge: fast 23 Hektar neue<br />
Biotope<br />
Weitere Informationen:<br />
www.ecknachtal.info<br />
22 | 23
7<br />
<strong>Natur</strong> vor den Toren Augsburgs<br />
„<strong>Natur</strong> in der Stadt“ verbinden die Menschen in<br />
Augsburg am ehesten mit dem Stadtwald oder<br />
der Königsbrunner Heide. Die Wertachaue im<br />
Südwesten der Stadt wird dabei gerne übersehen.<br />
Dabei ist dieses Flusstal nicht nur eine<br />
der „Regenrinnen“ <strong>Schwaben</strong>s, das vor allem<br />
während des Pfingsthochwassers 1999 negative<br />
Schlagzeilen machte, sondern ein vielfältiger<br />
Lebensraum. In Auenbächen leben Bachforelle<br />
und Mühlkoppe, in den Auwäldern Märzenbecher,<br />
Türkenbund-Lilie und Blaustern. Erst durch<br />
die regelmäßige Holznutzung sind großflächige<br />
Niederwälder entstanden. Typisch sind hier<br />
lichtliebende, aber an Wälder gebundene Arten<br />
wie das Wald-Wiesenvögelchen – kein Vogel,<br />
sondern ein Schmetterling. In die Aue eingestreut<br />
sind die Wertachheiden, Heimat zahlreicher<br />
Orchideen- und Schmetterlingsarten.<br />
Die Wertachauen sind nicht nur ein beliebtes<br />
Naherholungsgebiet, auch sonst wird viel für<br />
<strong>Natur</strong> und Umwelt getan. Im Rahmen des<br />
Projektes „Wertach vital“ verbessert die Wasserwirtschaftsverwaltung<br />
den Hochwasserschutz<br />
und den ökologischen Wert des Flusses. Der<br />
Landschaftspflegeverband ist im Landkreis<br />
Augsburg besonders aktiv: Er pflegt die Heiden,<br />
renaturiert Auenbäche und lässt die traditionelle<br />
Niederwaldnutzung wieder aufleben. Ein besonders<br />
gelungenes Beispiel ist der Herbrechtsgraben<br />
bei Wehringen: Bis 2003 wurde er in ein<br />
unterirdisches Rohr gezwängt, nun plätschert er<br />
wieder frei durch den Auwald.
Projekt:<br />
Biotopverbund Wertachauen<br />
im Landkreis Augsburg<br />
Projektdaten<br />
Besonderheit: großflächige<br />
Grauerlen-Niederwälder<br />
Größe: 19,5 km 2<br />
Laufzeit: seit 2003<br />
Träger: Landschaftspflegeverband<br />
Landkreis Augsburg<br />
Projekterfolge: Sicherung und<br />
Entwicklung der Wertachheiden,<br />
Wiederaufnahme der Niederwaldnutzung<br />
24 | 25
8<br />
Das längste Bachtal Bayerns<br />
Zwischen Obergünzburg im Ostallgäu und<br />
Günzburg im Donautal erstreckt sich auf über<br />
92 Kilometer das Günztal – das längste Bachtal<br />
Bayerns. Über drei Landkreise und 67 Gemeinden<br />
verbindet es den Süden mit dem Norden<br />
<strong>Schwaben</strong>s und ist deshalb eine wichtige Bio -<br />
topverbundachse in Bayern. Zahlreiche wertvolle<br />
Lebensräume sind hier zu finden: <strong>Natur</strong>nahe<br />
Quellen mit endemischen, nur in Bayern vor-<br />
kommenden Arten wie die Bayerische Quellschnecke,<br />
naturnahe Bäche, an denen Eisvogel<br />
und Prachtlibelle zuhause sind, blütenreiche<br />
Niedermoore und Feuchtwiesen sowie naturnahe<br />
Wälder und Nagelfluh-Felsen, auf denen<br />
Überbleibsel der letzten Eiszeit wie die Alpen-<br />
Aurikel wachsen.<br />
In mehreren BayernNetz <strong>Natur</strong>-Projekten wird<br />
das Günztal zu einem Biotopverbund entwickelt:<br />
Bäche werden renaturiert, Tümpel angelegt,<br />
Feucht- und Streuwiesen gepflegt. Auch<br />
die Umweltbildung spielt eine große Rolle – im<br />
„Grünen Klassenzimmer“ erleben Jugendliche<br />
die <strong>Natur</strong> der Günz, die „Biberkiste“ macht<br />
Grundschulkinder mit dem Biber vertraut.<br />
Zahlreiche Partner beteiligen sich an der Umsetzung:<br />
<strong>von</strong> den Gemeinden über Wasserwirtschafts-<br />
und <strong>Natur</strong>schutzverwaltung bis zu<br />
Landschaftspflege- und <strong>Natur</strong>schutzverbänden<br />
wie dem Bund <strong>Natur</strong>schutz oder dem Landesbund<br />
für Vogelschutz.<br />
Seit dem Jahr 2000 haben die <strong>Natur</strong>schutzinitiativen<br />
ein eigenes Dach – die Stiftung Kulturlandschaft<br />
Günztal. Das ist in Bayern einmalig.<br />
Die Stiftung führt eigene Projekte durch, unterstützt<br />
aber auch andere Projektträger. Über die<br />
Stiftung können „Freunde des Günztals“ Spenden,<br />
Zustiftungen oder sogar eigene Treuhandstiftungen<br />
dem Schutz der biologischen <strong>Vielfalt</strong><br />
zugute kommen lassen.
