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Gutachten Hentschke Teil 1 vom 31.10.2008 - SPD-Landtagsfraktion ...

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Landtag Brandenburg Potsdam, 1. Dezember 2008Der PräsidentInformation 4/142Mitgliederdes Landtages Brandenburgim HauseAltanschließerproblematikPrüfauftrag des Landtages Brandenburg gemäß Ziffer 4 des Beschlusses desLandtages Brandenburg <strong>vom</strong> 29. Mai 2008 (Drucksache 4/6333-B)Sehr geehrte Damen und Herren,als Anlage übergebe ich Ihnen den ersten <strong>Teil</strong> des Rechtsgutachtens "der Umgangmit altangeschlossenen Grundstücken in Mecklenburg-Vorpommern undSachsen-Anhalt und die Möglichkeit der Übertragbarkeit für Brandenburg" zuIhrer Kenntnisnahme.Mit freundlichen GrüßenFritschAnlage


LAND BRANDENBURGMinisterium des InnernDer MinisterMinisterium des Innern des Landes Brandenburg Postfach 601165 j 14411 PotsdamPräsidentdes Landtages BrandenburgHerrn Gunter FritschAm Havelick 814473 PotsdamPotsdam, /I 2), November 2008AltanschließerproblematikPrüfauftrag des Landtages gemäß Ziffer 4 des Beschlusses des Landtages<strong>vom</strong> 29. Mai 2008 (LT Drs. 416333-B)AnlageSehr geehrter Herr Landtagspräsident,unter Ziff, 4 des o.g. Beschlusses <strong>vom</strong> 29. Mai 2008 hat der Landtag die Landesregierunggebeten zu prüfen, ob die Rechtslage in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommernauf Brandenburg übertragbar ist und wie ggf. entsprechendeUmsetzungsregelungen im KAG – unter besonderer Beachtung der Satzungsautonomie– auszugestalten wären.Dieser Prüfauftrag wird derzeit im Rahmen einer externen Begutachtung durchHerrn Dr. <strong>Hentschke</strong> (DOMBERTRECHTSANVVÄLTE) in zwei Phasen umgesetzt.Der erste <strong>Teil</strong> des <strong>Gutachten</strong>s beinhaltet die rechtliche Bewertung der Regelungenin Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt sowie den Vorschlag einerUmsetzungsregelung der durch das OVG Magdeburg entwickelten sachsenanhaltischenRechtslage. Die zweite bis zum Jahresende terminierte Phase enthältdie Darstellung und Bewertung der tatsächlichen Auswirkungen einer Regelungwie in den beiden o.g. BundesländernAnliegend übersende ich Ihnen ein Exemplar des ersten <strong>Teil</strong>s des <strong>Gutachten</strong>s<strong>vom</strong> 31. Oktober 2008, hier eingegangen am 05. November 2008.Mit freundlichen GrüßenSchönbohmiTiLU/4/Die genannte E-Mail-Adresse .dient nur für den Empfang einfacher Mitteilungen ohne Signatur und/oder Verschlüsselung.


D 0 MB E RTRECHTSANWÄLTEDOMBERTRECHTSANWÄLTE Postfach 60 05 03 14405 PotsdamProf. Dr. Matthias DombertFachanwalt für VerwaltungsrechtJanko GeßnerPEchanwalt für VerwaltungsrechtDr. Margarete Müht-Jäckel, LL.M.Dr. Heimar <strong>Hentschke</strong>Dr. Klaus HerrmannFachanwalt für VerwaltungsrechtDr. Michael BurrackFachanwalt für VerwaltungsrechtDer Umgang mit altangeschlossenen Grundstücken in Mecklenburg-Vorpommernund Sachsen-Anhalt und die Möglichkeit derÜbertragbarkeit für BrandenburgRechtsgutachten<strong>Teil</strong> 1vorgelegtvonRechtsanwalt Dr. Heimar <strong>Hentschke</strong>Lehrbeauftragter der juristischen Fakultät der Universität PotsdamMangerstraße 2614467 PotsdamTelefon 0331 / 62 042 70Telefax' 0331 / 62 042 71post@dornbert.dewww.dombert.deBankverbindungMittelbrandenburgische SparkasseKonto-Nummer 350 301 30 90BLZ 160 500 00


2Inhaltsverzeichnis1. Anlass für die Begutachtung 32. Umgang mit altangeschlossenen Grundstücken nach bisheriger Rechtslage in Brandenburg 5a) Beitragspflichtigkeit 5b) Verjährung 73. Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern zu altangeschlossenen Grundstücken 11a) § 9 KAG M-V 11b) Rechtsprechung 13c) Billigkeitsregelungen 14d) Zwischenergebnis 154. Rechtslage in Sachsen-Anhalt zu altangeschlossenen Grundstücken 16a) g 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA 16b) Rechtsprechung 18c) Billigkeitsregelung 20d) Zwischenergebnis 205. Vor- und Nachteile bei Übernahme der Rechtslage von Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern 21a) Bewertung der Rechtslage von Sachsen-Anhalt 21aa) Vorteile 21bb) Nachteile 22(1) Stichtagsregelung 22(2) Entstehung der sachlichen Beitragspflicht 22(3) Unterschiedliche Beitragssätze 23(4) Abgrenzung zum Verbesserungsbeitrag 24(5) Kalkulation 26(6) Provisorium 28(7) Betriebskläranlagen 28(8) Grundstücksänderungen 29(9) Systembruch 30cc) Zwischenergebnis 31b) Bewertung der Rechtslage von Mecklenburg-Vorpommern 31aa) Vorteile • 32bb) Nachteile 336. Rechtslagen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern unter dem Gesichtspunkt derAbgabengerechtigkeit 34a) Grundsatz der Abgabengerechtigkeit 34b) Sachsen-Anhalt 34aa) Gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum 35bb) Ungleichbehandlung von Neuanschließern 36c) Mecklenburg-Vorpommern 377. Privatrechtliche Ausgestaltung der Entgelte im Bereich der Wasserversorgung 388. Änderungsbedarf für das Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg 389. Zusammenfassung 40


5schlag für die Änderung des Kommunalabgabengesetzes — trotz der verfassungsrechtlichenBedenken — unterbreitet werden (unter 8.).2. Umgang mit altangeschlossenen Grundstücken nach bisheriger Rechtslagein BrandenburgNach der bisher geltenden Rechtslage in Brandenburg steht fest, dass Eigentümer altangeschlossenerGrundstücke nach wie vor zu Herstellungsbeiträgen heranzuziehensind, soweit die Gemeinde oder der Zweckverband erst ab dem Jahre 2004 über eineerste rechtswirksame Beitragssatzung verfügte.a) BeitragspflichtigkeitBis auf die Sondersituation in Sachsen-Anhalt gilt die Frage der Beitragspflichtigkeitaltangeschlossener Grundstücke in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichteder neuen Bundesländer als geklärt. Die Beitragspflichtigkeit haben das OberverwaltungsgerichtGreifswald'', Oberverwaltungsgericht Bautzen u und das OberverwaltungsgerichtWeimar' anerkannt.Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Frankfurt(Oder). In zwei Entscheidungen aus dem Jahre 2001 hat das Gericht die Beitragspflichtigkeitvon Eigentümern altangeschlossener Grundstücke sowohl im Hinblickauf die Schmutzwasserentsorgung' als auch auf die Trinkwasserversorgung14angenommen. Ausschlaggebend war, dass der Senat dem Kommunalabgabengesetzkeine Beschränkung auf Sachverhalte im Hinblick auf die Beitragspflichtigkeit entnehmenkonnte, die sich erst nach seinem In-Kraft-Treten ereignet haben. Dies gelteauch unter Berücksichtigung des Vorteils, für den der Beitrag erhoben werde. DieAnschlussmöglichkeit und der aus ihr resultierende wirtschaftliche Vorteil stellten einenDauertatbestand dar, an den das Kommunalabgabengesetz und darauf beruhendeBeitragssatzungen wegen der fortdauernden Vorteilslage unabhängig davon eine Bei-10 OVG Greifswald, Beschl. v. 21. April 1999 - 1 M 12/99, LKV 2000, 161 ff.11 OVG Bautzen, Beschl. v. 24. Oktober 1996 - 2 S 175/96, LKV 1997, 219 ff.12 OVG Weimar, Beschl. v. 12. Juli 2002 - 4 MO 243/00, ThürVBl. 2003, 83.13 OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 12. April 2001 - 2 D 73/00.NE.14 OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00.


