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Themenbericht extensive Weiden - Projekte Ökologie Landwirtschaft

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Praxis und Forschung für Natur und Landschaft- Genügsamkeit bezüglich der Futterqualität- Geringes Gewicht- Parasitentoleranz- Toleranz gegenüber GiftpflanzenAn dieser Stelle soll auch auf die besonderen Anstrengungen von Pro Specie Rara zur Erhaltungunserer einheimischen Robustrassen hingewiesen werden (www.psrara.org).Im Folgenden stellen wir bei den jeweiligen Tierarten exemplarisch einige Rassen vor. Wir unterscheidendabei zwischen:- (Hoch-)Leistungsrassen (in der modernen <strong>Landwirtschaft</strong> üblicherweise gehaltene Rassen):Ihre Eignung für eine <strong>extensive</strong> Beweidung ist in weniger leistungsorientierten Produktionssystemen(z.B. Weidemast) beziehungsweise in gewissen Phasen (z.B. galte 6 Tiere, Aufzuchttiere)durchaus gegeben.- Landrassen (einheimische Robustrassen): nur noch selten gehalten, geringeres Leistungsvermögen,dafür meist an extremere Standortbedingungen angepasst- exotische Robustrassen, exotische Arten: seit kürzerer Zeit in die Schweiz eingeführte Rassen,welche mit extremen Standortbedingungen zurecht kommen.3.4.1. RinderIhr ziemlich unselektives Fressverhalten sowie das relativ hohe Abreissen des Futters führen dazu,dass im Vergleich zu allen anderen Weidetierarten die floristische Vielfalt auf Rinderweiden meistam höchsten ist.Zu allfälligen Spezifitäten der verschiedenen Rassen bezüglich dem Futterwahlverhalten wurdenkaum direkte Vergleichsversuche gemacht. Von Robustrassen wird immer wieder berichtet, dasssie auch gerne Gehölze befressen und sich dadurch auch für die Offenhaltung lichter Wälder undWaldränder eignen. Rinder können aber auf lange Sicht das Aufkommen von Gehölzen an denmeisten Standorten nicht verhindern (Ausnahme Feuchtgebiete). Zunächst sieht es meist nacheiner massiven Schwächung aus. Beliebte Arten werden geschält und sterben ab. Im Gefolgekommen dann aber die weniger schmackhaften und besser „bewehrten“ Gehölze auf (z.B. Dornensträucher).Hier einige Bemerkungen zum Schottischen Hochlandrind als einem Beispiel einer Robustrasse.Gewisse Eigenschaften dieser Tiere sind schon bemerkenswert: Sie sind sehr winterhart, habenein ruhiges Verhalten, drängen Büsche unter Zuhilfenahme der riesigen Hörner effizient zurück,sind auch im Nassen mit ihren grossen Hufen trittsicher. Und: Sie haben dem Naturschutz denZugang zu einer <strong>Landwirtschaft</strong>lichen Nutzung wieder geöffnet.Exemplarisch einige Rinderrassen:- (Hoch-)Leistungsrassen: Braunvieh, Fleckvieh- Landrassen: Eringer, Rätisches Grauvieh, Evolèner Rind- exotische Robustrassen: Schottische Hochlandrinder, Galloway, Heckrinder als rückgezüchteteAuerochsen, etc.6 siehe Anhang 2, Glossar<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 8


Praxis und Forschung für Natur und Landschaft3.4.2. SchafeBei Schafen bestehen grosse Rassenunterschiede bezüglich ihrem Fressverhalten. GenügsameLandrassen sind gegenüber leistungsfähigen und anspruchsvollen Rassen für die Beweidung naturschutzwürdigerFlächen eindeutig zu bevorzugen. Extensiv gehaltene Landschafrassen nehmen„überständiges“ Futter und Gehölze eher an, die Leistungsrassen haben diesbezüglich keine Toleranzund sind deshalb vor allem auf wüchsigen Flächen wenig geeignet.Schafe fressen das Futter extrem tief ab. Insbesondere durch ihren sehr selektiven Frass bewirkensie oft eine Trivialisierung der Flora. Die Fauna muss aber nicht trivialer werden, das Gegenteilwurde vor allem an trockenen, sehr mageren Standorten schon mehrmals beobachtet. Schafeschaffen weniger „Sonderstandorte“, da sie kaum „Trittschäden“ machen.Schafweiden auf frischen Standorten präsentieren sich oft sehr grasreich. Auf mageren und trockenenFlächen können sich aber durchaus auch artenreiche Pflanzenbestände entwickeln.Die Schafalpung ist mit einem speziellen Problem behaftet: Die Wiedereinwanderung des Wolfesin den Alpen wird in Zukunft Schutzmassnahmen wie Behirtung und Einzäunung mit Elektrozäunenerfordern.Exemplarisch einige Schafrassen:- (Hoch-)Leistungsrassen: Weisses Alpenschaf, Braunköpfiges Fleischschaf, SchwarzbraunesBergschaf, Charollais Suisse, Ostfriesisches Milchschaf- Landrassen: Walliser Schwarznasenschaf, Bündner Oberländer-Schaf, Fuchsfarbenes Engadinerschaf,Spiegelschaf, Walliser Landschaf- Landrassen aus Deutschland: Heidschnucken, Moorschnucken, Skudden, Rhönschaf, CoburgerFuchsDie Schafe fressen Gras, die Ziegenkümmern sich um die Büsche: IhreKombination kann sehr interessantsein.3.4.3. ZiegenZiegen eignen sich für eine Pionierphase der Weide, bei der die Zurückdrängung der Büsche oderder Bäume im Zentrum stehen („ringeln“ der Baumstämme). Ihre gespaltene Oberlippe erlaubtihnen das Beweiden von dornigen Gewächsen. Ziegen sind keine Grasliebhaber, auf der anderenSeite fressen sie aber sogar Nadeln der Waldföhre, da sie tanninhaltige Pflanzen verdauen können.Auf den Hinterbeinen stehend können sie bis 1.8 Meter hoch Gehölze verbeissen. Nicht<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 9


