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Michael Goderbauer_kanada_05.06

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Warum Kanada?<br />

„Mike’s Canada Adventures“<br />

Ein Erfahrungsbericht über mein Austauschjahr<br />

in Saskatchewan, Kanada<br />

<strong>Michael</strong> (Mike) <strong>Goderbauer</strong><br />

Hallo, mein Name ist <strong>Michael</strong> <strong>Goderbauer</strong> und ich<br />

habe ein Schuljahr in Saskatchewan, Kanada<br />

verbracht. Schon Anfang der 9. Klasse entstand bei<br />

mir die Idee, für ein Jahr ins Ausland zu gehen, und so<br />

habe ich angefangen im Internet und in diversen<br />

Büchern viel über das Thema zu lesen. Meine<br />

Begeisterung wuchs und wuchs und so habe ich mich<br />

für das Kanada-Programm der Organisation<br />

EUROVACANCES angemeldet. Warum Kanada und<br />

warum ich sofort wieder losfliegen würde? Lest<br />

weiter...<br />

Die USA war mir zu der Zeit, als ich plante, für ein Schuljahr ins Ausland zu<br />

gehen, politisch „nicht ganz geheuer“ und ich finde, dass Kanada einfach ein<br />

beeindruckendes Land ist. Wo sonst leben auf einer Fläche, die 30-mal so groß ist<br />

wie Deutschland, gerade mal 31 Millionen Menschen unterschiedlichster Herkunft<br />

zusammen? (Deutschland: 82 Mio.) Die Vorbereitung durch EUROVACANCES hat<br />

mir sehr gut gefallen. Es gab ein regionales Vorbereitungstreffen und ein<br />

1


undesweites Vorbereitungsseminar in einer Göttinger Jugendherberge. Auf<br />

dieser 3-tägigen Veranstaltung habe ich die anderen Kanadafahrer kennen<br />

gelernt. Zusammen hatten wir viel Spaß und wurden umfassend über unser<br />

„Abenteuer Kanada“ informiert sowie auf eventuelle Problemsituationen<br />

vorbereitet. Mit diesem Wissen konnte es endlich losgehen.<br />

Der Abschied<br />

Am 27. August stand ich dann mit voll gepackten Koffern und einem mulmigen<br />

Gefühl am Flughafen Münster-Osnabrück. Was hatte ich mir da Großes<br />

vorgenommen! Als ich mich von meinen Eltern verabschiedete und durch die<br />

Sicherheitskontrollen entschwand, schien das vor mir liegende Jahr auf einmal<br />

so lang. Mit diesem Gefühl stieg ich in Münster ins Flugzeug. Doch als ich in<br />

Frankfurt meine Freunde und Kanada-Mitfahrer aus Göttingen wieder traf, ließ<br />

ich mich von deren Vorfreude auf das Unbekannte anstecken. Zusammen mit<br />

ihnen passierte ich endlose Sicherheits- und Zollkontrollen, bis wir dann endlich<br />

im Flug LH470 mit dem Ziel Toronto/Kanada saßen.<br />

Endlich Kanada<br />

Dass ich in Kanada angekommen war, merkte ich sofort am Flughafen in Toronto.<br />

Alles war größer und wirkte gelassener als noch in Frankfurt – und auf einmal<br />

sprach alles um mich herum Englisch!<br />

Zunächst einmal mussten wir Austauschschüler einen Einreisestempel für unser<br />

Visum besorgen. Dazu blickte uns ein uniformierter Beamter Kanadas tief in die<br />

Augen, bevor er uns einen Stempel in den Reisepass drückte. Noch schnell das<br />

Gepäck abholen, den Zoll passieren und wir wurden in die Arme der kanadischen<br />

Partner-Austauschorganisation „Nacel“ entlassen. Die führte uns sogleich in ein<br />

Marriott-Hotel****, wo wir nach dem langen Transatlantikflug müde ins Bett<br />

fielen. Am nächsten Tag stand ein erlebnisreiches Sightseeing-Programm durch<br />

das sommerlich heiße Toronto auf dem Plan. Es ging zu den weltweit bekannten<br />

