ten Seite nicht liegen konnte. Wenner sich aber auf die linke Seite drehte,hatte er Schwierigkeiten mit <strong>der</strong>Nasenatmung. Sein <strong>Schlaf</strong> war sehroberflächlich und er wachte oftauf. Plötzlich auftretende, heftigeSchmerzen an fast allen Zähnenführten ihn dann zum Zahnarzt, <strong>der</strong>jedoch keinen pathologischen Zahnbefund,sehr wohl aber deutliche Zeicheneiner Kieferfehlstellung undganzkörperliche Haltungsstörungenfeststellte (Abb. 9, 10). Da diese Befundesehr oft zu Verspannung <strong>der</strong>Kau-, Kopf- und Halsmuskulatur führenund Zahnschmerzen auslösenkönnen, leitete <strong>der</strong> Arzt eine entsprechendeAnalyse und Therapie <strong>der</strong>craniomandibulären und craniocervicalenDysfunktionen ein.Auch bei Herrn K. wurde eine entspannteKieferposition ermittelt undin dieser Position eine Aufbissschieneim Oberkiefer eingeglie<strong>der</strong>t.Nur dass für ihn anstatt einer einfachenKunststoffschiene eine stabilereSchienenart, eine Modellgussprothese,angefertigt wurde (Abb. 11).Einige Wochen nach Einglie<strong>der</strong>ungund Anpassen <strong>der</strong> Aufbissschienetraten keine Zahnschmerzen mehrauf und die Beschwer<strong>den</strong> in <strong>der</strong> rechtenHüfte waren verschwun<strong>den</strong>. Nunkonnte Herr K. auf bei<strong>den</strong> Seiten desKörpers liegen. Das linke Nasenlochverschloss sich beim <strong>Schlaf</strong>en nichtmehr.Anfangs trug Herr K. die Schieneständig, nach einem halben Jahr nurnoch nachts. Auch heute, sechs Jahrenach Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schiene, hatHerr K. keine Schmerzen. Problemetreten nur dann auf, wenn er dieSchiene einige Nächte nicht trägt.Diese verschwin<strong>den</strong> jedoch wie<strong>der</strong>,wenn er sie nachts verwendet.CMD und CCD bringen <strong>den</strong>Körper ins UngleichgewichtSchon 1983 beschrieben Travell undSimons und von Jankelson 1990, dassneuromuskuläre Störungen <strong>der</strong>Kau-, Kopf- und HalsmuskulaturZahn- und Kieferschmerzen hervorrufenkönnen, <strong>der</strong>en Ursachen in <strong>der</strong>verspannten Muskulatur zu suchensind und nicht in <strong>der</strong> Zahnsubstanzo<strong>der</strong> im Kieferknochen selbst. Dabeibildet die durch die Kieferfehlstellungunphysiologisch belastete Muskulaturso genannte Triggerpunkteaus, <strong>der</strong>en Schmerzausstrahlungnicht im Muskel selbst, son<strong>der</strong>n weitentfernt davon stattfin<strong>den</strong> <strong>kann</strong>, z. B.im Kiefer o<strong>der</strong> in bestimmten Zahnbereichen.Craniomandibuläre Dysfunktionenführen zwangsläufig zueiner Störung des neuromuskulärenGleichgewichtes und zur Verspannung<strong>der</strong> Kau-, Kopf- und Halsmuskulatur,was sich u. a. in einer erhöhtenBerührungsempfindlichkeit <strong>der</strong>Muskulatur zeigt und im Elektromyogrammdarstellen lässt.Bei einer Therapie von <strong>Schlaf</strong>störungenist es wichtig, <strong>den</strong> Körper inseiner Gesamtheit zu betrachten,<strong>den</strong>n die verschie<strong>den</strong>en Körperabschnittestehen über Muskulatur,Sehnen, Bän<strong>der</strong> und vieles mehr miteinan<strong>der</strong>in Verbindung. Man <strong>kann</strong>sich somit leicht vorstellen, dass sichStörungen an einer Stelle zwangsläufigin an<strong>der</strong>en Körperarealen auswirkenmüssen, etwa wie bei einemHampelmann, <strong>der</strong>, zieht man anAbb. 