Projekt: Günztal<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: längstes Bachtal<br />
Bayerns, eigene <strong>Natur</strong>schutz-Stiftung<br />
Größe: 710 km 2<br />
Laufzeit: seit 1996<br />
Übergeordnete Organisation:<br />
Stiftung Kulturlandschaft Günztal<br />
Projekterfolge: <strong>Natur</strong>schutz-Management<br />
auf über 400 Hektar Fläche<br />
Weitere Informationen:<br />
www.guenztal.de<br />
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9<br />
Insel der <strong>Vielfalt</strong><br />
Am Rand der Stadt Memmingen liegt das<br />
Benninger Ried. Dieses mit 22 Hektar größte<br />
Kalkquellmoor Bayerns hatte ursprünglich eine<br />
Ausdehnung <strong>von</strong> über 130 Hektar. Heute um-<br />
schließen bebaute und intensiv landwirtschaftlich<br />
genutzte Flächen das Gebiet wie eine Insel.<br />
Dennoch ist die Artenfülle noch immer enorm:<br />
Ein international besetztes Team <strong>von</strong> Wissenschaftlern<br />
fand hier über 1000 Tier- und Pflan-<br />
zenarten. Darunter sind zahlreiche Besonderheiten,<br />
zum Beispiel einige Relikte der letzten<br />
Eiszeit wie Alpen-Maßliebchen oder Alpen-Fettkraut,<br />
die außerhalb der Alpen nur noch sehr<br />
selten vorkommen. Kleiner Blaupfeil und Helm-<br />
Azurjungfer (zwei Libellen) und viele andere<br />
Arten sind auf die konstanten Temperatur- und<br />
Wasserverhältnisse natürlicher Quellmoore<br />
angewiesen. Einmalig ist die Ried-Nelke: Diese<br />
Pflanzenart kommt weltweit nur noch im<br />
Benninger Ried vor.<br />
Baumaßnahmen, Drainagen und Gräben haben<br />
zu einer massiven Störung des Wasserhaushalts<br />
geführt. Um diese Insel der <strong>Vielfalt</strong> zu retten,<br />
wurde deshalb sieben Jahre lang ein <strong>von</strong> der EU<br />
gefördertes LIFE-Projekt umgesetzt. Die übrigen<br />
Kosten übernahmen die Stadt Memmingen,<br />
der Landkreis Unterallgäu sowie der Bayerische<br />
<strong>Natur</strong>schutzfonds. Durch den Rückbau entwässernder<br />
Gräben und einen Anstau der Quellbäche<br />
konnte die Situation entscheidend verbessert<br />
werden. Fast 80 Hektar sind im Besitz der<br />
öffentlichen Hand – nur so war eine so umfassende<br />
Renaturierung des Quellmoores möglich.<br />
Zahlreiche Feucht- und Nasswiesen werden <strong>von</strong><br />
Landwirten gepflegt.<br />
Auch an den Tier- und Pflanzenarten sind inzwischen<br />
erste Projekterfolge ablesbar. So haben<br />
die Bestände <strong>von</strong> Riednelke, Helm-Azurjungfer<br />
und anderen moortypischen Arten innerhalb<br />
der renaturierten Bereiche wieder leicht zugenommen.