Niagara-Fällen, die wir auf einem Boot von nächster Nähe aus sahen, wobei wir<br />

klitschnass wurden. Nach einem kleinen Snack im Hard Rock Café Toronto<br />

brachte uns der Bus zum CN-Tower. Von diesem 553,33m hohen Fernsehturm<br />

hatten wir einen atemberaubenden Blick über die Millionen-Metropole.<br />

Die drei Tage in Toronto habe ich sehr genossen. Man war zwar schon in fremder<br />

Umgebung, hatte aber durch die anderen deutschen Austauschschüler immer<br />

noch das Bekannte um sich herum. Am nächsten Tag machte sich jeder von uns in<br />

einem anderen Flug auf zu seiner Gastfamilie in den unterschiedlichsten Ecken<br />

Kanadas. Mich hatte es nach Saskatchewan genau in die Mitte des Landes<br />

verschlagen.<br />

2


Niagara Falls<br />

Meine Gastfamilie und mein neues Zuhause<br />

Meinen ersten Tag in Saskatchewan werde ich wohl nie vergessen. Ich betrat die<br />

Vorhalle des kleinen Flughafens von Saskatoon und vor mir stand ein ganzer Pulk<br />

aus Kanadiern, die alle irgendwelche Leute erwarteten – darunter auch meine<br />

Gasteltern. Ich hatte diese zwar schon zuvor auf Bildern gesehen, trotzdem<br />

wusste ich nicht, wonach ich Ausschau halten sollte, bis dann eine Stimme von<br />

links „Mikle?“ rief. Meine Gasteltern Brian und Karen Crawley waren mir von<br />

Anfang an sympathisch. Auf der etwa zweistündigen Autofahrt zu ihrem Haus<br />

haben wir viel über Kanada, Deutschland, meine „neue“ Familie, meine „alte“<br />

Familie und über Schule geredet. Meine Gastmutter Karen unterrichtet an einer<br />

Grundschule und mein Gastvater Brian ist als Lehrer für Mathematik, Chemie<br />

und Psychologie an derselben Highschool tätig, an der ich auch mein kanadisches<br />

Schuljahr verbracht habe.<br />

Am Crawley-House angekommen habe ich mich sofort in meinem eigenen Zimmer<br />

schlafen gelegt. Es war schließlich schon ein Uhr nachts und am nächsten Tag<br />

sollte bereits die Schule beginnen.<br />

Am folgenden Morgen habe ich beim Frühstück auch meine beiden Gastbrüder<br />

Alex und Kian kennen gelernt. Beide machten auf mich einen überaus netten<br />

Eindruck und ich habe mich mit ihnen auch das ganze Jahr über super<br />

verstanden. Alex ist der ältere und ging damals in die 11. Klasse. Seine großen<br />

3


Leidenschaften sind das Joggen (im Sommer) und der Biathlon-Sport (im<br />

Winter). Kian besuchte die 9. Klasse und ihm geht nichts über sein heiß geliebtes<br />

Eishockey. Dass die Hockey-Spieler genau in dem Jahr, in dem ich da war,<br />

streikten („Lock-Out“), hat ihm natürlich ganz und gar nicht gepasst. Wenn ich<br />

schon den weiten Weg nach Kanada komme, dann müsste ich doch auch ein echt<br />

kanadisches NHL-Hockeyspiel miterleben, um den wahren Geist Kanadas zu<br />

erfassen, meinte er.<br />

Meine Gastfamilie<br />

Der erste Schultag<br />

Nach dem typisch kanadischen Frühstück (Cornflakes und Toastbrot mit Peanut-<br />

Butter) holte der gelbe Schulbus uns drei Jungen vom Crawley-House ab. Zu<br />

meiner Überraschung war dieser Schulbus wirklich genau so gelb, wie man es von<br />

den amerikanischen Filmen her kennt. Der Bus brachte uns pünktlich zum<br />

Schulstart um 9 Uhr ins 30 Minuten entfernte Medstead. Die Medstead Central<br />

