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Wie der Biss den Schlaf beeinträchtigen kann - Dr. Brigitte Losert ...

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<strong>Wie</strong> <strong>der</strong> <strong>Biss</strong> <strong>den</strong> <strong>Schlaf</strong>beeinträchtigen <strong>kann</strong>Viele Menschen kennen folgende Situation: Sie sind kaum eingeschlafen, schon beginnt <strong>der</strong>Rücken zu schmerzen. Eine an<strong>der</strong>e <strong>Schlaf</strong>position bringt nur kurzfristig Lin<strong>der</strong>ung. AbermalsStellungswechsel, wie<strong>der</strong> kurzfristige Besserung – so geht es oft weiter bis zum frühen Morgen.Klingelt <strong>der</strong> Wecker, fühlen sich die Betroffenen wie gerä<strong>der</strong>t, wohl wissend, dass sie,selbst wenn sie länger schlafen könnten, keine wirkliche Ruhe fin<strong>den</strong> wür<strong>den</strong>.B. LOSERT-BRUGGNER, B. DUDEK UND M. HÜLSEEin- und Durchschlafstörungen,die unter dem Begriff <strong>der</strong>Insomnien zusammengefasstwer<strong>den</strong>, sind ausgesprochen häufig;so leidet z. B. ein <strong>Dr</strong>ittel <strong>der</strong> amerikanischenBevölkerung daran. Auch inDeutschland und Europa ist diesesPhänomen weit verbreitet. Zu <strong>den</strong>Ursachen für schlechten <strong>Schlaf</strong> gehörenvielfach nächtliche Schmerzen,vor allem wirbelsäulenbedingte Beschwer<strong>den</strong>in Verbindung mit Kopfschmerzeno<strong>der</strong> Tinnitus.Eigene Untersuchungen an 708Patienten mit craniomandibulären(CMD, Kieferfehlstellung) und craniocervicalen(CCD, Fehlstellung im Bereich<strong>der</strong> Halswirbelsäule) Dysfunktionenzeigten, dass 33% dieser Patientenaufgrund von Rücken-, Nacken-und/o<strong>der</strong> Kopfschmerzenschlecht schliefen (Abb.1). Diese Beschwer<strong>den</strong>wur<strong>den</strong> über eine Wirbelsäulenfehlstellunghervorgerufenund stan<strong>den</strong> ursächlich auch mit <strong>der</strong>CMD bzw. <strong>der</strong> CCD in Verbindung.Um die genaue Ursache für <strong>den</strong>schlechten <strong>Schlaf</strong> herauszufin<strong>den</strong>,müssen Fachärzte wie Orthopä<strong>den</strong>,<strong>Schlaf</strong>mediziner und Schmerztherapeutenzusammenarbeiten. Letzteremüssen einbezogen wer<strong>den</strong>, um einemedikamentöse Schmerztherapieeinzuleiten, die unumgänglich füreinen erholsamen <strong>Schlaf</strong> ist. Allerdingsist es unerlässlich, weiterhingezielt nach <strong>der</strong> Ursache <strong>der</strong> Schmerzenzu forschen und diese wennmöglich zu beheben.Wenn man vor Schmerzennicht schlafen <strong>kann</strong> ...Ein- und Durchschlafstörungen führenaufgrund <strong>der</strong> gestörten <strong>Schlaf</strong>architekturzu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungenund Übellaunigkeit.Konflikte mit dem sozialenUmfeld, z. B. mit <strong>der</strong> Familie und <strong>den</strong>Kollegen, sind vorprogrammiert, haltendiese Störungen längere Zeit ano<strong>der</strong> bleiben gar über Monate o<strong>der</strong>Jahre hinweg bestehen.Insomnien sind nicht auf eine Altersgruppebeschränkt, son<strong>der</strong>n könnenschon bei Kin<strong>der</strong>n auftreten. Amhäufigsten sind jedoch Erwachsenebetroffen. Oft ist die Ursache <strong>der</strong> Insomnieunklar. Sind jedoch nächtlicheSchmerzen schuld an <strong>den</strong> <strong>Schlaf</strong>problemenund gelingt es, sie zuunterbin<strong>den</strong>, ist