Projekt: Benninger Ried<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: größtes Kalkquellmoor<br />
Bayerns, LIFE-Projekt<br />
Größe: 114 Hektar<br />
Laufzeit: 1996 –2003<br />
Träger: Stadt Memmingen,<br />
Landkreis Unterallgäu<br />
Projekterfolge: 51 Hektar angekaufte<br />
oder gepachtete Flächen, 34 Hektar<br />
Vertragsnaturschutzprogramm, Sicherung<br />
der Bestände der Riednelke und<br />
anderer Arten<br />
Weitere Informationen:<br />
www.life-natur.de/deutsch/ben1.html<br />
28 | 29
10<br />
Allgäuer Moorallianz<br />
Hochmoore sind in vielerlei Hinsicht ein besonderer<br />
Lebensraum. Sie entstehen dort, wo<br />
in sehr feuchtem Klima Torfmoose gedeihen<br />
können. Während diese an der Mooroberfläche<br />
wachsen, sterben die unteren Pflanzenteile ab<br />
und werden zu Torf. Pro Jahr kommt etwa 1 mm<br />
hinzu. In intakten Mooren binden die Moose<br />
das klimaschädliche Treibhausgas CO 2 im Torf.<br />
In den etwa 28.000 Hektar naturnahen Mooren<br />
Bayerns werden so jährlich bis zu 15 Millionen<br />
Tonnen Kohlenstoff gespeichert, das sind<br />
mindestens 5 % der jährlichen Emissionen des<br />
Freistaats.<br />
Wegen der hohen Niederschläge und der geologischen<br />
<strong>Vielfalt</strong> konnten sich im Allgäu über<br />
verschiedene Höhenstufen hinweg die unterschiedlichsten<br />
Moortypen entwickeln. Diese<br />
<strong>Vielfalt</strong> gibt es nirgendwo sonst im Alpenraum.<br />
Für den Erhalt der Allgäuer Moorlandschaft tragen<br />
die Landkreise Ostallgäu, Oberallgäu und<br />
Lindau also eine internationale Verantwortung.<br />
Darum haben sie sich, zusammen mit der Stadt<br />
Kempten, zu einer Allianz für die Allgäuer Moore<br />
zusammengeschlossen. Diese Idee eines weiträumigen<br />
Moor-Verbundes wurde bundesweit<br />
ausgezeichnet: Im Wettbewerb idee.natur hatten<br />
sich über 120 Initiativen aus ganz Deutschland<br />
beworben. Die Allgäuer Moorallianz wurde<br />
im Mai 2008 als einer <strong>von</strong> nur 10 Preisträgern<br />
prämiert.<br />
Ein Musterbeispiel einer Moor-Renaturierung<br />
ist unter der Regie des Bundes <strong>Natur</strong>schutz im<br />
Werdensteiner Moos nördlich Immenstadt gelungen.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Forstamt<br />
Kempten bzw. den Bayerischen Staatsforsten<br />
wurden mehr als 100 Dämme errichtet, um die<br />
bestehenden Entwässerungsgräben aufzustauen.<br />
Durch Ehrenamtliche, Zivildienstleistende<br />
und Arbeitseinsätze als „Aktivurlaub im Werdensteiner<br />
Moos“ des Deutschen Alpenvereins und<br />
des Bergwaldprojekt e. V. wurden über 20.000<br />
Arbeitsstunden investiert. Der Erfolg ist sehenswert:<br />
Auf großer Fläche kann das Moor heute<br />
wieder wachsen. Da<strong>von</strong> profitieren viele seltene<br />
und gefährdete Arten, die an die extremen<br />
Lebensverhältnisse angepasst sind – insbesondere<br />
kälteliebende „Eiszeitrelikte“, die in Mooren<br />
seit der letzten Eiszeit überdauern konnten.<br />
Hochmoor-Mosaikjungfer, Hochmoor-Gelbling,<br />
Große Moosjungfer – die Namen verraten es:<br />
diese Arten kommen nur in Mooren vor und<br />
sind entsprechend selten.
