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Berner Biotope 1992 - Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern

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<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>Naturelemente innerhalb undausserhalb von Schutzgebieten~ ~ NaturschutzinspektoralT ~ <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong> <strong>Bern</strong>


InhaltVorwortNatur ist überall 2Biotopschutz in der Landwirtschaft 3Biotopschutz im Wald 15Biotopschutz in und an Gewässern 25Biotopschutz im Gebirge 33Biotopschutz in der Siedlung 37Wichtige Begriffe im Naturschutz 40Kontaktstelle 4125 Jahre NaturschutzinspektoralDas Naturschutzinspektorat <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong><strong>Bern</strong> feiert <strong>1992</strong> sein 25jähriges Bestehen.Die Broschüre "<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>" wirddaher den leser/ innen als Jubiläumsschriftgewidmet.


VorwortNaturschutz heisst heute, die Natur alsGesamtsystem zu erhalten. Dabei geht esnicht nur um einzelne Naturschutzgebieteoder -objekte, sondern immer mehr auch umNaturelemente in der vom Menschengenutzten Landschaft. Ein solcher umfassenderNaturschutz verlangt auch eine intensiveZusammenarbeit unter verschiedenstenStellen der kantonalen Verwaltung. Als gemeinsamesArbeitsinstrument hat dasNaturschutzinspektorat in enger Zusammenarbeitmit anderen Verwaltungsstellendas "Leitbild Naturschutz <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong> <strong>Bern</strong>"erarbeitet. Es hält die Ziele eines integralen,das heisst umfassenden Naturschutzes fest.Den Gemeinden und weiteren interessiertenKreisen soll es zur Orientierung und als Hilfedienen.Naturschutz geht uns aber alle an: Kanton,Gemeinden, Private. Der Kanton will alleLebensräume von kantonaler und nationalerBedeutung erhalten. Die Gemeinden sollenihrerseits den Naturschutz auf lokaler Ebenevollziehen, also für alle kleinerenLebensräume und Objekte sorgen. DieGesamtheit aller kleineren Lebensräume istebenso wichtig wie die grösseren. Für einenerfolgreichen Naturschutz brauchen Kantonund Gemeinden die Unterstützung derBevölkerung. Das setzt voraus, dassmöglichst weite Kreise über die wertvollenund schützenswerten Naturelemente Bescheidwissen. Die Broschüre "<strong><strong>Bern</strong>er</strong><strong>Biotope</strong>" soll in kurzen, verständlichenTexten und mit schönen und aussagekräftigenBildern Freude bereiten und zumNaturschutz motivieren. Vertiefende Informationensind im Leitbild enthalten, das alsKurzfassung beim Naturschutzinspektoraterhältlich ist.Die Broschüre "<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>" richtet sichalso an Mitglieder von Behörden, Verwaltungen,Kommissionen und Arbeitsgruppensowie an Planer und Ingenieure, die sich mitNaturschutz oder mit Aufgaben, die sich aufdie Natur auswirken, befassen.Sie ist jedoch auch für den HeimatkundeundBiologieunterricht an Schulen geeignet.Vielfalt ist ein Kennzeichen einer reichhaltigenNatur. Das Schulbiotop ist einBeispiel für die Vielfalt von Lebewesen, diean einem Standort vorkommen. Die Broschüre"<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>" dokumentiert dieVielfalt verschiedener Lebensräume, die imKanton <strong>Bern</strong> von den Alpen bis zu denJurahöhen noch zu finden sind.Vergessen wir nicht, dass der Schutz derNatur nicht nur Tieren und Pflanzen, sondernauch kommenden Generationen, unserenKindern, zugute kommen wird. Ich wünscheuns und unseren Kindern, dass auch in fernerZukunft noch die Eigenart und Schönheitaller "<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>" zu bewundern sind.Dr. Denis ForterNaturschutzinspektor<strong>des</strong> <strong>Kantons</strong> <strong>Bern</strong>


Natur ist überallDer Kanton <strong>Bern</strong> ist reich an vielfältigenLandschaftstypen und <strong>Biotope</strong>n. Von denJurahöhen über Mittelland und Voralpen bisins Hochgebirge finden zahlreiche Tier- undpflanzenarten ihren Lebensraum.Einen Eindruck der Vielfalt erhaltenswerterNaturelemente vermittelt die vorliegendeBroschüre. Es geht aber nicht nur darum,schöne Naturelemente vorzustellen. Denndie aufgelisteten <strong>Biotope</strong> nehmen nur nocheinen sehr kleinen Teil der <strong>Kantons</strong>fläche ein.Und sie stehen nach wie vor unter meistzunehmendem Druck durch die vielfältigenAuswirkungen, die unser Lebensstil mit sichbringt.Diesen Druck auf die Natur einzudämmen,ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. WeilNaturschutz bei verschiedensten Projekteneine Rolle spielt, muss ein grosser Kreis vonFachleuten der Behörden gemeinsam nachsinnvollen Lösungen suchen, dies zusammenmit den direkt Betroffenen in der Land- undForstwirtschaft, im Tourismus oder ineinzelnen Gemeinden."Leitbild NaturschutZ 11 für diekantonale VerwaltungRückzugsgebiete für die Natur hatten undhaben ihren Sinn. Aber damit sind dieNaturschutzaufgaben längst nicht erfüllt.Was nützen z.B. rflückverbote für seltenePflanzen, wenn ihr Lebensraum zerstört ist?Und viele naturnahe Landschaftsformen,z.B. die meisten Wiesen, sind sogar daraufangewiesen, dass der Mensch sie nutzt,sonst verwandeln sie sich in Wald. Hierbesteht Naturschutz darin, sie angemessenzu bewirtschaften. Insgesamt ist möglichstüberall ein optimales Nebeneinander vonMensch und Natur anzustreben.Naturschutz-DreibeinDie Grundlage dieser erweiterten Auffassungvon Naturschutz bildet das sogenannteNaturschutz-Dreibein. Es besteht aus den dreiTätigkeiten:- Natürliches erhalten: NatürlicheLebensräume, die vom Menschen nichtoder kaum beeinflusst sind, sollen in ihrerEigenart ungeschmälert erhalten bleiben.Störende Einflüsse sind vorbeugend zuvermeiden oder nötigenfalls aufzuheben.Beispiel: Hochmoore.2Eidgenössische und kantonale Gesetze undVerordnungen stecken den Rahmen ab, indem sich die kantonale Verwaltung inSachen Naturschutz bewegen kann. AlsErgänzung haben Vertreter der Verwaltungzusammen mit aussenstehenden Fachleutendas "Leitbild Naturschutz <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong> <strong>Bern</strong>"ausgearbeitet. Es legt die Prinzipien derkantonalen Naturschutzarbeit fest, listet diewichtigsten <strong>Biotope</strong> mit ihren Eigenschaftenund Gefährdungen sowie mit geeignetenSchutzmussnahmen auf. Es gibt auchHinweise, wer für was zuständig ist. DasLeitbild, das der Regierungsrat am 28.November 1990 in zustimmendem Sinnezur Kenntnis genommen hat, ist einArbeitsinstrument für die Verwaltung. DieBroschüre "<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>" übernimmt diezentralen Ideen aus dem Leitbild und möchteeiner breiteren Leserschaft ein neuartigesVerständnis von Naturschutz näher bringen.Schützenswerte Natur auchausserhalb der SchutzgebieteNaturschutzgebiete sind Sonderfälle. DerMensch darf sie nicht oder nur imnaturschützerischen Sinne nutzen. Solche- Naturnahes pflegen: Um die Vielfalt unddas Gleichgewicht in der vom Menschengenutzten Kulturlandschaft zu erhaltenund zu fördern, werden naturnaheFlächen sachgerecht gepflegt. Beispiel:Magerwiesen, die ohne Mähen raschverganden.- Naturfernes neu gestalten: ökologischverarmte Landschaften sollen mitökologischen Ausgleichsflächen und mitder Wiederherstellung angepassterNutzungsformen aufgewertet werden.Ökologische Ausgleichsflächen könnenAckerrandstreifen sein, auf denenWildkräuter wachsen. Eine Wiederherstellungist das Freilegen eingedolterBäche, verbunden mit einer ökologischorientierten Bachbettgestaltung.Auch im Naturschutz sind wir also dazuaufgefordert, in grösseren Zusammenhängenzu denken und zu handeln - eineanspruchsvolle und auch spannende Aufgabefür uns alle.


