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ganze Ausgabe im pdf-Format - Lehrerinnen

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2013/14-0141Insbesondere die Ankündigung des Ministeriums, die Gemeinschaftsschulesetze auch Bildungsinhalte aus demGymnasium um, bleibt in den allermeisten Fällen völlig unberücksichtigt.Das ist auch nicht weiter verwunderlich, sinddie allermeisten Lehrer an diesen Schulen doch Haupt- undRealschullehrer und haben mit gymnasialer Bildung bisherkeine Erfahrung. Warum wird das Konzept der Gemeinschaftsschuledennoch in den Medien überwiegend positivdargestellt und findet in weiten Teilen der BevölkerungZust<strong>im</strong>mung? Dazu tragen <strong>im</strong> Wesentlichen zwei Faktorenbei: Erstens wird das Konzept von Herrn Fratton selbst wieauch vom Ministerium sehr professionell vermarktet undzweitens wirkt das Versprechen von mehr Bildungsgerechtigkeitund individueller Förderung auf viele Menschenhöchst attraktiv. Die Bildungsunternehmer aus der Schweiz– neben Peter Fratton gibt es zwei weitere Akteure, die <strong>im</strong>Moment die Deutungshoheit über Bildung in Baden-Württembergfür sich in Anspruch nehmen: Andreas Müller […]und Christoph Bornhauser […] – haben <strong>im</strong> Kultusministeriumund in vielen Kommunen und Schulen unkritische Abnehmerihrer Ideen gefunden, die […] viel Geld bezahlenfür Vorträge und Beratung […]. Ein wesentliches Elementder Vermarktung ist die Abgrenzung der Gemeinschaftsschulevon bestehenden Schulformen. So werden tragendeElemente traditionellen Unterrichts wie Noten, Lehrervorträgeoder Klassenunterricht als veraltet und wirkungslosdiffamiert, um ihnen dann Konzepte wie Lernbegleiter,Lernjobs und selbstgesteuertes Lernen entgegenzusetzen.Bestehende Bildungseinrichtungen […] werden pauschalabgestempelt zu Anstalten, in denen Schülern <strong>im</strong> Eiltempound Gleichschritt unter enormem Druck Wissen eingetrichtertwird. Dass dieses Bild nicht der Wirklichkeit entspricht,darüber sind sich die Protagonisten der Gemeinschaftsschulbewegungwahrscheinlich <strong>im</strong> Klaren. Aber sie brauchendieses Bild, um ihre Ideen wirkungsvoller vermarktenzu können. Umso attraktiver wirken dann die Versprechungen,die z.B. in der Hochglanzbroschüre des Ministeriumszur Gemeinschaftsschule gemacht werden. Dort stehtzu lesen: «Alle Menschen, die in einer Gemeinschaftsschulelernen und arbeiten, werden erleben, wie positiv und bereicherndUnterschiedlichkeit sein kann.» [...] «Lernen findetin der Gemeinschaftsschule nicht dadurch statt, dassman streng und linear einen Fuss vor den anderen setzt,sondern es ist erlaubt und gewünscht, hin und wiederschnell zu laufen, langsam zu gehen, neugierig stehen zubleiben oder gut gelaunt hin und her zu springen.» Schuleals soziales Paradies darzustellen und Lernen als eine Mischungaus Trendsportart, Wellnessprogramm und Selbstfindungsprozesszu beschreiben, ist schlichtweg unehrlich.Aber genau das tut das Ministerium. Auch wenn wir uns alsEltern und Lehrer vielleicht nach einer solchen Schule sehnen,wissen wir doch alle, dass Lernen oft auch ein mühsamerProzess ist und dass die Gegenstände nicht <strong>im</strong>merinteressant sind. Genau das wird aber ausgeblendet. Unswird in diesen Vorträgen und Broschüren eine Welt des Lernensvorgegaukelt, die es nicht geben kann. […] Das bedeutetkeinesfalls, dass wir nicht Verbesserungen am bestehendenSystem anstreben sollten. Aber Verbesserungen stellensich nicht ein, indem man Szenarien entwirft, die es nichtgeben kann. Der Skandal besteht nun nicht nur darin, dassdas Ministerium bei der Ausarbeitung und Umsetzung desKonzepts «Gemeinschaftsschule» gezielt die Fachleute anden Lehrerseminaren und an den Universitäten umgeht undstattdessen für teures Geld Konzepte aus dem Privatschulbereicheinkauft, sondern auch darin, dass das Ministeriumdiese Konzepte offenbar völlig unkritisch übern<strong>im</strong>mt. Sowird – ohne dass dafür bisher der geringste Beleg erbrachtworden wäre – vom Ministerium in einem offiziellen Informationspapier[…] behauptet: «Die Gemeinschaftsschule isteine leistungsstarke und sozial gerechte Schule.» sowie «Individuellesund kooperatives Lernen in heterogenen Lerngruppenführt zu bestmöglichem Bildungserfolg.» Wenndem so wäre, dann müssten die Schülerinnen und Schülerder «Freien Schule Anne-Sophie» in Künzelsau in Realschulprüfungenund <strong>im</strong> Abitur überdurchschnittlich abschneiden.Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Fragt man beider Schule nach den Prüfungsergebnissen der Schüler, erhältman ausweichende Antworten, konkrete Zahlen sindbisher nicht veröffentlicht. Sich die Expertise von Bildungsunternehmerneinzukaufen und deren Privatschulen zumVorbild zu nehmen für die Gemeinschaftsschule erscheintdilettantisch und verantwortungslos zugleich. Jedem, dersich nur die Internet-Auftritte der Modellschulen in Beatenberg[…], in Romanshorn […] sowie […] Künzelsau ansieht,fällt sofort auf, dass diese Einrichtungen mit staatlichenSchulen in Baden-Württemberg schlichtweg nicht vergleichbarsind […]. Wer von jedem Schüler € 5000.– Schulgeldn<strong>im</strong>mt, kann leicht behaupten, der «Raum (sei) der drittePädagoge», und kann problemlos dafür sorgen, dass jedemLehrer <strong>im</strong>mer eine weitere Person zur Seite steht, die sichum einzelne Schüler kümmert. Sich solche Schulen zum Vorbildzu nehmen und gleichzeitig einen ausgeglichenenHaushalt anzustreben, ist höchst widersprüchlich. Das Konzeptder Gemeinschaftsschule erfreut sich auch deshalb sogrosser Beliebtheit, weil es gezielt Wünsche bedient, die inden letzten Jahren <strong>im</strong>mer lauter von Eltern und Bildungspolitikerngeäussert worden sind: der Wunsch nach einerSchule, die zugleich Lebensraum ist und der Wunsch nacheiner Schule, an der die Kinder ohne […] Stress […] die gleichenLernerfolge erzielen […]. Und genau diese Art vonSchule haben die Protagonisten des Gemeinschaftsschulkonzeptesin den letzten Monaten gebaut – nicht aus Stahl

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