inzwischen definitiv an die Spitze der Banken gehievt hatten, bezüglich steigenderRentabilität der Kundenbeziehung z.B. im Private Banking, konnten aber über kurzoder lang nicht aufgehen. In einem Umfeld mit weiter sinkenden Zinsen aufNeuanlagen und lethargisch werdenden Aktiennotierungen schlagen steigendeMargen (teurer werdende Anlageprodukte, intransparente Strukturen) unweigerlichauf die Performance der Kundenportfolios durch. Zum einen waren die früherenTreuhänder der Kundeninteressen zu einem <strong>Teil</strong> einer gigantischenVertriebmaschinerie geworden und zum anderen liessen die makroökonomischenKonstellationen ganz einfach auch die Renditemöglichkeiten, die man noch aus den90er Jahren gewohnt war, nicht mehr zu.Immerhin waren inzwischen auch Regulierer und Konsumentenschützer auf dieentsprechende Problemstellung aufmerksam geworden. Plötzlich entstanden allemöglichen Auflagen und Regulierungen um die „Konsumenten“ der entsprechendenProdukte zumindest vor Fehlempfehlungen und eigenen Fehlgriffen zu bewahren.Stichworte sind Anlagefondsgesetze, Vertriebsrestriktionen, MiFid 3 , etc.Konsequenz: Es entstanden zum einen Produktbeschreibungen undBeratungsverträge, die an Komplexität nicht mehr zu übertreffen sind und (wennüberhaupt) nur noch von Leuten verstanden werden, die selber einige Jahre anjuristischer und finanztechnischer Ausbildung hinter sich haben. Und zum anderenentstand auf Kundenseite eine Grundskepsis darüber, ob denn in derAnlageberatung die Problemstellung der ratsuchenden Anleger überhaupt noch vonInteresse oder relevant war. Der frühere Banquier und Vertrauenstreuhänder warzum Banker und Broker verkommen.Des Weiteren entstand plötzlich ein Image, das insinuiert, die früheren Erfolge desAnlage- und Privatkundengeschäftes seien wohl ausschliesslich daraufzurückzuführen, dass mit irgendwelchen (im Zweifelsfall illegalen) Tricksausländische Gelder jedmöglicher Couleur in die Schweiz gelockt worden seien, dieallein schon aufgrund der Herkunft beliebig hohe Margen eingespielt hätten. Es gehthier nicht darum, von Fehltritten abzulenken, die ohne Zweifel vorhanden waren. Wer3 MiFiD ist eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) zur Harmonisierung der Finanzmärkte imeuropäischen Binnenmarkt. Die bestehenden nationalen Regelungen zur Abwicklung vonFinanzdienstleistungen sollen mit Bestimmungen zum Anlegerschutz, verbesserter Transparenz derFinanzmärkte und Integrität der Finanzdienstleister erweitert werden.8


7b) VerjährungAuslöser für die aktuelle Diskussion ist aber nicht der Aspekt der Beitragspflichtigkeitder Eigentümer altangeschlossener Grundstücke an sich, sondern der Umstand, dassder Gesetzgeber mit dem zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflich- •tigen Aufgaben <strong>vom</strong> 17. Dezember 2003 19 das Kommunalabgabengesetz des LandesBrandenburg geändert hat. Gegenstand der Änderung war unter anderem §, 8 Abs. 7Satz 2 KAG, nach dem es nunmehr für die Entstehung der sachlichen Beitragspflichtausdrücklich auf die Rechtswirksamkeit der ersten Beitragssatzung ankam.Der Gesetzgeber sah sich zu diesem Schritt veranlasst, weil das OberverwaltungsgerichtFrankfurt (Oder) 20, im Anschluss an die Rechtsprechung des OberverwaltungsgerichtsMünster21, für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht auf dieRechtswirksamkeit der Beitragssatzung abstellte, sondern auf den Zeitpunkt, zu demdie Gemeinde oder der Zweckverband die Beitragssatzung in Kraft setzen wollte.AOffenbar unberücksichtigt blieb bei der Gesetzesänderung, dass nahezu alle Aufgabenträgerin Brandenburg wegen der hohen formellen und materiellen Anforderungender verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu diesem Zeitpunkt noch nichtüber eine rechtswirksame Beitragssatzung verfügten.A Erst ab dem Jahre 2004 dürfte es erste öffentliche Aufgabenträger in Brandenburggegeben haben, die sich neue Beitragssatzungen gegeben haben, die – wie im Fall desZweckverbandes in den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg <strong>vom</strong> 12. Dezember 2007 – nicht der Rechtsunwirksamkeit anheim fielen'.Für diese Konstellation hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 23 konse-2 quenterweise entschieden, dass eine tatbestandliche Rückanknüpfung vorliege, dieverfassungsrechtlich zulässig sei. Soweit Steiner 24 darauf verweist, dass mit Blick auf19 GVB1. I, S. 294, 298.°20 OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE.21 OVG Münster, Urt. v. 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96.22 Soweit S teiner in seinem <strong>Gutachten</strong> für den BBU darauf verweist, dass die erste Beitragssatzung überhaupt ausreiche,steht dies nicht im Einklang mit § 8 Abs. 7 KAG, der ausdrücklich die Rechtswirksamkeit der Satzung verlangt.23 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12. Dezember 2007 - 9 B 44.06/9 B 45.06.24 Im <strong>Gutachten</strong> für den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU).


9sog. prospective overruling, der „Von-Nun-An-Klausel" oder der „Änderungswarnung"nicht.Die Möglichkeit, Rechtsprechungsentscheidungen am Rückwirkungsverbot messenzu lassen, bestünde nur dann, wenn sich das Verständnis des Rechtsstaatsprinzips indieser Richtung gewandelt hätte. Die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen stillschweigendenVerfassungswandels wird zwar nicht bestritten'', weil zahlreiche Verfassungsbestimmungender Auslegung zugänglich sind. Denkbar ist aber ein Verfassungswandelnur dann, wenn die nachträgliche Aufdeckung eines Irrtums oder einGegensatz zwischen Verfassungszustand und Verfassungsgesetz vorliege'. Von einemsolchen Verfassungswandel ist nicht auszugehen, denn seine Folge wäre eineKompetenzverschiebung <strong>vom</strong> Gesetzgeber hin zur Rechtsprechung. Das Rechtsstaatsprinzipgibt nämlich nicht nur die inhaltlichen Anforderungen an die Bestimmtheitder Gesetze vor, sondern ist darüber hinaus als Ausdruck des Demokratieprinzipsund des Gewaltenteilungsprinzips zu verstehen. Mit der Gewaltenteilung ist dieKompetenzverteilung zwischen Gesetzgeber und Richter angesprochen. für die Regelungendes Grundgesetzes über die Kompetenzverteilung gilt jedoch, dass sie zwareiner interpretatorischen Präzisierung, nicht dagegen einer Änderung durch Berücksichtigungeines. Wandels zugänglich sind32. Eine Wandlungsfähigkeit des Rechtsstaatsprinzipswäre somit lediglich dann anzunehmen, wenn dadurch ein weitergehenderSchutz des Bürgers durch Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunktenbei Rechtsprechungsakten einhergehen würde. Sicherlich ließe sich dieRechtssicherheit als ein Aspekt anführen, der für die Anerkennung von Rechtsprechungsentscheidungenals verfassungsrechtliche Vertrauensgrundlage spricht.Die Verbürgung der Rechtssicherheit ist aber eine Funktion des Gesetzlichkeitsprinzips.Somit müsste letzteres an die Rechtsprechung auch folgerichtig dieselben Anforderungenwie an den Gesetzgeber stellen. Eine Vergleichbarkeit des Richterrechtsmit dem Gesetzesrecht ist aber abzulehnen. Der Richter entscheidet immer über einenin der Vergangenheit liegenden Sachverhalt und erkennt, was zum Zeitpunkt derEntscheidung aufgrund der gesetzlichen Norm rechtens ist. Kommt es bei der Ent-3° Bryde, Verfassungsentwicklung. Stabilität und Dynamik im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1.Auflage, Baden-Baden 1982, S. 254.31 Vgl. Laband, Wandlung der Deutschen Reichsverfassung. Vortrag gehalten in der GEHE-Stiftung zu Dresden am16. März 1895, Dresden 1895, S. 3.32 Bryde, Verfassungsentwicklung. Stabilität und Dynamik im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1.Auflage, Baden-Baden 1982, S. 279 ff.


1 13. Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern zu altangeschlossenen GrundstückenBei der Frage, wie eine etwaige Privilegierung altangeschlossener Grundstücke ausge-•staltet werden könnte, kann sich der Gesetzgeber aber nicht an der Rechtslage inMecklenburg-Vorpommern orientieren. Schließlich wird dort nach wie vor eine Privilegierungaltangeschlossener Grundstücke abgelehnt.a) § 9 KAG M-V§ 9 Abs. 1 KAG M-V bestimmt, dass zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffungund Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen, zur leitungsgebundenenVersorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen AbwasserentsorgungAnschlussbeiträge erhoben werden sollen.Zwar sah noch der Regierungsentwurf37 zur Novellierung des KAG M-V vor, dassdiese Regelung als „Kann"-Vorschrift ausgestaltet werden sollte. Jedoch haben dieKoalitionsfraktionen im Innenausschuss beantragt, die Kann-Regelung aus dem Gesetzentwurfin eine Soll-Regelung umzuwandeln. Dieser Vorschlag wurde dann beider Novellierung des KAG M-V im Jahre 2005 umgesetzt. Maßgeblich war, dass dieEinrichtungsträger in Mecldenburg-Vorpommern in bereits nicht unerheblichem Umfangihrer Beitragserhebungspflicht nachgekommen seien. Deshalb könnten sie in derRegel nicht mehr ohne weiteres auf ein rein gebührenfinanziertes System umstellen.Die ersatzlose Abschaffung der gesetzlichen Beitragserhebungspflicht hätte zur Folgegehabt, dass die grundsätzliche Diskussion, ob überhaupt Beiträge erhoben werdenmüssen, wieder auflebe, obwohl die wirtschaftliche Situation des Aufgabenträgers einenVerzicht auf Beiträge nicht zulasse.Nach allgemeinem und auch <strong>vom</strong> Gesetzgeber zugrunde gelegtem Verständnis führteine „Soll"-Vorschrift dazu, dass grundsätzlich nach ihr zu verfahren ist. Nur besondere,atypische Umstände könnten es rechtfertigen, dass ausnahmsweise von dem Erlasseiner Beitragssatzung abgesehen und die Refinanzierung allein durch Gebührenrealisiert wird. Die Formulierung „Soll" in § 9 Abs. 1 KAG M-V stelle nicht lediglichklar, dass auch ein reines Gebührenmodell oder die Erhebung privater Entgelte von37 LT-Drs. 4/1307, S. 46 f.