School ist eher klein. Das Schulzentrum umfasste nur 180 Schüler – und zwar<br />

vom Kindergarten bis zur 12. Klasse. Die einzelnen Klassen waren also eher klein<br />

und für mich war dies gegenüber meiner knapp 1400 Schüler umfassenden<br />

deutschen Schule eine Umstellung. Zwischen Lehrern und Schülern lief alles sehr<br />

persönlich ab und man kannte sich unter den Schülern. Letzteres kam auch mir<br />

zugute, denn so konnte ich schnell Anschluss finden. Der Schulleiter<br />

Mr. Schneider hatte mich gleich am ersten Tag vor der versammelten<br />

Schülerschaft als „Mike from Germany“ vorgestellt. So war ich gleich der ganzen<br />

Schule ein Begriff und alle haben mich von da an nur noch „Mike“ genannt. Als<br />

Begrüßungsgag hat mir Mr. Schneider, der immer zu einem Scherz aufgelegt war,<br />

gleich eine kleine Kanada-Fahne überreicht.<br />

Eingestuft wurde ich zunächst in die 11. Klasse. Hier habe ich auch recht schnell<br />

neue Freunde gefunden. Die Schule hatte schon lange keinen Austauschschüler<br />

mehr gehabt und jeder wollte irgendetwas über Deutschland wissen. Am meisten<br />

beeindruckt hat die Kanadier wohl die deutsche Autobahn. Kann man da wirklich<br />

4


so schnell fahren, wie man will, fragten sie mich immer wieder ungläubig. Wenn<br />

ich das bejahte, stellten sie häufig nüchtern fest, dass dann in Deutschland wohl<br />

jeder einen Porsche fahren müsse. Der Porsche galt als Traumauto vieler meiner<br />

Mitschüler.<br />

Mit der englischen Sprache hatte ich von Beginn an wenig Probleme. Zwar haben<br />

die Kanadier eine etwas andere Aussprache, als die, die ich im deutschen<br />

Englischunterricht gelernt hatte, trotzdem konnte ich mich immer ohne<br />

Probleme in Englisch verständigen. Nach ein, zwei Monaten war ich sogar so weit,<br />

dass ich nur noch in Englisch dachte. Das hat vor allem meine deutsche Familie<br />

gemerkt, wenn ich mit ihnen telefoniert habe. Die englischen Begriffe fielen mir<br />

dann schon mal schneller ein als die deutschen und häufig gebrauchte Wörter<br />

wie „Ja“ oder „Nein“ kamen reflexartig nur noch als „Yes“ und „No“ aus meinem<br />

Munde. Das war schon komisch, als ich meine eigene Muttersprache nicht mehr<br />

flüssig sprechen konnte.<br />

Auch schulisch bin ich in Kanada gut mitgekommen. Der Unterricht verlangte viel<br />

selbstständiges Arbeiten und hat mir richtig Spaß gemacht. Es blieb immer Zeit<br />

für einen kleinen Scherz am Rande oder der Schulleiter kam auch mal gerne in<br />

den Unterricht und gab seinen neusten Lieblingswitz zum Besten. Alle Schüler<br />

hielten immer zusammen und setzten sich für ihre Schule ein. Der kanadische<br />

„School-Spirit“ ist einfach unbeschreiblich.<br />

Meine Umgebung<br />

Mein Gastvater hatte am Anfang – wie er mir später sagte – Angst, dass ich<br />

gleich nach dem ersten Tag wieder abreisen würde und zurück nach Deutschland<br />

wollte. Das war natürlich überhaupt nicht der Fall. Aber meine Gastfamilie lebte<br />

schon recht einsam. Um zum Haus von ihnen zu gelangen, musste man, nachdem<br />

man von der letzten geteerten Straße abbog, noch 30 Minuten auf einer so<br />

genannten „Gravel-Road“ (unbefestigte Schotterstraße) fahren. Mein neues<br />

Heimat-„Dorf“ Sandwith zählte grob geschätzt fünf Häuser und sonst waren da<br />

nichts als Felder, Wiesen und noch mehr Felder. Post gab es nur zweimal die<br />

