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M a g a z i n - Jus-Alumni

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CareerMentorshipProgrammeDr. Stefan Riegler, Hiring Partner Wienmit Mentee Mag. Anna FörstelIm Mai 2014 geht unser Career MentorshipProgramme wieder in eine neue Runde.Mentorin: Mag. Simone Liebmann-Slatin, Senior Counsel,Mentee: Sie?Und das erwartet unsere neuen Mentees zukünftig:• Individuelles Coaching durch einen Mentor• Teilnahme an ausgewählten Hard und Soft SkillSeminaren („Mentorship University“)• Jährliche Karriere-/Entwicklungsgespräche• Sprachangebote und Auslandsaufenthalte• Zugang zu den Ressourcen unserer weltweitoperierenden Anwaltskanzlei• Einladung zu KanzleiveranstaltungenBewerben Sie sich für unsere nächsten Auswahlverfahrenim Frühjahr (15. Mai 2014).Weitere Informationen finden Sie aufwww.bakercareers.atDas könnteIhr Platz sein.Baker & McKenzie • Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbHClaudia Schweda-Mahrer, Schottenring 25, 1010 Wien, Telefon: +43 (0) 1 24 250 462hallo@bakercareers.at, www.bakercareers.atDiwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH ist ein Mitglied vonBaker & McKenzie International, einem Verein nach dem Recht der Schweiz.


jusalumniMagazinEditorial456891011121314Mitglieder-EchoKontakte knüpfen mit jus-alumniIm GesprächPorträt. Prof. Dr. Nikolaus ForgóInterview. RA Hon.-Prof.Dr. Guido Kucsko: Geistiges EigentumPatentrechtBrüssel. Neues europäisches Patent.USA. Patent auf „Designerbabys“?Herausforderung. Wissenstransferdurch Patente.China. Neue Strategien.Marken- & MusterrechtMarkenrichtlinie. Markenschutz.Beratungsbedarf. Schutz von Designs.Gemeinschaftsmarken.Rechtserhaltende Benutzung.InhaltLiebe jus-alumni Mitglieder,liebe Leserinnen,liebe Leser!Vor Ihnen liegt eine Ausgabe des jus-alumni Magazins, die sich mit den neuestenEntwicklungen und Fragestellungen zum „geistigen Eigentum“ befasst.Rechtsanwalt Hon.-Prof. Dr. Guido Kucsko hält am Institut für Unternehmens-und Wirtschaftsrecht der Universität Wien eine praxisorientierte Vorlesungüber „geistiges Eigentum“. Er meint, dieses Rechtsgebiet sei wegenseiner Komplexität sehr spannend geworden und informiert darüber im Gesprächab Seite 6.Prof. Dr. Nikolaus Forgó ist in Hannover Chef von mittlerweile mehr als 50 Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern, die alle zu IT- und IP-Recht forschen. Mehrdarüber im Porträt (S. 5). Das neue einheitliche Patentsystem Europas, Patenteauf „Designerbabys“ sowie Strategien im Umgang mit Patenten in China sinddie Themen der Seiten 8 bis 11. Beiträge über Marken- und Musterschutzbefinden sich auf den Seiten 12 bis 15.Ob Denkmalschutz als Fortsetzung des Urheberrechtes betrachtet werdenkann, fragten wir HR Dr. Andreas Lehne vom Bundesdenkmalamt. Er meint,auch ein geschütztes Denkmal muss flexibel bleiben, um veränderten Ansprüchengenügen zu können (S. 16). Hat der OGH nun ein allgemeines Personen-Fotografierverbot verhängt? Rechtsanwalt Dr. Thomas Höhne stellt auf Seite 17die wichtigsten Argumente dar. Auf den Seiten 18 bis 21 lesen Sie über dasErfordernis einer Novelle des digitalen Urheberrechts, den urheberrechtlichenSchutz anwaltlicher Leistungen sowie über Digitalisierung und den freien Zugangzu Information. Veranstaltungshinweise und Neuigkeiten erfahren Sieab Seite 20.151618192120UrheberrechtDenkmalschutz. Fortsetzungdes Urheberrechtes?OGH. Und der böse Blick.Novelle. Digitales Urheberrecht.Schutz. Anwaltliche Leistungen.Digitalisierung. Die Geister, die man rief!Juridicum internNews vom Juridicum.Zum Abschluss noch eine wichtige Erwähnung: Wir möchten uns an dieserStelle sehr herzlich bei unserem Sponsor LexisNexis bedanken, der uns seitJahren die Herausgabe des jus-alumni Magazins ermöglicht! Für heuer wünschenwir Ihnen schon nach der dritten Ausgabe des jus-alumni Magazinsfrohe Festtage und ein prosperierendes Jahr 2014!Herzlichst, IhreFoto: Kurt AlbrechtshoferFoto: Wilke2222jus-alumni InternaNachlese.Veranstaltungshinweise.Mag. Manuela TaschlmarChefredaktionpowered byMag. Inge TiefenbacherGeschäftsführung jus-alumnijusalumniImpressumMedieninhaber & Verleger: LexisNexis Verlag ARD Orac GmbH & Co. KG, Marxergasse 25, 1030 Wien, Tel: 01/534 52-0, Fax: 01/534 52-141, Geschäftsführung: Mag. Peter Davies, MBA,Abonnentenservice: Tel: 01/534 52-555, Fax: 01/534 52-141, Herausgeber: jus-alumni Verein der Absolventinnen und Absolventen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien,c/o Juridicum, Universität Wien, Schottenbastei 10 - 16, 1010 Wien, GF Mag. Inge Tiefenbacher, Chefredaktion: Mag. Manuela Taschlmar; manuela.taschlmar@lexisnexis.at; Erscheinungsweise: 3xjährlich, Anzeigen: Alexander Mayr, 01/53452-1116; anzeigen@lexisnexis.at, Anzeigenpreise lt. Mediadaten, einsehbar auf www.lexisnexis.at, Layout & Gestaltung: Robert Schlenz, Druck: PrimeRate GmbH, Budapest, Preis: Jahresabonnement 2013: € 24,– (inkl. USt, exkl. Versandkosten), Einzelheft: € 6,50 (inkl. USt, exkl. Versandkosten). Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz: LexisNexisVerlag ARD Orac GmbH & Co KG: 100% Reed Elsevier. Grundlegende Richtung: das jus-alumni Magazin sieht sich als unabhängige und unparteiische Plattform für Juristinnen und Juristen, insbesonderefür Absolventinnen und Absolventen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Ziel ist es, den Leserinnen und Lesern der Zeitschrift unabhängige, aktuelle Informationenaus allen Bereichen, die für Juristinnen und Juristen in allen Berufen von Interesse sind, näherzubringen. Weiteres Ziel ist es, den Gedanken von jus-alumni zu verbreiten. Autorinnen/Autoren undMitarbeiter/innen dieser Ausgabe: Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Titelfotos: fotolia, Fotos: LexisNexis, fotolia.jus-alumni Magazin 03/20133


jusalumniMagazinMitglieder-EchoKontakte knüpfen mit jus-alumniMitglieder sind am WortBreit gefächerter ÜberblickWarum sind Sie Mitglied bei jus-alumniund was zeichnet für Sie das jus-alumniMagazin aus?Ich habe mich dazu entschieden jus-alumnibeizutreten, da es mir sehr wichtig erscheint,ehemaligen Absolventen die Möglichkeit zugeben, sich auszutauschen und zu vernetzen.Während des Studiums habe ich vieleinteressante Menschen kennengelernt. Eswar mir ein wichtiges Anliegen, diese Kontakteauch weiterhin pflegen zu können.Das jus alumni Magazin bietet die Gelegenheit,einen breit gefächerten Überblick überaktuelle Themen zu erhalten.Wie ist Ihre berufliche Laufbahn nach demStudienabschluss bisher verlaufen und welchePläne haben Sie für die Zukunft?Ich bemerkte ziemlich rasch während meinerZeit als Studienassistentin bei Frau ao. Univ.-Prof. Dr. Rudolf, dass mir wissenschaftlichesArbeiten viel Freude macht, und so wollteich unbedingt auch das Doktorat machen.Nach dem (Diplom-)Studienabschluss wardaher für mich zugleich wieder vor demStudienabschluss. Während eines Praktikumsam Europäischen Zentrum für Schadenersatz-und Versicherungsrecht hatteich das große Glück, ein für mich perfektesDissertationsthema zu finden. Als einigeMonate daraufhin eine Stelle an meinem„alten“ Institut bei Frau ao. Univ.-Prof. Dr.Lengauer frei wurde, habe ich mich natürlichsofort beworben und Glück gehabt.Dort verfasste ich dann meine Dissertationzum Thema „Die außervertragliche Haftungder Europäischen Union nach Art 340 Abs 2AEUV für rechtswidriges Verhalten ihrerOrgane“. Nun bin ich Postdoc Assistentinam Institut für Zivilrecht bei Herrn Univ.-Prof.Dr. Karner und möchte meine Forschungstätigkeitnoch etwas ausweiten und vertiefen.Mit welchen Fragestellungen sind Sieberuflich hauptsächlich befasst?An der Universität herrscht die Freiheit, sichseine Forschungsfelder selbst auszusuchenbzw diese sich selbst zu erarbeiten. MeineForschungsschwerpunkte sind neben dem allgemeinenZivilrecht und dem Verfahrens- undVerfassungsrecht der Europäischen Union insbesonderedie europäischen Bezüge des Privatrechts,das europäische Kartellrecht sowiedas europäische Schadenersatzrecht.Foto: privatDr. Anna-Zoe Steiner istUniversitätsassistentinam Institut für Zivilrechtder Universität Wien.anna-zoe.steiner@univie.ac.atEinblicke, die man gewöhnlich nicht erhältWarum sind Sie Mitglied bei jus-alumniund was zeichnet für Sie das jus-alumniMagazin aus?Die zahlreichen Veranstaltungen eröffnenEinblicke, die man gewöhnlich nichterhält. Die erst kürzlich stattgefundeneFührung durch den Verwaltungsgerichtshofmit Präsident Jabloner war eine informativeund humorvolle Einführung inseine tägliche Arbeit als erfolgreicher Verwaltungsrichter.Jede Ausgabe des jus alumni Magazinsenthält eine ausgewogene Darstellungbestimmter Rechtsfragen, die sichin öffentlicher Diskussion befinden odersonst brisant sind. Die Interviews mitbekannten Juristen gefallen mir immergut.Wie verlief Ihre berufliche Laufbahn nachdem Studienabschluss bisher und welchePläne haben Sie für die Zukunft?Ich bin trotz meiner Praktika während desStudiums und meinem Auslandssemesterin Oslo (Norwegen) noch Einsteiger. Gleichnach meinem Abschluss im Juni 2013 warich Verwaltungspraktikant beim Land Niederösterreich.Zurzeit bin ich als Rechtspraktikantan einem Wiener Bezirksgerichtmit Bestandrecht befasst. Mein besonderesInteresse lag immer im öffentlichen Recht,weshalb ich auch demnächst – nach erfolgreicherBewerbung – in den öffentlichenDienst als Ausbildungsjurist eintreten werde.Ich kann allen empfehlen, die bei der Berufswahlunsicher