12Rechts wegen zul ä ssig sei38. Der Gesetzgeber habe vielmehr eine Nachrangigkeit derGebührenerhebung angeordnet. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers" bestehe eineatypische Situation in städtischen Ballungsregionen wegen ihrer verdichteten Bebauungund den damit verbundenen geringeren Versorgungskosten bezogen auf denjeweiligen Nutzer. Die Vorstellungen des Gesetzgebers gingen dahin – in Grenzen –die Möglichkeit einzuräumen, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auchüber das „Ob" einer Anschlussbeitragssatzung selbst entscheiden zu können.In dieser Richtung dürfte für Brandenburg kein Regelungsbedarf bestehen, da denAufgabenträgern ein darüber hinausgehender Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Esbesteht ein Wahlrecht zwischen Gebühren- und Mischfinanzierung und daher keinezwingende Pflicht zum Erlass einer Beitragssatzune.Durch die Beitragserhebungspflicht infolge des Erlasses von Beitragssatzungen stelltesich auch in Mecklenburg-Vorpommern die Frage, wie mit Eigentümern altangeschlossenerGrundstücke umgegangen werden soll. Obwohl die politische Diskussionhierzu offenbar nach wie vor im Gange ist, hat der Gesetzgeber bei der letzten Novellierungdes Kommunalabgabengesetzes in Mecklenburg-Vorpommern bewusst aufeine Sonderregelung zugunsten altangeschlossener Grundstücke verzichtet. Dies ergibtsich aus den Stellungnahmen der Abgeordneten Müller (<strong>SPD</strong>) 41 und Schulz(PDS) 42 in der maßgeblichen Lesung des Gesetzes. Vor diesem Hintergrund hat derGesetzgeber auch aus den Diskussionen in den Jahren 2006 und 2007 keine gesetzgeberischenHandlungserfordernisse hergeleitet. Mit der Anschlussbeitrags erhebung befasstesich die kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter der Linkspartei, die <strong>vom</strong>Innenministerium43 beantwortet wurde. Am 5. Juli 2007 ist auf der 15. Sitzung desInnenausschusses die Altanschließerproblematik erneut angesprochen worden.Da aber keine Sonderregelung zugunsten der Altanschließer getroffen wurde, ist nachwie vor die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des OberverwaltungsgerichtGreifswald maßgeblich.38 Auserung, NordÖR 2005, 240, 245.39 LT-Drs. 4/1576, S. 75.4° OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 3.12.2003-2 A 417/01.41 Landtagsprotokoll 4/53 v. 9. März 2005, S. 2984.42 Landtagsprotokoll 4/53 v. 9. März 2005, S. 2987.43 LT-Drs. 5/342.


15Heranziehung zu bereits früher entstandenen Beiträgen als unbillig im Sinne des 5 222AO angesehen werden kann, soweit der früher entstandene Beitrag höher ist als dernach den genannten Absätzen ermittelte Beitrag. In diesen Fällen kann der Differenzbeitragzinslos gestundet werden. Nach 5 9 Abs. 4 KAG M-V kann die Beitragssatzungbestimmen, dass Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die nach der Artihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Einrichtung haben oder nicht angeschlossenwerden dürfen, bei der Ermittlung der Beitragshöhe für die betreffendenGrundstücke unberücksichtigt bleiben. § 9 Abs. 5 KAG M-V bestimmt, dass beiGrundstücken, die nicht oder nicht vollständig im Geltungsbereich eines Bebauungsplanesliegen, und bei denen der nicht bebaute <strong>Teil</strong> größer ist als bei dem Durchschnittder Grundstücke im Geltungsbereich der Beitragssatzung, eine Begrenzungder beitragspflichtigen Grundstücksgröße vorgenommen werden kann. Bei Innenbe-reichsgrundstücken und Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplaneskann gemäß § 9 Abs. 6 KAG M-V durch Beitragssatzung bestimmt werden, dass dieBeitragspflicht erst als entstanden gilt, wenn das Grundstück mit anzuschließendenGebäuden bebaut oder tatsächlich angeschlossen wird.§ 9 Abs. 10 KAG M-V betrifft eine Stundungsregelung für landwirtschaftlich genutzteGrundstücke, soweit diese zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes landwirtschaftlichgenutzt werden.aA-Ad) ZwischenergebnisNach allem ist zu konstatieren, dass sich im Falle des Vorliegens einer ersten rechtswirksamenBeitragssatzung eines Aufgabenträgers in Brandenburg die Rechtslage zuder in Mecklenburg-Vorpommetn nicht unterscheidet. Auch dort werden die Eigentümeraltangeschlossener Grundstücke als beitragspflichtig angesehen und die Beitragspflichtentsteht mit dem In-Kraft-Treten der ersten rechtswirksamen Beitragssatzung.


164. Rechtslage in Sachsen-Anhalt zu altangeschlossenen GrundstückenAnders stellt sich die Situation in Sachsen-Anhalt dar. Zwar ist in § 6 Abs. 1 S. 1KAG LSA vorgesehen, dass die Landkreise und Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandesfür die erforderliche Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserungund Erneuerung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen und die Gemeindenfür Verkehrsanlagen (Straßen, Wege, Plätze sowie selbstständige Wohnanlagenund Parkeinrichtungen) von den Beitragspflichtigen Beiträge erheben, denendurch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungenein Vorteil entsteht.a) § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSAJedoch enthält § 6 Abs. 6 S. 3 KAG LSA eine Sonderregelung. Danach ist § 6 Abs. 6S. 2 KAG LSA nicht für Investitionen anwendbar, die vor In-Kraft-Treten desKommunalabgabengesetzes abgeschlossen wurden. Dementsprechend soll für dieseInvestitionen keine Beitragspflicht entstehen. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA bestimmt,dass im Falle der Beitragserhebung für leitungsgebundene Einrichtungen die Beitragspflichtentsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werdenkann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der Satzung.Die Auslegung der Vorschrift gestaltet sich als schwierig. Sie soll altangeschlosseneGrundstücke privilegieren, obwohl sich dem Wortlaut der Anwendungsbereich derNorm nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt'''. So lässt sich etwa vermuten,dass wegen des systematischen Zusammenhangs mit den Regelungen zursachlichen Beitragspflicht für diese Grundstücke überhaupt keine Beitragspflicht entstehensolle.Die Gesetzesmaterialien geben keinen weiteren Aufschluss. Ausgangspunkt der Regelungin § 6 Abs. 6 KAG LSA war der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU <strong>vom</strong> 26.August 1997 51, der Satz 3 in der heute geltenden Fassung nicht enthielt. Dieser Entwurfist in erster Lesung in der Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt am 4. Sep-5° VG Magdeburg, Beschl. v. 18. Dezember 2000 - 9 B 456/00MD, S. 9 EA.51 LT-Dxs. 2/3895