Projekt: Allgäuer Moorallianz<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: großräumiger<br />
Moorverbund über drei Landkreise<br />
und eine kreisfreie Stadt, international<br />
bedeutsame <strong>Vielfalt</strong> an Moortypen<br />
Größe: rund 300 km 2<br />
Laufzeit: Seit 2007<br />
Träger: Landkreise Lindau, Oberallgäu,<br />
Ostallgäu, Landschaftspflegeverbände<br />
Oberallgäu und Ostallgäu,<br />
Stadt Kempten<br />
Projekterfolge: Preisträger im Wettbewerb<br />
idee.natur<br />
Weitere Informationen: Homepage<br />
im Aufbau – www.moorallianz.de;<br />
Infos zum Werdensteiner Moos unter<br />
www.kempten.bund-naturschutz.de<br />
30 | 31
11<br />
Vorbild für Bayern<br />
Die Alpen sind weltweit einzigartig: Sie sind die<br />
Heimat <strong>von</strong> etwa 43.000 Tier- und Pflanzenarten,<br />
etwa 15 % der hier lebenden Pflanzenarten<br />
kommen ausschließlich in dem europäischen<br />
Hochgebirge vor. Auch in <strong>Schwaben</strong> bilden<br />
die Alpen den größten zusammenhängenden<br />
Lebensraum. Grund genug, darauf besonders<br />
Rücksicht zu nehmen.<br />
Viele Gemeinden haben den Wert dieser<br />
„Biodiversitäts-Bank“ erkannt und wissen, dass<br />
der Tourismus ansonsten keine Chance hätte.<br />
Zum Beispiel die Gemeinde Bad Hindelang:<br />
Schon in den 1980er Jahren wurde hier erstmals<br />
für Deutschland der freiwillige, kooperative<br />
<strong>Natur</strong>schutz, die Zusammenarbeit zwischen<br />
<strong>Natur</strong>schützern und Landwirten erprobt. Im<br />
Rahmen des „Ökomodell Hindelang“ beteiligten<br />
sich 86 <strong>von</strong> 87 Bergbauern und sicherten so<br />
die großen, für die Alpen typischen und artenreichen<br />
Bergwiesen.<br />
Die <strong>Natur</strong> in Bad Hindelang hat es in sich: Auf<br />
den nicht gedüngten, gemähten oder beweideten<br />
Buckel- und Bergwiesen leben Pflanzenarten<br />
wie das Brand-Knabenkraut, in den angrenzenden<br />
naturnahen Bergmischwäldern gibt<br />
es den Frauenschuh, an den Wildflüssen den<br />
Flussuferläufer und in den höchstgelegenen Regionen<br />
typische alpine Arten wie das Birkhuhn.<br />
Gerade in tieferen Lagen drohen die Wiesen<br />
inzwischen wieder zu verbuschen, weil sich<br />
die Bewirtschaftung für die Bauern kaum mehr<br />
rentiert. Deshalb gibt es jetzt auch in Bad<br />
Hindelang ein BayernNetz <strong>Natur</strong>-Projekt: Älpler,<br />
Forstleute, <strong>Natur</strong>schützer und die Gemeinde<br />
haben gemeinsam festgelegt, welche Bereiche<br />
weiterhin naturschonend genutzt und welche<br />
der <strong>Natur</strong> überlassen bleiben sollen. Förderprogramme<br />
sorgen dafür, dass sich das auch lohnt.
Projekt:<br />
Mager- und Trockenstandorte<br />
Bad Hindelang<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: Ökomodell Hindelang,<br />
Zusammenarbeit zwischen<br />
Älplern, Förstern und <strong>Natur</strong>schützern<br />
Größe: 10,3 km 2<br />
Laufzeit: seit 2007<br />
Träger: Gemeinde Bad Hindelang<br />
Projekterfolge: Scherung <strong>von</strong> über<br />
500 Hektar Bergwiesen<br />
32 | 33
12<br />
<strong>Natur</strong>-Mosaik<br />
Der äußerste Südwesten <strong>Schwaben</strong>s wird gern<br />
übersehen, ist aber etwas ganz Besonderes:<br />
Tiefe Tobel mit nahezu unberührten Schluchtwäldern,<br />
Wiesen und Weiden, Streuwiesen und<br />
Moore sowie Baumhecken bilden ein kleinräumiges<br />
Mosaik unterschiedlicher Lebensräume.<br />
Von dieser <strong>Vielfalt</strong> profitieren zahlreiche Arten:<br />
zum Beispiel Lungen-Enzian und Fieberklee auf<br />
den Streuwiesen und Niedermooren, Kies-Steinbrech<br />
und Quelljungfern in den Tobeln sowie<br />
das Moor-Wiesenvögelchen in den Mooren.<br />
Auch Kuriositäten wie den Warzenbeißer gibt es<br />
hier, eine große Heuschrecke mit beeindruckenden<br />
Mundwerkzeugen, mit denen tatsächlich in<br />
früheren Zeiten Warzen entfernt wurden. In den<br />
Bächen lebt der seltene Schneider – weder eine<br />
Figur aus Grimms Märchen noch ein lästiges<br />
Insekt, sondern vielmehr ein Fisch, der auf<br />
naturnahe, kiesige Bäche und Flüsse angewiesen<br />
ist. Insgesamt wurden im Landschaftsraum<br />
Weiler mehr als 200 Pflanzen-, 42 Tagfalter-,<br />
14 Libellen- und 17 Heuschreckenarten nachgewiesen.<br />
Seit 1994 werden die Streuwiesen wieder<br />
gepflegt, Wiesen naturverträglich genutzt und<br />
Moore renaturiert. Dank der Bereitschaft der<br />
Landwirte und Grundeigentümer konnte so<br />
das wertvolle Landschaftsmosaik und mit ihm<br />
die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt erhalten<br />
werden.