sind, den öffentlichen Dienstals ernsthafte Variante in Erwägung zu ziehen.Das Aufgabengebiet ist vielseitig, dieAusbildung gut, Veränderungsmöglichkeitenvorhanden und Karriere machbar, wennman zielstrebig bleibt und gerne lernt.Mit welchen Fragestellungen sind Sie beiGericht befasst?Die Gerichtspraxis ist ein guter Einblick indie österreichische <strong>Jus</strong>tiz. Die Hauptaufgabeist (abhängig vom Ausbildungsrichter)hauptsächlich die Konzeption von Urteilen,Teilnahme an mündlichen Verhandlungen,juristische Recherche oder die Beratungrechtsuchender Personen. In der Verwaltungist man hauptsächlich mit der Abwicklungvon Verwaltungsverfahren befasst, erstelltBescheide, führt mündliche Verhandlungen,vernimmt Personen und recherchiert allesRechtliche im Vorfeld. Ein Unterschied istfreilich, dass Verwaltungsbeamte an Weisungengebunden sind, während Richter beiEntscheidungen unabhängig sind. Es wirdab 2014 Verwaltungsgerichte geben, derenMitglieder auch Richter im Sinne der Bundesverfassungsind.Foto: privatMag. Klaus Oblassertritt demnächst in denöffentlichen Dienst alsAusbildungsjurist ein.klaus.oblasser@yahoo.de4 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinPorträtMultitasking und viele ReisenProf. Dr. Nikolaus ForgóEs fing an mit einer Website. Nikolaus Forgówar der Erste, der meinte, das Wiener Juridicumkönne eine Website gebrauchen. Er wares auch, der diese Idee umsetzte und die Websitegemeinsam mit einer Gruppe Studierendererstellte. Seit 1994 beschäftigte sich der jungeUniversitätsassistent mit IT an der RechtswissenschaftlichenFakultät der Universität Wienund wurde bald deren IT-Beauftragter. So kames, dass es Nikolaus Forgó war, der die erstenComputer für Studierende am Juridicum vernetzteund den ersten EDV-Raum eröffnete.„Das ist noch gar nicht so lange her“, sagt erund lacht. Im Jahr 1997 promovierte er miteiner rechtstheoretischen Dissertation.Es dauerte nicht lange, bis eine weitere seinerIdeen in die Tat umgesetzt wurde: 1999 warNikolaus Forgó Gründer und Leiter des Universitätslehrgangsfür Informationsrecht undRechtsinformation an der Universität Wienund leitet diesen noch heute. Seine hohe Affinitätzur EDV und die frühe Beschäftigung mitInternet waren in Nikolaus Forgós Biografiesehr wichtig. Der Assistent von einst ist seinemSteckenpferd treu geblieben und avancierteim Jahr 2000 – als 32-Jähriger – zumordentlichen Professor für Rechtsinformatikund IT-Recht an der Leibniz Universität Hannover.Hannover hat eine sehr lange Traditionim IT-Recht, denn dort befindet sich seit 1978das älteste Institut für IT-Recht im deutschsprachigenRaum. „Das war noch die Zeit derLochkarten“, präzisiert Forgó. Dass es Hannoverwurde, war mehr ein Zufall, meint NikolausForgó: „Ich wusste gar nicht, wo Hannovergenau liegt. Ich dachte, es liegt näheram Meer. Es war eine Stelle im IT-Recht ausgeschriebenund ich bewarb mich. Ich kanntedort niemanden und ich kannte die Stadtnicht. Ich bin es einfach geworden. Es wareine Mischung aus Glück, Zufall und weil iches ausprobieren wollte.“Seit 2007 ist Forgó zusätzlich Direktor amInstitut für Rechtsinformatik und Beauftragterfür den LL.M.-Studiengang zum IT-Rechtund Recht des geistigen Eigentums. Dort ist erChef von mittlerweile mehr als 50 Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern, die alle zu IT- und IP-Recht forschen. Von April 2011 bis April 2013war der IT-Experte nebenbei als Studiendekander juristischen Fakultät in Hannover aktiv.Multitasking mag er. Genauso wie das Reisen.Er ist wegen seiner vielen Projekte in ganzEuropa unterwegs. „Es ist einer der Nachteile,dass man extrem viel reist. Oder einer derVorteile, je nachdem, wie man das sieht.“Erhebliche DrittmittelforschungSeine umfangreiche Expertise erlangte Forgódurch breite Grundlagen- und Drittmittelforschung.Er beschäftigt sich insbesondere mitDatenschutz und Datensicherheit sowie geistigemEigentum, vor allem im Gesundheitssektor.Fördergeber ist bei seinen Projektenmeistens die Europäische Union, für die erauch zahlreiche Organisationen berät und alsGutachter tätig ist. Als Forscher ist er sehr ineinem extrem kompetitiven Feld engagiert,nämlich in einigen Forschungsprojekten des7. Rahmenprogramms, und da hauptsächlichim Bereich großer gesellschaftlich relevanterThemen wie E-Health, Cloud Computing undsoziale Netzwerke. Bei dieser großen Wissenschaftsförderschieneder EU gibt es ein paarMal im Jahr Ausschreibungen zu unterschiedlichenThemen, für die sich dann typischerweisemultidisziplinäre multinationale Teamsmit einander ergänzenden Kompetenzen fürgrößere Projekte bewerben. „Es muss eineMischung zwischen Universität, außeruniversitärerForschung und auch Industrie geben,soweit das im jeweiligen Thema Sinn macht.Und es sollten Partner sein, die Erfahrunghaben.“ Den Entry Level in ein Konsortium zuschaffen, sei relativ kompliziert und schwierig,denn: „Es ist viel Bürokratie, vorher, mittendrinund nachher.“ Mittlerweile gibt es anjeder Universität, die der IT-Professor kennt,ein EU-Hochschulbüro. „Das ist attraktiv, weilviel Geld drin ist.“ Denn ein durchschnittlichesProjekt ist mit bis zu 15 Millionen Euroausgestattet. „Das ist erheblicher als das,was man normalerweise mit einer nationalenForschungsschiene erreicht.“ Wichtig sei, soForgó, „dass man einmal bei einem erfolgreichenProjekt dabei war und sich dort hoffentlicheinigermaßen gut benommen hat. Dannwird man wieder gefragt.“Eines der brandaktuellen Forschungsthemenim Auftrag der EU-Kommission sind Überwachungstechnologien.Nikolaus Forgó war nichtüberrascht, dass viel überwacht wird. Dochdie Größenordnung verblüffte ihn „erheblich“.Für das Hauptproblem hält der IT-Professordie unglückliche Kommunikationspolitik.„Diesen Zustand des Nichtinformiertseinsteile ich mit allen in der Akademie. Schockierendfinde ich, dass wir das auch mit der Politikteilen. Bis ins Europäische Parlament weißman nicht genau, was da passiert.“Prof. Dr. NikolausForgó ist UniversitätsprofessorfürRechtsinformatikund IT-Recht an derLeibniz UniversitätHannover, Honorarprofessoran derUniversität Wienund hier Leiter desUniversitätslehrgangs für InformationsundMedienrecht.(www.informationsrecht.at)Foto: privatFoto: fotoliajus-alumni Magazin 03/20135


jusalumniMagazinIm GesprächGeistiges EigentumRA Hon.-Prof. Dr. Guido Kucsko im Gespräch mit jus-alumniMagazin Chefredakteurin Mag. Manuela Taschlmar über„Recht und Ideen“Herr Professor Kucsko, wie geht die Gesellschaftmit Ideen um?Guido Kucsko: Jemand äußert die Idee, heuteAbend ins Kino zu gehen. Jemand anderergreift diese auf und sagt: „Gute Idee, dasmache ich auch.“ Dafür Lizenzgebühren zuverlangen, wäre absurd. Andererseits gibt esIdeen, für die sehr starke Schutzmechanismenaufgebaut wurden – bis zur strafrechtlichenVerfolgung, wenn man diese verletzt. Das istdas Thema meines Rechtsgebiets: Auf welchenKompromiss einigt sich die internationaleGesellschaft als soziales Gebilde zwischen demInteresse des einzelnen Menschen, der Ideenhat, diese äußert und alle Rechte daran habenwill, einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit,die Ideen der anderen frei zu nutzen,andererseits?Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts habensich im Wesentlichen vier Rechtsgebiete entwickelt,um diese Balance herzustellen: DasMarkenrecht, das Musterrecht (Designschutz),das Patentrecht und das Urheberrecht.Jemand investiert in eine Marke und promotetdamit seine Produkte, wie etwa Gucci fürMode. Er benötigt „Markenschutz“. Jemandkreiert ein Produktdesign, wie die Gestaltungeiner Tasse oder eines Seidentuchs. Hier greiftder Musterschutz. Die Kategorie Patentrechterfasst technische Lösungsideen, oftmals auchfür einfache Anwendungen, wie etwa bei Flaschenverschlüssen.Das Urheberrecht schütztdie künstlerisch kreative Leistung, aber auchkommerzielle kreative Leistungen wie Grafikdesign,Werbebotschaften oder journalistischeSchriften bis hin zu Schriftsätzen von Rechtsanwälten.Mit welchen Fragestellungen sind Sie alsRechtsanwalt häufig befasst?Jemand kommt z.B. zu uns, weil er eine Marketingideefür ein neues Produkt hat oderein Startup gründen will. Wir kategorisierendie Ideen, klären, ob man aus der Idee einegeschützte Marke entwickeln kann, ob derPrototyp bereits für den Designschutz geeignetist oder ob eine technische Lösung patentfähigwäre. Wurden bereits Werbematerialienentwickelt, so stellen sich urheberrechtlicheund lauterkeitsrechtliche Fragen. Wenn dieIdeen kategorisiert sind, können wir uns überlegen,ob man sie national und europaweitoder als internationale Anmeldung in Japanund den USA schützen kann. Wenn ja, klärenwir die Kosten. Andererseits ist zu klären: Darfdieser Markenname verwendet werden odergibt es ihn schon? Die Kehrseite der Medailleist, auch die schon bestehenden Rechte alleranderen zu klären. Gelegentlich glauben Mandanten,sie haben eine neue Idee, kommenaber im Zuge der Recherche darauf, dass esdiese in Deutschland oder in Frankreich, wosie ebenfalls auf den Markt wollen, schon gibt.