19Ansonsten gelte aber auch für den besonderen Herstellungsbeitrag, dass die sachlicheBeitragspflicht gern. § 6 Abs. 6 S. 2 KAG LSA dann entstehe, soweit das Grundstückan die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit In-Kraft-Treten der Beitragssatzung. Eine spezielle Maßnahme, wie etwa die Erneuerung sämtlicher<strong>Teil</strong>e der übernommenen Anlage, insbesondere vor den altangeschlossenenGrundstücken sei nicht notwendig.Die Regelung in § 6 Abs. 6 S. 3 KAG LSA sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden62.Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GGliege nicht vor. Der sachliche Grund für die vorn Gesetzgeber in § 6 Abs. 6 S. 3 KAGLSA vorgesehene Differenzierung liege darin, dass sich der Gesetzgeber von der Annahmehat leiten lassen dürfen, dass die Anschlussmöglichkeit, die für Grundstückseigentümer,die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes an eine leitungsgebundeneEinrichtung angeschlossen waren, jedenfalls faktisch dauerhaft gesichert gewesensei. Diesen Grundstückseigentümern sei eine dem § 6 Abs. 1 S. 1 KAG LSAder Sache nach gleichkommende Vorteilslage bereits vor dem Ih-Kraft-Treten desKommunalabgabengesetzes geboten worden. Damit habe der Gesetzgeber den faktischenVerhältnissen Rechnung getragen, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzesund der Kommunalverfassung in der ehemaligen DDR geherrscht hätten.Eine ausschließlich rechtliche Betrachtungsweise, ob die einem Grundstück geboteneAnschlussmöglichkeit nach Maßgabe des Satzungsrechts einer Gemeinde öffentlich-rechtlichdauerhaft gesichert gewesen sei, würde demgegenüber die tatsächlichenVerhältnisse in der ehemaligen DDR ausblenden. Denn es gab in der ehemaligenDDR bis zum Inkrafttreten der Kommunalverfassung im Jahre 1990 keine Gemeindenals juristische Person öffentlichen Rechts, so dass eine öffentlich-rechtliche,satzungsmäßig dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit schon aus diesem Grundekeinem Grundstückseigentümer geboten wurde.Inkonsequent erscheint, dass das Oberverwaltungsgericht Magdeburg 63 zwar die faktischeVorteilslage für die Rechtfertigung der Privilegierung der altangeschlossenenGrundstücke ausreichen lässt, dann aber für die Erhebung des besonderen Herstellungsbeitragesdie rechtlichen Sicherung des Vorteils verlangt. Bei den altangeschlossenenGrundstücken werde eine dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit ebenfalls62 OVG Magdeburg, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03; OVG Magdeburg, Beschl. v. 18. November 2004 -1 M62/04.63 OVG Magdeburg, Beschl. v. 13. Juli 2006 - 4 L 127/06.


20erst mit der Widmung der Anlage geboten, die nach § 8 S. 1 Nr. 1 GO LSA grundsätzlichdurch den Erlass einer Satzung erfolge, mit der die Benutzung der öffentlich.en.Einrichtung geregelt und der Zugang zu ihr eröffnet werde.c) BilligkeitsregelungNeben der Privilegierung der altangeschlossenen Grundstücke sieht das Kommunalabgabengesetzin Sachsen-Anhalt überdies spezielle Billigkeitsregelungen vor, die überdie der Abgabenordnung hinausgehen.§ 6 c Abs. 2 KAG LSA" gibt den Gemeinden und Zweckverbänden in Sachsen-Anhalt die Möglichkeit, übergroße Grundstücke nur begrenzt heranzuziehen. Als ü-bergroß gelten nur solche Grundstücke, die 30 v.H. oder mehr über der Durchschnittsgrößeliegen. Erforderlich für die Möglichkeit ist aber immer eine Festlegungder Durchschnittsgröße in der Beitragssatzung des jeweiligen AufgabenträgersGSZudem müssen die Abgabensatzungen in Sachsen-Anhalt gemäß § 6 c Abs. 3 KAGLSA eine Regelung enthalten, nach der Gebäude und selbständige Gebäudeteile, dienach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach einem Anschluss an die öffentlicheEinrichtung auslösen oder nicht angeschlossen werden dürfen, beitragsfrei bleiben.Da aber bei der Beitragsbemessung flächenbezogen vorzugehen ist, liegt es nahe, derAnordnung der Beitragsfreiheit dadurch zu entsprechen, die nach dem Beitragsmaßstabermittelte Beitragsfläche, die ggf. nach § 6 c Abs. 2 KAG LSA noch verringertwird, in dem Verhältnis zu verringern, in dem die Grundfläche der beitragsfreien Gebäudeoder Gebäudeteile zur bevorteilten Grundstücksfläche steht.d) ZwischenergebnisIn Sachsen-Anhalt werden Eigentümer altangeschlossener Grundstücke privilegiert.Letzteres besteht aber nicht in der Beitragsfreiheit. Vielmehr wird diese Gruppe von64 Auf die Darstellung von 5 6 c Abs. 2 Satz 1 und 3 KAG a.F. wird verzichtet, da für diese Regelungen die Rechtswirksamkeitder Beitragssatzung erforderlich war. Dies stellt nicht den Regelfall in Brandenburg dar.u Kiausing, in Driehaus,. § 8 KAG Rn. 1068 h.


21Grundstückseigentümern nicht mit dem Aufwand belastet, der auf die Neuerschließungvon Gebieten nach dem 15. Juni 1991 entfällt. Verfassungsrechtlich wird dies3von der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in Sachsen-Anhalt nicht bean-3standet.335. Vor- und Nachteile bei Übernahme der Rechtslage von Sachsen-Anhalt oderMecklenburg-VorpommernFür die Beantwortung der Frage, ob eine Orientierung des Kommunalabgabengeset-Z zes an der Rechtslage in Sachsen-Anhalt angezeigt ist, erscheint es unumgänglich, dieVor- und Nachteile eines solchen Schrittes zu beleuchten (nachfolgend unter 5. a). InBezug auf die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich kein Anderungsbedarf,so dass die Betrachtung auf die Darstellung der Vor- und Nachteile der Bei-2behaltung der gegenwärtigen Rechtslage in Brandenburg hinausläuft.a) Bewertung der Rechtslage von Sachsen-AnhaltMit einer Orientierung an der Rechtslage in Sachsen-Anhalt wäre zumindest die gewollteEntlastung der Altanschließer erreicht. Jedoch müssen – neben den verfassungsrechtlichenBedenken. – auch die Abgrenzungs- und Voll7ugsprobleme einge-» • stellt werden (nachfolgend unter 5. a) bb).aa) VorteileObwohl ohne Zweifel eine Entlastung der Altanschließer bei der Übernahme der3durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtslage in Sachsen-Anhalt gegeben wäre,sei an dieser Stelle noch einmal betont, dass die Privilegierung nicht in der Beitrags-freiheit besteht. Ergebnis der Privilegierung der altangeschlossenen Grundstücke wäre,dass für sie ein geringerer Beitragssatz als für die sonstigen Grundstückseigentümeranfiele, da sie nicht mit dem Aufwand der neuerschlossenen Gebiete belastet


22würden'. Insoweit ließe sich die Privilegierung auch in den jeweiligen Beitragssatzungennach außen dokumentieren.bb) NachteileNicht übersehen werden darf aber, dass mit der Übernahme des § 6 Abs. 6 Satz 3KAG LSA in einem Verhältnis 1:1 zum einen Rechtsanwendungsprobleme verbundenwären (nachfolgend unter (1) – (3). Zum anderen würden sich auch umfangreicheProbleme beim Vollzug der Regelung ergeben (nachfolgend unter (4) – (9).(1) StichtagsregelungDie Darstellung des Wortlauts und der Systematik des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSAhat bereits gezeigt (unter 4. a) und b), dass die Vorschrift mit dem ihr zugewiesenenAnwendungsbereich wenig gemein hat. Die Regelung im Gesetz ist misslungen, dader konkrete Anwendungsbereich, den die Rechtsprechung entwickelt hat, sich nurerahnen lässt.Wortlaut und Systematik suggerieren, dass eine Beitragspflicht für Altanschließernicht mit dem In-Kraft-Treten der ersten rechtswirksamen Beitragssatzung entsteht.Jedoch hat die Rechtsprechung klargestellt, dass die Beitragspflicht mit dem Vorliegendes rechtlich gesicherten Vorteils, der ersten rechtswirksamen Beitragssatzung, entsteht.Nur ist dies wenig nachvollziehbar. Die Rechtsprechung betont auf der einenSeite den rechtlich gesicherten Vorteil, stellt aber systematisch klar, dass auf der anderenSeite für die faktisch gesicherte Vorteilslage die sachliche Beitragspflicht insoweitnicht entsteht. Dies widerspricht sich.(2) Entstehung der sachlichen Beitragspflicht66 Ausführlich dazu VG Magdeburg, Urt. v. 22. November 200 - 9 A 118/04 MD.


23Dies belegt aber eindrucksvoll, dass die Vorschrift völlig unzutreffend bei den Regelungenüber die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht „verortet" wurde. Nachdem Bedeutungsgehalt, den ihr die Rechtsprechung zubilligt, muss eine solche Regelungsystematisch bei den Regelungen über den in die Kalkulation einzustellendenAufwand vorgesehen werden.Hierzu hat erst die Rechtsprechune klargestellt, dass die Erneuerung von Anlagenteilenvor dem Grundstück und eine dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeitin technischer Hinsicht für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht notwendigseien. Mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht hat die Privilegierungder altangeschlossenen Grundstücke in Sachsen-Anhalt wenig zu tun''.Insoweit kann dem brandenburgischen Gesetzgeber schon deshalb nicht angeratenwerden, die Regelung aus Sachsen-Anhalt in einem Verhältnis 1:1 zu übernehmen.Der Anwendungsbereich ist durch die Rechtsprechung entwickelt worden, auch wenndies der Senat des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg immer wieder bestreitet.Es wäre auch keine Gewähr für den Gesetzgeber gegeben, dass das OberverwaltungsgerichtBerlin-Brandenburg einer solchen Regelung denselben Bedeutungsgehalt beimisstwie das Oberverwaltungsgerichts Magdeburg. Diesem Umstand müsste der Gesetzgeberdurch klarere Vorgaben gerecht werden.(3) Unterschiedliche BeitragssätzeObwohl die Privilegierung der -altangeschlossenen Grundstücke durch Ausweisungunterschiedlicher Beitragssätze nach außen vorteilhaft dokumentiert werden könnte,ergeben sich dennoch Probleme, die bei der Bewertung der Bevorteilung nach demGrundsatz der Abgabengerechtigkeit eine Rolle spielen. An dieser Stelle sei nur aufeine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg" hingewiesen, in der es unteranderem heißt:67 OVG Magdeburg, Beschl. v. 13. Juli 2006 - 6 L 127/06.68 So wohl auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 13. Juli 2006 - 4 L 127/06.69 VG Magdeburg, Urt. v. 22. November 2005 - 9 A 118/04 MD.


