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Systemkonzeption und Technologie moderner ... - Stiftung HAMFU

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KRIEG IM AETHERVorlesungen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürichim Wintersemester 1972/1973Leitung: Abteilung für Übermittlungstruppen, Oberstdivisionär E. Honegger<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong><strong>moderner</strong> TrägheitsnavigationsanlagenReferent: Dr. H. Sohst, Dipl. Phys.Diese Vorlesung wurde durch die <strong>Stiftung</strong> <strong>HAMFU</strong> digitalisiert <strong>und</strong> alsPDF Dokument für www.hamfu.ch aufbereitet.


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryS y s t e m k o n z e p t i o n u. T e c h n o l o g i em o d e r n e rT r ä g h e i t s n a v i g a t i o n s a n l a g e nDr. H. Sohst, Dipl. Phys..1. ZusammenfassungDer Vortrag behandelt den allgemeinen technischen Stand der Trägheitsnavigation in der Luftfahrt.Es werden hier die physikalischen Gr<strong>und</strong>lagen des Trägheitsnavigationsverfahrens umrissen. AnHand von Beispielen wird die <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen behandelt.Hierbei wird im Sinne eines Ueberblicks auf technische <strong>und</strong> funktionelle Probleme hochgenauerTrägheitssensoren, kreiselstabilisierter Plattformen <strong>und</strong> Navigationsrechner eingegangen.Als Beispiel für Navigationssysteme wird das halbanalytische Trägheitsnavigationssystem hinsichtlichAufbau <strong>und</strong> Funktion behandelt. Abschliessend werden Entwicklungstendenzen auf demGebiet der Inertialtechnik beleuchtet <strong>und</strong> Beispiele für neuere Sensorenkonzepte <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong>ngegeben.2. EinleitungDas Prinzip der Trägheitsnavigation besteht darin, durch Integration der gemessenen Fahrzeugbeschleunigungrelativ zu einem definierten Koordinatensystem die augenblickliche Fahrzeuggeschwindigkeit<strong>und</strong> den zurückgelegten Weg bzw. die Position des Fahrzeugs zu ermitteln.Die technische Realisierung dieses zunächst sehr einfach erscheinenden Prinzips hat sich alsüberaus kompliziert erwiesen. Dennoch können die gr<strong>und</strong>sätzlichen Probleme dieses Navigationsverfahrensheute als gelöst betrachtet werden. Um das Prinzip der Trägheitsortung messtechnischauszuwerten, müssen die folgenden Voraussetzungen realisiert werden:o die Mechanisierung eines Bezugskoordinatensystems, in demFahrzeugbeschleunigungen gemessen werdeno die Durchführung exakter Fahrzeugbeschleunigungsmessungen<strong>und</strong> zwar in Komponenten des Bezugssystems,o die Durchführung von Rechenoperationen zur Ermittlung derPosition aus den Messwerten der Fahrzeugbeschleunigung.Das Verfahren der Trägheitsnavigation zeichnet sich durch folgende, allgemeine Merkmale aus:o Zur Positionsbestimmung (Ortung) werden keine externen Navigationshilfenbenötigt. Das Verfahren ist autonom.o Es wird keine Strahlung emittiert, die z.B. beim militärischenEinsatz eine Ortung durch den Gegner ermöglichen könnte.0Das Verfahren kann nicht durch äussere Störquellen z.B. elektromagnetischerArt in seiner Funktion <strong>und</strong> Genauigkeit gestört werden.Diese Eigenschaften riefen primär für militärische Anwendungen Interesse an der Realisierungdieses Navigationsverfahrens hervor. So erfuhr es seine erste erfolgreiche, wenn auch sehr einfacheMechanisierung im Trägheitsführungssystem der im Zweiten Weltkrieg in Deutschland entwickeltenV2-Rakete.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 1


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryNach dem Zweiten Weltkrieg begannen in den USA intensive Forschungs- <strong>und</strong> industrielle Entwicklungsarbeitenauf dem Gebiet der Inertialtechnik.Mit der Erprobung erster Funktionsmuster von Trägheitsnavigationssystemen (TNS) wurde 1949 begonnen.Die Produktion bedeutender Stückzahlen einsatzfähiger Trägheitsnavigationssysteme fürmilitärische Aufgaben begann in den Sechziger Jahren.Mit der Zulassung des ersten Trägheitsnavigationssystems im Mai 1968 durch die amerikanischeFederal Aviation Administration für den weltweiten Einsatz in Transport- <strong>und</strong> Zivilflugzeugenhat die Trägheitsnavigation jedoch auch in der Zivilluftfahrt erfolgreich Einzug gehalten. Beientsprechender Mechanisierung liefert eine Trägheitsnavigationsanlage sämtliche Messwerte, diezur Ortung <strong>und</strong> vollautomatischen Flugzeugführung erforderlich sind.Hiezu gehören als wichtigste Informationen:ooooooPosition des FlugzeugesLagewinkel der Flugzeughauptachsen im RaumUebergr<strong>und</strong>geschwi ndi gkei tUebergr<strong>und</strong>kursZurückgelegte- <strong>und</strong> Restentfernung zu einem ZielVerbleibende Flugzeit zu einem ZielDie vollautomatische Flugführung überschall schnell er Kampfflugzeuge, die Durchführung vorprogrammierterAufklärungsmissionen unbemannter Flugkörper, sowie der von einer Trägheitsnavigationsanlage- unter Einsparung des menschlichen Navigators - automatisch gelenkte Transatlantikflugvon Verkehrsflugzeugen sind Beispiele dafür, dass die Trägheitsnavigation neben denbisher bekannten Navigationsverfahren eine dominierende Rolle als Ortungs- <strong>und</strong> Lenkungsverfahreneingenommen hat.Ein zentrales Problem der Trägheitsnavigation ist die exakte, komponentenweise Messung der Fahrzeugbeschleunigungrelativ zu einem Bezugssystem.Gr<strong>und</strong> dieser speziellen Problematik ist die hinsichtlich ihrer Wirkung auf entspr. Messeinrichtungenvöllige Gleichheit von Trägheits- <strong>und</strong> Massenanziehungskräften._In Erdnähe misst ein Beschleunigungsmesser stets die Differenz zwischen Fahrzeucjbeschleunigungbp <strong>und</strong> der durch Massenanziehung der Erde bedingten Gravitationsbeschleunigung G. In vektoriellerDarstellung gilt also:b gem. = G - bFDa die Gravitationsbeschleunigung im Sinne der Trägheitsortung eine Störgrösse ist, muss sie ausdem Messsignal eliminiert werden. Nach der Art wie dies technisch gelöst wird unterscheidet manzwei Klassen von Trägheitsnavigationssystemen:Strap-Down Systeme <strong>und</strong> Systeme mit kreiselstabilisierten Plattformen.In den Strap-Down Systemen sind die Beschleunigungsmesser <strong>und</strong> Kreisel fahrzeugfest montiert. DieBeschleunigungskomponenten werden in fahrzeugfesten Koordinaten gemessen <strong>und</strong> auf erdfeste Koordinatenumgerechnet. Die Erdbeschleunigung wird rechnerisch aus den Messwerten eliminiert.In der zweiten Klasse von TN-Systemen werden die Trägheitssensoren auf einer kreiselstabilisiertenPlattform (stabiles Element) montiert, die ihrerseits kardanisch im Fahrzeug gelagert ist.Man unterscheidet hierbei:000Analytische SystemeHalbanalytische SystemeGeometrische SystemeBei analytischen Systemen wird die stabile Plattform fest auf einen Punkt im Inertialraum ausgerichtet.Richtungsstabilisierende Elemente sind Kreisel, die nicht mit Steuer- bzw. Korrektursignalenbeaufschlagt werden. Die Genauigkeit des Systems hängt von der Richtungsstabilität derPlattform, d.h. der Kreisel relativ zum Inertialraum ab. Die Erdbeschleunigung wird rechnerischeliminiert.Geometrische Systeme verwenden als stabilisierende Elemente ebenfalls raumstabile, freie Kreisel.Die Beschleunigungsmesser werden jedoch auf ein Rahmensystem montiert, welches in Abhängigkeitvon der Erddrehung <strong>und</strong> relativen Fahrzeugbewegung servomotorisch so geführt wird, dass die empfindlichenAchsen der Horizontal-Beschleunigungsmesser keinen Anteil der Erdbeschleunigung messen© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 2