Biotopschutz in der Landwirtschaftln den letzten Jahrzehnten haben dieLandwirte auf abnehmenden Flächen raschwachsende Mengen an Futter-undNahrungsmitteln produziert. Die Methodender Bewirtschaftung sind unter dem Druckwirtschaftlicher Zwänge sehr viel intensivergeworden. Grosse Mengen an ausgebrachtenPflanzenschutz- und Düngemitteln habenwohl die Erträge massiv gesteigert, bedrohenaber gleichzeitig das Grundwasser und dieVielfalt unserer Pflanzen- und Tierwelt.Neue, umweltverträglichere Wege in derLandwirtschaft sind zum Teil bereits bekanntund werden weiter gesucht. SinnvolleLösungen entstehen dann, wenn Landwirteund Naturschützer als Partner an einemneuen Ausgleich zwischen Natur undLandwirtschaft arbeiten. Eine intaktere Naturkommt auch dem Landwirt zugute: Sie hilftihm zum Beispiel, seine Kulturen vorgrossem Schädlingsbefall zu bewahren.Zudem ist heute unbestritten, dass Landwirtefür ihre Leistungen in den BereichenNaturschutz und Landschaftspflege Beiträgeals festen Bestandteil ihres Einkommenserhalten sollen.Liste der <strong>Biotope</strong> im BereichLandwirtschaft-Hochmoore- Flachmoore- Nasswiesen und Hochstaudenfluren- Trockenstandorte- Hecken-Gruben- Dauerwiesen- Hochstammobstgärten- Rebberge- AckerrandstreifenDie Liste umfasst nur die, aus der Sicht <strong>des</strong>Naturschutzes wichtigsten <strong>Biotope</strong> in denLandwirtschaftszonen <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong> <strong>Bern</strong>. Sieerhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.3


Hochmoore4Hochmoore haben etwas Unheimliches ansich. Selbst bei schönem Wetter kommenZweifel auf, ob der schwabbelige, wasserdurchtränkteBoden uns trägt. Und wennzwischen zwergwüchsigen Moorföhren dichteNebelschwaden hocken, wirkt das Mosaikaus Pflanzenbüsehein und zahlreichen,kleinen Wasserflächen noch bedrohlicher.Hochmoore bestehen aus einem Mosaik vonMoospolstern (Bulten) und wasserhaltigenSenken. Abgestorbene Pflanzen zersetzensich hier nicht. Sie wandeln sich in Torf, dersich über Jahrtausende aufschichtet. Dadurchwird das Torflager auch zu einem wichtigen,natürlichen Geschichtsarchiv. Sobald diePflanzen, die auf der Torflinse leben, denKontakt zum Grundwasser verloren haben,ist ein Hochmoor entstanden.Im Hochmoor leben spezialisierte Pflanzenwie Rosmarinheide oder Sonnentau, die nursehr geringe Nährstoffmengen benötigen.Meist genügt, was der Regen dem Moorzuführt.Die Tierarten, die im Moor ihren Lebensraumfinden, z.B. der Schmetterling Moorbläuling,sind sehr selten. Wegen den speziellenLebensbedingungen im Hochmoor könnendie gefährdeten Moorbewohner nicht inandere <strong>Biotope</strong> ausweichen.Heute gibt es im Kanton <strong>Bern</strong> noch auf ca.230 ha Hochmoore von nationalerBedeutung, vor allem im <strong><strong>Bern</strong>er</strong> Jura und imOberland oberhalb 1 000 m ü.M. Damit sindseit Mitte <strong>des</strong> letzten Jahrhunderts mehr als90% der Hochmoore verschwunden, imMittelland fast 1 00%.NaturschutzaufgabenDie verbliebenen Hochmoore sind ungeschmälertzu erhalten. Das heisst, weitereEntwässerungen einzustellen. Zudemmüssen Tourismus und Militär daraufRücksicht nehmen, dass Hochmoore dasBetreten schlecht ertragen. Bereits gestörteHochmoore sind wo immer möglich wiederherzustellen.Hinweise zur genauen Lage, zum Zustandund zu Massnahmen der Erhaltung könnendem Hochmoorinventar <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>entommen werden, das seit dem 1.1. 1991in Kraft ist.


FlachmooreWenn der Boden unter den Füssen weicherwird und wir uns plötzlich von sattgrünem,kräftigem jungem Schilf umgeben sehen,stehen wir wahrscheinlich am Rand einesFlachmoores. Und wenn wir blauen Lungen­Enzian und Weissen Sumpfwurz entdecken,oder in höheren Lagen Moorenzian undStudentenröschen, dann haben wir typischeVertreter der Flachmoorvegetation vor uns.Sie gedeiht auf nassem, nährstoffarmemBoden.Flachmoore werden nur schwach genutzt, seies als Weiden ader als Lieferanten vonStreu. Nährstoffarme Flächen wie dieFlachmoore sind heute allgemein bedroht.Daher erhalten die verbliebenen Flächen einewachsende Bedeutung als Überlebensraumeiner spezialisierten und vielfältigenpflanzenwelt. Die grössten Flachmoore sindim Oberland zu finden, z.B. bei Habkern undGrindelwald. Im Kanton nehmen dieFlachmoore heute eine Fläche von rund5'000 ha ein.NaturschutzaufgabenFlachmoore sind naturnah, das heisst vomMenschen geschaffen und genutzt. Um nichtzu verbuschen, müssen sie im Herbstgeschnitten werden. Für diese schonendeNutzung auf der Basis von freiwilligenVerträgen bietet der Kanton namhafteBeiträge an.Die verbliebenen Flachmoore sind vor allemdurch Entwässerung und anschliessendeDüngung gefährdet.5


Nasswiesen und HochstaudenflurenIm Bergfrühling überziehen üppige, goldgelbeTeppiche aus blühenden Sumpfdotterblumendie höhergelegenen Nasswiesen.Später kann Schlangen-Knöterich in grosserZahl ihr Aussehen prägen (siehe Bild). Undwer im Sommer im Mittelland einemWiesenbach folgt, der sich einigermassenfrei durch die Landschaft schlängelt, sieht oftvor lauter Pflanzen das Wasser nicht mehr.Aus einem dichten Saum von Kräutern ragenzahlreiche Stauden bis mehr als einen Meterin die Höhe.NaturschutzaufgabenEntwässern, vermehrtes Düngen und Einsäenvon Futtergräsern gefährden die Existenzvon Nasswiesen. Andererseits benötigen sieals naturnahe, vom Menschen geschaffene<strong>Biotope</strong> eine gewisse Nutzung. EinPflegeschnitt und etwas Beweidunggenügen, um sie am Vergonden zu hindern.ln gewissen Fällen unterstützt der Kantondie herkömmliche Nutzung auf der Basis vonfreiwilligen Verträgen.Nasswiesen und Hachstaudenfluren habeneines gemeinsam: Sie gedeihen auffeuchtem bis nassem und vor allemnährstoffreichem Untergrund, der damit denPflanzen das kräftige "ins Kraut schiessen"ermöglicht. Im Unterschied zu denFlachmooren bildet sich hier kein Torf.Die vielen Kraut- und Staudenarten derHochstaudenfluren und Nasswiesen bieteninsbesondere Raupen und Schmetterlingenwertvolle Nahrung und Lebensräume.Nasswiesen erfüllen zudem vielerorts alsPuffer zwischen Produktionsflächen sowieFlach- und/ oder Hochmooren eine wichtigeAufgabe.6


TrockenstandorteTrockenstandorte sind karg aber keineswegseinförmig. An heissen Sommertagenertönt aus ihnen das Zirpen der Grillenund Heuschrecken. Gleichzeitig verströmenThymian und viele andere Kräuter einenintensiven Duft. Durch Frühjahr undSommer sorgen die jeweils blühendenpflanzenarten für eine stets änderndeFarbpalette. Trockenheit Wärme und dievielen Schlupfwinkel bieten auch Reptilienausgezeichnete Lebensbedingungen.Die Pflanzen der Trockenstandorte gedeihenauf wenig oder gar nicht genutzten,mageren und trockenen Böden. Als Trockenstandortewerden Magerwiesen undWeiden auf trockenem Untergrund wie auchFelsenheiden mit ihren besonders schützenswertenPflanzenbeständen bezeichnet.Steinmauern und Lesesteinhaufen bereichernden Lebensraum zusätzlich. Siebestehen aus Steinen, die die Bauern seitJahrhunderten von Weiden und Feldernentfernen.Im Mittelland fehlen sie fast vollständig.Bis ins letzte Jahrhundert waren sie diehäufigste Farm von Wies- und Weideland.NatuschutzaufgabenDie wenigen Felsenheiden am Bielerseestehen unter Naturschutz. Den trockenenMagerwiesen droht dagegen gleich doppelteGefahr: Entweder werden sie gedüngt undintensiv genutzt, was die speziellen Pflanzenund Tiere zum Verschwinden bringt. Oder siewerden gar nicht mehr genutzt undentwickeln sich zu Wald. Mit Beiträgen,gestützt auf freiwillige Verträge mit denBewirtschaftern, versucht der Kanton heute,die traditionelle Nutzung der verbliebenenMagerwiesen auch betriebswirtschaftlichinteressant zu machen.7Trockenstandorte nehmen nur noch rund1% der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein.Am häufigsten findet man sie an denSonnenhängen <strong>des</strong> <strong><strong>Bern</strong>er</strong> Juras (vor allemGemeindeweiden) und der Oberländer Täler.


