13.07.2015 Aufrufe

Mit dem Rennrad durch das grüne Herz Italiens - ALPStours

Mit dem Rennrad durch das grüne Herz Italiens - ALPStours

Mit dem Rennrad durch das grüne Herz Italiens - ALPStours

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Reise<strong>Mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>Rennrad</strong> <strong>durch</strong> <strong>das</strong> <strong>grüne</strong> <strong>Herz</strong> <strong>Italiens</strong>Sommertags76 roadbike.de • 06|2011


Sanfte Hügel, weite Blicke, wenig Verkehr:typisch umbrische Landschaft.Schwung mitnehmen! Denn gleich gehtes bestimmt wieder bergauf ...traum TextGleich neben der Toskana liegtUmbrien: Ruhiger, bodenständiger– aber garantiert genauso reizvoll!| Katharina hübner fotos | björn hänssler02|2012 • roadbike.de 77


Vielleicht hat Kenneth Branaghgut zwischen derToskana und Umbrien abgewogen,als er seine Verfilmungder Shakespeare-Komödie „Viel Lärm umnichts“ ins Italien des19. Jahrhunderts verlegte. Ein ländlicherPalast mit schönen Innenhöfen, umgebenvon lieblichen Hügeln, Zypressen undFeldern – solche Kulissen bieten beide Regionen.Aber möglicherweise ging es <strong>dem</strong>irischen Regisseur bloß so wie den meistenMenschen, wenn sie an ein ländlichesitalienisches Sommerparadies denken:Sofort fällt einem die Toskana ein. Ihre„kleine Schwester“, wie Umbrien auchgenannt wird, spielt stets die zweite Geige– irgendwie ungerecht.Diese Gedankengänge sollen jetzt auf einerPostkarte Platz finden. Eine ziemlicheHerausforderung! Auf einer Bank im Olivenhainder Festung von Castiglione delLago sitzend, gestärkt mit frischem Brotund Pecorino von <strong>dem</strong> kleinen Laden ander Piazza Mazzini, will ich zumindest einenTeil vom Rest der Welt wissen lassen,wie traumhaft schön Umbrien ist. Wie vielFreude es macht, die <strong>grüne</strong>, hügelige Landschaftmit <strong>dem</strong> <strong>Rennrad</strong> zu erkunden. Wiegerne man sich in den mittelalterlichenDörfern und Kleinstädten zum nächstenCappuccino auf die Piazza setzt, auch wennder letzte noch keine zwei Stunden her ist.„Glaub mir, eigentlich bräuchte ichdie Süße-Leben-Floskel“, bringe ich inwinziger Schrift noch am Kartenrand unter.Die Adressatin wird’s verstehen: DolceVita ist so ein überstrapazierter Begriff ...Apropos dolce: Ich möchte mich am Abendguten Gewissens am Nachtisch erfreuen,deshalb ist jetzt Schluss mit <strong>dem</strong> Philosophieren.Stattdessen ist Bewegung angesagt:Durch den mittelalterlichen Torbogenrolle ich bergab und nehme Kurs auf denLago Trasimeno, den Trasimenischen See.Zugegeben, in Sachen Wasser kannUmbrien nicht mit der Toskana mithalten,Dem Charme der mittelalterlichenDörfer und Städtchen, hoch oben auf Hügelkuppen,erliegt man immer wieder gerne.78 roadbike.de • 02|2012


Wer Käse, Trüffel und Wein mag, ist in Umbrienrichtig (Bild oben). Am Abend kann man wiederin die Pedale treten (<strong>Mit</strong>te u. links). Piazza Mazziniin Castiglione del Lago (unten).Meeresküste gibt es nicht. Dafür aber mit<strong>dem</strong> fast 130 Quadratkilometer umfassendenTrasimeno den größten See derAppeninen-Halbinsel und den viertgrößten<strong>Italiens</strong>. Abgesehen davon, <strong>das</strong>s derSee ein beliebtes Erholungsziel ist, spieltvor allem in den Dörfern an seinem SüdundOstufer die Fischerei eine wichtigeRolle: Karpfen, Hechte, Aale, Flussbarsche– rund ein Drittel der Fangerträge aus italienischenGewässern kommt aus <strong>dem</strong> Trasimeno.Naheliegend also, <strong>das</strong>s man hierauch frischen Fisch essen kann!Stichwort Essen. Der Versuch, auf einerPostkarte der umbrischen Küche gerechtzu werden, ist bereits kläglich gescheitert.Was hier serviert wird, hat meist bodenständigenCharakter, wird aber mit vielHingabe und exzellenten, frischen Zutatenzubereitet. Pastagerichte und Wild spieleneine wichtige Rolle, die berühmten Castellucio-Linsenstammen aus Umbrien, undeine absolute Delikatesse gehört ebenfallszum hiesigen Angebot: Trüffel. In den umbrischenWäldern sind die oft als „schwarzesGold“ bezeichneten Pilze ziemlich verbreitetund werden von lizenzierten Trüffelsuchernmit Hilfe von Hunden (nichtSchweinen!) gesucht.Dicht am Ufer des Trasimeno trete ichkräftiger in die Pedale – Flachstrecke statthügeligem Auf und Ab tut auch mal gut,und der Fahrtwind macht die Hitze erträglicher.Bald ist Passignano erreicht, einhübscher Bade- und Hafenort am Norduferdes Sees. Das Flair der schattigenUferpromenade erinnert an die oberitalienischenSeen, und die Entscheidung, nichtschon wieder eine Cappuccino-Postkarten-Pause einzulegen, ist keine Sache von 2 Sekunden... Stattdessen arbeite ich michzwischen den alten Häusern von Passignanoden Hang hinauf, um von oben denBlick auf den See und die beiden <strong>dem</strong> Ortvorgelagerten Inseln Isola Minore undIsola Maggiore zu genießen.Mehr Zeit müsste man jetzt haben! Undandere Kleidung oder, zumindest, Schuheohne Pedalplatten. Denn fast stündlich legt<strong>das</strong> Schiff von Passignanos Hafen zur IsolaMaggiore ab. Autofrei, aber mir reizvollenSpazierwegen und einem winzigen02|2012 • roadbike.de 79


