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Der Lange Weg Der Jeans

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Material Gruppe A:„<strong>Der</strong> lange <strong>Weg</strong> der <strong>Jeans</strong>“ – oder „Wie Baumwolle unsere Erde prägte undprägt“Arbeitsaufgaben: Versuche anhand der Materialien die geschichtliche Entwicklung derBaumwollnutzung nachzuvollziehen und achte dabei auf die (Deiner Meinungnach) wichtigsten Aspekte. Verfolge den <strong>Weg</strong> einer <strong>Jeans</strong> vom Ursprung der Baumwolle bis in denHandel. Schätze die dabei zurückgelegte <strong>Weg</strong>strecke ab (Tipp: Verwendehierfür einen Atlas) und denke darüber nach, welche Auswirkungen dies aufdie Umwelt haben könnte. Welchen Einfluss können hier unterschiedlicheTransportmöglichkeiten (per Flugzeug, per Schiff oder via LKW) haben? Bereite Deine Ergebnisse so vor, dass Du sie Deinen Klassenkameradenpräsentieren kannst. Du kannst dazu auch Karten oder Folien benutzen.Achtung: Deine Arbeitsgruppe hat nur 30 Minuten Zeit zur Erarbeitung und nur5 Minuten Zeit zur Präsentation – überlegt Euch also, welche Informationenwirklich wichtig sind und wie Ihr diese möglichst verständlich darstellt!Kleiner Tipp:Vielleicht teilt Ihre Eure Gruppe in zwei Einheiten auf – die eine bearbeitet dieGeschichte der Baumwolle, die andere die Reise der <strong>Jeans</strong>.1


Kleine Geschichte der BaumwolleWann, wo und wie die Baumwolle erstmals als pflanzlicher Rohstoff verwendetwurde, lässt sich nicht genau bestimmen. Man kann jedoch davon ausgehen, dassseit rund sechstausend Jahren Baumwolle in verschiedenen Kulturen angebaut undzu Textilien verarbeitet wird. Zivilisationsgeschichtlich wurde durch die Baumwolle –und durch Leinen – die vorerst auf Tierfelle und Wolle beschränkte Palette derBekleidungsmaterialien durch Fasermaterialien erweitert. Die frühesten Fundezersetzter Kapseln von Baumwollpflanzen und daraus hergestellter Fasern undStoffe stammen wohl aus einer Höhle bei Tehuacán in Mexiko. Ihr Alter wird aufüber 5 800 Jahre geschätzt. Die ältesten Funde in der Alten Welt wurden in Pakistan,China und Indien gemacht. Sie werden auf 3 000 v. Chr. datiert. <strong>Der</strong> Anbau vonBaumwolle erfolgte in Indien schon damals im großen Maßstab. Indien konnte seineweltweite Monopolstellung im Anbau und in der Verarbeitung von Baumwolle überzwei Jahrtausende behaupten. Zu jener Zeit – also lange bevor Baumwolle in Europaüberhaupt eingeführt wurde – hatten die Hindus schon einfacheEntkörnungsmaschinen, Spinnräder und Webstühle. Ihre Technik war bereits soausgereift, dass sie Stoffe herstellen konnten, von denen behauptet wurde, sie seienso fein wie Gewobener Wind und kaum in der Hand noch auf der Haut zu spüren. DieBaumwolle wird in Sanskrit- Schriftstücken und in der Bibel erwähnt.Bis zur Ära Alexander des Großen wurden in den damaligen Hochkulturen dieNaturfasern Seide (China), Baumwolle (Indien), Flachs (Ägypten) und Wolle(Griechenland und Römisches Reich) vorrangig erzeugt und für Kleidung verwendet.Im Alten Rom galten Baumwollstoffe als Luxusprodukt, aus dem unter anderemSonnensegel, Decken und Segeltuch erzeugt wurden. Die Feldzüge Alexanders desGroßen im 4.– 3. Jahrhundert v. Chr., brachten die Baumwolle nach Iran, in denarabischen Kulturraum und in die Westtürkei. Schließlich waren es die Sarazenenund Mauren, die im Gefolge ihrer Eroberungen im 8.–10. Jahrhundert n. Chr. dieBaumwollsorte Gossypium herbaceum aus Arabien und Syrien nach Nordafrika,Südspanien und Sizilien mitbrachten.Vom Mittelalter an wurden Baumwollprodukte von Indien auf Wasserwegen und mitKamelen bis nach Alexandria transportiert. Von dort aus weiter in den Okzident. InÄgypten setzte der Baumwollanbau erst im 16. Jahrhundert ein!2


