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Vortrag zum Abruf als PDF - 22. Windenergietage

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20. <strong>Windenergietage</strong>Forum 3NaturschutzGreifvögel, Fledermäuse & Co. - Artenschutzrecht aktuellDr. Michael RolshovenFachanwalt für VerwaltungsrechtKanzlei MWPLeibnizstraße 53, 10629 Berlinwww.mwp-berlin.de1


Dr. Michael RolshovenDr. Michael Rolshoven ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht inder Kanzlei Müller-Wrede & Partner. Die Kanzlei ist unter Leitung vonRechtsanwalt Philipp v. Tettau mit sechs Anwaltskollegen auf alle Rechtsfragender Projektentwicklung und -veräußerung im Bereich der Erneuerbaren Energienspezialisiert.Herr Dr. Rolshoven berät seit 10 Jahren zahlreiche EEG- Projektierungsunternehmenvornehmlich in Fragen des Anlagenzulassungsrechts, des Umweltrechtsund des Bau- und Planungsrechts. Weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist dasErneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) sowie das Projekterwerbs- und Nutzungsvertragsrecht.Herr Dr. Rolshoven ist Mitglied des Juristischen Bereits des BWEund u.a. im BWE-Arbeitskreis Naturschutz tätig (Mitglied des Sprecherkreises).E-Mail: rolshoven@mwp-berlin.dewww.mwp-berlin.dewww.mwp-berlin.de 2


GliederungI. Problemaufriss und RechtsgrundlagenII. Aktuelle Fallbeispiele aus der Rechtsprechung / aktuelle Entwicklungen1. Fledermäuse und Betriebseinschränkungena) Rheinland-Pfalzb) Brandenburg2. Wiesenweihe und nachträgliche Betriebseinschränkungen3. Praxis <strong>zum</strong> Rotmilan4. Störungsverbot5. Neue Rspr.: Klagebefugnis von Naturschutzverbänden6. WEA im VogelschutzgebietIII. Diskussion und Ausblickwww.mwp-berlin.de 3


I. Problemaufriss und RechtsgrundlageArtenschutzR beschäftig die WEA- Branche seit etwa Mitte der 2010er‣ führte zunächst gar zu Ablehnung von WEA-Genehmigungen („Rotmilanfälle“),‣ zusehends aber auch nur zu Betriebseinschränkungen oder zusätzlichennaturschutzfachlichen Auflagen (Stichwort: CEF-Maßnahme,Vermeidungsmaßnahme)www.mwp-berlin.de 4


Kurze Rückschau:‣ Bis Mitte der 2010er Jahre: ArtenschutzR betrafen nicht dasAnlagenzulassungsrecht; für WEA-Genehmigung war allein dieEingriffsregelung relevant (=Kompensation von Beeinträchtigungen desNaturhaushalts)‣ Dann setzte sich - im Zuge von EuGH, Urteil v. 30.1.2002 - Rs. C-103/00 -[caretta caretta] - Anwendung des ArtenschutzR im BImSchG-Genehmigungsverfahren durch. Dem folgt dann auch das BVerwG (in Abkehrzu seiner früheren Rechtsprechung).‣ Ergebnis und heutige Praxis: WEA-Vorhaben müssen (speziell deutsche)Eingriffsregelung und (europäisches) ArtenschutzR einhalten!www.mwp-berlin.de 5


- Folgen für WEA-Genehmigungsverfahren:‣ für jedes WEA-Vorhaben verlangen Behörden immer umfangreichereartenschutzfachliche Erhebungen (Greifvögel, Fledermäuse, Brutvögel etc.),und zwar zusätzlich <strong>zum</strong> LBP (Eingriffsregelung)‣ teils Ablehnungen von WEA-Vorhaben etwa wegen angeblich oder tatsächlichschlaggefährdeter Arten (z.B. Schreiadler, Rotmilan, Fledermäuse, Kranich,Kiebitz etc.)‣ aktuell vielfach: Betriebseinschränkungen (Nachtabschaltung wegenFledermausvorkommen, Tagabschaltungen während der Brutzeit), und / oderMonitoringauflagen und / oder Auflagenvorbehalte, und / oderzusätzlicher Ausgleich: Vermeidungsmaßnahmen und vorgezogenenAusgleichsmaßnahme (=CEF-Maßnahmen (CEF = continuous ecologicalfunctionality-measures)www.mwp-berlin.de 6


- wesentliche Rechtsgrundlagen‣ Europarecht: Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und Vogelschutz-Richtlinie (VR)‣ seit sog. Förderalismusreform 2006: sog. konkurrierendeGesetzgebungskompetenz des Bundes‣ seit 1. März 2010 hat Bund davon Gebrauch gemacht und …‣ Zugriffsverbote in § 44 Abs. 1 BNatSchG (vorher § 42 BNatSchG)abschließend geregelt (kein LandesR)www.mwp-berlin.de 7