Hecken8Wer seinen Blick über eine heckenreicheLandschaft schweifen lässt, empfindet sie alsgefällig und wohltuend gegliedert. Heckenals schmale, Iongezogene Busch· und Baum·gruppen teilen die Landschaft in Kammernauf und geben ihr so ein angenehmes,lebendiges Aussehen. Hecken sind oft dortentstanden, wo der Mensch etwas ab·grenzen wollte, auf Grundstückgrenzen, alsSaum von Wegen und Bächen oder aufHangkanten als Grenze zwischen nutzbarerFläche und Böschung.Hecken gestalten nicht nur die Landschaft,sondern erfüllen auch zahlreiche ökologischeAufgaben: Oft bilden sie natürliche Brückenzwischen räumlich getrennten <strong>Biotope</strong>n undfördern damit eine ökologische Vernetzung.Weiter sind sie Lebensraum für Kleinsäugerund Insekten, darunter viele Nützlinge.Vögeln bieten sie Brutplötze und Nahrung,dem Wild Sichtschutz und benachbartenFeldern Windschutz.Sehr schöne Heckenlandschaften gibt esnoch im Oberland, Schwarzenburgerland undim Emmental. Im Rahmen von Meliorationensind wie überall in der Schweiz zahlreicheHecken abgeholzt worden. Das ist heute lautEidgenössischem Jagdgesetz verboten.NaturschutzaufgabenHecken sind ein vom Menschen geschaf·fenes, naturnahes LandschaftselementSie wollen daher sachgerecht gepflegt sein.ln den letzten zehn Jahren wurden auchvermehrt Hecken neu angepflanzt. Bis siesich allerdings zu vollwertigen Hecken ent·wickelt haben, können Jahrzehnte verstrei·chen. Dennoch sind Ersatz· und Neupflan·zungen bei Meliorationen, als Begleitmass·nahme beim Strassenbau oder als Schul·projekt in der Gemeinde heute wichtigeBeitröge zur Bereicherung der Landschaft.


Grubenln einer lauen Frühlingsnacht am Rand einerKiesgrube zu sitzen und dem Konzert derFrösche, Kröten und Unken zu lauschen, istimmer wieder ein eindrückliches Erlebnis.Stillgelegte Kiesgruben weisen auf kleinemRaum eine grosse ökologische Vielfalt auf,falls sie nicht sofort wieder aufgefülltwerden. Pionierpflanzen wie Huflattich undPurpurweide besiedeln dort Trockenstandortemit nährstoffarmem, steinigem Untergrund.Eine ganz andere Tier- und Pflanzenweltsiedelt sich in den feuchten Senken undTümpeln an, die für manche Amphibien(z.B. Kreuzkröte) wertvollste Überlebensmöglichkeitenbieten. Und die steilenGrubenwände bieten den UferschwalbenGelegenheit, ihre Nester zu graben.Stillgelegte Gruben müssen aufgrundbestehender Verträge meist aufgefüllt undals Wald- oder Landwirtschaftsflächewiederhergestellt werden. ln Zukunft solltenhier neue Wege beschritten werden, bei derdie Grube und ihre Lebensräume zumin<strong>des</strong>tteilweise erhalten bleiben.Naturnah gestaltete Gruben benötigen einesachverständige Pflege, sonst entwickelt sichin ihnen Wald.9NaturschutzaufgabenSolange eine Grube genutzt wird, lässt sicheine vielfältige Fauna und Flora recht gutschützen und erhalten. Dazu ist einegeschickte und auch bezüglich Naturschutzwohldurchdachte Staffelung <strong>des</strong> Kiesabbauserforderlich.


DauerwiesenWenn es uns gelüstet, ous Woldnelken,Milchstern, Kerbein und Kälberköpfen einenprächtigen Strouss zusammenzustellen,stehen wir wohl vor einer Douerwiese.Dauerwiesen sind Futterwiesen, die seitJahrzehnten nicht mehr umgepflügt wordensind. Sie liefern Heu und Emd und dienen oftzusätzlich ols Weide. Dauerwiesen werdengedüngt. Eine spezielle Form der Dauerwiesensind die Wässermotten im Oberoorgou,die durch ein jahrhundertealtesGrobensystem regelmässig mit Wasser derLongeten überschwemmt und damit gleichzeitiggedüngt werden.Dauerwiesen zeichnen sich durch eine stabileund vielfältige Pflanzengemeinschaft ous,die vielen Insekten und bodenbrütendenVögeln ideale Lebensbedingungen bieten.Sie leisten damit einen Beitrog zur ökologischenVernetzung in der Landschaft.Bis in die SOer Jahre waren Dauerwiesenunterhalb 1200 m ü. M. weit verbreitet.Seither wurden viele von ihnen immer öfterumgepflügt, vor ollem um leistungsstärkereFuttergräser einzusäen.Neben dem Umpflügen gefährdet dieintensivere Nutzung durch häufiges Mähenoder weidende Schofe sowie eineÜberdüngung mit Klärschlamm- oderGülleüberschüssen die Artenvielfalt derDouerwiesen.NaturschutzaufgabenDauerwiesen brauchen eine geeigneteBewirtschaftung. Sie sind jährlich zwei- bisdreimal zu mähen.10


HochstammobstgärtenWeisse Blütenpracht unter milder Frühlingssonne,das Summen der Bienen und Vogelgezwitscher- Hochstammobstgärten verleitenzum Träumen.Hochstammobstgärten sind meist ganz inder Nähe <strong>des</strong> Bauernhofes angelegt. lnihnen wachsen stattliche, hochstämmigeApfel-, Birnen-, Kirsch- und Zwetschgen·bäume. Die Wiese zwischen den Bäumenwird oft benutzt, um einige Tiere in Stallnäheweiden zu lassen.Die Hochstammobstgärten gehören zumtraditionellen Bild eines Bouerndorfes. lnmorschen Teilen der älteren Bäume findenviele höhlenbrütende Vogelorten wieSpechtmeise oder Baumläufer Nistgelegenheiten.Die rauhen Rinden beherbergenzudem Tausende kleiner Insekten, die für dieVögel eine wichtige Futterquelle sind.NaturschutzaufgabenObst von Hochstammbäumen lässt sich aufdem Markt schlecht verkaufen. Tafelobstqualitätkann nur mit intensivem Einsatz vonPflanzenschutzmitteln erreicht werden. Dasgefährdet aber, zusammen mit intensiverBodenbearbeitung rund um die Bäume undvernachlässigter Boumpflege, die Hochstommobstgärtenals ökologisch wertvollenLebensraum.Es gilt daher, Hochstammobst in seiner herkömmlichenQualität besser zu vermarkten,damit die Landwirte wieder einen Anreizfinden, ihre Hochstammkulturen weiterhinökologisch zu nutzen. Und der Kanton prüftzur Zeit, wieweit die Pflege bestehenderHochstammkulturen und Neupflanzungendurch entsprechende finanzielle Beiträgeunterstützt werden können.ln den tieferen Logen der Vorolpen, z.B. imoberen Emmentol, sind diese Obstgärtennoch recht verbreitet. Im Seeland, im <strong><strong>Bern</strong>er</strong>Jura und im Oberland sind sie dagegen nurnoch spärlich oder überhaupt nicht mehranzutreffen.11


Rehberge12Reifende Trauben benötigen viel Sonne undWärme. Daher sind die meisten SchweizerRebberge an sonnigen Hängen angelegt.Die Hänge wurden über Jahrhunderte mitNatursteinmauern terrassiert. Diese bietenEidechsen und anderen wärmeliebendenKleintieren gute Lebensbedingungen.ln den letzten Jahren hat man vermehrtwieder Wildkräuter zwischen denRebstöcken wachsen lassen, damit Niederschlägeweniger Erde wegschwemmen.Falls die Natursteinmauern sowie ökologischeAusgleichsflächen noch vorhandensind und der Pestizideinsatz gering bleibt,lebt im Rebberg eine schützenswerte Vielfaltvon Kleintieren und Pflanzen.Grössere Rebberge finden sich entlang demBieler- und Murtensee, kleinere im übrigenSeeland und om Thunersee. Schlecht zugänglicheRebberge, die wenig Ertrag abwerfen,werden heute oft aufgegeben. Sie verbuschenin der Folge rasch.Die Versuchung, Rebberge in Bauzonen einzugliedern,ist gross, weil es sich doch oftum ideale Wohnlagen handelt. Sehr problematischwirken sich unsachgemässe Meliorationenaus. Die Notursteinmauern mit ihrenRitzen und Löchern werden dabei durchglatte Betonmauern ersetzt. ÜbermässigerPestizideinsatz ist eine weitere Bedrohungfür die wärmeliebenden Tiere und Pflanzen.NaturschutzaufgabenDie naturnahen Elemente der Rebbergemüssen, wie auch die Reben, gepflegtwerden. Bei neuen Meliorationen sollten derRebberg als Lebensraum und die Ansprücheseiner Bewohner vermehrt berücksichtigtwerden. Dazu ist nicht zuletzt eineumfassende Information aller Beteiligtenwichtig;