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryDer z.Zt. wirtschaftlichste <strong>und</strong> am häufigsten angewendete Systemtyp ist das hier eingehender behandeltehalbanalytische Trägheitsnavigationssystem.Bei ihm wird das sogenannte stabile Element einer kreiselstabilisierten Plattform, welches dieBeschleunigungsmesser <strong>und</strong> die Stabilisierungskreisel trägt, in jeder Bewegungsphase des Flugzeugszur Erdoberfläche horizontal ausgerichtet. D.h. hier wir auch die Erdbeschleunigung bei derMessung der horizontalen Komponenten der Flugzeugbeschleunigung durch geeignete Nachführung derPlattform eliminiert.3. Funktion <strong>und</strong> Aufbau halbanalytischer Trägheitsnavigationssysteme3.1. Systemkonfiquration <strong>und</strong> allgemeine FunktionDie meisten heute im Einsatz stehenden halbanalytischen TN-Systeme bestehen aus:000der Trägheitsmesseinheit, die ihrerseits die kreiselstabilisiertePlattform mit den Trägheitssensoren, dieServoelektronik <strong>und</strong> Stromversorgung umfasstdem Rechner mit Anpasselektronikdem Anzeige- <strong>und</strong> BediengerätIn neueren TN-Anlagen sind die Trägheitsmesseinheit <strong>und</strong> der Rechner in einem gemeinsamenGehäuse zu einer Funktionseinheit der sog. Trägheitsnavigationseinheit (TNE) zusammengefasst.Bild 1 zeigt das in der Zivilluftfahrt eingesetzte LTN-51 TN-System von LITTON. Die Anlagebesteht aus der Trägheitsnavigationseinheit, dem Dateneingabe- <strong>und</strong> Anzeigegerät sowie demBetriebsartenwähler.Bild 1 LITTON Trägheitsnavigationssystem LTN-51© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 3


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryIn Bild 2 ist das Blockdiagramm eines TN-Systems schematisch dargestellt.WINDGESCHWINDIGKEITBild 2 Blockdiagramm eines Trägheitsnavigationssystemslieber den Betriebsartenwähler wird das System in Betrieb genommen. Hierbei werden die Betriebszustände:AUS/EIN, Betriebsbereitschaft, Ausrichtung <strong>und</strong> Navigation vom Piloten geschaltet.In einem Betriebszustand mit reduzierter Funktion arbeitet die Anlage nur alsKurs-Lagereferenz ohne Navigatorfunktion.Die von der TN-Einheit gelieferten Informationen kann der Pilot wahlweise über das Anzeige-<strong>und</strong> Dateneingabegerät zum Zweck eigener Entscheidungen anzeigen lassen bzw. durchmanuelle Eingaben modifizieren.Die Berechnung der Flugdaten erfolgt im Rechner, während die Anpasselektronik die wechselseitigeDatenumwandlung vom Digital format in analoge Grössen bzw. die leistungsmässige Anpassungder Ein- <strong>und</strong> Ausgangssignale der Trägheitsnavigationseinheit an die übrigen Einheitendes TN-Systems bzw. an Untersysteme der Flugzeugelektronik vornimmt.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 4


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryAm Anzeige- <strong>und</strong> Dateneingabegerät erfolgt wahlweise die Anzeige <strong>und</strong> Eingabe von Flugdatenwie z.B.:Koordinatenwerte der Ausgangsposition, Fixpunkte eines vorgegebenen Flugweges <strong>und</strong> Zielkoordinaten.Weitere Funktionen dieses Gerätes sind u.a.Warnung bei fehlerhafter Systemfunktion,Fixieren der Positionsanzeige während derUeberprüfung der Navigationsgenauigkeit(Updating), Anzeige der Entfernung <strong>und</strong>Flugzeit zum nächsten vorprogrammiertenFixpunkt der Flugroute.Anzeige von Luftdaten (Windgeschwindigkeit<strong>und</strong> -richtung).Neben den zur Positions- <strong>und</strong> Kursbestimmung notwendigen Daten liefert die TrägheitsnavigationseinheitMesswerte der Flugzeuglagewinkel um die Längs- <strong>und</strong> Querachse.Zur Beurteilung von Trägheitsnavigationsanlagen zieht man zwei signifikante Grössen herandie Navigationsgenauigkeit <strong>und</strong> die Zuverlässigkeit.Die Navigationsgenauigkeit wird als Ablage von einem Sollziel in nautischen Meilen proFlugst<strong>und</strong>e angegeben. Zur Veranschaulichung der technischen Entwicklung im Zeitraum derletzten 10 Jahre zeigt Bild 3 gemessene Fehlerverteilungen dreier repräsentativer TN-Anlagen.Bild 3 Fehlerverteilungen von Trägheitsnavigationssystemena) Entwicklungsstand 1960/62b,c) Entwicklungsstand 1970/72© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 5


