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Tagungsdokumentation - Tierärzte ohne Grenzen eV

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V. Was sind die Chancen des Pastoralismus in Ostafrika?• 70 Millionen Menschen, die 80% der Fläche am Horn von Afrika bew<strong>ohne</strong>n, sind ein nicht zu vernachlässigenderWirtschaftsfaktor. Zum Bespiel tragen die pastoralen Viehhalter Äthiopiens 20% zum Bruttosozialprodukt desLandes bei, während der Staat 0.5% seiner Ausgaben in diesen Gebieten tätigt. Das ist auch ökonomisch nichtsinnvoll.• Die Nachfrage nach Fleisch in Afrika ist über das letzte Jahrzehnt so stark angestiegen, dass Afrika zu einemImportmarkt für Fleisch geworden ist. Dieser Trend nimmt weiter zu. Pastorales Vieh liefert 90% des Fleischbedarfsfür die Region. Es liegt im nationalen Interesse, den Nahrungsbedarf der Nation vorrangig durch einheimischeProduktion zu sichern, um sich von den Entwicklungen auf dem Weltmarkt unabhängiger zu machen.• Pastoralismus erlaubt die Nutzung einer ansonsten brachliegenden „ökologischen Nische“. „MarginaleRessourcen“ werden optimal und nachhaltig genutzt. Bei weiter ansteigender Nachfrage nach Lebensmitteln liegtdies im allgemeinen Interesse.• Es werden geeignete Rassen gehalten/gezüchtet, die eine vielseitige Produktnutzung pro Tier ermöglichen (nichtnur Milch und Fleisch, auch Haut, Horn, Haare usw.). Die Vermarktung von Milch – das Hauptprodukt pastoralerViehhaltung – ist bislang wenig gefördert worden.• Pastoralismus ist eine Lebensform mit kulturellen Eigenarten, die entsprechend dem Wunsch ihrer Vertreterrespektiert und geschützt werden sollte. Sie trägt zur kulturellen Vielfalt bei. Das schließt eine Veränderung undAnpassung an gegebene externe Faktoren nicht aus.• Die Viehwirtschaft als soziales Sicherungssystem der Pastoralisten ist ein Element, das die Nutzung marginalerRessourcen erst möglich macht.• Pastoralismus trägt stark zur Landschaftspflege und Biodiversität bei.• Der Nutzen der pastoralen Viehhaltung sollte von der internationalen Gemeinschaft neu bewertet werden, dennWeidehaltung trägt zur Kohlenstoffbindung im Boden und damit erheblich zur Kohlendioxid-Reduzierung in derAtmosphäre bei.VI. Welche Forderungen müssen an die (internationale) Politik gestellt werden, wenn die pastoraleLebensweise noch eine Zukunft haben soll?• Pastorale Tierhalter verdienen Anerkennung als Hauptproduzenten tierischen Proteins in ariden und semi-aridenGebieten. Sie leisten einen erheblichen Beitrag zur Ernährungssicherung und zum Volkseinkommen. Demgegenüber steht eine ungenügende Förderung und Unterstützung durch nationale Regierungen,Entwicklungsorganisationen, internationale Organisationen und Forschungseinrichtungen.• Erhebliche Investitionen in Infrastruktur (Straßen, Schulen, Gesundheitseinrichtungen, tiermedizinische Versorgung,Kommunikation, Vermarktungsstrukturen, Wassermanagement, Vorratshaltung, Sicherheit) sind notwendig, um diepastoralen Gebiete auf denselben Entwicklungsstand wie den anderer Landesteile zu bringen. Die Reinvestitionfinanzieller Ressourcen, die in pastoralen Gebieten erzeugt wurden, ist erforderlich.• Es sollte anerkannt werden, dass Pastoralisten wichtige Beiträge zum nachhaltigen Erhalt unserer Umwelt leistenkönnen, wie z. B. durch Erhaltung einer hohen Biodiversität, durch positiver Einfluss auf den Klimawandel oder imKampf gegen die Desertifikation.• Der Zugang der Pastoralisten zu lebenswichtigen Ressourcen, insbesondere zu (kommunalem) Weideland undWasser, muss gesichert werden. Dies ist vor allem im Blick auf die sich verstärkenden Tendenzen des „landgrabbing“ unbedingt erforderlich.• Das Recht von Pastoralisten auf ihre mobile Lebensweise sollte anerkannt werden. Existierende Gesetze solltenverbessert werden, um dem Unterschied zwischen nomadischen oder transhumanten Produktionsweisen und derintensiven Viehhaltung gerecht zu werden. Nationalstaaten am Horn von Afrika und in anderen Teilen der Weltsollten anerkennen, dass pastorale Weidegründe grenzübergreifend sind. Sie sollten traditionelleWanderungsbewegungen respektieren. Anfänge sind dazu gemacht worden (z. B. im Rahmen derIntergovernmental Agency on Development – IGAD).• Nationalstaaten und die internationale Staatengemeinschaft sollten verstärkt innovative Programme entwickeln, dieden Zugang von Pastoralisten zu Gesundheitsversorgung und Bildung verbessern und ihrer mobilen LebensweiseRechnung tragen. Dabei kann die Nutzung neuer Kommunikationsmittel einen wichtigen Beitrag leisten.

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