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Stele und Legende - University of Macau Library

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118 Der „literarische narû“ als Definitionsproblemman kehrt damit zur Auffassung GÉterbocks zurÉck, der aufgr<strong>und</strong> wenigerformaler <strong>und</strong> inhaltlicher Kriterien die Marduk- <strong>und</strong> Šulgi-Prophezeihungen dernarû-Literatur zurechnete. 57Die Begriffe „Autobiographie“ <strong>und</strong> „fiktionale Autobiographie“ definiertLongman folgendermaÑen:Autobiography is an account <strong>of</strong> the life (or part there<strong>of</strong>) <strong>of</strong> an individual writtenby the individual himself or herself. The composition must be written in the firstperson and include reminescences <strong>of</strong> the past life <strong>of</strong> the first-person narrator.(For the purpose <strong>of</strong> this study, it should be added that a fictional autobiography isa composition where the life <strong>of</strong> an individual, real or imagined, is written by asecond individual <strong>und</strong>er the name <strong>of</strong> the first individual at a later period <strong>of</strong> time.Fictional autobiography is thus pseudonymous.) (Autobiography, 40 f.)In seiner Rezension von Longmans Buch hat W. Schramm darauf hingewiesen,dass diese Definition des Autobiographischen, beim Wort genommen, fÉr dieLiteratur des alten Orients zu Problemen fÉhrt, da sie fÉr die nicht-fiktionaleAutobiographie vom eigenhÖndigen Schreiben der autobiographisch dargestelltenPerson ausgeht. 58 FÉr autobiographische KÇnigsinschriften, die in Mesopotamiendie einzigen Kandidaten eines Genres nicht-fiktionaler Autobiographienstellen kÇnnten, ist diese Annahme jedoch mit Gewissheit falsch – die Inschriftenwaren ausnahmslos Auftragsarbeiten, die der KÇnig von seinen SchreibernausfÉhren lieÑ. Zu Recht verweist Schramm denn auch darauf, dass das Problemder Abgrenzung der fiktionalen Autobiographien zu ihren mÇglichen nichtfiktionalenGegenstÉcken vielmehr eine Frage der AuthentizitÖt der im Nameneines KÇnigs sprechenden literarischen Komposition ist. Entscheidend ist, ob essich bei einem Werk um eine Auftragsarbeit handelt, die der KÇnig in seinemNamen verfassen lieÑ, um Ereignisse oder Errungenschaften der eigenen Herrschaftszeitdarstellen zu lassen – einerlei, wie „realistisch“ oder verfÖlschend dasProdukt auch immer ausgefallen sein mag —, oder ob das Werk die Arbeit einesSchreibers darstellt, der vom Willen des autobiographierten KÇnigs unabhÖngig57Vgl. dazu insbesondere ibid. 189 f., wo die “relationship between predictiveprophecy and autobiography” zusammengefasst werden. Longman schlieÑt: “There isbut a small transition from a text that instructs the next generation about the future to atext that informs the next generation about the future” (Hervorhebungen orig.). In Hinblickauf die schon festgestellte Irrelevanz einer textschlieÑenden Didaxe fÉr die Zuordnungeines Werks zur „narû-Literatur“ ist es nur folgerichtig, auch prophetische TextschlÉsseals nicht hinreichend anzusehen, um formal als KÇnigsinschriften gestalteteWerke aus der narû-Literatur auszuschlieÑen. Als moderne, literarkritische Subkategorie,die die spezifischen kommunikativen Ziele im Auge hat, ist die Bezeichnung „akkadischeProphezeihung“ gleichwohl nach wie vor gerechtfertigt.58 Vgl. W. Schramm, BiOr 52 (1995), 92–97, hier 93 f.

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