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryKurve a) zeigt die Fehlerverteilung einer TN-Anlage des Entwicklungsstandes 1960/62. Sieist durch einen 50 %-Fehler von knapp 2 nm/h gekennzeichnet.Bei 95 % aller Testflüge liegt der Fehler noch Uber 10 nm/h.Die Kurven b) <strong>und</strong> c) zeigen die Fehlerverteilung zweier konkurrierender TN-Systeme derZivilluftfahrt des Entwicklungsstandes von 1970/72. Der 50 %-Fehler beider Systeme liegtunter 1 nm/h, 95 % aller Testflüge weisen Fehler von maximal 2 nm/h auf.Die Zuverlässigkeit von TN-Systemen wird durch die mittlere Zeit zwischen zwei Ausfällen(MTBF = Mean-Time-Between-Failure) in St<strong>und</strong>en gemessen. Von anfänglich weniger als 100 hkonnte diese Zeit im Laufe der Entwicklung auf über 1000 h erhöht werden.3.2. Die Trägheitsmesseinheit eines halbanalytischen TN-Systems besteht aus:o der kreiselstabilisierten Plattform0den Kreiseln <strong>und</strong> Beschleunigungsmesserno der Servoelektronik für die Rahmennachführung0der Stromversorgung0der Temperaturregelungs- <strong>und</strong> Fehlerüberwachungselektronik.Die Trägheitsmesseinheit liefert folgende Informationen an die übrigen Einheiten desTN-Systems bzw. an Untersysteme der Flugzeugelektronik:000BeschleunigungsmesswerteLagewinkel um die Roll-, Nick- <strong>und</strong> Gierachse des FlugzeugsDaten über den Ausrichtungszustand <strong>und</strong> FehlersignaleDie Trägheitsmesseinheit erhält vom Rechner als wichtigste Eingangssignale die zurStützung bzw Nachführung der Plattform erforderlichen Kreisel-Stützsignale.3.2.1. Kreiselstabilisierte PlattformenDas kreiseltechnische Kernstück einer Trägheitsmesseinheit (TME) ist die kreiselstabilisiertePlattform.Die kreisei stabili si erte Plattform im engeren Sinn ist eine als Instrumententrägerfür Kreisel <strong>und</strong> Beschleunigungsmesser ausgebildete stabile Struktur, dieauch als Azimutteil bezeichnet wird. Das Azimutteil ist kardanisch im Plattformgehäusevermittels des von innen nach aussen folgenden Nick- <strong>und</strong> Aussenrollrahmensgelagert. Zur Vermeidung der sog. Rahmensperre, die eintritt sobald das Flugzeugeine Nickbewegung von + 90° ausführt <strong>und</strong> den Verlust eines Drehfreiheitsgradesder Kardanrahmenkonfiguration zur Folge hat, wird zwischen dem Azimutrahmen <strong>und</strong>dem Nickrahmen ein vierter Rahmen, der innere Rollrahmen eingeführt.Mit einer solchen Rahmenanordnung wird das stabile Element kinematisch von denDrehbewegungen des Flugzeugs isoliert. Gäbe es absolut reibungsfreie Lagerungen<strong>und</strong> ideal balancierte Kardanrahmen, so würde ein einmal ausgerichtetes, stabilesElement seine Raumorientierung beibehalten trotz Flugzeugbewegungen.Da diese Idealforderungen technisch nicht realisierbar sind, bedient man sichkreiseltechnischer <strong>und</strong> servomechanischer Mittel, um dem stabilen Element einedefinierte Lage zu einem Referenzsystem zu geben.Als Referenzsystem wählt man bei der Navigation in Erdnähe ein erdfestes Koordinatensystem<strong>und</strong> stabilisiert die Plattform so, dass sie bei allen Flugmanövernhorizontal ausgerichtet bleibt. Zusätzlich wird die Plattform azimutal auf geographischNord ausgerichtet. Diese zuletzt genannte Ausrichtung muss nicht notwendigerweiseerfolgen. Bei TN-Systemen mit sog. Wander-Azimut-Winkel kann dasstabile Element eine zwar horizontale, aber bezüglich geographisch Nord beliebigeRichtung einnehmen.Wir betrachten hier speziell TN-Systeme mit nordorientiertem Azimut.Das stabile Element eines halbanalytischen TN-Systems trägt i.a. drei einachsigeBeschleunigungsmesser. Ihre Messachsen definieren ein orthogonales Koordinatensystem(x,y,z).© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 6


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryMit dem stabilen Element wird dieses Koordinatensystem so ausgerichtet, dass diex- <strong>und</strong> y-Achse in der Horizontalen liegen <strong>und</strong> die z-Achse in Richtung der lokalenVertikalen ausgerichtet ist. Auf diese Weise wird bei halbanalytischen TN-Systemenerreicht, dass bei exakter Horizontierung des stabilen Elementes die zur Navigationerforderlichen Horizontalbeschleunigungsmesser (x,y-Achse) keine Komponenteder Schwerebeschleunigung messen. Der z-Beschleunigungsmesser dient in Verbindungmit einem barometrischen Höhenmesser zur baro-inertialen Höhenmessung.Bild 4 zeigt die technische Ausführung einer Vierrahmen-Plattform. Bevor konstruktiveEinzelheiten behandelt werden, soll am einfachen Beispiel einer Einachsenplattformdie Kreisel Stabilisierung einer Plattform erläutert werden.Zur Stabilisierung von Plattformen nützt man kreisei technisch den Satz von der Erhaltungdes Drehimpulses aus. Hierzu werden Kreisel mit einer oder zwei Messachsenverwendet, die als integrierende Wende-Kreisel oder Lagekreisel bekannt sind.Bild 4 Kreiselstabilisierte VierrahmenplattformAls lagestabile Referenz, relativ zu der die Plattform stabilisiert wird, wirkthierbei das sog. empfindliche Element eines Kreisels.Jede Messachse eines Kreisels stabilisiert je eine Plattformachse. Zur Stabilisierungeiner Dreiachsen-Plattform werden drei einachsige oder zwei zweiachsigeKreisel benötigt. Bild 5a zeigt das Schema der Kreiselstabilisierung einer einachsigenPlattform mittels Lagekreisel. In Bild 5b ist der zugehörige Regelkreisdargestellt.Durch Störmomente wird entweder die Lage der Plattform relativ zum raumstabilenElement des Kreisels (Lagekreisel) verändert, oder es wird der Kreisel (Wendekreisel)zu einer Präzession um seine Ausgangsachse angeregt. In beiden Fällenliefert der Kreiselabgriff ein Ausgangssignal e , welches über die Servoelektronikden Servomotor ansteuert, der die Plattform so nachführt, dass die Regelabweichung£ zu Null kompensiert wird.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 7


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryBild 5 Kreiselstabilisierung einer einachsigen Plattform mittels LagekreiselM O M E N T G E B E Ra) Schematische Datstellung( PLATTFORM ( KREISELABGRIFF)+ KREISEL )M R1 SERVOELEKTRONIK+ MOTOR )K, T, S)( 1 > T 0 S)(1 + T 2 S) ( 1 + )J p Oeb) RegelkreisGl ist die Uebertragungsfunktion der Plattform einschliesslich Lagekreisel, G2 istder Skalenfaktor des Kreiselabgriffs, G3 ist die Uebertragungsfunktion der Servoelektronik<strong>und</strong> des Servomotors.Verwendet man Wendekreisel,tritt in der Uebertragungsfunktion der Servoelektronikzusätzlich ein Vorhalteterm in der Form auf, der den durch die Uebertragungsfunktion des integrierenden Wendekreisels bedingten Verzögerungsterm —kompensiert.1 * TitS© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 8