endlich wie<strong>der</strong> einerholsamer <strong>Schlaf</strong> möglich. Beinächtlichen Rücken- und Kopfschmerzenempfehlen Medizineru. a. geeignete Betten, Matratzen,Kopfkissen, schlafför<strong>der</strong>nde Verhaltensregelno<strong>der</strong> auch eine professionelle,symptomatische medikamentöseSchmerztherapie. Die Therapie<strong>der</strong> Wirbelsäulenprobleme darf jedochnicht vernachlässigt wer<strong>den</strong>, dasie oft die Einnahme von Schmerzo<strong>der</strong><strong>Schlaf</strong>mitteln erübrigt.Die nachfolgen<strong>den</strong> Krankengeschichtenzeigen, dass es auch beitherapieresistenten Beschwer<strong>den</strong> imBereich <strong>der</strong> Wirbelsäule, die mit Störungendes oberen HWS-Bereichesund Störungen im Bereich <strong>der</strong> Kiefergelenkeeinhergehen, Hilfe geben<strong>kann</strong>, wenn ausreichende therapeutischeÜberlegungen angestellt wer<strong>den</strong>.Bislang beziehen Mediziner einecraniomandibuläre Dysfunktion lei<strong>der</strong>nicht in ihre Überlegungen mitein. Liegt hier jedoch eine <strong>der</strong> Ursachendes Problems, <strong>kann</strong> vielen Patientendurch eine kombiniertezahnärztliche Therapie <strong>der</strong> Kieferfehlstellungund eine manualtherapeutischeBehandlung <strong>der</strong> Haltungsstörungengeholfen wer<strong>den</strong>.Abb. 1: Ein <strong>Dr</strong>ittel von708 Patienten mitKiefergelenk- undH(als-)W(irbel-)S(äulen)-Fehlstellungenschliefen lauteigener UntersuchungwegenRücken-, Nacken-,Kopfschmerzennicht gut.Abb. 2: Der Röntgenbefund von Frau H.:Bei verschie<strong>den</strong>en Zähnen wur<strong>den</strong> aufgrundandauern<strong>der</strong> Schmerzen Wurzelfüllungenvorgenommen, an<strong>der</strong>e wur<strong>den</strong>gezogen.Abb. 3: Deutliche Zeichen einer Kieferfehlstellung,die letztlich zu einer Fehlstellung<strong>der</strong> gesamten Wirbelsäule und desBeckens führen <strong>kann</strong>. Rücken-, Kopf-, Nacken-sowie Beinbeschwer<strong>den</strong> können dieFolge sein und u. a. zu <strong>Schlaf</strong>störungenführen. Man sieht deutlich die Abweichung<strong>der</strong> Unterkiefermitte beim Öffnennach links, was immer ein Zeichen füreine Verlagerung <strong>der</strong> Kiefergelenkscheibenist.30 das schlafmagazin 2/2007


Eine Schmerztherapie ist dann häufigüberflüssig.Frau H., 39 Jahre:Schlechter <strong>Schlaf</strong> aufgrundvon Rückenbeschwer<strong>den</strong>Frau H. litt unter ausgeprägten Rückenschmerzen,die durch längeresStehen verstärkt wur<strong>den</strong>. Sie klagteüber schlechten <strong>Schlaf</strong>, häufiges Aufwachenwegen <strong>der</strong> Rückenbeschwer<strong>den</strong>und große Probleme beim <strong>Wie</strong><strong>der</strong>einschlafen.Morgens wachte siemit Rückenschmerzen auf und fühltesich todmüde; ihre Leistungsfähigkeitam Tag war deutlich eingeschränkt.Als die Patientin einen Zahnarztaufsuchte, <strong>der</strong> auf die Therapie <strong>der</strong>craniomandibulären Dysfunktionenspezialisiert war, wurde endlich auch<strong>der</strong> Ursache ihrer <strong>Schlaf</strong>problemeauf <strong>den</strong> Grund gegangen. Bei <strong>den</strong>CMD besteht eine Fehlstellung desUnterkiefers zum Oberkiefer, woraufhinsich die gesamte Wirbelsäule verschiebenund entsprechende Schmerzenhervorrufen <strong>kann</strong>.Die <strong>Schlaf</strong>störungen waren jedochnicht <strong>der</strong> Grund des Zahnarztbesuchs.Frau H. klagte über