Projekt: Landschaftsraum Weiler<br />
Projektdaten<br />
Besonderheiten: naturnahe Tobel,<br />
Mosaik aus verschiedensten Lebensräumen<br />
Größe: 17,9 km 2<br />
Laufzeit: seit 1994<br />
Träger: Landkreis Lindau<br />
Projekterfolge: ca. 50 Hektar Vertragsnaturschutzprogramm,<br />
Zunahme<br />
ausgewählter Tierarten<br />
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Spezialeinsatz für gefährdete Arten<br />
Artenhilfsprogramme sind spezielle Konzepte<br />
für einzelne, besonders schutz- und pflegebedürftige<br />
Arten. In <strong>Schwaben</strong> gibt es sie für<br />
20 Pflanzenarten und 17 Tierarten bzw. Artengruppen.<br />
Sie werden auf den folgenden Seiten<br />
anhand <strong>von</strong> Beispielen vorgestellt.<br />
Grundlage jedes Artenhilfsprogramms ist eine<br />
genaue Dokumentation der noch vorhandenen<br />
Bestände. Anschließend wird ein detailliertes<br />
Konzept erstellt, in dem dargelegt wird, welche<br />
Maßnahmen zum Schutz der jeweiligen<br />
Art notwendig sind. Entscheidend ist dann die<br />
Umsetzung dieser Vorschläge. Verantwortlich<br />
ist zunächst das Bayerische Landesamt für<br />
Umwelt, in <strong>Schwaben</strong> werden die Arbeiten <strong>von</strong><br />
der höheren <strong>Natur</strong>schutzbehörde koordiniert.<br />
Natürlich braucht die <strong>Natur</strong> auch hier viele Verbündete:<br />
Experten, die geeignete Maßnahmevorschläge<br />
entwickeln können, sowie Behörden,<br />
Kommunen und Verbände, die die Konzepte<br />
dann umsetzen. Auch freiwillige Helfer können<br />
entscheidend sein: So hätte der Wanderfalke<br />
ohne den unermüdlichen Einsatz <strong>von</strong> mehr als<br />
1000 Horstbewachern in Bayern möglicherweise<br />
nicht überlebt. In den 1970er Jahren gab es<br />
nur noch wenige Brutpaare, inzwischen sind es<br />
mehr als 200.<br />
Die Bestände müssen schließlich regelmäßig<br />
überwacht werden. Beispielsweise werden<br />
alljährlich die Kolonien einiger Fledermaus-Arten<br />
gezählt. Bei seltenen Vogelarten wie dem Steinadler<br />
wird sogar der Bruterfolg ermittelt. Nur so<br />
sind die Erfolge auch <strong>von</strong> Dauer.<br />
Die Umsetzung der Artenhilfsprogramme benötigt<br />
einen langen Atem. Zwar konnten inzwischen<br />
viele Arten dauerhaft gerettet werden, die<br />
Hilfsprogramme vieler Pflanzen- und Tierarten<br />
stehen jedoch erst am Anfang. Es gibt also noch<br />
viel zu tun.<br />
Artenhilfsprogramme<br />
36 | 37
Einmalige <strong>Schwaben</strong><br />
Einige Tier- und Pflanzenarten kommen weltweit nur in<br />
Bayern oder sogar nur in <strong>Schwaben</strong> vor. Für die Erhaltung<br />
dieser „Endemiten“ besteht also eine ganz besondere<br />
Verantwortung.<br />
Mindestens 54 Pflanzenarten zählen dazu. In Artenhilfsprogrammen<br />
unterstützt die höhere <strong>Natur</strong>schutzbehörde der<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwaben</strong> Maßnahmen, die auf die Bedürfnisse<br />
dieser Arten zugeschnitten sind.<br />
Beispiel dafür ist das Augsburger Steppen-<br />
Greiskraut, eine Pflanze, die ausschließlich auf<br />
Lechheiden südlich <strong>von</strong> Augsburg vorkommt.<br />
Durch eine gezielte Beweidung konnte der<br />
Gesamtbestand auf über 1000 Individuen<br />
stabilisiert werden.<br />
Auch die Ried-Nelke, die weltweit nur im Benninger<br />
Ried bei Mindelheim lebt, wurde durch<br />
die Pflege und Wiedervernässung des Quellmoores<br />
gerettet.