AckerrandstreifenSottroter Mohn und blaue Kornblumensäumten früher die Äcker in grosser Zahl.Saatgutreinigung und massiver Einsatz vonHerbiziden hoben sie zum Verschwindengebracht. Mit Ackerrandstreifen wird heuteversucht, ein Gegengewicht zu setzen.NaturschutzaufgabenIm Kanton <strong>Bern</strong> wird gegenwärtig geprüft,wieweit Ackerrandstreifen als ökologischeAusgleichsflächen auch finanziell gefördertwerden können.Ackerrandstreifen sind wenig genutzteStreifen om Ronde intensiv bewirtschafteterÄcker. Sie werden auch umgepflügt undangesät ober weder mit Dünger noch mitPestiziden behandelt.Ackerrandstreifen sind lebensraum für dieerwähnten, spezialisierten Pflonzenorten.Zudem dienen sie als Puffer zwischen Ackerund naturnahen londschoftselementen. EinAckerrandstreifen umsäumt z.B. einen, vonFeldern umgebenen Weiher. Dies bewirkt,dass weniger Dünger und Pestizide von denÄckern in den Weiher ve~rachtet werden.13


Biotopschutz im WaldEin Wald, der sich selbst überlassen ist, hatausgeprägte Lebenszyklen. Im Verlaufe vonJahrhunderten wechseln sich dabei Werdenund Vergehen ab.Den Anfang bilden Schlagfluren, auf denendie alten, umgestürzten Bäume verrottenund vermodern. Sonnenlicht dringt ungehindertbis an den Boden vor und lässt einDickicht von Kräutern sowie Himbeerstaudenund Holunder spriessen.Später beginnen einzelne Bäume das Gestrüppzu beschatten und so auch einzudämmen.Oie jungen Waldbäume wachsen rasch.Erst nach mehreren Jahrzehnten klingt daskräftige Wachstum ab.Im Reifestadium schirmt ein dichtes Kronendachden Boden ab. Im Mittelland wäre diesmeist ein reiner Buchenwald, in dem sichBesucher wie in einer grossen Halle fühlen.Dann werden die mächtigen Bäumealtersschwach. Bald genügt ein kräftigerSturm, um sie in grosser Zahl, manchmalsogar auf ganzen Hängen, umzuwerfen.Licht fällt auf den Boden und der Zyklusbeginnt von vorne.Noch weniger als in anderen Lebensräumenist daher im Wald ein statischer, reinbewahrender Naturschutz sinnvoll. Vielmehrgeht es darum, die Natur in ihrem eigenenRhythmus gewähren zu lassen.Verkürzter Zyklus im NutzwaldIm Nutzwald schaut man nicht zu, wie dieBäume altersbedingt zerfallen und schliesslichumstürzen. Das wertvollste Holz liefernjüngere, gesunde Bäume. Sie werden zurgegebenen Zeit geerntet. Gezielte Aufforstungenin den Schlagfluren verkürzen denZyklus zusätzlich.Hat ein Wald Mensch und Tier zu schützen,so gilt es erst recht, ihn jung und vital zuerhalten. Das ist insbesondere an den steilenHängen der Voralpen und Alpen eine sehrschwierige und aufwendige Aufgabe.Zu schützen und Holz zu liefern standenbis anhin als Aufgaben <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> imVordergrund. Ökologische Leistungen <strong>des</strong>Wal<strong>des</strong> finden aber wachsende Beachtung.15


Grossflächige Ruhegebieteln der vergleichsweise dicht besiedelten undintensiv genutzten Schweizer Landschaft istheute der Wald derjenige Lebensraum mitdem grössten Potential an Naturwerten. Umdieses Potential zu schützen ist es wichtig,vermehrt grossflächige, zusammenhängendeWaldpartien ihrem natürlichen Rhythmus zuüberlassen.Besonders die gro sen, störungsarmenWaldgebiete der Voralpen sind für vieleempfindliche Tierarten, z.B. für das Auer·huhn, als Ruhegebiete überlebenswichtig.Dem Anlegen gro ser Ruhegebiete stehenoft wirtschaftliche Sachzwänge entgegen.Sie verlangen ein dichtes Netz vonErschliessungsstrassen, die für Lastwagenbefahrbar sind und zudem viel Freizeit·verkehr anziehen. Erst eine umfassendePlanung der Waldnutzung, die auch dieAspekte <strong>des</strong> Naturschutzes mit einbezieht,kann da Abhilfe schaffen.Liste der Waldgesellschaften,Bewirtschaftungsformen undEinzelelementeWaldgesellschaften- Arvenwälder- Flaumeichenwälder- FöhrenwälderBewirtschaftungsformen- Plenterwald- WytweidenSpezielle Elemente- Waldrand- Schlagfluren- AltholzbeständeWeil der Wald ein lebendiges Ganzes ist, istes fragwürdig, einzelne <strong>Biotope</strong> voneinanderabzugrenzen. Im Folgenden werden dahermehrere, vor allem pflanzensoziologischinteressante Waldgesellschaften vorgestellt.Dann folgen traditionelle Kulturformen imWald und schliesslich noch spezielleElemente, die in vielen Wäldern anzutreffensind.16


ArvenwälderAuf einer Bergwanderung haben wir dendichten, dunklen Fichtenwald hinter unsgelassen. Legföhren, die sich möglichst demBoden anschmiegen, zeigen, dass hier inrund 1800 Metern Höhe bereits ein hartesKlima herrscht.Und dann stehen sie plötzlich vor uns, diehoch aufgerichteten Arven. Wie Wesen auseiner anderen Weit wirken die lose verstreuten,oft viele hundert Jahre alten Bäume.Eigentliche Arvenwälder gibt es kaum noch.Flurnamen wie Arvengarten (Kleine Scheideggoberhalb Grindelwald) erinnern daran,dass es früher trotz hartem Klima weit mehrArven gab. Ihr Holz war für Zimmereiarbeitenund für den Möbelbau sehr beliebt.Heute gefährden nur noch direkte Eingriffe(Stauseeprojekte, Bauten) die Restbestände.NaturschutzaufgabenDie verbliebenen Arvenwälder müssensorgfältig vor Eingriffen geschont undgefördert werden.17


FlaumeichenwälderEin Hauch von Mittelmeer umgibt uns, wennwir om Südfuss <strong>des</strong> <strong><strong>Bern</strong>er</strong> Jura einen derseltenen Flaumeichenwälder betreten. Siesind neben den Auenwäldern die ortenreichstenWälder im Kanton. Unter demlichten Kronendoch der reich verzweigtenFlaumeichen blüht eine Vielfalt von Büschenund Kräutern, vom roten Blut-Storchenschnabelbis zur gelben Zypressen­Wolfsmilch.NaturschutzaufgabenDie Flaumeichenwälder im Kanton <strong>Bern</strong>gehören zu den nördlichsten Vorkommendieser Waldgesellschaft und verdienen dahereinen sorgfältigen Schutz. Insbesonderesollten sie nicht weiteren Rebbergen oderBauten weichen müssen.Die Flaumeichenwälder verdanken ihrVorkommen dem milden Klima auf densteilen, nach Südosten ausgerichtetenJurahängen. Es zeichnet sich durch wenigNiederschläge, milde Temperaturen undwenig Frost aus.18


FöhrenwälderDie Föhren, die auch Dählen oder Kiefernheissen, erkennen wir leicht an den Kranenmit ihrem etwas schütteren Nadelkleid.Die Ansprüche, die die Föhre an ihre Umweltstellt, sind bescheiden. Sie wächst dort, woBuchen oder Fichten nicht mehr gedeihen.Sie bevorzugt entweder sehr trockene Standorte,z.B. auf Sandsteinkuppen ader trockengefallenenFlussschottern. Andererseitswächst sie auch auf sehr nassen Böden, z.B.am Rand von Hochmooren.Föhren lassen, ebenfalls im Unterschied zuden stark beschattenden Buchen undFichten, viel Licht bis zum Boden durch. Dasschafft günstige Lebensbedingungen für eineVielzahl von Kräutern, Sträuchern undInsekten.NaturschutzaufgabenFöhrenwälder benötigen kaum Pflege.Föhrenbestände auf Trockenstandortenkönnen problemlos schonend genutztwerden. Föhren in den nassen Randzonender Hochmoore sind dagegen grundsätzlichnicht anzutasten.19