ständigeSchmerzen an <strong>den</strong> Zähnen, mal links,mal rechts, mal im Ober-, mal im Unterkiefer.Außerdem litt sie unterhäufig auftreten<strong>den</strong> Gesichts-, Kiefer-und Kiefergelenkschmerzen. In<strong>der</strong> Vergangenheit wur<strong>den</strong> wegen<strong>der</strong> Beschwer<strong>den</strong> schon einige Zähnegezogen, bei an<strong>der</strong>en Zähnen wur<strong>den</strong>die Zahnnerven entfernt und mitHilfe <strong>der</strong> Füllung des Wurzelkanalsversucht, die schmerzen<strong>den</strong> Zähnezu erhalten (Abb. 2). Aber die immerwie<strong>der</strong>kehren<strong>den</strong> Zahn-, Kiefer- undGesichtsschmerzen konnten durchdie bisherigen Behandlungen nichtbeseitigt wer<strong>den</strong>. Die Zahnschmerzen,so stellte <strong>der</strong> Arzt nun endlichfest, wur<strong>den</strong> durch Verspannungen<strong>der</strong> Kau-, Kopf- und Halsmuskulaturhervorgerufen, <strong>der</strong>en Ursache wie<strong>der</strong>umin einer Kieferfehlstellung inVerbindung mit körperlichen Haltungsstörungenzu suchen war.Beide, sowohl die Kieferfehlstellungals auch die Wirbelsäulenprobleme,riefen nicht nur Zahnschmerzen hervor,son<strong>der</strong>n auch nächtliche Rückenschmerzen.Deutliche Zeichen für eine Kieferfehlstellungsind eng stehende Unterkieferfrontzähne,AbriebflächenDie Autoren<strong>Dr</strong>. <strong>Brigitte</strong> Dudek,Fachärztin für InnereMedizin,Pneumologie und<strong>Schlaf</strong>medizin.Seit 2002 LeitendeÄrztin desBereiches Pneumologie,<strong>Schlaf</strong>medizin,Heimbeatmungim LuisenkrankenhausLin<strong>den</strong>fels.Prof. <strong>Dr</strong>. ManfredHülse erhielt 1985<strong>den</strong> Sollmann-Preis <strong>der</strong> DGMMfür die Arbeitenüber die zervikalenGleichgewichtsstörungen.Er gibt Kurse fürHNO-Ärzte überManualmedizinund Osteopathieim HNO-Bereich.am Zahnschmelz, Zahnfleischrückgang,freiliegende Zahnhälse, im Seitenzahnbereichstark bogenförmigerKurvenverlauf, Abweichung des Unterkiefersbeim Öffnen, Knackgeräu-<strong>Dr</strong>. <strong>Brigitte</strong> <strong>Losert</strong>-Bruggner ist u.a.zertifiziertes Mitgliedin <strong>der</strong> DeutschenGesellschaftZahnärztliche<strong>Schlaf</strong>medizinund in <strong>der</strong> VereinigungSüddeutscherOrthopä<strong>den</strong>.Abb. 5a: Elektromyogramm eines Patienten im Ausgangszustand.Beson<strong>der</strong>s auffällig ist die Verspannung <strong>der</strong> Schulter (LTR, RTR) und<strong>der</strong> rechten vor<strong>der</strong>en Halsmuskulatur (RSM).Abb. 4: Körperhaltung <strong>der</strong> Patientin imStehen. Sie weist eine deutliche Kopfvorhaltungauf, als <strong>der</strong>en Folge die Haltemuskulaturdes Skelettsystems wesentlichstärker arbeiten muss. Daraus resultierenmuskuläre Verspannungen, diewie<strong>der</strong>um multiple Schmerzbil<strong>der</strong> (z. B.Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen,Schwindel, Tinnitus, Gesichts-, Kiefergelenk-und Zahnschmerzen) hervorrufenkönnen.Abb. 5c: Beispiel für die Anordnung <strong>der</strong>Elektro<strong>den</strong> im Elektromyogramm (s. Abb.5a,b). Nur wenn sich die Kau-, Kopf- undHalsmuskulatur in einem ruhigen, ausgeglichenenZustand befindet, ist es sinnvoll,eine <strong>Biss</strong>nahme für die Aufbissschienedurchzuführen. Das Elektromyogrammist für <strong>den</strong> Zahnarzt ein wichtigesHilfsmittel zur Beurteilung <strong>der</strong> körperlichenSituation seines Patienten und zumFestlegen <strong>der</strong> Therapie.Abb. 5b: Elektromyogramm des gleichen Patienten wie in Abb. 5anach Therapie des oberen HWS-Bereiches über die Atlasimpulstherapienach Arlen und Entspannung <strong>der</strong> Kaumuskulatur mittels niedrigfrequenterTENS-Therapie. Es zeigt sich eine deutliche Beruhigung<strong>der</strong> im Ausgangszustand verspannten Muskulatur.das schlafmagazin 2/200731