Ähnlich läuft es bei der technischen Lösung.Hier muss ein Patentanwalt aus dem technischenFachbereich abklären, ob die Erfindungtatsächlich neu ist.Wie recherchiert man?Das ist eines der Hauptprobleme in der Praxis.Für Marken gibt es nationale Recherchesystemebei den Patentämtern und auch internationalerAnbieter, welche die Datenbankenvernetzen. Alle Recherchesysteme sind aberaus mehreren Gründen unzureichend: Erstenssind die Datenbanken notwendigerweise nichtgänzlich aktuell, denn wenn jemand vor einerStunde eine Marke angemeldet hat, ist sieselbstverständlich noch in keiner Datenbankenthalten. Zweitens konkurriert die Marke mitanderen Kennzeichenrechten – vor allem mitder nicht registrierten Marke, mit Firmennamen,Unternehmensbezeichnungen, Domainsetc. Wenn jemand z.B. eine nicht registrierteMarke über längere Zeit im geschäftlichenVerkehr verwendet und dadurch „Verkehrsgeltung“erlangt hat, so ist dieses Zeichenbereits zur geschützten Marke geworden,obwohl es in keinem Markenregister abrufbarist. Und drittens könnte die Marke auch mitbloß ähnlichen Zeichen aus anderen Bereichenkollidieren, die bei einer Computer-Recherchenicht gefunden werden (z.B. ein Synonymin einer anderen Sprache). Eine 100%igeRecherche ist also nach wie vor nicht möglich.Schließlich bleibt die Frage, ob das gewünschteneue Zeichen mit einem bei der Rechercheaufgefundenen älteren Zeichen verwechselbarähnlich ist. Letztlich ist dies von den Gerichtenund Behörden nach deren Ermessen zu beurteilenund kann daher im Voraus nur annäherungsweiseeingeschätzt werden. Eine gewisseRechtsunsicherheit und damit ein Risiko bleibenalso stets.Wie ist das im Patentrecht?Ganz ähnlich. Technische Lösungen werdenklassifiziert, etwa in der Chemie oder Mechanik.Man kommt über einen Suchbaum zuPatentschriften, die sich schon einmal mitähnlichen Patentlösungen befasst haben. Aufdiese Weise recherchiert man in allen naturwissenschaftlichenBereichen den Stand derTechnik und ob es für eine bestimmte technischeAufgabenstellung bereits patentierteLösungen gibt. Das können sinnvollerweisenur Fachleute aus dem jeweiligen Gebietrecherchieren.Welche Recherchemöglichkeiten gibt es beimDesign?Beim Design ist es noch viel schwieriger. Hiergibt es wegen der unendlich vielen Designgestaltungenkaum Recherchemöglichkeiten.Nur in ganz wenigen Ländern, wie Japan,wird daher vom Patentamt eine Neuheitsprüfungdurchgeführt. In Österreich wird diesnicht recherchiert. Das Geschmacksmusterwird registriert und es bleibt Dritten überlassen,einen Löschungsantrag mit der Behauptung(und dem Beweis) zu stellen, dass diesesDesign nicht neu war und daher nicht hätteregistriert werden dürfen.Wie gehen Sie mit diesen Fragestellungen inder Praxis um?In allen diesen Bereichen sind die Mandantenauf sehr unsicherem Recht unterwegs. Amehesten kann man absolute Blocker finden,6 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinIm Gesprächnämlich bestehende identische Marken, einschlägigePatente, registrierte Geschmacksmuster.Hier wäre es am besten, sich mit dembetreffenden Schutzrechtsinhaber zu einigen,sonst geht man ein sehr erhebliches Risiko ein,wegen des älteren Rechts in Anspruch genommenzu werden. Das muss nicht sofort sein,sondern kann erst in einigen Jahren nach demAufbau des neuen Produkts passieren. Diewirtschaftlichen Schäden aus einer solchenInanspruchnahme können dann beträchtlichsein.von vorne beginnen oder mit Änderungen neuerzeugen, eine andere Marke darauf geben,das Design ändern etc.Diese Problematik bekommen wir vermutlichauch in der nächsten Generation nicht in denGriff. Unsere Systeme stammen aus der Zeitvor der Globalisierung. Noch herrscht dasTerritorialitätsprinzip. Jedes Land hat seineigenes Rechtssystem. Darüber gibt es einelückenhafte Schicht der Rechtsvereinheitlichungdurch ein paar internationale Abkommen, dieeinen Mindeststandard sichern, jedoch nicht inDetails gehen. In Europa haben wir teilweiseeine tiefer gehende Harmonisierung, vor allemim Markenrecht und im Designschutz. Geringist der Harmonisierungsrad im Patentrecht undsehr eklektisch im Urheberrecht.Diese Systeme sind auch in den weiterenDetails ganz unterschiedlich. Der Markenschutzbesteht für zehn Jahre und ist beliebigoft verlängerbar. Er ist theoretisch von „ewigemLeben“. Der Designschutz ist auf 25 Jahrebeschränkt und der Patentschutz auf 20 Jahre.Der Urheberrechtsschutz läuft 70 Jahre nachAblauf des Todesjahres des Urhebers.Wie werden Verstöße sanktioniert?Alle vier Kategorien haben ein sehr ähnlichesSanktionensystem. Der Rechtsverletzer mussmit einer Unterlassungsklage, verbunden mitAntrag auf einstweilige Verfügung rechnen.Dazu kommen Ansprüche auf Rechnungslegungdarüber, welche Umsätze gemacht wurden,Zahlungsansprüche, die teilweise sogarauf das doppelte angemessene Entgelt lautenkönnen, sowie Urteilsveröffentlichungen unddazu strafrechtliche Konsequenzen.Wenn kein Verschulden vorliegt, gibt es zwarkeinen Schadenersatzanspruch und auch keinestrafrechtliche Verurteilung. Das hilft jedochnicht bei den anderen Ansprüchen. Es ist nichtangenehm, wenn man ein Produkt entwickeltund sehr hohe Anfangskosten investiert hat,doch schließlich auf dem Warenlager und derWerbekampagne sitzen bleibt, weil eine einstweiligeVerfügung erlassen wird und das Produktnicht mehr verkauft werden darf. Manmuss dann entweder alles einstampfen undGuido Kucsko hält eine praxisorientierte Vorlesung über „geistiges Eigentum“ am Institut fürUnternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien.Welche Bedeutung hat das „geistige Eigentum“?Dieses Rechtsgebiet ist wegen seiner Komplexitätsehr spannend geworden – auch durchdie neuen Medien. Jedes Unternehmen hatheute eine Website und möchte internationalauftreten. Es lässt Bestellungen aus demAusland zu oder bietet Services weltweit an.Damit ist es theoretisch auf jedem Markt präsentund auch dem Risiko ausgesetzt, dortRechte zu verletzen, ohne es zu wissen.Andererseits erleben wir vor allem bei Insolvenzen,dass die Marke oftmals am wertvollstenist. Die Betriebsliegenschaft ist vielleichtnur gemietet, der Fuhrpark geleast, dieMaschinen sind veraltet. Wertvoll sind dasKnow-how in den Köpfen der Mitarbeiter, dieMarke, der gute Name, vielleicht die Patenteund das gute Design.Es gibt Unternehmen, deren Marke in Rankingssensationelle Werte hat. Damit mussman vorsichtig umgehen. Eine Markenstrategie,ein Markenmanual sowie eine Portfolioverwaltungsind notwendig, damit man eineMarke behutsam weiterentwickeln kann, ohneden Markenkern zu gefährden. Und manmuss wissen, wie man sich gegen Annäherungvon anderen wehrt, die versuchen, als „Trittbrettfahrer“unlauter zu partizipieren. DenkenSie beispielsweise an das iPhone, das ein markantesAussehen hatte, bevor andere Produzentenbegannen, ihre Produkte ganz ähnlichzu gestalten. Eine Reihe von Verfahren war dieFolge.Es ist in den letzten Jahren noch viel deutlicherin das Bewusstsein der Allgemeinheit und speziellder Unternehmer gedrungen, wie wichtiggeistiges Eigentum ist. Wir Juristen bemühenuns, den rasanten technischen Entwicklungenhinterdrein zu kommen. Es vergeht kaumein halbes Jahr, wo nicht wieder grundlegendneue Technologien entstehen, mit neuenRechtsfragen und neuen Herausforderungen.Herzlichen Dank für das Gespräch!Foto: privatHon.-Prof. Dr.Guido Kucskoist Partner beiSchönherrRechtsanwälte.jus-alumni Magazin 03/20137


jusalumniMagazinPatentrechtNeues europäisches PatentAls erster Mitgliedstaat hinterlegteÖsterreich am 7. August 2013 dieRatifizierungsurkunde für dasInternationale Übereinkommen überden neuen EU-Patentgerichtshofin Brüssel. Das Übereinkommen trittin Kraft, sobald es von 13 Mitgliedstaatenratifiziert worden ist.Dank der Einigung auf ein einheitlichesPatentsystem wird die Anmeldung eines europäischenPatents ab Mitte 2015 kostengünstigerund weniger aufwendig, weshalb Europaattraktiver für Investoren werden soll. Bereitsheute stammen mehr als sechzig Prozent derAnmeldungen beim Europäischen Patentamtvon außereuropäischen Anmeldern. Dochauch die österreichische Wirtschaft, vor allemkleinere und mittlere Unternehmen, wird vonder Vereinheitlichung profitieren. Nach Angabender EU-Kommission soll ein EU-Patentweniger als 5.000 Euro kosten. Der dadurchfür den Bund bewirkte Budgetausfall ist ebenfallsbeachtlich und wird auf bis zu acht MillionenEuro jährlich geschätzt.Das künftige Europäische Patentamt mit Sitzin München besteht schon länger. In der Vergangenheitgeriet die Münchner Behördeimmer wieder in öffentliche Kritik, wenn esum die Patent-Vergabe für Software oder biotechnologischeErfindungen ging. Österreichverfolgt hingegen bei Software- als auch beiBiopatenten eine außerordentlich restriktiveErteilungspraxis. Die Vergabepraxis des künftigenEU-Patents wird somit verstärkt zu beobachtensein.Trend zur ZentralisierungAnmelder haben künftig vier Möglichkeitenzum Schutz ihres geistigen Eigentums zurAuswahl: Das nationale Patent, das durchdas Europäische Patentamt (EPA) erteilte EP-Patent, die PCT-Anmeldung und das neue EU-Patent. Die Verfahrenssprache kann Deutschoder Französisch (mit Übersetzung der Patentschriftin Englisch) oder Englisch (mit Übersetzungin eine EU-Amtssprache) sein. Das EPAwird die Anträge administrieren, die Jahresgebühreneinheben, verwalten und verteilen undein detailliertes Register führen.Der Trend geht inzwischen dahin, dass dienationale Anmeldung mit der Zeit an Bedeutungverliert und immer mehr Unternehmenihre Patente direkt beim EuropäischenPatentamt oder bei der Weltorganisation fürgeistiges Eigentum (WIPO) anmelden. Mitdiesem Struktureffekt des EU-Patentes ist inallen nationalen Patentsystemen zu rechnen.Daher gibt es die Empfehlung des Rates fürForschung und Technologieentwicklung, dasÖsterreichische Patentamt mit neuen Kompetenzenzu versehen. Dem Vorschlag gemäßkönnte das Hauptaugenmerk zukünftig mehrauf Information, IP-Outreach und IP-basiertesWachstum konzentriert werden.EU-PatentgerichtsbarkeitWill ein Patentinhaber gegenwärtig ein europäischesPatent in mehreren Ländern durchsetzenoder ein Dritter in mehreren Ländern denWiderruf eines europäischen Patentes erwirken,so können wegen der Streithandlungen ineiner Vielzahl von Ländern enorme Kosten entstehen.Neben den hohen Kosten besteht überdiesdie Gefahr unterschiedlicher Auslegungdes harmonisierten europäischen Patentrechtsdurch nationale Gerichte und deshalb mangelndeRechtssicherheit. Auch die Unterschiedein der Geschwindigkeit der Gerichte (langsameund schnelle Verfahren) sind beachtlich.Das künftige einheitliche europäische Patentstreitregelungssystemumfasst ein Gerichterster Instanz, bestehend aus einer Zentralkammermit Sitz in Paris und zwei Außenstellenin London und München, mehrere örtlicheund regionale Kammern in den Vertragsstaatensowie als zweite Instanz ein Berufungsgerichtmit Sitz in Luxemburg. Diese neue einheitlicheGerichtsbarkeit ermöglicht es, ein EU-Patentmittels eines einzigen Verfahrens für nichtigzu erklären, und ist auch für Klagen gegen dieVerletzung dieser Patente zuständig.Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich diefinanziellen Vorteile des EU-Patentes auch aufdie Gerichtsgebühren ausdehnen werden.Im Zuge des Europäischen Patents könnteauch die Anzahl unter Umständen kostenintensiverjuristischer Auseinandersetzungensteigen.Foto: privatFoto: fotoliaDr. iur. FriedrichRödler ist seit 2005Präsident des ÖsterreichischenPatentamtes.Buch-TippGrechenigDie monetäre Bewertung von PatentenDas vorliegende Buch stellt in kompakter, aber dennoch verständlicher Weise dieForschungsergebnisse aus dem Bereich der monetären Bewertung von Patentendar. Der Vorteil der zusammengefassten Darstellungsweise liegt darin, dassdem Leser damit ein Eindruck der ineinandergreifenden Materien (Jurisprudenz,Technologie, Wirtschaftswissenschaften), welche im Rahmen einer monetärenBewertung von Patenten berücksichtigt werden müssen, geboten wird.Bestellen Sie jetzt:versandkostenfrei untershop.lexisnexis.atWien 2010, 78 SeitenISBN 978-3-7007-4680-5Preis € 24,–8 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinPatentrechtPatent auf „Designerbabys“?Ein Biotechnologie-Unternehmenhat sich am 24. September 2013 einUS-Patent mit der Nummer 8.543.339auf die Auswahl von „Designerbabys“gesichert. Interessierten Eltern könneeine Auswahl ihrer Babys nachKriterien wie athletischenEigenschaften oder Augenfarbeangeboten werden, so heißt es.Wir haben Herrn Univ.-Prof. DDr.Christian Kopetzki von der AbteilungMedizinrecht des Instituts fürStaats- und Verwaltungsrecht umseine Meinung dazu gebeten.Herr Professor Kopetzki, was halten Sie vonPatenten auf „Designerbabys“?Christian Kopetzki: Unter Design verstehtman üblicherweise die gezielte Gestaltungeines Objekts nach gewissen Kriterien. Manstellt sich vor, dass ein Kind nach einem Baukastensystemzusammengestellt wird. Ichhalte den Begriff „Designerbaby“ für einebewusst gewählte Semantik, die Horrorfantasienbedienen soll, weil das die Ablehnungerleichtert.Der Mensch lässt sich aus biologischen Gründennicht designen, weil das äußere Erscheinungsbildeines Organismus – also der Phänotyp– und die in den Genen festgelegtenErbinformationen – somit der Genotyp – einandernicht eins zu eins zuordenbar sind. Diewenigsten Eigenschaften eines Menschenentsprechen auch nur annähernd einem identifizierbarenGen, sondern sind das Ergebniseiner Kombination aus genetischen und biografischenFaktoren, Umweltfaktoren und psychologischenEinflüssen. Man kann genetischnur gewisse Wahrscheinlichkeiten berechnen.Hin zur Gewissheit liegt ein großes Feld. DasVersprechen, dass ein Baby gewisse Merkmalehaben wird, ist in aller Regel nicht erfüllbar. Ichkenne wenige, die das wollen, und es ist nur inwenigen Ländern erlaubt. Man kann bestimmtegenetisch determinierte Krankheiten schonheute mittels Pränataldiagnostik ausschließen.Doch dass man Babys nach Intelligenz oderSportlichkeit aussuchen kann, wird nur in derMedienberichterstattung suggeriert.Ist nun der wirtschaftlichenVerwertbarkeit Tür und Torgeöffnet?In der Medienberichterstattungwird die patentrechtlicheFrage mit der Fragevermischt, was man tun darf.Das Patent ist nicht der ersteSchritt zur Anwendung, sondernes verleiht jenem, der esinnehat, ein ausschließlicheswirtschaftliches Verwertungsrecht.Er kann Lizenzgebührenkassieren oder anderendie gewerbliche Anwendungverbieten. Wenn kein Patenterteilt wird, dürfen alle die Technologie wirtschaftlichverwerten, weil es kein exklusivesSchutzrecht gibt. Das hat aber nichts mit derFrage zu tun, ob die Methode der Berechnungvon gewissen Merkmalen tatsächlich durchgeführtwerden darf oder nicht. Ein Beispiel: Mankann in Österreich Patente auf Atomkraftwerkstechnologienbekommen, trotzdem dürfen Siein Österreich kein Atomkraftwerk errichten.Welche Missbrauchsszenarien sind zu befürchten?Klärungsbedürftige Fragen sind etwa, was mitden gespeicherten Daten geschieht oder obman die Kommerzialisierung zulassen möchte.Für mich zählt der Konsumentenschutz zuden wichtigsten Punkten. Wie schützt mandie Bürgerinnen und Bürger vor unrealistischenErwartungen und Versprechungen? Fürdas Laienpublikum kommt die Auswahl von„Designerbabys“ als große Versprechung hinüber.Doch diese Begleiterscheinung rechtfertigtkein Totalverbot. Ich würde die Gefahreneher dort bekämpfen, wo sie auftreten undflankierende Bestimmungen wie Aufklärungspflichtenund Gewinnverbote einführen.Wie wäre das in Österreich?In Österreich stellt sich diese Frage nicht. Aufden ersten Blick würde ich bezweifeln, dassso ein Patent in Österreich überhaupt erfolgreichgeschützt werden könnte. Es gibt in derEuropäischen Biopatentrichtlinie und im österreichischenPatentgesetz eine Ausnahme derNichtpatentierbarkeit von Diagnostizierverfahrenam Menschen. Damit wollte man primärverhindern, dass sich Firmen Patente aufVerfahren der Gesundheitsversorgung sichernund bei jeder Untersuchung abkassieren.Hier geht es um isolierte Keimzellenuntersuchungen,die man nur im Rahmen einer sehraufwendigen, belastenden und teuren Invitro-Fertilisation(IVF) untersuchen kann. Dassetzt voraus, dass Eizellen nach Hormonstimulationentnommen und extrakorporal befruchtetwerden. Das wäre in Österreich aus einerReihe von Gründen verboten. Erstens ist eineIVF überhaupt nur zulässig, wenn die Elternauf normalem Weg keine Kinder bekommenkönnen. Das ist hier nicht das Szenario: DieEltern können in der Regel Kinder bekommen,doch sie wollen etwas Bestimmtes wissen.Zweitens ist in Österreich die Untersuchungvon Keimzellen und Embryonen im Vorfeldder Schwangerschaft nur zulässig, um dieSchwangerschaft zu ermöglichen. Im deutschsprachigenRaum und in den meisten andereneuropäischen Ländern darf man extrakorporaleEmbryonen nur im Hinblick auf krankheitsbezogeneMerkmale untersuchen. Damitist das eine eher symbolische Diskussion undbleibt ein sektiererisches Minderheitenprogramm.Herzlichen Dank für das Gespräch!Foto: privatUniv.-Prof. DDr.Christian Kopetzkiist seit 1. 1. 2002Professor für Medizinrechtam Institutfür Staats- und VerwaltungsrechtderUniversität Wien.Foto: fotoliajus-alumni Magazin 03/20139


jusalumniMagazinPatentrechtWissenstransfer durch PatenteWas sind Patente?Warum gibt es sie?Welche Probleme entstehen?Was ist ein Patent?Patente gewähren das Recht, eine Erfindungfür eine bestimmte Zeit ausschließlich zu nutzen.Patentiert werden können sowohl Erzeugnisse(Maschinen, Stoffe) als auch Verfahren(Arbeits- und Herstellungsverfahren). Alsgeschützte Erfindung muss ihnen eine Lehrezum Einsatz von Naturkräften zugrunde liegen.Dies grenzt patentierbare Erfindungen inzwei Richtungen ab: erstens gegenüber nichttechnischenHandlungsanweisungen, wie etwaGeschäftsmethoden, und zweitens gegenüberder bloßen Erkenntnis. Wer die Existenz einesbislang unbekannten in der Natur vorkommendenchemischen Stoffes entdeckt, hat damitnoch keine Erfindung getätigt. Gibt er jedocheine Methode an, diesen Stoff bereitzustellen,so liegt darin eine Erfindung. Wichtig ist,dass Patente ihrem Inhaber keine Erlaubnis zurBenutzung der Erfindung gewähren, sondernlediglich das Recht, anderen die gewerblicheNutzung der Erfindung zu untersagen. Waffensind patentierbar, dürfen aber nicht ohne Weiteresbenutzt werden. Man spricht auch vonder Wertneutralität des Patentrechts.Patente werden außerdem nur für Erfindungenerteilt, die neu sind und auf erfinderischerTätigkeit beruhen. Neuheit bedeutet,dass das geschützte Erzeugnis oder Verfahrender Öffentlichkeit bislang noch nicht zur Verfügunggestanden hat und damit noch nichtzum Stand der Technik gehört. Auch der bislangunbekannte oder nicht isolierbare Stoffaus der Natur ist daher neu, wenn er erstmalsder Öffentlichkeit in Reinform zur Verfügunggestellt wird. Zudem darf sich die Erfindungfür den einschlägigen Durchschnittsfachmannnicht in naheliegender Weise aus dem Standder Technik ergeben (erfinderische Tätigkeit).Hier besteht eine wichtige Stellschraube für dasEuropäische Patentamt: Werden höhere Anforderungenan die erfinderische Tätigkeit gestellt,können sogenannte „Trivialpatente“ vermiedenwerden.Warum gibt es Patente?Patente verknappen eine grundsätzlich freinutzbare Ressource: anwendbares Wissen.Deshalb bedarf es einer besonderen Rechtfertigungfür das Patentrecht. Die Idee eines„natürlichen