PlenterwaldDie Plenterung ist eine uralte Kulturform, diedie Emmentaler Bauern in ihren Wäldernentwickelt haben. Beim Holzen wurden aneinem Standort nur einzelne, reife Bäumegefällt, möglichst ohne die umliegendenjüngeren Bäume und den Waldboden zubeschädigen.So störte das Holzen die LebensgemeinschaftWald nur geringfügig. Ein Aufforstenerübrigte sich ebenfalls, weil in den kleinenLichtungen von selbst neue Bäume nachwuchsen.Heute werden grosse Teile <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong>plenterartig bewirtschaftet. Aus wirtschaftlichenSachzwängen geschieht diesallerdings intensiver als früher.NaturschutzaufgabenIm Plenterwald kann sich unter Umständeneine reiche Tier-und Pflanzenwelt entwickelnund erhalten. Voraussetzung dazu ist allerdings,dass auf kleinem Raum, mosaikartigverteilt Bäume aller Altersstufen vorkommen:dichter Jungwuchs neben Lichtungen, Altholzinseinmit vermodernden Stämmenneben gesunden, reifen Bäumen. Ein Plenterwaldsoll nicht nur altersmässig, sondernauch von den Baumarten her gut durchmischtsein, soweit diese natürlicherweiseam betreffenden Standort vorkommen.20


WytweidenWenn wir über die Hochebenen <strong>des</strong> <strong><strong>Bern</strong>er</strong>Juras streifen, durchqueren wir einetraditionsreiche Kulturlandschaft, die Wytweiden.Prächtige Fichten mit ausladendenÄsten bis fast an den Boden wachsen lockerverstreut auf den grassflächigen Weiden.An den Südhängen der Jurahöhen wachsenanstelle der Fichten meist Föhren undGebüsche, z.B. Schlehdorn.Allen Formen von Wytweiden ist gemeinsam,dass das weidende Vieh sich während<strong>des</strong> ganzen Sommers auf der grossen Flächejeweils selbst den bevorzugten Futterplatzaussucht. Eng gesteckte Weidezäune, wiesie z.B. im Mittelland erforderlich sind,erübrigen sich hier.Das reichhaltige Mosaik von Waldelementen,Gebüschen, Trockenwiesen, Felsvegetationrnacht die Wytweiden zum Lebensraum fürvielerlei Pflanzenarten aber auch fürSchmetterlinge. Unter den Vögeln fühlt sichz.B. der Neuntöter in den Gebüschen derWytweiden heimisch.NaturschutzaufgabenWytweiden sind vom Menschengeschaffener, naturnaher Lebensraum.Ohne Nutzung im herkömmlichen Stilwären sie rasch von Wald überzogen.21


Waldrand22Wer an einem heissen Sommertag vomfreien Feld in den kühlen Wald eintritt, spürtsehr genau, dass der Waldrand zwei sehrunterschiedliche Welten verbindet. DieseÜbergangszone ist biologisch sehr aktiv undentsprechend artenreich.Ein naturnaher Waldrand zeichnet sich durchzwei Eigenschaften aus. Zum einen ist ergestuft. Weil im Unterschied zum Wal<strong>des</strong>innernviel Licht vorhanden ist, wächst vorden Bäumen ein dichter Mantel aus Sträuchernund Büschen. Ihm vorgelagert istseinerseits ein Saum mit zahlreichen Wildkräutern.An ihn schliesst das Feld oder dieWiese an.Zum zweiten verläuft ein naturnaher Waldrandnicht geradlinig sondern in Kurveneingebuchtet. Die biologisch aktive Übergangszonewird so weit länger als beigestreckten Waldsäumen, wie sie im Rahmenvon Aufforstungen und Güterzusammenlegungenoft angelegt worden sind.Der gestufte, buchtige Waldrand ist in vielenintensiv genutzten Landschaften weitgehendverschwunden. Entweder wurdenWege und Strassen so nahe dem Waldentlanggeführt, dass Mantel und Saum nichtmehr aufkommen können. Oder dannwerden Wiesen und Äcker bis hart an dieBäume genutzt.NaturschutzaufgabenWo noch naturnaher Waldrand vorhandenist, benötigt er sachgerechte Pflege. ImRahmen von Aufforstungen oder Meliorationenlassen sich Waldränder in geschwungenenLinien anlegen. Auf demWaldgebiet kann auch Platz für die Entwicklungeines gestuften Mantels belassenwerden, indem auf den äussersten Meternkeine grossen Bäume wachsen dürfen.


Schlagfluren23Wenn Winterstürme wieder einmal Löcher indie Wälder gerissen haben, beginnt auf denentblössten Stellen bereits im folgendenFrühjahr eine intensive biologische Entwicklung.Der Schatten ist dort Licht und Wärmegewichen. lnnert weniger Jahre entfaltet sichein Dickicht aus Kräutern, Ranken, Büschenund allmählich auch nachwachsendenBäumen.Himbeeren, Brombeeren, Holunder ziehennicht nur Beerensammler an, sondern sindauch für viele Tiere eine wertvolle Futterquelle.Dem Wild bieten solche Dickichtezudem Äsung und Versteck.Die Phase der Schlagflur ist für den Waldbodensehr wichtig. Das Licht bringt diebiologische Aktivität <strong>des</strong> Bodens in Schwung,setzt reichlich Nährstoffe frei und schafftdamit die Voraussetzungen für ein spätereskräftiges Wachstum der Kräuter, Büsche undBäume. Die abgebildeten Rühr-mich-nicht-an­Kräuter sind ein Anzeichen dafür, dass dieNährstofffreisetzunQ in vollem Gange ist.Heute werden kahle Flächen in Nutzwäldernsofort wieder aufgeforstet. Um die jungenBäume vor dem Verbiss durch Rehe zuschützen, werden die Schlagfluren eingezäuntund oft mit chemischen Wild-Abwehrstoffenbehandelt.Bei Schutzwäldern rechtfertigt der vielseitigeSchutz, der vom Wald erwartet wird, einerasche Wiederaufforstung.NaturschutzaufgabenDie Vorgänge auf den Schlagfluren zeigen,dass ein Wald an sich ohne gezielte Aufforstungauskommt. Allerdings dauert es etwaslänger, bis wieder nutzbare Bäume herangewachsensind. Dafür erbringt die Natur dieDienstleistung der Walderneuerung auchkostenlos.Aus der Sicht <strong>des</strong> Naturschutzes sind unbeeinflussteSchlagfluren als Nahrungsquelle,Versteck und Lebensraum für Tiere sehrerwünscht.


AltholzbeständeDas Geräusch eines trommelnden Spechtesist unverkennbar. Wenn wir im Wald dierasche Folge aus kurzen, abgehacktenSchlägen hören, können wir auch davonausgehen, dass alte Bäume in der Nähesind.Denn der Schwarzspecht ist auf alterndeBäume angewiesen, in die er seineNisthöhlen hämmern kann. Und zieht er ausseinem Nest aus, so übernehmen andereVogelarten seine Behausung. Unter denRinden der absterbenden Bäume findenSpechte zudem reichlich kleines Getier alsFutter.NaturschutzaufgabenNaturschutz im Wald lässt sich kaum aufSchutzgebiete begrenzen, weil der Wald alsGanzes viel zu lebendig ist. Viel wichtigerwäre es, in allen Wäldern nicht genutzteBereiche zu haben, in denen sich dienatürliche Dynamik entfalten kann, mitAltholz, Schlagfluren und auch wiederJungwuchs.Eigentliche Altholzbestände sind kaumdurchforstete Waldpartien, in denen derganze Lebenszyklus der Wälder ablaufendari. Zumin<strong>des</strong>t einige Bäume bleiben überihre ersten Jahrzehnte mit kräftigemWachstum hinaus bis zum Zeriall stehen.24