Abb. 6: Aufbissschiene, wie sie auch Frau H. eingeglie<strong>der</strong>t wurde. Diefarbigen Punkte auf <strong>der</strong> Kaufläche kennzeichnen die Stopps, dienach Einschleifen <strong>der</strong> Schiene für die Stabilisierung <strong>der</strong> Wirbelsäuleerfor<strong>der</strong>lich sind. Die Schiene wird über die Unterkieferzähne gestülpt.Der Unterkiefer <strong>kann</strong> mit dieser Schiene so zum OberkieferKontakt aufnehmen, wie es die vorher ermittelte entspannte Kieferpositionvorgegeben hatte. Beim Tragen <strong>der</strong> Schiene entspanntsich die Muskulatur und die Wirbelsäule richtet sich physiologischaus.Abb. 7 (oben): Position<strong>der</strong> Kiefer von HerrnB. vor Entspannung<strong>der</strong> KaumuskulaturAbb. 8 (unten): NachEntspannung <strong>der</strong>Kaumuskulatur mittelsniedrigfrequenterTENS-Therapierutscht <strong>der</strong> Unterkiefervon Herrn B. deutlichweiter nachvorne. Diese Positionwurde für die Aufbissschienegewählt.32 das schlafmagazin 2/2007Abb. 9: Ausgeprägter Tief- und Deckbiss, <strong>der</strong> zu Vorhaltung des Kopfesund als Folge zur Wirbelsäulenverschiebung und Verspannung<strong>der</strong> gesamten Kau-, Kopf- und Halsmuskulatur führt.sche in <strong>den</strong> Kiefergelenken und Temperaturempfindlichkeit<strong>der</strong> Zähne,um nur einige markante Zeichen craniomandibulärerDysfunktionen anzuführen(Abb. 3).Als Therapie <strong>der</strong> CMD schlug <strong>der</strong>Zahnarzt eine neuromuskulär ausgerichteteAufbissschiene vor, um eineharmonische, störungsfreie Kauflächenbeziehungvon Ober- und Unterkieferherzustellen (Abb. 6). Durch dasTragen <strong>der</strong> Schiene <strong>kann</strong> sich dieKau-, Kopf- und Halsmuskulatur entspannenund die Wirbelsäule in einerphysiologischen Position stabilisieren.Eine vorausgehende Entspannung<strong>der</strong> Körper- und Kaumuskulatur istVoraussetzung für die richtige Positionierung<strong>der</strong> Aufbissschiene. ImFall von Frau H. wur<strong>den</strong> die erstendrei Halswirbel, die Kopfgelenke, mitHilfe manualtherapeutischer Maßnahmen(Atlasimpulstherapie nachArlen) entspannt. Zusätzlich erfolgteeine Entspannung <strong>der</strong> Kaumuskulaturmittels einer niedrigfrequentenTENS-Therapie (TENS = transkutane,d. h. durch die Haut erfolgende, elektrischeNervenstimulation). Der Grad<strong>der</strong> Entspannung wurde mit Hilfeeines bildgeben<strong>den</strong> Verfahrens, desElektromyogramms <strong>der</strong> Kau-, KopfundHalsmuskulatur, kontrolliert(Abb. 5a–c). Bei ruhiger, entspannterMuskulatur wurde <strong>der</strong> <strong>Biss</strong> für dieAufbissschiene ohne Fremdführunggenommen.Kurz vor dem Einsetzen <strong>der</strong> fertigenAufbissschiene wur<strong>den</strong> <strong>der</strong>obere HWS-Bereich und die Kaumuskulaturerneut entspannt. DiePatientin erhielt zwei Schienen: eineungeteilte Schiene (Abb. 6), die zumEssen und für die Nacht angefertigtwurde, sowie eine geteilte Schieneunter Aussparung <strong>der</strong> Frontzähne,die tagsüber verwendet wurde.Durch