Das Bodensee-Vergissmeinnicht lebt in Strand<br />
rasen des „Schwäbischen Meeres“, des Bodensees,<br />
allerdings nicht nur in Bayern, sondern<br />
auch an den Seeufern <strong>von</strong> Baden-Württemberg,<br />
Österreich und der Schweiz. Extreme Treibholzmengen<br />
und Trittschäden durch eine intensive<br />
Freizeitnutzung haben dazu geführt, dass diese<br />
schöne Blume an vielen Bodenseeufern inzwischen<br />
verschwunden ist. Nur durch konsequenten<br />
Schutz konnten die letzten Vorkommen<br />
gerettet werden.<br />
Weitere Informationen:<br />
http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/artenhilfsprogramm_pflanzen/index.htm<br />
Ein weiterer bayerischer Ureinwohner ist das<br />
Bayerische Löffelkraut, das in offenen Quellfluren<br />
im Ost- und Unterallgäu vorkommt.<br />
Diese Art wurde erst im Jahr 1985 entdeckt<br />
und beschrieben. Unmittelbar danach wurde<br />
mit einem Schutzprogramm begonnen: die<br />
wertvollen Quellbereiche wurden gesichert und<br />
freigestellt.<br />
Artenhilfsprogramme<br />
Pflanzen<br />
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Außergewöhnliche Geschöpfe<br />
Auch für einige Tierarten sind besondere Anstrengungen<br />
nötig, um sie unserer Nachwelt zu<br />
erhalten. Klassisches Beispiel ist der Weißstorch,<br />
der auf Hausdächern brütet und vor allem in<br />
feuchten Wiesen seine Nahrung sucht. Durch<br />
Nisthilfen, die Sicherung <strong>von</strong> Feuchtwiesen und<br />
die Anlage <strong>von</strong> Tümpeln hat sich der schwäbische<br />
Bestand um den Faktor acht <strong>von</strong> 4 Brutpaaren<br />
auf inzwischen 32 Paare erhöht.<br />
Weitere Informationen:<br />
http://www.lbv.de/artenschutz/voegel/weissstorch.html<br />
http://www.lbv.de/artenschutz/voegel/wiesenweihe.html<br />
http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/fische_muscheln_krebse/muscheln/index.htm<br />
Die Bachmuschel lebt in sauberen Bächen<br />
und war früher in ganz Mitteleuropa so häufig,<br />
dass sie an Schweine verfüttert wurde. Durch<br />
die Verschmutzung der Gewässer nahmen die<br />
Bestände dramatisch ab. In ganz Bayern gibt es<br />
nur noch etwa 60 Vorkommen. Mit ca. 10.000<br />
Individuen lebt eine der größten Populationen<br />
im Nebel-, Kloster- und Brunnenbach bei Dillingen.<br />
Vorsichtige Renaturierungsmaßnahmen<br />
durch die Wasserwirtschaftsverwaltung und<br />
die Verbesserung der Wasserqualität führten zu<br />
einer Stabilisierung des Bestandes.