Eigentums“ an eigenen Gedankenträgt hier nicht sehr weit. Für das Patentrechtlassen sich aber utilitaristische Argumenteanführen: Zum einen spornt es potenzielleErfinder dazu an, neues Wissen zu generieren.Patentrecht fördert also die Produktion neuenWissens. Es behebt ein Marktversagen, wofreie Nachahmung dazu führen würde, dassInnovation unterbleibt. Allerdings wird diesdadurch erkauft, dass das vorhandene Wissennur eingeschränkt genutzt werden darf. Umden dadurch entstehenden Konflikt zum Ausgleichzu bringen, wird das Patent nur zeitlichbegrenzt (maximal 20 Jahre) gewährt.Der zweite wichtige Aspekt besteht darin, dassPatente Wissen handelbar machen. Ökonomischgesprochen optimieren Patente nicht nurdie Produktion, sondern auch die Allokationanwendbaren Wissens. Ohne Patente wäre esschwer, Erfindungen zu handeln: Um einemInteressenten die Prüfung der Erfindung zuermöglichen, muss ihm die Erfindung offenbartwerden. Theoretisch könnte er die Erfindungdann nutzen, ohne dass es überhaupt zumVertragsschluss kommen müsste. Dieses „Informationsparadox“beseitigt das Patent undschafft so auch einen Anreiz zur Offenbarunggeheimen Wissens.Welche Probleme gibt es?Probleme entstehen, wenn das Patentrechtaufgrund besonderer Umstände seinen eigenenZwecken zuwiderläuft. So kann der Anreizgedankein sein Gegenteil verkehrt werden, wenndie geschützte Erfindung Grundlage für aufihr aufbauende weitere Erfindungen ist. DieGewährung von Patentschutz für Grundlageninnovationenkann das Tätigen von Folgeinnovationenbeeinträchtigen, statt es zu fördern.Bei Schlüsseltechnologien muss das Patentrechtdaher Mechanismen vorsehen, die das Tätigenvon Erfindungen auch für Folgeinnovatorenattraktiv machen: Bei Patenten auf biotechnologischeErfindungen, die als Forschungsinstrumentegenutzt werden können, besteht z.B.Anspruch auf Erteilung einer Zwangslizenz (inanderen Ländern teilweise nicht).Ein weiteres Problem entsteht, wenn bei komplexenProdukten – wie z.B. Mobiltelefonen– in einem Produkt mehrere tausend Verbietungsrechtezusammentreffen. Mit jedemeinzelnen Patent kann dann der Verkauf desgesamten Produkts untersagt werden. Unternehmen,die selbst weder forschen noch produzieren(plakativ als „Patent-Trolle“ bezeichnet),können dieses Verhinderungspotentzialausnutzen.Die geschilderten Probleme sind jedoch nichtdie einzigen Herausforderungen, vor denen dasPatentrecht steht. Einerseits trägt es als Mittelder Innovationsförderung zum technischenWandel bei, andererseits muss es mitunterselbst auf technische Neuerungen reagieren. Somachte die Gentechnik einige gesetzliche Neuregelungen(wie z.B. die erwähnte Zwangslizenzfür Forschungsinstrumente) erforderlich.In der Öffentlichkeit wurden in diesem Zusammenhangauch ethische Fragen diskutiert,deren Lösung aber wegen der Wertneutralitätdes Patentrechts eigentlich gar nicht dessenAufgabe ist. Probleme bereitet dem Patentrechtauch nach wie vor der Umstand, dass durch dieComputerisierung die Grenze zwischen nichtpatentierbaren Handlungsanweisungen an denmenschlichen Geist und patentierbarem Einsatzvon Naturkräften verwischt wird. Für die Nanotechnologiehat das Europäische Patentamteine eigene Patentklassifikation geschaffen.Nanobiotechnologie und synthetische Biologiewerden die Behandlung natürlicher Ressourcenin den Mittelpunkt des Interesses rücken. Aufgrunddieser Herausforderungen spielt mittlerweiledas Patentrecht auch in der juristischenAusbildung eine wichtige Rolle.Foto: privatFoto: fotoliaProf. Dr. jur. Dipl.-Biol. Herbert Zechist Extraordinariusfür Privatrecht mitSchwerpunkt LifeSciences-Recht an derJuristischen Fakultätder Universität Basel.10 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinPatentrechtNeue Strategien im Umgangmit Patenten in ChinaEinige Unternehmen habendurchsetzbare Patente in China erlangt.Sie können Plagiate an denProduktionsstandorten bekämpfen.Über viele Jahre waren europäische Firmen mitdem Problem konfrontiert, mit eigenen PatentenPlagiate aus Fernost bekämpfen zu müssen. DerSchwerpunkt der Bemühungen lag dabei darauf,nachgeahmte Produkte auf Messen in Europabeschlagnahmen zu lassen. Einige vorausschauendeUnternehmen hatten aber bereits durchsetzbarePatente in China erlangt und nutzt, dieimmer besser werdenden rechtlichen Möglichkeiten,das Übel an den Produktionsstandortenanzupacken.Bis vor einigen Jahren gab es wenige Patentanmeldungenchinesischer Firmen. Wenn überhauptwurden Gebrauchsmuster ausschließlichin China angemeldet. Sogar eine Rechtsbeständigkeitdieser Schutzrechte gegenüber bereitsexistierenden Produkten aus Europa, welchenoch nie nach China exportiert worden warenund wozu auch keine schriftlichen Unterlagenveröffentlicht worden waren, war durch die bis2009 geltende alte Rechtslage möglich. So kames zu vielen Anmeldungen findiger Plagiatshersteller,welche europäische Produkte rechtsbeständigin China unter Schutz stellten. Seit derNovellierung des chinesischen Patentgesetzes2008 sieht Art 22 nun einen absoluten – alsoweltweiten – Neuheitsbegriff sowohl für Vorveröffentlichungenwie auch für Vorbenutzungshandlungenvor. Aber das Problem mit Patentennach alter Rechtslage wird uns – von nun angerechnet – noch zumindest 16 Jahre beschäftigen,denn so lange können diese Schutzrechtein China noch aufrechterhalten werden.Die umgekehrte PatentweltInnerhalb von 3 Jahren hat sich nun das Bilddrastisch verändert, die meisten Patentanmeldungenweltweit werden in China eingereicht.Seit 2010 wurden über 3 Millionen neue Schutzrechtsdokumentein China veröffentlicht. Darauslässt sich ableiten, dass die chinesischen FirmenPatente als Wettbewerbs- und Marktsicherungsinstrumenteinzusetzen beginnen. DieseEntwicklung ist stark durch den Einfluss der chinesischenPolitik bestimmt, die erkannt hat, dasseine nachhaltige Wertschöpfung in China nurmit eigenen Innovationen erreicht werden kann.Ein Maß für die Innovationskraft sind Patenteund daher wird das Schutzrechtswesen starkvorangetrieben. Auch im aktuellen chinesischenFünfjahresplan wurde für 2015 ein Ziel ausgegeben,dass, bezogen auf 10.000 Einwohner,3,3 Patente angemeldet werden sollen. DiesesZiel scheint aus derzeitiger Sicht erreichbar zusein. Im Vergleich dazu liegt Österreich bei ca.2,5 nationalen Patentanmeldungen pro 10.000Einwohner.Chinesische Firmen melden nunmehr jedochnicht mehr nur in China selbst an, sondern werdenin den nächsten Jahren auch eine ungeheureFlut an Anmeldungen in Europa und den USAeinreichen.Um mit dieser Entwicklung Schritt halten zukönnen, ist dringend zu empfehlen, eigene Entwicklungenselbst zur Anmeldung zu bringen.Wichtig dabei ist auch, selbst scheinbare Kleinigkeitenzu beschreiben, um über die Veröffentlichungder Patentanmeldung einen eigenen Standder Technik zu schaffen, der auch späteren chinesischenAnmeldungen entgegenstehen kann.Eine wesentliche Herausforderung für Unternehmenwird es sein, die Patentanmeldungen derchinesischen Mitbewerber im Auge zu behalten,nur so kann man über Nichtigkeitsverfahren,welche in Art 45 ff chinesisches Patentgesetzgeregelt sind, Patente bekämpfen, die entwederpuren Stand der Technik schützen oder als sogenannte„Fake-Patente“§ eigene Entwicklungenbeanspruchen. Parallel dazu empfiehlt es sich,schon zu Beginn der Anmeldeflut der chinesischenMitbewerber über Einspruchsverfahren vordem Europäischen Patentamt eine Ausdehnungdes Schutzes von offensichtlich nicht rechtsbeständigenPatenten auf die Märkte in Europa zuverhindern.Im Hinblick auf viele tatsächlich neue und erfinderischePatente aus China empfiehlt es sich,auch bei Freedom to Operate (FTO) Recherchenund Gutachten diese nicht auszuklammern.Dr. Hannes Burger,Managing Partner derAnwälte Burger undPartner RechtsanwaltGmbH, verfügt überlangjährige und persönlicheErfahrung inder Rechtsdurchsetzungund bei Nichtigkeitsklagenin Chinafür namhafte europäische Unternehmen.Foto: privatRichtig, es gibt zweiMöglichkeiten, sichzu verändern.Frau Birgit Weissgerber M.A. ist HumanCapital Consultant bei Deloitte ConsultingGmbH. Ob sie ihren Job aufderStandard.at/Karriere oder am Samstag inder Zeitung gefunden hat, kann sie garnicht mehr sagen. Fest steht, dass sie ihrenJob aus dem STANDARD hat. Dort sind sienämlich: Die Jobs, die einen verändern.Die besten Jobs in der Tasche:Mit der neuenJobStandard-App.Für iPhone und Android-Smartphones.JobStandardjus-alumni Magazin 03/201311