das Freilassen <strong>der</strong> Front wirddie Aussprache nicht behin<strong>der</strong>t.Zudem ist die Schiene für Außenstehendeunsichtbar, so dass auch dasTragen während <strong>der</strong> Arbeit unproblematischist.Nach einer anfänglichen Verschlimmerung<strong>der</strong> körperlichen Beschwer<strong>den</strong>führte das Tragen <strong>der</strong>Aufbissschiene bei Frau H. relativschnell zu einer deutlichen Besserungdes Beschwerdebildes. (Zitatvon Frau H.: „Es ist so schön, wennman morgens ohne Schmerzen undausgeruht aufwacht.“) Parallel zurSchienentherapie wur<strong>den</strong> manualtherapeutischeMaßnahmen eingeleitet.Nach vier Monaten Aufbissschienentherapieund vorprothetischerVersorgung durch <strong>den</strong> Hauszahnarzttraten keine Zahnschmerzenmehr auf. Das Kiefergelenkknackenhatte sich deutlich verringert.Die Ohren schmerzten nicht mehr.Rückenschmerzen traten nicht mehrauf, we<strong>der</strong> nachts noch tagsüber.Endlich konnte die gelernte <strong>Dr</strong>ogistinihrem Beruf, <strong>der</strong> sie dazu zwingt, vielzu stehen, wie<strong>der</strong> ohne Schmerzennachgehen. Da sie nun auch genug<strong>Schlaf</strong> bekam, war sie wie<strong>der</strong> voll beanspruchbarund leistungsfähig. Außerdemverschwan<strong>den</strong> Schwellungendes Fußzehs und Beschwer<strong>den</strong>in <strong>den</strong> Augenhöhlen.Herr B., 22 Jahre:Kopfschmerzen ließen ihnnicht richtig schlafenHerr B. suchte die Zahnarztpraxiswegen Kiefergelenkbeschwer<strong>den</strong>,verbun<strong>den</strong> mit Kiefergelenkknacken,auf. Außerdem klagte er über ständigvorhan<strong>den</strong>e Kopfschmerzen, dieauch nachts nicht verschwan<strong>den</strong>und erholsamen <strong>Schlaf</strong> nicht zuließen.Morgens war er immer müdeund mürrisch, tagsüber nicht leistungsfähig,was das Fortkommen imStudium stark beeinträchtigte. Diezahnärztliche Funktionsuntersuchungzeigte eine ausgeprägte craniomandibuläreund craniocervicaleDysfunktion. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Tiefbissund die Retrallage (Rücklage) desUnterkiefers (Abb. 7, 8) führten zuVerspannungen <strong>der</strong> Kau-, Kopf- undHalsmuskulatur und zu Dysfunktionenim HWS-Bereich, die wie<strong>der</strong>umhauptverantwortlich für die Kopfschmerzenwaren.Herrn B. wurde eine Aufbissschieneim Unterkiefer, ähnlich <strong>der</strong> inAbb. 6 gezeigten, eingesetzt. EinigeWochen später war Herr B. frei vonKopfschmerzen. Die Kiefergelenkgeräuscheunterblieben, ebenso dieSchmerzen in <strong>den</strong> Kiefergelenken. Erkonnte gut schlafen und war morgensausgeruht. Als Folge kam erauch mit seiner Umwelt und demStudium wie<strong>der</strong> besser klar – ein großerGewinn an Lebensqualität. Anfangstrug er die Schiene ständig,nach einiger Zeit reichte das nächtlicheTragen <strong>der</strong> Schiene aus.Herr K., 55 Jahre:Schlechter <strong>Schlaf</strong> durchSchmerzen in <strong>der</strong> HüfteHerr K. wies eine Kieferfehlstellungund Halswirbelsäulen-Probleme(HWS-Probleme), verbun<strong>den</strong> mit Beschwer<strong>den</strong>in <strong>der</strong> rechten Hüfte undNacken- und Schulterschmerzen auf.Beson<strong>der</strong>s nachts schmerzte dierechte Hüfte, so dass er auf <strong>der</strong> rech-


