Münsters mausetoter Bahnhof SPD und CDU im Interview - Draußen
Münsters mausetoter Bahnhof SPD und CDU im Interview - Draußen
Münsters mausetoter Bahnhof SPD und CDU im Interview - Draußen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
mehrere Tage nieder. Als wir am Ende<br />
unserer Rast feststellten, dass das kleine<br />
Dorf vielmehr eine mittelgroße Stadt<br />
war, freuten wir uns so über unsere<br />
eigene Unbeschwertheit, dass wir beschlossen<br />
unseren großartigen Trip mit<br />
einem Essen in einem Restaurant zu<br />
feiern. Leo kaute zu unseren Füßen,<br />
von den St<strong>und</strong>en des Tobens erschöpft,<br />
an einem getrockneten Schweineohr,<br />
während wir uns frittierten <strong>und</strong> gebratenen<br />
Köstlichkeiten hingaben. Am<br />
nächsten Morgen sollte es weiter an die<br />
Schwarzmeerküste gehen, nach Constanza,<br />
wo die erste Begegnung mit<br />
dem Meer auf uns wartete. Doch so<br />
weit sollten wir nicht kommen, auch<br />
wenn wir schon um 6 Uhr die Zelte<br />
abbrachen.<br />
_Nina hatte sich schon in der Nacht<br />
mehrere Male aus dem Bulli gestohlen<br />
<strong>und</strong> ihr gesamtes 'Festmahl' wieder erbrochen.<br />
Sie klagte über ungeheure<br />
Bauchschmerzen <strong>und</strong> wir beschlossen<br />
einen Arzt in der nächst größeren Stadt<br />
Brasov aufzusuchen. Wenn ich mich<br />
heute daran erinnere, erscheint mir die<br />
Stadt wie eine Hölle aus grauem Staub.<br />
Heiß <strong>und</strong> fiebrig <strong>und</strong> schon ihr Bild<br />
raubt mir den Atem. Wir kamen in der<br />
Mittagshitze an, 42°C. Der rumänische<br />
Verkehr war ein Moloch <strong>und</strong> die „Europastraße“,<br />
die uns hergebracht hatte,<br />
war streckenweise nur auf den Karten<br />
vorhanden gewesen. Nina hatte sich<br />
noch einige Male in diverse Tüten übergeben<br />
<strong>und</strong> lag nun zwischen Wach <strong>und</strong><br />
Schlaf auf dem Bett <strong>und</strong> auch bei Antonia<br />
<strong>und</strong> mir machten sich langsam<br />
Bauchschmerzen bemerkbar. Zu dritt<br />
machten wir uns zu Fuß auf den Weg in<br />
die Stadt. Nina blieb <strong>im</strong> Wagen, doch<br />
bei der brennenden Hitze <strong>und</strong> den <strong>im</strong>mer<br />
heftiger werdenden Krämpfen, gaben<br />
wir die Suche nach einem Arzt<br />
schnell auf <strong>und</strong> versuchten nun nur<br />
noch die Strecke zum Bus zurück zu<br />
meistern, um so bald wie möglich zu<br />
einem Campingplatz zu kommen, damit<br />
wir uns dort einige Tage auskurieren<br />
konnten. Als wir den Parkplatz erreichten,<br />
stand der Wagen bei wolkenfreiem<br />
Mittagsh<strong>im</strong>mel in der prallen Sonne.<br />
Nina weinte verzweifelt, weil sie inzwischen<br />
selbst die Kraft verloren hatte,<br />
sich eine Flasche Wasser zu holen, <strong>und</strong><br />
ich setzte mich schmerzverzerrten Gesichts<br />
hinters Lenkrad. Antonias Kreislauf<br />
verabschiedete sich <strong>und</strong> meine Gedanken<br />
rasten, wie der brodelnde Verkehr<br />
um mich herum: „Wo ist ein Krankenhaus?<br />
Was mache ich mit Leo? Schafft<br />
Antonia es wach zu bleiben? Warum tut<br />
mir mein Magen so verdammt weh?“<br />
_Auf einer riesigen Kreuzung schaute<br />
ich ein letztes Mal auf mein Armaturenbrett.<br />
Die Tanknadel sank mit rasender<br />
Geschwindigkeit in den roten<br />
Bereich <strong>und</strong> der Motor soff ab. Fluchend<br />
riss ich am Lenkrad herum, als könnte<br />
ich den Wagen dadurch vorantreiben,<br />
<strong>und</strong> wir kamen am Rand der Rechtsabbiegerspur<br />
zum Stehen. Nichts ging<br />
mehr! Ich schaffte noch das wichtigste<br />
Zeug aus dem Auto, die Mädels <strong>und</strong> Leo<br />
in einen Hauseingang <strong>und</strong> rief den rumänischen<br />
'ADAC'. Dann klappte auch<br />
ich mehr oder weniger<br />
zusammen. Es vergingen<br />
noch St<strong>und</strong>en, ehe wir<br />
ins Krankenhaus kamen,<br />
<strong>und</strong> beinahe wäre Leo<br />
von den beiden Fahrern<br />
des ADAC auf der Straße<br />
verschenkt worden. Doch<br />
ohne sie <strong>und</strong> ohne Paul,<br />
den dubiosen Taxifahrer<br />
<strong>im</strong> Netzhemd, der uns<br />
über zwei Tage ges<strong>und</strong><br />
pflegte, hätte diese Geschichte<br />
sicherlich auch<br />
kein gutes Ende genommen.<br />
_Es stellte sich heraus,<br />
dass wir bis auf Leo alle<br />
eine handfeste Lebensmittelvergiftung<br />
hatten.<br />
Der kleine Mischling war<br />
glücklicherweise davon<br />
verschont geblieben,<br />
auch wenn für ihn die<br />
Nacht bei Wildfremden,<br />
Bekannten der Abschlepp-<br />
fahrer, zu denen sie Leo schließlich gebracht<br />
hatten, mehr als ein Schock gewesen<br />
sein musste. Geht es den anderen<br />
gut? Bin ich schon wieder abgegeben<br />
worden? Dies mochten wohl seine<br />
Gedanken gewesen sein. Wir holten<br />
ihn, noch <strong>im</strong>mer geschwächt, nach<br />
einer Nacht in einem Hotel wieder ab.<br />
Das Gefühl ihn zu sehen, war das stärkste,<br />
was ich bis dahin erlebt habe. Seine<br />
Freude <strong>und</strong> die Gewissheit <strong>und</strong> Zuversicht,<br />
die in seiner Begrüßung lagen,<br />
ließen mich für einen Moment alle Sorgen<br />
vergessen <strong>und</strong> auch den beiden<br />
Mädchen war anzusehen, dass sie sich,<br />
sobald sie ihn sahen, wieder zu Hause<br />
fühlten. Unser nächster großer Prüfstein<br />
sollte Syrien werden...<br />
(Fortsetzung <strong>im</strong> nächsten Heft) #<br />
Anzeige<br />
23