Auch einige auffällige Schmetterlinge stehen im<br />
Fokus: Zum Beispiel der Hochmoor-Gelbling,<br />
der ausschließlich in Hochmooren lebt – für<br />
diesen Falter werden Moore wiedervernässt und<br />
<strong>von</strong> Gehölzen befreit; oder der Blauschillernde<br />
Feuerfalter, der an wenigen Orten in feuchten<br />
Brachen in Mooren vorkommt.<br />
Artenhilfsprogramme<br />
Tiere<br />
In Bayern lebt auch der größte Bestand der<br />
Wiesenweihe in Mitteleuropa. Dieser Greifvogel<br />
brütet vor allem in Wintergetreidefeldern<br />
strukturreicher Ackerlagen. Das Nördlinger Ries<br />
ist einer <strong>von</strong> drei bayerischen Verbreitungsschwerpunkten.<br />
Freiwillige Vereinbarungen mit<br />
Landwirten, die bei der Ernte den Raum um<br />
die Nester <strong>von</strong> der Mahd verschonen, führten<br />
dazu, dass der Bestand auf 13 Brutpaare angestiegen<br />
ist.<br />
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<strong>Vielfalt</strong> braucht Raum<br />
Nur 7 % der Fläche <strong>Schwaben</strong>s sind in der amtlichen<br />
Biotopkartierung erfasst. Das ist eindeutig<br />
zu wenig, denn die Arten brauchen Raum: Flächen,<br />
die groß genug sind, dass Populationen<br />
auch langfristig überleben, und einen Verbund,<br />
der einen Austausch ermöglicht. Ein großräumiger<br />
Biotopverbund aus ausreichend großen<br />
Flächen, die nahe genug beieinander liegen<br />
oder miteinander vernetzt sind, ist deshalb ein<br />
wichtiges Ziel bayerischer <strong>Natur</strong>schutzpolitik.<br />
Gebiete mit einem hohen Anteil an wertvollen<br />
Gebieten sind besonders artenreich. Sie sind<br />
die „Hot Spots“ der Biodiversität. In <strong>Schwaben</strong><br />
sind dies zum Beispiel die Alpen mit ihren<br />
ausgedehnten Bergwäldern und -weiden, das<br />
an Mooren besonders reiche Alpenvorland oder<br />
das Donauried und die Frankenalb im Norden.<br />
Andere Räume sind besonders wichtige Biotop-<br />
verbundachsen, zum Beispiel das Lech-, Günz-<br />
und Illertal, die die Alpen oder den Süden<br />
<strong>Schwaben</strong>s mit dem Norden verknüpfen.<br />
International ist das Donautal herausragend:<br />
über sieben Staaten verbindet es Mittel- und<br />
Ost europa bis zum Schwarzen Meer.<br />
Diese Gebiete brauchen besondere Aufmerksamkeit.<br />
Deshalb werden hier häufig Bayern-<br />
Netz <strong>Natur</strong>-Projekte umgesetzt. Teilweise – wie<br />
im Gesamtökologischen Gutachten Donauried<br />
und in der Allgäuer Moorallianz – werden weitreichende<br />
Konzepte entwickelt.<br />
Vermittler zur <strong>Natur</strong><br />
In den Allgäuer Alpen, am Bodensee, in den<br />
Allgäuer Mooren und im Günztal fördert der<br />
Bayerische <strong>Natur</strong>schutzfonds Betreuer, die sich<br />
ausschließlich um diese Gebiete kümmern.<br />
Mit ihrer Arbeit sind diese Gebietsbetreuer das<br />
Bindeglied zwischen <strong>Natur</strong>schutzverwaltung<br />
und Landnutzern. In Vorträgen, Führungen und<br />
Einzelgesprächen sensibilisieren sie Besucher<br />
und Grundeigentümer für die Schönheiten der<br />
<strong>Natur</strong> und beraten zu einer naturverträglichen<br />
Nutzung.<br />
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Herausgeber: <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwaben</strong>, Fronhof 10, 86152 Augsburg<br />
www.regierung.schwaben.bayern.de<br />
Text und Konzeption: PAN Planungsbüro für angewandten <strong>Natur</strong>schutz GmbH –<br />