Praxis und Forschung für Natur und Landschaftüberall eignen sie sich für eine dauerhafte Beweidung, da sie den Pflanzenbestand nicht genügendkonsequent abfressen.Die Rassenfrage spielt bei den Ziegen eine wichtige Rolle. Die moderne Ziegenzucht ist stark aufLeistung getrimmt. Die meisten unserer einheimischen Rassen wurden stark in Richtung Milchleistunggezüchtet. Dies ergibt aber Konflikte mit der Nutzung magerer <strong>Weiden</strong>.Die Notwendigkeit von sehr hohen Zäunen ist bei gewissen Rassen ein Problem. Demgegenüberist z.B. die Burenziege mit ihrem ruhigen Temperament einfacher zu halten als andere Rassen undbraucht auch keine hohen Zäune.Immer öfter werden einige Ziegen zusammen mit einer Schafherde gehalten, wenn die <strong>Weiden</strong>relativ stark verbuscht sind. Die Ziegen kümmern sich besonders um die Büsche, während dieSchafe die Pflanzen des Rasens nutzen.Die verschiedenen Tierarten haben auch unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber Giftpflanzen.Ziegen sind z.B. viel weniger empfindlich gegenüber den zunehmend gefürchteten Kreuzkräutern(Senecio sp.) als z.B. Rinder.Exemplarisch einige Ziegenrassen:- (Hoch-)Leistungsrassen der Schweiz (Zweinutzungsrassen Milch und Fleisch): Saanenziege,Gemsfarbige Gebirgsziege, Appenzeller Ziege, Toggenburger Ziege- Landrassen der Schweiz (ebenfalls Zweinutzung): Bündner Strahlenziege, Nera Verzasca,Walliser Schwarzhalsziege, Pfauenziege, Stiefelgeiss, Graue Gebirgsziege (Capra grigia)- Aus Südafrika, mit zunehmender Verbreitung in der Schweiz: Burenziege (nur Fleischziege)3.4.4. PferdeGrundsätzlich eignen sich Pferde besonders gut zur Verwertung nährwertarmen Futters. Bei Wiederkäuernbleibt das Futter umso länger im Verdauungstrakt, je nährwertärmer es ist. Entsprechendnimmt die Futteraufnahmekapazität ab. Die Pferde haben keinen Wiederkäuermagen.Nährwertarmes Futter wird einfach schneller durch den Verdauungstrakt geschleust.Die bei uns meist vertretenen grossen Pferde eignen sich aber wegen ihrem Gewicht und demtiefen Abbeissen des Futters oft nur bedingt zur Biotoppflege. Ponies (Pferde mit einer Widerristhöhekleiner als 140 cm), welche nicht allzu stark auf Leistung getrimmt sind, könnten demgegenübersehr interessante Naturschutzgebiets-Pfleger sein.Exemplarisch einige Pferderassen, die zur Landschaftspflege eingesetzt werden:- Konik-Pferde- Island-Ponies- Exmoor-Ponies- Fjord-Pferd- Shetland-Pony- Exmoor-Pony- Connemara- rückgezüchtete Tarpane<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 10


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftPferde eignen sich gut für dieVerwertung von nährwertarmemFutter. Sie sollten nicht zu schwer undnicht zu nervös sein.3.4.5. NeuweltkamelidenLama und Alpaca als Haustierformen stammen aus den Anden in Südamerika. Sie sind sich kaltesund trockenes Klima gewöhnt. Es sind sehr anspruchslose Tiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten.Als Schwielensohler produzieren sie kaum „Trittschäden“. Die gespaltene Oberlippeerlaubt ihnen das Beweiden von dornigen Gewächsen. Zudem reissen sie die Vegetation nicht ab,sondern die Pflanzen werden sehr schonend abgebissen. Sie richten feste Kotplätze ein. DasZäunen ist eher einfacher als für die Schafe und Ziegen.Erste Beobachtungen haben gezeigt, dass sie nicht speziell an Büschen und Bäumen fressen. DieProbleme mit der Verwurmung sind kaum kleiner als bei den anderen Tierarten, wenn sie auf dergleichen Fläche weiden wie andere Arten sogar eher grösser (siehe auch Kap. 3.8.). Allgemeinsind noch wenig Erfahrungen im Umgang mit diesen Tieren vorhanden. Sie scheinen ziemlichProbleme mit der Wärme und der Nässe in unserem Klima zu haben.3.4.6. SchweineSchweine nutzen in der Regel den Pflanzenbestand bis und mit den Wurzeln. Sie schaffen damitoffene Flächen (Ruderalflächen) und leisten z.B. in Auengebieten einen Beitrag zur Dynamik. Aberauch die Erneuerung einer Wiese kann das Ziel sein. Offenbar stellt sich der Ausgangspflanzenbestandin der Regel recht schnell wieder ein. Erfahrungen hierzu müssten aber zuerst gesammeltwerden.Schweine wurde auch schon zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. Sie verzehrten z.B. auch Wurzelnder Blacke (Rumex obtusifolius) und waren erfolgreich im Kampf gegen den Adlerfarn (Pteridiumaquilinum).3.4.7. Weitere WeidetiereDie Palette möglicher Weide-Tierarten ist offen. Insbesondere aus den grossflächigen NaturentwicklungsgebietenDeutschlands liefern Beweidungen mit Rotwild, Wisenten, Elchen und weiterenArten spannende Ergebnisse. Allerdings sind solche Tiere in der kleinräumig gegliederten Schweizkaum vorstellbar, da sie für eine <strong>extensive</strong> Beweidung zu grosse Weideflächen benötigen. Zudem<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 11