Auch in Europa hielt die Baumwolle vergleichsweise erst sehr spät ihren Einzug. <strong>Der</strong>genannte, von Alexander dem Großen eröffnete Handelsweg wurde im Mittelaltervon Venedig dominiert. Venedig entwickelte sich im frühen Mittelalter zumbedeutendsten europäischen Handelsort und Verarbeitungszentrum für Baumwolle.Abgelöst wurde es in späteren Jahrhunderten durch Lissabon, Sevilla undAntwerpen. In diesen Metropolen entstanden feinste Baumwollstoffe, der GewobeneWind, den zu tragen im Europa des 16. Jahrhunderts noch als Luxus galt. Es waraber schon damals bekannt, dass die Baumwollpflanze nicht nur Fasern, sonderneine reiche Palette von Produkten verschiedenster Verwendungsmöglichkeitenliefert. […] Beim Versuch, eine neue Handelsroute nach Indien zu finden, entdeckteChristoph Columbus 1492 Amerika. Damit war der Brückenschlag zur Neuen Weltgeschaffen. Ein enormer wirtschaftlicher Aufschwung vieler europäischer Länder, vorallem der Seeschiffahrtsnationen England, Spanien und Portugal begannen.Dennoch blieben aufgrund der weiten Transportwege zu Schiff und über Land sowieder schwierigen Verarbeitung – vom Anbau über Ernte und Entkörnung bis zumfertigen Textilprodukt – Baumwollstoffe auch weiterhin ein Luxusgut.Im 17. Jahrhundert setzte dann – sozusagen im Gleichschritt mit der industriellenRevolution – ein unaufhaltsamer Aufschwung der Bedeutung von Baumwolle ein.Nachdem die Engländer indische Baumwollsamen in die neu erobertennordamerikanischen Gebiete eingeführt hatten, entstand dort in kurzer Zeit eines derwichtigsten Anbaugebiete. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die zeitlichaufwendige Ernte und das schwierige Entkörnen der Samenhaare der Baumwollehauptsächlich von Sklaven bewerkstelligt. <strong>Der</strong> Anteil der Baumwolle am Weltmarktbetrug aber bis ins 18. Jahrhundert hinein lediglich 4 Prozent. Zwischen 1750 und1850 bestimmte King Cotton im berühmten Dreieckshandel – mexikanischeBaumwolle, afrikanische Sklaven, englische Stoffe – die Weltwirtschaft. Indien, derdamalige Hauptkonkurrent Englands für Baumwollprodukte, wurde durchEinfuhrverbote für indische Textilerzeugnisse vom englischen Markt ausgeschlossenund so zum Rohstofflieferanten degradiert. Die stark steigendenRohbaumwollimporte veranlassten die britische Schafwollindustrie zu einembeispiellosen, chauvinistisch geprägten Feldzug gegen indische Baumwolle, derenGebrauch sie als minderwertig und geschmacklos denunzierte. […]Ab 1770 setzte die englische Textilindustrie die ersten Spinnmaschinen und zwanzigJahre später die erste Dampfmaschine in einer Weberei ein. Damit war England zu3


Beginn des 19. Jahrhunderts in der Baumwollproduktion und […] der Verarbeitungweltweit führend. Im Nu hatte sich somit die Baumwolle infolge der schnellen undumfassenden Mechanisierung der Anbau-, Ernte- und Verarbeitungsmethoden zumMassenprodukt und zum eigentlichen Exportschlager entwickelt. Nach demAmerikanischen Bürgerkrieg sah England seine Vormachtstellung imBaumwollgeschäft gefährdet und brach die Handelsbeziehungen zum ErzeugerlandUSA ab. Neue Produktionsstandorte wurden bestimmt: Zuerst in Ägypten, wo mitWasser aus dem Nil große Gebiete für den Baumwollanbau erschlossen werdenkonnten. […]Noch Mitte des 19. Jahrhunderts wurden 80 Prozent der in Europa verbrauchtenBaumwolle von schwarzen Sklaven aus dem Baumwollgürtel der USA gepflückt. Dieersten Erntemaschinen fuhren um 1920 über nordamerikanische Felder. Pro Stundekonnten so 700 bis 1 500 Kilogramm abgeerntet werden, für die 20 Pflücker sonsteinen ganzen Tag arbeiten mussten. Es war und ist aber bekannt, dasshandgepflückte Baumwolle bessere Qualität hat, da bei der Handarbeit nur reife undausgewachsene Faserbüschel geerntet werden.Diese rasanten Veränderungen der nordamerikanischen Baumwollindustrie verhalfender Baumwolle zum Durchbruch auch auf dem europäischen Markt, wo sie dieeinheimischen Textilfasern Flachs und Schafwolle weitgehend verdrängte: 75Prozent der Textilien bestanden um 1900 aus dieser Naturfaser Baumwolle, die sichso vom Luxusgut zum Stoff für den alltäglichen Gebrauch wandelte.4