24„Sofern bei der Ermittlung des Aufwandes auch solcher für die „Erneuerung" vonAltkanälen berücksichtigt werden soll, muss es sich dabei jedoch um solche Maßnahmenhandeln, die noch in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mitder beabsichtigten endgültigen Herstellung der entliehen Einrichtungen im übrigenstehen. Dem Umstand, dass der besondere Herstellungsbeitrag lediglich ein verminderterHerstellungsbeitrag sein soll, ist zudem dadurch Rechnung zu tragen, dass diegewährten Zuwendungen Dritter allen Beitragspflichtigen zugute kommen und zwarunabhängig davon, aus Anlass welcher konkreten Maßnahme seinerzeit die Zuwendungerfolgt ist. Der sich so ergebende Aufwand ist entsprechend aufzuteilen.Dienen Anlagenteile sowohl Alt- als auch Neuanschließern, bestehen keine durchgreifendenBedenken, wenn der Aufwand der jeweiligen Gruppe in dem Verhältniszugeordnet wird, wie es der Anzahl der Gruppenmitglieder (Einwohner bzw. Einwohnerwerte)entspricht. Vor dem Hintergrund des beitragsrechtlichen Gesamtanlagenprinzipsist eine andere Art der Kostenermittlung als die, dass der Aufwand demVerhältnis der beiden Gruppen zueinander entspricht, nicht zwingend angezeigt.Weil der so ermittelte Aufwand für die Bestimmung des besonderen Herstellungsbeitragesimmer einrichtungsbezogen ist, da er sich regelmäßig auf die gesamte entlieheEinrichtung bezieht, ist auch der „besondere Herstellungsaufwand" zur Ermittlungdes Beitragssatzes in das Verhältnis zur gesamten Beitragfläche des Einrichtungsgebieteszu setzen."Ob dies mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vereinbar ist, unterliegt erheblichenBedenken und wird zu klären sein (vgl. Ausführungen unter 6. b, bb). Insoweitkönnte es nämlich zu einer nicht gewollten Benachteiligung der Neuanschließerkommen.(4) Abgrenzung zum VerbesserungsbeitragMit der Betonung des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs bei der Frage, obein etwaiger Sanierungsaufwand noch zur Herstellung zählt, trifft das Verwaltungsge-


25richt Magdebure eine etwas andere Bewertung als das OberverwaltungsgerichtFrankfurt (Oder). Insoweit kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen demHerstellungs- und dem Verbesserungsbeitrag kommen.Das frühere Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) 71 hat unter anderem festgehalten:„Umfasste das betreffende Konzept schon die Errichtung einer entsprechenden Kläranlage,AAhandelte es sich bei der Errichtung nicht um eine Verbesserung der bisherigen beitragjä higenöffentlichen Einrichtung oder Anlage im Rechtssinne, sondern nur um die Verwirklichungder technischen Planung, deren Vorteile abgegolten werden, oder falls von der Erhebungeines solchen Beitrags abgesehen wird, abgegolten werden könnten. Für diese Betrachtungist auf den Zeitpunkt zurückzugehen, in dem der Plan, eine solche Kläranlage zu errichten,in das zu realisierende Abwasserbeseitigungskonzept aufgenommen wird. Denn mitAdieser Entscheidung gehört die Anlage im Sinne der vorstehenden Ausführungen zum - Erscheinungsbildder Gesamteinrichtung in ihrem konzeptionsgemäßen Ausbauzustand.Bestand die herstellungsbeitragspflichtige Abwasserentsorgungseinrichtung schon vor diesemZeitpunkt, kommt für diejenigen Grundstücke, für die aufgrund entsprechenden S atzungsrechtsdie Herstellungsbeitrageflicht schon entstanden war, die Erhebung eines Verbesserungsbeitragsfür die neue Kläranlage in Betracht. Bei einer solchen Sachlage wird der durchdie Errichtung der Kläranlage vermittelte Vorteil beitragsrechtlich folglich auf zwei verschiedenenWegen erfasst und abgegolten. Für die Grundstücke, für die die sachliche Herstellungsbeitrageflichtschon vor der Änderung des Abwasserbeseitigungskonrepts entstandenwar, kann ein weiterer Beitrag als Verbesserungsbeitrag erhoben werden, weil sich fürdiese Grundstücke die Errichtung der Kläranlage als neue (weitere) beitrageflichtige Maßnahmeneben der Errichtung bzw. Herstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung,für die schon ein Herstellungsbeitrag angefallen war, darstellt. Für die Grundstücke,für die die Herstellungsbeitrageflicht erst nach dem Zeitpunkt der Planungsänderung entsteht,umfasst das Konzept zur Errichtung der entliehen Einrichtung schon den Bau derKläranlage und dementsprechend der dadurch vermittelte Vorteil die Vorteilslage, die mit7° VG Magdeburg, Urt. v. 22. November 2005 - 2 A 118/04 MD.71 Vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil <strong>vom</strong> 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03, LKV 2004, 555, 556.


27wird demgegenüber in Anlehnung an das Straßenbaubeitragsrecht nur angenommen,wenn eine infolge bestimmungsgemäßer Benutzung abgenutzte Anlage durch eineneue Anlage gleicher Ausdehnung und Ausbauqualität (unter Berücksichtigung destechnischen Fortschritts) ersetzt wird. Der wirtschaftliche Vorteil besteht dabei darin,dass an die Stelle einer abgenutzten, reparaturanfälligen Anlage eine neue, auf Jahreintakte und sicher funktionierende Anlage die Erschließung der Grundstücke gewährleistet'''.Demgegenüber setzt die Verbesserung voraus, dass die Anlage in Bezug aufihre Funktion unter technischen Gesichtspunkten besser wird; dazu ist ein Vergleichdes Bauzustandes der Anlage nach der Ausbaumaßnahme gegenüber dem ursprünglichenZustand im Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung erforderlich 7 .Wenn nur unselbständige <strong>Teil</strong>e einer Anlage ausgewechselt und durch neue ersetztwürden, z.B. Kanalrohre in einzelnen Straßen, handelt es sich um Unterhaltungsmaßnahmen,deren Aufwand keine Investitionskosten darstelle und nicht über Beiträge,sondern nur über Benutzungsgebühren finanziert werden dürfen76.Fest steht aber auch, dass bei der Kalkulation des Beitrages für die Altanschließernicht nur der Herstellungsaufwand für neuerschlossene Gebiete heraus gerechnetwird, sondern der Sanierungsaufwand, weil zum Herstellungsaufwand zählend, einbezogenwerden müsste. Unter Beachtung des Gesamtanlagenprinzips stellt sich dieFrage, ob die Belastung der Neuanschließer mit dem Sanierungsaufwand auf der einenSeite und die Entlastung der Altanschließer <strong>vom</strong> Neuerschließungsaufwand aufder anderen Seite zu einer nicht gewollten Benachteiligung der erstgenannten Gruppevon Grundstückseigentümern führt. Dies muss am Grundsatz der Abgabengerechtigkeitgemessen werden (vgl. unter 6 c).lediglich einen unselbständigen Kostenfaktor dar, der in die Beitragskalkulation einfließt und über den Herstellungsbeitragbzw. über Kanalbenutzungsgebühren abgegolten werden könne.74 Dietzel, in Driehaus, Stand März 1997, § 8 KAG Rn. 529 m.w.N. Siehe auch Nr. 7.8 VV-KAG für die Erneuerungvon „Anlagenteilen".75 Dietzel, in: ehaus, Stand März 1997, § 8 KAG Rn. 531 m.w.N.76 Dietzel, in: Driehaus, Stand März 1997, § 8 KAG Rn. 529 m.w.N. Siehe auch Becker, in Kommunalabgabengesetz fürdas Land Brandenburg, § 8 Rn. 198 m.w.N.


