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Leseprobe aus: Der unbesiegbare Sommer in uns von Nina Ruge ...

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verlieren. Rout<strong>in</strong>e schlich sich e<strong>in</strong>. Schon seit zwei Jahren warderselbe Mann an me<strong>in</strong>er Seite, im Studium war die Belastungkonstant hoch, und so verlor ich Stück für Stück den roten Fadenme<strong>in</strong>er Suche, den Zugang zur Sehnsucht, das Gespür für dasgroße schwarze Loch <strong>in</strong> mir.Das Sollen-Wollen-Müssen e<strong>in</strong>es anspruchsvollen Studiumsfuhr gedanklich Karussell mit mir. Phasen des Müßiggangs, <strong>in</strong>denen die Seele die Navigation e<strong>in</strong>es Tages, e<strong>in</strong>iger Stundenübernahm, gab es nicht mehr. Ich überließ mich, me<strong>in</strong> Leben,me<strong>in</strong>e Gefühle, dem Diktat me<strong>in</strong>er flirrenden Gedankenwelt.Yoga verkam zur körperlichen Ertüchtigung. Ich funktioniertegut <strong>in</strong> der kompetitiven Massenuniversität. Ich schaffte sämtlicheAufnahmeprüfungen, auch die <strong>in</strong> organischer Chemie.Und so verpuffte der Zauber des Aufbruchs mit den Knallgasreaktionender chemischen Sem<strong>in</strong>are. Die lila Latzhose als Signalme<strong>in</strong>er Verweigerung aller bürgerlichen Klammern undWerte war plötzlich out. Ich begann zu nähen und zu stricken.Nicht weil ich Rückfälle <strong>in</strong> die Häuslichkeit erlitten hätte, sondernweil ich modisch auffallen wollte. Ich f<strong>in</strong>g sogar an michzu schm<strong>in</strong>ken, was zu Beg<strong>in</strong>n der Siebziger noch total out gewesenwar. Auch vorher war ich ja alles andere als e<strong>in</strong>e graue M<strong>aus</strong>gewesen, doch was nun begann, war die Suche – vielleicht auchdie Sucht – nach Anerkennung <strong>von</strong> außen. »Glück ist, wenn siedich toll f<strong>in</strong>den«, da<strong>von</strong> war ich jetzt überzeugt. Am besten natürlichdie Männer, und <strong>von</strong> denen möglichst viele. Das hatte jaschon fünf Jahre zuvor bestens funktioniert, doch damals war esnoch so etwas wie e<strong>in</strong> spielerisches Austesten gewesen. Jetztwurde es zum Pr<strong>in</strong>zip.Ich war also voll <strong>in</strong> der Hand me<strong>in</strong>er h<strong>aus</strong>eigenen Gedankenpolizei.Die aufregenden Pfade nach <strong>in</strong>nen hatte ich gekappt unddas aufkeimende Mangelgefühl, den Mangel an Tiefe und Glück,e<strong>in</strong>fach zugeklebt. Mit den Alltagsdrogen, die wir alle lieben:17

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