Praxis und Forschung für Natur und Landschaftstärke aus und korrigiert diese aufgrund der formulierten Ziele (z.B. 20% überständiges Futter imHerbst nach dem Weideabtrieb: wenn weniger vorhanden, dann Tierbesatz reduzieren). Beimrechnerischen Weg (Abb. 3) geht man davon aus, dass 1 GVE rund 15 kg TS 14 pro Tag verzehrt,inklusive der Verluste durch z.B. Zertreten des Futters.Abb. 3: Beispiel zur rechnerischen Herleitung eines angepassten Tierbesatzes auf einerWeide. Wieviele Fleischschafe sollen auf einer Weidefläche von 1,4 Hektaren gehalten werden?Der geschätzte nutzbare Ertrag der Kammgrasweide ist 50 dt 15 TS pro ha und Jahr, die Weidedauer180 Tage, die Fläche wird als Standweide genutzt.Nutzbarer Jahresertrag pro Hektareabzüglich 15% überständiges Futter belassenBesatzstärke: GVE-Tage pro Hektar und Jahr (Ertrag dividiertdurch 15 kg TS Bedarf pro GVE und Tag)Besatzdichte: bei Standweide 180 Tage (Besatzstärke dividiertdurch Besatzzeit)Anzahl Schafe pro ha: 1 GVE = 5.9 Schafe über 1-jährigAnzahl Schafe auf 1.4 ha5000 kg4250 kg283 GVE-Tage1.57 GVE9.26 Schafe13 SchafeAus deutschen Versuchen in <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong> hört man oft sehr tiefe Tierbesätze (kleiner als 1GVE pro Ha und Jahr, in Grossgebieten sogar 0.2 bis 0.5 GVE/ha und Jahr). Diese sind schwierigauf unsere Verhältnisse zu übersetzen: Deutschland hat im Durchschnitt viel weniger Niederschläge,die <strong>Weiden</strong> haben oft hohe Busch- und Waldanteile. Bei uns dürften die Tierbesatzzahlen imDurchschnitt so zwischen 1-2 GVE pro Hektare und Jahr liegen.Wenn die Weideflächen längere Zeit unterbestossen sind, so nehmen Arten wie die Fiederzwenke(Brachypodium pinnatum) und Johanniskräuter (Hypericum sp.) zu, der Grasbestand verfilzt undGehölzpflanzen können sich ausbreiten.Welche Pflanzen effektiv verbissen werden, ist immer eine Funktion der Leistungserwartung an dieTiere. Ist der Tierhalter auch mit geringen Tageszuwächsen zufrieden, so kann er die Tiere längerauf einer Weide lassen und sie werden mehr Pflanzen abfressen.Da ein wichtiger Teil des ökologischen Wertes von <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong> die weidetypischen Strukturensind (Verbuschungen, überständige Vegetation, Trittstellen usw.), soll eine Weidepflege nursparsam und partiell durchgeführt werden.Es gibt nicht den geeigneten Zeitpunkt für den Weidebeginn. Am besten ist ein Mosaik mit verschiedenemNutzungsbeginn. Je nachdem werden verschiedene Arten(gruppen) gefördert, und einpermanentes Nahrungsangebot für die Fauna (z.B. Blütenangebot) ist eher gewährleistet. Wirdsehr spät mit <strong>Weiden</strong> begonnen, so wird das Gras hinuntergetreten und raubt den niederwüchsigenArten das Licht. Ein Verlust an Diversität ist die Folge, zudem eine „Selbstdüngung“ durch daseinwachsende Futter, allenfalls sogar die Bildung einer Streuauflage.Auf eine Düngung ist unbedingt zu verzichten: Die Biodiversität und die Nährstoffzahl sind engmiteinander korreliert. Eventuell sollen sogar Massnahmen überlegt werden, welche zu einer Ausmagerungauf einer Weide führen (z.B. Stallhaltung über Nacht oder über Tag und Wegführen desMistes oder Einsammeln der Exkremente). Auf eine Zufütterung der Weidetiere (ausser mit Mineralsalzen)ist ebenfalls zu verzichten, da damit zusätzliche Nährstoffe in den fast geschlossenenKreislauf bei Weidewirtschaft gelangen.14 siehe Anhang 2, Glossar15 siehe Anhang 2, Glossar<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 13


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftEin wenig beachtetes Problem für den Naturschutz ergibt sich aus dem Parasitenbefall der Weidetiere:Kot von Tieren, die mit Entwurmungsmitteln behandelt wurden, wirkt auf die reiche Fauna derKotfresser oft tödlich und bringt sie zum Verschwinden. Da grosse kotfressende Insekten, etwaMistkäfer (Geotrupes spec.), eine wichtige und über einen langen Zeitraum zur Verfügung stehendeNahrungsgrundlage für grossinsektenfressende Vögel (Wiedehopf, Steinkauz, Würger) sind,wird dadurch auch diesen Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen. Wenn möglich sollten deshalbWeidetiere während einer Entwurmungskur im Stall gehalten werden (vgl. auch „hygienische undtiermedizinische Aspekte“ in Kap. 3.8.).Mit einer Mähweide werden die negativen Effekte des Mähens (Blütenhorizont auf einmal weg,zerstören der Struktur) kombiniert mit den negativen Effekten der Weide (selektiver Frass, wegfressenvon Präimaginalstadien). Entsprechend soll darauf verzichtet werden. Sinn machen könnenhöchstens selektive Unkrautregulierungsmassnahmen auf definierten Teilflächen, wenn dasüberhaupt nötig ist. Auf feuchten Wiesen im Alpgebiet, wo die Tiere meist als Alternative auch trockenergewachsenes Futter zur Verfügung haben, ist eine Nachmahd oft unerlässlich, da über die<strong>extensive</strong> Beweidung nur sehr wenig Biomasse weggeführt wird.Für spezielle Zielsetzungen steht die ganze Palette von einer Umtriebsweide mit mehreren Koppelnund mit hoher Besatzdichte (Imitation eines Schnittes, im Allgemeinen nicht erwünscht, daInsektenfauna völlig verarmt) bis hin zu einer Vorweide im frühen Frühjahr und dann erst anfangsSommer wieder <strong>Weiden</strong> (für Wiesenbrüter) zur Verfügung. Bei speziellen Arterhaltungs- beziehungsweiseFörderprogrammen ist eine <strong>Weiden</strong>utzung nur während unproblematischen Entwicklungsphasender Tier- und Pflanzenarten zuzulassen, welche im Zentrum der Schutzbemühungenstehen.Extensive <strong>Weiden</strong> können auch„angelegt“ werden. Mit einer speziellenWeidemischung, gepflanztenGehölzen und weiteren Strukturenbereichern sie intensiv genutztesAgrarland.3.6. Welche Lebensräume eignen sich für eine Beweidung?Es gibt nur wenige Lebensräume, die sich grundsätzlich nicht eignen. Dazu gehören z.B. dieHochmoore, die praktisch kein Futter liefern und durch den Tritt der Tiere massiv geschädigt werden.Es liegen positive Erfahrungen vor für eine <strong>extensive</strong> Beweidung vom sehr trockenen bis zumsehr nassen Bereich, von nährstoffarmen bis -reichen Pflanzenbeständen, auf Silikat und auf Kalk,von Nord- und Südexpositionen.Eine Einschränkung wird oft gemacht: Auf bisher gemähten, artenreichen Wiesen ist sorgfältig zuprüfen, ob eine <strong>Weiden</strong>utzung tatsächlich Sinn macht. Man muss sich bewusst sein, dass damit<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 14