Woche. Alles war flach und man konnte Kilometer weit schauen. Auch die<br />

Straßen gingen nur geradeaus. Wenn sich dann doch mal eine Kurve anbahnte,<br />

wurde man mit einem großen Schild „Achtung Kurve“ vorher gewarnt. Dafür war<br />

die Natur aber umso traumhafter. Die Wiesen wurden immer wieder von<br />

glasklaren Seen unterbrochen, die so zahlreich sind, dass viele noch gar keinen<br />

Namen haben. Im frühen Herbst bot sich mir sogar die Gelegenheit, das<br />

Polarlicht (oder „Northern Lights“, wie die Kanadier sagen) zu beobachten.<br />

Dieses Spektakel am sternenklaren Nachthimmel ist einfach atemberaubend.<br />

Rote, gelbe und grüne Lichtbänder ziehen leuchtend und ständig die Farbe<br />

wechselnd über den Himmel. Ich weiß gar nicht, wie ich es weiter beschreiben<br />

soll. Man muss es einfach gesehen haben. Dazu kommt dann noch die kanadische<br />

Tierwelt. Einen Bären oder Elch habe ich leider (oder Gott sei Dank?) nicht<br />

5


gesehen. Dafür hat mich mein Gastvater sofort den ortsansässigen Stinktieren<br />

vorgestellt. Diese stinken wirklich bestialisch. So einsam wie die Leute dort in<br />

Kanada auch wohnen, so freundlich sind sie. Ganz ehrlich, so eine<br />

Gastfreundlichkeit wie in Kanada habe ich sonst noch nirgendwo erlebt. Das fing<br />

schon mit meiner Gastfamilie an, die mich als 3. Sohn mit Rechten und Pflichten<br />

integrierte. Sie haben mich mit offenen Armen empfangen und immer<br />

unterstützt. Auch anderswo wurde ich immer freundlich als „the German“<br />

angesprochen und habe mich dann schnell mit den Leuten unterhalten, die dann<br />

häufig zu guten Freunden wurden.<br />

Mein Zuhause für ein Jahr<br />

Nach der Schule<br />

Vom Prinzip her ist die Schule in Kanada eine Ganztagsschule. Der Schultag<br />

beginnt morgens um 9 Uhr mit der ersten Stunde. Nach drei Unterrichtsstunden<br />

à 50 Minuten am Vormittag gibt es die einstündige Mittagspause. Während<br />

dieser Zeit isst man sein mitgebrachtes Lunch, kauft etwas zu essen in der<br />

Kantine, unterhält sich mit Freunden und macht Späße. Man kann auch das 1A<br />

ausgestattete Computer-Labor benutzen oder sich in die schuleigene Bücherei<br />

mit einem Buch zurückziehen. Langweilig wird es da nie und Spaß macht es auf<br />

jeden Fall immer. Am Nachmittag gibt es nochmals drei Stunden Unterricht bis<br />

um 15 Uhr. Um diese Zeit ist der Unterricht zwar zu Ende, aber die Schule ist<br />

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noch lange nicht aus. Für viele geht’s jetzt erst richtig los. Selbst meine recht<br />

kleine Schule bot nachmittags unzählige Sport-Clubs und sonstige AGs an. Ich<br />

selbst habe im Volleyball-Team mitgespielt. Ich war zwar nicht wirklich gut, aber<br />

Gewinnen steht in Kanada nicht an erster Stelle. Es sind das Team und der<br />

„School-Spirit“, die zählen – und so waren wir ein super Team und hatten viel<br />

Spaß. An Wochenenden sind wir mit unserem Team von Schule zu Schule<br />

gezogen, haben gespielt und in einigen Klassenräumen fremder Schulen<br />

übernachtet. Auf diese Weise habe ich viel von der Provinz Saskatchewan<br />

gesehen und mich nie gelangweilt. Zusammen als Team hatten wir einfach immer<br />

eine gute Zeit und am Ende haben wir sogar in unserer Liga gewonnen…<br />

Mein Volleyball-Team<br />

Der lange Winter<br />

Kanada hat im Allgemeinen recht ausgeprägte Jahreszeiten. Das sollte auch ich<br />

zu spüren bekommen.<br />

Als Mitte Oktober der erste Schnee fiel und dem West-Europäer Mike<br />

allmählich kühler wurde, fanden das die Kanadier, die noch kurzärmelig<br />

herumliefen, recht lustig. Als ich dann auch noch meine Pudelmütze aufsetzte,<br />

konnte sich Mr. Schneider, mein Schulleiter, der jeden Morgen die Schüler am<br />