www.pan-gmbh.com<br />
Layout und Gestaltung: Thomas Dürst, München – www.thomas-duerst.de<br />
Fotos: Hubert Anwander, Werner Burkhart, Thomas Dürst, Holger<br />
Duty/Foto<strong>Natur</strong>, Thomas Gretler, Peter Harsch, K. Heinze,<br />
Susanne Hochwald, Otto v. Helversen, Martin Königsdorfer,<br />
LBV-Archiv (A. Hartl, A. v. Lindeiner, E. Pfeuffer,<br />
Z. Tunka, Tuschl), Klaus Leidorf, Luftbildverlag H. Bertram<br />
GmbH, Ulrich Mäck, Christina Meindl, Klaus Möller, Erhard<br />
Nerger/Bildermehr, Stefan Ott/Foto<strong>Natur</strong>, Herbert Partsch,<br />
Stefan Pscherer, Günter Riegel, Jens Sachteleben, Herbert<br />
Stadelmann, Stefan Tewinkel, Julia Wehnert, Henning<br />
Werth, Andreas Zehm, Sven Zellner, Wolfgang Zerbst<br />
Druck: Kessler Druck + Medien, Bobingen<br />
Stand: Juni 2008<br />
© <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwaben</strong>, alle Rechte vorbehalten<br />
Diese <strong>Broschüre</strong> wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die<br />
Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Für die<br />
Inhalte fremder Internetangebote sind wir nicht verantwortlich.<br />
Die <strong>Broschüre</strong> wurde mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt,<br />
Gesundheit und Verbraucherschutz sowie aus Mitteln der Europäischen Union<br />
gefördert.<br />
Foto-Hinweise:<br />
S. 2: Krummenbachmoos<br />
S. 4: Flussuferläufer, Samtfußrübling, artenreiche Blumenwiese, Becherflechte<br />
S. 5: artenreiche Wiese, Landschaftsverbrauch durch Verkehr und Gewerbe<br />
(Verkehrsknoten Gersthofen Nord und Gewerbegebiet)<br />
S. 6: Wiedehopf, Netz einer Baldachinspinne, Olympiazeltdach München<br />
S. 7: Pilz, Marienkäfer im Morgentau, Blumenwiese<br />
S. 9: Landwirt bei Pflegearbeiten, Moorrenaturierung Werdensteiner Moos<br />
S. 12: Kantenlauch, Kiebitz, Pfäfflinger Wiesen<br />
S. 13: Großer Brachvogel<br />
S. 14: Frühlings-Enzian, Kleines Knabenkraut, Silberdistel<br />
S. 15: Heide am Rollenberg<br />
S. 16: Blaukernauge, Rohrdommel, Vogel-Azurjungfer<br />
S. 17: Donauried bei Blindheim<br />
S. 18: Kranich, Laubfrosch, Sibirische Schwertlilie<br />
S. 19: Leipheimer Moos<br />
S. 20: Schafherde auf dem Lechfeld, Schlingnatter, Sumpf-Gladiole<br />
S. 21: Lechheide mit Klebrigem Lein<br />
S. 22: Grüne Keiljungfer, Breitblättriges Knabenkraut, Blaukehlchen<br />
S. 23: Feuchtwiese an der Ecknach<br />
S. 24: Wald-Wiesenvögelchen, Eschen-Auwald, Mühlkoppe<br />
S. 25: bunte Blumenheide an der Wertach<br />
S. 26: Eiszeitrelikt Alpen-Aurikel, Günz, Blauflügelige Prachtlibelle<br />
S. 27: Eisvogel<br />
S. 28: Kleiner Blaupfeil, Helm-Azurjungfer, Ried-Nelke<br />
S. 29: Blick auf das Benninger Ried<br />
S. 30: Hochmoor-Gelbling, Torfmoos, Alpen-Smaragdlibelle<br />
S. 31: Schönleitenmoos<br />
S. 32: Birkhahn, Brand-Knabenkraut, Frauenschuh<br />
S. 33: Magerrasen und Hinterstein<br />
S. 34: Lungenenzian, Fieberklee, Warzenbeißer<br />
S. 35: Blick auf Weiler, Kesselbachschlucht, Feuchtwiese mit Trollblumen<br />
im Wildrosenmoos<br />
S. 37: Wanderfalke, Großes Mausohr, Steinadler<br />
S. 38: Augsburger Steppen-Greiskraut, Ried-Nelke<br />
S. 39: Bodensee-Vergissmeinnicht , Bayerisches Löffelkraut<br />
S. 40: Weißstorch, Bachmuschel<br />
S. 41: Blauschillernder Feuerfalter, Wiesenweihe<br />
S. 43: im Donauried, Heide am Rollenberg, Allgäuer Hochalpen (Wildenmassiv<br />
und Eisseen), Wildrosenmoos