- Essenz: relevant für die WEA-Genehmigung sind vornehmlich Tötungs- undStörungsverbot nach BImSchG§ 44 Abs. 1 BNatSchG: Es ist verboten,1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zufangen, zu verletzen oder zu töten […],2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischenVogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-,Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erheblicheStörung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand derlokalen Population einer Art verschlechtert,…www.mwp-berlin.de 8


‣ Bundesrecht, auszulegen „im Lichte des Europarechts“‣ Achtung: europarechtliche Grundlage führt nicht zu besonderem rechtlichenSchutz!‣ Kernproblem: Auslegung des Tötungsverbots- richtet sich eigentlich auf aktives Tun: „töten“ (Wortlaut)- ausnahmsweise auch (passiver) Tierschlag erfasst, wenn a) Betrieb der WEATötungswahrscheinlichkeit für geschützte Art in signifikanter Weise erhöhtoder b) Störung den Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtertwww.mwp-berlin.de 9


II. Aktuelle Fallbeispiele, Stand der Rechtsprechung, Lösungsansätze1. Fledermäuse und Betriebseinschränkungena) Rheinland-Pfalz: Auszug aus Genehmigung / Brinkmannwww.mwp-berlin.de 10


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) BrandenburgAnlage 3 „Handlungsempfehlung <strong>zum</strong> Umgang mit Fledermäusen bei der Planungund Genehmigung von Windenergieanlagen in Brandenburg(http://www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.2318.de/tak_anl3.pdf)Auszug:„Sofern die Untersuchungen in Gebieten mit besonderer Bedeutung für denFledermausschutz gemäß der TAK hohe Fledermausaktivitäten belegen, die zueinem höheren Kollisionsrisiko führen können, sind zur Verringerung desKollisions- und Tötungsrisikos Abschaltzeiten erforderlich. Diese richten sich imZeitraum von Mitte Juli bis Mitte September nach folgenden Parametern1. bei Windgeschwindigkeiten in Gondelhöhe unterhalb von 5,0 m/s,2. bei einer Lufttemperatur ≥10°C im Windpark und3. in der Zeit von 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis 1 Stunde vorSonnenaufgang4. kein NiederschlagDie Sommermonate bilden einen Schwerpunkt der Fledermausaktivitäten undsind zugleich die windärmsten Monate des Jahres.www.mwp-berlin.de 12


Praxistipps:- Widerspruch und Klage gegen Nebenbestimmungen einreichen (keinAnwaltszwang)‣ Widerspruch und Klagen hemmen Umsetzung und Betrieb nicht (VG Halle, Urt.v. 24. März 2011 - 1 KO 1054-03), Stichwort: „aufschiebende Wirkung“‣ Monitoringauflagen regelmäßig unwirksam (mangels Rechtsgrundlage)‣ Auflagenvorbehalt („Abschaltung vorbehalten, sobald Monitoringergebnissevorliegen“) sind nur mit vorheriger Zustimmung des Antragstellers zulässig!- Zuwarten auf OVG-Entscheidungen (OVG Magdeburg hat Berufungzugelassen, Beschluss v. 1. August 2011 - 2 L 106/10, Entscheidung stehtnoch aus)- Brandenburg: Änderungsbescheid anregen oder Änderung (§ 16 BImSchG)explizit beantragenwww.mwp-berlin.de 13


2. Wiesenweihe und nachträgliche Betriebseinschränkungen: (Niedersachen):- Sachverhalt‣ Brut im Umkreis < 150 Meter eines WEA-Standorts;‣ Behörde verfügt Abschaltung während der Brutzeit (ca. Mitte Mai bis AnfangAugust),‣ Brisanz: betroffen ist bestandskräftige Genehmigung- Rechtsprechung‣ Eilantrag in 1. Instanz: VG Oldenburg bestätigte vorläufigBetriebseinschränkung (Eil-Beschl. v. 10. Juni 2011- 5 B 1246/11: Abschaltungsei „voraussichtlich rechtmäßig“)‣ Keine Sachentscheidung im Eilverfahren in 2. Instanz, da Brut trotzAbschaltung scheiterte: OVG Lüneburg erließ nur sog. Erledigungsbeschluss v.27. Juli 2011: Rechtslage sei „offen“)- War Abschaltung rechtmäßig? - Hauptsacheentscheidungen stehen aus- Sonderfall Wiesenweihe? Oder Übertragbarkeit?- Anspruch auf Ertragsausfall, u.E. ja - Entscheidung hierzu folgt.www.mwp-berlin.de 14