Schuleingang begrüßte, ein Lächeln nicht verkneifen. Es sei doch erst -5°C kalt<br />

7


und es werde, so versicherte er mir, garantiert noch kälter. Wie Recht er<br />

behalten sollte.<br />

Zeitsprung: Mitte Januar. Das Thermometer zeigte -45°C (minus fünfundvierzig<br />

Grad Celsius). Nun war es mir endgültig zu kalt – den Kanadiern aber auch. -30°C,<br />

-35°C und auch -40°C sind noch okay für den Durchschnittskanadier. Aber bei -<br />

45°C ging nichts mehr. Die Schulbusse sprangen nicht mehr an: zwei Tage<br />

schulfrei. Bei -40°C<br />

ging’s dann wieder<br />

weiter. So als wäre<br />

nichts passiert. Der<br />

Schnee lag trotzdem<br />

meterhoch.<br />

So viel Schnee, Eis und<br />

Kälte haben aber auch<br />

Vorteile. Ich hatte die<br />

Chance so viele neue<br />

Sachen zu machen, die<br />

hier in Deutschland<br />

schwierig, wenn nicht<br />

unmöglich sind. So war<br />

ich zum Beispiel<br />

Mitglied eines Curling-Teams. Curling ist der Sport, bei dem man „Teekessel“<br />

über das Eis kickt und dann das Eis auch noch mit einem Besen fegt. Hört sich<br />

verrückt an, kann aber durchaus Spaß machen – wenn man mit den richtigen<br />

Leuten spielt. Außerdem hatte ich die Chance, Schlittschuh zu laufen und Ski zu<br />

fahren. Getoppt werden konnte das alles nur noch von der Schneehaus-Aktion<br />

meiner Klasse. Zusammen haben wir im Sportunterricht riesige Häuser aus<br />

Schnee, also so etwas wie Iglus, gebaut. Der Sportlehrer stellte dazu die<br />

Verpflegung (Cola und Kuchen).<br />

Der Schnee schmolz den ganzen Winter über nicht. Von Mitte Oktober bis April<br />

war es nur eine einzige weiße Decke. Weiße Weihnacht ist in Kanada keine<br />

Wunschvorstellung, sondern Realität – jedes Jahr garantiert.<br />

12. Klasse, Abschied & Wiedersehen<br />

Nach den Weihnachtsferien war die Hälfte meines Jahres schon um und auf<br />

einmal ging alles so schnell. Mein Abflugtermin im Sommer rückte unaufhaltsam<br />

näher…<br />

Zunächst einmal steckte mich der Schulleiter Mr. Schneider jedoch für das<br />

2. Halbjahr in die 12. Klasse. Das machte mir wenig aus, denn auch hier kannte<br />

ich schon viele Leute. Allerdings waren meine Mitschüler bereits eifrig dabei,<br />

ihre Zukunft zu planen. Für sie war dies nämlich ihr allerletztes Schuljahr. Viele<br />

meiner Freunde hatten sich schon bei Universitäten und Hochschulen angemeldet<br />

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und auch ich wäre gerne mitgegangen. Aber ich hatte ja noch ein wenig Schulzeit<br />

in Deutschland vor mir.<br />

Erst mal standen aber in Kanada die zentralen Abschlussprüfungen in Mathe,<br />

Physik und Englisch an. Diese waren mit entsprechender Vorbereitung zu<br />

schaffen und „der größte Tag im Leben eines kanadischen Highschool-Schülers“<br />

(so Mr. Schneider) rückte immer näher: „Grad-Day“ oder auch „Graduation“.<br />

Dieses ist der allerletzte Schultag der 12. Klasse und ein großes Fest. Jeder<br />