Die lange Reise einer <strong>Jeans</strong><strong>Jeans</strong>hosen sind Weltenbummler. Bis sie in deutschen Regalen liegen, haben sie inder Regel eine sehr lange Reise hinter sich. Denn die Baumwolle wächst nur inwarmen Ländern, verarbeitet wird sie hingegen dort, wo die Arbeitskräfte ambilligsten sind und gekauft werden <strong>Jeans</strong> in den reichen Industrieländern.Um die Reisestationen einer <strong>Jeans</strong> zu verfolgen, müssen wir zum Beispiel inKasachstan anfangen. Hier wächst die Baumwolle in großen Plantagen. Sie wird vonHand oder mit der Maschine geerntet und anschließend in die Türkei versandt. Dortwird die Baumwolle in Spinnereien zu Garn gesponnen. Aus diesem Bauwollgarnwird in den Webereien in Taiwan der <strong>Jeans</strong>stoff hergestellt.In Polen wird die chemische Indigofarbe (blau) zum Einfärben des <strong>Jeans</strong>stoffesproduziert. In Tunesien werden das Garn aus der Türkei und der <strong>Jeans</strong>stoff ausTaiwan mit der Indigofarbe aus Polen eingefärbt. In Bulgarien wird der jetzt fertige<strong>Jeans</strong>stoff veredelt, d.h. weich und knitterarm gemacht.In China wird die <strong>Jeans</strong> zusammengenäht, mit Knöpfen und Nieten aus Italien undFutterstoff aus der Schweiz. Anschließend bekommt die <strong>Jeans</strong> in Frankreich denletzten Schliff. Sie wird gewaschen, z.B. mit Bimsstein aus Griechenland, wodurchsie den „stone-washed-effect“ erhält.Schließlich wird in Deutschland das Firmen-Label in die <strong>Jeans</strong> eingenäht und sieerhält den Aufdruck „Made in Germany“! Am Ladentisch angelangt, hat die <strong>Jeans</strong>bereits viele Kilometer zurückgelegt und sich dabei sehr negativ auf unser weltweitesÖkosystem ausgewirkt. Auf den Tausenden von Transportkilometern werden vielErdöl verbraucht und große Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre eingebracht.Nachdem die <strong>Jeans</strong> in Deutschland gekauft, getragen und altmodisch geworden ist,wandert sie meistens in die Altkleidersammlung.Jetzt geht die getragene <strong>Jeans</strong> ein zweites Mal auf Reise. Meist wird sie zu einemholländischen Betrieb transportiert, der die ankommende Kleidung sortiert.Anschließend wird sie per Schiff nach Afrika gebracht und mit dem LKW ins Inlandweitertransportiert. So legt die <strong>Jeans</strong> noch einmal rund 8000km zurück.Am Zielort angekommen, wird sie auf Märkten an die einheimische Bevölkerungverkauft. Für viele afrikanische Textil- und Handelsfabriken bedeutet dieserAltkleiderverkauf das Aus. Sie büßen durch die Konkurrenz erheblich an Umsatz ein5


und gehen Pleite. Viele Leute verlieren ihren Arbeitsplatz. Inzwischen gibt esKleidersammlungen, die bei der Sammlung für eine faire Verwertung sorgen.Die vielen Transportkilometer kommen zustande, weil bei der <strong>Jeans</strong>produktion immerdie billigste Möglichkeit bevorzugt wird, auch wenn es auf Kosten derArbeitnehmerInnen und der Umwelt geht.6

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