Biotopschutz in und an Gewässern25Wasser prägt seit Urzeiten das Gesicht derLandschaften auf der Erde. Es kreist, verdunstet,fällt als Regen und Schnee auf die Erdezurück, fliesst in Bächen und Flüssen undfüllt Seen und Meere.Im Wasser ist das erste Leben entstandenund noch heute ist es untrennbar mit Lebenverbunden, nur schon als Nahrungsmittel fürMensch, Tier und Pflanzen.Die Gewässer, vom kleinen Bergsee bis zumträgen Strom, gestalten unterschiedlichstelebensräume für eine Vielzahl von Tierenund Pflanzen. Biologisch gesehen ist dabeider Übergang zwischen Wasser und landeine der interessantesten Zonen. Vor Jahrmillionenhaben hier erste Lebewesen begonnen,vom Wasser aus das land zu erobern.Heute sind die Übergangszonen der Ufer indicht besiedelten Ländern wie der Schweizauf kaum überlebensfähige Streifen zusammengedrängt-das Land wird bis hartans Ufer intensiv genutzt, Flüsse werdendurch Hochwasserschutzbauten daran gehindert,sich frei zu enrlalten. Das Geschiebeder Fliessgewässer bleibt in Stauseen liegen,was die Dynamik in der Flusssohle erheblichstört.Ohne wirksamen Hochwasserschutzkommen wir nicht aus. Aber es ist auchsinnlos, teure Anlagen so nahe an die Flüssezu bauen, dass übermässige Verbauungennötig sind, um sie selbst vor kleinenHochwassern zu schützen. Wo noch Restenatürlicher Ufer und Auen vorhanden sind,soll der Natur wieder mehr Raum zugebilligtwerden. Ingenieurbiologische Uferverbauungen,die für Tiere und Pflanzen im und arnWasser erhebliche Vorteile bringen, oder eingrasszügiges Freilegen eingedolter Bächesind Schritte in diese Richtung.Liste der <strong>Biotope</strong> im BereichGewässer-See- Verlandungszonen-Weiher- Natürliche Bach-und Flussläufe-Fluss-Aue- Mola se-Felsufer


SeeEin See zieht uns geradezu magisch an.Das lässt sich an jedem schönen Sommerwochenendebeobachten, wenn wir uns ingrosser Zahl auf, im und am Wasser erholen.ln den kühleren Jahreszeiten, wenn es amund auf dem See ruhiger wird, bietet dasoffene Wa ser vielen Zugvögeln Rastplätzeund im Uferbereich auch Futter. Alpenrandseenwie der Thuner- und Brienzerseesind als Rastplatz vor und nach den Alpenüberquerungenbesonders wichtig.Weniger augenfällig aber nicht minderwichtig sind die <strong>Biotope</strong>, die sich unter derSeeoberfläche befinden. ln den OberländerSeen, die im Vergleich zum Bielersee nurwenig Nährstoffe enthalten, gedeiht einebedeutende Unterwasser-Pflanzenwelt.Laichplätze für Felchen liegen ebenfallsausserhalb <strong>des</strong> unmittelbaren Uferbereiches.Boggerungen können diese empfindlichstören.NaturschutzaufgabenDas offene Wasser und seine zeitweiligenund ständigen Bewohner ertragen einesinnvolle Nutzung durch den Menschen.Dabei entstehende Probleme können durcheine gute Organisation und umfassendeInformation vorbeugend entschärft werden.So müssen Bootsfahrer Plätze meiden, andenen sich Vögel mausern. Und dieKiesgewinnung soll die natürlichenLaichplätze der Fische nicht beeinträchtigen.26


VerlandungszonenWer sich bei einer leichten Brise vom offenenWasser her einem ungestörten, flachenSeeufer nähert, kann das wogende undraschelnde Schilf nicht übersehen. Davorwippen die Blätter und Blüten der See- undTeichrosen auf den Wellen, die zusammenden Schwimmblattgürtel bilden.Leider wird der Anblick einer intakten Verlandungszonemit ihrer typischen Abfolgevon Pflanzengesellschaften immer seltener.ln den überdüngten Seen wachsen die Schilfhalmezu hoch hinaus und brechen dannleicht. Krankheiten dringen in die geknicktenHalme und lassen sie absterben. Ähnlichesgeschieht, wenn Leute mit Booten und Luftmatratzenins Schilf eindringen oder wenndie Wellen zuviel Treibgut in den Schilfgürteldrücken.Hinter dem Schilf schliessen landeinwärtsdie Grosseggemieder an. Und wo der Bodenallmählich trockener wird, wächst Erlenbruchwald.Er wurde früher oft gerodet.Dann haben sich an seiner Stelle Kleinseggemiederund Pfeifengraswiesen ausgebreitet,wie sie sehr schön am Heidenwegzwischen Erlach und St.Petersinsel zu beobachtensind. Sie bieten Vögeln, die amBoden brüten, gute Nistplätze und umfassenviele seltene Pflanzenarten, wieSumpforchis, schwarze Kopfbinse oderFärberröte.NaturschutzaufgabenDie verbliebenen Schilfgürtel müssen mitverschiedenen Massnahmen geschütztwerden, um zu überleben. An sich benötigteine intakte Verlandungszone aber keinerleiPflege. Nur wenn die Kleinseggemieder undPfeifengraswiesen sich nicht erneut in Waldverwandeln sollen, müssen sie regelmässiggemäht werden. Diese aufwendige Arbeitwird meist von öffentlichen Stellen inZusammenarbeit mit privaten Naturschutzgruppengeleistet.27


WeiherViele Weiher haben sich in ehemaligenLehm- und Kiesgruben oder in ausgebeutetenTorfstichen spontan gebildet. Heute werdensie häufig bewusst angelegt, sei es imRahmen von Meliorationen oder sogar imeigenen Garten. Der Weiher im Garten oderbeim Schulhaus ist im Volksmund "dasBiotop" schlechthin.Weiher sind für Streifzüge in die Naturbesonders geeignet, weil sie auch weniggeübten Beobachtern viel Eindrücklichesbieten, vom Wasserläufer über die Libellenbis zu den sattgelben Schwertlilien. ErsteBegegnungen, die Kinder an solchen Modell­Ökosystemen mit der Natur machen, könnenfür ihre spätere Wahrnehmung undWertschätzung der Natur zentral wichtigsein.Etwas zurückhaltender muss die Bedeutungvon Weihern beurteilt werden, wenn sie daund dort als Kompensation für andereEingriffe angelegt werden. Um diese Rollewirklich zu spielen, benötigen sie eingeeignetes Umfeld und eine ausreichendeVernetzung rnit anderen Naturelementen.Das ist noch selten der Fall.NaturschutzaufgabenWeiher verlanden von Natur aus. Soll dieoffene Wasserfläche erhalten bleiben, somüssen die nachgewachsenen Pflanzen vonZeit zu Zeit ausgeräumt werden.28


Natürliche Bach- und FlussläufeFreifliessende Bäche und Flüsse bilden imWechselspiel zwischen Wasser und Land einegrosse Vielfalt an Formen heraus: Kies undSandbänke an wechselnden Standorten,steile Prall- und flache Gleithänge, gleichmässigfliessen<strong>des</strong> Wasser, sprudelndeStromschnellen oder ruhigere Hinter- undStillwasser.Im Wasser und an den mal wasserbedeckten,mal trockenfallenden Ufern finden viele,z.T. sehr spezialisierte Tier- und Pflanzenartenihren Lebensraum, vom Fisch bis zurWasseramsel, von der kurzlebigen Pionierpflanzeauf der Kiesbank bis zur mächtigenWeide am Ufer.Unverbaute, natürliche Bach- und Flussläufegibt es in den tieferen Lagen <strong>des</strong> <strong>Kantons</strong><strong>Bern</strong> nur noch wenige (z.B. Teile von Oenz,Schwarzwasser und Sense). Zum Schutzvor Hochwasser, um fruchtbares Land imTalboden zu gewinnen und zur Stromproduktionmit Wasserkraft wurden imletzten Jahrhundert und bis in die iüngsteVergangenheit viele Fliessgewässer starkverbaut und in ihrer Dynamik eingeengt.möglichst gerade, dafür biologisch wertloseGerinne umgewandelt worden. Vielerorts hatman sie kurzerhand in Röhren verlegt.Naturschutzaufgabenln den letzten Jahren ist das Bewusstseingewachsen, dass sich Gewässerschutz nichtauf Reinigen von Abwässern beschränkt.Vielmehr gehört es auch zu seinen Aufgaben,natürliche Bach- und Flussstreckenzu erhalten und womöglich wiederherzustellen. Dass Eingriffe in unserer dichtbesiedelten Landschaft erforderlich sind,bleibt unbestritten. Aber sie können z.B.mit ingenieur-und fischereibiologischenMethoden, die die Bedürfnisse der Tier-undPflanzenwelt mit einbeziehen, naturnahdurchgeführt werden.29Ungezählte kleine Wiesenbäche sind zudemim Rahmen von Meliorationen in blasse,


