13.07.2015 Aufrufe

2-Gedichte immer bewegt in sich - Helmut Martens

2-Gedichte immer bewegt in sich - Helmut Martens

2-Gedichte immer bewegt in sich - Helmut Martens

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sche<strong>in</strong>bar leichth<strong>in</strong> formulierten Wortspiele s<strong>in</strong>d, Ausdruck e<strong>in</strong>es spielerischen Vergnügensam Sichtbarmachen e<strong>in</strong>er verborgenen Komik banaler Alltäglichkeiten und die auf e<strong>in</strong>espielerisch leichte Art auf die Herstellung e<strong>in</strong>er befreienden Distanz dazu aus s<strong>in</strong>d. WilhelmBusch beherrschte das als hohe Kunst wie kaum e<strong>in</strong> zweiter, aber auch <strong>in</strong> <strong>Gedichte</strong>n vonPeter Maiwald von Robert Gernhardt oder Peter Rühmkorf kann man das f<strong>in</strong>den. Doch das,was mich wirklich fesselt, was ich vor allem selbst <strong>in</strong> der Form e<strong>in</strong>es Gedichts zu fassenversuche, das ist schon das Geheimnis jener Strahlung, von der Eva Strittmatter schreibt.Damit b<strong>in</strong> ich beim Schreiben angekommen. Und dies ist eigentlich e<strong>in</strong> merkwürdigerUmstand. Das erste Mal, dass ich selbst versucht habe, so etwas wie eigeneBef<strong>in</strong>dlichkeiten <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Gedichts auszudrücken, liegt so ungefähr <strong>in</strong> der gleichen Zeit,<strong>in</strong> der ich me<strong>in</strong>e erste wirkliche Begegnung mit Lyrik hatte, das Gefühl hatte, dass sie michang<strong>in</strong>ge, mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen Entwicklungsphase me<strong>in</strong>es gelebten Lebens tatsächlichbegegnete, mich betraf, an mir streifte. Ich nahm mir für das Schreiben von <strong>Gedichte</strong>njedoch kaum Zeit. Es blieb bei e<strong>in</strong>igen wenigen Versuchen im Rahmen vonTagebuchnotizen. Sie entstanden aus besonderen Stimmungslagen heraus, waren Ansätzezu e<strong>in</strong>er bestimmten vertieften Reflexion darauf und blieben dann liegen. Für gewöhnlichschrieb ich da <strong>sich</strong>erlich eher schlechte Lyrik. Es gab für mich Wichtigeres zu tun. Ich warnoch sehr weit davon entfernt Lyrik als die geeignete Form zu entdecken, durch die so etwaswie hoch verdichtete Reflexion möglich wird, verbunden zugleich mit dem Genuss daran –und vielleicht auch mit der E<strong>in</strong><strong>sich</strong>t, dass diese Reflexion nie zu e<strong>in</strong>em wirklichen Abschluss,zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>deutigen Ergebnis zu br<strong>in</strong>gen sei. Denn dieses Bewusstse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>immer</strong> nurprovisorischen Antwort macht erst „die Sprache der Poesie, <strong>in</strong> der jedes Wort gewogenwird“, wie Wislawa Szymborska formuliert, zu dem Rätsel, das <strong>sich</strong> <strong>in</strong> <strong>sich</strong> <strong>bewegt</strong>. DiesesUnabgeschlossene und deshalb Anstößige muss tatsächlich <strong>in</strong> jener Form des Gedichtsenthalten se<strong>in</strong>, von der Eva Strittmatter schreibt. Es geht m. E. wirklich um den Kern vonPoesie, um das Staunen, mit dem uns die alten, e<strong>in</strong>fachen und existentiellen Fragen unseresLebens <strong>immer</strong> wieder begegnen. „Können nicht bleiben. Und fortgerissen/ von e<strong>in</strong>erStrömung, die nirgendh<strong>in</strong> fällt,/ Werden wir nie etwas <strong>sich</strong>eres wissen/ Über die Liebe. Undüber die Welt“, heißt es im ersten Gedicht der „Bosnischen Reise“ von Eva Strittmatter. Esgeht bei diesen Fragen, die uns <strong>immer</strong> wieder existentiell betreffen, um e<strong>in</strong> Staunen, das amEnde auch bei aller gedanklicher Klarheit und Prägnanz und Schärfe des sprachlichenAusdrucks bei großen <strong>Gedichte</strong>n als <strong>immer</strong> wieder neu fragende Un<strong>sich</strong>erheit bleibt, um e<strong>in</strong>Staunen, das auch am Anfang allen philosophischen Denkens und se<strong>in</strong>er mäeutischenVerfahrensweise steht und auf e<strong>in</strong>e Nähe von Philosophie und Poesie verweist.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!