Bei der Festung in Castiglione del Lago lässt essich gut aushalten (oben). „Rocca Buitoni“ inPaciano, <strong>das</strong> Stammhaus der Pastaspezialisten,bietet auch gediegene Unterkünfte für ein paarTouristen (rechts). Gutes Olivenöl gibt’s bei derÖlmühle Mancianti in San Feliciano. Luciano Pavarottiwar hier Stammkunde (unten). EntspanntesRollen am Trasimeno (ganz rechts).his torischen Dorf, ist die Insel ein wunderschönesZiel für einen Tagesausflug. Diekleinere Isola Minore dagegen befindetsich in privater Hand.In San Feliciano schließlich treffe ichmich mit Silvia Rey. Die Schwester des Extrem-MountainbikersHans „No Way“ Reylebt seit Jahren in der Nähe von Panicaleund betreibt dort mit ihrem Mann einkleines Landhaus-Hotel für Radsportler.Mir dolmetscht sie in fließen<strong>dem</strong> Italienischjetzt in der Ölmühle Mancianti allesWesentliche über die Produktion des Olivenöls,<strong>das</strong> zu den besten <strong>Italiens</strong> gehört(auch wenn es, wie zu erwarten, nicht soberühmt ist wie <strong>das</strong> toskanische). Schondie Etrusker nutzten vor über 2000 Jahrendie sonnigen Hügel und kalkhaltigen Böden,um den Ölbaum zu kultivieren. Silbernschimmernde Haine passiert man aufvielen <strong>Rennrad</strong>-Touren.„Luciano Pavarotti war hier Stammkunde“,erfahre ich bei Mancianti. ExzellentesOlivenöl soll gut für die Stimme sein– na dann! Das kleine Schluckglas lehneich trotz<strong>dem</strong> ab und beiße lieber in einStück Crostini mit reichlich Öl, <strong>das</strong> einegold-<strong>grüne</strong> Farbe und einen intensiven,ganz leicht bitteren Geschmack besitzt. DieKüche kennt hier übrigens keine Alternativezu Olivenöl: Zwar gibt es reichlich Sonnenblumenfelder,aber <strong>das</strong> Öl aus diesenPflanzen wandert in die Industrie.Gemütlich folgen wir <strong>dem</strong> Seeufer.Über 30 Grad im Schatten sprechen fürsich – eigentlich ist Ende Juni nicht diebes te Zeit für einen Radurlaub hier, bessereignen sich Frühjahr und Herbst. Wer imHerbst kommt, kann sich auch noch einabsolutes Kultereignis ansehen oder sogardran teilnehmen: Anfang Oktober findet<strong>das</strong> Nostalgie-Rennen „L’Eroica“ statt.Zum großen Teil auf „strade bianchi“, denweißen Schotterstraßen, geben die Teilnehmerauf ihren <strong>Rennrad</strong>-Klassikern Gas.Ach ja – Ort des Geschehens ist <strong>das</strong> Chianti-Gebiet,also die Toskana ... Aber weitentfernt liegt <strong>das</strong> nicht von der Trasimeno-Region! Und weiße Schotterwege findensich auch in Umbrien. Wenn man Wertdrauf legt, denn der Asphalt hier ist fürschmale Reifen die bessere Wahl.80 roadbike.de • 02|2012


„Morgen drehen wir eine härtere Runde“,kündigt Silvia beim Abendessen an. Nicht<strong>das</strong>s ich mich beschwert hätte! Lehrreichwar der Tag auch noch <strong>durch</strong> den Besuchder kleinen Kaffeerösterei Belardi in Tavernelle,in der der 80-jährige Besitzer eigenhändig<strong>das</strong> Rösten überwacht. Am liebstenüber Holzfeuer, weil er Gas für wenigerverträglich hält.In Gedanken verfasse ich beim Schlafengehenschon die nächste Postkarte: Überumbrische Weingüter und die Frage, ob sieirgendwann so berühmt sein werden wiedie in der Toskana. Ich kann ja nicht wissen,<strong>das</strong>s ich am nächsten Abend vor Erschöpfungden Stift kaum werde halten können.<strong>Rennrad</strong>-Urlaub im lieblichen Umbrien bedeuteteben weit mehr als süße Touren ...Die lieblich anmutenden Hügeltäuschen nur auf den ersten Blick: Dasständige Auf und Ab strengt ordentlich an.02|2012 • roadbike.de 81

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!