28(6) ProvisoriumDa die Rechtsprechung' betont, dass eine Privilegierung der altangeschlossenenGrundstücke nur dann erfolgt, wenn es sich bei der Abwasserentsorgungseinrichtungum. kein Provisorium handelt, stellt sich ein weiteres rechtliches Abgrenzungsproblem.Hinzu kommt die tatsächliche Problematik, dass sich nach nunmehr 17 Jahrenhäufig schwer nachvollziehen lässt, ob zum damaligen Zeitpunkt ein Provisoriumvorlag.Ein solches hegt nämlich dann vor, wenn die Gemeinde oder der Zweckverband beider Übernahme der öffentlichen Einrichtungen zur Trinkwasserver- und Abwasserentsorgungbereits deutlich gemacht hat, dass die vorhandenen Anlagen keine endgültigeLösungen sind, sondern lediglich provisorischen Charakter haben. Diese Bewertungliegt auch ohne entsprechende ausdrückliche Planungsentscheidung der Gemeindeoder des Zweckverbandes nahe, wenn die Abwasserbeseitigung bei Übernahmedurch sog. Bürgermeisterkanäle und Anlagen erfolgte, die zu keinem Zeitpunktden allgemeinen anerkannten Regeln der Technik entsprochen haben. Diesdürfte auf viele damalig übernommene Anlagen zugetroffen haben, so dass die Privilegierungder altangeschlossenen Grundstücke vor diesem Hintergrund wieder „aufgeweicht"würde.(7) BetriebskläranlagenFerner muss klargestellt werden, dass Unternehmen, die zu Zeiten der DDR über sogenannte Betriebskläranlagen verfügten, in Sachsen-Anhalt nicht von § 6 Abs. 6 Satz3 KAG LSA profitieren. Sollte dies <strong>vom</strong> politischen Willen umfasst sein, müsste eineüber die Rechtslage in Sachsen-Anhalt hinausgehende Regelung getroffen werden.Das Verwaltungsgericht Dessati m hat nämlich klargestellt, dass die Privilegierungsvorschriftnur für Anschlussnehmer gilt, die vor In-Kraft-Treten des KommunaIabgabengesetzesan eine öffentliche zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossenwaren. Dies setzt voraus, dass eine Einrichtung existierte, die der Allgemeinheit zurBenutzung offen stand und dazu diente, das im Gemeindegebiet anfallende Abwasser77 OVG Magdeburg, Urteil v. 5. Juli 2007-4 L 229/06.78 VG Dessau, Bescbl. v. 13. Mai 2005 - 1 B 356/04 DE.


A29AAA121zentral zu sammeln, abzuleiten und gegebenenfalls einer Behandlung in einer Kläranlagezu zuführen. Dies könne nicht für Betriebskläranlagen gelten. In diesen sei Abwasser,das im übrigen Gemeindegebiet angefallen sei, nicht entsorgt worden. Deshalbsei eine Betriebskläranlage keine Einrichtung, an die das Grundstück der Unternehmenvor dem Jahre 1991 angeschlossen war, da insoweit eine Nutzung der Allgemeinheitfehlte und eine zentrale öffentliche Abwasseranlage nicht vorhanden war.Für diese Konstellation entstehe der Herstellungsbeitrag in vollem Umfang.(8) GrundstücksänderungenZudem liegt die Schwäche der sachsen-anhaltinischen Regelung darin, dass Vollzugsproblemein den Fällen entstehen, in denen Grundstücke nach dem 15. Juni 1991 neu2gebildet wurden. Hierzu verhält sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg<strong>vom</strong> 18. Dezember 200079, in dem u. a. folgendes ausgeführt wird„Das Grundstück ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin von dem Antragsgegnerzu Recht auch als herstellungsbeitragspflichtig behandelt worden. Dieses waram 15.06.1991 noch nicht an die in der Stadt Hasselfelde von dem VEB WABvorgehaltenen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen. Unter Berücksichtigungdes oben dargelegten Sinn und Zwecks des § 6 Abs. 6 S. 3 KAGLSA sowie ihrer Entstehungsgeschichte, ist dies nicht allein deshalb zu bejahen,weil Bestandteil des erst nach diesem Zeitpunktgebildeten Grundstücks (im bürgerlich-rechtlichenSimse) nunmehr auch Grundflächen eines ehemaligen Grundstückssind, welches in abwasserrechtlich relevanter Weise genutzt wurde und auch an einenach damaliger Verkehrsauffassung funktionsfähige Abwasserbeseitigungsanlageangeschlossen war. Unter welchen konkreten Voraussetzungen die bereits am15.06.1991 bestehende Vorteilslage eines Grundstücks durch nachträgliche grund-2 stücksbezogenen Änderungen gänzlich in der Weise entfallen kann, die es vor jJ . 62Abs. 6 S. 3 KAG LSA rechertigt, das Grundstück zu Beiträgen für die erstmaligeHerstellung einer Einrichtung heranzuziehen, muss hier nicht abschließend ent-schieden werden. Denn jedenfalls ist der mit dem Anschluss des ehemaligen Grund-79 OVG Magdeburg, Beschl. v. 18. Dezember 2000 - 9 B 456/00 MD.


30stücks einhergehende Vorteil mit dem neu gebildeten Grundstück vermittelten inkeiner Weise vergleichbar."(9) SystembruchDie Maßgeblichkeit des faktischen Vorteils bei altangeschlossenen Grundstücken lässtzudem einen Systembruch im Kommunalabgabenrecht befürchten. Allein eine Optionsregelungfür die Privilegierung von altangeschlossenen Grundstücken in Brandenburgeinzuführen, dürfte nicht ausreichen.Die Sichtweise des Oberverwaltungsgerichts Magdebure lässt sich schließlich nichtmit § 6 Abs. 1 KAG LSA in. Einklang bringen, nach dem Beiträge für den durch dieInanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme vermittelten wirtschaftlichenVorteil erhoben werden. Schließlich ist hierfür die rechtliche Sicherungdes wirtschaftlichen Vorteils notwendig.Die Umsetzung in Brandenburg dürfte auch deshalb schwierig sein, weil eine Diskontinuitätder Einrichtungen vorliegt. Dies belegt eindrucksvoll die Rechtsprechung desOberverwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) 81 . In der maßgeblichen Entscheidung heißtes unter anderem:„Die auf der Grundlage der Kommunalve rfassung der DDR, der Gemeindeordnung bzw.des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit neu entstandenen kommunalen öffentlichenAbwasserentsorgungseinrichtungen sind rechtlich nicht identisch mit der früherenstaatlichen Abwasserentsorgung der DDR (vgl. Urteil des Senats <strong>vom</strong> 12. April 20012 D 7 3 / 00.NE). Das gilt ungeachtet der Übernahme und weiteren Bewirtschaftung vontechnischen Entsorgungsanlagen, die in der DDR gebaut wurden. Anknüpfungspunkt fürdie Beitragserhebung nach dem KAG sind nicht Anlagen im technischen, sondern entlieheEinrichtungen und Anlagen im kommunalrechtlichen Sinne. Diese entstanden originärerst, seit die Abwasserentsorgung aufgrund der kommunalve rfassungsrechtlichen Vorscheten aus den Händen der VEB WAB wieder auf die Kommunen übergegangen waren.80 OVG Magdeburg, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03.81 Vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil <strong>vom</strong> 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03, LKV 2004, 555, 556.


31Dementsprechend sind auch die „altangeschlossenen" Grundstücke durch diese Einrichtungenbeitragsrechtlich bevorteilt. Durch die Berechtigung, diese neuen kommunalen öffentlichenEinrichtungen dauerhaft zu nutzen, entstand auch für sie erstmalig eine Vorteilslageim Sinne des § 8 Abs. 6 Satzl KAG. Diese rechtfertigte die Beitragserhebung nicht nur,sondern gebot sie sogar vor dem Hintergrund einer gleichmäßigen und gerechten Beteiligungaller durch die Anschlussmöglichkeit zu der öffentlichen Einrichtung bevorteilten Grundstücke..."Dem faktischen Vorteil würde somit der Bezugspunkt fehlen, es sei denn, manließe hierfür die tatsächlich vorhandenen technischen Einrichtungen ausreichen.Letzteres würde aber zu einem vollständigen Systembruch des kommunalen Abgaben-und Gebührenrechts führen, da sich alle Kommunalabgabengesetze derLänder die Beitragserhebung auf den wirtschaftlichen Vorteil beziehen, derdurch die rechtlich gesicherte Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtungabgegolten werden soll.cc) ZwischenergebnisSelbst bei Vermeidung einer wörtlichen Übernahme von 5 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSAwürde der Gesetzgeber, sollte er sich für eine Privilegierung altangeschlossenerGrundstücke entscheiden, eine Reihe von Abgrenzungs- und Vollzugsproblemenaufwerfen. Dabei sind noch nicht einmal die Schwierigkeiten des Umgangs mit denvon den Gemeinden und Zweckverbänden bisher vereinnahmten Herstellungsbeiträgenvon Eigentümern altangeschlossener Grundstücke und das Verhältnis zur Gebührenfinanzierungangesprochen, die dem zweiten <strong>Teil</strong> des <strong>Gutachten</strong>s vorbehaltenbleiben.3Ab) Bewertung der Rechtslage von Mecklenburg-VorpommernBei der Beurteilung, ob es dem Brandenburgischen Gesetzgeber angeraten werdenkann, die Rechtslage aus Mecklenburg-Vorpommern zu übernehmen, muss berück-