Forderung einer Behörde in NRW/ Praxisbeispiel:"Im Nahbereich der WEA darf die Ernte nicht vor dem 15. Juli erfolgen und dieStoppeln sind bis <strong>zum</strong> 15. August stehen zu lassen. Der Nachweis hierüber ist derUnteren Landschaftsbehörde für den Zeitraum der Laufzeit der WKA in Form einervertraglichen Vereinbarung zwischen Bewirtschaftern und Antragsteller bis <strong>zum</strong>Baubeginn unaufgefordert vorzulegen. Es ist darüber hinaus sicherzustellen, dassauch im Falle eines Bewirtschafterwechsels die vertragliche Vereinbarung mit demo.a. Inhalten abgeschlossen wird. Der Nahbereich der WEA beinhaltet dieackerbaulich genutzte Fläche der Flurstücke 29, 32, 34, 35, 39, 40 und 41 der Flur3 in der Gemarkung Sommersell."‣Zulässigkeit zweifelhaft, war hier aber hier praktikabler Kompromiss.www.mwp-berlin.de 16


4. Störungsverbot‣ spielt in Rechtsprechung nur untergeordnete Rolle‣ CEF-Maßnahmen (Kranichburtplatz neu anlegen)‣ Beispiel Schwarzstorch und Behördenpraxis (Forum 1, aufwendige Gutachten)‣ „lokale Population“ - Begriff weiterhin völlig unklar!www.mwp-berlin.de 17


5. Neue Rechtsprechung: Klagebefugnis von Naturschutzverbänden- EuGH, Urt. v. 12. Mai 2011 - C-115/09: das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - ist teilunwirksam- EuGH: Nichtregierungsorganisation, die sich für den Umweltschutz einsetzt,darf vor Gericht gegen behördliche Entscheidungen vorgehen, die„möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben“. Dies gilt,„obwohl das nationale Verfahrensrecht dies nicht zulässt“. Die deutschenGesetze schränken die Klagerechte von Umweltverbänden beiGenehmigungsverfahren unzulässig stark ein, so der EuGH.‣ Folgen: Eilanträge und Klagen von BUND, WWF, NABU etc. gegen WEA-Vorhaben‣ Praxistipp: sog. vereinfachte Genehmigungsverfahren vermeiden (daansonsten Bestandskraft der WEA-Genehmigung erst mit / nach Umsetzungeintritt!)www.mwp-berlin.de 18


6. WEA im Vogelschutzgebiet zulässig?- Erlasslage in Brandenburg, danach ja; VG Cottbus folgt dem in einem nochnicht begründeten Urteil aus Juli 2012 indes nicht.- anders aber: VG Gießen, Beschluss vom 8. September 2011 - 1 L 2082-11:WEA-Genehmigung, angegriffen vom NABU, sei „offensichtlich rechtmäßig“Entscheidung des VGH Kassel in 2. Instanz hierzu steht noch auswww.mwp-berlin.de 19


III. Fazit, Ausblick und Diskussion- Grundsätzlich‣ Tendenz: von der Ablehnung der WEA-Genehmigung zur Betriebseinschränkung‣ Tendenz zu Monitoring und Auflagenvorbehalt: i.d.R. rechtswidrig‣ Vorsicht bei Verlangen der Behörde, Auflagenvorbehalt zuzustimmen!‣ Aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen (Widerspruch, Klage), wasBehörden vielfach bestreiten- Speziell: Fledermäuse‣ Tötungsverbot und Signifikanzfrage, Rechtlich Grenze weiterhin unklar‣ Fehlende Fachkenntnis zu Betroffenheit / Schlaggefahr etc., FachlicheBetroffenheit unklar‣ bisher nur Eil-Rspr. (aber: 28.10.2012, VG Koblenz entscheidet),‣ Tendenz zur „Einschätzungsprärogative“ (OVG Lüneburg, a.a.O.)‣ BMU-Studie im Sommer 2012 veröffentlicht, Neuigkeiten?‣ Brandenburg: Änderungsanträge mit Blick auf Anlage 3 der TAK erwägen!‣ Problem könnte sich wegen fehlender wirtschaftlicher Relevanz erledigen.www.mwp-berlin.de 20


- Speziell: Greifvögel‣ Störungsverbot spielt geringere Rolle‣ Tötungsverbot: Tendenz zu Betriebseinschränkung (Tagbetrieb)‣ Tendenz zu immer umfangreicheren (Vor-) Untersuchungen, rechtlichzweifelhaft!‣ „Vermeidungsmaßnahme“ und „CEF-Maßnahme“‣ Zu Ausnahme und Befreiung‣ Klagen gegen Auflagenvorbehalt und Monitoring vielfach erfolgreich!Bis heute kein Nachweis einer relevanten Betroffenheit, wohl deshalb:Fortschritte in der Rechtsprechung und Behördenpraxis im Hinblick aufartenschutzrechtliche Restriktionen.Klärung vieler Sach- und Rechtsfragen steht noch aus!www.mwp-berlin.de 21


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Haben Sie noch Fragen? Sprechen Sie unsgerne auch nach der Tagung an!RA Dr. Michael Rolshoven (rolshoven@mwp-berlin.de)Kanzlei Müller-Wrede & Partner – RechtsanwälteLeibnizstraße 53, 10629 Berlin030 399 250 0www.mwp-berlin.dewww.mwp-berlin.de 22

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