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryDie Uebertragungsfunktionen Gl <strong>und</strong> G3 lauten dann:r1- LJs 1H /cf * T k sK(1*TiS)(1+T 3S)(1*T dS)(UT 2 S)(1^S)Während ein zweiachsiger Lagekreisel in erster Näherung als Integrator mit derUebertragungsfunktion G ~-g- wirkt <strong>und</strong> nur das Trägheitsmoment J der Plattformals Parameter in Erscheinung tritt, gehen beim integrierenden Wendekreisel derDrehimpuls des Kreisels H <strong>und</strong> die Dämpfung C in den Regelkreis ein. Der Wendekreiselwirkt zusätzlich zum Servomotor mit einem Reaktionsmoment direkt aufdie Plattform zurück. Das empfindliche Element des zweiachsigen Kreisels wirdweitgehend von der Plattform entkoppelt.Durch den hier beschriebenen Regelkreis wird die Plattform um eine Achse stabilisiert,drei gleichartige Regelkreise ermöglichen die Stabilisierung einer Plattformum drei Achsen.Im Fall eines halbanalytischen TN-Systems soll die Plattform horizontal <strong>und</strong> aufgeograph isch Nord ausgerichtet werden. Dazu werden den Kreiseln Nachführmomenteaufgeprägt, die so bemessen sind, dass die hierdurch bedingte Kreiselpräzessiongenau der Drehgeschwindigkeit entspricht, die aus der Erddrehung <strong>und</strong> der Fahrzeugbewegungrelativ zur Erdoberfläche resultiert.Mittels des i n Bild 6 dargestellten Regelkreises wird wiederum die Plattform demKreisel nachgeführt, so dass die Regelabweichung zu Null wird.ZV L < 4 0 - 0 F-, •pBild 6a Plattformstabilisierung nach SchulerDie Analyse der hier beschriebenen Regelkreise zeigt, dass die ihnen zugr<strong>und</strong>eliegenden elektromechanisehen Konfigurationen den Charakter sog. synthetischerPendel besitzen. D.h. sie zeigen das dynamische Verhalten von Pendeln mit definierterSchwingungszeit, Dämpfung <strong>und</strong> Trägheitsmomenten.Die Plattform als Träger der Beschleunigungsmesser darf jedoch nicht das Fehlerverhalteneines Pendels aufweisen, welches bei Beschleunigungen eine Scheinlotlageeinnimmt, was zu einer fehlerhaften Messung der entsprechenden Komponenteder Fahrzeugbeschleunigung führt.Schuler erkannte, dass Schwerependel <strong>und</strong> Kreiselpendel durch geeignete Auswahlihrer dynamischen Parameter so abgestimmt werden können, dass die durch Fahrzeugbeschleunigungenhervorgerufenen Richtungsfehler (Lotfehler) dieser Instrumenteunterdrückt werden, wenn ihre Schwingungsdauer auf 84,4 Min. abgestimmt wird.Diese Erkenntnis kann mit gleichem Erfolg auf synthetische Pendel, d.h. Plattformregelkreise,angewendet werden.Dies soll am Beispiel des Regelkreises in Bild 6b kurz erläutert werden.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 9


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryM z A%- AK [ r 0 f - g (& p-cp F>]0 /T0 p = / ] 040 + ^-/10-0 wenn K- 77rrHT = 2n y-g - 84.4 minBild 6b Regelkreis nach SchulerDas Flugzeug bewegt sich relativ zur Erde auf einem Grosskreis um den Winkel m = A4>„ =0 war.Das Ausgangssignal eines auf der Plattform montierten Beschleunigungsmessers beträgt:b gem. = R 4>f - g A4> = s (i)© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 10


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryDem Kreisel wird ein Nachführmoment M ~ J s d T eingeprägt, so dass er mitt4> =* K J(R4± - ga*) dTapräzediert. Um die Plattform mit dieser Drehgeschwindigkeit nachzuführen, mussdas vom Servomotor auf die Plattform wirkende MomentM = Z7p - KJp(R& - çaA4> + A4> = 0mit der LösungA - A4> 0 COS cot +sin ut<strong>und</strong>T = 2f ff -mm.Sind a4> 0 <strong>und</strong> a4> 0 Null, so wird das System bei Einhaltung der Abgleichbedingungvon Fahrzeugbeschleunigungen nicht zu Schwingungen angeregt, d.h. diePlattform bleibt horizontal ausgerichtet. Bei von Null verschiedenen Anfangswertenschwingt das System ungedämpf mit der Schulerperiode von 84,4 min.Die hier vereinfacht dargestellten Zusammenhänge werden durch systeminterneStörungen <strong>und</strong> durch die Dämpfung beeinflusst. Dies hat zur Folge, dass der gedämpfteSchulerkreis die zeitabhängigen Navigationsfehler eines Trägheitsnavigationssystemsdämpft, jedoch nicht eliminiert.In realen Trägheitsnavigationsanlagen besteht die kreiselstabilisierte Plattformim weiteren Sinn aus einer Kardanrahmenkonfiguration, deren Rahmendrehachsen zuden Hauptachsen des Fahrzeugs parallel ausgerichtet sind.Bereits einleitend zu diesem Abschnitt wurde die Funktion dieser Rahmen alsIsolation des stabilen Elementes gegen Fahrzugdrehungen beschrieben.Auch wurde bereits erwähnt, dass Trägheitsplattformen nicht als Drei rahmen-,sondern als Vierrahmenplattformen ausgeführt werden.Bild 7 zeigt die Schnittzeichnung einer Miniatur-Vierrahmen-Plattform.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 11


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryBeschleunigungsmesserAußen-Roll-Rohmer Synchros Azimutrahmen Innen - Roll-RahmenStoHdämpferNick rahmenGehäuserahmenStützmotoreKreiselstabilisiertePlattform-Rahmenanordnung -Bild 7 Schnittzeichnung einer Vierrahmenplattform© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 12