10: Stehen die Unterkieferfrontzähne sehr eng beieinan<strong>der</strong>, istdies fast immer ein Zeichen für eine nach hinten verschobene Lagedes Unterkiefers und neben dem Tiefbiss eines <strong>der</strong> wichtigsten Zeicheneiner CMD/CCD.Abb. 11: Aufbissschiene in Form einer Modellgussprothese. Das Tragen<strong>der</strong> Schiene hebt <strong>den</strong> <strong>Biss</strong> und beseitigt die nach hinten gerichteteLage des Unterkiefers, so dass sich die Kau-, Kopf- und Halsmuskulaturentspannen <strong>kann</strong>.einem Bein, <strong>den</strong> Arm hebt. Die craniomandibuläreRegion steht überMuskeln und Fascien (Umhüllungvon Organen und Muskeln) in direkterVerbindung mit <strong>der</strong> craniocervicalenRegion, insbeson<strong>der</strong>e mit demoberen Bereich <strong>der</strong> Halswirbelsäule.Dieser Bereich stellt <strong>den</strong> Schnittpunktzwischen Medizin und Zahnmedizindar und muss deshalb bei<strong>den</strong> eben ausgeführten gesundheitlichenProblemen von bei<strong>den</strong> Seitenbeachtet wer<strong>den</strong>.das schlafmagazin 2/200733
Der diesjährige Patientenkongress des <strong>Schlaf</strong>magazinssteht unter dem Motto:Der vernachlässigte <strong>Schlaf</strong>6. Oktober 2007 Stadthalle Gerlingen ab 9.00 UhrInfos und Anmeldung beim <strong>Schlaf</strong>magazinTel: 07 11/7 65 64 94 dr.antonic@meditext-online.de www.dasschlafmagazin.deAufgrund neurophysiologischerund muskulärer „Verknüpfungen“ isteine Kieferfehlstellung kaum voneiner HWS-Fehlstellung abgrenzbar.So schrieb schon Hülse 2005:„Es gibtnahezu keine Blockierung im Bereich<strong>der</strong> Wirbelsäule ohne eine Blockierungim Kopfgelenksbereich. Es gibtnahezu keine Kopfgelenksblockierungohne eine Kiefergelenksdysfunktion.“Umgekehrt <strong>kann</strong> eine Kiefergelenksdysfunktion,fortgeleitetüber <strong>den</strong> oberen HWS-Bereich, zueiner Wirbelsäulenverschiebungo<strong>der</strong> -blockierung führen o<strong>der</strong> dieseverschlimmern bzw. aufrechterhalten.Da über die obere Halswirbelsäulealle motorischen, sensorischen undvegetativen – also nahezu alle –Körperfunktionen gesteuert wer<strong>den</strong>und da eine Kieferfehlstellung(CMD) fast regelmäßig eine Fehlstellung<strong>der</strong> Halswirbelsäule (CCD) auslöst,<strong>kann</strong> man sich gut vorstellen,dass eine unbehandelte CMD die gesamteKörperregulation durcheinan<strong>der</strong>wirbelt.So entstehen Beschwerdebil<strong>der</strong>,bei <strong>den</strong>en man nicht im Entferntestenan eine CMD als Ursache<strong>den</strong>kt.Hierzu schreiben Kares, Schindler,Schöttl: „Wegen des oft unspezifischenklinischen Erscheinungsbildeswurde die CMD in <strong>den</strong> USA in einerBroschüre auch einmal ,The big imposter’genannt, <strong>der</strong> große Betrüger.Denn nicht selten äußert sie sichdurch irreführende Symptome, diedann auch allzu oft nur symptomatischbehandelt wer<strong>den</strong>, wie mitSchmerzmitteln gegen Kopfschmerzen,während die eigentliche Ursacheunbe<strong>kann</strong>t bleibt.“ (aus: Der etwasan<strong>der</strong>e Kopf- und Gesichtsschmerz,International College of Cranio-Mandibular Orthopedics, 2001, S.14)Zusammenarbeitund Aufklärung <strong>der</strong> Ärzteführen zum Ziel<strong>Schlaf</strong> ist die Ruhezeit für unserenGeist und unseren Körper, ohne diewir nicht überleben können. <strong>Schlaf</strong>ist gleichzeitig ein verän<strong>der</strong>ter Bewusstseinzustand,<strong>der</strong> sich z. B. von<strong>der</strong> Ohnmacht o<strong>der</strong> vom Koma durcheine prinzipielle Weckbarkeit unterscheidet.So <strong>kann</strong> man durch äußereReize, aber auch durch innere Reizegeweckt wer<strong>den</strong>. Diese Fähigkeit hatdie Natur als Schutzmechanismusentwickelt, um es uns wie auch allenan<strong>der</strong>en Lebewesen zu ermöglichen,unsere Ruhephase zu unterbrechen,wenn unser Leben in Gefahr ist.Der Körper gewöhnt sich an vieleReize, z. B. an einen anhalten<strong>den</strong> Geruch,aber die Wahrnehmung desSchmerzreizes ist nie ausgeschaltet.Dieser stärkste Reiz signalisiert unseremKörper, dass die Funktion vonmindestens einem Organ gestört,vielleicht sogar gefährdet ist. So nehmenwir <strong>den</strong> Schmerz so lange –sogar im <strong>Schlaf</strong>, wenn auch mit Verzögerung– wahr, bis wir seine Ursachebeseitigen. Bei chronischenSchmerzen wie Wirbelsäulenproblemenist schon das Einschlafen eineQual. So schlafen wir, bedingt durchdie Schmerzen und dadurch hervorgerufeneUnruhe, erst dann ein,wenn wir wirklich „hundemüde“sind. Der erholsame <strong>Schlaf</strong> bestehtaus vier bis sechs <strong>Schlaf</strong>zyklen, die jeweils60 bis 90 Minuten dauern undnacheinan<strong>der</strong> aus Leicht-, Tief- undREM-<strong>Schlaf</strong> bestehen. Diese so genannte„<strong>Schlaf</strong>architektur“ wirddurch Schmerzen gestört, da dieseuns vorzeitig aus dem <strong>Schlaf</strong> wecken.Teilweise geschieht dies sogar, ohnedass wir es merken, da man dasWachsein erst nach etwa drei Minutenwahrnimmt. So kommt es, dassvom Schmerz geplagte Menschenviel zu wenig, im Extremfall sogargar keinen Tiefschlaf und zu wenigREM-<strong>Schlaf</strong> bekommen. Nach einersolchen Nacht wachen sie unerholtauf, was die Schmerzen noch verstärkt,so dass sich hier ein Teufelskreisbildet, <strong>der</strong> zu durchbrechen ist.Organisch bedingte Ein- undDurchschlafstörungen wer<strong>den</strong> häufigals unabdingbar hingenommen,weil man <strong>der</strong> Ursache <strong>der</strong> nächtlichenschlafstören<strong>den</strong> Schmerzennicht auf die Spur kommt. Gerade beiKopf-, Rücken-, Nacken-, Schulterschmerzenwie auch bei Schwindel,Tinnitus, Ohr- und Herzbeschwer<strong>den</strong>sowie etlichen an<strong>der</strong>en Beschwer<strong>den</strong><strong>den</strong>ken die Ärzte bislang seltenan eine craniomandibuläre Dysfunktion.Noch schwieriger wird die Betrachtungdes Schmerzgeschehens,wenn zusätzlich craniocervicale Dysfunktionen,insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> erstendrei Halswirbel, <strong>der</strong> so genanntenKopfgelenke, ursächlich an dem Geschehenbeteiligt sind. Diese führenreflektorisch fast regelmäßig auch zueiner CMD. Umgekehrt <strong>kann</strong> einecraniomandibuläre Dysfunktion zuausgeprägten Störungen des HWS-Bereiches führen. Für <strong>den</strong> Zahnarzt,für <strong>den</strong> HNO-Arzt, <strong>den</strong> Orthopä<strong>den</strong>,<strong>den</strong> <strong>Schlaf</strong>mediziner, <strong>den</strong> Manualtherapeuten,<strong>den</strong> Osteopathen, <strong>den</strong>Schmerztherapeuten und an<strong>der</strong>eFachärzte heißt das, bei <strong>den</strong> genanntenBeschwerdebil<strong>der</strong>n zusammenzuarbeitenund an diese Zusammenhängezu <strong>den</strong>ken, um diagnostischeVerfahren einzusetzen, mit <strong>den</strong>eneine CMD bzw. eine CCD er<strong>kann</strong>twer<strong>den</strong> <strong>kann</strong>. Nur so ist es möglich,eine für <strong>den</strong> Patienten effektive undfür die Allgemeinheit kostenentlastendeBehandlung durchzuführen.34 das schlafmagazin 2/2007