Praxis und Forschung für Natur und Landschaftwertgebende Arten der Mähnutzung verschwinden und es sehr lange dauern kann, bis sich eineneue, hohe (Weide-)Diversität einfindet.In extensiv genutztenWeidelandschaften gilt es, dieVerbuschung im Griff zu halten.3.6.1. TrockenweidenBei mehr als der Hälfte der Flächen, welche bisher ins Inventar der Trockenwiesen und -weidender Schweiz (TWW) aufgenommen wurden, handelt es sich um Weideflächen. Zurzeit befindetsich eine Umsetzungshilfe zu diesem Inventar in Vernehmlassung, welche die wichtigsten Praxishinweisebeinhaltet. Diese sind ebenfalls in den vorliegenden Bericht aufgenommen worden.Grundsätzlich eignen sich eher trockene Standorte am besten für eine Beweidung. Häufige Problemewie Verfilzung und Vergrasung der Pflanzenbestände oder auch eine gewisse Nährstoffanreicherungtreten hier am seltensten auf. Selbst eine Beweidung mit Schafen ist auf trockenenStandorten ziemlich unproblematisch.3.6.2. FeuchtweidenFeuchtweiden gehören nicht zu den prädestinierten Weidegebieten. Alle Weidetierarten haben imNassen Probleme mit Parasiten (vor allem Magen-Darmwürmer, Leberegel). Es braucht eine intensiveBeobachtung der Tiere. Weidehygienische Massnahmen (siehe Kap. 3.8.) sowie der Einsatzvon Arzneimitteln sind unerlässlich.Das Futter solcher Flächen ist wenig schmackhaft und eher nährwertarm. Viele Alpen im Flyschgebiet,welches einen hohen Anteil an Flachmoorweiden hat, werden deshalb nur mit Rindern bestossen.Viele Pflanzenarten, welche gemäss Literatur gemieden werden, werden in einzelnen Versuchendann trotzdem gefressen. Wie schon mehrmals festgehalten: Entscheidend ist, ob die Tiere „gezwungen“werden, auch unbeliebte Pflanzen zu fressen, indem ihnen einfach nichts anderes zurVerfügung steht. Einige Arten werden zu einem frühen Zeitpunkt noch gefressen (z.B.Brennnessel, Urtica dioica), später dann nicht mehr. Allgemein werden aber Seggen (Carex sp.)und Binsen (Juncus sp.) schlecht gefressen.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 15


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftDie Binsen und der Adlerfarn wurden auf dieserFeuchtweide nur schlecht verbissen. Sie präsentiert sichaber sehr strukturreich.Ziele, welche mit einer Nutzung von Feuchtweiden recht gut erreicht werden können, sind: Zurückdrängenvon Gehölzen, Reduzieren von Schilfanteil, Strukturbereicherung, Schaffung und Offenhaltenvon Pionierflächen und offenen Gewässerrändern.3.6.3. Waldweiden und Wytweiden (pâturages boisés)Waldweiden sind im Alpengebiet noch relativ weit verbreitet. Grösstenteils werden sie mit Rinderngenutzt, in den Südalpen auch mit Ziegen. In jüngster Zeit wurden verschiedene Waldweiden imMittelland, im Jura und im Voralpengebiet neu angelegt. Die beweideten Flächen bleiben zwarWaldareal. Es können aber Beiträge aus der <strong>Landwirtschaft</strong>skasse ausgelöst werden für die offenen,wenig bestockten Bereiche.Heute sind die Ziele einer Waldweidenutzung vorwiegend naturschutzmotiviert: Schaffen von lichtemWald, Ausdifferenzieren in verschiedene Lebensraumtypen, welche eng miteinander verzahntsind, Nebeneinander vieler verschiedener Strukturen. Besonders erfolgversprechend ist eineWaldweide an Sonderstandorten wie z.B. angrenzend an südexponierte Magerwiesen und ehemaligeGrubenareale. Wir haben keine Fälle dokumentiert gefunden, wo die Ergebnisse negativ waren.Nicht unproblematisch ist die Beweidung z.B. von Schutzwäldern oder auch orchideenreicherWaldstandorte.Eine Verminderung der Holzqualität ist ab einer gewissen Besatzstärke meist feststellbar. Ebensowird der Verbiss des Jungwuchses ab einem stattlichen Tierbesatz zum Problem. Der geringe Futterertragkann durch sehr selektiven Frass kompensiert werden. Die Tiere halten sich in der Regellieber an der Sonne auf. Im Schatten hat es meist mehr lästige Insekten. Der Offenteil wird eherübernutzt, schattige Bereiche eher unternutzt. Bei tiefen Besatzdichten haben die Tiere keinenbremsenden Einfluss mehr auf den Gehölzaufwuchs, den sie eigentlich eindämmen sollten.Ausführliche Untersuchungen wurden im Kanton Graubünden gemacht mit der Folgerung: „Beiangepasster Tierbesatzstärke und einer dem Futterangebot entsprechenden Beweidungsdauerstellt die Waldweide ein geeignetes Weidesystem dar.“<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 16