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryDie Messung der Lagewinkel der Flugzeughauptachsen relativ zu dem durch die Messachsender Beschleunigungsmesser definierten Koordinatensystem erfolgt durch elektromagnetischeWinkelwertgeber (Synchros, Resolver, Transsolver), die auf den Rahmenachsenmontiert sind. (s. Bild 7).Die durch Kreiselsignale ausgelöste servomotorische Nachführung der Plattformrahmenwird bei modernen Trägheitsmesseinheiten mittels getriebeloser, direkt antreibenderGleichstrom-Drehmomentgeber mit linearem Drehmomentausgang vorgenommen.Aeltere Anlagen verwenden wechselstromgespeiste Getriebemotore.Neben der Qualität der Trägheitssensoren ist die Genauigkeit <strong>und</strong> Strukturstabilität,mit der die einzelnen Rahmen der Plattform ausgeführt werden von Bedeutungfür die genaue Funktion der Trägheitsmesseinheit. Dies gilt insbesondere im Hinblickauf die Winkligkeit der Plattformachsen zueinander <strong>und</strong> die Zuordnung derPlattformachsen zu den Messachsen der Kreisel <strong>und</strong> Beschleunigungsmesser.Entscheidend ist ferner, mit welcher Genauigkeit die Messachsen der Kreisel <strong>und</strong>Beschleunigungsmesser auf dem stabilen Element zueinander ausgerichtet sind. IhreLage zueinander darf weder durch thermische, noch durch dynamische Einflüsse gestörtwerden, um die Wiederholbarkeit <strong>und</strong> Nullpunktstabilität der Trägheitssensorenmit der geforderten Genauigkeit zu gewährleisten.Bild 8 Rahmensegmente <strong>und</strong> stabiles Element einer Vierrahmen-PlattformBei Plattformen neuer Bauart hat sich die segmentierte Schalenbauweise der einzelnenRahmen bewährt. Es werden hochfeste Aluminiumlegierungen als Werkstoff verwendet.Die Rahmen können aus Gussrohlingen oder aus vollem Material gearbeitetwerden. Bild 8 zeigt die zu Baugruppen zusammengefassten Rahmen <strong>und</strong> Rahmensegmenteder Plattform. Im Zentrum befindet sich das stabile Element mit Kreiseln <strong>und</strong> Beschleunigungsmessern.3.2.2. TrägheitssensorenZur Stabilisierung des stabilen Elementes werden Kreisel mit einem oder mit zweiMessfrei heitsgraden verwendet. Die Mehrzahl der heute verwendeten Kreisel sind inkonventioneller Bauweise ausgeführt. Der durch einen Asynchron oder Hysterese-Synchronmotor angetriebene Kreiselläufer ist innerhalb des sog. empfindlichenKreiselelementes gelagert. In Kreiseln, an die besonders hohe Anforderungen hinsichtlichLebensdauer ( M T B F >'/0*h)<strong>und</strong> Genauigkeit gestellt werden, ist die Laufachsenlagerunganstelle von Kugellagern als dynamisches Gaslager ausgeführt.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 13


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryDas empfindliche Element ist im Fall des einachsigen Kreisels direkt, beim zweiachsigenUber einen Kardanring in dem, mit einer TragflUssigkeit gefüllten, Kreiselgehäusezentrisch gelagert. Zur Lagerung verwendet man Hartmetall zapfen <strong>und</strong> Steinlager.Durch den Auftrieb in der TragflUssigkeit wird das Eigengewicht des empfindlichenElementes weitgehend aufgehoben, so dass die Zentrierlagerung fast vollständiggewichtsentlastet ist ( ~ 9 9 % ) .Elektromagnetische, optische oder kapazitive Abgriffe kontrollieren die Lage desempfindlichen Elementes zum Kreiselgehäuse. Ueber elektromagnetische Drehmomentgeberwerden zur Stützung bzw. Nachführung der Kreisel sog. Führungsmomente <strong>und</strong>zur Korrektur deterministischer Störmomente Korrekturmomente auf den Kreisel ausgeübt.Bild 9 zeigt einen kompletten zweiachsigen Kreisel, dessen empfindliches Elementschwimmend gelagert ist. In Bild 10 sind seine Hauptbaugruppen dargestellt. In derMitte des Bildes das kugelförmige empfindliche Element mit Abgriffen <strong>und</strong> Momentgebern.Die wichtigsten funktionellen Merkmale, der in Trägheitsnavigationssystemen verwendetenKreisel, sind ihre hohe Genauigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit.Bild 9 Zweiachsiger Schwimmkreisel© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 14


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryGehäusedeckelGehäusebodenBild 10 Hauptbaugruppen eines SchwimmkreiselsBeide Grössen müssen mit einem erheblichen technischen Aufwand erkauft werden. DieQualität der Instrumente wird durch ihre statistischen Driftwerte, i-hre Wiederholbarkeitsowie thermische <strong>und</strong> beschleunigungsabhängige Störgrössen charakterisiert.Zur Veranschaulichung der für Inertialsysteme charakteristischen Driftwerte von0,01 °/h, mache man sich klar, dass dies einer Umlaufzeit von ca. 4 Jahren proUmdrehung entspricht. Anderseits wird diese Drift bei einem Kreisel, dessen.Drehimpuls10 6 gr cm^s"' beträgt <strong>und</strong> dessen empfindliches Element 250 gr. wiegt, bereitsdurch eine Schwerpunktverlagerung im empfindlichen Element von etwa 20 A -Einheiten hervorgerufen.Hohe Strukturstabilität, durch konstruktive Massnahmen <strong>und</strong> optimale Werkstoffauswahlist daher eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung zur Erfüllung der Genauigkeitsanforderungen,die an Kreisel inertialer Qualität gestellt werden.Weitere kritische Funktionselemente sind der Kreiselmotor, die Motorlagerung, dieZentrierlagerung sowie die Abgriffe <strong>und</strong> Drehmomentgeber.Kreiselmotore zeichnen sich durch stabilen Synchronlauf, ausreichend grosses Synchronmoment<strong>und</strong> möglichst geringe Eigenerwärmung aus. Die Laufachsenlagerung mussisoelastisch <strong>und</strong> geräuscharm ausgeführt werden. Es dürfen keine verschliessbedingtenoder vom Schmiermittel herrührende Massenverlagerungen auftreten. Die Zentrierlagerungensind äussert empfindliche Bauelemente von hoher Massgenauigkeit,Oberflächenqualität <strong>und</strong> extrem geringer Reibung.Die elektromagnetischen Momentgeber bestimmen wesentlich die Genauigkeit des Kreisels.Bei Momentgebern mit Permanentmagneten wird eine grosse Langzeitstabilitätder magnetischen Parameter <strong>und</strong> geringe Temperaturempfindlichkeit gefordert.Tabelle 1 gibt eine Zusammenstellung charakteristischer Kreiseldaten.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 15