Fluss-AueFeucht, dunkel und kühl ist es im dichtenUfergestrüpp. Nichts scheint sich im stillenWasser <strong>des</strong> Altarmes zu bewegen, der einstdas Bett <strong>des</strong> Baches war. Draussen an derSonne schlängelt sich ein harmloses Wässerchenum die heissen, knochentrockenenKiesbänke, die das letzte Hochwasser mitseiner ganzen Gewalt erneut abgerissen undaufgebaut hat.Die Tier- und Pflanzenwelt in den Auen derFlüsse und Bäche ist auf diese ständigenWechsel bestens eingestellt. Und die Auensind die artenreichsten Lebensräume derSchweiz - oder vielmehr, waren es. Bis aufwenige natürliche Auen in der Südschweizsind sie kaum rnehr in ihrer ursprünglichenDynamik erhalten.Die natürliche Lebendigkeit der Flüsse, diebei Hochwasser die Auen auch grassflächigüberschwemmt, ist längst gebrochen.Hochwasserschutz für Siedlungen undlandwirtschaftliche Nutzung haben denFlussraum auf kleine Reste eingeengt.Grossflächige, jedoch stark beeinflusste Auenfinden sich noch entlang der Aare zwischenThun und <strong>Bern</strong>, entlang der alten Aare undim Häftli in der Region Lyss sowie imSensegraben.NaturschutzaufgabenWären die Gewässer wieder völlig sich selbstüberlassen, also auch alle Staustufenenrlernt, so würden sich bald wiederursprüngliche Auen bilden, die keinerleiPflege benötigen. Heute müssen wir mitauenähnlichen Ufergehölzen vorliebnehmen, die entsprechend zu pflegen sind.Mit kontrollierten Überschwemmungen inUfernähe und dem Wiederherstellen vonAuen in bisher genutzten Uferzonen sollteeine Ahnung von dem erhalten bleiben, waseinst zu unseren urtümlichsten Lebensräumengehörte.30


Molasse-FelsuferDie Molasse ist vor 20 bis 12 MillionenJahren aus Ablagerungen im Meer entstanden,das sich damals nördlich der Alpenerstreckte.Vielerorts im Alpenvorland und im höhergelegenen Mittelland haben sich seither Gebirgsflüssetief in die Mola sefelsen eingegraben.Im Sense- und Schwarzwassergrabenist dieser Zusammenhang noch heuteunmittelbar und sehr eindrücklich sichtbar.Bei der Schleifarbeit der Flü se sind schroffeFelswände entstanden, in denen vorspringendeSimse aus härteren Schichten mithöhlenartigen Vertiefungen in den weicherenSchichten abwechseln. So hat die Naturfast unzugängliche Nistgelegenheiten füreine Reihe von Vogelarten bereitgestellt.Uferschwalben graben sich z.B. immer malwieder neue Nistlöcher in den weichenSandstein.NaturschutzaufgabenDie Felsufer benötigen keine speziellePflege. ln jüngster Zeit werden in ihnen abermehr und mehr Kletterrouten eingerichtet.Hier drängt sich eine rasche und klareEnrilechtung zwischen Freizeitaktivitäten undNaturschutz auf.Weil die gebändigten Flüsse auch kaumneue Ufer schaffen, sind höhlenbrütendeVögel z.T. spontan auf Ersatzstandorte inden Wänden von Kiesgruben ausgewichen.Hier hilft eine geschickte Abbauplanung,diesen Ersatz auch in Zukunft zu erhalten.31


Biotopschutz im Gebirge33Wer in Gebirgslandschaften leben will,muss mit den extrem kurzen Sommern,den langen, harten Wintern und demgefährlichen Frühling fertig werden. Unterdiesem Druck haben Tiere und Pflanzenspezielle Formen der Anpassung entwickelt.Es sind zudem andere Tier- und Pflanzenartenals im Mittellond, die im Gebirgeleben. Daher ist es falsch, Naturelemente inden Bergen als Ersatz für verlorene Natur imMittelland zu betrachten.Trotz Anpassungen an die extremen Bedingungenist die Lebenskraft der Tiere undPflanzen im Gebirge ständig auf eine harteProbe gestellt. Auf störende Eingriffe reagierendaher die Lebensgemeinschaften empfindlicherals in tiefer gelegenen Lebensräumen.Wird zum Beispiel für eine Skipiste diePflanzendecke zerstört, so bleiben währendJahren hässliche Wunden im Landschaftsbild.Ohne Gegenmossnohmen, wie aufwendige,manchmal kaum durchführbare Neueinsaatstandortgerechter pflanzen, hat zudem dieErosion ein leichtes Spiel. Lokale Gräben aberauch Anrisse für grössere Murgänge (= ErdundSteinlawinen noch heftigen Niederschlägen)können die Folge sein.Bei der in Zukunft vermutlich wachsendenNutzung <strong>des</strong> Gebirges durch Verkehr,Tourismus und Stromproduktion ist dergeringen Belastbarkeit mehr Aufmerksamkeitzu schenken. Das gilt für Grassprojekte imRahmen der Umweltverträglichkeitsprüfungenwie für das Verholten <strong>des</strong> Einzelnen. Sokönnten z. B auf Karten für Variantenskifahrerdie Gebiete markiert werden, die zuumfahren sind, weil in ihnen die Tiere imWinter Schutz suchen. Weiter wäre essinnvoll, einige unberührte Gebiete alsgrosse Ruhezonen für das Wild sich selbstzu überlassen.Liste der <strong>Biotope</strong> im BereichGebirge- Gletschervorland- Zwergstrauchheide- Alpine Rosen


GletschervorlandEs ist immer wieder ein etwas unheimlichesund daher faszinieren<strong>des</strong> Erlebnis, an derZunge eines Gletschers zu stehen, den eisigenWindhauch zu spüren und das grobkörnigeEis zu berühren.Wer dann um sich schaut, erhält einen Eindruckvon der gewaltigen Gestaltungskraftder Gletscher. Sie türmen nicht nur gewaltigeMoränen auf, sondern verpassen auchhärtestem Granit eine geschliffene Oberfläche.NaturschutzaufgabenVielfach ist das Gletschervorland in Stauseenverschwunden. Landschaften wieim Gasterntal oder das Vorfeld <strong>des</strong>Gauligletschers sind Kleinode von grosserSeltenheit und Schönheit, die ungeschmälerterhalten bleiben sollten.Wenn der Gletscher sich aus einer flachenMulde zurückzieht, hinterlässt er vor seinerZunge öfters flache Schwemmlandschaften,die der Gletscherbach in reich verzweigtenArmen durchfliesst. Auf den kargenMoränenhügeln und Schwemmebenengedeiht eine erstaunlich vielfältige Weit vonPionierpflanzen.34


ZWergstrauchheideAn der Waldgrenze, also auf rund 1800 bis2000 m ü. M., werden die Baumbeständelockerer, um noch etwas weiter oben ganzzu verschwinden. Dann herrscht die Zwergstrauchheidevor.NaturschutzaufgabenDie noch vorhandenen Zwergstrauchheidensind zu schonen.Alpenrosen, Heide!-, Moor- und Preiselbeerenund das feingliedrige Heidekraut sind diewichtigsten Vertreter dieser Pflanzengemeinschaft.Sie gehören alle zur Familieder Heidekrautgewächse. Sie haben verholzteStenge!, die vielfach verzweigt undgekrümmt sind. So schmiegen sich diePflanzen eng an den Boden an, um imWinter unter dem Schnee Schutz vor deneisigen Winden zu finden.Zwergstrauchheiden haben eine wichtigeökologische Bedeutung. Sie bieten demAlpenschneehuhn überlebenswichtigeNahrung, Versteck und Nistgelegenheit. lnseinem Sommerkleid ist das Alpenschneehuhninmitten der Zwergsträucher kaumauszumachen.35Skipisten führen oft quer durch Zwergstrauchheidenhindurch. Besonders inschneearmen Wintern setzen unzähligeSkikanten den verholzten Stämmchenschwer zu.


Alpine Rasen36Oberhalb der Baumgrenze beginnt auch dasReich der alpinen Rasen. Sie bieten demVieh im kurzen Alpsommer gutes Futter undwerden in steileren Partien noch gelegentlichals Wildheu gemäht. Andere Flächen bleibenvöllig ungenutzt. Hier wachsen nur nochspezialisierte pflanzen, die zwischen demAusapern und dem nächsten Einwintern inkürzester Zeit wachsen, blühen und Samenbilden und dies auf oft nährstoffarmen,trockenen Böden.Viele der weiss, gelb, blau oder orangeblühenden Kräuter sind zudem als Heilkräutergeschätzt. Zusammen mit denanspruchslosen Gräsern und Seggen ergebensie das wertvolle Bergheu.Alpine Rasen unterscheiden sich starkvoneinander, je nach Boden, auf dem siewachsen. Auf Kalkgestein wachsen ganzandere Pflanzen als auf Granit.Oie Standorte sind in diesen Höhen extremvom Klima geprägt. An Kanten, über die derWind besonders heftig pfeift und diepraktisch das ganze Jahr schneefrei bleiben,vermögen sich fast nur Flechten und Moosezu halten. Und in schattigen Mulden, indenen noch im Sommer zarte Soldanellenihre Köpfchen durch die letzten Schneerestestrecken, finden wir die Spezialisten derSchneetälchen.NaturschutzaufgabenAlpine Rasen als eine der buntestenErscheinungen in der harten Gebirgsweitverdienen unsere Schonung. Bergbauern,die Wildheu einbringen, sollen zudem fürdie Pflege der steilen Halden gezieltentschädigt werden.