32sichtigt werden, dass ein gesetzgeberisches Tätigwerden in diesem Fall nicht erforderlichistaa) VorteileDie Vorteile der gesetzgeberischen Untätigkeit bestehen in der Rechtssicherheit fürdie kommunalen Aufgabenträger des Landes Brandenburg durch die Entscheidungendes Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg und des Bundesverwaltungsgerichtsim Zusammenhang mit der Beitragserhebung von Eigentümern altangeschlossenerGrundstücke.Dies betrifft nicht nur den Umgang mit dem Problem der Altanschließer. Vielmehr istzudem maßgeblich, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg" die derEntscheidung zugrunde liegende Beitragssatzung als formell und materiell mit denverfassungsrechtlichen und abgabenrechtlichen Grundsätzen vereinbar angesehenhat. Der Senat hat ferner festgehalten, dass die der Beitragssatzung zugrunde liegendeBeitragskalkulation' keinerlei rechtlichen Beanstandungen unterliege.Ein weiterer Vorteil besteht auch darin, dass die Entscheidung des OberverwaltungsgerichtsBerlin-Brandenburg ausdrücklich <strong>vom</strong> Bundesverwaltungsgericht' bestätigtworden ist. Zwar hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausdrücklich mit derFrage der Beitragspflichtigkeit von altangeschlossenen Grundstücken beschäftigt. Jedochhat der Senat die Rechtslage insoweit überprüft, als dass § 8 Abs. 7 S. 2 KAG inder Fassung seit dem 1. Februar 2004 verfassungsrechtlich 'nicht beanstandet wurde.Es hat unter anderem folgendes festgehalten:„Denn es lässt keine unrichtige Anwendung bundes(veassungs)rechtlicher Maßstäbeerkennen, wenn das Oberverwaltungsgericht eine echte Rückwirkung im Hinblickdarauf verneint hat, dass eine Beitragspflicht vor der Neuregelung nicht rechtswirksamentstanden war und der Gesetzgeber lediglich für die Zukunft neue abgabenrechtlicheFolgerungen an eine dauernde Vorteilslage geknüpft und mithin keinen abgeschlosse-82 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12. Dezember 2007 - 9 B 44.06/9 B 45.06.83 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12. Dezember 2007 - 9 B 44.06/9 B 45.06.84 BVerwG, Beseht v. 14. Juli 2008 - BVerwG 9 B 22.08.


33nen Tatbestand geregelt hat; dasselbe gilt, soweit das Oberverwaltungsgericht aufgrundseiner — nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und somit gem. g 137 Abs. 2VwG() bindenden — tatsächlichen Feststellung zum Ergebnis gekommen ist, einschutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf die Beibehaltung der für ihn günstigenRechtslage bestehe nicht..."Der Gesetzgeber muss also darüber befinden, ob er diese Rechtssicherheit für dieAufgabenträger in Brandenburg zugunsten der Privilegierung der altangeschlossenenGrundstücke aufgeben will.bb) NachteileDer Nachteil wäre, dass politisch nach den Entschließungen des Landtages 85 nichtgewollt ist, die bisherige Rechtslage beizubehalten. Die Gleichbehandlung von AltundNeuanschließern wird als ungerecht empfunden. Der Nachteil der Beibehaltungder Rechtslage ist somit darin zu sehen, dass diese nicht mit dem politischen Willen inEinklang steht.85 LT Drs, 4/6333=B; LT Drs. 4/6729-13.


346. Rechtslagen in Sachsen-Anhalt und Med.denburg-Vorpommern unter demGesichtspunkt der AbgabengerechtigkeitWie bereits angesprochen, muss insbesondere für die Rechtslage in Sachsen-Anhaltüberprüft werden, ob sie sich mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit in Einklangbringen lässt.) Grundsatz der AbgabengerechtigkeitDer Grundsatz der Abgabengerechtigkeit ist eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsprinzips,das als fundamentales Prinzip dem allgemeinen Gerechtigkeitsgedankenzu entnehmen ist". Art. 3 Abs. 1 GG bindet sowohl den Gesetzgeber alsauch den Rechtsanwendenden und gilt für alle Formen von Abgaben". Die Einhaltungdes Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit ist notwendige Voraussetzung für dieRechtmäßigkeit von abgabenrechtlichen Regelungen".b) Sachsen-AnhaltBei einer Übernahme der Rechtslage von Sachsen-Anhalt muss überprüft werden, obsich der Landesgesetzgeber in diesem Fall noch in dem ihm verfassungsrechtlich eingeräumtenGestaltungsspielraum bewegt. Wird dabei die Rechtsprechung des Ober-. verwaltungsgerichts Greifswald' in den Blick genommen, dann wäre eine solche Regelungnicht zu rechtfertigen. Der Begriff des Vorteils sei rechtlich, nicht tatsächlichzu verstehen. Unter diesem Gesichtspunkt läge ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GGim Falle einer Differenzierung zwischen alt- und neuangeschlossenen Grundstückenvor.86 BVerfG, Beschl. v. 19. Dezember 1967 - 2 BvL 4/65, NJW 1968, 739.87 OVG Lüneburg, Urt. v. 18. August 1967 - III OVG A 153/64; VerwRspr. 19, 493.88 BVerwG, Urt. v. 28. September 2004 - 10 C 3/04, NVwZ 2005, 332 ff.89 OVG Greifswald, Beschl. v. 18. Oktober 2005 - 1 L 197/05, zit nach juris.


35aa) Gesetzgeberischer GestaltungsspielraumJedoch ist bei der Frage der Privilegierung der altangeschlossenen Grundstücke zubeachten, dass Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts'',dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit einräumt.Er verbiete nur willkürlich ungleiche Behandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte.Der Gleichheitssatz hat damit also nur das Verbot zum Inhalt, wesentlichGleiches willkürlich, d. h. ohne zureichenden sachlichen Grund, ungleich bzw..wesentlichUngleiches willkürlich gleich zu behandeln. Er verbiete aber nicht, wesentlichUngleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit ungleich zu behandeln'. Diesgilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 92 aber nur dann, wenndie Gleichheit oder die Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhangso bedeutsam sei, dass die Beachtung bei einer allgemeinen Regelung nacheiner am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheine.Das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es grundsätzlich Sache des Regelungsgeberssei, sachgerecht diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgenknüpfe, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen wolle. Was dabei in Ansehungdes Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlichsei, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts' stets in Bezugauf die Eigenart des zu regelnden konkreten Sachverhalts festzustellen. Es soll dabeientscheidend auf Motive und Zielsetzungen des Regelungsgebers abzustellen sein.Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraumsdes Gesetzgebers liege vor, wenn in der Sache selbst liegende Gesetzlichkeitenund fundierte allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen missachtet warden94,wenn eine Gruppe von Normadressaten ohne genügenden Grund anders behandeltwerde", wenn Rechtsanwendungen oder Verfahren unter keinem denkbarem Aspektrechtlich vertretbar seien'', wenn sachlich einleuchtende Gründe für die Differenzierungfehlten" oder wenn die Verknüpfung zwischen Kosten und dafür auferlegtenGebühren unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt sachgerecht seien"."BVerwG, Urt. v. 16. September 1981 - 8 C 48/81, NVwZ 1982, 622 ff.91 BVerfG, Beschl. v. 8. Oktober 1991 - BvL 50/86, NJW 1992, 423. •92 BVerwG, Beseht v. 13. April 1994 - 1 WB 64/93, NJW 1994, 2632.93 BVerwG, Beschl. v. 13. April 1994 - 1 WB 64/93, NJW 1994, 2632.94 BVerfG, Beschl. v. 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76, NJW 1979, 1345.BVerfG, Beschl. v. 23. Januar 1990 - 1 Bvi. 4/7/87, DB 1990, 1013.96 BVerwG, Urt. v. 7. April 1989 - 8 C 90.87, BayVB1. 1989, 567.97 BVerfG, Beschl. v. 14. April 1964 - 2 BvR 69/62, BVerfGE 17, 319, 330; BVerwG, Urt. v. 24. September 1987 - 8C 28.86, NVwZ 1988, 159.98 OVG Münster, Urt. v. 1. Juli 1988 - 8 A 2032/86, KStZ 1989, 111.


36Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen habe der Gesetzgeber bei der Ausnutzungseines Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen. Ihm wird durch den -Gestaltungsspielraumaber nicht vorgeschrieben, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechtesteLösung enden zu müssen". Deshalb könne im Abgabenrecht auf die Typengerechtigkeitabgestellt werden. Diese ermögliche dem Gesetzgeber, zu verallgemeinern,zu pauschalieren und lasse zu, an Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfenund die sich dem „Typ" entziehenden Umstände von Einzelfällen außer Betracht zulassen'. Dabei könnte der Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität eine Ungleichbehandlungrechtfertigen, sofern nicht gewichtige Gründe entgegenstünden.Bei einer Anpassung des Vorteilsbegriffs im Hinblick auf die faktischen Vorteile fürtechnische Einrichtung könnte der Gesetzgeber sich noch im Rahmen seines Gestaltungsspielraumsbewegen, obwohl er damit einen Systembruch im kommunalen Abgaben-und Gebührenrecht bewirkt.bb) Ungleichbehandlung von NeuanschließernJedoch ist der Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GGwohl deshalb nicht zu veuneiden, weil mit der Privilegierung der altangeschlossenenGrundstücke zugleich eine offenbar nicht gewollte Benachteiligung der neuangeschlossenenGrundstücke zu Tage tritt. Dies betrifft die Beteiligung der neuangeschlossenenGrundstücke am Sanierungsaufwand wegen des im Anschlussbeitragsrechtgeltenden Gesamtanlagenprinzips, dessen Maßgeblichkeit auch die Rechtsprechungin Sachsen-Anhalt un betont.Unter Geltung dieses Prinzips würden auf der einen Seiten wegen der Privilegierungdie Altanschließer nicht am Aufwand der neu erschlossenen Gebiete beteiligt. Auf deranderen Seite soll wegen des Gesamtanlagenprinzips aber eine Beteiligung der neuangeschlossenen Grundstücke an dem zur Herstellung gehörenden Sanierungsaufwanderfolgen. Diese Beteiligung ist nicht zu rechtfertigen, weil der Sanierungsaufwandfür die Erneuerung von Rohrleitungen vor den altangeschlossenen Grundstü-99 BVerwG, Urt. v. 14. April 1967 - BVerwG VII C 15.65, BVerwGE 26, 317, 320.i" BVerfG, Beschl. v. 3. Dezember 1958 - 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3, 13.101 VG Magdeburg, Urt. v. 22. November 2005 - 2 A 118/04 MD.