ten Seite nicht liegen konnte. Wenner sich aber auf die linke Seite drehte,hatte er Schwierigkeiten mit <strong>der</strong>Nasenatmung. Sein <strong>Schlaf</strong> war sehroberflächlich und er wachte oftauf. Plötzlich auftretende, heftigeSchmerzen an fast allen Zähnenführten ihn dann zum Zahnarzt, <strong>der</strong>jedoch keinen pathologischen Zahnbefund,sehr wohl aber deutliche Zeicheneiner Kieferfehlstellung undganzkörperliche Haltungsstörungenfeststellte (Abb. 9, 10). Da diese Befundesehr oft zu Verspannung <strong>der</strong>Kau-, Kopf- und Halsmuskulatur führenund Zahnschmerzen auslösenkönnen, leitete <strong>der</strong> Arzt eine entsprechendeAnalyse und Therapie <strong>der</strong>craniomandibulären und craniocervicalenDysfunktionen ein.Auch bei Herrn K. wurde eine entspannteKieferposition ermittelt undin dieser Position eine Aufbissschieneim Oberkiefer eingeglie<strong>der</strong>t.Nur dass für ihn anstatt einer einfachenKunststoffschiene eine stabilereSchienenart, eine Modellgussprothese,angefertigt wurde (Abb. 11).Einige Wochen nach Einglie<strong>der</strong>ungund Anpassen <strong>der</strong> Aufbissschienetraten keine Zahnschmerzen mehrauf und die Beschwer<strong>den</strong> in <strong>der</strong> rechtenHüfte waren verschwun<strong>den</strong>. Nunkonnte Herr K. auf bei<strong>den</strong> Seiten desKörpers liegen. Das linke Nasenlochverschloss sich beim <strong>Schlaf</strong>en nichtmehr.Anfangs trug Herr K. die Schieneständig, nach einem halben Jahr nurnoch nachts. Auch heute, sechs Jahrenach Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schiene, hatHerr K. keine Schmerzen. Problemetreten nur dann auf, wenn er dieSchiene einige Nächte nicht trägt.Diese verschwin<strong>den</strong> jedoch wie<strong>der</strong>,wenn er sie nachts verwendet.CMD und CCD bringen <strong>den</strong>Körper ins UngleichgewichtSchon 1983 beschrieben Travell undSimons und von Jankelson 1990, dassneuromuskuläre Störungen <strong>der</strong>Kau-, Kopf- und HalsmuskulaturZahn- und Kieferschmerzen hervorrufenkönnen, <strong>der</strong>en Ursachen in <strong>der</strong>verspannten Muskulatur zu suchensind und nicht in <strong>der</strong> Zahnsubstanzo<strong>der</strong> im Kieferknochen selbst. Dabeibildet die durch die Kieferfehlstellungunphysiologisch belastete Muskulaturso genannte Triggerpunkteaus, <strong>der</strong>en Schmerzausstrahlungnicht im Muskel selbst, son<strong>der</strong>n weitentfernt davon stattfin<strong>den</strong> <strong>kann</strong>, z. B.im Kiefer o<strong>der</strong> in bestimmten Zahnbereichen.Craniomandibuläre Dysfunktionenführen zwangsläufig zueiner Störung des neuromuskulärenGleichgewichtes und zur Verspannung<strong>der</strong> Kau-, Kopf- und Halsmuskulatur,was sich u. a. in einer erhöhtenBerührungsempfindlichkeit <strong>der</strong>Muskulatur zeigt und im Elektromyogrammdarstellen lässt.Bei einer Therapie von <strong>Schlaf</strong>störungenist es wichtig, <strong>den</strong> Körper inseiner Gesamtheit zu betrachten,<strong>den</strong>n die verschie<strong>den</strong>en Körperabschnittestehen über Muskulatur,Sehnen, Bän<strong>der</strong> und vieles mehr miteinan<strong>der</strong>in Verbindung. Man <strong>kann</strong>sich somit leicht vorstellen, dass sichStörungen an einer Stelle zwangsläufigin an<strong>der</strong>en Körperarealen auswirkenmüssen, etwa wie bei einemHampelmann, <strong>der</strong>, zieht man anAbb. 