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryT a b e l l e 1Charakteristische Daten zweiachsiger Kreisel inertialer QualitätGrössen Dimension Realisierte GrenzdatenAbmessungenDurchmesser mm 40 - 76Länge mm 41 - 100Gewicht 0 270 - 900Drehimpuls dyncm s 2 0,6 x 106 - 1,8 x 10 6ZufallsdriftVertikale Achse °/h 0,005 - 0,02Horizont. Achse °/h 0,007 - 0,01Wi ederholbarkei t o/h 0,005 - 0,03g-unabhängige Drift °/h 1,0 - 2,0g-abhängige Drift °/h/g 0,3 - 2,0g2-abhängiqe Drift °/h/g 2 0,02 - 0,1Temperaturabhängige Drift o/h/g/oc 0,005 - 0,2Skalenfaktorgenauigkeit % 0,02 - 0,2Antriebsfrequenz Hz 400, 800, 1500, 1600Anlaufleistung W 15 - 40Synchronleistung W 2 - 5,5MTBF h 2000 - 10.000Innerhalb der Grenzdaten liegen die charakteristischen Werte heute im Einsatz befindlicher Kreiselfür Trägheitsnavigationssysteme. (Systemgenauigkeit 1 nm/h-


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryBild 12 Bauteile eines Miniatur-Pendel-BeschleunigungsmessersRückstellmagnetP-' Elektron!AdapterGehaus eCharakteristisch an diesem Instrument ist seine extrem kleine Pendelmasse (drittesBauteil von links in Bild 12) <strong>und</strong> seine in Dünnfilmtechnik ausgeführte Rückstellelektronik(ganz rechts im Bild). Aehnlich wie bei den Kreiseln werden auch ah dieBeschleunigungsmesser eines Trägheitsnavigationssystems hohe Anforderungen hinsichtlichGenauigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit gestellt.Tabelle 2 zeigt die charakteristischen Daten von Beschleunigungsmessern für Trägheitsnavigationssysteme.T a b e l l e 2Charakteristische Daten einachsiger Beschleunigungsmesser inertialer QualitätGrössen Dimension Realisierte GrenzdatenAbmessungenLängeBreiteHöheGewichtMessbereichSchwellwertBiasBias-StabilitätLinearitätKreuzkopplungSkalenfaktorstabilitätmmmmmmPggg9 „g / g 2%21 - 252 6 - 2928 - 5175+1010-7IO" 51 0 - 6IO" 610-40,05.190.+150. 10-5. 2 • 10-2. 2 • 10-4. 6 • 10-4. 2 • 10-2.0,1Innerhalb der Grenzdaten liegen die charakteristischen Werte heute im Einsatz befindlicher Beschleunigungsmesserfür Trägheitsnavigationssysteme (Systemgenauigkeit 1 nm/h ...£2 nm/h CEP)© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 17


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> HistoryRechnerDurch die Messachsen dreier Beschleunigungsmesser, die auf einer kreiselstabilisiertenPlattform montiert sind, wird ein orthogonales Koordinatensystem mechanisiert.Damit sind zwei wesentliche Voraussetzungen für die Realisierung des TN-Verfahrens gegeben.Die dritte Voraussetzung schafft der Navigationsrechner: die rechnerische Verarbeitungder Beschleunigungsmessersignale zu Geschwindigkeits- <strong>und</strong> Positionsdaten des Fahrzeugs,sowie die Aufbereitung von Nachführungssignalen für die Plattform.Ueber diese Aufgaben hinaus erfüllt der Rechner je nach Auslegen <strong>und</strong> technischem Gr<strong>und</strong>konzeptzusätzliche Aufgaben.Aeltere TN-Systeme verfügen über Analogrechner, die ausschliesslich zur Lösung der Navigationsgleichungen<strong>und</strong> zur Aufbereitung der Nachführsignale dienen.Mit der Einführung digitaler Rechnertechnik wurden die Aufgaben des Navigationsrechnerserweitert.Als Universal-Digitalrechner umfasst sein Potential die vollständige Datenaufbereitung zurvollautomatischen Flugführung, Waffenauslösung <strong>und</strong> Datenoptimierung bei kombinierten Navigationsverfahren,sowie die Ueberwachungsfunktion des Startvorgangs <strong>und</strong> der automatischenLandung. Der Rechner stellt ferner Informationen zur Stabilisierung verschiedenerSensoren bereit, wie z.B. Kameras, Infrarotsensoren, Radar <strong>und</strong> Sternsensoren (Star-Tracker).Konzept <strong>und</strong> technische Ausführung von Navigationsrechnern für TN-Systeme zeigen trotz unterschiedlichenLeistungsumfanges gewisse Aehnlichkeiten.Bei Analogrechnern findet man eine Unterteilung des Rechners in die Untergruppen:Plattformelektronik mitRechnereinheitStromversorgungseinheitNachführelektronik für Kreisel <strong>und</strong> Beschleunigungsmessersowie Rahmen-Servoelektronikzur Mechanisierung der Navigationsgleichungenzur Aufbereitung aller Versorgungsspannungen insbesonderehochgenauer, stabilisierter <strong>und</strong> gefilterter Spannungswerte.Die einzelnen Rechnerbaugruppen sind aus elektronischen <strong>und</strong> elektromechanischen Komponentenaufgebaut, in denen die Gr<strong>und</strong>rechenoperationen <strong>und</strong> die Bildung trigonometrischerFunkti onen ausgeführt werden. Die elektronischen Bauelemente sind auf gedruckten Leiterplattenhoher Packungsdichte verschaltet. Die elektromechanischen Komponenten, wie Synchros,elektromechanische Integratoren, Schrittmotore <strong>und</strong> Präzisionspotentiometer sindmit den Elektronikkarten zu Funktionseinheiten zusammengefasst. Durch Einführung digitalerTechniken wurden Teilfunktionen des Analogrechners von elektromechanischen auf reinelektronische Komponenten umgestellt. Als Beispiel sei die sog. Puls-Analog-Technik genannt.Hierbei werden physikalische Grössen durch Pulsdauern oder Pulsfolgefrequenzenanalog nachgebildet. Dieses Verfahren wird beispielsweise bei der Bildung von Funktionen<strong>und</strong> ihren Umkehrfunktionen angewendet <strong>und</strong> führt zum Ersatz spezieller Funktionsgeneratorenwie Potentiometer, Synchros <strong>und</strong> Resolver durch elektronische Komponenten.Auf diese Weise gewinnt man als Vorstufe zu Digitalrechnern hybride Rechner, die in vielenAnwendungsfällen einen Kompromiss hinsichtlich Kosten <strong>und</strong> Genauigkeit zwischen Analog- <strong>und</strong>Digitalrechnern darstellen.Für Anwendungen, bei denen die Kapazität Schnelligkeit <strong>und</strong> Vielseitigkeit von Digitalrechnernnicht notwendig ist, werden auch in Zukunft rein analoge oder hybride Rechnerkonzeptezum Einsatz gelangen.In komplexen Waffensystemen wie z.B. modernen, überschau schnei 1 en Kampfflugzeugen, in unbemanntenAufklärungsflugkörpern <strong>und</strong> auch in der Zivilluftfahrt -sofern sie die Trägheitsnavigationbereits eingeführt hat- werden z.Zt. fast ausschliesslich Digitalrechner alsNavigations- bzw. zentrale Bordrechner eingesetzt.Auch bei ihnen findet man eine gewisse Aehnlichkeit in der Gr<strong>und</strong>konzeption, d.h. eine Unterteilungin die folgenden Funktionseinheiten:0000ZentraleinheitSpeicherSteuereinheitEin/Ausgabeeinheit© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 18