375 cken allein diesem Personenkreis zugute kommt. Insoweit würde das Gesamtanlagenprinzipaufgeweicht.Zur Vermeidung dieser Folge könnte überlegt werden, ob den Aufgabenträgern nichteine Kostenteilung im Hinblick auf ihre öffentlichen Einrichtungen angeraten wird.Der Aufwand für die Sanierung der zentrale Schmutzwasserentsorgungseinrichtungwürde den alt- und neuangeschlossenen Grundstücken zugeordnet. Der Neuerschließungsaufwandwürde nur die neuangeschlossenen Grundstücken belasten. Der Sanierungsaufwandfür die alten Rohrleitungen müsste nur den altangeschlossenenGrundstücke zufallen.5Bei dieser Vorgehensweise wäre es aber nicht ausgeschlossen, dass der Beitragssatzfür die Gruppe der Eigentümer altangeschlossener Grundstücke höher ist als für Eigentümerneuangeschlossener Grundstücke, da der Sanierungsaufwand häufig erheblichgrößer als der Neuerschließungsaufwand ist. Das Ziel der beabsichtigten Geset-,_zesänderung wäre dann konterkariert.Einen belastbaren Beleg für diese Einschätzung kann aber erst die Auswertung derder Erhebungen bei den Aufgabenträgern bringen, die dem zweiten <strong>Teil</strong> des Gutach-3tens vorbehalten bleibt.3Es bleibt aber festzuhalten, dass wegen der Benachteili ung der Eigentümer von neuangeschlossenenGrundstücken infolge ihrer Beteiligung am Sanierungsaufwand dasRisiko eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsätz besteht.3c) Mecklenburg-VorpommernKeine Schwierigkeit ergibt sich bei der Betrachtung der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern mit Blick auf die Abgabengerechtigkeit Die oberverwaltungsgerichtlicheRechtsprechung für Mecklenburg-Vorpommern m2 hat die Gleichbehandlung vonalt- und neuangeschlossenen Grundstücken als verfassungsgemäß angesehen. Da beidenGruppen erst unter Geltung des Kommunalabgabengesetzes der rechtlich gesi-102 OVG Greifswald, Beschl. v. 21. April 1999 - 1 M 12/99.


38cherte Vorteil der Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Wasserver-und Abwasserentsorgung zustand, erscheint eine Gleichbehandlung in jedem Fallgerechtfertigt. Der Bezugspunkt des rechtlichen Vorteils ist nicht zu beanstanden, sodass sich der Gesetzgeber im Falle der Beibehaltung der Rechtslage in Brandenburgim Rahmen seines Gestaltungsspielraum bewegen würde.7. Privatrechtliche Ausgestaltung der Entgelte im Bereich der WasserversorgungEine gewisse Modifizierung gegenüber der Rechtslage für Altanschließer nach demKommunalabgabengesetz ist dann gegeben, wenn die Trinkwasserversorgung privatrechtlichausgestaltet ist. Maßgeblich ist dann die Verordnung über Allgemeine Bedingungenfür die Versorgung mit Wasser (AVB WasserV). Nach §, 9 Abs. 1 AVBWasserV können die Wasserversorgungsunternehmen angemessene Baukostenzuschüssefür die Erstellung oder Verstärkung der öffentlichen Verteilungsanlagen verlangen.Dabei kann bei altangeschlossenen Grundstücken in der Regel nach Maßgabedes 5 9 Abs. 5 AVB WasserV nur dann ein Entgelt verlangt werden, wenn der Anschlussan die Verteilungsanlage hergestellt, erweitert oder verändert wird. Insoweitmuss es – anders als im Kommunalabgabenrecht bei der Entstehung der sachlichenBeitragspflicht – quasi zu einer „aktuellen Maßnahme" gekommen sein.8. Änderungsbedarf für das Kommunalabgabengesetz des Landes BrandenburgAbschließend soll der Blick auf den Änderungsbedarf im Kommunalabgabengesetzdes Landes Brandenburg gerichtet werden, wenn sich der Gesetzgeber tatsächlich zueiner Freistellung der altangeschlossenen Grundstücke <strong>vom</strong> Neuerschließungsaufwandentschließen sollte.Wollte man – trotz des Risikos des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz– eine solche Regelung vorsehen, wäre es erforderlich, in § 8 Abs. 4 KAG einen Satzeinzufügen.


39Dementsprechend könnte der neue § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG wie folgt lauten:„Bei Grundstücken, die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes an die leitungsgebundeneEinrichtung tatsächlich angeschlossen waren oder angeschlossen werden konnten, kann dieSatzung eine Regelung vorsehen, nach der für diese Grundstücke der Aufwand nicht berücksichtigtwerden da -, der ausschließlich auf die Erweiterung der leitungsgebundenenEinrichtung nach diesem Zeitpunkt entfällt. "Der derzeit geltende § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG würde zu § 8 Abs. 4 Satz 8 KAG werden.Nur sehr schwer lösbar erscheint es, eine solche Regelung auf § 8 Abs. 2 Satz 2 KAGabzustimmen. Wie bereits ausführlich dargestellt, knüpft der wirtschaftliche Vorteil,der mit dem Beitrag abgegolten wird, an dessen rechtliche Sicherung an. Somit müssteauch eine Privilegierung aufgrund einer früheren Vorteilslage hieran anknüpfen, dainsoweit durch das Gesetz eine Vorteilsabgeltung unterstellt wird. In § 8 Abs. 2 Satz2 KAG zur Rechtfertigung der Privilegierung eine faktische Vorteilslage mit Blickauf vorhandene technische Einrichtungen ausreichen zu lassen, bringt einen Systembruchim kommunalen Abgaben- und Gebührenrecht mit sich. Diesem Umstandmuss sich der Gesetzgeber bewusst werden.Um die Folgen der Beitragspflicht altangeschlossener Grundstücke „abzufedern",könnte der Gesetzgeber alternativ aber die Privilegierung übergroßer Grundstückevornehmen. Ein Kreis der Betroffenen der Beitragspflicht für altangeschlosseneGrundstücke sind in Brandenburg die Wohnungsbaugesellschaften, die nunmehr mitBeitragsbescheiden konfrontiert werden und keine Möglichkeit haben, den Beitrag aufdie Mieter umzulegen. Inhalt der Regelung wäre, dass nur die in der Beitragssatzungfestzulegende durchschnittliche Grundstücksgröße bei der Beitragserhebung zu berücksichtigenist. Die Privilegierung müsste sich zur Wirksamkeit zudem auf einendurchschnittlich zu bildenden Vollgeschossmaßstab beziehen, da der Erhöhungsfaktoreinen nicht unerheblichen Einfluss auf die Beitragshöhe besitzt.


409. Zusammenfassunga) Die Untersuchung hat gezeigt, dass im Falle einer Orientierung des brandenburgischenGesetzgebers an der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommerneine Änderung des Kommunalabgabengesetzes nicht erforderlich ist. Die insoweitgeltende Rechtslage in Brandenburg steht auf sicheren verfassungsrechtlichenFüßen und bietet den kommunalen Aufgabenträgern die erforderlicheRechtsicherheit.b) Eine Übertragung der Rechtslage von Sachsen-Anhalt erscheint schwierig.Dem Landesgesetzgeber ist davon abzuraten, eine Vorschrift nach dem Vorbilddes 5 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA zu schaffen. Dem Wortlaut der Vorschriftist ihr Anwendungsbereich nicht unmittelbar zu entnehmen.Die Entlastung der altangeschlossenen Grundstücke ließe sich nur dadurcherreichen, sie nicht am Aufwand für neuerschlossene Gebiete zu beteiligen. .Auf die dabei entstehenden Abgrenzungs- und Vollzugsprobleme wurde ausführlichhingewiesen.Die Privilegierung der altangeschlossenen Grundstücke bewirkt wegen derdamit verbundenen Aufweichung des Gesamtanlagenprinzips eine Benachteiligungder neuangeschlossenen Grundstücke. Unter diesem Gesichtspunktbesteht die Gefahr eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.Potsdam, den 31. Oktober 2008

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