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftWaldweiden können häufig zu Konflikten mit Jägern und Wildbiologen führen. Hier ist wichtig, dassdie Schutzziele klar definiert sind und entsprechende Prioritäten gesetzt werden. Zu berücksichtigensind auch geeignete Zaunsysteme, die Wildtiere möglichst wenig beeinträchtigen (siehe Kap.3.8.).In Art. 16 des Bundesgesetzes über den Wald (WaG) steht, dass Nutzungen, welche die Funktionoder die Bewirtschaftung des Waldes gefährden oder beeinträchtigen, als nachteilige Nutzungenunzulässig sind. Die Kantone können beispielsweise zu Waldweiden Ausführungsbestimmungenerlassen. Sie können aus wichtigen Gründen für solche Nutzungen unter Auflagen und Bedingungenauch Bewilligungen erteilen. Für die Erhaltung und Förderung der Wytweiden (pâturages boisés)des Juras gibt es wichtige Gründe des Umwelt- und Landschaftsschutzes sowie der Erholungsnutzung.Die Wytweiden (bestockte <strong>Weiden</strong>, französisch pâturages boisés) sind ein Landschaftstyp und einnaturnahes Ökosystem. Sie beinhalten offene <strong>Weiden</strong> und bestockte Flächen. Ihre Struktur ist engmit der gemischten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung verbunden. Wytweiden gehören alsganze Bewirtschaftungseinheiten zum Waldareal.Ein aufschlussreiches Wytweideprojekt mit Stiefelgeissen läuft in Orvin, Kanton Bern. Kürzlichwurde zudem ein Beispiel aus dem Berner Jura publiziert. Es handelt sich um eine traditionellesilvo-pastorale Nutzung auf rund 160 Hektaren Fläche. Von der Erhebung und Kartierung der Fläche(Anwendung der Methoden Pâtubois) bis zur Herleitung einer zukunftsfähigen Nutzung mitModellierung (keine weitere Zunahme der Bestockung) wird die Planung ausführlich dargestellt.Das Problem der abnehmenden Tierzahlen auf den Schweizer Alpen und die einsetzende Wiederbewaldungstellt sich auch hier.Die Waldweide vereint landwirtschaftliche und forstlicheNutzung. Es braucht aber auch landwirtschaftliche undforstliche Pflege.Der Baumbestand von Waldweiden und Wytweiden sollte altersmässig nachhaltig aufgebaut sein.Dazu ist eine genügende und kontinuierliche Verjüngung als Ersatz für wegfallende Bäume (z.B.altersmässig absterbende, Windfall, Windwurf, Blitzschlag, Insektenbefall) wichtig.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 17


Praxis und Forschung für Natur und Landschaft3.7. Welche Standorte eignen sich besonders für eine <strong>Weiden</strong>utzung aus Naturschutzsicht?Besonders geeignet für eine <strong>Weiden</strong>utzung sind:- weniger wüchsige Standorte, nährstoffarme Böden- trocken bis nasse Flächen, wobei nasse Flächen aus der Sicht der Tierhaltung nicht wirklichals geeignet bezeichnet werden können (hoher Parasitendruck)- Südexpositionen: weit höheres Diversitätspotenzial verglichen mit Nordexpositionen- Topographisch vielfältige Flächen: Flächeninterne Nährstoffverfrachtungen, unterschiedlicheAusbildungen durch unterschiedliche Nutzungsintensität- möglichst grosse Flächen, damit sich weidetypische Strukturen ausbilden können- Geneigte Flächen: Erst ab einer gewissen Neigung wirkt der Einfluss des Trittes als diversitätsbereichernde„Störung“. Die effektive Beweidungsgrenze ist dann erreicht, wenn es an einemHang zu unerwünschten Erosionen und Rutschungen kommt- Strukturreiche Flächen, die mühsam zu mähen sind.3.8. Überlegungen zum Management der Tierherden und zur Einbettung in landwirtschaftlicheBetriebe3.8.1. WeidelenkungDie Positionierung der Wassertränken soll auch auf die Empfindlichkeit der Vegetation Rücksichtnehmen. Der Weidedruck und die Trittwirkung sind um die Wasserstellen herum meist deutlicherhöht.Das richtige Zäunen stellt eine grosse Herausforderung dar. Je nach Tierart ist der Aufwand dafürsehr unterschiedlich. Während für Schweine ein einfacher stromführender Draht auf ca. 30 cmHöhe genügt, braucht es bei den Rindern meistens drei Drähte bis auf ca. 90 cm Höhe. Bei denSchafen sind die metallischen Gitternetze am häufigsten. Ziegen sind nicht so einfach einzuzäunen.5 stromführende Drähte verteilt auf 110 cm Höhe funktionieren zuverlässig. Am aufwändigstendürften Einzäunungen für Elche sein (2.5 m Höhe). Hohe Zäune bilden eine Barriere für vieleWildtiere und sind deshalb vielfach problematisch.Flexible stromführende Drahtgeflechte (z.B. System Flexinet) werden sehr oft für die Feinunterteilungvon <strong>Weiden</strong> benutzt. Als fixe Installation sind diese Netze aber nicht unproblematisch für dasWild. Bilder von Rehen, welche sich im Netz verhedderten und umkamen, machten die Runde.Wenn möglich sollte auf diese Netze verzichtet werden.3.8.2. Hygienische und tiermedizinische AspekteHygienische und tiermedizinische Aspekte müssen unbedingt beachtet werden. Leberegel undMagen-Darmwürmer gehören zu den wichtigsten Weideparasiten. Probleme damit ergeben sichvor allem auf nassen <strong>Weiden</strong>. Sie können erhebliche Erkrankungen und damit verbundene wirtschaftlicheEinbussen zur Folge haben.Zu deren Bekämpfung braucht es eine Kombination von weidehygienischen Massnahmen und denEinsatz von Arzneimitteln. Einige allgemeine weidehygienische Massnahmen sind:- Tierarten abwechseln (z.B. Rind und Pferd, Rind und Kleinwiederkäuer)- Bei hohem Infektionsdruck von einer Standweidenutzung absehen- Auszäunen von WasseransammlungenDer Medikamenteneinsatz ist fast die einzige Möglichkeit, gegen die Magen-Darmparasiten vorgehenzu können. Der intensive Einsatz dieser Wirkstoffe hat in vielen Ländern und insbesondere<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 18