10: Stehen die Unterkieferfrontzähne sehr eng beieinan<strong>der</strong>, istdies fast immer ein Zeichen für eine nach hinten verschobene Lagedes Unterkiefers und neben dem Tiefbiss eines <strong>der</strong> wichtigsten Zeicheneiner CMD/CCD.Abb. 11: Aufbissschiene in Form einer Modellgussprothese. Das Tragen<strong>der</strong> Schiene hebt <strong>den</strong> <strong>Biss</strong> und beseitigt die nach hinten gerichteteLage des Unterkiefers, so dass sich die Kau-, Kopf- und Halsmuskulaturentspannen <strong>kann</strong>.einem Bein, <strong>den</strong> Arm hebt. Die craniomandibuläreRegion steht überMuskeln und Fascien (Umhüllungvon Organen und Muskeln) in direkterVerbindung mit <strong>der</strong> craniocervicalenRegion, insbeson<strong>der</strong>e mit demoberen Bereich <strong>der</strong> Halswirbelsäule.Dieser Bereich stellt <strong>den</strong> Schnittpunktzwischen Medizin und Zahnmedizindar und muss deshalb bei<strong>den</strong> eben ausgeführten gesundheitlichenProblemen von bei<strong>den</strong> Seitenbeachtet wer<strong>den</strong>.das schlafmagazin 2/200733


Der diesjährige Patientenkongress des <strong>Schlaf</strong>magazinssteht unter dem Motto:Der vernachlässigte <strong>Schlaf</strong>6. Oktober 2007 Stadthalle Gerlingen ab 9.00 UhrInfos und Anmeldung beim <strong>Schlaf</strong>magazinTel: 07 11/7 65 64 94 dr.antonic@meditext-online.de www.dasschlafmagazin.deAufgrund neurophysiologischerund muskulärer „Verknüpfungen“ isteine Kieferfehlstellung kaum voneiner HWS-Fehlstellung abgrenzbar.So schrieb schon Hülse 2005:„Es gibtnahezu keine Blockierung im Bereich<strong>der</strong> Wirbelsäule ohne eine Blockierungim Kopfgelenksbereich. Es gibtnahezu keine Kopfgelenksblockierungohne eine Kiefergelenksdysfunktion.“Umgekehrt <strong>kann</strong> eine Kiefergelenksdysfunktion,fortgeleitetüber <strong>den</strong> oberen HWS-Bereich, zueiner Wirbelsäulenverschiebungo<strong>der</strong> -blockierung führen o<strong>der</strong> dieseverschlimmern bzw. aufrechterhalten.Da über die obere Halswirbelsäulealle motorischen, sensorischen undvegetativen – also nahezu alle –Körperfunktionen gesteuert wer<strong>den</strong>und da eine Kieferfehlstellung(CMD) fast regelmäßig eine Fehlstellung<strong>der</strong> Halswirbelsäule (CCD) auslöst,<strong>kann</strong> man sich gut vorstellen,dass eine unbehandelte CMD die gesamteKörperregulation durcheinan<strong>der</strong>wirbelt.So entstehen Beschwerdebil<strong>der</strong>,bei <strong>den</strong>en man nicht im Entferntestenan eine CMD als Ursache<strong>den</strong>kt.Hierzu schreiben Kares, Schindler,Schöttl: „Wegen des oft unspezifischenklinischen Erscheinungsbildeswurde die CMD in <strong>den</strong> USA in einerBroschüre auch einmal ,The big imposter’genannt, <strong>der</strong> große Betrüger.Denn nicht selten äußert sie sichdurch irreführende Symptome, diedann auch allzu oft nur symptomatischbehandelt wer<strong>den</strong>, wie mitSchmerzmitteln gegen Kopfschmerzen,während die eigentliche Ursacheunbe<strong>kann</strong>t bleibt.“ (aus: Der etwasan<strong>der</strong>e Kopf- und Gesichtsschmerz,International College of Cranio-Mandibular Orthopedics, 2001, S.14)Zusammenarbeitund Aufklärung <strong>der</strong> Ärzteführen zum Ziel<strong>Schlaf</strong> ist die Ruhezeit für unserenGeist und unseren Körper, ohne diewir nicht überleben können. <strong>Schlaf</strong>ist gleichzeitig ein verän<strong>der</strong>ter Bewusstseinzustand,<strong>der</strong> sich z. B. von<strong>der</strong> Ohnmacht o<strong>der</strong> vom Koma durcheine prinzipielle Weckbarkeit unterscheidet.So <strong>kann</strong> man durch äußereReize, aber auch durch innere Reizegeweckt wer<strong>den</strong>. Diese