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History3-19In der Zentraleinheit werden sämtliche Rechnungen <strong>und</strong> eine Reihe logischer Gr<strong>und</strong>funktionenausgeführt, d.h. Additionen, Multiplikationen, Vergleiche etc. Im Speicher werden Daten<strong>und</strong> Befehle gespeichert. Die Steuereinheit steuert den zeitlichen Ablauf aller Operationen<strong>und</strong> des Informationstransportes sowie die Auswahl <strong>und</strong> Modifikation von Befehlen. Sie überwachtgleichzeitig den Programmstatus.Die Ein/Ausgabeeinheit stellt die Verknüpfung des Rechners zu den anderen Funktionseinheitendes Systems her. Sie regelt insbesondere die Anpassung unterschiedlicher Datenformateperipherer Geräte an den Rechner.TrägheitsnavigationseinheitZur Beschreibung der Funktion einer Trägheitsmesseinheit wird wiederum ein halbanalytischesTN-System ausgewählt, bei dem die stabile Plattform mit Hilfe des Kreiselkompassverfahrensauf geographisch Nord ausgerichtet wird <strong>und</strong> die Messachsen der Horizontalbeschleunigungsmesser(x- <strong>und</strong> y-Achse) möglichst genau in der Horizontalebene liegen.Die drei auf der stabilen Plattform montierten Beschleunigungsmesser definieren mit ihrenMessachsen ein orthogonales, rechtsdrehendes Koordinatensystem (x, y, z). In stationäremZustand wiest die x-Achse nach Norden, die y-Achse nach Osten <strong>und</strong> die z-Achse in Richtungder lokalen Vertikalen.Zur Navigation werden nur die Horizontalbeschleunigungsmesser benötigt.Die kinematische Analyse der Bewegung eines Massenpunktes der Masse m in einem erdfestenKoordinatensystem ergibt für die Inertial beschleunigung & J L den Ausdruck:di' R _ de 2 R ^ , _ deR - ,- Î5,—Jfz +- 2 » , der Nachführungs-Drehgeschwindigkeitberechnet. Die Ausgangskoordinaten werden zu Beginn einer Mission in denRechner eingegeben.Bild 13 zeigt die vereinfachte schematische Datstellung des Funktionsdiagramms einer TN-Einheit.Die Inbetriebnahme der Trägheitsnavigationseinheit erfolgt nach dem Einschalten derAnlage über eine automatisch ablaufende oder manuell schaltbare Betriebsartensteuerung.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 19


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History3-20Bild 13 Trägheitsnavigationseinheit-Vereinfachtes BlockdiagrammDie Einheit wird zunächst auf Betriebstemperatur gebracht. Dann erfolgt eine Grobausrichtungauf geographisch Nord <strong>und</strong> eine horizontale Grobausrichtung.Sobald diese Phasen beendet sind, wird die stabile Plattform nach dem Kreisel kompassverfahrenauf geographisch Nord ausgerichtet <strong>und</strong> exakt in den Horizont nachgeführt.Nach Beendigung des Ausrichtvorganges wird die Anlage auf die Betriebsart Navigation umgeschaltet.Die Trägheitsnavigationseinheit liefert nur in Verbindung mit den peripheren Ein- <strong>und</strong> Ausgabeeinheitender gesamten Anlage die zur Flugführung notwendigen Informationen.EntwicklungstendenzenAuf dem Gebiet der Inertialtechnik sind Entwicklungstendenzen erkennbar, die sich speziell in denTeilbereichen <strong>Technologie</strong>, Systemtechnik <strong>und</strong> Kosten auswirken.Im Teilbereich <strong>Technologie</strong> ist die Entwicklung durch folgende Fakten gekennzeichnet:° Einsatz dynamischer Gaslager anstelle vonKugellagern zur Lagerung der Kreisellaufachseo Einsatz von Sonderwerkstoffen zur Verbesserungder Genauigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeito Entwicklung neuer Sensorenkonzepteo Reduktion der Geräteabmessungen <strong>und</strong> Gewichteo Vollständige Ablösung des Analogrechners durchDigitalrechner© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 20


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History7-21Als Vorteile dynamischer Gaslager gegenüber Kugellagern wirken sich speziell bei Kreiselanwendungensehr günstig aus:0Verschliessfreier Lauf der Achse, d.h. hoheMTBF des Kreiselso Keine Massenverlagerung durch Verschleiss oderSchmiermittelwanderung in den Lagern0Geräuscharmer Lauf, d.h. reduziertes Fehlverhaltendes KreiselsBild 14 zeigt das empfindliche Element <strong>und</strong> den Läufer eines zweiachsigen KreiselsBild 14 Empfindliches Element <strong>und</strong> dynamischgasgelagerter Kreiselläufer eineszweiachsigen KreiselsDer Einsatz von Sonderwerkstoffen, wie z.B. Beryllium, spezielle Keramiken (Aluminiumoxyd,Berylliumoxyd) oder Sinterwerkstoffe bringt konstruktive <strong>und</strong> funktionelle Verbesserungen.Insbesondere hat die Verwendung von Beryllium anstelle von Aluminiumlegierungen bei der Ferttigung von hochgenauen Kreiseln (Driftraten ä ) zu erheblichen Qualitätsverbesserungegeführt. Die Instrumentenabmessungen <strong>und</strong> -gewichte wurden reduziert, gleichzeitig wurde dieKreiselstabilität um etwa eine Grössenordnung erhöht. Hierbei spielen die durch Beryllium erhöhteStrukturstabilität, die bessere Wärmeableitung sowie gleichmässige Wärmedehnung kritischerBauteile eine entscheidende Rolle.Bei der Entwicklung von neuen Sensorenkonzepten sind Erfolge auf dem Gebiet sog. dynamisch abgestimmterKreisel erkennbar. Bei diesem Kreiseltyp ist das empfindliche Element nicht flüssigkeitsentlastet, kardanisch im Kreiselgehäuse gelagert, sondern torsionselastisch, quasi kardanischmit der Kreisellaufachse verb<strong>und</strong>en. Durch Abstimmung der Drehzahl <strong>und</strong> Massenträgheitsmomenteder inneren Kreiselrahmen kann der Kreiselrotor derart von der Laufachse entkoppeltwerden, dass er sich wie ein freier Kreisel verhält. Miniaturisierung, Vereinfachung der mechanischenFertigung <strong>und</strong> Montage sind Vorteile, die aus diesem Kreiselkonzept gewonnen werden,(s. Bild 16).Auch bei der Entwicklung von Beschleunigungsmessern sind Fortschritte hinsichtlich Miniaturisierungerzielt worden.Infolge dieser Instrumentenverkleinerung ist es möglich, auch die sie tragenden Plattformen inihren Abmessungen zu reduzieren.Bild 15 zeigt eine miniaturisierte, kreiselstabilisierte Vier-Rahmenplattform. Die Abmessungendieser Plattform sind gegenüber bisher im Einsatz befindlichen vergleichbaren konventionellenAusführungen etwa auf die Hälfte reduziert. Als Stabilisatoren werden dynamisch abgestimmteKreisel verwendet.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 21