Praxis und Forschung für Natur und Landschaftauch in der Schweiz zur Entstehung und zu einer starken Verbreitung resistenter Parasitenpopulationengeführt, was sehr besorgniserregend ist. Es wird empfohlen, Medikamente nur nach einerKotuntersuchung zu verabreichen, die Wirkstoffgruppen in jährlichen Intervallen zu wechseln unddie Behandlungsfrequenz so gering wie möglich zu halten.Bei den Schafen kann die Moderhinke, eine Klauenerkrankung zu Problemen führen. Diese musssystematisch behandelt werden. Ansonsten braucht es bei allen Tierarten eine regelmässige Klauenpflege.Die Tiere brauchen besondere Aufmerksamkeit, da oft die Konstitution der Tiere auf <strong>extensive</strong>n<strong>Weiden</strong> nicht hervorragend und die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Bei der Haltungvon Kleinwiederkäuern oder speziellen Tierarten wie Wisente oder Rothirsche ist es wichtig,einen Tierarzt mit entsprechender Erfahrung zu suchen.Der Verwilderung der Tiere muss entgegengewirkt werden: Wenn die Tiere nur noch mit grösstemAufwand eingetrieben und medizinisch betreut werden können, erhöht das den Betreuungsaufwandund mindert z.B. für Zuchttiere den Verkaufswert. Regelmässige Kontakte mit Menschensind sehr wichtig. Ein Trick, sie handzahm zu halten, ist, sie bei jedem Besuch mit altem Brot anzufüttern(oder auch mit Mineralsalz).Stiefelgeissen, eine einheimischeRobustrasse, eignen sich in einerPionierphase sehr gut für dasZurückdrängen von Gehölzen.3.8.3. Kosten der BeweidungDie Kosten der Beweidung sind im Vergleich zu einer Mahd tiefer, wenn grossflächig und gut organisiertgearbeitet wird und bestehende Infrastrukturen genutzt werden können. Für schweizerischeVerhältnisse gibt es kaum aussagekräftige Vergleiche.Ein grosser Kostenfaktor ist die Winterhaltung der Tiere. Wenn keine Ställe vorhanden sind, so gibtes heute ganz einfache, kostengünstige bauliche Massnahmen. Die Tiere können den Winterdurch quasi draussen gehalten werden. Mindestens ein Teil des Winterfutters kann den Tieren als„stehende Futterkonserve“ angeboten werden (nicht genutztes, überständiges Gras).Mit der Rentabilität <strong>extensive</strong>r Weidesysteme wird die Grundsatzfrage nach deren Zukunft gestellt.Im Allgemeinen ist die Rentabilität schlecht, ausser etwa bei Nutzungen mit Mutterkühen. Esbraucht hier gezielte Fördermittel. Aber auch die Betriebsgrössen und Haltungssysteme müssendiesbezüglich optimiert werden. Zusammenarbeit mit anderen Tierhaltern kann die Kosten senken<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 19


Praxis und Forschung für Natur und Landschafthelfen (z.B. Betreuung der Tiere aufteilen). Auf der Erlösseite muss über Direktvermarktung odermit Spezialitäten höhere Preise gelöst werden können. In die Vermarktung muss investiert werden.In der Praxis ist ein pragmatischer Ansatz und ein flexibles Management besonders wichtig. Esbraucht Profis im Umgang mit Tieren. Eine gute Beobachtungsgabe, eine ökologische Sensibilität,die Reduktion des Tierbesatzes bei Überbeweidung, aufhören mit <strong>Weiden</strong>, wenn es zu nass istund die Tiere zu grosse Schäden anrichten, dies sind nur einige der Erwartungen an einen professionellenTierhalter.Und es braucht neue Ideen: Wie z.B. diejenige, eine private Ziegenherde für die Naturschutzgebiets-Pflegeauszumieten...3.9. Weitere Aspekte von <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong>• Konflikte mit Wild und JagdWeidetiere konkurrenzieren Wildtiere in ihrem Lebensraum. Dabei geht es nicht nur um dieeingezäunten Bereiche, sondern auch um „Verdrängungsräume“ um das Gehege herum.Wichtig ist, dass bei der Anlage von Weideflächen Rücksicht genommen wird auf Wildtierkorridore.Es kann aus naturschützerischer Sicht aber keinen Sinn machen, auf ein Weideprojektzur Förderung von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten zu verzichten, weil dadurch die Rehebeeinträchtigt werden könnten.Vorsicht ist auch geboten wegen der Gefahr von Krankheitsübertragungen auf Wildtiere. DieGamsblindheit z.B. wird durch Ziegen, Schafe und Rinder übertragen. Weidetiere können getestetwerden, ob sie Träger dieser Krankheit sind.Für Wisente sind die Weideflächen beiuns eher zu klein. Selbst bei denrobustesten Tieren braucht es einsachkundiges Weidemanagement.• Anreizsysteme der öffentlichen HandMit den agrarpolitische Massnahmen wird die <strong>extensive</strong> Weide nicht direkt finanziell gefördert.Sie sind aber anrechenbar an die 7% Ökoausgleichsflächen, die ein <strong>Landwirtschaft</strong>sbetrieb zurErfüllung des ökologischen Leistungsnachweises braucht, um direktzahlungsberechtigt zu sein.Raufutterverzehrende Nutztiere erhalten Bundesbeiträge. Für Rindvieh, Pferde, Bisons, Milchziegenund Milchschafe (Fr. 900.- pro GVE) sind diese mehr als doppelt so hoch als bei denübrigen Ziegen und Schafen, Hirschen, Lamas und Alpakas (Fr. 400.- pro GVE).Ein Vorschlag für einen Qualitätsbeitrag für <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> wird zurzeit in einem Projekt derFAL ausgearbeitet (Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau). KantonaleBeiträge helfen mit, die Attraktivität <strong>extensive</strong>r <strong>Weiden</strong> zu erhöhen, sowohl von <strong>Landwirtschaft</strong>s-als auch von Forstseite.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 20