Biotopschutz in der SiedlungZwischen Häusern, an Strassenrändern,Böschungen, zwischen Geleisen, aufLagerplätzen von Industriebetrieben, inöffentlichen Anlagen, Pärken oder rund umSchulhäuser findet eine erstaunliche Vielfalteinheimischer Pflanzen und Kleintiere ihrenLebensraum, wenn man sie lässt.Wir können der Natur vermehrt Flächen zurRückeroberung überlassen und die Entwicklungnur geringfügig beeinflussen.Daneben lassen sich Feucht- wie Trockenbiotopeim Siedlungsbereich gezielt anlegen.Hier bieten sich Quartiervereinen, Schulenoder Gemeindebehörden viele Gelegenheiten,um Initiativen zu ergreifen.Ob eine Siedlung reichlich begrünt ist, hatneben der naturkundlichen Bedeutung auchganz praktische Auswirkungen. Kräftigausgebaute Grüngürtel steigern dieklimatische Behaglichkeit in der Siedlung,wirken lärm- und staubvermindernd undbeleben das Erscheinungsbild.Liste der <strong>Biotope</strong> im BereichSiedlung- Wildkrautfluren- NaturgärtenNatur im Siedlungsbereich ermöglicht esauch wenig naturverbundenen Bewohnern,eine Beziehung zu einheimischen Pflanzenund Tieren zu gewinnen. Der Schutzgedankefür bedrohte Arten tritt dagegen etwas inden Hintergrund.37


WildkrautflurenSie sprengen Asphalt, spriessen aus kleinstenMauerritzen, besiedeln innert weniger Jahrenackte Kies- und Schotterflächen - diezähen Pioniere unter den Wildkräutern. Auchmitten in den Siedlungen tauchen sie immerwieder spontan auf. Am schönsten enrloltensie sich auf verlassenen Industrie- undBahnoreolen.Wildkraurlluren bieten zahlreichen Schmetterlingenund anderen Insekten wertvollenLebensraum. Werden sie ihrem Schicksolüberlassen, so folgen den Pionierpflanzenrasch einmal Pappeln, Erlen und Weiden,die ein dichtes Gebüsch bilden.NatumhutzaufgabenBesondere Pflege benötigen Wildkraurllurenkeine. Wir müssen ihnen nur da und dortetwas Platz einräumen. Nebst weniggenutzten Flächen können das Grünstreifenzwischen Alleebäumen, Verkehrsinseln,Resrllächen bei Parkplätzen usw. sein. Bevordichtes Gebüsch entsteht, wird die Flächegemäht, der Kies aufgelockert und diePioniere beginnen ihre Besiedlung aufsNeue - ein faszinieren<strong>des</strong> Naturschauspielgleich vor der Haustür.38


NaturgärtenGrass ist die Aufregung, wenn KinderomTümpel im Garten die Haut einer geschlüpftenLibelle finden. Und ein achtjähriges Kind,das wenige Jahre zuvor einen kleinenHolundersteckling gepflanzt hat, wird ihn mitStolz bei seinem raschen Wachstumbeobachten.Naturgärten sind vom Menschen gezieltangelegte, naturnahe Anlogen mit Wildkrautfluren,Mogerwiesen, Gebüschen,Tümpeln oder sogar einem kleinen Bächlein.Anstelle von exotischen Zierpflanzenwachsen stondortgerechte, einheimischePflanzen.Naturgärten sind zwar kein wirksamesMittel, um bedrohte Tier- und Pflanzenortenzu schützen und zu fördern. Ihre grosseBedeutung hoben sie vielmehr als Erlebnisraum.Kinder und Erwachsene begegnen hiereinheimischen Tieren und Pflanzen, und dieJahreszeiten in der Natur mit ihrem Werdenund Vergehen können intensiver wahrgenommenwerden.NaturschutzaufgabenWer einen Naturgarten anlegt, hat einevielfältige Lebensgemeinschaft einheimischerPflanzen und Tiere in seiner näherenUmgebung. Naturgärten sehen ober wilderaus als herkömmliche Gärten. Die Naturschutzaufgabebesteht daher oft darin, denNochborn den Sinn und die anders georteteSchönheit <strong>des</strong> Naturgartens näherzubringen.39


Wichtige Begriffe im NaturschutzBiotop: Wenn in dieser Broschüre von<strong><strong>Bern</strong>er</strong> <strong>Biotope</strong>n die Rede ist, so wirdbewusst eine wissenschaftliche Ungenauigkeitin Kauf genommen. ln der Ökologiesteht der Begriff Biotop eigentlich für denunbelebten Lebensraum (Gestein alsUntergrund, Wasser, örtliches Klima). DerLebensraum mitsamt oll den Pflanzen undTieren, die in ihm leben, wäre korrekt alsLebensgemeinschaft oder Biocönose zubezeichnen. Im Folgenden wird aber derLebensraum mit Tieren und Pflanzen alsBiotop bezeichnet, wie sich das in derAlltagssprache eingebürgert hat.Als <strong>Biotope</strong> gelten schutzwürdige wichtigenatürliche und naturnahe Lebensräume dereinheimischen Tier- und Pflonzenarten, wiebedeutende Einstandsgebiete für Tiere,seltene Woldgesellschaften, artenreicheWiesen und Waldsäume, ökologisch wertvollehochstämmige Obstgärten, Moore,Riede, Uferbereiche, Bäche und stehendeKleingewässer.Kulturlands(haft: Ohne Eingriff <strong>des</strong>Menschen wären weiteste Teile Europas mitWald bedeckt. Oder umgekehrt, olle Landschaftenmit Wiesen, Äckern ober auchRebbergen und Nutzwäldern sind vomMenschen gestaltete Kulturlandschaften. lnnaturnahen Kulturlandschaften gibt es einsichtbares Gleichgewicht zwischen Nutzungund Naturelementen. ln ausgeräumten, sehrintensiv genutzten Landschaften findet dieNatur keinerlei Raum mehr, um ihre eigeneDynamik zu enrlolten.Melioration: Der Begriff bedeutet Verbesserungund beinholtet Mossnohmen, dieden Bauern die Arbeit erleichtern und oft zuhöheren Erträgen führen. Das kann eineNeuverteilung der Felder im Rahmen einerGüterzusammenlegung sein, bei der viele,verstreute, kleinere Flächen zu wenigen,grösseren Feldern vereint werden. Dabeiwurden sehr oft auch Hecken abgeholzt undBäche in Röhren verlegt, um den Einsatz derMaschinen zu rationalisieren. ln jüngsterZeit ist es gelungen, die Bedürfnisse derNatur bei Meliorationen etwas stärker mitzuberücksichtigen.ln weitgehend ausgeräumtenLandschaften, kann eine Meliorationauch eine ökologische Aufwertungbringen.ökologis(he Ausglei(hsflä(hen:Ökologische Ausgleichsflächen werden nurspärlich genutzt. Sie ergänzen die <strong>Biotope</strong>und sollen diese untereinander ökologischsinnvoll vernetzen. Als Zufluchtsorte undVerbreitungswege trogen sie zum Überlebender Tier- und Pflanzenarten und zur Aufwertungder Natur bei, insbesondere in intensivgenutzten Gebieten inner- und ousserholbder Siedlungen. Feucht- und Nassstondorte,Bachufer, nährstoffarme Flächen, Böschungen,hochstämmige Obstgärten, Wässermatten,Raine und insbesondere Randstreifenentlang von Bächen, Woldrändern,Hecken, Äckern können ökologische Ausgleichsflächensein. Entschädigungen fürErtragsausfälle und Pflegearbeiten werdenmit den betroffenen Landwirten vertrogliehgeregelt.standortgere(ht und einheimis(h:Boden und Klima eines Standortes bestimmenweitgehend, welche Pflanzen dortoptimal gedeihen. Eine standortgerechteBepflanzung besteht demnach aus Pflanzenarten,die zu den Verhältnissen auf einerbestimmten Fläche passen. Standortgerechtund einheimisch ist eine Bepflanzung dann,wenn sie zudem nur aus Pflanzen besteht,die von Natur aus in der entsprechendenRegion vorkommen. Wenn man da und dortökologisch verarmte Flächen aufwertet(= revitalisiert), wird streng auf eine standortgerechteund einheimische Bepflanzunggeachtet.verganden: Verschiedene Formen vonWeiden bleiben nur erholten, wenn sieregelmässig genutzt oder gepflegt werden.Sonst entwickelt sich auf ihnen rasch dichtesBuschwerk und schliesslich Wald. DieserVorgong wird mit vergonden bezeichnet.40

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