jusalumniMagazinMarken- & MusterrechtMarkenschutzDas österreichische Markenschutzgesetzist sehr wesentlich von derMarkenrichtlinie geprägt.Das österreichische Markenschutzgesetz ist wiedas aller anderen Mitgliedstaaten sehr wesentlichvon der Markenrichtlinie geprägt. Das giltinsbesondere für die Regeln über den Schutzbereichder Marke. Er hängt davon ab, wie dieAufgabe der Marke, ihre Funktion zu konkretisierenist. Bezüglich der Kollision von ähnlichen/identischen Zeichen für identische/ähnlicheWaren/Dienstleistungen ist die Antwort einfachund allgemein anerkannt. Die Marke istnur verletzt, wenn aus der Sicht des Publikumsdie Gefahr besteht, dass vom „Zweitbenutzer“angebotene Ware zu Unrecht dem Markeninhaberzugeschrieben wird. Maßgeblich ist in diesenFällen daher nur die Herkunftsfunktion, also dieErwartung angesprochener Kreise, dass gleichoder ähnlich gekennzeichnete Waren im Gleichartigkeitsbereichaus dem Unternehmen desMarkeninhabers stammen oder sie würden mitseiner Zustimmung vermarktet. Sehr umstrittenist die Rechtslage dagegen in Fällen der „Doppelidentität“(Identität der Zeichen bei identischerWare/Dienstleistung). So bezieht der EuGH mitTeilen des Schrifttums neuerdings den für dieösterreichische Judikatur verbindlichen Standpunkt,das Recht aus der Marke werde auchdann verletzt, wenn ihr Werbewert (Werbefunktion)oder der mit ihrer Positionierung am Marktverbundene Aufwand (Investitionsfunktion)beschädigt sei. Anlass der Judikaturwende warenDuftvergleichslisten. Die Beklagte hatte ihreeigenen Produkte mit den Düften renommierterParfums der Klägerin verglichen. Verwechslungsgefahrbezüglich der Herkunft der beworbenenProdukte lag nicht vor. Zu seiner Beurteilungder Rechtslage – Eingreifen des Markenschutzesauch in einem solchen Fall – konnte der EuGHnur deshalb kommen, weil in den Erwägungsgründender Markenrichtlinie davon die Redeist, dass „insbesondere“ die Herkunftsfunktionder Marke gewährleistet werde solle. Diese Formulierungschließt weitere rechtlich erheblicheFunktionen der Marke nicht aus.Rechtsauffassung des EuGHDennoch habe ich in meinem Buch zur Rechtsauffassungdes EuGH kritisch Stellung genommen.Das wichtigste einer ganzen Reihe vonArgumenten lautet, das Gericht gewähre inFällen der Doppelidentität nicht bekanntenMarken unter sogar noch reduzierten Voraussetzungenim Ergebnis den nur für bekannteMarken vorgesehenen erweiterten Schutz. Dasist aus systematischen und teleologischen Gründengeradezu unhaltbar. Richtigerweise solltedas Eingreifen des Verbots im Verhältnis unterWettbewerbern (horizontale Verletzungshandlungen)ausschließlich davon abhängig gemachtwerden, dass die Herkunftsfunktion beeinträchtigtist, also nur dann, wenn das Publikum irrigerweiseannehmen könnte, gekennzeichneteWare stamme aus dem Unternehmen des Markeninhabersoder werde mit seiner Zustimmungin Verkehr gebracht. Die damit einhergehendeReduktion des Schutzbereichs der Marke führtz.B. dazu, dass ihre Verwendung in vergleichenderWerbung markenrechtlich irrelevant wird.Ist die Ware einmal auf den Markt gebracht,kann die Herkunftsfunktion, strikt verstanden,an sich nicht mehr beeinträchtigt werden. Dassder Markeninhaber gegen nachträgliche Veränderungender Ware oder dagegen vorgehenkann, dass Zubehör/Ersatzteile/Dienste herkunftstäuschendangeboten werden (vertikaleVerletzungshandlungen), ist mit den gedanklichenGrundlagen dieser Funktion indes ohneWeiteres vereinbar.Unlängst hat die Europäische Kommission Vorschlägefür eine Reform der Markenrichtlinievorgelegt. Demnach soll die mit bestimmtenUnklarheiten der geltenden Regelung zusammenhängendeRechtsunsicherheit beseitigtwerden, und zwar dergestalt, dass es auch beiidentischen Marken/Waren nur auf die Herkunftsfunktionankommen soll. Das entsprichtder in meinem Buch schon de lege lata vertretenenPosition.Foto: privatFoto: fotoliaem. o. Univ.-Prof. Dr.Hans-Georg Koppensteinerist Professoremeritus für Österreichischesund InternationalesHandelsu.Wirtschaftsrechtsowie BürgerlichesRecht an der UniversitätSalzburg.Buch-TippMarkenrechtKoppensteinerDas Buch bringt den markenrechtlichen Teil der 3. Auflage von „Koppensteiner“,Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht (1997) auf den neuestenStand. Seither verlautbarte Judikatur von EuGH und OGH sowie das Schrifttumwerden umfassend dargestellt und analysiert – alles in einfacher und klarer Sprache.Der schnellen Orientierung des Benutzers dienen sorgfältig durchdachte übersichten und Literaturhinweise vor jedem Unterkapitel sowie Entscheidungsregis-Gliederungsterund ein dichtes Sachregister mit Mehrfacherfassung aller wichtigen Fragen.Bestellen Sie jetzt:versandkostenfrei untershop.lexisnexis.atWien 2012, 344 SeitenISBN 978-3-7007-5244-8Preis € 75,–12 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinUrheberrechtDenkmalschutz als Fortsetzungdes Urheberrechtes?Auch ein geschütztes Denkmal muss flexibel bleibenum, veränderten Ansprüchen genügen zu können.Vorauszuschicken ist, dass sich die österreichischeDenkmalbehörde (BDA) überwiegend mithistorischen Werken auseinandersetzt und dassdie Befassung mit zeitgenössischen SchöpfungenAusnahmen darstellt.Das österreichische Denkmalschutzgesetzsieht keine Zeitgrenze für Unterschutzstellungenvor. Prinzipiell können auch Werke derGegenwart, wie Schöpfungen lebender Künstler,unter Schutz gestellt werden. Es sind auchhier die Kriterien einer für die Geltendmachungdes öffentlichen Erhaltungsinteresses ausreichendengeschichtlichen, künstlerischen undkulturellen Bedeutung anzuwenden, wobei„geschichtlich“ sicher auch als „zeitgeschichtlich“interpretiert werden kann. Ist ein solchesInteresse einmal rechtskräftig festgestellt,bedürfen Veränderungen der Genehmigungder Behörde. Es kommt in der Praxis nur seltenvor, dass ein Architekt (oder unter Umständenseine Erben) bei der Behörde die Unterschutzstellungseines durch Umbauten oder Abbruchbedrohten Objektes anregt. Sie hat dannzu prüfen, ob die Voraussetzungen für eineUnterschutzstellung tatsächlich gegeben sindund wird im positiven Fall ein entsprechendesVerfahren durchführen. Falls in der FolgeVeränderungen vorgesehen sind, kann dieBehörde dem Bauherrn im Konsenswege undaußerhalb des eigentlichen Verwaltungsverfahrensnahelegen, den ursprünglichen Schöpferin die Planung einzubeziehen (bei prominentenObjekten bzw. Architekten wird hier vor allemauch die Überlegung eine Rolle spielen, demVorwurf, eine den Intentionen des Schöpferswidersprechende Veränderung durchgesetztbzw. genehmigt zu haben, zu entgehen).Ein geschütztes Denkmal muss flexibel bleibenWarum aber sollte sich ein Architekt überhauptan das BDA um Hilfe wenden? Kann er sichnicht einfach auf den Urheberschutz berufen?Dazu muss man wissen, dass dieser hierzulandefür Werke der Baukunst nur sehr eingeschränktgültig ist, da der Gesetzgeber die Rechte desEigentümers stärker berücksichtigt hat. BeiKonflikten zwischen Architekt und Bauherrnüber die entwurfsgemäße Ausführung oderüber nachträgliche Abänderung kann der Baukünstlerlediglich auf einer entsprechendenAusschilderung bestehen. Am „Urstück“ istdann ein Hinweis anzubringen, dass die Änderung„als nicht vom Schöpfer des Werkes herrührend“gekennzeichnet werde. Diese Aufweichungdes Urheberschutzes im Hinblick aufdie Architektur erklärt sich aus der Tatsache,dass die adäquate Nutzung eines BauwerksFlexibilität bedingt. Ein Bauwerk muss auf Veränderungender Funktion reagieren, es muss„lernen“ können – und das kann auch Eingriffein die architektonische Gestaltung bedingen.Die Pragmatik des Gesetzgebers entsprichtdabei in mancher Hinsicht auch Überlegungender Architekturtheorie: Obwohl Architekturzu den bildenden Künsten zählt und auch anden entsprechenden Kunsthochschulen gelehrtwird, kann sie sich nicht auf den Standpunktstellen, autonom zu sein und ihre Existenzberechtigungaus sich selbst zu beziehen. „DasKunstwerk wird in die Welt gesetzt, ohne dassein Bedürfnis dafür vorhanden wäre. Das Hausdeckt ein Bedürfnis. Das Kunstwerk ist niemandemverantwortlich, das Haus einem jeden…Alles…das einem Zweck dient, ist aus demReiche der Kunst auszuschalten“ stellte AdolfLoos fest (1910), und der Gesetzgeber hatsich ihm hier (unbewusst, aber vollinhaltlich)angeschlossen. Übrigens folgt auch die Praxisdes Denkmalschutzes diesem pragmatischenGedankengang. Auch ein geschütztes Denkmalmuss flexibel bleiben, um veränderten Ansprüchengenügen zu können. Notwendige Adaptierungenwerden daher, so sie in einem gewissenRahmen bleiben, in der Regel genehmigt.Während Unterschutzstellungsverfahren häufigdurch die Instanzen gehen, werden Veränderungsverfahrenmeist ohne Berufungen abgewickelt.Das entspricht den Interessenlagenaller Beteiligten: Der Bauherr will sein Projektrasch durchziehen, die Denkmalbehörde einerhaltenes aber funktionstüchtiges Denkmal,der Architekt braucht einen zufriedenen Bauherrn,um weiterhin Aufträge zu bekommen.Foto: privatHR Dr. AndreasLehne ist Leiter derAbteilung für Inventarisationund Denkmalforschungim Bundesdenkmalamt.Buch-TippDoralt/Weilinger (Hrsg.)KODEX Besonderes Verwaltungsrecht 2013/14Der Kodex Besonderes Verwaltungsrecht in der 13. Auflage mit Stand 1. 11. 2013enthält die Änderungen zur neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit ab 1. 1. 2014.Neu:• Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach dem FremdenbehördenneustruktierungsGab 1. 1. 2014• Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen 2013• Abfallwirtschaftsgesetz idF der AWG-Novelle• Industrieemissionen sowie der AWG-Novelle VerpackungBestellen Sie jetzt:versandkostenfrei untershop.lexisnexis.at13. Auflage | Stand 1. 11. 2013Wien 2013 | ca. 1.616 SeitenISBN 978-3-7007-5610-1Einzelpreis ca. € 58,–Abopreis ca. € 46,40jus-alumni Magazin 03/201315