Praxis und Forschung für Natur und Landschaft• Marketing für Produkte (Fleisch) von <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong>Tiere, welche eine vielfältige Natur nutzen und pflegen, sind sympathische Werbeträger.Fleisch als Hauptprodukt ist aber nicht so einfach vermarktbar wie z.B. Obst oder Gemüse.Fleisch aus <strong>extensive</strong>n Weidesystemen wird sehr oft als besonders schmackhaft empfunden.Hier liegt sicher ein Verkaufspotenzial auch im höheren Preissegment. Voraussetzung aber ist,dass es separat vermarktet wird und nicht einfach in die üblichen Verkaufskanäle gelangt.• Allgemeine TrendsHalboffene Weidelandschaften und Wildnis sind die neuen Schlagworte im Naturschutz. InDeutschland kann in diesem Zusammenhang fast von einer Weideeuphorie gesprochen werden.Für die Bevölkerung sind solche <strong>Projekte</strong> direkt erlebbar. Das angestrebte parkartigeLandschaftsbild kann sich aber nur bei grossflächigen <strong>Weiden</strong> einstellen.Grossflächige Weidesysteme können als neue Vision des Naturschutzes bezeichnet werden. Dabeisteht nicht eine Renaturierung im Vordergrund, sondern eine neue Biodiversität, neue Dynamik,ergebnisoffene Systeme.4. Offene FragenZu vielen Punkten rund um eine <strong>extensive</strong> Beweidung sind erst wenig Erfahrungen vorhanden.Einige der dringendsten Fragen sind hier aufgelistet:- Auswirkungen verschiedener Tierarten und -rassen auf die Biodiversität- Mischweiden, z.B. Schafe und Ziegen, Pferde und Rinder, etc.- Auswirkungen verschiedener Weidesysteme (Standweide, Umtriebsweide, etc.)- Rentabilität verschiedener Weidesysteme- Vergleich der Kosten von Mahd und Weide- Bekämpfung der Weidetier-Parasiten- Beeinträchtigung der Mistkäferfauna und die darauf aufbauende Nahrungskette durchWurmbekämpfungsmittel.Zwei Folgerungen sollen hier herausgehoben werden:‣ Es braucht eine Vielzahl an Versuchen! Erfahrungen müssen gesammelt werden.‣ Es braucht gezielte Beiträge der öffentlichen Hand sowie ein professionelles Vermarkten derhochwertigen Produkte aus <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong>.Auch mit Gänsen kann effektvoll geweidetwerden. Die Auswirkungen auf Flora und Faunasind noch wenig untersucht.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 21


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftAnhang 1: Hinweise für Versuchsanordnungen- klare Zielformulierungen: Wie soll die Fläche in 10 Jahren aussehen?- saubere Vergleiche ermöglichen- saubere Beschreibung der Versuchsflächen (Kartierung der Vegetation, Anteil Gehölze, Strukturen, Erfassender Homogenität/Inhomogenität der Flächen, etc.)- detaillierte Erhebung der Bewirtschaftung, da diese entscheidend das Ergebnis prägt (GVE-Weidetagepro Jahr, Umtriebs- oder Standweide, Tierarten, Zufütterung, etc.)- Flora und Fauna untersuchen- geeignete Tierartengruppen auswählen (z.B. Heuschrecken, Tagfalter, je nach Situation und Ziel auchVögel, Wildbienen, Spinnen)- Tierhalter sorgfältig auswählen (viel Erfahrung, ökologisches Sensorium, gute Beobachtungsgabe,Flexibilität)- Monitoring und Erfolgskontrolle vorsehen möglichst mit wissenschaftlichen BegleituntersuchungenAnhang 2: Glossar der wichtigsten verwendeten Fachbegriffe <strong>Weiden</strong>Besatzdichte: Anzahl Grossvieheinheiten pro Weideumtrieb bzw. pro Zeitperiode auf der Standweide (GVEpro ha)Besatzstärke: Anzahl GVE-Tage pro Vegetationsperiode (GVE-Tage pro ha und Jahr)Besatzzeit: Zahl der Tage, während denen die gesamte Weide (Standweide) oder dieselbe Koppel (Umtriebsweide)beweidet wird.Dezitonne = dt = 100 kgGalt: Phase, in der zur Milchproduktion gehaltene Tiere vor der Geburt ihres Jungen keine Milch gebenGrossvieheinheit, GVE: Eine Milchkuh von 600 kg mit einer Milchproduktion von 5000 kg pro Jahr entsprichteiner GVE. Ein 1-2-jähriges Rind entspricht 0.4 GVE, ein über 1-jähriges Schaf 0.17 GVE, eine gemolkeneZiege 0.2 GVE etc.Hütehaltung: Die Tiere werden von einem Hirten begleitet und geführt.Koppel: Durch Zaun abgetrennte Teilfläche einer Weide zur Lenkung der Nutzung, auch „Schlag“ genannt.Standweide: Weide ohne Unterteilung. Die Tiere bleiben während der gesamten Vegetationszeit auf dergleichen Fläche.Trockensubstanz = TSUmtriebsweide: Unterteilung der Weidefläche in mehrere Koppeln (Schläge), von denen eine nach der andernden Tieren während einer bestimmten Zeit zur Verfügung gestellt wird.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 22