Schüler muss sich rausputzen und auch mein Gastvater Brian nahm mich mit zu<br />

seinem Herrenausstatter, damit ich mir ein schickes Hemd und eine elegante<br />

Hose anschaffen konnte.<br />

Am Grad-Day waren dann alle ausstaffiert in langen Kleidern und dunklen<br />

Anzügen. Zunächst gab es einen gemeinsamen Gottesdienst mit anschließendem<br />

Mittagsessen in der Dorfhalle. Weiter ging es in der Turnhalle mit der<br />

zweieinhalb Stunden dauernden Grad-Ceremony. Hier wurden Dankesreden von<br />

Schülern, Eltern und Lehrern gehalten, Geldpreise für akademische, sportliche<br />

und soziale Leistungen verliehen und als Höhepunkt überreichte Mr. Schneider<br />

die High School Diploma an die Schüler. Auch ich hatte als Mitglied der<br />

12. Klasse meinen kleinen Auftritt. Zwar durfte ich selber nicht graduieren,<br />

habe aber dennoch eine Urkunde überreicht bekommen und anschließend eine<br />

kleine Rede gehalten. Insgesamt war es einfach ein tolles Fest.<br />

Mike mit Grad-Abschiedsgeschenk<br />

9


Der letzte Höhepunkt in meinem Austauschjahr war „July 1st: Canada-Day“. Dies<br />

ist der nationale Feiertag in Kanada und alle sind auf den Beinen. In Medstead<br />

gab es eine riesige Straßen-Party. Von überall her kamen Leute und da in diesem<br />

Jahr auch noch das 100jährige Jubiläum der Provinz Saskatchewan gefeiert<br />

wurde, war das Fest natürlich umso größer. Es gab ein „Demolishen Car Derby“,<br />

Baseball, Essen & Trinken, Musik, usw. Ich habe diesen Tag noch einmal richtig<br />

genossen. Zum vorerst letzten Mal war ich mit meinen kanadischen Freunden<br />

zusammen. Ich habe die Zeit genutzt, mich schweren Herzens von ihnen zu<br />

verabschieden und sie alle nach Deutschland eingeladen. Ich hoffe, dass einige<br />

kommen werden!<br />

Am Abend gab es dann zum Abschluss noch ein wirklich außerordentlich riesiges<br />

Feuerwerk und mein Abenteuer neigte sich dem Ende entgegen. Einige Tage<br />

später kamen meine Eltern und mein Bruder in Saskatoon am Flughafen an und<br />

für mich wurde es noch einmal schwierig. Ich musste mich nun auch von meiner<br />

Gastfamilie, den Crawleys, trennen. Nachdem ich mich bei ihnen so wohl gefühlt<br />

hatte, fiel mir dies sehr schwer. Hoffentlich werde ich sie eines Tages<br />

wiedersehen…<br />

Zusammen mit meiner „richtigen“ Familie habe ich dann noch eine wunderschöne<br />

Reise durch den Westen Kanadas gemacht: Edmonton, Calgary mit dem<br />

alljährlichen Stampede-Festival, die Nationalparks Banff und Jasper, die Rocky<br />

Mountains, Vancouver Island und Vancouver – Kanada ist landschaftlich und<br />

kulturell so vielfältig, es hat einfach ungeheuer viel zu bieten. Nach<br />

erlebnisreichen drei Wochen führte mich die Reise über Toronto und Frankfurt<br />

wieder nach Münster-Osnabrück zum Ausgangspunkt meiner Reise zurück.<br />

Goodbye Canada. Hallo Deutschland<br />

Was für ein tolles Jahr! Ich habe so viele neue Erfahrungen gemacht und so<br />

viele neue Leute getroffen, dass gar nicht alles in diesen (doch schon recht<br />

langen) Text passt. Ich kann ein Jahr im Ausland (sei es nun Kanada, die USA<br />

oder sonst ein Ort auf der Welt) nur empfehlen. Ich habe mich einfach<br />

verändert, bin weltoffener und selbstbewusster geworden. Wenn ich noch einmal<br />

die Wahl hätte, ich würde mich sofort ins Flugzeug setzen. Am liebsten würde<br />

ich sogar gleich morgen wieder losfliegen. Es hat mir einfach super gefallen und<br />

ich hoffe, dass ich all die Leute aus Kanada eines Tages wieder treffen werde!<br />

Viele Grüße,<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Goderbauer</strong><br />

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