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History7 - 2 2Bild 15 Miniaturplattform mit dynamischabgestimmten Kreiseln als StabilisatorenBild 16 Dynamisch abgestimmter Kreisel© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 22


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History7 - 2 3Auf dem Gebiet der Systemtechnik sind Tendenzen erkennbar, kombinierte Navigationsverfahrenanzuwenden. So wurden beispielsweise verschiedene Anlagentypen, wie z.B. Loran-, Doppler-,Inertial- <strong>und</strong> stellare Navigationsanlagen zu sog. hybriden Navigationssystemen kombiniert.Ohne auf die Komplexität dieses Themas eingehen zu können, soll lediglich in Bild 17 gezeigtwerden, welche Steigerung der Funktionsgenauigkeit beim Einsatz derartiger kombinierter Systememöglich ist.O.B -0,01 % KREISELDRIFTINERTI ALSYSTEMI I)STELLAR INERTI ALSYSTEM(SI)Bild 17 Ortungsgenauigkeit kombinierter NavigationsverfahrenIn zunehmendem Masse bedient man sich hierbei mathematischer Verfahren der modernen Schätzungstheoriestochastischer Vorgänge. Die als Filter bekannt gewordenen Algorithmen werden schaltungstechnischelektronisch realisiert <strong>und</strong> vermitteln bei Kenntnis der statistischen Fehlermodelleder verschiedenen Sensoren optimale Schätzwerte zur Korrektur der Geschwindigkeits-,Positions- <strong>und</strong> Plattform- Nachführwerte einer TN-Anlage.Geqen die konsequente Anwendung dieser Technik sprechen zur Zeit die nicht unerheblichen Anschaffungskostenderartiger komplexer Anlagen.Durch den Sachzwang knapper Geldmittel bei fast allen potentiellen Anwendern der TN-Navigation,muss sich die Industrie bemühen, durch neue Konzepte, rationelle Fertigungsverfahren <strong>und</strong> Baukasten-Systemkonzeptedie Anschaffungs- <strong>und</strong> Betriebskosten von TN-Anlagen zu reduzieren. UeberJahre waren 100 000 $ eine untere Grenze hochgenauer TN-Anlagen. Inzwischen gelang es, dieseGrenze zu unterschreiten, <strong>und</strong> es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich bei einem entsprechendgrossen Marktvolumen eine neue untere Grenze der Beschaffungskosten bei etwa 60 000 $einstellen könnte.Für den Anwender bleibt in jedem Fall die Entscheidung zu treffen, inwieweit der Einsatz einerTN-Anlage ihm effektive wirtschaftliche Vorteile bringt, wenn alle Kostengrössen berücksichtigtwerden, die bei der Beschaffung <strong>und</strong> Unterhaltung eines Verkehrs- oder Waffensystems anfallen.In zunehmendem Masse steht diese Entscheidung unter Kostenaspekten, wobei sogar auf die technischpotentiell mögliche optimale Systemgenauigkeit in manchen Fällen verzichtet werden kann. Voraussetzungzur Realisierung dieser Wirtschaftlichkeitsaspekte bei einer breiteren Anwendung derTrägheitsnavigation ist jedoch u.a., dass der Anwender seine Anforderungen an Inerti algeräte aufgabenorientiertkritisch stellt, um überhöhte Forderungen, die kostensteigernd wirken, zu vermeiden.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 23


<strong>Systemkonzeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Technologie</strong> <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationsanlagen - Vorlesung Krieg im Aether 1972/1973 (ETH Zürich)<strong>HAMFU</strong> History7 - 2 4SchlussbemerkungenAbschliessend können zum Stand der Technik <strong>moderner</strong> Trägheitsnavigationssysteme <strong>und</strong> ihrer Weiterentwicklungfolgende Fakten festgestellt werden:Die Ortungsgenauigkeit liegt nahe bei 1 nm/h. In einigen Fällen wird dieser Wertunterschritten. Die Zuverlässigkeit (MTBF) von Systemen der zweiten <strong>und</strong> drittenGeneration übersteigt 1.000 h. Die Anschaffungskosten für ein TN-System hängen vomAnlageenumfang ab. Als Richtwert können 100 000 $ angesehen werden.Die Genauigkeitsgrenzen von Trägheitsnavigationssystemen werden bestimmt durchdie Genauigkeit der Trägheitssensoren, der genauen Kenntnis des Erdschwerefeldes(insbesondere im Fall von Strapdown-Systemen), des Hystereseverhaltensder zur Plattformfixierung im Fahrzeug notwendigen Schock- <strong>und</strong> Vibrationsdämpfer.Die Weiterentwicklung zeigt zwei ausgeprägte Richtungen, die auf den Einsatzzeitraum der kommenden10-15 Jahre abzielen:0Die Entwicklung hochgenauer autonomerSysteme für den militärischen Einsatz.Bei ihnen werden dynamisch gasgelagerteSchwimmkreisel verwendet, die auf langeSicht durch trockene, dynamisch abgestimmteKreisel abgelöst werden.Sofern auf Autonomie des Verfahrens verzichtetwerden kann, werden kombinierteVerfahren zur Optimierung der Navigationsinformationeneingesetzt.Als Bordrechner kommen Digitalrechner zumEinsatz.0Die zweite Entwicklungsrichtung zielt aufSysteme mit niedrigen Herstellkosten, diefür kommerzielle <strong>und</strong> militärische Zweckeeingesetzt werden können.In verstärktem Masse könnten hier kostengünstigedynamisch abgestimmte Kreisel eingesetztwerden. Sofern Schwimmkreisel verwendetwerden, könnte ihre Genauigkeit reduziertwerden.Aus Kostengründen werden Hybridrechner anstellereiner Digitalrechner eingesetzt.Es ist zu erwarten, dass trotz z.Zt. bestehenderKostenprobleme das Verfahren derTrägheitsnavigation zukünftig weiter an Bedeutunggewinnen wird. Dabei ist zu bedenken,dass für die Zivilluftfahrt das Zeitalterder Trägheitsnavigation gerade erstbegonnen hat.© <strong>HAMFU</strong> - www.hamfu.ch Seite 24

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