Praxis und Forschung für Natur und LandschaftAnhang 3: Benutzte QuellenHauptgrundlagen der vorliegenden Zusammenstellung- Schmid W., Wiedemeier P., Stäubli A., 2001: Extensive <strong>Weiden</strong> und Artenvielfalt. Synthesebericht. ImAuftrag des BUWAL. Willy Schmid, Bielweg 15, 5107 Schinznach-Dorf- Schmid W., Stäubli A., Wiedemeier P., 2002: Waldweideliteratur-Datenbank (mit Begleitbericht). SusanneWehrli, Abteilung Wald, Telli Hochhaus, 5000 Aarau- Schmid W. und Wiedemeier P., 2001: Datenbank Weideliteratur (mit Synthesebericht). Fachstelle Naturschutz,Stampfenbachstr. 17, 8090 Zürich (Bericht auf Internet zu holen unter www.naturschutz.zh.ch,unter Info-Material, Bewirtschaftung)Neueste LiteraturDie unten stehende Liste basiert auf folgenden Quellen: Aktualisierung wichtigster Literatur aus NEBIS seitdem Jahre 2000 (vorherige Literatur ist in obengenannten Literatur-Datenbanken aufgearbeitet), Artikel inverschiedenen Fachzeitschriften, weitere Fachbücher- ANL, 2002: Beweidung in Feuchtgebieten. Postfach 1261, D-83406 Laufen/Salzach‣ mit ausführlichen Literaturverzeichnissen- Barbezat V., 2002: Aspects forestiers du zonage et de la dynamique du taux de boisement en pâturageboisé jurassien. ETH Zürich.- Baudepartement des Kantons Aargau, 2004 (in Vorbereitung): Naturschutzweide im Kanton Aargau.Susann Wehrli, Abteilung Wald- Bauschmann G. und Schmidt A., 2001: „Wenn der Bock zum Gärtner wird...“. Ergebnisse naturschutzorientierterUntersuchungen zum Thema Landschaftspflege durch Beweidung. NZH-Verlag, D-Wetzlar.‣ Viele interessante floristische und faunistische Untersuchungen- Bunzel-Drüke M., Geyer Hans Jürgen, Hauswirth L., 2003: Neue Wildnis in der Lippeaue. LÖBF-Mitteilungen 4/2003.- Bussmann M. und Kraatz K., 2003. Beweidungsprojekt mit Heckrindern im Märkischen Kreis. LÖBF-Mitteilungen 4/2003.- Frieben B., 2003: Blütenangebot auf Koppelmähweiden. Naturschutz und Landschaftsplanung 35, (7),2003- Hertzberg H., 1999: Der Leberegel-Befall als Problemfaktor in der Schaf- und Ziegenhaltung. Forum8/1999. Institut für Parasitologie, Universität Zürich.- Hertzberg H., Meyer A., Lüchinger Wüest R., 1999: Resistenzen gegen Entwurmungsmittel. Forum3/1999. Institut für Parasitologie, Universität Zürich.- Hertzberg H., 2001: Magen-Darmwurmbefall bei gealpten Schafen und Ziegen. Forum 5/2001. Institut fürParasitologie, Universität Zürich.- Hofmann R., 2003: Zur Funktion grosser Pflanzenfresser in Ökosystemen. LÖBF-Mitteilungen 4/2003.- Honerla J., 1995: Ziegenhaltung im Werra-Meissner Kreis und die Bereitschaft zur Magerrasenpflege.Universität Gesamthochschule Kassel. Mitteilungsblatt Nr. 8. D - Witzenhausen.- Kolligs D., 1998: Der Einfluss der Beweidung auf die Wirbellosenfauna im Grünland. Universität Kiel.Wachholtz Druck, D - Neumünster.- König H. et al., 2003: Neue Säule des Naturschutzes. Naturentwicklungsgebiete mit Beweidung. LÖBF-Mitteilungen 4/03.- Krehl A., 1998: Ethologische Bewertung der Getrennt- und Gemischtbeweidung von Magerrasen mitSchafen und Ziegen. Universität Gesamthochschule Kassel. Mitteilungsblatt Nr. 20. D - Witzenhausen.- LMZ, 1988. Futterbau und Futterkonservierung. <strong>Landwirtschaft</strong>liche Lehrmittelzentrale, 3052 Zollikofen- Mayer A.C., Stöckli V., Gotsch N., Konold W. und Kreuzer M. (2003). Waldweide im Alpenraum. SchweizerischeZeitschrift für Forstwesen.- Michels C. und Spencer J., 2003: Waldweide im New Forest. 1000 Jahre Grosspflanzenfresser im Wald.LÖBF-Mitteilungen 4/2003.- Milz Ch., 2000: Vergleichende Untersuchungen zum Verhalten von Lamas und Schafen auf der Weide.Diss. Justus-Liebig-Universität Giessen.- Perrenoud A., Känzig-Schoch U., Schneider O., Wettstein J.-B., 2003: Nachhaltige Bewirtschaftung vonWytweiden. Ein Fallbeispiel aus dem Schweizer Jura. Zürich, Bristol-Stiftung; Bern, Stuttgart, Wien,Haupt.<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 23


Praxis und Forschung für Natur und Landschaft- Rahmann G., 2000: Biotoppflege als neue Funktion und Leistung der Tierhaltung. Dargestellt am Beispielder Entbuschung von Kalkmagerrasen durch Ziegenbeweidung. Schriftenreihe Agraria, Bd. 28. Kovač,Hamburg.‣ Sehr breite, ausführliche Darstellung- Roth F., 2003: Przewalskipferde in der ungarischen Puszta. LÖBF-Mitteilungen 4/2003.- Schröder C., 1995: Eignung von Ziegen für die Landschaftspflege. Kaschmir-, Buren- und Edelziegen imVergleich. Diss. Universität Gesamthochschule Kassel. Kovač, Hamburg- Sonnenburg H. et al., 2003: Das Hutewaldprojekt im Naturpark Solling-Vogler. LÖBF-Mitteilungen4/2003.- Stiftung Naturschutz, Schleswig-Holstein: Halboffene Weidelandschaft Höltigbaum. D-24113 Molfsee(Literaturliste zu grossflächigen Weideprojekten)- TWW, 13.3.2003: Umsetzungshilfe Inventar der Trockenwiesen und -weiden der Schweiz. Entwurf fürdie Vernehmlassung. Edith Madl, BUWAL, Bern- Vögtlin J. und Wippel B., 2003: Ökonomische Tragfähigkeit <strong>extensive</strong>r Weidesysteme im Südschwarzwald.Naturschutz und Landschaftsplanung 35, (10), 2003- Zahn A., Meinl M., Nedermeier U., 2003: Auswirkungen <strong>extensive</strong>r Rinderbeweidung auf die Vegetationeiner Feuchtbrache. Naturschutz und Landschaftsplanung 35, (6), 2003.Tagungen 2003- LBL, 2003: <strong>Weiden</strong> im Spannungsfeld Artenvielfalt - Raufutterverzehrer - Betriebsorganisation. Kurs03.256. Lindau- sanu, 24.9.2003: Low-cost in der Naturschutzpflege, Seminar. Postfach 3126, 2500 Biel 3.- TWW-Workshop „runder Ziegentisch“, 31.10 2003. Saskia Godat, atena, 1700 Fribourg- Universität Lüneburg, Bundesamt für Naturschutz und Bundesministerium für Bildung und Forschung,2003: Weidelandschaften und Wildnisgebiete. Vom Experiment zur Praxis. Lüneburg, 23.-269.2003 (Informationenüber Susann Wehrli, Abteilung Wald, Kanton Aargau; Tagungsband in Vorbereitung).Forschungsinstitutionen, die sich speziell mit <strong>extensive</strong>n <strong>Weiden</strong> beschäftigen- FAL, Eidgenössiche Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau, Zürich, Walter Dietl, ThomasWalter- ETH Zürich, Geobotanisches Institut, Sabine Güsewell- RAC. Eidgenössiche Forschungsanstalt Changins, Nyon, Jakob Troxler- SLF, Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos, Veronika Stöckli- WSL, Birmensdorf, Josef Senn, und WSL antenne romande, Lausanne, Alexandre Buttler<strong>Themenbericht</strong> <strong>extensive</strong> <strong>Weiden</strong> Seite 24

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