jusalumniMagazinUrheberrechtaufnahmen ableiten – und zu ergänzen ist:dafür gibt es in der Judikatur des OGH auchbrauchbare Anhaltspunkte, wie zur Videoüberwachungbeim Verdacht auf Eheverfehlung(4 Ob 52/06k) oder der Beeinträchtigung derPrivatsphäre selbst durch eine Attrappe (!) einerVideokamera (6 Ob 6/06k). Aber, so Zöchbauerweiter, dieser Schutz könne nur in den Grenzendes § 78 UrhG bestehen, andernfalls wäreder Schutz vor Fotoaufnahmen umfassenderals der spezialgesetzliche Bildnisschutz des § 78UrhG.Ja, in Einzelfällen kann das bloße Fotografierenoder Filmen (oder sogar der Anscheindavon) eine echte Beeinträchtigung darstellen.Die muss aber erst einmal festgestellt undbegründet werden! Für ein allgemeines Fotografierverbotgibt es keine Rechtsgrundlage.Wenn so ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechtedes Abgebildeten festzustellen ist, dannwerden die Interessen des Abgebildeten unddes Abbildenden gegeneinander abzuwägensein. Also kritisieren wir nicht nur, sondernversuchen wir, aus dieser Entscheidung dochnoch etwas Brauchbares herauszuholen. Dasgeht nämlich – und zwar bei der Frage, wie soeine Abwägung auszusehen habe.Die Entscheidung listet immerhin einige Kriterienauf:• Ist der Abgebildete auf der Aufnahme zuidentifizieren?• Je eindeutiger die Identifizierung, destohöher die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung.• Ist die Aufnahme gezielt gemacht wordenoder ist der Abgebildete nur zufällig ins Bildgelaufen?• Vermittelt die stattgefundene Aufnahmedem Abgebildeten ein Gefühl der Überwachung,fühlt er sich beobachtet oder unfrei?• Ob die Aufnahme in privatem Rahmen oderin der Öffentlichkeit erfolgt, ist grundsätzlichgleichgültig (es gibt auch ein Privatlebenim öffentlichen Raum, vgl. nur die Caroline-Rechtsprechung des EGMR).• Hatte der Abbildende die Möglichkeit, dasEinverständnis des Abgebildeten einzuholen(oder war er mehr wie ein Heckenschützetätig)?• Welchem Zweck diente die Aufnahme –hätte dieser Zweck vielleicht auch mit anderenMitteln genauso gut erreicht werdenkönnen?Eines ist aber ganz sicher: Ein allgemeinesFotografierverbot ist aus dieser Entscheidungnicht abzuleiten.Dr. Thomas Höhneist Rechtsanwalt inWien (Höhne, Inder Maur & Partner)mit den TätigkeitsschwerpunktenWirtschafts-, Medien-,InformationsundImmaterialgüterrecht.Er ist Mitinitiatorund Lektordes Universitätslehrgangs für Rechtsinformationund Informationsrecht an derUniversität Wien.Foto: privatjus-alumni MitgliedJURISTENVERBANDFASCHINGSSAMSTAG, 1. MärzHOFBURG VIENNADVR: 0580511, ZVR: 899307027Post: 1017 Wien, Parlament, Pf (Österreich)Büro dzt: Wien 8, Landesgerichtsstraße 11, Parterre, Zi. 063,Tel.: 40127 DW 1535, FAX: 40127 DW 1482, Vorwahl: +43 1 (Ausland), 01 (Inland)www.juristenball.at | E-Mail: office@juristenverband.atjus-alumni Magazin 03/201317


jusalumniMagazinUrheberrechtNovelle des digitalen UrheberrechtsExtreme Rechtsunsicherheit im Bereichder Leerkassettenvergütung und Hürdenbei der Verfolgung von Urheberrechtsverstößenerfordern dringend eine Novelledes digitalen Urheberrechts.In Zeiten elektromagnetischer Daten- undTonträger bereitete die Leerkassettenvergütung– eine Abgabe für freie Werknutzungen,um Rechteinhabern einen „gerechtenAusgleich“ zu verschaffen – wenig Probleme.Für multifunktionale Speichermedien wieFestplatten erwies sich dies schon schwierigerund wurde letztlich vom OGH in der EntscheidungGericom abgelehnt. Da die zuständigeVerwertungsgesellschaft Austro-Mechanadie Abgabe dennoch einhebt, führt Hewlett-Packard aktuell ein Verfahren zur Feststellungihrer Unzulässigkeit. Unklar ist zudem, wie der„gerechte Ausgleich“ im Sine der UrhR-RLauszugestalten ist: So hat sich der EuGH nachden Entscheidung Padawan und Stichtingde Thuiskopie in der vom OGH vorgelegtenEntscheidung Amazon abermals zu diesemThema geäußert. Danach können etwa dasösterreichische Pauschalvergütungssystem, dieVermutung der Privatnutzung des an Privatpersonenüberlassenen Trägermaterials sowiedie 50%ige Verwendung der Abgabe für Sozial-und Kultureinrichtungen unter bestimmtenpraktischen Voraussetzungen unionsrechtskonformsein. Um dies zu erheben, ist dasErstgericht wieder am Ball.Ein erster Schritt zur NovelleUngeachtet der vielen offenen Fragen legtedas BMJ im November 2012 ein Arbeitspapierfür einen Entwurf zur UrhR-Novelle vor, welchesdie Ausdehnung der Abgabe auf sämtlicheSpeichermedien wie etwa Festplatten undSmartphones vorsieht. Die Regelung ist weniggeglückt, da sich die Anknüpfung an das Speichermediumkaum noch zur Erlangung einesgerechten Ausgleichs eignet: So etwa benötigendie vielgenutzten Streaming- und Cloud-Dienste nicht recht viel mehr Speicherplatz alsden Arbeitsspeicher auf dem eigenen Gerät.Auch wird übersehen, dass Nutzer häufig dieWerke über Online-Stores gegen eine Nutzungsgebührerwerben und sie hierbei bereitseinen Aufschlag für die Erstellung einer Privatkopiemitbezahlen, was dann zu einer Doppelbelastungführen würde. Schließlich wird derAnwendungsbereich von zulässigen Privatkopienohnehin durch Kopierschutzmechanismeneingeschränkt, welche nach dem UrhGnicht umgangen werden dürfen.Weiterer Reformbedarf besteht bei der Ausforschungmutmaßlicher Urheberrechtsverletzer:Nach dem UrhG hat der Verletzte gegenüberdem Zugangsprovider grundsätzlich einenAuskunftsanspruch über die Identität des Verletzersbzw die zu seiner Feststellung notwendigenDaten. Allerdings ist nach der StPO dieAuskunft über Inhaberdaten einer IP-Adressenur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft(StA) zu erteilen. Bei den Strafbestimmungendes UrhG handelt es sich aber um Privatanklagedelikte,bei denen das Opfer – und nicht dieStA – die Anklage zu führen hat. Während dasOpfer bis zur StPO-Reform 2008 die gerichtlicheAnordnung über die Auskunftserteilungbeantragen konnte, besteht diese Möglichkeitmangels Tätigwerdens der StA nicht mehr. DerAnspruch geht somit ins Leere.Weil die Daten schon da sind?Um diesem Rechtsschutzdefizit ein Ende zubereiten, sollen nach dem Arbeitspapier künftigdrei Monate alte Vorratsdaten ausgewertetwerden dürfen, um Auskunft bei Rechtsverletzungendurch unbefugte Uploads zu erteilen.Dass das Unionsrecht einem privatrechtlichenAuskunftsanspruch über Vorratsdaten nichtentgegensteht, stellte der EuGH in der EntscheidungBonnier Audio klar – wenngleichauch das eigentliche Motiv für die Vorratsdaten-Richtliniedie Terrorismusbekämpfungsowie die Verfolgung „schwerer“ Straftatenist. Ob die Richtlinie grundsätzlich mit der EU-GRC konform ist, hat der EuGH noch zu klären(Digital Rights Ireland und Seitlinger u.a).Im Hinblick auf diesen Eingriff wäre zumindesteine Einschränkung der Auskünfte aufgewerbsmäßige Verletzungen angebracht. Eine„Bagatellgrenze“ würde zudem die enormeMehrbelastung von Providern und Gerichtenreduzieren und – man denke nur z.B. an denUpload von urheberrechtlich geschützten Fotosin Social Networks – den „Online-Alltag“ entkriminalisieren.Mag. BirgitVoglmayr istRechtsanwaltsanwärterinbeiHaslinger, Nagele& Partner RechtsanwälteGmbHund Leiterin desnetwork for appliedIT law (it-network),eines Spin-off deseuropä ischen zentrums fü r e-commerceund internetrecht.(www.e-center.eu)Foto: privatBuch-TippBüchele/Ciresa/Guggenbichler/ThieleÖsterreichisches UrheberrechtUmfassend und praxisgerecht kommentiert enthält dieses Loseblattwerkneben dem Urheberrechtsgesetz auch das Verwertungsgesellschaftengesetz.Neben Judikatur und Gesetzesmaterialien erhöhen vor allem zahlreicheAbbildungen die Anschaulichkeit.Sparen Sie50%Bestellen Sie jetzt:versandkostenfrei untershop.lexisnexis.atLoseblattwerk | 1.–15. Lieferungin einer MappeWien 2012, 1.126 SeitenISBN 978-3-7007-5359-9Preis nur € 80,– (statt € 160,–)bei Bestellung bis 31. 12. 201318 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinUrheberrechtUrheberrechtlicher Schutzanwaltlicher Leistungenund Grenzen der MeinungsäußerungsfreiheitDas Verfassen von Schriftsätzen, Verträgenund Allgemeinen Geschäftsbedingungen(AGB) gehört zum täglichen Brot des Rechtsanwalts.Aktuelle Rechtsprechung nimmtzu den urheberrechtlichen Bezügen dieserTätigkeiten Stellung.Werke im Sinne des UrhG sind unter anderemeigentümliche geistige Schöpfungen auf demGebiet der Literatur. Dazu zählen gemäß § 2Z 1 UrhG Sprachwerke aller Art. Eine „eigentümlichegeistige Schöpfung“ liegt vor, wenndie Persönlichkeit im Werk so zum Ausdruckkommt, dass sie ihm den Stempel der Einmaligkeitund der Zugehörigkeit zu ihrem Schöpferaufprägt. Der Verwendungszweck ist dabeiebenso wenig maßgebend wie der künstlerischeoder ästhetische Wert des Geschaffenen.Auch reine Zweckschöpfungen können Werkeder Literatur sein (OGH 28. 9. 2004, 4 Ob184/04v).Schon vor mehr als 15 Jahren entschied derOGH, dass ein von einem Anwalt verfassterVertragsentwurf urheberrechtlichen Schutz alsWerk der Literatur genießt, wenn es sich dabeinicht um eine bloße Routinearbeit handelt.Dies trifft etwa dann zu, wenn der Anwalt ausumfangreichem Material eine Auswahl nachindividuellen Ordnungs- und Gestaltungsprinzipientrifft und diese mit schöpferischerFantasie und Gestaltungskraft in das Gesamtgescheheneinordnet. Auch eine individuelleAusdrucksweise (die „äußere Form“ der Arbeit)kann urheberrechtlich geschützt sein (OGH17. 12. 1996, 4 Ob 2363/96, MR 1997, 93).Auch AGB genießen Urheberrechtsschutz alsWerk der Literatur, wenn sie sich nicht bloßin der Alltagsarbeit erschöpfen, sich also vomAlltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachtenabheben und ihre Individualitätaus der Persönlichkeit ihres Schöpfers beziehen.Dies ist etwa der Fall, wenn der Verfasser dasverwendete Material eigenständig gedanklichdurchdringt und individuell oder auf denkonkreten Fall zuschneidet (OLG Wien 28. 6.2012, 4 R 30/12d, MR 2013, 24).Vom Rechtsanwalt verfasste Klagen oder sonstigeSchriftsätze sind urheberrechtlich geschützt,wenn sie nach ihrem geistig – schöpferischenGesamteindruck im Vergleich zu vorbestehendenGestaltungen eine hinreichend schöpferischeEigentümlichkeit besitzen, die das Alltägliche,Handwerksmäßige, die mechanisch-technischeAneinanderreihung des Materials deutlichüberragt (BGH 17. 4. 