Fähigkeit hatdie Natur als Schutzmechanismusentwickelt, um es uns wie auch allenan<strong>der</strong>en Lebewesen zu ermöglichen,unsere Ruhephase zu unterbrechen,wenn unser Leben in Gefahr ist.Der Körper gewöhnt sich an vieleReize, z. B. an einen anhalten<strong>den</strong> Geruch,aber die Wahrnehmung desSchmerzreizes ist nie ausgeschaltet.Dieser stärkste Reiz signalisiert unseremKörper, dass die Funktion vonmindestens einem Organ gestört,vielleicht sogar gefährdet ist. So nehmenwir <strong>den</strong> Schmerz so lange –sogar im <strong>Schlaf</strong>, wenn auch mit Verzögerung– wahr, bis wir seine Ursachebeseitigen. Bei chronischenSchmerzen wie Wirbelsäulenproblemenist schon das Einschlafen eineQual. So schlafen wir, bedingt durchdie Schmerzen und dadurch hervorgerufeneUnruhe, erst dann ein,wenn wir wirklich „hundemüde“sind. Der erholsame <strong>Schlaf</strong> bestehtaus vier bis sechs <strong>Schlaf</strong>zyklen, die jeweils60 bis 90 Minuten dauern undnacheinan<strong>der</strong> aus Leicht-, Tief- undREM-<strong>Schlaf</strong> bestehen. Diese so genannte„<strong>Schlaf</strong>architektur“ wirddurch Schmerzen gestört, da dieseuns vorzeitig aus dem <strong>Schlaf</strong> wecken.Teilweise geschieht dies sogar, ohnedass wir es merken, da man dasWachsein erst nach etwa drei Minutenwahrnimmt. So kommt es, dassvom Schmerz geplagte Menschenviel zu wenig, im Extremfall sogargar keinen Tiefschlaf und zu wenigREM-<strong>Schlaf</strong> bekommen. Nach einersolchen Nacht wachen sie unerholtauf, was die Schmerzen noch verstärkt,so dass sich hier ein Teufelskreisbildet, <strong>der</strong> zu durchbrechen ist.Organisch bedingte Ein- undDurchschlafstörungen wer<strong>den</strong> häufigals unabdingbar hingenommen,weil man <strong>der</strong> Ursache <strong>der</strong> nächtlichenschlafstören<strong>den</strong> Schmerzennicht auf die Spur kommt. Gerade beiKopf-, Rücken-, Nacken-, Schulterschmerzenwie auch bei Schwindel,Tinnitus, Ohr- und Herzbeschwer<strong>den</strong>sowie etlichen an<strong>der</strong>en Beschwer<strong>den</strong><strong>den</strong>ken die Ärzte bislang seltenan eine craniomandibuläre Dysfunktion.Noch schwieriger wird die Betrachtungdes Schmerzgeschehens,wenn zusätzlich craniocervicale Dysfunktionen,insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> erstendrei Halswirbel, <strong>der</strong> so genanntenKopfgelenke, ursächlich an dem Geschehenbeteiligt sind. Diese führenreflektorisch fast regelmäßig auch zueiner CMD. Umgekehrt <strong>kann</strong> einecraniomandibuläre Dysfunktion zuausgeprägten Störungen des HWS-Bereiches führen. Für <strong>den</strong> Zahnarzt,für <strong>den</strong> HNO-Arzt, <strong>den</strong> Orthopä<strong>den</strong>,<strong>den</strong> <strong>Schlaf</strong>mediziner, <strong>den</strong> Manualtherapeuten,<strong>den</strong> Osteopathen, <strong>den</strong>Schmerztherapeuten und an<strong>der</strong>eFachärzte heißt das, bei <strong>den</strong> genanntenBeschwerdebil<strong>der</strong>n zusammenzuarbeitenund an diese Zusammenhängezu <strong>den</strong>ken, um diagnostischeVerfahren einzusetzen, mit <strong>den</strong>eneine CMD bzw. eine CCD er<strong>kann</strong>twer<strong>den</strong> <strong>kann</strong>. Nur so ist es möglich,eine für <strong>den</strong> Patienten effektive undfür die Allgemeinheit kostenentlastendeBehandlung durchzuführen.34 das schlafmagazin 2/2007

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