1986, I ZR 213/83, GRUR1986, 739 ff).In einer jüngst ergangenen Entscheidung billigteder OGH einer 8-seitigen Klage wegen Kreditschädigunggemäß § 1330 ABGB, die nebendetailliertem Vorbringen auch eine ausführlicherechtliche Würdigung enthielt und auf diekonkreten Umstände des Falls im Rahmen derSubsumption umfassend einging, den Charaktereines Werks der Literatur iSv § 2 Z 1 UrhGzu (OGH 12. 2. 2013, 4 Ob 236/12b, ÖBl2013/45).Urheberrecht vs MeinungsfreiheitDie Anerkennung eines Schriftsatzes als Werkder Literatur hat zur Folge, dass dem Rechtsanwaltsämtliche Verwertungsrechte nach§§ 14–18a UrhG sowie die in §§ 19–21 UrhGgeregelten Urheberpersönlichkeitsrechte daranexklusiv zustehen.In dem zuletzt geschilderten Fall veröffentlichteder Beklagte als Reaktion auf die Einbringungder Klage bei Gericht auf seiner Internet-Websiteeine kritische Stellungnahme zur Vorgangsweiseder Klägerin. Über einen Link machte ergleichzeitig den gesamten Klageschriftsatz derÖffentlichkeit zugänglich.Der vom Anwalt dagegen eingebrachten Unterlassungsklagewegen Verletzung des Rechts derelektronischen Zurverfügungstellung gemäߧ 18a UrhG hielt der Beklagte das Grundrechtauf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 10MRK entgegen.In einem solchen Fall ist eine Abwägung dergegenseitigen Interessen vorzunehmen (RIS-<strong>Jus</strong>tiz RS0115377). Die Rechtfertigung einesUrheberrechtseingriffs durch das Grundrechtauf freie Meinungsäußerung setzt voraus, dassdas Grundrecht ohne den Eingriff nicht oder nurunzulänglich ausgeübt werden könnte. Die Verletzungdes Urheberrechts muss also der einzigeWeg sein, um das Grundrecht sinnvoll ausübenzu können (OGH 14. 3. 2005, 4 Ob 266/04b,ÖBl 2006/7; 13. 7. 2010, 4 Ob 66/10z, ZAK2010, 632). Ferner muss sich der Beklagte auchinhaltlich mit dem Werk auseinandersetzen. DieRechtfertigung eines Urheberrechtseingriffs istetwa zu verneinen, wenn ein – ohne Zustimmungdes Urhebers veröffentlichtes – Foto keineZitat- oder Belegfunktion hat, sondern nur dazudient, die Berichterstattung zu illustrieren, um sodie Aufmerksamkeit der Leser auf den Berichtzu lenken (OGH 3. 7. 2012, 4 Ob 42/12y, MR2012, 252).Im vorliegenden Fall verneinte der OGH dieRechtfertigung des Urheberrechtseingriffs durchdas Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerungund gab der Unterlassungsklage statt. Derangestrebte Zweck (Kritik am Verhalten der Klägerin)hätte auch ohne die vollständige Wiedergabeder Klagsschrift erreicht werden können.Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit demverlinkten Schriftsatz erfolgte ebenfalls nicht.Fazit: Öffentliche Kritik am Prozessgegner ist inder heutigen Internetgesellschaft keine Seltenheit.Werden dabei auch anwaltliche Schriftsätzewiedergegeben, kann die Meinungsfreiheit anurheberrechtliche Grenzen stoßen.Mag. JohannGuggenbichler istRichter am OLGWien mit den TätigkeitsschwerpunktenUnternehmensrecht,Wettbewerbs-und Immaterialgüterrecht.Erist ferner Mitglieddes Urheberrechtssenates nach demVerwGesG und als Lektor im Fach Urheberrechtan der Universität Wien tätig.Foto: privatjus-alumni Magazin 03/201319


jusalumniMagazinNews vom JuridicumNeuigkeiten am JuridicumInstitut für ZivilrechtUniv.-Prof. Dr. Christian Rabl ist seit 1. Oktober2013 Universitätsprofessor für Zivilrechtam Institut für Zivilrecht der Universität Wien.Er studierte Rechtswissenschaften an der UniversitätWien (Dr. iur., 1996) und war 1993bis 2002 Assistent bei Univ.-Prof. Dr. RudolfWelser. 2002 erhielt er mit der Habilitationsschrift:„Die Gefahrtragung beim Kauf“ dieLehrbefugnis als Universitätsdozent für „Zivilrecht“und war 2002 bis 2010 außerordentlicherUniversitätsprofessor am Institut für Zivilrechtder Universität Wien. 2003 bis 2010 warer Konzipient und anschließend Rechtsanwalt.2010 bis 2013 war Christian Rabl Universitätsprofessorfür Bürgerliches Recht und Recht derFinanzdienstleistungen am Fachbereich für Privatrechtder Universität Salzburg.Seine Schwerpunkte sind unter anderem: Zivilrecht,Bankrecht, Insolvenzrecht und Recht derFinanzdienstleistungen.Foto: privatUniv.-Prof. Dr.Christian Rabl fürZivilrecht am Institutfür Zivilrecht.Institut für FinanzrechtStB Univ.-Prof. MMag. Dr. Klaus Hirschler istseit 1. April 2013 Universitätsprofessor am Institutfür Finanzrecht der Universität Wien (75%beschäftigt, befristet auf 5 Jahre). Er studierteRechtswissenschaften (Mag. iur., 1992) an derUniversität Wien und Betriebswirtschaftslehre(Dr., 1995) an der Wirtschaftsuniversität Wien,wo er sich im Jahr 2000 zum Thema „Ertragsteuerlichmotivierte Rechtsformgestaltung imgrenzüberschreitend tätigen Konzern“ habilitierte.Er war 2000–03/2013 ao. Univ.-Prof.an der Wirtschaftsuniversität Wien und danachLehrbeauftragter an der Karl-Franzens-UniversitätGraz, der Universität Wien und an derUniversität Innsbruck. 2011-2013 war KlausHirschler Programmdirektor des Master-Studiums„Steuern und Rechnungslegung“ an derWirtschaftsuniversität Wien.Seine Schwerpunkte sind unter anderem: Rechnungslegung,Bilanzsteuerrecht, Konzernsteuerrechtund Umgründungssteuerrecht. Er istseit 2012 stellvertretender Vorsitzender desFachsenats für Steuerrecht der Kammer derWirtschaftstreuhänder und seit 2013 Mitherausgeberder „Österreichische Steuerzeitung“(ÖStZ).Foto: privatStB Univ.-Prof.MMag. Dr. KlausHirschler lehrt amInstitut für Finanzrechtder UniversitätWien.Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht,Abteilung WirtschaftsprivatrechtAssoz.-Prof. DDr. Thomas Ratka, LL.M. erhieltam 3. April 2013 eine assoziierte Professur amInstitut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht.Thomas Ratka studierte Rechtswissenschaften(Dr. iur., 2001) und Geschichte (Dr. phil.,2004) an der Universität Wien und absolviertedie Postgraduate-Studien LL.M. InternationalTax Law (WU Wien, 2003) und EuropäischesWirtschaftsrecht (Donau-Uni Krems, 2000).Er hatte Forschungsaufenthalte an der BuceriusLaw School und am Max Planck-Institut inHamburg sowie am EHI in Florenz. Er ist seit2002 Mitglied des Instituts für UnternehmensundWirtschaftsrecht der RechtswissenschaftlichenFakultät und hielt Gastvorträge an derSouthern Utah University (USA), der RISEBAUniversity Riga (Lettland), der Universität Dresden(Deutschland) und der Donau-Uni Krems.Thomas Ratka ist Vortragender am PostgraduateCenter der Universität Wien, am CALE JuridicumPraktikerseminare sowie an der FH Wiender WKO.Seine Schwerpunkte sind unter anderem:Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, EuropäischesWirtschaftsrecht (Schwerpunkt EU-Gesellschaftsrecht) und Baurecht.Foto: © Foto WilkeAssoz.-Prof. DDr.Thomas Ratka,LL.M. lehrt amInstitut für Unternehmens-und Wirtschaftsrecht.Dabei sein und profitieren!Werden Sie jetzt Mitglied im Absolventenclub jus-alumniund profitieren Sie ab sofort um nur € 35,– MitgliedsbeitragJetzt Club-Mitgliedschaft anmelden unter:www.jus-alumni.at20 jus-alumni Magazin 03/2013


jusalumniMagazinjus-alumni InternaFührung im Verwaltungsgerichtshofein. Das 1708/09–1714 von J.B. Fischer v.Erlach erbaute, in späterer Zeit erweiterte undmehrfach neugestaltete Barock-Palais dienteim Laufe seiner Geschichte verschiedenenBehörden als Amtssitz und wurde wiederholtumgestaltet. „Der ästhetische Reiz ist gerade,dass die Dinge nicht zusammenpassen“, soClemens Jabloner, und erwähnte insbesondereden „Staatsvertragsstil“.VfGH, die 2012 vom VwGH übernommenwurden. Das ehemalige Büro des VfGH-Präsidentenist heute ein Großraumbüro.Am 25. September 2013 lud jus-alumniEhrenmitglied VwGH-Präsident Dr. ClemensJabloner jus-alumni Mitglieder zu einer exklusivenFührung in den VerwaltungsgerichtshofAuch die historische Theresienkapelle, in dereinst Joseph Haydn konzertierte, war Teil derBesichtigung. Sie wird jetzt als Büro genützt.Gleiches gilt für die ehemaligen Räume desVeranstaltungshinweiseTermine im Winter 2013/2014<strong>Jus</strong>-alumni bietet laufend Veranstaltungen exklusiv für Mitglieder an. Ob abendliche Diskussionsrunden, jus-alumniFrühstück bei der Tageszeitung „DerStandard“ mit Professorinnen und Professoren der RechtswissenschaftlichenFakultät oder Kunstführungen, es ist für jede und jeden etwas dabei.jus-alumnimembersonly!Montag, 2. Dezember 2013Wir freuen uns, dass auch heuer wieder unsere traditionelle Weihnachtsfeier bei ARS – Akademie für Recht, Steuern &Wirtschaft – stattfinden wird.jus-alumnimembersonly!Dienstag, 28. Jänner 2014„Never Burn Out“ FiNUM.Private Finance AG lädt jus-alumni Mitglieder zu einem Vortrag von undmit Frau Dr. Leibovici-Mühlberger.jus-alumnimembersonly!Mittwoch, 19. Februar 2014„It‘s not Work - it‘s Network“ - Entdecken Sie das ungeheure Potenzial, das in Ihrem Netzwerk (noch) unbemerktschlummert. Das Referral Institute ® freut sich, jus-alumni Mitgliedern den Referral Success 101 Workshop zu präsentieren.jus-alumnimembersonly!Mittwoch, 19. März 2014jus-alumni wird bei der SUCCESS14 mit einem Stand vertreten sein.Die Teilnahme an jus-alumni Veranstaltungen ist für Mitglieder gratis.Informationen über Veranstaltungen an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie unserer Kooperationspartner findenSie zusätzlich auf unserer Website. Einen Überblick können Sie sich unter www.jus-alumni.at unter Aktuelles verschaffen.Ihre Einladungen erhalten Sie wie gewohnt jeweils per E-Mail.Wir freuen uns, Sie bei der einen oder anderen Veranstaltung begrüßen zu können!22 jus-alumni Magazin 03/2013


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